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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 969 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 13.10.2019 09:19:23 Gelesen: 233203# 470 @  
Liebe Freunde,

Muster ohne Wert(h) Briefe sind nicht so selten - nur wenn man welche aus der Pfalz sucht, die ja nicht so stark industrialisiert war, kann es schon mal ein paar Jährchen dauern, bis sich ein geeignetes Stück findet.





Daher bin ich sehr glücklich für meine Mini - Sammlung Muster ohne Wert ein hübsches Briefchen bekommen zu haben, welches von der Firma Johann Baptist Zwick aus Frankenthal stammt und am 27.5.1854 über Frankfurt am Main nach Rennerod bei Limburg an der Lahn abging.

Der Brief selbst musste unter 1 Loth wiegen, aber Brief und Muster anhängend durften 2 Loth wiegen, dann war er "einfach" und kostete nur 6 Kreuzer für Sendungen nach TT über 10 bis 20 Meilen.

Die TT Post in Rennerod erhielt ihn am 29.5. und vermerkte vorne oben 0 / 1, also Franko vollständig bezahlt, aber 1 Kreuzer Bestellgeld für den Boten.

Siegelseitig sieht man noch einen Wachssiegelteil, an dem das Muster angehängt worden war (hat man auch nicht so häufig).​

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.10.2019 10:08:47 Gelesen: 232350# 471 @  
Liebe Freunde,

wenn man in Leipzig Geld sparen wollte, war es günstig, statt der erforderlichen 3 Neugroschen (paritätisch 10,5 Kreuzer) nur deren 3 auszugeben. Alles, was man dafür zu tun hatte, war einen einfachen Brief am 29.4.1853 zu schreiben, ihn aber in Hof bei der Bahnhofs - Expedition (B.E.) mit einer blauen Dreikreuzermarke frankiert nach Schirnding ("schörnding") über Wunsiedel aufzugeben.



Die Siegelseite ist blank und die Marke wurde über den Absenderstempel der Firm Carl Gottschalk geklebt, obwohl das niemanden in Bayern störte, bekam man doch so 3 Kreuzer in die Kasse und Sachsen dafür gar nichts.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.10.2019 11:35:48 Gelesen: 231993# 472 @  
Liebe Freunde,

es hat lange gedauert, aber jetzt ist er da - der Brief mit Neu-Ulmer K.G.E. - Stempel mit Inhalt aus Ulm, den ich mir immer gewünscht hatte.



Dass viele Ulmer Geschäftsleute (von Privaten kenne ich das bisher noch nicht) ihre Briefe nach Bayern über der Donau aufgaben, ist mittlerweile ja geläufig. Aber wie verhielt es sich, wenn diese Händler bzw. Produzenten aus Ulm auch Waren und Güter nach Bayern schicken wollten? Waren diese nicht so unhandlich und schwer, dass die Überquerung der Donau Probleme bereiten konnte?

Ich vermute, dass es das auch gab - aber hier ist der Beweis, dass man konnte, wenn man wollte.

Eine Rechnung über Waren wurde von der Firma Max Thalmessinger aus Ulm am 11.6.1860 für den Brauereibesitzer Baumgärtner in Reitenhasslach bei Burghausen in Bayern versandt, wobei Waren und Brief getrennt liefen.

Noch am selben Tag schleppte man die Waren über die Donaubrücke und gab diese bei der Königliechen Güter Expedition (K.G.E.) in Neu-Ulm auf, was man auch auf eigener Seite hätte tun können. Auch hatte man einen (oder mehrere?) Brief(e) dabei, wollte aber nicht durch das Amtsgebäude laufen und sich hin der Reihe der Briefpostbenutzer stellen und warten, bis man edlich an die Reihe käme. Da war es doch nett, wenn der Beamte der K.G.E. auf die Frage: Können wir den bei Ihnen auch abgeben, frankiert ist er ja schon? anwortete, klar doch, her damit.

Schwupps waren die 2 blauen 3 Kreuzermarken entwertet und der Brief später der Briefpostexpedition Neu-Ulm übermacht, die ihn dann auf seine Reise schickte. Die Entfernung Ulm - Burghausen betrug 211 km und demnach hätte der Brief 9 Kreuzer gekostet, so nur 6, so dass es sich lohnte. Die Kostenersparnis bei der Fracht vermag ich aber nicht auszurechnen, sie wird aber sicher um einiges höher gewesen sein, als die vergleichsweise läppischen 3 Kreuzer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.10.2019 11:47:58 Gelesen: 231991# 473 @  
Liebe Freunde,

als Postgeschichtler sind die klassischen, bayerischen Bischofsbriefe für mich i. d. R. eher weniger interessant, wenngleich es natürlich wohl begründete Ausnahmen gibt und schön sind sie ja allemal.

Sigi Deider hatte aber einen im Katalog, den ich dann doch unbedingt wollte und, voilà, hier ist er:



Urspründlich als portofreie R.S. Regierungs - Sache mit Expeditionsnummer aufgegeben, gab es wohl in Peiss am 14.9.1850 ein bischen Ärger, warum auch immer (kein Inhalt, wie praktisch immer).

Jedenfalls strich man unten links die Franchise durch und notierte oben links "franco". Von Peiss nach München waren es lediglich 25 km, so dass die Frankatur mit 3 Kreuzern bis 1 Loth inkl. korrekt war.

Aber was machte man da mit der Marke? Sie klebte so gut wie nicht mehr mit ihrem Gummi, so dass man sie mit rotem Siegelwachs applizierte, wo sie auch heute noch, 168 Jahre später, gut hält.

Achim Helbig hat ja vor geraumer Zeit Hinweise in den Akten gefunden, dass die Gummierung der ersten Marken Bayerns oft weniger zufriedenstellend waren und "nachgummiert" werden musste, damit sie überhaupt hafteten (und wir erinnern uns, dass auf dem Transportweg abgefallene Marken nicht der Freimachungen dienen konnten und die nämlichen Briefe als unfrankiert anzusehen waren).

Auf Bischofsbrief kenne ich nur ganz wenige, vergleichbare Stücke und den Fingerhutstempel nahm ich quasi kostengünstig mit.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.10.2019 17:39:32 Gelesen: 231678# 474 @  
Liebe Freunde,

auch Sofortkäufe in der Bucht können ihren Reiz haben - selbst wenn sie nicht so schön sind, wie sie es sein sollten.









Nürnberg, 10.11.1852 nach Herzogenaurach mit "Muster ohne Werth" zu 6 Kreuzer frankiert bedeutete, dass es ein Brief über 1 - 4 Loth Gewicht war, 19 km Entfernung lagen weit im 12 Postmeilen Radius und das Gewicht des Musters war unwichtig, weil es keine Vergünstigungen innerbayerisch hierfür gab.

Siegelseitig sieht man noch 2 Wachssiegel, eines davon zeigt durchtrennte Bindfäden. Auch ist der sehr interessante Text noch vollständig erhalten, den ich hier wiedergeben möchte:

Herrn Jos. Malterer, Herzogenaurach.

Nürnberg, d. 10. Nov. 1852

Da es gestern Herrn Reuter nicht beliebte ein größeres Muster von Farin mitzunehmen, so sende ich Ihnen ein kleineres Präbchen davon anhängend per Post, der Preiß ist für Sie 24 Gulden, was für so schöne Waare gewiß billig ist.

Für das mir letztgesandte Geld, verlangte Reuter nicht weniger als 24 Kreuzer; während die Post nicht die Hälfte verlangt; ich bitte daher wiederholt diesen Herrn ja kein Geld mehr mitzugeben; ich will lieber den Postschein mit 3 Kreuzer vergüten.

Herr A. Seitz hat mich prompt bezahlt - wie ich das letztemal dort war.

Mit bekannter Freundschaft"

Offenbar fungierte dieser ominöse Herr Reuter als Geldbote und ließ sich diese Dienstleistung gut bezahlen. Schön zu sehen, welche Möglichkeiten es zwischen den Korrespondenten gab und dass man nicht immer glücklich mit ihnen war. Da stört mich der Wasserfleck vorne jetzt kaum noch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.12.2019 11:05:10 Gelesen: 229219# 475 @  
Liebe Freunde,

einmal eine offiziöse Sache, einmal eine Sache des Absenders, die so nicht ganz korrekt war.



Halbkreisstempel mit römischer Monatsangabe, statt arabischer und briefliche Mitteilungen waren auf das Briefinnere beschränkt und durften nicht außen (vorne/hinen) angebracht werden.

Hier notierte der Absender noch "Mes compliments a toute la famille", also Grüße an die ganze Familie.

Die Post ließ es damit bewenden. Ich kenne keine 5 Briefe von Bayern, bei denen Textinhalten außen notiert wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.12.2019 10:58:17 Gelesen: 228513# 476 @  
Liebe Freunde,

noch nie gesehen habe ich einen Brief, auf dem der Absender die Höhe der verklebten Marke angegeben hat - hier auf Brief mit Nr. 15 von Schweinfurt nach Castell vom 11.12.1867 (siegelseitig eine Anmutung eines castellschen Halbkreisstempels) "frei 3 x Marke".



Wer einen zweiten Brief hat, darf den a) gerne hier zeigen und b) mit ein nettes Angebot machen, damit ich eine Seite voll bekomme.

Ich fürchte aber, ich werde noch lange auf ein Solches warten müssen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.12.2019 12:22:14 Gelesen: 228506# 477 @  
Liebe Freunde,

den folgenden Brief habe ich wegen seines Vermerks unten gekauft. Gerichtet war er "An Herrn Professor Dr. C. Umpfenbach in Würzburg In Abwesenheit des Herrn Advokaten bittet man diesen Brief nach Giesen per die Adresse Herrn Dr. von Kliepstein zu senden".





Das hat man ja nicht so häufig, dass vorderseitig schon eine neue Anschrift mit neuem Empfänger steht. Als Brief vom 18.9.1967 war er mit 6 Kreuzer Porto zubelasten.

Am selben Tag kam er auch in Würzburg an und wurde - vermutich - dort zugestellt, jedenfalls finden sich keine weiteren Notationen oder Stempel, die gegensätzliches befürchten lassen.

Im Briefinneren sieht man, dass er aus dem preussischen Erfurt stammt und am 16.9.1867 geschrieben wurde. Was auf der Adresse steht, wiederholt der Absender, sein Sohn August, nochmals in dem Brief selbst (so noch nie gesehen) und verweist auch auf einen Gütigen im Inhalt, der den Brief nach Pleinfeld bringen sollte, was ja auch geschehen ist. Die Handschrift innen ist eine Katastrophe, daher habe ich nichts gescannt. Portogewinn war 3 Kr. - bei frankierter Absendung hätte er sogar 6 Kr. gespart.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.12.2019 12:30:49 Gelesen: 228503# 478 @  
Liebe Freunde,

auch bei "billigen Dienstbriefen" war damals schon das Anbringen der korrekten Adresse Pflicht, sollte die bayerische Post doch eher ent-, als noch stärker belastet werden und eine eindeutige, örtliche Zuordnung machte der Post die Arbeit leicht.



Tatsächlich war aber die Postexpedition Pegnitz für die Bestellung von Briefen nach Troschenreuth [1] zuständig, so dass wir siegelseitig schön sehen können, wie der Brief lief. Die Transitpost hatte folgerichtig auch "Auerbach" mit Rötel gestrichen und "Pegnitz" vermerkt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Troschenreuth_(Pegnitz)
 
bayern klassisch Am: 28.12.2019 11:37:02 Gelesen: 227974# 479 @  
Liebe Freunde,

ein Brief der Direktion des Königlichen Akademie der bildenden Künste aus München vom 19.08.1834 an die Kgl. Kreisbau - Inspektion in Münnerstadt war ob ihres Inhalts sehr wichtig und wurde mit "frey" bezeichnet, auch wenn kein Franko erlegt worden war, dann als "sehr dringend" apostrophiert und letztlich als K.D.S. = Königliche Dienst Sache portofrei gestellt, was auch gelang.



Der "frey" - Vermerk deutete ja auch einen frankierten Brief hin, K.D.S. aber auf eine portofreie Dienstsendung - in dieser Kombi hatte ich das auch noch nicht gesehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.12.2019 11:52:06 Gelesen: 227969# 480 @  
Liebe Freunde,

ein kleines Farbenspiel: Würzburg notierte am 1.5.1841 in üblicher schwarzer Tinte die Taxe 4 Kreuzer bis Forchheim. In Forchheim strich man mit Bleistift (der nie taxierungslegal war!) dieses Porto ab, notierte darunter wieder mit Bleistift 1 Kreuzer Bestellgeld und kam auch in der Addition zu korrekten 5 Kreuzern, wieder mit Bleistift geschrieben.



Wohl später fand man den benötigten Rötelstift, übermalte 1 Kreuzer, 4 Kreuzer und 5 Kreuzer (5 Xr) und schrieb nach diesem Kuddelmuddel final diese 5 Kreuzer siegelseitig in Rötel, damit der Bote auch ja nichts falsch kassieren sollte. So habe ich das noch nicht gesehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.12.2019 11:56:27 Gelesen: 227966# 481 @  
Liebe Freunde,

2 Sachen: In Bayern war ab dem 31.1.1843 immer siegelseitig auf Befehl seiner Majestät höchstselbst der Ankunftsstempel abzuschlagen und 2. war das Franko in der Vormarkenzeit (VMZ) immer siegelseitig zu notieren (von der Aufgabepost).



München machte es am 4.6.1843 richtig, in dem es 10 Kreuzer Franko bis Forchheim ausrechnete und notierte. In Forchheim aber vergaß man seinen Ankunftsstempel, strich mit Rötel die in München bezahlten 10 Kreuzer ab und notierte nun eine 1 für 1 Kreuzer Botenlohn, der eigentlich vorne zu erwarten gewesen wäre. Aber wäre es nicht so, wäre es ja auch kein lustiger Brief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.01.2020 10:45:55 Gelesen: 227409# 482 @  
Liebe Freunde,

ich freue mich, hier einen besonderen Brief zeigen zu können, bei dem nicht manches im Dunklen bleibt, wie bei einigen Expressbriefen der frühen Jahre, sondern bei dem alles offensichtlich ist und der daher als perfektes Beispiel dient, um zu erkennen, wie dieser äußerst selten gewünschte und extrem teure Postdienst funktionierte.



Gezeigt wird ein Recobrief aus Nördlingen vom 3.11.1840 mit folgender Anschrift: Seiner Hochwürden Herrn Herrn Sailer Königlicher Pfarrer in Mündling Landgericht Donauwörth

Recepisse Sehr pressant vertatur vertatur.

Hinten zu lesen steht: Ist allenfalls durch eigenen Boten nach Mündling zu senden, welchen Herr Pfarrer Seiler zahlen wird.

Dem Extra Bothen von Monheim bezahlt 24 Xr.

Der Absender vermerkte im Brief, dass er am Morgen des 5.11. in Donauwörth wünsche, den Herrn Pfarrer zu treffen, daher war zur Einhaltung dieses Termins die Expressbestellung zwingend erforderlich (es ging um eine Gerichtssache mit Aktenübergabe).

Der Absender wusste nicht, welche Post einen Extraboten nach Mündling schicken würde, weil er nicht wußte, welche Poststelle Mündling überhaupt versorgte. Daher die allgemein gehaltene Vorgabe, den Brief von wo auch immer per Extraboten zustellen zu lassen. Eine Unterscheidung von Tag- und Nachtbestellung gab es nicht - der Bote hatte sofort mit diesem Brief loszumarschieren und für 24 Kreuzer von Monheim aus waren es nach Müngling immerhin 12 km, so dass er wohl insgesamt 5 Stunden unterwegs gewesen sein dürfte.

Kostenstruktur: 4 Kr. Chargé für den Absender. 3 Kr. Postporto für einfache Briefe bis 6 Meilen (45 km) und 24 Kr. Expressbotengebühr für den Empfänger.

NB: Hätte sich der Empfänger angesichts der 27 Kr., die er für den Brief berappen durfte und den er erst nach Erlegung dieses Betrages ausgeliefert bekam, geweigert, diese zu zahlen, wäre der Brief mit 30 Kr. belastet zurück an die Aufgabepost gelaufen, die diese 30 Kr. dann vom Absender hätte einkassieren müssen. Die Expressgebühr war nicht erfolgsabhängig, also mit einer Zustellung verbunden, sondern ergab sich allein aus dem Wunsch des Absenders.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.01.2020 11:53:09 Gelesen: 227394# 483 @  
Liebe Freunde,

in der gesamten Vormarkenzeit gibt es relativ wenige Briefe mit korrigierten Portotaxen (Brieftaxen), was vermutlich daran lag, dass man in umfangreichen Listen die Entfernungen der Orte zueinander nachschlagen konnte und es so kaum einmal zu Verwechslungen kam. Aber es gab sie!



Brief aus Plößberg vom 18.10.1824 nach Emmerdingen (richtig: Emmendingen im Breisgau in Baden). Die Aufgabepost des kleinen Ortes war Weiden, so dass der Brief den Stempel aus dem 18. Jahrhundert "de Weiden" bekam und dort mit 14 Kreuzer für die bayerische Strecke taxiert wurde (über 36 bis 42 Meilen bayerischer Strecke).

Doch diese 14 Kreuzer wurde in Nürnberg (einzige Poststelle Bayerns damals mit blauer Tinte) gestrichen und durch die zutreffenden 12 Kr. (über 30 bis 36 Meilen) ersetzt. Baden notierte 10 Kr. für sich, so dass der Empfänger ein Postporto von 22 Kr. plus 1 Kr. Bestellgeld = 23 Kr. in Rötel oben links zahlen musste.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.01.2020 12:16:10 Gelesen: 227389# 484 @  
Liebe Freunde,

mit dem Regulativ innerbayerisch vom 1.8.1865 war das Franko in Bayern und Richtung Pfalz in allen Fällen ohne Ansehung der Entfernung im Königreich auf nur noch 3 Kreuzer reduziert worden. Das war sehr kundenfreundlich und mutet in der heutigen Zeit wie ein Anachronismus an.

Aber es gab noch günstigere Versendungsarten, wie z. B. die "per Couvert" oder auch "per Einschluß" genannt. Ein solches Stück haben wir hier vor uns und man darf als Sammler froh sein, dergleichen überhaupt heute noch zu finden:



Die Firma Volleth & Boeschel in Nürnberg teilte ihren Geschäftspartnern zu Beginn eines jeden Monats mit, welche Rechnungen, Kosten, Tratten, Wechsel usw. ein- bzw. ausgegangen waren und wie sich die aktuelle Finanzsituation für ihre Kunden darstellte. So auch hier in einem Brief an die Firma Otto Beck in Augsburg, der links unten den Vermerk "pC" = per Couvert trug. Was war geschehen, klebt doch nur eine simple 1 Kreuzer gelb auf dem Brief von Nürnberg nach Augsburg, der doch 3 Kr. gekostet hätte und im Falle einer offensichtlichen Unterfrankatur mit "noch 5 Kr." aus austaxiert werden müssen?

Volleth & Boeschel hatte vlt. 5 Kunden in Augsburg, die alle ihren Finanzstatus zum 1.2. mitgeteilt bekamen. Daher hätte der Versand von 5 einfachen Briefen bis 1 Loth inklusive total 15 Kreuzer gekostet und das jeden Monat wieder.

Wenn man aber diese 5 Briefe mit je einer 1 Kreuzermarke in Nürnberg versah, sie unter ein Kreuzband schnürte und das Kreuzband mit der Aufschrift "An die verehrliche Hauptbriefpostexpedition Augsburg, Franco" absandte, wurde nur dieses Bündel insgesamt gewogen. Dieser Brief hier wiegt 3g, so dass 5 Briefe 15g und das Kreuzband 1g wog, in toto also 16g. Damit reichten 3 Kr. von Nürnberg nach Augsburg für das "Bundle" aus, weil man noch unter 16,66g kam. Erst bei einem 6. Brief hätte man dann dieses "Bundle" mit 6 Kr. frankieren müssen. So sparte man sich also in Nürnberg bei nur 5 Briefen viel Geld, nämlich statt 5 mal 3 = 15 Kreuzer nur 1 mal 3 und 5 mal 1 Kreuzer = 8 Kreuzer, also 7 Kr. Ersparnis.

Es versteht sich von selbst, dass die Ersparnis umso größer war, je mehr Briefe man unter Kreuzband versenden konnte, aber es mussten halt alles Briefe in den gleichen Ort bzw. dessen Lokalbezirk sein, Briefe an verschiedene Postexpeditionen waren so nicht zulässig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.01.2020 10:37:47 Gelesen: 226958# 485 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine Armen - Sache (oft auch als A. S. an den Start gehend) des Landgerichts Heidenheim mit Postaufgabe am 21.1.1840 in Gunzenhausen an das großherzoglich Darmstädtische Stadtgericht zu Mainz.



Der § 19 der allerhöchsten Verordnung vom 23.6.1829 hinsichtlich der Portofreiheiten in Bayern ließ zu, dass Armensachen von königlich bayerischen Gerichten komplett von allen Kosten frei zu lassen waren, wenn sie den sonstigen Vorschriften für portofreie Dienstbriefe genügten. Dazu gehörte die Nennung der Absenderbehörde im Kopf der Vorderseite, die Bezeichnung Armensache, die Angabe der Expedition-Nummer (hier: 1894, heute würden wir Aktenzeichen dazu sagen) und der Verschluß des Briefes mit dem amtlichen Siegel.

Das alles war hier beachtet worden und auch die thurn- und taxischen Posten beließen ihn ohne Portoansatz.

Armensachen ins Ausland sind nicht häufig und ich bin sehr froh, diesen hier, noch dazu in so guter Qualität, zeigen zu können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.01.2020 10:42:30 Gelesen: 226957# 486 @  
Liebe Freunde,

am 28.12.1812 sandte man von Immenstadt aus (3. Rayon zu Frankreich) einen frankierten Brief "Muster ohne Werth" nach Collmar, heute nur noch mit einem "l" geschrieben, wofür man satte 25 Kreuzer für die Wegstrecke bis zum Rhein bei Kehl/Strasbourg und 9 Kreuzer für Frankreich bis zum Zielort frankierte.



In Kehl/Strasbourg wurde das Weiterfranko von 9 Kreuzern korrekt in 3 Decimes reduziert und mit roter Tinte wie üblich siegelseitig notiert.

Muster ohne Wert - Briefe aus der Zeit von dem 1. großen Vertrag vom 1.1.1822 sind m. E. größte Seltenheiten und ich kann nur diesen hier zeigen (aus der Sammlung Pietz).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.01.2020 10:46:22 Gelesen: 226952# 487 @  
Liebe Freunde,

und gleich einer hinterher, weils so schön ist: Portobrief aus Kempten (man achte auf die Schreibweise des Stempels!) vom 10.12.1812 an Herrn Linzmaier Kammerbotte bey der königlichen Regierung zu Speier am Rhein.



Nun, die Regierung Frankreichs war in persona von Kaiser Napoleon natürlich kaiserlich, nicht königlich, da hat der Absender aus dem Allgäu wohl etwas verwechselt, aber egal, die Pfalz, längst ein Teil Frankreichs geworden, hat das wohl nicht so streng gesehen.

Bayern taxierte ihn bis Mannheim mit 16 Kreuzern, die ca. 5,5 Decimes entsprachen und Frankreich notierte in Worms gleich das Gesamtporto beim Empfänger mit 7 Decimes (ca. 20 Kreuzer).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.01.2020 13:55:09 Gelesen: 226661# 488 @  
Liebe Freunde,

es gibt Briefe, von denen träumt man, aber man bekommt oder sieht sie nie. Heute kann ich einen zeigen, den mir ein Auktionshaus vermacht hat, nach dem ich schon lange gesucht habe - und das beste an ihm ist der Inhalt, denn ohne den wäre alles nichts.



Ein Brief des Civilcommissär bei der Etappen - Inspektion des königl. bayer. II. Armeekorps schrieb an das k. b. Bezirksamt in Neuburg an der Donau eine portofreie Regierungs - Sache mit Postaufgabe am 29.12.1870 in Wissembourg (Weißenburg) Frankreich, direkt an der Grenze zur Pfalz liegend und man verwendete dabei den bei der Flucht der Franzosen im dortigen Postlokal zurück gelassenen Grenzübergangsstempel "BAVIERE WISSEEMB.", von dem als Postaufgabestempel nicht viele Abschläge erhalten blieben.

Inhalt: "Neuburg den 23. Dezember 1870

Schreiben an das k. Pfarrammt

Untermaxfeld

Reichertshofen

Inhaltlich der Verlustliste No. 45 ist (ein Gefechte vom)

in der Schlacht bei Beau-

gency (südwestlich von Orleans) am 8. Dezember

1870 verwundet worden,

Ziegler Philipp Soldat

im 1. Jäger Bataillon

4. Comp(agnie) von Neu-

schwetzingen.

Hievon sind die An-

gehörigen desselben

auf geeignete

Weise zu verständigen.

Königl. Bezirksamt gez. Unterschrift

sub No. 10879 Schr(eiben) an das k. Pfarramt

Reichertshofen zur Kenntnißnahme von

der Verwundung des Kellermann Bartholomäus

von Reichertshofen Verlustliste No 47

Neuburg den 24. Dezember 1870

sub No. 10905 Schr(eiben) an das k. Pfarramt

Rohrenfels und Züchering zur Kenntniß-

nahme von der Verwundung des Neff Josef

von Rosenfels und des Lorenz Boegel von Poehl

und zur Eröffnung an deren Angehörige

Neuburg den 26. Dezember 1870.

Ausweislich der Chronologie muss also die bayer. Behörde in Neuburg an der Donau zuerst diese Meldungen vom Kriegsgebiet verbreitet haben, ehe sie diese Amtspflicht dem Civilcommissär in Wissembourg mitzuteilen hatte.

Jener hatte dann am 29.12.1870 dieses Schreiben wohl quittiert und wieder retourniert, so stellt es sich für mich dar. Andere Ansichten sind aber ausdrücklich erwünscht, wenn es sie gibt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.01.2020 12:18:16 Gelesen: 226385# 489 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, wie ich ihn auch noch nicht vorher gesehen habe: Nürnberg, Appellationsgericht, an den königlichen Advokaten Hessel zu Nürnberg mit obigem Vermerk: "Ins(inuirt) den Neunzehnten August 1842 Georg Renn" und unten "Ins(inuirt) Adv(okat) Beck dahier" als R.S.



Halten wir fest: 2 Insinuationsvermerke auf einem Brief, Ortsdienstbriefe sind alle sehr selten, auch von großen Städten wie Nürnberg und die Post hat ihn wohl nicht gesehen. Schön, wenn man so etwas mal zeigen kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.01.2020 12:24:47 Gelesen: 226381# 490 @  
Liebe Freunde,

heute sind mir 2 Armensachen (A.S.) in die Hände gefallen, die ich gerne zeigen möchte.

1. Vom Stadtgericht Nürnberg am 3.6.1866 an das Stadtgericht Schweinfurt (leider ohne Inhalt) als A.S. tituliert und korrekt portofrei belassen.



2. Vom Armenpflegschaftsrat(h) der Stadt Nürnberg an den Armenpflegschaftsrat(h) Münnerstadt vom 17.6.1871 auch portofrei belassen, was nur möglich war, wenn dieser Stelle die Versendung als A.S. speziell genehmigt worden war - hier wohl der Fall.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.01.2020 11:29:10 Gelesen: 225729# 491 @  
Liebe Freunde,

aus der Rubrik "Briefe, die es gar nicht geben konnte" zeige ich einen aus Würzburg vom 3.11.1851, der recommandirt und unfrankiert von der königlichen Filialbank Würzburg an das Landgericht in Kissingen lief.



Als Parteisache war er portopflichtig und die dazu passenden 6 Kreuzer stehen ja auch zweimal da.

Aber was ist das ganz Besondere an ihm? Jeder Interessierte darf dazu seine These abgeben und ich hoffe auf eine spannende Diskussion.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
mit der kleinen Hilfe - die Besonderheit liegt in dem kursiv Gedruckten!
 
bayern klassisch Am: 22.01.2020 11:36:57 Gelesen: 225727# 492 @  
Liebe Freunde,

etwas mysteriös kommt dieser mit 7 Kr. frankierte Dienstbrief aus Deggendorf nach Hunding daher, der ausweislich seiner Stempel vom 9.7.1875 stammen müsste, innen jedoch ein Empfangs- und Abgangsdatum vom 11.1.1876 (Pfennigzeit!) zeigt.



Auf auf der Adressseite oben links stand etwas vom Absender, welches dann später (auf der Post?) ausgekratzt wurde - ein Vorgang, den ich so nicht kenne. Siegelseitig alles blank und nichts ausgekratzt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.01.2020 11:54:04 Gelesen: 225721# 493 @  
Liebe Freunde,

Ortsbriefe sind nicht selten, aber Abzugsbriefe, die einst Ortsbriefe waren, gefielen mir schon immer. Dieses kleine Faible kommt schön in dem aus München vom 8.9.1872 zum Ausdruck, der mit 1 Kr. frankiert an Frau Josefine Maurer, Kreisbaubeamtenwitwe in der Türkenstr. 73 im 2. Stock wohnhaft.



Von München II ging es nach München I natürlich noch am selben Tag, doch konnte der dortige Stadtbrieträger No. 42 keine Zustellung bewirken. Aber er fand auf seinem Bestellgang heraus, dass unsere nämliche Witwe nach Herrieden verreist/verzogen war und so gab er den Brief seinem Beamten mit diesem Bemerken retour.

Dieser erkannte als Frankatur die 1 Kr. Marke an, stellte aber fest, dass es von München nach Herrieden 170 km waren und somit ein Fernbrief vorlag, der 3 Kr. Franko und demzufolge 7 Kr. Porto gekostet hätte. Also zog man - da nicht als Fernbrief frankiert - von den 7 Kr. Porto den frankierten Kreuzer ab und belastete die Post in Herrieden mit 6 Kr. Nachporto.

Am Folgetag kam er dort an und wurde gegen 6 Kr. unserer Witwe zugestellt.

Für die Farbensammler - der Halbkreisstempel von Herrieden ist schon sehr blau und im Winkler so nicht bekannt (Sem kennt ihn und gibt 50 bzw. 100 Euro als Wert an).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.01.2020 11:00:52 Gelesen: 224929# 494 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine Trauer - Drucksache aus Augaburg vom 4.3.1875 an "Herrn Professor Bischoff an der königlichen Gewerbeschule in Würzburg.

Üblicherweise (Inhalt fehlt) durfte so gut wie nichts in die Drucksachen geschrieben werden, weil sonst ihr Charakter von Drucksache zu Brief mutierte mit der Folge, dass die Gebühren weitaus höhere wurden.



Hier schrieb der Absender unten links statt dem üblichen "Franko", "frei", "markirt" oder "Gedrucktes" doch glatt "Gruß B????", was er natürlich nicht durfte, weil ein Gruß nicht Teil der Adresse sein konnte und somit als brieflicher Inhalt galt, was die Folge gehabt hätte, dass der - jetzt Brief mit 3x zu frankieren gewesen wäre, dafür ungenügend frankiert mit 7x Porto abzüglich dem 1x der Marken mit dem Vermerk "noch 6x" zu versehen gewesen wäre. Aber man war wohl gnädig in Augsburg und Würzburg hat sich offenbar auch nicht daran gestört.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

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