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Thema: Tschechoslowakei unter polnischer Verwaltung
Detlev0405 Am: 03.07.2018 11:49:22 Gelesen: 32366# 1 @  
@ gabriele

Hallo Gabi,

heute der versprochene Beleg mit der Identitätskrise.



Ich bin ein Beleg mit einer absoluten Identitätskrise und Schuld daran sind die Menschen. Zu K.u.K. Zeiten wäre ich eine normale Reklamation per Post gewesen, gerichtet an die Kalkbrennerei in Studenec irgendwo in Schlesien an der polnisch – tschechischen Grenze. Wenn der Schreiber meines Kartenbriefes nicht so faul gewesen wäre, hätte er sich auf seine Socken gemacht und wäre selbst zum Bahnhof Oderberg gegangen. Denn dahin sollte die Reklamation von der Kalkbrennerei weitergeleitet werden. Gut Oderberg – Bahnhof war ein Ortsteil von Oderberg, aber ein Fahrrad hätte da auch weitergeholfen.

Dazu kommt noch, dass ich nicht mit einer normalen Briefmarke frankiert wurde, sondern mit einer Portomarke von Österreich, der Mi.Nr. 61. Dabei habe ich doch wie jeder Beleg Anrecht auf eine normale Briefmarke.

Gegrinst habe ich, als mein Besitzer sich im Internet wund suchte nach Studenec in Schlesien. Er fand zwar 13 Orte mit gleichem Namen – aber nicht mein Studenec. Offenbar gibt es den Ort nicht mehr – noch mehr Krise.

Gestern war ein Freund meines Besitzers hier und hat schallend gelacht. Er schlug die Einführung im Michel Katalog zur Tschechoslowakei auf und tippte auf die Bemerkungen zu den Vorläufern der tschechischen Briefmarken nach der Staatsgründung am 28.10.1918. Danach war meine Marke noch bis zum 28.02.1919 als normale Briefmarke frankaturgültig. Und er erklärte weiter, das ein solcher Bedarfsbeleg wie ich viel authentischer ist als ein Beleg mit den ersten Überdruckausgaben und wertvoller. Seit dem trage ich meine Nase wieder hoch oben.

Eines haben aber beide nicht klären können – die Bedeutung des diagonalen Franco Stempels.


LG
Detlev
 
gabriele Am: 03.07.2018 23:46:11 Gelesen: 32306# 2 @  
@ Detlev0405 [#1]

Hallo Detlev,

danke für deinen Beitrag. Da habe ich gleich nach Oderberg gesucht. Der Absendeort bohumin mesto [1] steht ja vor dem Datum. Warum schreibst du denn Kartenbrief, es ist doch eine Postkarte.

In meinem Michel-Österreichkatalog 2015 habe ich die Marke als Nr. 61, gültig bis 31.10.1920 als Portomarke vom Kaiserreich gefunden. Zum Franco-Stempel habe ich im Katalog nichts gefunden. Kann es sein, dass mit dem Franko-Stempel die Verwendung als Freimarke bescheinigt/bestätigt wurde?

Wobei ich nicht weiß, warum es überhaupt Portomarken gab? Mußten damit die Empfänger die Gebühr bezahlen?

Auf jeden Fall möchte ich mithelfen, dass dein Beleg richtig stolz auf sich wird. ;-)

Liebe Grüße, Gabi

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bohum%C3%ADn
 
Detlev0405 Am: 04.07.2018 06:57:10 Gelesen: 32280# 3 @  
@ gabriele [#2]

Hallo Gabi,

gute Frage - warum komme ich auf einen Kartenbrief ? Ich konnte die drei Klebestellen nicht einordnen auf der Vorderseite und habe deshalb vermutet, das es sich um eine Art Antwortkarte handelt - im Verkehr zwischen zwei Firmen. Das ist aber nur eine Theorie aus dem Bauch geboren, ich bin kein Spezialist für solche Sachen.

Zum Franco Stempel habe ich mich auch etwas schlau gemacht - ich würde ihn als eine Art "Spielerei" der Zeit einordnen, es gab keinerlei Grund für diesen Aufdruck. Die Gültigkeit dieser Marke zur Zeit war ja amtlich gegeben.

Die Portomarke als solche hatte schon ihre Richtigkeit in der Region - es war ja K.u.K. Postgebiet. Ja verwendet wurde sie bei Strafporto, wenn der Absender z.B. den Brief unterfrankiert hatte und Nachgebühr erhoben werden musste. Damit wurde dann der Empfänger belastet. Hier wurde diese Portomarke als Ersatz für nicht vorhandene normale Briefmarken genutzt.

Es gibt aber noch ein Mysterium bei diesem Beleg. Wie Du selbst richtig schreibst, handelt es sich um die Stadt Bohumin, auf der Rückseite der Karte auch dementsprechend durch den Absender dokumentiert (unten links). Siehst Du Dir den Stempel richtig an, findest du oben Oderberg und unten Bogumin. Bogumin ist aber die polnische Bezeichnung des Ortes Oderberg - nach meiner Kenntnis war Oderberg aber nie polnisch, auch postseitig nicht.

Liebe Grüße
Detlev
 
gabriele Am: 04.07.2018 18:17:25 Gelesen: 32234# 4 @  
@ Detlev0405 [#3]

Bogumin ist aber die polnische Bezeichnung des Ortes Oderberg - nach meiner Kenntnis war Oderberg aber nie polnisch, auch postseitig nicht.

Hallo Detlev,

puuuhh, jetzt müssen wir in mir ungewohnte Geschichtsteile und -Gebiete abtauchen. Oderberg liegt in Schlesien im Olsagebiet [1]. Schau dir mal die zweite, grünblaue Karte im Link an. Daraus entnehme ich, dass das Olsagebiet zwischen dem 5. November 1918 und 28. Juli 1920 zu Polen gehört hat.

Ob ich das richtig interpretiere, weiß ich natürlich nicht. Dazu sollte/müßte sich ein Kenner der Geschichte von Schlesien äußern.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Olsagebiet

LG, Gabi
 
Detlev0405 Am: 04.07.2018 19:16:41 Gelesen: 32218# 5 @  
@ gabriele [#4]

Hallo Gabi ,

dem kann ich folgen, den Konflikt im Olsagebiet kannte ich nicht. Also hatte der Stempel mit der polnischen Ortsbezeichnung seine Berechtigung.

LG Detlev
 
gabriele Am: 05.07.2018 16:43:14 Gelesen: 32165# 6 @  
@ Detlev0405 [#1]

Hallo Detlev,

kann es sein, dass die Karte als Ortspostkarte lief, innerhalb Oderberg-Bahnhof? Die Anschrift, Textseite oben, nennt Bohumín nádraží [1] als Ortsangabe?

Wegen dem polnischen Stempel müßte die Portomarke eigentlich zu Polen gehören. In meinem Michelkatalog Ost-Europa 1999/2000, Seite 673, gibt es bei Polen ebenfalls Portomarken.



Da ich weder tschechisch noch polnisch spreche, muß ich mal fragen, wie Du auf Kalkbrennerei und Reklamation gekommen bist? Es geht doch scheinbar eher um Schüler/Studenten oder so?

Auf jeden Fall finde ich die "Identitätskrisenkarte" total interessant. Falls es dazu von Dir mal eine neue Beschreibung gibt, wäre es supergut, wenn Du die hier vorstellen würdest :-)

LG, Gabi

[1] https://czech-transport.com/index.php?id=33766
 
Detlev0405 Am: 05.07.2018 22:44:04 Gelesen: 32123# 7 @  
@ gabriele [#6]

Hallo Gabi ,

Kalkbrennerei ist die "vapenky" und die Reklamation kann ich aus dem rückseitigen Text entnehmen. Zwei Waggons Kalk waren wohl avisiert, die Leute zum entladen bereit gestellt und die Kosten werden nun moniert ( grobe Inhaltsangabe ) .

Die Karte war eigentlich gerichtet an die Kalkbrennerei Studennec und wenn Du auf die Rückseite schaust steht dort oben "zaslete na adresu" ( senden Sie an die Adresse ) und dann der Name , Händler am Bahnhof Bohumin . Insofern auch die Bemerkung der Karte - der Absender hätte das Problem auch per Fahrrad lösen können . Ich gehe aber davon aus, das die Karte erst nach Studenec ging und von da aus wieder retour nach Bohumin Bahnhof. Du hast bestimmt "studenske vapenky" in den Übersetzer eingegeben und kommst auf die Studenten. "Vapenka" ist die Kalkbrennerei und das "studenske" bezieht sich auf den Ort Studenec. Insofern wahrscheinlich vielleicht dein Irrweg mit den Studenten.

Die von Dir angeführten polnischen Marken sind zwar eine gute Spur, haben aber einen Nachteil. Die P 11 und 12 haben einen Überdruck zweizeilig "Pozta Polska" - damit ist der im Text beschriebene Aufdruck gemeint. Damit fällt das Krakau Provisorium aus meiner Sicht aus. Zu sehen unter [1].

Zumal hier die Portomarken auch als solche verwendet wurden.

Also motzt die Karte weiter rum und weigert sich einfach, sich neu zu beschreiben. Interessant ist die Frage, wie die "Besetzung" Oderbergs im Olsakonflikt einzuordnen ist. Denn interessanter Weise spielt sich ja alles in tschechischer Sprache ab. Erstaunlich ist ja auch, das auf polnischem Gebiet auch 1919 zweisprachige Stempel unüblich waren ( oder irre ich mich da).

LG Detlev

[1] https://www.philasearch.com/de/lot_archive/orderNo/9081-A38-18770?
 
gabriele Am: 05.07.2018 23:37:17 Gelesen: 32117# 8 @  
@ Detlev0405 [#7]

Hallo Detlev,

danke für die Richtigstellung, dass meine "Studenten" reichlich "verkalkt" sind. ;-))

Das mit dem "provisorischen" geht mir vom Prinzip her nicht aus dem Sinn. Irgendwie betrachte ich den grauen FRANKO-Aufdruck Deiner Marke so, als wenn eine Portomarke "provisorisch" zu einer Freimarke umgewandelt betrachtet werden sollte.

Naja, mit den Sammelgebieten Tschechoslowakei und Polen kenne ich mich absolut nicht aus. Vielleicht melden sich zu diesem Thema ja doch noch echte Fachleute.

Hoffentlich bist Du nun nicht genervt von meinen unqualifizierten "geistigen Ergüssen". Ich finde es (für mich) total sinnvoll, sich in "unbekannte Problemstellungen" hinein zu denken.

Also wenn Dein "Inkognito-Beleg" seine Geschichte wirklich kennenlernen darf, freue ich mich mit ihm und mit Dir.

LG und schönen Feierabend, Gabi
 
Detlev0405 Am: 06.07.2018 06:36:23 Gelesen: 32102# 9 @  
@ gabriele [#8]

Hallo Gabi,

vorab - ich bin auch kein Spezialist für die Tschechoslowakei, habe mich lediglich bezüglich der Luftpost etwas spezialisiert und bekomme auch da große Unterstützung von saintex hier aus dem Forum. Nun atmet mein Beleg erleichtert auf - der wird mein Geheimnis also auch nicht lüften. :-)

Und genervt bin ich auch nicht, es ist doch der Austausch, der Wissen erweitert. Auch wenn man dabei Irrwege geht. Schön wäre es ja, wenn Rudi63 sich hierzu äußern könnte - ein echter Spezialist für die alte Tschechoslowakei.

Den Franco - Aufdruck habe ich auch bereits versucht so zu definieren wie Du es machst, als Bestätigung für eine Verwendung zur normalen Marke im Postverkehr. Dem gegenüber stehen aber einige Hinweise in der Fachliteratur hier, das diese Franco Aufdrucke eher eigenmächtige "Spielereien" örtlicher Postbeamten waren.

Da es noch früh am Morgen ist kommt mir tatsächlich eine gute Idee (wen uns keiner aus dem Forum weiter helfen kann). Vielleicht kann uns Herr Petriuk weiter helfen, es ist ja - wenn auch nur zeitweilig - ein polnisches Gebiet und er Prüfer für Polen.

LG Detlev
 
gabriele Am: 06.07.2018 13:03:39 Gelesen: 32055# 10 @  
@ Detlev0405 [#9]

Hallo Detlev,

vielleicht habe ich nun trotz der "verkalkten Studenten" wieder einen Mosaikstein gefunden, der Zielort könnte Studenka (Stauding) [1] gewesen sein. Darauf bin ich zufällig durch eine Bahnlinie [2] gekommen.



Falls das stimmen kann und Du nun noch mit kundiger Unterstützung das Geheimnis der Briefmarke lösen kannst, steht einer Beschreibung nichts mehr im Weg.

Achja, ich bin keine Bahnspezialistin, dafür gibt es mir viel zu viele Betreiber. :-)

LG, Gabi

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Stud%C3%A9nka
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Stud%C3%A9nka%E2%80%93B%C3%ADlovec
 
Detlev0405 Am: 06.07.2018 19:53:50 Gelesen: 32018# 11 @  
@ gabriele [#10]

Hallo Gabi,

heute habe ich meinen Beleg geärgert und ihm die Mail vor sein Gesicht gehalten, die ich Herrn Petriuk geschickt habe. Wir kommen bestimmt nicht weiter, da unsere Möglichkeiten tiefer einzudringen eher beschränkt sind. Ich habe angefragt, ob er dafür zuständig ist und den Beleg prüfen würde. Dann bekommen wir ein sehr ausführliches Attest, das alle Fragen beantworten wird. Der Beleg ist schon eingetütet und da kann er nun schmollen. :-)

LG und ruhiges Wochenende
Detlev
 
gabriele Am: 06.07.2018 21:36:00 Gelesen: 32006# 12 @  
@ Detlev0405 [#11]

Hallo Detlev,

eine geniale Entscheidung von Dir. :-) Jetzt bin ich auch total gespannt auf das Ergebnis!

Das hier ist inzwischen wirklich Belege-Philatelie, wie sie nur das Leben schreiben kann.

LG, Gabi
 
Detlev0405 Am: 08.07.2018 14:04:05 Gelesen: 31943# 13 @  
@ gabriele [#12]

Hallo Gabi,

naja - der Entschluss war sowohl genial als auch enttäuschend. Herr Petriuk ist für den Beleg nicht zuständig bzw. er räumt auch ein, das er möglicherweise zu wenig Erfahrung hat mit dieser lokalen Besonderheit.

Fakt ist aber, das der Tagesstempel in die Irre führt. Nach seiner Auskunft handelt es sich um einen bilingualen weiterverwendeten österreichischen Tagesstempel. Heute bin ich auch in der Lage, mich seiner Meinung anzuschließen, denn ich habe für Oderberg 1 Tagesstempel aus dem Jahre 1917 gefunden, der mit Bogumin 1 ausgewiesen war (mehrfach).

Das spricht sehr für die Nachverwendung des gezeigten Stempels zur Zeit der Tschechoslowakei.

Da der Fakt des "Olsa Konfliktes" nicht von der Hand zu weisen ist, muss ich nun Tschechoslowakei Spezialisten finden, die dazu Auskunft geben können.

LG
Detlev
 
rudi63 Am: 08.07.2018 19:09:58 Gelesen: 31908# 14 @  
Servus Detlev,

in meiner Sammlung habe ich ein Briefstück aus Oderberg, andere Stempeltype, andere Marke aber vermutlich der gleiche "Franko" Aufdruck.



In der Umsturzzeit 1918/1919 wurden häufiger Portomarken in Freimarken und auch umgedreht mittels Handstempeln bei Markenmangel umgewandelt.

Zu den Vorgängen in Oderberg/Bogumin/Bohumin kann ich auch nichts sagen.

Schöne Grüße

Rudi
 
Detlev0405 Am: 08.07.2018 19:42:21 Gelesen: 31896# 15 @  
@ rudi63 [#14]

Ich grüße dich Rudi,

schön das Du dich dazu äußerst. Ja stimmt ein außergewöhnlicher Stempeltyp für mich, ich habe in Oderberg 1 und 2 immer nur diese Zweikreisstempel mit doppeltem Mittelsteg gefunden. Dafür stimmt mich erst einmal der Franco Stempel optimistisch.

Ich habe mich nun mal direkt nach Bohumin gewandt, an die Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit Frau Mgr. Balcarova mit der Bitte mir mitzuteilen, unter welcher Verwaltung Oderberg im Januar 1919 gestanden hat.

Erst dann werden wir weiter sehen können vermute ich.

Beste Grüße

Detlev
 
Marcel Am: 08.07.2018 20:37:19 Gelesen: 31869# 16 @  
@ Detlev0405 [#15]

Hallo Detlev,

hier wird gut beschrieben unter welchen Umständen das Teschener Gebiet stand. Dein Stempel und auch der andere fallen in die Zeit der gemeinschaftlichen Verwaltung zw. Polen und Tschechen, vielleicht hilft dies schon weiter.

schöne Grüße
Marcel

http://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/regionen/teschener-schlesien/
 
gabriele Am: 08.07.2018 21:20:26 Gelesen: 31850# 17 @  
@ rudi63 [#14]
@ Detlev0405 [#15]
@ Marcel [#16]

Hallo Rudi und Detlev und Marcel,

nach den Stempeln geurteilt gab es in Oderberg ja mindestens zwei Postämter. Auf Ebay [1] habe ich eine weitere Ansichtskarte entdeckt.

Extra zur Dokumentation die Artikelbilder:



Vielleicht kann es uns weiterhelfen, die Stempel von Oderberg näher zu erforschen, KuK - Polen - CSR.

Geschichtlich geht es wohl insgesamt um das frühere Herzogtum Teschen [2] als Grenzgebiet, wie auch Marcel schon andeutet.

Hoffen wir mal, dass zumindest Ungarn dort keine Rolle gespielt hat.

Was wohl die Verwaltung in Oderberg mitteilt, es wird immer interessanter, Detlevs Karte zu beschreiben.

LG, Gabi

[1] https://www.ebay.de/itm/105996-AK-Oderberg-Bohumin-1918-Bahnhof-Nordbahnstrass-Kaiser-Franz-Josef-Jubilae-/372358388693?oid=352371817793
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Teschen#Grenzgebiet_zwischen_der_Tschechoslowakei_und_Polen
 
Marcel Am: 08.07.2018 21:50:09 Gelesen: 31838# 18 @  
Stefan Am: 08.07.2018 22:18:52 Gelesen: 31830# 19 @  
@ Detlev0405 [#1]

Wenn man dem Inhalt der Karte aus [1] (siehe auch Beitrag [#4]) vertraut, kam der Ort Oderberg (polnisch Bogumin, tschechisch Bohumín) mit Stand vom 05.11.1918 zum erneut gegründeten Staat der Republik Polen. Zwischen dem 23.01. und 30.01.1919 [2] marschierte die tschechoslowakische Armee in Polen ein und besetztes das Gebiet um Teschen, wobei nicht ersichtlich ist, zu welchem Datum welcher ort seitens der Tschechoslowakei besetzt wurde. Anschließend war eine Volksabstimmung für Ostschlesien vorgesehen, wo seitens Polen und der Tschechoslowakei eigene Briefmarken mit Aufdruck "S.O. 1920" bzw. "SO 1920" vorbereitet und ausgegeben wurden. Diese Volksabstimmung wurde nicht durchgeführt. Zwischen dem 28.07.1920 und Oktober 1938 war dieser Ort aufgrund eines internationalen Schiedspruches Bestandteil der ebenfalls neu gegründeten tschechoslowakischen Republik. Zwischen Oktober 1938 und September 1939 wurde Oderberg durch Polen besetzt. Mit der deutschen Besetzung Polens im September 1939 fiel die Stadt bis maximal Mai 1945 an das Deutsche Reich. Am 09.05.1945 wurden die vor 1938 gültigen Staatsgrenzen wiederhergestellt, weshalb sich Oderberg seither wieder in der Tschechoslowakei (bzw. ab 01.01.1993 Tschechische Republik) befindet.

Die in Beitrag [#1] gezeigte Karte datiert vom 19.01.1919. Demnach sollte der Ort Oderberg zu diesem Zeitpunkt noch für wenige Tage unter polnischer Verwaltung gestanden haben.

Stempeltechnisch muss ich passen. Mir liegen keine Abschläge aus der Zeit der polnischen Verwaltung von Oktober 1918 bis vermutlich Januar 1919 vor.

Im August 1920 waren (noch) die tschechoslowakischen Briefmarken des Abstimmungsgebietes Ostschlesien in Oderberg gültig. Das vorliegende Exemplar trägt eine Entwertung des vermutlich identischen Handstempelgerätes analog dem Beispiel aus Beitrag [#14]:



Ausgabe der Tschechoslowakei für Ostschlesien, Mi-Nr. 5, Stempelabschlag von Oderberg 2 / Bogumin 2 vom 15.08.1920

Gruß
Pete

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Polnisch-Tschechoslowakischer_Grenzkrieg#/media/File:%C5%9Al%C4%85sk_Cieszy%C5%84ski.PNG vom Beitrag https://de.wikipedia.org/wiki/Polnisch-Tschechoslowakischer_Grenzkrieg
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Polnisch-Tschechoslowakischer_Grenzkrieg
 
Detlev0405 Am: 09.07.2018 08:49:12 Gelesen: 31789# 20 @  
@ Pete [#19]

Guten Morgen allen wünsche,

das sind nun mal einige handfeste Informationen, die sich hier eingestellt haben seit gestern Abend - danke dafür.

Für mich das wichtigste erscheint mir der Artikel von Marcel im Beitrag [#16] - wo explizit auch auf Oderberg und die Bahnlinie eingegangen wird. Zur Zeit der ausführlichste Artikel, den ich zu diesem Problem zu Gesicht bekommen habe. Deshalb kann ich der Meinung von Pete im Artikel [#19] komplett folgen und hoffe nun auch, dass sich diese Tendenz in der Antwort aus Bohumin bestätigt.
Ja, Gabi es gab zu diesem Zeitpunkt zwei Ortsteile von Oderberg, sowohl 1 und 2. Oderberg selbst (also 1) war der ursprüngliche Ort und erst mit der Schaffung der Bahnlinie entstand der zweite Teil des Ortes, etwas außerhalb vom eigentlichen Oderberg (zwischen 3-5 km je nach Quelle).

@ Marcel [#18]

Den Beleg halte ich für eine Fälschung, Marcel, auch wenn er bei einem renommierten Auktionshaus angeboten wird / wurde. Die Krakauer Aushilfsausgabe ist per se hoch fälschungsgefährdet und eigentlich nur geprüft handelbar. Deinem Artikel folgend, wäre zu dieser Zeit wieder Oderberg unter tschechischer Verwaltung und zumindest die Krakauer Aushilfsausgabe völlig deplatziert. Auch habe ich bei geprüften Belegen mit der Krakauer Aushilfsausgabe (das prüft dann auch wieder Herr Petriuk) ausschließlich polnische Ortsstempel gefunden (kann Zufall sein).

@ Pete [#19]

Deine Marke ist komplett schlüssig - Ostschlesienmarke mit dem Aufdruck SO und Stempel von Oderberg 2 aus dem Jahr 1920, einfach nur eine Augenweide. Deckt sich in etwa mit dem gezeigten Stempel von Rudi63 im Beitrag [#14].

Was die Stempel generell angeht, sind Aussagen eh sehr schwer. Herr Petriuk hat mich ja in seiner Reaktion auf meine Anfrage darauf aufmerksam gemacht, das gerade in dieser Zeit Anfang 1919 in dieser Region viele österreichische Stempel nachverwendet wurden. Das zeigen auch die hier aufgeführten Beispiele, die einen Zweikreisstempel mit und ohne Zwischensteg als möglich zeigen.

Ziel muss es jetzt sein, eine eindeutige Zuordnung über die am 21.01.1919 zuständige Postverwaltung in Oderberg zu erlangen und somit dann einen geeigneten Prüfer für den Beleg zu finden.

Einen schönen Tag wünsche ich allen
Detlev
 
Stefan Am: 09.07.2018 19:11:07 Gelesen: 31746# 21 @  
@ Detlev0405 [#20]

Was die Stempel generell angeht, sind Aussagen eh sehr schwer. Herr Petriuk hat mich ja in seiner Reaktion auf meine Anfrage darauf aufmerksam gemacht, das gerade in dieser Zeit Anfang 1919 in dieser Region viele österreichische Stempel nachverwendet wurden. Das zeigen auch die hier aufgeführten Beispiele, die einen Zweikreisstempel mit und ohne Zwischensteg als möglich zeigen.

Zur Stempelsituation in Polen ab November 1918 allgemein gesprochen: Das Gros der verwendeten Stempel stammt aus den Beständen der früheren Kaiserreiche Österreich-Ungarn (hier der österreichische Teil) und dem Deutschen Reich. Diese Stempel kommen unverändert bzw. in aptierter Form vor, Letztere im Bereich des Ortsnamens und der Uhrzeitangabe. Von der Ausgangssituation her konnten österreichische Tagestempel in der ursprünglichen Fassung einsprachig (deutsch) bzw. zweisprachig (deutsch und polnisch, ggf. abweichend auch tschechisch) gehalten sein.

Soweit ich bei früheren Recherchen feststellen konnte, kamen auch etwas mehr als ein Dutzend Dörfer aus dem ungarischen Teil der Doppelmonarchie in den äußersten Süden Polens. Die ungarischen Stempel weichen im Stempelaufbau und der Angabe des Datums ab.

Die Stempelsituation in der Tschechoslowakei ab Ende 1918 ist in Bezug auf weiterverwendete österreichische Stempel (beide Landesteile) im Grunde genommen ähnlich. Zusätzlich kamen bereits zeitnah neu angefertigte Stempel in Gebrauch, welche auch die Landesbezeichnung "ČSR" beinhalten.

Gruß
Pete
 
gabriele Am: 09.07.2018 21:46:10 Gelesen: 31714# 22 @  
@ Pete [#21]

Hallo Pete und Detlev,

den Stempel Oderberg 1 6b gab es 1914 auch schon, siehe ebay [1]. Das Gebiet hieß zu der Zeit noch Österreichisch-Schlesien [2].

Zur Dokumentation die kopierten Artikelbilder:



Die akzeptierten amtlichen Fremd-Sprachen (böhmisch, italienisch, polnisch, ruthenisch, slovenisch) wurden auch bei den frühen Correspondenzkarten ab P 3, ab 1871, als zweite Vordrucksprache eingesetzt.

Könnte aus den zweisprachigen Kartentexten auf mögliche Zweisprachen-Stempel geschloßen werden?

LG, Gabi

[1] https://www.ebay.at/itm/51381631-Bohumin-Bahnhof-Bohumin-Oderberg-1914/302766879832?hash=item467e4ff458:g:ulUAAOSwdTZbHUBq
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichisch-Schlesien
 
Detlev0405 Am: 10.07.2018 07:40:52 Gelesen: 31673# 23 @  
@ gabriele [#22]

Guten Morgen Gabi,

Könnte aus den zweisprachigen Kartentexten auf mögliche Zweisprachen-Stempel geschlossen werden?

Eindeutig nein, denn bei der Betrachtungsweise zäumst du das Pferd vom Schwanz auf - mal bildlich interpretiert. Das Postwesen eines Staates ist Spiegelbild seiner politischen und speziell seiner verwaltungstechnischen Organisation. Die K.u.K. Monarchie war ein Vielvölkerstaat und dementsprechend musste die Postverwaltung den verschiedenen Völkern entsprechend sich auch verständlich präsentieren.

Eine sehr schöne Übersicht dazu findest du hier: https://www.deutsche-schutzgebiete.de/kuk_bevoelkerung.htm

LG
Detlev
 
gabriele Am: 11.07.2018 18:25:14 Gelesen: 31602# 24 @  
@ Detlev0405 [#23]

Hallo Detlev,

wie soll ich Deinen letzten Beitrag verstehen ? * grübel *

Habe ich das falsch interpretiert, dass durch die Poststempel annähernd auf die Landesverwaltung geschlossen werden kann? Die Correspondenzkartensprachen hatte ich nur für einen Überblick zu den K.u.K. Amtssprachen erwähnt, was ist daran als Landessprachen-Hilfsmittel inkorrekt?



Aus ebay [1] noch ein BO HUMIN-CSR-Stempel vom 24.IV.(19)22. Alle bisherigen ODERBERG-BO GUMIN-Stempel sind demnach zweisprachig deutsch-polnisch, von der K.u.K.-Postverwaltung, siehe auch den Stempel vom 21.8.(18)98 [2].

Die ebay-Bilder, nur zur Dokumentation:

24.IV.(19)22:



21.8.(18)98



Die weiteren Eingrenzungen und Erklärungen mit partriarchalischen und absolutistischen Hintergrund überlasse ich gerne den versammelten Fachmännern.
Geschichtliche Abläufe finde ich sehr interessant, aber eine Bewertung von Staats-Ereignissen kann und mag ich nicht vornehmen.

Jetzt bin ich gespannt darauf, ob Du mit der Antwort aus Bogumin/Bohumin den zeitlichen Ablauf der Staatszugehörigkeit von Oderberg abklären kannst. :-)

LG, Gabi

[1] https://www.ebay.de/itm/19-107-AK-BOHUMIN-ODERBERG-JAHR-1922-FABRIK-WOHNHAUSER/162176620443?hash=item25c27ad79b:g:mc4AAOSw-itXujr~
[2] https://www.ebay.de/itm/52605680-Bohumin-Bahnhof-Hotel-Garni-Lustig-Kaiser-Franz-Josef-Bohumin/163101491736?hash=item25f99b4218:g:kFoAAOSwg4tbJeaq
 
Detlev0405 Am: 11.07.2018 19:00:23 Gelesen: 31586# 25 @  
@ gabriele [#24]

Hallo Gabi,

Könnte aus den zweisprachigen Kartentexten auf mögliche Zweisprachen-Stempel geschlossen werden?

Das war Deine Fragestellung und ich habe mit nein geantwortet. Es gibt auch einsprachige Karten aus der Zeit mit zweisprachigen Stempeln und umgedreht. Insofern war Dein Ansatz eben sehr unglücklich gewählt, vor allem für die K.u.K. Monarchie, die ein Vielvölkerstaat war und im Postwesen auch entsprechend vielsprachig auftreten musste.

Nicht mehr und nicht weniger wollte ich damit zum Ausdruck bringen.

LG
Detlev
 
Detlev0405 Am: 13.07.2018 14:34:37 Gelesen: 31511# 26 @  
@ gabriele [#2]

Hallo Gabi und alle die es interessiert,

ich hatte mich neben Bohumin auch an das Historische Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik gewandt und von Herrn Jiri Friedl heute per Mail Bescheid bekommen. Seine Auskunft kann ich hier erst veröffentlichen, wenn er aus dem Urlaub zurück ist und er seine Zustimmung gegeben hat.

Vorab aber das Ergebnis - bis zum 23.01.1919 gehörte Oderberg definitiv zur polnischen Verwaltung des Teschener Schlesiens. Ab spätestens den 30.01.1919 war dann Oderberg für immer Bestandteil der Tschechoslowakei (als Ergebnis des 7 Tage Krieges zwischen der Tschechoslowakei und Polen).

Nun grinst mich mein Beleg wieder ganz frech an - er sieht das ich ratlos bin. Er wedelt mit seinem kleinen Hemd herum und lästert, tschechischer Sachverhalt auf der Karte, tschechische Schrift, K.u.K. Marke und nachverwendeter K.u.K Stempel und das alles unter polnischer Postverwaltung. Wer will dieses Knäuel als Prüfer denn entwirren ? Zumal es räumlich eng begrenzt ist.

LG
Detlev
 
Detlev0405 Am: 14.07.2018 09:31:21 Gelesen: 31467# 27 @  
Noch vor seinem Urlaubsantritt hat mir Herr Jiri Friedl seine Zustimmung geschickt zur Veröffentlichung seiner Stellungnahme. Ich empfehle, um die Bedeutung seiner Aussage richtig einzuordnen, sich mit der Vita dieses Spezialisten bekannt zu machen. (1)

Hier sein Statement vom 13.07.2018:

Sehr geehrter Herr Röhn,

Ich habe Ihren Brief zur Erledigung gegeben und ich gestatte mir auf Ihrer Frage, die der Stadt Oderberg (Bohumín auf Tschechisch; Bogumin auf Polnisch) betrifft, antworten.

Es gab ein Streit über das Teschener Schlesien nach der Erneuung des polnischen Staates und der Entstehung der Tschechoslowakei in 1918. Am 5 November 1918 wurde ein Abkommen über die vorläufige Verteilung des Teschner Schlesiens zwischen den tschechischen Landesauschuss für Schlesien in Troppau (Opava) und den polnischen Aufsichtsrat des Teschner Herzogtums in Teschen abgeschlossen. Beide Seiten haben in dem Abkommen betonen, dass die Grenze im Teschener Schlesien nur provisorisch ist und dass die Regierungen Polens und Tschechoslowakei in Zukunft eine neue Grenze feststellen müssen. Nach diesem Abkommen hat Oderberg zur Polen gehört. Die tschechoslowakische Regierung hat jedoch dieses Abkommen nicht anerkennt und hat in im Januar 1919 entschieden, das ganze Teschener Schlesien mit Hilfe des Heeres zu gewinnen. Am 23 Januar 1919 haben die tschechoslowakischen Truppen den Angriff begonnen. Nach dem Krieg, die nur eine Woche gedauert hat, hat Oderberg zur Tschechoslowakei gehört. Das hat sich nicht auch nach der Arbitrage am 28 Juli 1920, wenn die Grenze zwischen der Tschechoslowakei und Polen im Teschner Schlesien festgestellt wurde, geändert.

Es gibt zu diesem Thema zahlreichen Bücher und Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften. Mehre Einzelheiten können Sie zum Beispiel im Buch von Jaroslav Valenta (Èesko-polské vztahy v letech 1918-1920 a Tìšínské Slezsko. Ostrava/Ostrau 1961) oder Marek Kazimierz Kamiñski (Konflikt polsko-czeski 1918-1921. Warszawa/Warschau 2001) finden. Leider, beide sind auf Tschechisch und Polnisch. Ein Überblick durch diese Thema können Sie im Buch von Benjamin Conrad Umkämpfte Grenzen, umkämfte Bevölkerung. Die Entstehung der Staatsgrenzen der Zweiten Polnischen Republik 1918 – 1923 (Stuttgart, Franz Steiner Verlag, 2014) finden. Dort gibt es ein Kapitel über den Streit zwischen der Tschechoslowakei und Polen über das Teschener Schlesien.

Mit freundlichen Grüssen,

Jiøí Friedl

Historisches Institut

Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik

http://www.hiu.cas.cz/en/people/members/friedl-jiri.ep/



Eine Ergänzung schickte er noch heute mit seiner Mail:

Sehr geehrter Herr Röhn,

ja, Sie haben meine Zustimmung meine Darstellung in der Diskussion zu veröffentlichen.

Der wichtigste Fakt für Sie ist, dass Oderberg am 21 Januar 1919 noch unter der polnischen Verwaltung war und deshalb der Stempel auch die Benennung «Bogumin» hat. Vergessen Sie aber nicht, dass in Oderberg damals auch die deutsche Bevölkerung gelebt hat. Deshalb - aus meiner Sicht - hat die Post auch die deutsche Benennung «Oderberg» benutzt.
... ( privat )

Mit freundlichen Grüssen,

Jiøí Friedl"



Somit ist nun auch von wissenschaftlicher Seite geklärt, dass es sich bei dem Beleg um eine Beförderung unter polnischer Verwaltung handelt. Nun fehlt noch ein zuständiger Prüfer für diese Zeit und Region, der die Identitätskrise des Beleges auch aus philatelistischer Sicht beenden kann. Vielleicht kann uns jemand einen Tipp geben ?

LG
Detlev


(1)http://www.hiu.cas.cz/en/people/members/friedl-jiri.ep/
 
Stefan Am: 14.07.2018 13:15:03 Gelesen: 31429# 28 @  
@ Detlev0405 [#27]

Nun fehlt noch ein zuständiger Prüfer für diese Zeit und Region, der die Identitätskrise des Beleges auch aus philatelistischer Sicht beenden kann. Vielleicht kann uns jemand einen Tipp geben ?

National, d.h. die Prüferverbände BPP und VP, ist derzeit kein Prüfer für Polen ersichtlich.

BPP: https://www.bpp.de/de/Gebietssuche-und-Pr%C3%BCfersuche.html
VP: http://vpev.de/index.php/de/pruefgebiete.html

Im deutschsprachigen Ausland (Österreich und Schweiz) ist ad hoc leider ebenfalls nichts zu finden:

VÖB: http://www.voeph.at/fileadmin/pdf/Allgemein/Briefmarkenpruefer/PRUEFERLISTE_des_VOEB.pdf
VPEX: http://www.vpex.info/
SBPV: http://www.briefmarken-pruefer.ch/?tsk=show_page&id=4

Die ArGe Polen verweist auf einen in Deutschland lebenden Prüfer des Polnischen Philatelisten Verbandes (PZF), der für Polen zuständig ist: Stefan Petriuk aus 24977 Langballigholz, siehe auch https://www.arge-polen.de/p_Pruefer.asp

Gruß
Pete
 
Detlev0405 Am: 14.07.2018 15:11:32 Gelesen: 31413# 29 @  
@ Pete [#28]

Hallo Pete,

danke für Deine Bemühungen. Mit Herrn Petriuk stehe ich in Verbindung, er hatte mir aber mitgeteilt, das es ein lokales Spezialgebiet darstellt. Und obwohl er gerade für die Anfangszeit in Polen besonders für uns deutschsprachige Sammler der Spezialist ist, hatte er in der Korrespondenz mit mir schon eingeräumt, das es sich möglicherweise um eine lokale Besonderheit handelt - wenig erforscht und von ihm nicht einzuordnen.

Ich trage mich nun mit dem Gedanken, den Beleg einem Prüfer für die Anfangszeit der Tschechoslowakei vorzulegen. Zum Glück sind von den 3 Prüfern zwei auch der deutschen Sprache mächtig, so das eine Kommunikation ohne Probleme möglich ist.

Gruß
Detlev
 
gabriele Am: 14.07.2018 18:14:27 Gelesen: 31386# 30 @  
@ Detlev0405 [#29]

Hallo Detlef,

vielleicht sollten wir noch einmal bewußt detailiert die Marke betrachten.

- 1916: Die Urmarken wurden für eine Freimarkenserie gedruckt, aber 4 Werte (24, 36, 54, 42 H.) wurden NICHT ausgegeben. Hier stellt sich schon die Frage, warum und wofür solche krummen Werte gedruckt wurden.

- 1917: Die vier überzähligen Werte (Nr. 60-63, Klischee bc ohne Wz.) wurden in April/Mai mit Porto-Überdruck (10, 15, 20, 50 H.) versehen. Es sind die letzten Portomarken vom K.u.K.-Österreich.

Wurden diese Überdruck-Marken überall in K.u.K.-Österreich verteilt?

- 1919: Portomarken bekommen zumindest in Oderberg-Bogumin/Polen einen (eventuell ungenehmigten ?) grauen FRANKO-Handstempel zur Umwandlung in Freimarken, siehe [#1] und [#14].

Ein weiterer Schritt zur Auflösung hängt meiner Meinung nach mit den zwei gezeigten FRANKO-Stempeln zusammen, sind die echt und für Polen belegbar?

Wir können Deine leicht freche und widerspenstige Karte doch nicht triumphieren lassen. :-)

LG, Gabi
 
Stefan Am: 14.07.2018 19:11:51 Gelesen: 31375# 31 @  
@ Detlev0405 [#29]

Du hast mit deinem Beleg aus Oderberg aus Beitrag [#1] in ein richtiges "Wespennest" gestochen. ;-)

In den Beiträgen [#19]; [#26] und [#27] wurde ein kurzer geschichtlicher Abriss des Ortes Oderberg im 20. Jahrhundert gegeben. Das Handbuch von Oberschlesien der früheren ArGe Oberschlesien (1970-1990) befasste sich in zwei Kapiteln [1][2] ebenfalls mit den Briefmarken des Abstimmungsgebietes Ostschlesien. In diesen Kapiteln wird auch auf die Vorgeschichte eingegangen, welche zur Entstehung der Abstimmungsgebiete auf polnischer und tschechoslowakischer Seite führte. Der Autor von [1] führt auf Seite 7 aus, dass am 23.01.1919 der Einmarsch tschechoslowakischer Truppen im polnischen Teil des Teschener Gebietes erfolgte. Diese Besetzung begann mit der Einnahme des Ortes Oderberg am 23.01.1919. Wenn diese Aussage zutrifft, wäre Oderberg im Laufe des 23.01.1919 von der polnischen in die tschechoslowakische Verwaltung "gewechselt". Die militärische Besetzung hielt bis zum 25.02.1919 an - bis sich die tschechoslowakische Armee aus den besetzten Orten Freistadt, Jablunkau, Teschen und Trzyniev zurückzog. Es blieben danach dennoch weiterhin die folgenden Orte tschechisch besetzt: Karwin, Ober-Suchau, Reichwaldau und eben Oderberg. In der Zeit der Besetzung wurde die Verwendung tschechoslowakischer Briefmarken (Hradschin-Ausgaben) eingeführt, wobei die bisherigen Ausgaben von Österreich und Polen weiterhin gültig blieben.

Gruß
Pete

[1] Abt. B III von 1979 mit Ergänzungen von 1984 - polnische SO-Ausgaben, Autor Heinz Erwin Jungjohann aus St. Peter-Ording, seinerzeit BPP-Prüfer
[2] Abt. B IV von 1973 mit Ergänzungen von 1977 und 1979 - tschechoslowakische SO-Ausgaben, Autor H. P. Vouhsem aus Hamminkeln bei Wesel
 
Detlev0405 Am: 14.07.2018 20:31:13 Gelesen: 31343# 32 @  
@ gabriele [#30]

Hallo Gabi,

was die Frankatur betrifft vertraue ich einfach dem Michel Katalog zu Osteuropa und dessen Aussage, das die Porto Nr. 61 der österreichischen Post im Bereich Böhmen und Mähren ab Gründung der Tschechoslowakei weiterhin frankaturgültig waren und als echte Vorläufer der tschechoslowakischen Briefmarken angesehen werden dürfen (in der Regel nur auf Beleg oder Ausschnitt).

Wichtig erscheint mir tatsächlich die Frage, welche Bedeutung der Franco Stempel haben könnte - beliebige Spielerei eines Postbeamten oder Anerkennung der K.u.K. Marke unter polnischer Postägide ? Dann würde der Stempel die ursprüngliche tschechische Frankatur als bezahlt akzeptieren.

@ Pete [#31]

Hallo Pete,

eigentlich war es ja nur als ein lustiger Beitrag zu Gabi´s Thread gedacht, nun merke ich selber mehr und mehr, das es sich um einen Beleg mit historischer Bedeutung handelt. Ich bin übrigens in meiner Einordnung (dazu habe ich meinen Beleg nicht um Erlaubnis gefragt) auf einen Terminus umgeschwenkt, den Du allerdings noch nicht in der Literatur finden wirst - Tschechoslowakei unter polnischer Verwaltung (Olsagebiet).

Mit Deiner Präzisierung über die tschechische Einnahme von Oderberg am 23.01.1919 lässt sich die polnische Verwaltung nun konkret auf den Zeitraum vom 05.11.1918 bis zum 22.01.1919 eingrenzen.

Da der liebe Michel bei der 1. Hradschin Ausgabe nur vage 1918/19 als Ausgabezeit angibt, musste ich im Spezialkatalog des tschechischen Philatelisten Verbandes von 1988 nachsehen. Hier wird konkret der 18.12.1918 für die erste Hradschin Serie angegeben. Damit können echte Belege von Oderberg mit Hradschin Marken erst nach dem 23.01.1919 auftauchen. Belege mit polnischen Marken hingegen wären theoretisch möglich gewesen, auf Grund der Abgelegenheit von Oderberg doch eher unwahrscheinlich.

Kommt bei mir langsam die Theorie auf, das es sich bei der Frankatur um ein Provisorium handelt in Ermangelung von polnischen Marken zu dieser Zeit. Und K.u.K. Marken waren bestimmt noch reichlich vorrätig - auch unter polnischer Postägide.

Gruß
Detlev
 
Stefan Am: 14.07.2018 21:09:35 Gelesen: 31333# 33 @  
@ Detlev0405 [#32]

Kommt bei mir langsam die Theorie auf, das es sich bei der Frankatur um ein Provisorium handelt in Ermangelung von polnischen Marken zu dieser Zeit. Und K.u.K. Marken waren bestimmt noch reichlich vorrätig - auch unter polnischer Postägide.

Dies scheint mir der richtige Ansatz. Vorab: Oderberg lag im Währungsgebiet Heller/Kronen. Gemäß den Angaben im Michel-Katalog (Polen) als auch im polnischen Fischer-Katalog (Ausgabe 2009) erschienen die ersten Briefmarken (landesweit in größerer Auflage) in der Währung Heller/Kronen (bzw. auch Pfennig/Mark) am 27.01.1919. Es kann demnach so gut wie keine Ausgaben Polens für den Zeitraum vom 11.11.1918 - 22.01.1919 geben, wo Oderberg zu Polen gehörte - es sei denn, das Postamt Oderberg erhielt Lieferungen bspw. der Krakauer Ausgabe. Im Umkehrschluss bliebe damit lediglich die Verwendung österreichischer Briefmarken aus der KuK-Zeit (welche vermutlich maximal bis November 1918 geliefert wurden) bis zu deren Aufbrauch einzelner Wertstufen im jeweiligen Postamt. Dadurch würden die Voraussetzung für Provisorien (hier Umwandlung von Porto- in Freimarken) geschaffen.

Gruß
Pete
 
Detlev0405 Am: 15.07.2018 06:25:34 Gelesen: 31283# 34 @  
@ Pete [#33]

Also haben wir sowohl die erste Hradschin Ausgabe der Tschechoslowakei als auch die ersten Ausgaben Polens zur Frankatur regulärer Post im Olsa Krisengebiet ausgeschlossen. Der Gedanke an die Krakauer Aushilfsausgabe ist mir auch gekommen als Ersatz. Hier stoßen wir allerdings auf ein logistisches Problem. Die Aushilfsausgabe stand ab dem 10.01.1919 zum Verkauf am Schalter zur Verfügung und das wohl eher in Krakau und unmittelbarer Umgebung. (1) Die Entfernung von etwa 100 km auf den günstigsten Straßen ( nicht immer die besten Straßen )in ein Rand- und Krisengebiet im Januar 1919 spricht aus meiner Sicht eher gegen eine Lieferung der Krakauer Aushilfsausgabe in diese Region. Wir sprechen hier von einem Zeit Korridor von maximal 12 Tagen bis zum Auftauchen regulär gebrauchter Belege mit dieser Ausgabe in Oderberg. Spricht also auch für die Schaffung von Provisorien in der Region Oderberg, um den regulären Postbetrieb aufrecht zu erhalten.

Gruß
Detlev

(1) https://en.wikipedia.org/wiki/Postage_stamps_and_postal_history_of_Poland
 
Detlev0405 Am: 16.07.2018 21:16:47 Gelesen: 31209# 35 @  
Nur um meinem Beleg keine Ruhe zu gönnen wühle ich weiter. Auch wenn mal Schweigen herrscht.

@ Pete [#33]

Wir müssen hier zumindest eine theoretische Korrektur einlegen. Ich hatte mich an Herrn Michael Lenke von der Arge Polen gewandt, der neben Herrn Petriuk der Spezialist für die Krakauer Aushilfsausgabe ist. Hier mit seiner freundlichen Zustimmung sein Statement:

Hallo,

Bogumin ist laut Fischer-Katalog definitiv mit Marken der Krakauer Ausgabe beliefert worden (15 Heller 5000 und 25/80 Heller 4500). Ab wann sie dort verfügbar waren, kann man nicht feststellen. Da die Stadt am 23.1. von tschechoslowakischen Truppen übernommen wurde, kann man auch nicht sagen, wann dort keine polnischen Marken mehr benutzt wurden.

Ich habe keine echte Krakauer Marke mit Stempel Bogumin vorliegen. Belege sind, wenn überhaupt verfügbar, extrem selten.Ich habe aber z.B. Krakauer Marken mit Stempel Teschen vom 25.1.19, 27.1.19. Man müsste forschen, wann Teschen besetzt wurde.

Ich habe aber eine 4 Kronenmarke der Krakauer Ausgabe mit Steindruckaufdruck und einem Stempel Oderberg 1/Bogumin 1 vom 23.1.19 vorliegen,die von Franz (DDR-Prüfer für Polen) als Ganzfälschung gekennzeichnet ist (Aufdruck/Stempel).

Ich gehe davon aus, dass der Stempel selbst echt ist, aber nicht am 23.1.19 auf die Fälschung kam.

Es scheint also sicher zu sein, dass echte Stempel von Bogumin für Fälschungen verwendet worden sind.

Wenn die Karte echt ist, dann kann man wegen der lokalen Besonderheiten leider nichts genaues sagen, wie sie zustande gekommen ist - zumindest nicht aus Sicht der Krakauer Ausgabe.

Mehr Informationen habe ich leider nicht.

Mit freundlichen Grüßen

M.Lenke


Bezüglich Teschen konnte ich dann weiter helfen - es wurde von den tschechischen Truppen auch am 23.01.1919 besetzt und somit ist die vorliegende Marke, wenn Aufdruck und Stempel echt sind, eher eine Gefälligkeitsabstempelung von Teschen. Für Oderberg festzuhalten - von Krakau wurde die Aushilfsausgabe wohl ausgeliefert, deren Ankunft bei den Postämtern und deren bedarfsgerechte Verwendung ist bis heute nicht nachgewiesen.

Oderberg - Bogumin - Bohumin ist in der Zeit vom 05.11.1918 bis zum 23.01.1919 Bestandteil des Wirkungsbereiches der Verordnungsblattes Nr.2 vom 15.01.1919 der galizischen Post- und Telegraphen-Direktion Lemberg gewesen. Wichtig ist dabei die Aussage in der Verordnung, das alle österreichischen Marken ab dem 20.01.1919 auf dem Gebiet der Direktion Lemberg ihre Gültigkeit verloren (offiziell) .

So nun gibt es wieder was zu grübeln, aber bitte keine schlaflose Nacht in Kauf nehmen.

Gruß
Detlev
 
Stefan Am: 17.07.2018 21:06:19 Gelesen: 31141# 36 @  
@ Detlev0405 [#35]

Für Oderberg festzuhalten - von Krakau wurde die Aushilfsausgabe wohl ausgeliefert, deren Ankunft bei den Postämtern und deren bedarfsgerechte Verwendung ist bis heute nicht nachgewiesen.

Ich bin etwas irritiert: Michael Lenke teilt in seiner Email unter Verweis auf den polnischen Fischer-Katalog mit, dass zwei Nennwerte der Krakauer Ausgabe mit jeweils vierstelliger Stückzahl nach Oderberg geliefert wurden. Solange keine gegenteiligen Informationen vorliegen, gehe ich erst einmal von deren Richtigkeit aus. Bei Bedarf müsste die Primärquelle (Postakten?, statistische Häufung unterschiedlicher Belege?) überprüft werden, sofern greifbar.

Oderberg - Bogumin - Bohumin ist in der Zeit vom 05.11.1918 bis zum 23.01.1919 Bestandteil des Wirkungsbereiches der Verordnungsblattes Nr.2 vom 15.01.1919 der galizischen Post- und Telegraphen-Direktion Lemberg gewesen. Wichtig ist dabei die Aussage in der Verordnung, das alle österreichischen Marken ab dem 20.01.1919 auf dem Gebiet der Direktion Lemberg ihre Gültigkeit verloren (offiziell) .

Gemäß dieser Verfügung vom 15.01.1919 und den Angaben aus dem Handbuch von Oberschlesien, Abt. B III (siehe auch Beitrag [#31]) waren demnach österreichische Briefmarken von Mo., den 20.1 bis Mi., den 22.01.1919 in Oderberg nicht gültig. In der Anfangszeit der tschechoslowakischen Besetzung ab dem 23.01.1919 wurden österreichische Briefmarken erneut zur Frankatur zugelassen, wodurch die Spielerei von Briefmarken aus drei verschiedenen Ländern auf Beleg (vom 31.01.1919) aus Beitrag [#18] posttechnisch machbar war. Auf diesem Beleg befindet sich just ein Exemplar der Krakauer Ausgabe - eine der Nominalen, welche nach Oderberg geliefert wurde.

Dein Beleg aus Beitrag [#1] datiert vom 21.01.1919 und wurde taggleich gestempelt. Zur Frankatur kam eine mutmaßlich postseitig am Schalter mit einem FRANCO-Stempel versehene österreichische Portomarke. Die Karte hätte mit Nachporto belegt werden müssen, was allerdings nicht erfolgt ist. Kann man durch den lokalen Aufdruck noch von einer österreichischen Briefmarke (eigentlich gültig bis 19.01.1919) sprechen, welche als Frankatur akzeptiert wurde, oder handelt es sich eher um eine polnische Lokalausgabe, wo das mit "FRANCO" zu bestempelnde Papier vorab zufällig aus Wien geliefert wurde? :-)

Gruß
Pete
 
Detlev0405 Am: 18.07.2018 08:58:54 Gelesen: 31100# 37 @  
@ Pete [#36]

Guten Morgen Pete.

Für Oderberg festzuhalten - von Krakau wurde die Aushilfsausgabe wohl ausgeliefert, deren Ankunft bei den Postämtern und deren bedarfsgerechte Verwendung ist bis heute nicht nachgewiesen.

Ich habe damit nicht die Aussage des Fischer Kataloges in Frage gestellt. Er bezieht sich sicherlich auf die Unterlagen in Krakau und/oder Lemberg, wo ordnungsgemäß die Auslieferung nach Oderberg per Belege abgeheftet wurde. Jegliches Fehlen bedarfsgerechter Entwertungen in der Zeit (und wir reden hier vom frühestens 11.01.1919 bis Maximum 23.01.1919) auf Einzelmarken oder gar Belegen stellt objektiv die Frage in den Raum, ob diese Marken jemals in Oderberg in den Verkehr kamen. Selbst Herr Lenke bestätigt diesen Fakt. Und ja Du hast Recht - eine definitive Klärung des Faktes ist nur in Bohumin bei der Post oder Verwaltung möglich, darum bemühe ich mich derzeit.

Zu dem Beleg unter [#18] habe ich mich bereits unter [#20] geäußert. Eine Krakauer Aushilfsausgabe ohne Prüfung auf Beleg ist für mich solange eine Fälschung, bis eine Prüfung durch Herrn Petriuk oder andere Prüfer das Gegenteil beweisen. Hier folge ich eher dem Hinweis von Herrn Lenke in seinem Beitrag, der darauf verwies, das Originalstempel von Oderberg nachverwendet wurden (siehe Beleg in [#18] vom 31.01.1919 also 7 Tage nach Besetzung durch die tschechischen Truppen in Oderberg).

Deiner Einordnung des Beleges von mir im letzten Absatz vermag ich rein gefühlsmäßig fast komplett zu folgen. Administrativ war am 21.01. in Oderberg die polnische Administration am wirken. Die Karte wurde demnach falsch frankiert (wohl eher vom Absender als von der Post) und hätte mit Nachporto belegt werden müssen. Dafür wurde ja auch die Krakauer Aushilfsausgabe nach meinen Kenntnissen unter anderem verwendet (meine Schlussfolgerung aus einigen geprüften Belegen der Ausgabe, die ich von Herrn Petriuk gesehen habe). Meine Arbeitstheorie ist ebenfalls, das der Franco Stempel eine Hilfsmaßnahme des polnischen Postbeamten war am 21.01. in Ermangelung anderer Möglichkeiten. Also ein Provisorium.

Das bedeutet aber auch gleichzeitig (wenn es denn zutrifft), das zu diesem Zeitpunkt die Krakauer Aushilfsausgabe am Schalter ! nicht verfügbar war.

Gruß
Detlev
 
Detlev0405 Am: 19.07.2018 14:38:22 Gelesen: 31009# 38 @  
Auf meine Bitte hin hat mir Herr Lenke zur Veröffentlichung in unserem Beitrag hier eine Kopie der Ganzfälschung der Krakauer Aushilfsausgabe mit Stempel von Oderberg 1 zur Verfügung gestellt. Geprüft wurde diese Marke vom Prüfer Franz aus der ehemaligen DDR.



Vergleiche ich den Stempel nun mit dem Beleg aus [#18], fühle ich mich in meiner Meinung bestätigt, das es sich bei dem Beleg auch um eine Fälschung handeln kann.

Gruß
Detlev
 
gabriele Am: 19.07.2018 17:09:31 Gelesen: 30989# 39 @  
@ Detlev0405 [#38]

Hallo Detlev,

die Fälschung müßte auf der Urmarke KuK 210 II A von 1919 sein, Faserpapier Bildgröße 26 x 29 mm. Die echte Aufdruck-Marke ist unter Kleinpolen (Galizien und Österreich-Schlesien) Aushilfsausgabe Krakau-Nr. 46 (KuK 206 II) vom 10. Jan. 1919 vermerkt und durfte bis 20. Jan. 1919 (11 Tage) verwendet werden. Die wäre dann aber nicht auf Faserpapier. Vergleich aus Katalogangaben ÖSK 2015 und Europa-Ost 1999/2000, hoffentlich stimmen die Angaben von mir.

So wie es aussieht, wurde der Oderberg 6a dann ab 21. Jan. 1919 für verfälschte Nachentwertungen verwendet?

Dein Stempel heißt nur a ohne Ziffer.

Dein Beleg [#1] ist wirklich ein (guter) schlechter Beleg, er erzählt vor allem, dass die KuK-Endzeit und die Nachfolge-Staaten im Jahr 1919 extrem kompliziert sind. Briefmarken und Stempel gehören mit Sicherheit zu den entsprechenden Spezialisten.

Viele Grüße, Gabi
 
Detlev0405 Am: 19.07.2018 21:14:38 Gelesen: 30960# 40 @  
@ gabriele [#39]

Hallo Gabi,

folge ich der Prüfung von Herrn Franz und den Ausführungen von Herrn Lenke, ist der Stempel 6a von Oderberg 1 eine komplette Fälschung auch auf dem Beleg. Den Aufdruck auf der Krakauer Aushilfsausgabe kann ich nicht einschätzen, da bin ich Laie. Aber wo ein falscher Stempel da ist bestimmt der falsche Aufdruck auch nicht weit. Es handelt sich in dem Falle nicht um einen nachverwendeten Stempel, der würde Echtheit voraus setzen.

Liebe Grüße
Detlev
 
gabriele Am: 19.07.2018 21:40:19 Gelesen: 30954# 41 @  
@ Detlev0405 [#40]

Hallo Detlev,

also auf die Nachverwendung kam ich wegen der in [#17] gezeigten Postkarte, die hat einen Oderberg-Bogumin 6a vom 10.01.1918 (?).

Es ist natürlich schwierig, die Stempel genau zu vergleichen.

LG, Gabi
 
Detlev0405 Am: 20.07.2018 05:23:14 Gelesen: 30924# 42 @  
@ gabriele [#41]

Guten Morgen Gabi,

mach doch mal bitte eins - kopiere dir den Beleg separat auf deinen PC und vergrößere den Beleg. Dann vergleiche mal den linken mit dem rechten Stempelabschlag auf dem Beleg und du kommst speziell beim 6a ins Staunen. Rechter Stempel bilden beides eine Waagerechte, auf dem linken Stempelabdruck steht das a höher als bei den anderen beiden Abdrucken.

Dein Beleg [#17] zeigt beim a unten rechts einen kleinen Abstrich nach unten, der bei allen a´s sowohl bei der Fälschung als auch bei dem Beleg unter [#18] gänzlich fehlt.

Ich bin auch kein Prüfer, deshalb auch immer im Konjunktiv meine Darstellungen formuliere - es gibt aber schon eine Menge Auffälligkeiten, die den Beleg unter [#18] prägen. Das Wichtigste, er ist ungeprüft bezüglich der Krakauer Aushilfsausgabe und das geht meiner Meinung nach gar nicht bei einer so stark fälschungsgefährdeten Ausgabe.

LG Detlev
 
gabriele Am: 21.07.2018 21:08:08 Gelesen: 30781# 43 @  
@ Detlev0405 [#42]

Hallo Detlev,

jetzt bewegen wir uns aber weit von Deinem schlechten Beleg weg. ;-)

Zumindest die FRANCO-Stempel stammen scheinbar vom gleichen Stempelgerät:



aus [#1] und [#14]

Die Oderberg 1-Bogumin 1 Stempel 6b [#22] und 6a [#17] könnten demnach von Polen weiterverwendete KuK-Stempel sein.

Aber wie passt der Stempel von Deinem Beleg [#1] dazu. Entweder ist das ein neuer polnischer Stempel oder ein Falschstempel.



Die vorstehenden Ausführungen sind wieder einmal nur Vermutungen ohne Anspruch auf Richtigkeit.

LG Gabi
 
Detlev0405 Am: 21.07.2018 21:33:42 Gelesen: 30771# 44 @  
@ gabriele [#43]

Das mit dem Franco Aufdruck scheint mir auch von ein und demselben Stempelgerät zu sein. Da folge ich Dir. Bei Deinem Vergleich der Stempel von Oderberg begehst Du meiner Meinung einen gravierenden Fehler. Oderberg bestand zumindest aus zwei verschiedenen Ortsteilen zu der Zeit. Du vergleichst Stempel von Oderberg 1 mit dem Stempel von Oderberg 2. Zum anderen gab es wohl mindestens zwei Stempeltypen auch in Oderberg 2. Einmal ohne Zwischensteg wie im Beitrag [#19] von Pete gezeigt und dann mit Zwischensteg.

Eine Bewertung der Stempel vermag ich eh nicht vorzunehmen, dazu fehlen mir einfach die Kenntnisse. Meine Bemühung, den Beleg einem Prüfer für Tschechoslowakei vorzulegen, ist bereits in der Phase der Anfrage ohne Erfolg geblieben - keine Antwort. Nun versuche ich es beim tschechischen Verband.

LG Detlev
 
gabriele Am: 22.07.2018 13:58:29 Gelesen: 30704# 45 @  
@ Detlev0405 [#44]

Hallo Detlev,

die Oderberg 2 Stempel erscheinen mir fast wie eine Fiktion. Bisher konnte ich keinen weiteren Stempel davon entdecken. Sogar postgeschichtlich finde ich keinen Hinweis darauf. Als einzigen Ansatzpunkt habe ich eine postalische Trennung [1] von Österreichisch-Oderberg und Preußisch-Oderberg gefunden.



Wenn ich danach gehe, könnte Oderberg 2 ~= Annaberg in Preußen, polnisch Chalupki [2], gewesen sein. Aber ob das nun stimmt ?

Wir haben zu Oderberg 2 nur deinen Hinweis aus [#20], Entfernung zwischen 3-5 Km je nach Quelle. Das müßte den Abschnitt Kedzierzyn-Kozle–Bohumín [3] der Wilhelmsbahn betreffen.



Von den Stempeln Oderberg 2 haben wir zwei Marken [#14], [#19], aber keine kompletten Belege (außer deinem "Inkognito" mit Zwischensteg).

Nur für mich persönlich gehe ich jetzt davon aus, dass alle Oderberg 2 Stempel Falschstempel sein könnten. Dann wären auch die Franko-Stempel eventuell falsch, oder gibt es die auch mit Oderberg 1?. Benennst Du mir meine Fehlschlüsse und damit das Gegenteil?

[1] https://books.google.de/books?id=T3JKAAAAcAAJ&pg=RA1-PA219&lpg=RA1-PA219&dq=Deutsch-Leuten+(Bezirk++Oderberg)&source=bl&ots=jURI-h10yM&sig=DDUaeHQrAGGY-XAomAPQ-Sv58jk&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi96OGfsrHcAhWPasAKHcTgAnsQ6AEIOzAD#v=onepage&q=Deutsch-Leuten%20(Bezirk%20%20Oderberg)&f=false
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Cha%C5%82upki_(Krzy%C5%BCanowice)
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_K%C4%99dzierzyn-Ko%C5%BAle%E2%80%93Bohum%C3%ADn

LG Gabi
 
Aleks Am: 22.07.2018 14:37:13 Gelesen: 30689# 46 @  
Ich kann mal meine Erkenntnisse direkt beitragen.

Von einem Sammlerkollegen, der ebenfalls auf die Krakauer Ausgabe spezialisiert ist, habe ich die Information, dass nach seiner Erkenntnis 99,9% der mit Oderberg/Bogumeín abgestempelten Krakauer Marken Aufdruckfälschungen sind. Von den wenigen restlichen echten Marken mit dem Stempel kann man nicht sagen, ober sie zeitgerecht gestempelt wurden oder manipuliert/gemacht wurden.

Ähnlich verhält es sich mit Nieder Ohlisch (Stadtteil vom Bielitz) 99% auf Marken mit falschen Aufdruck, nur 1% auf Marken mit echten Aufdruck.

Hier zwei Belege, mit echten Marken, von denen man aber nicht sagen kann, ob sie wirklich echt und zeitgerecht gestempelt wurden.

ml


 
Detlev0405 Am: 22.07.2018 15:36:57 Gelesen: 30670# 47 @  
@ gabriele [#45]

Hallo Gabi,

na dann als erstes ein kleiner Exkurs in die Geschichte von Oderberg - Bogumin - Bohumin soweit es für uns wichtig ist.

Als Bogun erstmalig 1256 urkundlich erwähnt, war es bis Mitte des 19. Jahrhunderts ein Großgrundbesitz. Um diese Zeit hatte die Kleinstadt bereits 1.000 Einwohner. Am 1. Mai 1847 kam die Zäsur für diesen Ort - der Bau des Bahnhofes Oderberg als Endbahnhof der Kaiser Ferdinand Nordbahn. Um den Bahnhof herum siedelten sich industrielle und wirtschaftliche Betriebe an, so das der Ort letztendlich aus zwei Teilen in der Praxis bestand - verwaltungstechnisch aber eine Einheit waren. (1)

So bildete sich Oderberg 1 und 2 heraus. Den Beweis kannst du heute noch finden

Bohumín 2
Pošta Partner 73582
Slezská 116
Starý Bohumín
Bohumín

Bohumín 1
Pošta 73581
Ad. Mickiewicze 67
Nový Bohumín
Bohumín (2)

Noch heute kannst Du nachvollziehen an Hand der Anschriften, das Bohumin 2 die Altstadt war (Starý Bohumín) und Bohumin 1 die "Neustadt" (Nový Bohumín) um den Bahnhofsbereich. Bitte frage mich nun nicht, warum die Altstadt die 2 bekam und die Neustadt die 1 - ich habe es nicht festgelegt. Das Postamt 1 ist heute das Hauptpostamt, dem alle anderen Postämter (ich komme bis auf Bohumin 6) unterstehen.

Was die Stempel betrifft schaue noch einmal in den Beitrag von Pete [#21] - er verweist ausdrücklich darauf, das in dieser Zeit sowohl Stempel aus der K.u.K. Monarchie (ohne Zwischensteg ?) und Stempel des Deutschen Reiches (mit Zwischensteg ?) weiterverwendet wurden. Also völlig verschiedene Stempeltypen.

Nur für mich persönlich gehe ich jetzt davon aus, dass alle Oderberg 2 Stempel Falschstempel sein könnten.

Demnach ist der Stempel Oderberg 2 nicht per se eine Fälschung, zumindest was die verwaltungstechnische Organisation der Post in Oderberg 1919 betrifft. Oderberg 1 am Bahnhof hatte noch eine wichtige Ausgabe zu erfüllen - die Post der Banhpost Wien - Oderberg entgegen zu nehmen und abzufertigen. Um die Lage beider Ortsteile genau zu differenzieren empfehle ich

https://www.google.de/search?q=Bahnhof+Bohumin&npsic=0&rflfq=1&rlha=0&rllag=49905765,18346088,1072&tbm=lcl&ved=0ahUKEwiS8vri57LcAhWLbZoKHWOMC_sQtgMILQ&tbs=lrf:!2m1!1e2!3sIAE,lf:1,lf_ui:2&rldoc=1#rldoc=1&rlfi=hd:;si:;mv:!1m3!1d21008.65839819758!2d18.35136934872628!3d49.91360085526114!3m2!1i1500!2i785!4f13.1&spf=1532266037142 .

Da kannst Du beim verändern der Größe sowohl Alt- als auch Neubohumin sehen. Nach der Karte beträgt die Entfernung etwa 2,5 km. Annaberg (preuß. Oderberg) findest Du nördlich davon.

LG Detlev

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Bohum%C3%ADn
(2) https://regiony.kurzy.cz/posta/73581/bohumin-1/
 
Detlev0405 Am: 22.07.2018 17:06:56 Gelesen: 30657# 48 @  
@ Aleks [#46]

Hallo Aleks,

vielen Dank an Dich und Deinem Spezialisten, Ihr habt uns zumindest einen Eindruck verschaffen können, wie ein solcher Beleg mit der Krakauer Aushilfsausgabe aus Oderberg aussehen könnte.

Ich kann mich bei meiner Meinung aber nur auf die Ortsstempel beziehen, da ich von der Aushilfsausgabe absolut keine Ahnung habe. Bei beiden Belegen fällt mir wieder auf, dass sie von Oderberg 1 mit dem Kennbuchstaben 6a sind. Während im ersten Beleg wenig zu sehen ist (schlechter Abschlag ?) finde ich beim zweiten Beleg eine große Ähnlichkeit zu dem von Herrn Lenke zur Verfügung gestellten Stempel im Beitrag [#38] (hier besonders wieder das 6a betrachten). Im Beitrag [#17] zeigt uns Gabi ein feines Beispiel eines Stempels von Oderberg 1 6a, dessen a einen markanten Abstrich nach unten am rechten Rand zeigt. Mich persönlich stört auch, das nun eine Zeitangabe neben dem Datum in römischen Ziffern erfolgt. Und das einen Tag nach dem zweiten Beleg von Dir.

Der zweite Beleg irritiert mich auch aus einem zweiten Grund neben dem auffälligen 6a. Der Brief weist eine Laufzeit von 5 Tagen für 29 Bahnkilometer von Oderberg nach Teschen auf, wenn ich davon ausgehe, der Brief war unterfrankiert und in Tschechen Nachporto erhoben worden mit den 1,5 Marken (völlig übliche Vorgehensweise). Allerdings passiert hier ein logischer Fehler nun. Oderberg und Teschen wurden am 23.01.1919 von den tschechischen Truppen besetzt. Bei den Diskrepanzen zwischen Polen und der Tschechoslowakei wage ich ernsthaft zu bezweifeln, das tschechische Postbeamte am 27.01. noch polnische Marken verwendet haben.

Somit folge ich Deiner Aussage zur echten und zeitgerechten Stempelung auch in diesem Fall sehr gern.

LG
Detlev
 
Stefan Am: 22.07.2018 21:55:52 Gelesen: 30626# 49 @  
@ gabriele [#45]

Nur für mich persönlich gehe ich jetzt davon aus, dass alle Oderberg 2 Stempel Falschstempel sein könnten. Dann wären auch die Franko-Stempel eventuell falsch, oder gibt es die auch mit Oderberg 1?. Benennst Du mir meine Fehlschlüsse und damit das Gegenteil?

Die Angabe "ODERBERG 1" suggeriert bereits, dass es in Oderberg zum Zeitpunkt der Stempelherstellung mehr als ein Postamt gegeben hat. ;-)

@ Detlev0405 [#47]

Was die Stempel betrifft schaue noch einmal in den Beitrag von Pete [#21] - er verweist ausdrücklich darauf, das in dieser Zeit sowohl Stempel aus der K.u.K. Monarchie (ohne Zwischensteg ?) und Stempel des Deutschen Reiches (mit Zwischensteg ?) weiterverwendet wurden. Also völlig verschiedene Stempeltypen.

In der KuK-Zeit (Landesteil Cisleithanien) gab es Zeikreisstempel mit (einzeilig) und ohne (vierzeilig) Steg. Im Regelfall weichen auch die Durchmesser bei beiden Typen voneinander ab.

@ gabriele

Der Stempel "ODERBERG 2" stammt aus der Garnitur ohne Steg. Da kein Unterscheidungsbuchstabe vorhanden ist, weist dies auch im Regelfall darauf hin, dass es sich es sich um das einzige Stempelgerät im betroffenen Postamt handelt. Dadurch lassen sich auch Rückschlüsse ziehen, dass das Aufkommen in dem Postamt nicht besonders hoch gewesen sein muss (sonst wäre eine zweite parallel tätige Schalterkraft und damit ein zusätzlicher Handstempel notwendig gewesen).

Detlev0405 führt in Beitrag [#47] aus, dass sich das Postamt Nr. 2 in der Altstadt befand. Die Industrie ging aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eher zum Postamt Nr. 1, weshalb dieser Stempel auch häufiger als Nr. 2 auftaucht.

@ Detlev0405 [#48]

Bei den Diskrepanzen zwischen Polen und der Tschechoslowakei wage ich ernsthaft zu bezweifeln, das tschechische Postbeamte am 27.01. noch polnische Marken verwendet haben.

Einmal praktisch gedacht: Die Einnahmen (Nachportoentgelt, nach Portomarkenverwendung beim Empfänger einzuziehen) gingen doch mit Sicherheit auf das Konto der Postverwaltung, welche zu jener Zeit tätig war (hier also die Post der Tschechoslowakei). Da sollte es dem klebenden Beamten wenige Tage nach der Besetzung relativ "schnuppe" sein, ob es sich um polnische, österreichische oder sonstwas Nachportomarken handelt. Die Währung blieb bis dato gleich und durch die verwendeten Portomarken war die zu erfolgende Nacherhebung des Portos klar ersichtlich.

Mich stört allerdings auch, dass der Beleg zu schön aussieht, um echt zu sein.

Gruß
Pete
 
Detlev0405 Am: 23.07.2018 16:06:59 Gelesen: 30554# 50 @  
@ gabriele [#45]

Hallo Gabi,

nun gelang es mir einen Beleg mit dem Stempel Bogumin 2 aus der Zeit aufzutreiben. Es geht mir hier ausschließlich um den Nachweis eines Stempels von Oderberg 2. Er ist auch wieder aus einer komplizierten Zeit, als die Tschechoslowakei nach dem Münchner Abkommen konkret auch Oderberg am 29. September 1938 an Polen abtreten musste.

Der Beleg als solches ist bestimmt philatelistischen Interessen geschuldet (wie die Übergangszeit in Deutschland 1989/90). Es handelt sich hier um einen polnischen Stempel.

LG
Detlev



Quelle: http://www.sberatelstvi.cz/23-znamky/189-csr-i/197-celistvosti/
 
gabriele Am: 23.07.2018 20:37:35 Gelesen: 30533# 51 @  
Hallo Pete [#49],

Du bist ja ein echter Fachmann für die philatelistische Zeit ab 1. Weltkrieg und interessierst Dich für verschiedene europäische Gebiete. Wenn das von mir falsch aufgefasst wurde, z.B. auch Portugal, bitte ich um Verzeihung. :-)

Hallo Detlev [#50],

danke für den gezeigten Beleg mit weiterem, neuerem ;-) Bogumin 2 Stempel aus Polen und auch für den Kartenlink in [#47] und die Geschichtsbetrachtung von und zu Oderberg-Bohumin-Bogumin.

Wenn ich einen Kartenausschnitt betrachte, finde ich die Grenze sehr interessant. Da sind eine ganze Menge Sammelgebiete vereint:

- bis 1918 deutsch (Preußen) <-> KuK-Österreich (Schlesien)
- 1918-1938 deutsch (DR, Weimar.Rep., 3.Reich) <-> Tschechoslowakei (Böhmen)
- 1938 deutsch <-> polnisch
- 1939-1945 keine Grenze, deutsche Besetzung von Polen
- 1945-1992 Polen <-> Tschechoslowakei
- ab 1993 Polen <-> Tschechien



Die Grenze wird mit durch die Oder [1] gebildet, die Städte entstanden meistens nahe den Flussfurten auf alten Handelswegen.

LG Gabi

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Oder
 
gabriele Am: 28.07.2018 17:37:35 Gelesen: 30316# 52 @  
@ Detlev0405 [#44]

Hallo Detlef,

konntest Du zu deinem Beleg [#1] inzwischen weitere Informationen erhalten, zum Beispiel ob, wo und bei welcher Landespost der Franko-Stempel gültig/zugelassen war.

Als "leibhaftige" Erinnerung an dieses Thema habe ich mir nun auch eine Ansichtskarte gekauft. Die lief 1916 von Oderberg/Annaberg nach Drebkau (Brandenburg). Vielleicht sogar an den Pfarrer der etwas mit den Drebkauer/Illmersdorfer Mumien [1] zu tun hatte.



Der Ortsstempel ist vom Deutschen Reich. Wie lange solche preussischen Bahnüberwachungsstempel von "Oderberg 3" verwendet wurden, weiß ich nicht. "Zwischengeschichtlich" gab es auch noch Schlesien (Tschechien) [1].

LG, Gabi

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Mumien_von_Illmersdorf
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Schlesien_(Tschechien)
 
Detlev0405 Am: 28.07.2018 18:16:06 Gelesen: 30302# 53 @  
@ gabriele [#52]

Hallo Gabi,

nein konkrete (das heißt Beweise) Hinweise für die Verwendung des Franco Aufdruckes / Stempel habe ich noch nicht gefunden. Allerdings ist mir bei der Burda Auktion (die eigentlich wichtigste Auktion hier in Tschechien) beim Stöbern in dem Bereich 1918/1919 aufgefallen, das dieser Franco Stempel auf österreichischen Marken nach der Staatsgründung in allen Regionen der Tschechoslowakei zu finden ist. Auch auf Belegen. Allerdings und das lässt mich zumindest vorsichtig sein, finde ich keine geprüften Belege aus der Zeit.

Deine Karte finde ich super. Zum Hintergrund - wir reden auf der einen Seite von der Kaschau-Oderberger Bahn, die von der K.u.K Monarchie als Teil der Franz Josef Bahn betrieben wurde (irgendwann auch in private Hand überging). Kaschau ist das heutige Kosice. Diese Bahn endete in Oderberg. In Oderberg erreichte die Bahnverbindung (Grenze zwischen preußisch Schlesien und der K.u.K. Monarchie) das preußische Bahnsystem und garantierte so die Verbindung von Wien nach Hamburg.

Spätestens mit der Proklamation der polnischen Unabhängigkeit am 07.10.1918 sollte der Stempel seine Funktion eingebüßt haben. Nun siehst Du sogar, das es damals schon Oderberg 1, 2 und 3 gab (verwaltungstechnisch betrachtet).

Was den Beleg mit der Identitätskriese betrifft - ich versuche verzweifelt an einen Prüfer heranzukommen, der sich seiner annimmt.

LG
Detlev
 
gabriele Am: 01.08.2018 16:54:05 Gelesen: 30197# 54 @  
@ Detlev0405 [#53]

Hallo Detlev,

entschuldige meine Schreibfehler (f statt v, 2x Verweis auf [1]) in Beitrag [#52]), das tut mir leid. ;-)

Vielleicht ergeben sich ja noch weitere Hinweise zu den Frankostempeln. Falls es dafür wirklich absolut keine Prüfungen gibt, empfinde ich die Franco-Abschläge ebenfalls insgesamt als "vorsichtig zu betrachten". Aber ich sammel Oberschlesien ja auch nicht. Nur dieses Thema Oderberg/Annaberg bis 1918-1920 finde ich faszinierend. Ich konnte mir nicht verkneifen, zu den "Grenzwechseln" über den Lauf der Zeit weitere Belege zu suchen.

Danke für Dein Lob an meine Karte, :-) wir (die Karte und ich) haben uns sehr darüber gefreut! Kannst Du zufällig den Text bei der Unterschrift lesen, der könnte womöglich einen Bezug auf das "Waidmannsheil" haben.

LG, Gabi
 
Detlev0405 Am: 01.08.2018 18:07:09 Gelesen: 30181# 55 @  
@ gabriele [#54]

Hallo Gabi,

also ich lese bei dem großen Gruß "Waidmanns Heil Filius" - wobei Filius im schlesischen für Sohn (manchmal auch Enkel) steht. So hat mein Vater mich auch oft bezeichnet, er kam aus Schlesien.

Bei den Franco Aufdrucken bin ich eh vorsichtig, zumal einige Quellen diese als mögliche "Spielereien" der Postbeamten bezeichnen. Andererseits erstaunt es mich schon, das ich diesen Aufdruck vom Typ her einheitlich und von der Aufdruck Stellung völlig unterschiedlich flächendeckend in der ganzen Tschechoslowakei 1918 - 1919 finde.

Ich muss schmunzeln - ich suche auch weiter nach "Grenzwechslern" aber ohne Erfolg.

LG Detlev
 
gabriele Am: 01.08.2018 19:24:50 Gelesen: 30169# 56 @  
@ Detlev0405 [#55]

Hallo Detlev,

ich meinte den Text vor Filius, habe den noch einmal größer eingescannt:



Bei den Grenzwechslern werden wir uns wohl nicht in die Quere kommen, da gehöre ich zur Gruppe "low budget". Wie könnte ein entsprechendes Thema genannt werden (?)

Wie weit sind die Franko-Stempel denn erforscht und mit welcher Begründung werden diese als "Postbeamten-Spielerei" bezeichnet (?)

LG, Gabi
 
mausbach1 (RIP) Am: 02.08.2018 08:09:49 Gelesen: 30116# 57 @  
@ gabriele [#56]

"Gehorsamsten Gruß"
 
Detlev0405 Am: 02.08.2018 14:33:54 Gelesen: 30079# 58 @  
@ gabriele [#17]

Hallo Gabi,

ich habe mich noch einmal intensiv mit dem Stempel von Oderberg - Bogumin 1 6a beschäftigt [1]. Alle Belege die ich fand (über 30) bis Ende 1918 weisen das typische a bei 6a mit Abstrich nach unten auf.



Im Detail sehr deutlich erkennbar:



Im Gegensatz dazu steht der Stempel für die Marken der Krakauer Aushilfsausgaben - eine markante Abweichung des Buchstaben a. Ich verweise ausdrücklich darauf, das es mir bei der Betrachtung nur um die Abstempelung geht (und damit um die Echtheit im Gebrauch), nicht um den Aufdruck der Krakauer Aushilfsausgabe als solches.



Diesen Stempeltyp halte ich für eine Fälschung.

LG
Detlev

[1] https://www.ebay.de/itm/Oderberg-in-Osterreich-Bahnhof-Feldpost-Postkarte-Schlesien/392027874046?hash=item5b46aea2fe:g:osIAAOSwgJla1ie0
 
gabriele Am: 03.08.2018 09:23:44 Gelesen: 30009# 59 @  
@ mausbach1 [#57]

Hallo mausbach1,

danke *freu*, darauf wäre ich nicht gekommen!

Dann ist das eine Feldpostkarte von einem "gehorsamsten Pfarrers-Sohn", der sich "Glück bei der Jagd (auf Feinde im 1. WK)" wünscht.

Vielleicht gibt es ja auch eine Filius-Karte mit "Waidmannsdank" [1]. Dabei ist es möglicherweise schon völlig egal ob evangelisch oder katholisch.

LG, Gabi

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Jagdliches_Brauchtum
 
gabriele Am: 03.08.2018 09:28:32 Gelesen: 30008# 60 @  
@ Detlev0405 [#58]

Hallo Detlev,

den Stempel Oderberg 1 6a hattest Du ja schon ab [#20] mit in eine Fälschungsvermutung einbezogen, schätzungsweise ist der wirklich falsch.

Was bedeutet eigentlich der rote "10 h (Heller ?)"-Stempel oben rechts auf deiner und meiner [#52] Feldpostkarte?

LG, Gabi
 
mausbach1 (RIP) Am: 03.08.2018 10:25:30 Gelesen: 30000# 61 @  
@ gabriele [#59]

Hallo Gabriele,

ja, damals hatten die Kinder (egal in welchem Alter) noch Respekt vor älteren Mitmenschen und vor allem vor den Eltern "grins".

Ein schönes WE!
Claus
 
Detlev0405 Am: 03.08.2018 13:48:11 Gelesen: 29970# 62 @  
@ gabriele [#60]

Hallo Gabi,

da ich diese Währungsangabe auf verschiedenen Karten gesehen habe, denke ich das es der Kartenpreis beim Verkauf ist.

LG
Detlev
 
gabriele Am: 04.08.2018 16:39:51 Gelesen: 29919# 63 @  
@ Detlev0405 [#62]

Hallo Detlev,

da ich diese Währungsangabe auf verschiedenen Karten gesehen habe, denke ich das es der Kartenpreis beim Verkauf ist.

Das hört sich zu einfach an, finde ich. ;-)

Warum sollten alle Karten einzeln mit VK-Preisen versehen worden sein (?). Von der violetten Stempelfarbe her könnten das doch theoretisch Stempel von so einer "Eisenbahn-Überwachungsstelle" [#52] sein. Die KuK-Versandgebühr für Postkarten betrug 1916-1918 10 h. Ausserdem hatte die Inflation schon begonnen, eventuell ging es hierbei um Forderungen wegen der Feldpost an die KuK-Armee.

LG, Gabi
 
Detlev0405 Am: 04.08.2018 19:07:00 Gelesen: 29902# 64 @  
@ gabriele [#63]

Hallo Gabi,

da es sich um eine Feldpostkarte handelt und ich hier im Forum gelernt habe, das Feldpost - Heimat immer kostenlos ist, glaube ich nicht, das Deine Version hier greift.

LG
Detlev
 
gabriele Am: 04.08.2018 22:29:21 Gelesen: 29878# 65 @  
@ Detlev0405 [#64]

Hallo Detlev,

da es sich um eine Feldpostkarte handelt und ich hier im Forum gelernt habe, das FP - Heimat immer kostenlos ist, glaube ich nicht, das Deine Version hier greift.

So weit ich weiß, mußte auf zulässiger Feldpost mit Feldpostnummer immer ein Truppenstempel abgeschlagen werden und die Post wurde beim zuständugen Feldpostamt eingeliefert, eigentlich nicht in den normalen Stadtpostämtern (?).

Die Karte von Dir [#58] ist unfrankiert, hat keine Feldpostnummer und ist nicht mit Truppenstempel bestätigt. Der 10 h-Stempel kann auch keine Nachgebühr für den Empfänger bedeuten, in Preußen/Sachsen gab es keine Heller als Währung. Deshalb kam ich auf eine Forderung an die KuK-Post, die Karten könnten beide vom Bahnhof Oderberg (KuK) stammen. Meine Karte [#52] ist eine unfrankierte Privat-Postkarte, die "Feldpost" war wegen dem "gehorsamsten Gruß" als Spaß gemeint.

Aber sei's drum, mit 1. WK-Feldpost kenne ich mich nicht gut aus.

LG, Gabi
 
Markus Pichl Am: 24.08.2018 09:27:07 Gelesen: 29606# 66 @  
@ gabriele [#52]

Wie lange solche preussischen Bahnüberwachungsstempel von "Oderberg 3" verwendet wurden, weiß ich nicht.

@ Detlev0405 [#53]

Nun siehst Du sogar, das es damals schon Oderberg 1, 2 und 3 gab (verwaltungstechnisch betrachtet).

Hallo Gabi,

es handelt sich nicht um "Oderberg 3". Die handschriftliche "3" stellt die Zug-Nummer dar, die in der dafür vorgesehenen Zeile "Z. Nr." im Stempel "Preussischen Eisnbahn-Überwachungsstelle Oderberg" eingetragen wurde. Die Eisenbahn-Überwachungsstellen hatten keine vergleichbare Funktion bzw. Aufgabe, zu den Postüberwachungsstellen.

Deiner Karte fehlt die Aufschrift "Feldpost" und auch die Absenderangabe des Soldaten, der sie aufgegeben hat. Feldpost wurde damals in der Regel mit Briefstempeln der militärischen Einheit versehen, bei dem der Soldat seinen Dienst verrichtete. Auch ein solcher fehlt. Die Karte befand sich wahrscheinlich in einem Sack mit Feldpost und beim Stempeln fiel auf, dass die Absenderangabe oder ein Briefstempel der Einheit fehlt und daraufhin wurde der besagte Stempel aufgesetzt, sozusagen als Portokontrollstempel. Daher auch keine Erhebung von Nachporto. So meine These.

MfG
Markus
 
Markus Pichl Am: 24.08.2018 22:19:19 Gelesen: 29541# 67 @  
Hallo,

nachdem Gabi die Karte gestern auch in einem anderen Forum zur Diskussion gestellt hatte, war ich erst heute Morgen über eine Google-Suche auf die Beiträge hier gestoßen.

In dem anderen Forum wurde die These aufgestellt, es würde sich bei dem violetten Stempel vermutlich um einen Zensurstempel handeln. Daraufhin hatte ich hier meine These und dann auch dort gepostet, dass es sich um keinen Zensurstempel handelt, weil es, gemäß Handbuch Riemer "Die Postüberwachung im Deutschen Reich durch Postüberwachungsstellen 1914-1918", in Preussisch Oderberg keine deutsche Zensurstelle gab. Gut, mit meiner These, warum sich der violette Stempel auf dem Beleg befindet, lag ich dennoch ein bisschen daneben.

Nach langer und interessanter Diskussion ist nun klar, dass es sich bei dem Stempel "Preußische / Eisenbahn-Überwachungsstelle / Oderberg / I. Nr._____ (hs) 3", um einen Dienststellen bzw. Briefstempel einer Dienststelle handelt. "I. Nr." = "Inspektions Nr.", selbst hatte ich ein "Z" vermutet. Die Stempelfarbe liegt bei starker Vergrößerung des Scans augenscheinlich unter der mit Tinte geschriebenen Anschrift und es wird deutlich, dass es kein "Z" ist, was vor "Nr." steht.

Im gesamten Deutschen Reich gab es im I. Weltkrieg Eisenbahn-Überwachungsstellen und diese waren regional den verschiedenen Armeekoorps untergeordnet. Die Postüberwachungsstellen spähten in Feldpostsendungen von Soldaten u.a. Hinweise auf Fahnenflucht oder Offiziersbeleidigungen aus und versorgten die Kommandos der Eisenbahn-Überwachungsstellen mit den Personendaten des "straffällig" gewordenen Soldaten, welche dann von besagten Kommandos in Zügen festgenommen werden konnten.

So die Kurzfassung, der heutigen Diskussion und der damit verbundenen Erkenntnis.

Beste Grüße
Markus
 
Detlev0405 Am: 22.09.2018 10:27:01 Gelesen: 29056# 68 @  
@ [#1]

Für alle, die auf eine Konkretisierung von Erkenntnissen zu diesem Beleg warten, folgende Zwischeninformation.

Ich habe mich natürlich wieder an das Postmuseum in Prag gewandt und um Mithilfe gebeten. Dabei stehen folgende Fragestellungen im Mittelpunkt:

1. Sind bei den Postämtern in Oderberg 1 + 2 die in Beitrag [#35] mit Zitat von Herrn Lenke gelieferten Werte der Krakauer Aushilfsausgabe an den Postschaltern auch angekommen ? Ein Nachweis müsste zu erbringen sein, weil die Werte buchhalterisch in den Unterlagen der Postämter eingetragen werden müssen. Meine Anfrage beim Stadtarchiv Bohumin hatte kein Ergebnis erbracht.

2. Gab es in der fraglichen Zeit in Oderberg die Möglichkeit für Barfrankaturen ?

3. Welche Bedeutung hat der Aufdruck "Franco" auf den österreichischen Marken ?
Ich habe bei Nachforschungen beobachtet, das dieser Aufdruck in der Zeit 1918/1919 in allen Regionen der Tschechoslowakei auftreten und auch auf Marken, die in Österreich niemals als Portomarken klassifiziert waren.

4. Gibt es interne Postanweisungen in Oderberg, die die Duldung in der Tschechoslowakei gültiger Briefmarken bis zum eintreffen polnischer Marken gestattet ?

Da es sich doch um eine ziemlich umfangreiche Nachforschung handeln wird, werden wir uns eine gewisse Zeit in Geduld fassen müssen.

Gruß
Detlev
 
Detlev0405 Am: 04.10.2018 14:34:23 Gelesen: 28724# 69 @  
@ [#68]

Heute kann ich mit Freude das Ergebnis meiner Nachfrage beim Postmuseum in Prag veröffentlichen und damit auch Antworten auf meine aufgeworfenen Fragen geben. Wichtig dabei, es widerspiegelt den jetzigen Wissensstand und kann durch weitere Forschungsergebnisse durchaus noch Änderungen erfahren.


"Sehr geehrter Herr Roehn,

ich sende Ihnen ein Paar Worte zu Ihrer Frage.

1. Es handelt sich nicht um Studenec, sondern um Studénka - bis heute existierte Stadt in Mährenb. Das auf der Karte gedruckte Wort "Studénce" ist Ablativ, Nominativ ist Studénka.
 
2. Aus der Notiz auf der anderen Seite der Karte geht hervor, dass es sich um dringende Bestellung von Material handelt. Von der Unterschrift des Kunden (die durchgestrichen ist) ist nur das einzige Wort „Skøeczoni“ geblieben, was wiederum Ablativ ist - Nominativ lautat Skøeèoò (Skretschon auf Deutsch, auf Polnisch Skrzeczoñ), damals Dorf in der Nähe von Bohumín, jetzt Stadtteil von Bohumín. Nach dem ersten Weltkrieg kam Unsicherheit, zu welchem Staat Skøeèoò nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarn fällt; 1920 wurde beschlossen, dass Skøeèoò fällt der Tschechoslowakei.
 
3. Ihre Frage:

Die Altösterreichische Briefmarken, d.h. Briefmarken des cisleithanischen Teiles der ehemaligen österreichisch-ungarische Monarchie, die am 1. Oktober 1916 ausgestellt wurden,  waren in der Tschechoslowakei gültig  bis 1. März 1919 gleichzeitig mit den ersten tschechoslowakischen Briefmarken („Hradschin“). Hradschin wurden schrittweise ab dem 18. Dezember 1918 ins Betrieb gegeben.  Erst im Februar 1919 war es möglich, die ausreichende Menge von diesen Briefmarken an alle Postämter zu liefern. Am 1. März 1919 endete die Gültigkeit von Altösterreichischen Briefmarken in der Tschechoslowakei - Verordnung des Ministeriums für Post und Telegraphen in Prag Nr. 3426-VI-29 vom 8. Februar 1919. Das bedeutet, dass die altösterreichische und ungarische Briefmarken  mit Überdruck wurden in Tschechoslowakei ungültig.

Der Vollständigkeit halber stelle ich fest, dass aufgrund fehlender Briefmarken von November 1918 bis Ende Februar 1919 (manchmal sogar noch später!) halfen sich einige Postämter in einer Art und Weise, dass sie  verschiedenen Überdrucke benutzen: T, P, PORTO, DOPLATIT (=Nachgebühr), FRANCO, D u.s.w. Diese Überdrücke veränderten Nachgebührmarken (Portomarken),  Eilmarken und  Zeitungsmarken auf Freimarken. Die Überdrücke wurden – wie Sie erwähnt haben - waagerecht, senkrecht als auch diagonal aufgebracht.

Für Ganzstücke wurden österreichische Briefmarken mit dem Überdruck FRANCO verwendet. Die Postmeister halfen sich so in Abwesenheit der erforderlichen Marken, insbesondere nach der Entstehung neuer unabhängiger Staaten  nach dem Ersten Weltkrieg also auch im Gebiet Cieszyn. Sie verwenden eine Provisorien-Stempel PORTO oder FRANCO und mit diesen Stempeln regelten Die Postmeister die verbleibenden österreichischen Briefmarken je nach Bedarf (Porto oder umgekehrt zu bezahlen). Im Cieszyn Gebiet – wo der polnische Einfluss stark war – gab es Verwendung dieser Provisorien in Postämtern in Jablunkov, Tøinec, Bohumín und vielleicht auch zu anderen Postämtern. Der Mangel an neuen Briefmarken zeigte sich in Postämtern sogar nach der Veröffentlichung der ersten polnischen Briefmarken oder auch nach dem Widerruf der österreichischen Briefmarken. Interessant ist die Un- Einheitlichkeit in Posttarifen. Irgendwo verwendete man österreichischer Preis für eine Postkarte (10 Heller.) In anderen Ländern polnische Rate (15 Heller).

Zu diesem Zeitpunkt benutzten sich in schlesischen Bohumín gemischte Frankaturen -  polnisch-österreichische, österreichische oder polnische Frankaturen mit dem Überdruck PORTO und mit dem Nominal der Tschechoslowakischen Post. Ihre Karte, welche aus Bohumín (Oderberg, Bogumin 2)  am 21. 1. 1919 gesendet wurde (d. h. Gebiet unter polnischer Verwaltung)  hat österreichische Briefmarke mit dem Überdruck FRANCO und entspricht dem damals gültigen polnischen Tarif für Postkarte (15 Heller).

Was der FRANCO Stempel betrifft, es ist mir nicht bekannt, dass die Benutzung dieses Stempels durch eine zentrale Regelung  der tschechoslowakischen Postverwaltung von 1918 handeln solle.

…..

Mit freundlichen Grüssen

PhDr. Jitka Zamrzlová
kurátorka
odd. správa sbírkového fondu
zamrzlova.jitka@cpost.cz
+420 954 400 701
http://www.postovnimuzeum.cz "


Aus dem Beitrag von Frau Dr. Zamrzlova leite ich folgende Schlußfolgerungen ab:

zu 1) Offensichtlich haben die ausgelieferten Werte der Krakauer Aushilfsausgabe keinen der Postschalter in Oderberg bis zum 23.01.1919 erreicht und kommen somit in der Kurszeit niemals echt gestempelt vor von Oderberg.

zu 2) Es gibt keinen Nachweis über die Anordnung von Barfrankaturen bei Markenmangel.

zu 3) Die Verwendung des "Franco" Stempels qualifiziert die Marke als Freimarke und ist auf die Initiative der lokalen Postmeister zurückzuführen.

zu 4) Offensichtlich gab es keine postseitige Anweisung zur Duldung der noch umlaufenden Marken, es wurde einfach praktiziert in Ermangelung anderer Alternativen.

Nun kann der Beleg wieder beruhigt in die Kiste - seine Identität ist nun geklärt. Es ist ein Beleg mit tschechischen Wurzeln unter polnischer Verwaltung, heute würde man sagen doppelte Staatsbürgerschaft.

Ich kann nur jedem empfehlen, bei Fragen zur Geschichte von Marken oder Belegen der tschechischen Post sich vertrauensvoll an das Postmuseum zu wenden, Frau Dr. Zamrzlova wird sich immer bemühen, alle Fragen nach Möglichkeit zu beantworten.

Gruß
Detlev

[Beiträge [#1] bis [#69] aufgrund des Wunsches von Gabriele und Detlev redaktionell verschoben aus dem bisherigen Thema "Schlechte Belege erzählen nette Geschichten"]
 
10Parale Am: 14.04.2019 15:51:01 Gelesen: 26934# 70 @  
Hier kann ich auch einzelne Stempelfragmente von ODERBERG auf tschechoslowakischen Anfangsmarken beisteuern. In die Komplexität des Themas muss ich mich aber erst mal einlesen.

Ich werde im weiteren Verlauf noch einige Stempel von Ortschaften zeigen können, die unter polnischer Verwaltung standen, aber eigentlich zur Tschechoslowakei gehörten (bzw. Schlesien) - Oh Mann, ist die Geschichte kompliziert. Warum nennen wir das ganze nicht einfach Europa?

Liebe Grüße

10Parale


 
Detlev0405 Am: 14.04.2019 18:47:26 Gelesen: 26906# 71 @  
@ 10Parale [#70]

Hallo 10Parale,

schön, dass Du Dich in dieses Thema mit einbringst.

Die polnische Besetzung und damit auch Verwaltung erstreckte sich von 05.11.1918 bis zum 23.01.1919, am 23.01.1919 waren dann definitiv tschechische Truppen in dieses Gebiet einmarschiert und haben das Gebiet bis auf eine kleine Unterbrechung in den 30er Jahren unter tschechische Verwaltung gebracht.

Das bedeutet, dass in dieser Zeit vom 05.11.1918 bis zum 23.01.1919 Stempel mit Oderberg und Bogumin 1 oder 2 zum Einsatz gekommen sein müssen, danach Stempel mit der Bezeichnung Oderberg/Bohumin. Bei der 1. und 4. 40 Heller Marke erkenne ich möglicherweise die Jahreszahl 20 (bitte korrigieren wenn ich das falsch interpretiere) und bei beiden Marken auch noch die polnische Ortsbezeichnung. Das ist für mich schon erstaunlich. Vielleicht könntest du beide Marken im Original bezüglich des Datums noch einmal auslesen.

Der 30 Heller Wert zeigt zwar wunderschön das Datum, aber die polnische oder tschechische Ortsbezeichnung fehlt unten.

Die Kernfrage in dem Thread ist eigentlich, welche Marken kamen in der Zeit vom 05.11.1918 bis zum 23.01.1919 zum Einsatz. Die einzige amtliche Ausgabe von polnischer Seite war bis zum 23.01.1919 die Krakauer Aushilfsausgabe. Zwei Werte der Ausgabe wurden laut Fischer Katalog auch von der zuständigen OPD auf den Weg gebracht. Offensichtlich kamen sie aber nie in den Einsatz, da es bisher keine geprüften Werte der Krakauer Aushilfsausgabe von Oderberg gibt bzw. aufgetaucht sind.

Leider gibt es auch aus dieser Zeit kaum oder keine ähnlichen Belege von Oderberg, bei denen man Vergleiche ziehen könnte.

Vielleicht findest Du ja in Deinen Archiven weitere Belegmarken mit vollständigem Datum, um hier weiter zu kommen. Du hast Recht, eine hochinteressante Zeit und auch Gebiet.

Gruß
Detlev
 
10Parale Am: 14.04.2019 21:38:46 Gelesen: 26875# 72 @  
@ Detlev0405 [#71]

tschechische Truppen in dieses Gebiet

Ist dieses Gebiet definiert? Gehören dazu noch andere Orte, eine ganze Region, vielleicht könnte ich dann aushelfen.

Ich habe die beiden Marken entfärbt und einem starken schwarz-weiss-Kontrast ausgesetzt und das Datum erscheint damit deutlicher und die Jahreszahl 20 ist meines Erachtens richtig, wie die Scans hoffentlich zeigen. Leider habe ich bezüglich Oderberg nicht mehr Material, werde meine Augen natürlich offen halten.

Freue mich, beständig weiter zu lesen.

Liebe Grüße

10Parale


 
Detlev0405 Am: 15.04.2019 14:17:55 Gelesen: 26817# 73 @  
@ 10Parale [#72]

Hallo 10Parale,

danke für die separate Darstellung beider Marken. Das zeigt zumindest, das die Weiterverwendung des Stempels mit polnischer Ortsbezeichnung noch bis in das Jahr 1920 erfolgte. Aus meiner Sicht eine noch sehr späte Verwendung.

Zu Deiner Frage bezüglich des Gebietes - ja es handelt sich um das Teschener Schlesien (oder auch Olsagebiet genannt), das im Streit zwischen Polen und der Tschechoslowakei bis in die 30er Jahre Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen beiden Staaten war. Im [#27] findest Du von Prof. Friedl eine genaue Beschreibung des Gebietes und des Streites. Bei anderen Orten können Belege bis zum 31.01.1919 in Frage kommen als letzten Tag der Auseinandersetzung. Zur besseren Übersicht ein Link [1].

Liebe Grüße
Detlev

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Olsagebiet#/media/File:%C5%9Al%C4%85sk_Cieszy%C5%84ski.PNG
 
10Parale Am: 15.04.2019 16:03:16 Gelesen: 26807# 74 @  
@ Detlev0405 [#73]

Erst mal vielen Dank für die Erklärungen, Hinweise und Links. Ich bin dabei, die geschichtlichen Zusammenhänge langsam zu verstehen, sie sind offen gesagt sehr kompliziert. ich kenne das teilweise aus Gebieten im heutigen Rumänien, wo eine Mischung aus Volksstämmen, Ethnien und Religionen immer wieder in einem langen Ablauf der Geschichte zu Konflikten geführt hat. Obwohl es viele heutzutage eigentlich nicht interessiert, woher wir stammen, sondern lieber die Möglichkeiten des Hier und Jetzt zelebriert werden, hält die Philatelie die Erinnerungen doch noch wach.

Ich zeige vielleicht abschließend noch einen weiteren Stempel aus meinem Fundus aus PETERVALD VE SLESZKU. Auf der schönen Karte in dem von dir empfohlenen Link [1] tippe ich einmal auf die Ortschaft PIETWALD zwischen Ostrava und Orlowa. Heute liegt dieser Ort an der nordöstlichen Stadtgrenze von Ostrava, der drittgrößten tschechischen Stadt.

Wie Bogumin (Oderberg) lag auch sie im hellblau eingefärbten Gebiet, also unter polnischer Verwaltung, doch der Stempel scheint eine schlesischer Stempel auf einer tschechischen Marke zu 40 H zu sein. Das Datum eruiere ich mit 24/2/20 - wobei das 20 wirklich nicht einfach zu lesen ist.

Ich werde weiterhin am Ball bleiben und die Thema hier, - hoffentlich mit weiteren Belegen versehen - studieren. Danke schön.

Liebe Grüße

10Parale



[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Olsagebiet#/media/File:%C5%9Al%C4%85sk_Cieszy%C5%84ski.PNG
 
Detlev0405 Am: 28.06.2019 14:00:54 Gelesen: 26270# 75 @  
Heute kann ich eine wichtige Ergänzung zu den Stempeln von Oderberg / Bohumin, speziell zum Postamt Bohumin 2 a, in die Diskussion bringen.

Ab 1920 gab es einen eigenständigen tschechoslowakischen Stempel für das Postamt "BOHUMIN 2 a *C.S.P.*". Der Stempeltyp war M.41 und bis 1938 im Einsatz. Der später aufgelegte Typ M.45 ist für das Postamt Bohumin 2 a nie aufgelegt worden. Es ist der geläufige Stempel mit *** an Stelle von *C.S.P.* . Auch in Bohumin 1 wurden die tschechoslowakischen Stempel erst ab 1920 eingeführt.

Somit kann davon ausgegangen werden, das neben dem polnischen Stempel Oderberg / Bogumin bis Ende Januar 1919, in erster Linie ehemalige österreichische Stempel für Oderberg nachverwendet wurden in Ermangelung der neuen Stempel. Aber auch der polnische Stempel wurde bis zur Einführung der neuen tschechoslowakischen Stempel weiter verwendet wie im Beitrag [#72] ersichtlich .

Gruß
Detlev

Quelle: Monografie tschechoslowakischer Marken , Band 17 Teil 1 , Seite 107
 
10Parale Am: 08.01.2020 22:53:49 Gelesen: 24724# 76 @  
@ Detlev0405 [#75]

Wer sich fragt, woher die ersten Eisenbahnschienen der Nordbahn von Wien nach Krakau herkamen, findet sich schnell in Ostrava wieder. Heute ist Ostrava die drittgrößte Stadt von Tschechien. Durch den Abbau der Steinkohle ab etwa 1763 wurden Arbeitsplätze geschaffen und es entstand ein rapides Bevölkerungswachstum. Ostrava ist so etwas wie ein Dreiländereck im Osten der tschechischen Republik. Etwa 10 km entfernt liegt die Grenze zu Polen und 50 km entfernt die Grenze zur Slowakei. Das Flüsschen Ostravice fließt in Ostrava in die Oder und beidseits dieses Zuflusses entstanden 2 Dörfer, eines war das Polska Ostrava, das andere nannte sich Moravska Ostrava. Die Oder und die Ostravice bilden seit Jahrhunderten den Grenzverlauf zwischen Mähren und Schlesien.

Die Zugehörigkeit zum ungarisch-österreichischen Kaiserreich erleichterte die Zuwanderung nicht nur aus Mähren, sondern auch aus Galizien. Bis 1918 gehörte Mährisch Ostrau (deutscher Name) zur Markgrafschaft Mähren und Polnisch Ostrau zum Herzogtum Schlesien.

Ab 1918 waren beide Städte Teil der tschechoslowakischen Republik. Aus dieser Zeit stammt die tschechische Marke mit dem Hradschin und dem gut sichtbaren Stempel von POLSKA OSTRAVA. Was sucht der Stempel auf einer tschechischen Marke?

Ich zeige eine frühe Fotokarte (Correspondenz-Karte) von Ostrava, die am 31.12.1898 wunderschön auf einer 2 Kreuzer Marke abgestempelt wurde. Die Benutzung des deutschen und slawischen Namens lässt auf ein harmonisches Miteinander verschiedener Völkergruppen schließen. Auf der Rückseite sehen wir eine im Wachstum begriffene Stadt, wo Schornsteine, Kirchtürme und Herrenhäuser miteinander konkurrieren.

Ich hoffe, diese Stadt wieder mal besuchen zu können, denn obwohl einige, die sie kennen, nicht besonders schön finden, ich habe sie ins Herz geschlossen. Die Feinstaubbelastung erreichte in den 1980-er Jahren ihren Höhepunkt, wurde aber durch zahlreiche Auflagen der EU mittlerweile wieder reduziert.

Bekannte Einwohner von Ostrava waren u.a. Sigmund Freud, Alfred Biolek und der Dichter Joseph von Eichendorff.

Liebe Grüße

10Parale




 
Detlev0405 Am: 10.01.2020 20:35:25 Gelesen: 24624# 77 @  
@ 10Parale [#76]

Was sucht der Stempel auf einer tschechischen Marke?

Das ist eine gute Frage, die sich aber nur mit einem kompletten Stempel beantworten lässt. Ich meine damit das Datum. Ich habe inzwischen gelernt, das in der Regel tschechische Marken erst ab Februar/März 1919 in diese Region gekommen sind. Erst in den großen Städten, später auch bis hin ins letzte Dorf.

Bei tschechischen Stempeln verhält es sich ähnlich. Bei Deinem Stempel - den ich übrigens noch nie gesehen habe - handelt es sich wohl um eine amtliche Nachverwendung des polnischen Stempels mangels eigener tschechischer Stempel.

Wie gesagt, es bleibt eine Vermutung, die nur bei Fixierung des Datums besser beantwortet werden könnte.

Gruß
Detlev
 
Stefan Am: 10.01.2020 21:14:21 Gelesen: 24616# 78 @  
@ 10Parale [#76]

Ab 1918 waren beide Städte Teil der tschechoslowakischen Republik. Aus dieser Zeit stammt die tschechische Marke mit dem Hradschin und dem gut sichtbaren Stempel von POLSKA OSTRAVA. Was sucht der Stempel auf einer tschechischen Marke?

Ich stehe etwas auf dem Schlauch: Polska Ostrava und Moravska-Ostrava gehörten beide ab 1918 zur Tschechoslowakei. Du zeigst eine entsprechende Briefmarke dieses neuen Staates aus der Anfangszeit und einen Teil eines Tagesstempelabschlags. Was soll da nicht zusammenpassen? :-)

@ Detlev405 [#77]

Bei tschechischen Stempeln verhält es sich ähnlich. Bei Deinem Stempel - den ich übrigens noch nie gesehen habe - handelt es sich wohl um eine amtliche Nachverwendung des polnischen Stempels mangels eigener tschechischer Stempel.

Warum soll es sich bei dem Stempelgerät um einen polnischen Stempel handeln, wenn der Ort nach dem Zerfall von Österreich-Ungarn direkt zur Tschechoslowakei kam?

Wie eingangs geschrieben, ich stehe etwas auf dem Schlauch.

Gruß
Pete
 
10Parale Am: 10.01.2020 22:04:49 Gelesen: 24606# 79 @  
@ Detlev0405 [#77]
@ Pete (#78)

Ok, wenn beide Stadtteile (von einem Fluss getrennt) ab 1918 zur Tschechoslowakei gehört haben, passt es zusammen. Möchte ja niemand auf dem Schlauch stehen lassen. Das kleine Wörtchen "polska" hat wohl meine Sinne etwas verwirrt.

Ja, das liebe, verräterische Stempeldatum kann man auch auf den beiden anderen Abschlägen nicht erkennen, die ich auf frühen tschechischen Marken fand.

Sobald ich meine Füße wieder auf Ostrava-Land setze, werde ich einen geschichtsbeflissenen Menschen bei einem Budweiser nach der Historie der Stadt fragen. Wird aber der Umstände halber dauern.

Vielen Dank und liebe Grüße

10Parale


 
rudi63 Am: 11.01.2020 11:05:53 Gelesen: 24565# 80 @  
Votocek Monografie Teil 16 1. Teil Seite 498

1918 - 1919 Polnisch Ostrau - Polska Ostrava - aptierter Stempel (deutsche Inschrift entfernt)

in 1919 umbenannt in: Slezska Ostrava

Es gibt Postamt 1 + 2

Schöne Grüße
Rudi
 
Detlev0405 Am: 12.01.2020 15:26:25 Gelesen: 24486# 81 @  
@ Pete [#78]

Hallo Pete,

Du stehst zu Recht auf dem Schlauch wegen meiner fehlerhaften Äußerung. Ich kann sie nun selbst nicht mehr nach vollziehen.

Es handelt sich bei dem gezeigten Stempel - wie rudi63 schon richtig aufzeigt - um einen Stempel aus der KuK Monarchie, der sowohl zweisprachig als auch aptiert vorgekommen ist.



Hier eine komplette Aufstellung der Quelle, die Rudi63 bereits zitiert hat. Daraus wird ersichtlich, das der ursprünglich zweisprachige Stempel im Jahre 1919 generell aptiert wurde.

Man möge mir meinen Fehler verzeihen.

Gruß
Detlev
 
10Parale Am: 19.05.2020 22:00:38 Gelesen: 23344# 82 @  
@ Detlev0405 [#47]

Am 1. Mai 1847 kam die Zäsur für diesen Ort - der Bau des Bahnhofes Oderberg als Endbahnhof der Kaiser Ferdinand Nordbahn.

Meines Wissen nach war Krakau der Endpunkt der Kaiser Ferdinand Nordbahn. Am 1. Mai wurde der Abschnitt Leipnik - Oderberg fertiggestellt. Reisende, die nach Berlin wollten oder von Berlin kamen, mussten den Weg zwischen Oderberg (Bohumin) und Annaberg (Chalupki) mit Pferdefuhrwerken zurücklegen (in Annaberg war der Endpunkt der Wilhelmsbahn aus Richtung Berlin).

Um die Geschichte kurz zu Ende zu erzählen: es wurde eine weitere Flügelbahn über Gänserndorf nach Marchegg errichtet als Anschlussbahn ins ungarische Preßburg (Pozsony) bzw. weiter nach Budapest. Auf Rechnung der ungarischen Bahnverwaltung durfte die Kaiser Ferdinand Nordbahn bis Preßburg fahren.

1848 wurde auch das Teilstück von Bohumin (Oderberg) an die preußische Grenze nach Annaberg fertiggestellt, der Weg war frei für die Eisenbähnler nach Berlin.

1853 wurde dann beschlossen, die Hauptlinie weiter nach Auschwitz (Oswiecim) zu verlängern, ebenso weitere Flügelbahnen nach Bielitz (Bielsko - Biala) und nach Troppau (Opava) in Schlesien. Am 11. Dezember 1855 wurde dann der Abschnitt Oderberg - Dzieditz in Betrieb genommen. Am 1. März 1856 war die Strecke von Wien bis Auschwitz dann fertiggestellt, 20 Jahre nach Baubeginn.

Die Krakau-Oberschlesische Bahn, die 1850 verstaatlicht wurde, fuhr dann den Rest des Weges von Auschwitz nach Krakau. Am 27. Januar 1858 kam es dann zu einem Deal zwischen dem Staat und der Nordbahn und für eine nicht unbeträchtliche Summe Geld durfte die Nordbahn nun auch das Stück bis Krakau ihr Eigen nennen. Das Prinzip war immer das selbe: der Staat brauchte Geld.

Die ursprüngliche Idee des Ingenieurs Riepl, die Bahn bis zu den reichen Salzvorkommen in Galizien zu führen, wurde somit nie verwirklicht.

Liebe Grüße

10Parale
 
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