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Thema: 2021 Festjahr 1700 Jahre Judentum in Deutschland
10Parale Am: 22.01.2021 20:36:54 Gelesen: 9680# 1 @  
Liebes Forum,

am 11.12.321 schrieb Kaiser Konstantin an die Ratsherren in Köln:

" Allen Gemeinderäten gestatten Wir in einem allgemeinen Gesetz, Juden zum Gemeinderat zu berufen. ..."

Quelle: Codex Theodosianus 16,8,3

Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, schreibt dazu: "Ein Bewusstsein dafür, dass Juden seit 1700 Jahren in Deutschland beziehungsweise auf dem entsprechenden Territorium leben, ist in weiten Teilen der Gesellschaft kaum vorhanden"(Quelle: Jüdische Allgemeine, Nr. 1, 2021).

Die Städte Speyer, Worms und Mainz bildeten als sogenannte SchUM-Städte eine wichtige Rolle bei der Ausbringung jüdischen Lebens, siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/SchUM-St%C3%A4dte#Geschichte. Überall auf deutschem Territorium finden sich Zeugen dieses reichhaltigen Lebens.

Es wurde ein Verein gegründet "321 - 2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V." und mehr als 1000 Veranstaltungen sind geplant. Am 21. Februar ist offizielle Eröffnungsfeier des Jubiläumsjahres, Schirmherr ist der deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier.

Für interessierte Philatelisten wichtig, am 4. Februar erscheint eine Sondermarke aus diesem Anlass. Die DBZ zeigt auf Seite 9 der aktuellen Ausgabe ein Bild der Marke zu 80 Cent mit dem Motiv "CHAI - AUF DAS LEBEN".

Am 16.121995 fand in Jerusalem der OPENING DAY zu einer internationelen Briefmarkenausstellung statt mit dem Leitmotiv "3000 Jahre Jerusalem - Stadt Davids".
Dazu der Ausstellungsbeleg mit dem zugehörigen Sonderstempel. (Scan1)

Der Codex Theodosianus wurde zuerst von Jacques Gothofredus (1587 - 1652), einem Rechtsprofessor, der in Genf lebte, erforscht und kommentiert und im Jahr
M D CC XL.III veröffentlicht. "Über Juden, Himmelsverehrer und Samaritaner", ein hochinteressantes Werk (Scan2), wo einige interessante Gesetze zur Stellung der Juden im Römischen Reich zu finden sind.

Ich hoffe, ich kann zu diesem Themenjahr noch einiges beitragen und der eine oder andere kann einen Beleg dazusteuern.

Liebe Grüße

10Parale



 
Altmerker Am: 23.01.2021 12:10:34 Gelesen: 9637# 2 @  
Hallo,

es ist alles etwas anders 2021. Auch im Halberstädter Berend Lehmann Museum, das sich nicht nur in der jüdischen Welt einen guten Namen gemacht hat. Warten die Ausstellungsgestalter gewöhnlich bis zum letzten Moment auf den Katalog ihrer Exposition, liegt der für die neue Dauerausstellung in der Halberstädter Judenstraße bereits seit den ersten Januartagen vor.

„Koscher, Klaus & Kupfer“ wirft nicht allein einen Blick auf jahrhundertealte jüdische Geschichte der Domstadt. Der Quintus-Verlag schafft es, aus einem Ausstellungskatalog ein kleines Kunstwerk zu machen. Moderne, gut lesbare Schrift erzählt von den materiellen Zeugen jüdischen Lebens, technisch sauber publizierte Farbfotos der Exponate ergänzen die oft geschichtsträchtigen bildlichen Erinnerungen von Menschen jüdischen Glaubens, die einst in Halberstadt lebten, vertrieben und in den Tod geschickt wurden. Und von jenen, die überlebten, Familienwege fortsetzten und die Verbindungen nach Halberstadt knüpfen.

Jutta Dick blättert in dem quadratischen Band. Unter ihrer Leitung hat das Museum, das zu der seit 1998 in der Klaussynagoge im Rosenwinkel beheimateten Moses Mendelssohn Akademie gehört, eine einmalige Sammlung aufgebaut, um deren Einzelstücke es unterdessen sogar aus Israel beneidet wird. „Schenkungen ehemaliger Halberstädter, Auktionserfolge, die wir dank deren Hinweise weltweit erzielten, all das ermöglicht das, wovon so eine Einrichtung träumt: Authentische Objekte am authentischen Ort zu präsentieren.“ Dazu zählt das Poesiealbum von Ruth Oppenheimer ebenso wie Tora-Wimpel der Unternehmerfamilie Hirsch, wertvolle Talmuddrucke und die Gründungsurkunde des „Wohltätigkeitsvereins zur Begleitung von Kranken und Sterbenden“ von 1728, aber auch das erst 2015 unweit des Museums zwischen zwei Wänden entdeckte Geschäftsbuch des Kaufmannes Melcher Isaac von 1749.

Die neue Ausstellung wird in der Klaussynagoge (Bildausschnitt im Stempel) und im Mikwenhaus in der Judenstraße präsentiert. Der Stempel wurde relativ kurz und in geringer Zahl zur Eröffnung 2001 abgeschlagen.

Gruß
Uwe


 
10Parale Am: 27.01.2021 13:27:37 Gelesen: 9586# 3 @  
@ Altmerker [#2]

Ein sehr schöner Beitrag zum jüdischen Leben im Osten unserer Republik.

Heute schlug mein Herz etwas höher, zumal meine Vorfahren väterlicherseits aus der Gegend um Amberg und Sulzbach-Rosenberg stammen.

Im Andachtsraum des Bundestages wurden symbolträchtig die letzten 8 fehlenden hebräischen Buchstaben und somit der Text einer lange verschwundenen Tora aus Sulzbach Rosenberg vervollständigt. Anlässlich des Gedenktages zum Holocaust standen die Reden und Beiträge ganz unter dem Zeichen "1700 Jahre Judentum in Deutschland".

Die Schriftrolle stammt aus dem Jahr 1793 und ist eine der ältesten Schriftrollen in Süddeutschland. Sie gibt Zeugnis von einem regen jüdischen Leben in Sulzbach Rosenberg. Die Schriftrolle wurde vor dem 2. Weltkrieg wie durch ein Wunder nach Amberg i.d. Oberpfalz gebracht und überlebte dort versteckt im Heimatmuseum, bis sie wiederentdeckt wurde.

In Sulzbach Rosenberg existierte eine der größten jüdischen Gemeinden in Bayern. Bereits 1669 erhielt ein aus Prag stammender Drucker Isak ben Jehuda Löb Kohn das Privileg des Herzogs, Bücher drucken zu dürfen. In Sulzbach Rosenberg wurden viele jüdische Bücher gedruckt und ins ganze Land ausgeliefert. Die Konfessionen lebten über Jahrhunderte sehr friedlich zusammen.

Gestern Abend rief ich noch meine 80-jährige Tante an, die lange Zeit in Amberg gelebt hat. Dabei erfuhr ich, dass Ihre Patentante in den frühen Jahren der Weimarer Republik in einem jüdischen Haushalt (Familie Prager) als Haushaltshilfe beschäftigt war. Die Fortsetzung der Geschichte ist leider traurig, einige schafften es, nach Amerika auszuwandern, andere starben z.B. in Theresienstadt.

Ich zeige hier eine alte Torarolle auf einer Ansichtskarte aus England aus dem Jahr 1908 mit dem 1. Gebot (I commandment). Die zweite Ansicht stammt aus Sulzbach Rosenberg und zeigt eine "Straße in der unteren Stadt" um 1910.

Damit auch eine Marke zur Geltung kommt, eine Gebührenmarke der Stadt Amberg vom 17. März 1956. Man sieht das sogenannte Vilstor, benannt nach einem Fluss, der durch Amberg fließt. Ganz in der Nähe schlummerte die nun neu entdeckte Schriftrolle in dieser Stadt und wurde nun restauriert und heute im Bundestag vervollständigt.

Liebe Grüße

10Parale




 
10Parale Am: 04.02.2021 22:33:45 Gelesen: 9535# 4 @  
@ 10Parale [#3]

Am 29.3.393 n.Chr. wurde in Konstantinopel im 3. Konsulatsjahr des Theodosius und Abundantius (Quelle: Codex Theodosianus 16,8,9) ein weiterer Befehl erlassen, dem man ca. 1625 Jahr später Aufmerksamkeit zollen sollte, Auszug aus der Weisung an Addeus:

"Daß die Sekte der Juden durch kein Gesetz verboten ist, steht zur Genüge fest.[...] Deine erhabene Größe (Addeus ist gemeint, Anm. d.Verfasssers) wird also nach dem Empfang dieses Befehles die Ausschreitungen jener, die sich im Namen der Christlichen Religion zu solch gesetzwidrigem Tun verleiten lassen und versuchen, Synagogen zu zerstören und auszuplündern, mit angemessener Strenge zurechtweisen."

Wilhelm Krützfeld *9. Dezember 1880 in Hornsdorf, † 31. Oktober 1953 in Berlin), ein preußischer Polizeibeamter, schien dieses Gebot auch mehr als 1625 Jahre nach diesem Befehl der römischen Kaiser zu beherzigen und stoppte in der Reichspogromnacht 9./10. November 1938 eine SA-Kohorte, die die Neue Synagoge in Berlin in Brand setzen wollte. Tatsächlich zogen sich die Schergen zurück und die brennende Synagoge wurde von der Berliner Feuerwehr gelöscht.

Die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße (1866 eingeweiht) auf einer Briefmarke der Bundesrepublik Deutschland.


 
Altmerker Am: 05.02.2021 10:47:41 Gelesen: 9500# 5 @  
@ 10Parale [#4]

Das Feuilleton „Ein Reviervorsteher“ vom bekannte Feuilletonisten Heinz Knobloch, der später ein Buch dazu veröffentlichte, in der damals beliebten und sehr auflagenstarken DDR-Wochenzeitung „Wochenpost“ erbrachte den Anruf: „Das war mein Vater!“ Sein Sohn Artur in Berlin wußte manches, ebenso dessen in Hamburg lebender Bruder Walter; Der Revier-Oberleutnant Wilhelm Krützfeld würde fortan nicht mehr vergessen werden.

Ich würde die Marke mit Deutsche Post rein historisch doch der DDR zuordnen. (MiNr. 3358 - 3359)

Fein, dass Du das Thema immer mit Neuigkeiten bestückst!

Gruß
Uwe
 
10Parale Am: 09.02.2021 19:49:40 Gelesen: 9443# 6 @  
@ Altmerker [#5]

Danke für das Lob. Heute, etwas verspätet, habe ich auf unserer Poststelle in Lörrach gleich mehrere Bogen der Marke mit dem hebräischen Wort "CHAI", was Leben bedeutet, gekauft.

"Am Israel Chai" bedeutet beispielsweise "Israel lebt" und "Lechaim" bedeutet beim Zuprosten so viel wie "Auf das Leben". Das Leben hat den höchsten Stellenwert im Judentum. In der hebräischen Sprache wir das Wort mit den Buchstaben Chet und Jod geschrieben. Diese beiden Buchstaben haben ein hohe Symbolkraft und werden manchmal auch auch Schmuckstücken dargestellt.

Liebe Grüße

10Parale


 
Altmerker Am: 13.02.2021 20:09:21 Gelesen: 9393# 7 @  


Philatelistisch gab es in unserem Nachbarland Österreich eine komplette Übersicht aller jüdischer Persönlichkeiten von Adler bis Zweig auf Marken des Landes. Leider habe ich die Ausstellung dazu nicht sehen können.

Gruß
Uwe
 
10Parale Am: 14.02.2021 10:16:25 Gelesen: 9363# 8 @  
@ Altmerker [#7]

Das würde mich auch interessieren. Einige Personen auf den abgebildeten Marken kenne ich gar nicht und es sind leider nur 2 Frauen dabei.

Ich habe auch vergeblich Martin Mordechai Buber gesucht, obwohl er ein Sohn Wiens war (geb. 8. Februar 1878 in Wien - gest. 13. Juni 1965 in Jerusalem).

1928 zog der renommierte Religionsphilosoph mit seiner zum Judentum konvertierten katholischen Ehefrau Paula Winkler nach Heppenheim an der Bergstraße. Der aus wohl situiertem Hause stammende Buber hatte 2 Söhne. Bestimmt feierten sie öfters den Sabbath in der Synagoge in Heppenheim.

Schon im Mittelalter gab es in dem zum Erzbistum gehörende Heppenheim jüdische Mitbewohner(innen). Jedoch kam es erst im 17. Jahrundert zu einer größeren Ansiedlung von jüdischen Familien, die im 18. und 19. Jahrhundert noch zunahm. Juden hatten eine Art Schutzgeld an die Behörden zu bezahlen (z.B. 30 Gulden im 17. Jahrhundert), um ein einigermaßen freies Leben führen zu können. Im Jahr 1890 waren 2,8 % der Bevölkerung von Heppenheim (5.239 Einwohner) jüdisch [1].

Als der jüdische Lehrer M.Oppenheimer 1891 von seinen Flitterwochen zurückkehrte, wurde er am Bahnhof herzlich von seinen christlichen Kollegen empfangen und der Gesangverein von Heppenheim brachte ihm später ein Ständchen bei. Der Lehrer dankte und wünschte sich für die Zukunft, "dass das harmonische Verhältnis zwischen den Bekennern verschiedener Konfessionen nicht getrübt werde". (Quelle: Zeitschrift der Israelit vom 09. Juli 1891).

Martin Buber lebte noch bis 1938 in Heppenheim und emigrierte dann nach Jerusalem. Seine 3000 Bände umfassende Bibliothek wurde geplündert. Die Synagoge auf der Bildpostkarte wurde von den Gebrüdern Hirsch (aus Heppenheim stammend, später Bankiers in London) finanziert und am 10. Oktober 1900 (vermutlich während des Sukkotfestes) feierlich eingeweiht. Erbaut wurde sie von Heinrich Metzendorf-Bensheim.

Im Martin Buber Haus gibte es heutzutage einen Internationalen Rat von Christen und Juden und es wird viel getan, die Erinnerung an die vergangenen Zeiten aufrecht zu erhalten. Briefmarke zum 100. Geburtstag von Martin Buber (Michel Nr. 962).

Schönen Sonntag

10Parale



[1] http://www.alemannia-judaica.de
 
Altmerker Am: 14.02.2021 11:58:07 Gelesen: 9348# 9 @  
@ 10Parale [#8]

Ich weiß ja nicht, ob es die Broschüre noch im Jüdischen Museum Wien oder in Singers Bookshop gibt. Ich scanne mal die Namensliste. Es sind drei Frauen dabei.

Einen Sonntags-Gruß aus dem verschneiten, minus 11 Grad kalten, aber klaren Harz,
Uwe


 
10Parale Am: 21.02.2021 21:00:34 Gelesen: 9272# 10 @  
@ Altmerker [#9]

Danke, diese Broschüre gebiert einige wichtige Namensträger der jüdischen Geschichte nördlich der Alpen. Der Titel "Abgestempelt" einmal mit Fragezeichen und einmal mit Ausrufezeichen regt an zum Nachdenken.

Der hebräische Name von Worms heißt "Warmaisa". Zusammen mit Speyer (hebräisch: Schpira) und Mainz (hebräisch: Magenza) bilden die Anfangsbuchstaben den Begriff der SchUM-Städte (Akronym). Alle 3 Städte waren im frühen Mittelalter Zentren jüdischer Gelehrsamkeit und Handels. Bischöfe der christlichen Kirchen waren sogar behilflich, die Ansiedlung von Juden im Rheinland zu fördern, um die eigene Bedeutung ihrer Städte zu fördern. So wurde die Wormser Synagoge im Jahr 1034 errichtet und gehört neben der Altneuschul in Prag mit zu den ältesten Synagogen Europas. Auch der Friedhof "Judensand" zählt zu den ältesten Friedhöfen in Europa, wo mehr als 2000 Grabsteine vom 11. im 20. Jahrhundert zu finden sind (Quelle: Jüdische Allgemeine Nr. 7/2021).

Heute wurden übrigens die Feierlichkeiten zum Festjahr eröffnet. Ich zeige hier einen schönen Stempel von "Warmaisa" (Worms) vom 29.11.1872 auf einer 3 Kreuzer Marke aus der Anfangszeit der Reichsgründung. Vielleicht finden sich auch alte Stempel von Speyer und Mainz.

Liebe Grüße

10Parale


 
10Parale Am: 14.04.2021 21:06:02 Gelesen: 9043# 11 @  
Speyer, Worms und Mainz, Die SCHUM-Gemeinden wurden im Jahr 1146 im französischen Troyes von einer Versammlung von bedeutenden Rabbinern mit hohen Befugnissen in der jüdischen Rechtsprechung und religiösen Angelegenheiten ausgestattet.

Eine der ältesten Synagogen in Deutschland und Europa findet sich in Worms (1034 n.Chr. errichtet). Älter sind nur Synagogen in Ostia und Stobi. Sie wurde von einem kinderlosen Ehepaar gestiftet (oft stifteten fromme, wohlhabende Paare etwas für die Gemeinden). Es waren gerade die christlichen Bischöfe, die Interesse an der Ansiedlung von Juden entlang des Rheins zeigten, um das Ansehen der Städte zu erhöhen. Die Hauptwand der Synagogen wurde so gerichtet, das sie nach Osten zeigten. Dies gelang am besten im Frühling zur Tagundnachtgleiche. Ein christlicher Steinmetz soll bei der Errichtung mitgeholfen haben. Während der Kreuzzüge (1096 u. 1146 n.Chr.) und während der Pest (1348-1350) wurde die Synagoge stark zerstört, aber immer wieder neu aufgebaut. Im Jahr 1689 wurde die Synagoge von französischen Soldaten, die die Stadt besetzten, als Stall benutzt. Die Synagoge wurde am 10. November 1938 abgefackelt und 1942 gaben Bombenhagel und 1945 amerikanische Bomber ihr den Rest.

Was wir heute sehen, ist eine getreue Nachbildung dessen, was zwischen 1938 - 45 zerstört wurde.

In Worms gibt es einen jüdischen Friedhof mit der Bezeichnung "Heiliger Sand". Er ist einer der bedeutendsten Friedhöfe in Europa. Dort gibt es ein Grab eines Rabbi Meir von Rothenburg (1215 - 1293). Dieser hatte einige Schulden bei Rudolf I. (1218 - 1291), dem ersten römisch deutschen König und er wollte im Jahr 1286 auch in messianischer Hoffnung nach Jerusalem auswandern. Das Herrscherhaus setzte den Rabbi in Haft und forderte Lösegeld für seien Freilassung. Dies lehnte der Rabbi ab und blieb bis im Jahr 1293 in Gefangenschaft in Ensisheim (Elsass), nicht weit weg von Lörrach, wo ich wohne. Ein reicher Frankfurter Kaufmann, Alexander ben Salomon Wimpfen (gestorben 1307) gab der Legende nach sein ganzes Vermögen (ca. 20.000 Pfund Silber), damit der Rabbiner 1307 nach Worms zurückkehren und dort bestattet werden konnte. Beide Gräber liegen heute nebeneinander. (Quelle: Jüdische Allgemeine Nr. 7/2021 und Europas Synagogen von Carol Herselle Krinsky , 1984, Fourier Verlag Wiesbaden).

Ich zeige hier eine Ansichtskarte, die die "Raschi-Kapelle" (anderer Name der Synagoge in Worms) zeigt. Ich habe extra eine Karte gekauft, die in hebräischer Schrift verfasst wurde. Sie lief mit 2 x 2 Kopeken frei gemacht, am 22.02.09 von einer russischen Stadt nach Paris an Madame Mina Sloutzki. Ein Stempel beweist die Ankunft in Paris am 9. März 1909.

Liebe Grüße

10Parale


 
bayern klassisch Am: 14.04.2021 21:46:58 Gelesen: 9033# 12 @  
@ 10Parale [#11]

Sehr interessant - ist ja auch bei mir kurz vor der Haustür (in Speyer geboren). Danke für die Aufklärung.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
10Parale Am: 19.04.2021 21:38:47 Gelesen: 8971# 13 @  
@ bayern klassisch [#12]

Vielen Dank für das Lob eines großen Philatelisten. Über Speyer werde ich in diesem Sinnzusammenhang in Kürze berichten.

Bin ja ein Anhänger, immer etwas über den nationalen Tellerrand hinaus zu blicken. Im Jahr 1984 feierte Kopenhagen, die Hauptstadt von Dänemark, ein Jubiläums-Fest 300 Jahre Jüdische Gemeinde. Sogar eine Briefmarke wurde aufgelegt (Michel Nr. 818), die eine Frau zeigt, die die Sabbatkerzen segnet.

Ich zeige hier eine Maximumkarte, die eine Szene in einer Synagoge mit den Augen von Kindern sieht. Dazu ein Sonderstempel mit einer Thorarolle. Der Künstler, der die Karte schuf, hat sie auch signiert (Auflage: 150 Stück).

Liebe Grüße

10Parale


 
bayern klassisch Am: 19.04.2021 23:31:43 Gelesen: 8956# 14 @  
@ 10Parale [#13]

Hallo 10Parale,

danke für die Blumen. :-)

Von dem Künstler habe ich schon ein paar Sachen gesehen (ist mir aber zu modern, bin halt eher der Antiquitätenfreund) und über Neuigkeiten zu Speyer (Mikwe usw.) freue ich mich sehr hier zu lesen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
10Parale Am: 24.04.2021 20:59:37 Gelesen: 8887# 15 @  
@ bayern klassisch [#14]

die Arbeiten sind in Vorbereitung.

Zuvor möchte ich eine Zeitung vorstellen, die sich schon seit 1946 in Deutschland an jüdische und am Judentum interessierte Leser wendet. Die Wochenzeitung für Politik, Kultur, Religion und Jüdisches Leben sieht sich in der Tradition großer liberaler jüdischer Zeitungen des 19. und 20. Jahrhunderts, siehe [1] .

Ich persönlich finde den Teil, der sich mit der jüdischen Religion beschäftigt für mich als Christen sehr interessant. Ich konnte schon viele Gemeinsamkeiten entdecken und viel über jüdische Gebräuche und Traditionen lernen.

Herausgeber der Zeitung ist der Zentralrat der Juden in Deutschland mit Sitz in Berlin. Hier ein Freistempler vom 22.04.21. Auch dies dürfte bald der Geschichte angehören, da der Rechnungsversand nun bald per E-Mail erfolgt (siehe rotes Label).



[1] https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdische_Allgemeine
 
10Parale Am: 04.05.2021 21:07:00 Gelesen: 8756# 16 @  
@ 10Parale [#15]

Wenn Rothenburg ob der Tauber heute 10% jüdische Mitbürger hätte, wären das etwa 1.100 Personen. Um 1274, als der mittelfränkische Ort zur Freien Reichsstadt erhoben wurde, lebten tatsächlich schon 500 - 600 Juden in der Stadt, was 10% der Bevölkerung darstellte. Damit zählte die jüdische Gemeinde zu einer der ältesten in Deutschland überhaupt. Es gab eine Synagoge, eine Mikwe (Tauchbad), ein Gemeindehaus und einen Friedhof.

Wie in vielen anderen Städten lebte auch in Rothenburg ob der Tauber die jüdische Bevölkerung in einem zugewiesenen Viertel. So finden wir in vielen Städten in jener Zeit eine "Judengasse". Nun, auch Berufsgruppen hatten in jener Zeit ihre Straßenzüge, so gab es Metzger-, Bäcker und auch allerlei Handwerkergassen.

Es gab aber auch Ausnahmen. Im galizischen Brody (heute: Westukraine) war es Juden erlaubt, überall zu wohnen, wo sie wollten. Viele Juden wollten in der Nähe der Synagoge wohnen, so dass sich darum Stadtviertel und später auch Ghettos bildeten (Warschau).

Hier eine alte pittoreske Künstlerkarte, die die Judengasse in Rothenburg ob der Tauber zeigt (signiert J.Frank). Zwei Musikanten ziehen aus dem Schatten eines Baumes kommend durch die Gasse und werden von einer einzelnen Frau auf einer Treppe betrachtet.

Liebe Grüße

10Parale


 
10Parale Am: 27.05.2021 21:26:27 Gelesen: 8585# 17 @  
Am 10. August 1989 erschien die 300 Pfennig Marke zu Ehren von Fanny Hensel. Doch wer war diese Frau, die mit grüner Farbe im Zweifarben-Stichtiefdruck auf weißem, fluoreszierenden Papier abgebildet ist?

Im sogenannten SHARED HISTORY PROJECT ( https://sharedhistoryproject.org/ ) anlässlich der 1700 Jahre-Feier erschien als Objekt 21 "Fanny Hensels (geb. Mendelssohn Bartholdy) italienisches Kreuz.

Fanny Hensel (geb. 14. November 1805 in Hamburg) stammt aus der berühmten Musikerfamilie Mendelssohn Bartholdy. Ihr Großvater Moses und ihr Bruder Felix sind vielen als großer Philosoph und Musiker bekannt. Fanny Hensel war ebenfalls eine geniale Pianistin und komponierte eigene Stücke.

Als sie 11 Jahre alt war, hatten sie ihre Eltern Abraham Mendelsohn und Lea Solomon christlich taufen lassen, ebenso wie Ihre Geschwister. Es stellte sich bald die Frage, weshalb der Übertritt dieser wohlhabenden Familie zum evangelischen Christentum vollzogen wurde. Jeder, der sich selbst den Wurzeln seiner Erziehung entreißt, weiß, wie schwer es ist, eine neue religiöse Identität zu finden. Hing es nicht auch mit dem gesellschaftlichen Aufstieg zusammen? Die hervorragenden Kompositionen von Johann Sebastian Bach förderten auch den Zusammenhalt der evangelischen Christenheit in der neu erwachenden Nation. War es da als Musiker nicht gerade eine Pflicht, sich als ein Zeichen der Assimilation dem Christentum zu unterwerfen? Viele jüdische Personen traten damals zum evangelischen Glauben über, doch nicht alle.

Als Fanny Hensel im Alter von 40 Jahren in der vollen Blüte Ihres Lebens und musikalischen Schaffens eine Reise nach Florenz zu ihrer kranken Schwester unternahm, kaufte sie dort ein Kreuz. Dieses Kreuz stellte sie in ihrem Musikzimmer auf, um ihre Neigung zum Christentum zu unterstreichen. Sie war mit Herzen Christin und mit Wurzeln Jüdin.

Abgebildet das zugehörige Ersttagsblatt der Deutschen Bundespost aus der Dauerserie "Frauen der deutschen Geschichte".

Liebe Grüße

10Parale


 
10Parale Am: 12.07.2021 20:31:54 Gelesen: 8350# 18 @  
@ forum,

am 30.VIII.97 schrieb Theodor Herzl eine Ansichtskarte an seine Tochter Trude. Freigemacht mit 10 Rappen Wappen und Abstempelung von Basel. Die Karte schrieb er während des Zionistischen Kongresses. Auf der Karte noch ein Bahnpoststempel von ISCHL vom 31.VIII.97.

Wer die Karte sehen möchte, schaue mal auf [1], ein virtuelles Museum, wo die Geschichte der Juden nördlich der Alpen an Hand von sehr schönen Objekten dargestellt ist.

Liebe Grüße

10Parale

[1] https://sharedhistoryproject.org/object/card-from-theodor-herzl-to-his-daughter-trude
 
bayern klassisch Am: 12.07.2021 21:24:36 Gelesen: 8341# 19 @  
@ 10Parale [#18]

Hallo 10Parale,

vielen Dank für den Link - ich bin sicher, dass sich vieles Interessante in zahllosen Sammlungen zu dieser spannenden Thematik finden lässt - dieses Thema ist noch lange nicht erledigt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
10Parale Am: 16.07.2021 19:52:55 Gelesen: 8272# 20 @  
@ bayern klassisch [#19]

Ich staune oft und in aller Stille über Deine schönen bayerischen Belege, von komplizierten Porto-Entschlüsselungen (die ich oft 3 Mal lesen muss, bis ich sie verstanden habe) ganz zu schweigen und danke für den Dank.

Ich habe lange überlegt mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ich habe ja auch einen Komplex Antisemitismus eröffnet. Mit meiner Ehefrau habe ich mich nun entschlossen, dieses Jahr Auschwitz (Oświęcim) zu besuchen. Als Schüler war ich einmal in Dachau und das hat mich sehr mitgenommen, mehr als die Erzählungen, die ich bis dato von meinen Großeltern über den Krieg gehört hatte. Auf der Hin- und Rückreise wollen wir Krakau und Ostrava streifen.

Ich möchte trotz allen Gräueln das Schöne, das Gemeinsame und das Miteinander dieser langen Geschichte und Gegenwart hervorheben. Darüber gibt es Zeugnisse und Zeugen. Ich hoffe dass es auch eine Zukunft gibt und Synagogen in Deutschland nicht mehr durch Polizei und Soldaten bewacht werden müssen.

Hier eine alte Ansichtskarte von Speyer. Dort herrschte schon sehr früh jüdisches Leben und Brauchtum. Ich lasse den Text unkommentiert.

Liebe Grüße

10Parale


 
bayern klassisch Am: 16.07.2021 20:44:16 Gelesen: 8262# 21 @  
@ 10Parale [#20]

Hallo 10Parale,

vielen lieben Dank für die Blumen. Bin leicht errötet beim Lesen deiner Zeilen.

Wichtig ist, dass die Geschichte, wie sie war, Allgemeingut wird bzw. bleibt. Für mein Nervenkostüm wären solche Reisen nicht gut, daher lasse ich das. Aber ich bin in Speyer geboren und hatte im Religionsunterricht als Lehrer einen Konvertiten (Sohn des Rabbiners von Speyer vor dem Krieg). Immer, wenn ich die Propaganda der 1930er und 1940er Jahre mit Abbildungen von Juden sehe, sehe ich meinen ehemaligen Lehrer, der diesen Abbildungen in keinster Weise entsprach und der Deutschland liebte so wie es damals war - diese Geisteshaltung würde ich mir für alle Menschen wünschen, aber bei DER Realität wird es wohl ein frommer Wunsch bleiben.

Die Mikwe in Speyer habe ich besucht und war, immerhin romanischen Ursprungs, beeindruckt, wie Speyer überhaupt viel zu bieten hat für eine Kleinstadt mit 48.000 Einwohnern. Aber vielleicht bin ich da positiv voreingenommen.

Schönes WE und liebe Grüsse,
Ralph
 
10Parale Am: 04.08.2021 20:17:33 Gelesen: 8149# 22 @  
@ bayern klassisch [#21]

Speyer steht bei mir ganz oben auf der Wunschliste für einen Ausflug mit der Bahn. Mal schauen, ob es sich dieses Jahr noch realisieren lässt.

Was deinen Lehrer betrifft, den Konvertiten, da gab es ja ein großes Vorbild: Heinrich Heine. Zu Honoré de Balzac soll der große Dichter und Schriftsteller einmal gesagt haben: "Ich wurde getauft, aber bin nicht konvertiert." Ein Gedicht von ihm lautet so:

Und alle die Tränen fließen
Nach Süden, im stillen Verein,
Sie fließen und ergießen
Sich all in den Jordan hinein

Quellen: "Der Rabbi von Bacherach" von Heinrich Heine und "Zu einer anderen Zeit", Porträt der jüdisch-deutschen Epoche von Amos Elon (Carl Hanser Verlag 2002).

Ich bleibe mal in Bayern und zeige eine schöne Ansichtskarte aus der Landeshauptstadt München. Am 18.5.1911 mit einem waagrechten Paar des Prinzregenten Luitpold Michel Nr. 77 Type I freigemacht lief die Karte in den noblen Stadtteil KADIKEUI von Konstantionopel, wo die Ankunft bildseitig mit einem schönen türkischen Stempel dokumentiert wurde.

Die schöne Ansichtskarte zeigt die ALTE SYNAGOGE in MÜNCHEN in friedlichem Beieinander mit der FRAUENKIRCHE im Hintergrund. Die ALTE MÜNCHNER SYNAGOGE wurde als eine der ersten Synagogen von den Nationalsozialisten abgefackelt. Heute steht dort ein Gedenkstein.

Liebe Grüße

10Parale


 
bayern klassisch Am: 04.08.2021 21:04:48 Gelesen: 8137# 23 @  
@ 10Parale [#22]

Hallo 10Parale,

schönes Gedicht und feine Karte.

Wie schön könnte die Welt heute noch sein, hätte es nicht Verrückte und Kriege gegeben?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
T1000er Am: 22.08.2021 19:55:20 Gelesen: 7993# 24 @  
@ 10Parale [#15]

Hier ein Freistempler vom 22.04.21. Auch dies dürfte bald der Geschichte angehören, da der Rechnungsversand nun bald per E-Mail erfolgt.

Mir liegt auch ein AFS dieser Zeitung vor. Mit Datum vom 18.08.2021 auch noch sehr "frisch". Ich habe den Stempel mal in die Datenbank übernommen, da die Maschine bisher hier noch nicht erfasst wurde und Deinen als mit vorerst frühesten Verwendungsdatum ergänzt.

Schöne Grüße,
Thomas
 
Altmerker Am: 22.08.2021 20:05:07 Gelesen: 7989# 25 @  
@ 10Parale [#15]
@ T1000er [#24]

Hallo,

als Pressehistoriker gehe ich mal paar Jahre zurück. Damals saß die Redaktion noch in Düsseldorf, zog später in die Hauptstadt Bonn und sitzt nun in der Bundeshauptstadt Berlin. 1946 war Düsseldorf Gründungsort der "Allgemeinen" als "Jüdisches Gemeindeblatt für die Nord-Rheinprovinz und Westfalen".

Gruß
Uwe


 
T1000er Am: 22.08.2021 20:17:53 Gelesen: 7984# 26 @  
@ Altmerker [#25]

Als Pressehistoriker....

habe ich mal eine Frage an Dich. Sind Dir von dieser Zeitung Auflagenzahlen bekannt? Die heutige Auflage beläuft sich auf rund 6.900 Exemplare. Wie hoch war die Auflage wohl in den 1960er Jahren? Bestimmt weniger, oder?

Schöne Grüße,
Thomas
 
Altmerker Am: 22.08.2021 22:00:30 Gelesen: 7973# 27 @  
@ T1000er [#26]

Hallo,

sorry, kann ich nicht mit dienen. Aber ich schaue morgen in der Redaktion nochmal.

Viele Grüße
Uwe
 
Altmerker Am: 23.08.2021 08:54:28 Gelesen: 7951# 28 @  
@ T1000er [#26]

Hallo,
Trotz intensiven Suchens finde ich keine Auflagenzahl. Aber die Preisliste für Anzeigen liegt mir (mehrere Jahre) vor. Dazu bin ich auf eine Anzeige des Blattes gestoßen. Außerdem sind da weitere jüdische Titel aufgezählt, zu denen ich kein Material habe.
Freundliche Grüße
Uwe

 
Totalo-Flauti Am: 23.08.2021 09:43:19 Gelesen: 7946# 29 @  
Liebe Sammlerfreunde,

wenn ich mich kurz melden darf. Aber zu dem Thema muss ich kurz über meinen Lieblingsautor schreiben.

Er ist Jude. Es handelt sich um Lion Feuchtwanger (geboren am 7. Juli 1884 in München; gestorben am 21. Dezember 1958 in Los Angeles). Er war zu seinen Lebzeiten einer der, auch international, erfolgreichsten deutschen Autoren seiner Zeit. Die Auflagenzahlen seiner Bücher, mit denen er wohl leider auch gern prahlte, überstiegen sogar die Auflagenzahlen von Thomas Mann.

Seit seiner Emigration nach Frankreich im Jahr 1933 war er staatenlos. Die Nationalsozialisten verbrannten seine Bücher und bürgerten ihn aus. Feuchtwanger hat vielen Emigranten in Frankreich und später in den USA selbstlos geholfen. Seine akribisch recherchierten historischen Romane gehören meiner Meinung nach aber immer noch zur Weltspitze der Literatur.[1]

Die Wartesaal-Trilogie ("Erfolg", "Die Geschwister Oppermann" und "Exil") wurden verfilmt. In der DDR wurde mit der MiNr. 1945 eine Briefmarke zu 35 Pfennig in der Reihe Bedeutende Persönlichkeiten mit Feuchtwanger ausgegeben. Vor einigen Jahren hat der Aufbau_Verlag wieder die Werke Feuchtwangers aufgelegt.

Mit lieben Sammlergrüßen
Totalo-Flauti.



[1]https://de.wikipedia.org/wiki/Lion_Feuchtwanger
 
10Parale Am: 24.08.2021 22:01:44 Gelesen: 7916# 30 @  
@ Totalo-Flauti [#29]

Da werde ich mir bald mal die Bücher von Lion Feuchtwanger reinziehen müssen. Vielen Dank für diesen Literatur-Tipp. Da ist mir was entgangen.

@ Altmerker und @ T1000

Ich habe die Jüdische Allgemeine im Jahr 2001 abonniert und damals hieß sie noch ALLGEMEINE JÜDISCHE WOCHENZEITUNG (siehe Scan). Leider habe ich den Briefumschlag nicht aufgehoben, der hätte nun auch für die Stempeldatenbank dienen können.

Ich habe mal das Blatt angeschrieben und vielleicht erhalte ich Auflagenzahlen von der Quelle.

Ja, es gibt einige jüdische Persönlichkeiten und Berühmtheiten, die unser Leben in Deutschland und Europa mitgeprägt haben. Einer der Berühmtesten dürfte wohl Albert Einstein sein. Ich denke, ich brauche ihn gar nicht groß vorzustellen, jeder kennt ihn und weiß, dass er mit seiner Allgemeinen und Speziellen Relativitätstheorie das Newton´sche Weltbild verrückte. Sein Satz "Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt" stammt aus einem Brief an Niels Bohr, einem berühmten Quantenphysiker. Das daraus resultierende Idiom "Gott würfelt nicht" wurde damit zu einer Interpretationsplattform zwischen Vernunft und Religion.

In Bern gibt es in der Nähe des Bärengrabens ein Bank, auf der man neben Albert Einstein Platz nehmen kann. Da hat man ihn verewigt. Hier zeige ich noch die Michel Nr. 132 von Israel aus dem Jahr 1956, welche den Nobelpreisträger (1921) und seine berühmte Formel zeigt, die besagt, dass Masse und Energie ineinander umwandelbar sind.

Liebe Grüße

10Parale


 
T1000er Am: 10.10.2021 01:25:28 Gelesen: 7698# 31 @  
@ 10Parale [#4]

Als Ergänzung oder auch als Erweiterung der von Dir gezeigten DDR-Briefmarke zum Wiederaufbau der "Neuen Synagoge Berlin (Centrum Judaicum)" hier noch der Freistempel der gleichnamigen Stiftung in zwei verschiedenen Wertrahmen Varianten.



Schöne Grüße,
Thomas
 
10Parale Am: 22.10.2021 14:09:36 Gelesen: 7610# 32 @  
@ T1000er [#31]

Danke für das Zeigen. Vor einigen Jahren, am 03.10.2005 war ich mit meiner Frau in dieser wunderbaren neuen Synagoge in Berlin und habe mir damals ein schönes Buch gekauft von Horst Helas "Juden in Berlin-Mitte", herausgegeben vom Verein zur Vorbereitung einer Stiftung Scheunenviertel Berlin e.v. (Trafo Verlag).

Ich halte mich etwas am Rahmen des Shared History Projects [1] und zeige einen Brief der Gebrüder Arnhold, abgestempelt in Berlin am 24.12.1941.

Die Marke zum 10 Pfennig (Heinrich von Stephan) besitzt meiner Ansicht nach eine firmeneigene Lochung G A.

Das Bankhaus Gebrüder Arnhold war das erste private jüdische Bankhaus, das im Rahmen der Arisierung von den Nazis liquidiert wurde. Das Bankhaus wurde im Jahr 1864 von Max Arnhold und Ludwig Philippson in Dresden gegründet. 1911 wurde in Berlin eine Zweigstelle eröffnet. Die Bank engagierte sich im Beteiligungsgeschäft und führte eine hauseigene Pensionskasse für seine Angestellten ein, was damals eine Neuerung darstellte. Noch heute haben viele Unternehmen kein solches Konzept, weshalb auch viele Menschen im Rentenalter von den Sozialkassen abhängig werden.

Am kommenden Montag abend gibt es übrigens bei der ARD eine Sendung zum Thema "1700 Jahre Festjahr....", moderiert von Frau Sideropoulos.

Liebe Grüße

10Parale



[1] https://sharedhistoryproject.org/
 
bayern klassisch Am: 22.10.2021 14:25:54 Gelesen: 7600# 33 @  
@ 10Parale [#32]

Hallo 10Parale,

danke für deinen (wie immer) äußerst lesenswerten Beitrag. Wenn man sich mit der Geschichte der Juden in Deutschland (oder Mitteleuropa) beschäftigt, stellt man immer wieder fest, wie fortschrittlich sie in sozialer Hinsicht waren und wie gerne sie Geld gaben für Armenhäuser, Witwen und Waisen, Schulen usw.. Oft waren sie beispielgebend und ihrer Zeit weit voraus, wie du richtig schreibst.

Zwar ist dergleichen in der Thora auch so "vorgeschrieben", doch gab es scheinbar weit mehr Aktivitäten auf diesem Gebiet, als man 1933 ff den Leuten weismachen wollte.

Liebe Grüsse und ein schönes Wochenende wünscht dir bayern klassisch
 
Seku Am: 16.11.2021 17:12:01 Gelesen: 7359# 34 @  
Wer sich für das Postwesen im Getto Litzmannstadt interessiert, dem sei das hier [1] empfohlen.

Shalom

Günher

[1] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=4789&CP=0&F=1 # 4
 
10Parale Am: 21.11.2021 19:52:38 Gelesen: 7281# 35 @  
@ Seku [#34]

Im polnischen Lodz währte das Ghetto Litzmannstadt (benannt nach dem NSDAP-Reichstagsabgeordneten Karl Litzmann) von 1939 - 1944 und war nach Warschau das zweitgrößte Ghetto in Polen.

Mit diesem unsäglichen Namen verbinden sich weiteren Ortsnamen wie Kulmhof, Auschwitz II, Majdanek, Treblinka und Sobibor. Die Geschichten sind hoffentlich jedem bekannt.

Ich habe mich bislang noch sehr wenig mit dem Postwesen im Ghetto von Lodz beschäftigt und lese mich in das Thema ein. Sicherlich gibt es auch Sammler der Ghettopost von Warschau. Ich hoffe, die erhaltenen Briefe tragen dazu bei, auch Spuren zu finden von Menschen, deren Leben so plötzlich und grausam endete.

Heute, 21. November 2021, ist übrigens MIZWA DAY. MIZWA ist hebräisch und bedeutet so viel wie "gute Tat". Seit dem Jahr 2012 gibt es diesen Tag im jährlichen Turnus, wo Juden und Nichtjuden zusammenkommen, um irgendetwas Gutes zu tun. Denn in den Sprüchen der Väter heißt es: "Eine gute Tat führt zur Nächsten". Quelle: https://www.zentralratderjuden.de/angebote/begegnung-dialog/mitzvah-day/

So flattern die Tage auch in meinen Briefkasten Spendenaufrufe zu Weihnachten. Ja, warum eigentlich nicht auch mal auf diese Weise was Gutes tun. Hier ein Fensterumschlag von der Deutschen Krebshilfe als Beispiel für MIZWA.

Schönen Sonntag

Stephan
10Parale


 
Baber Am: 07.12.2021 12:25:06 Gelesen: 7153# 36 @  
Dieser Beleg hat nur indirekt mit dem Thema zu tun.

Aus irgendeinem Grund ist diese Weihnachtsbrief 2000 aus USA in München nochmals durch die Stempelmaschine gelaufen und das Wort München vom Werbestempel ist so auf die US-Sondermarke zum Chanukkafest gelandet, als wenn München dieses jüdische Lichterfest feiern würde.



Gruß
Bernd
 
dietbeck Am: 07.12.2021 12:59:45 Gelesen: 7145# 37 @  
@ 10Parale [#35]

Kleine Berichtigung, das Ghetto bestand "offiziell" von 1940 bis 1944. Wer sich dieser und anderer Thematiken nähern will dem sei das Buch von Heinz Wewer: "Spuren der Vernichtung" ans Herz gelegt.

Viel Hintergrundinformation anhand von postalischen Belegen. Dabei eben auch ein grösserer Teil zum Ghetto Litzmannstadt, aber auch zu anderen Ghettos, Organisationen und Einrichtungen, die im Zusammenhang mit dem Holocaust standen.
 
10Parale Am: 07.12.2021 22:36:53 Gelesen: 7078# 38 @  
@ Baber [#36]

Dieser Beleg hat nur indirekt mit dem Thema zu tun.

Ich finde der Beleg passt sehr gut zu diesem Thema, zumal CHANUKKA, wohl das fröhlichste der jüdischen Feste, gerade gefeiert wurde und weil es seit 1700 Jahren auch nördlich der Alpen gefeiert wird.

An dieser Stelle möchte ich auf einen Bericht von "Ayala Goldmann" in der Jüdischen Allgemeinen verweisen. Mit sehr viel Witz beschreibt sie ein Erlebnis mit einem jüdischen Adventskalender. Jawohl, so was gibt es tatsächlich und sie verrät sogar folgendes:

Hinter dem Schild zum 1. Dezember verbarg sich am 4. Tag des Chanukka - Festes eine gestempelte Erstausgabe "Chai", Sonderbriefmarke 1700 Jahre jüdisches Leben e.V (siehe auch Beitrag [#6].

Liebe Grüße

10Parale
 
10Parale Am: 14.01.2022 16:36:44 Gelesen: 6839# 39 @  
@ dietbeck [#37]

Vielen Dank für die Literaturempfehlung.

Das Festjahr unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten wurde mittlerweile bis 31.07.2022 verlängert, siehe [1].

In Deutschland leben meinen Recherchen nach zum jetzigen Zeitpunkt ca. 200.000 Juden. Das ist ein Anteil von ca. 0,25 Prozent der Bevölkerung. Der Anteil von Muslimen beispielsweise liegt über 5 Prozent der Einwohner.

Hier eine schöne Ganzsache von TEL AVIV aus dem Jahr 1949. In diesem Sinne wünsche ich allen jüdischen Mitbürgern.

Shabbat Shalom!

Dies ist der jüdische Gruß zum Beginn des Sabbats. Es soll Frieden herrschen. Der Sabbat beginnt am Freitag Abend mit Sonnenuntergang und endet am Samstag ebenfalls bei Eintritt der Dunkelheit. Dabei gibt es einen althergebrachten Rat, wie man den Eintritt der Dunkelheit bestimmen kann:

Der Abend beginnt, wenn man einen grauen Wollfaden nicht mehr von einem blauen unterscheiden kann.

10Parale



[1] https://www.juedische-allgemeine.de/unsere-woche/festjahr-wird-bis-mitte-2022-verlaengert/
 
10Parale Am: 17.11.2022 19:55:58 Gelesen: 4286# 40 @  
Heute erhielt ich einen schönen Brief mit der Sonder-Briefmarke "1000 Jahre Stendal". Nun fragt sich natürlich jeder, was dieser Anlass mit dem Festjahr 2021 zu tun hat. Ich habe mir überlegt, einmal zu erforschen, wie sehr das jüdische Leben in Stendal vorhanden war und bin auf Quellen gestoßen, die mich überraschten.

Jüdisches Leben gab es in Stendal (Sachsen-Anhalt) schon im 13. Jahrhundert, also dann, als die Stadt schon Marktrechte erhalten und im Wachstum begriffen war. Stendal war ein Handelsplatz mit einem Warenverkehr u.a. von Schlesien kommend. Aus dem Jahr 1297 ist eine Stendaler Judenordnung bekannt, wo das Zusammenleben von den Markgrafen Otto und Konrad übergeben und geregelt wurde.

Die Stadt war interessiert, die eigenen Bürger und die Juden zu halten und anzusiedeln und es wurden besondere Schutzbriefe für die Juden gewährt. So war beispielweise für das Wohn- und Bürgerrecht ein Mindestvermögen von 10 Mark erfoderlich. Die Juden beschäftigten sich als Geldleiher und beispielsweise im Fleisch- und Metzgerwesen. Juden hatten lt. der Verordnung von 1297 für einen Schutzbrief "ein Loth von der Mark (7%)" zu bezahlen, spezielle Schutzbriefe kosteten 4 Mark. Später (ca. 1350) wurde die Steuer eine Kollektivsteuer (alle stehen dafür ein!) und betrug jährlich 20 Mark brandenburgischen Silbers und wurde für 6 Jahre festgesetzt. Eine andere Währung zu dieser Zeit war der Schilling [1].

Eine Synagoge gab es schon seit frühester Zeit in Stendal.

Als ich heute diesen schönen Brief aus Soyen (Bayern, Landkreis Rosenheim) erhielt, musste ich mich willkürlich mit der Geschichte dieser Stadt beschäftigen.

Liebe Grüße

10Parale



[1] Quelle: GERMANICA JUDAICA, Band II, Maastricht-Zwolle 1968 J.C.B.MOHR (PAUL SIEBECK) TÜBINGEN, Seite 791 ff.
 
10Parale Am: 13.01.2023 14:09:22 Gelesen: 3719# 41 @  
@ 10Parale [#40]

Nun ist das Festjahr ja schon 2 Jahre vorüber, doch sehe ich immer wieder Anlässe, in dieser Rubrik etwas zu posten.

Wie viele wohl gelesen haben, hat die Witwe des Schoa-Überlebenden Arnulf Reichert, Elizabeth Reichert (US-Amerikanerin und wohl gebürtig in Köln am Rhein) dem Kölner Zoo etwa 24,5 Millionen Euro vererbt. Da freuen sich die Giraffen und Elefanten, denn laut dem Vorstand des Kölner Zoos, Christopher Landsberg, können diese bald in eine neue Anlage umziehen. (Quelle: Jüdische Allgemeine Nr. 2/2023(5783).

Im Übrigen lohnt es sich wirklich die o.g. Zeitung zu kaufen, im FINALE (letzte Seite) befindet sich ein humorvoll satirischer Artikel zum Thema Philatelie von Beni Frenkel. Besonders den Schweizer Philatelisten kann ich den ans Herz legen.

Hier ein Auszug aus meiner Sammlung "Quer durch die Welt".



Liebe Grüße

10Parale
 
10Parale Am: 17.07.2023 09:53:48 Gelesen: 1960# 42 @  
Unter der Rubrik "MÜNCHEN" und mit dem Titel "Historischer Fund" berichtet die Jüdische Allgemeine über einen sensationellen Fund in der Isar bei München. Es wurden Trümmerteile der Hauptsynagoge in München gefunden, die vor 85 Jahren im Juni 1938 in Trümmer zerlegt wurde. U.a. wurde ein Steinblock mit den Gesetzestafeln und den Zehn Geboten geborgen (einstiger Rundgiebel).

Ich verweise auf [#22] in dieser Reihe und zeige noch einmal die Ansicht von München aus dem Jahr 1911, der die Alte Synagoge zeigt.

Liebe Grüße

10Parale
Stephan


 
10Parale Am: 22.03.2024 21:37:24 Gelesen: 171# 43 @  
Unglaublich wie die Zeit vergeht. Nun sind wir schon in 3. Jahr nach dem Festjahr 2021.

Heute war ich auf einem Flohmarkt und ein netter älterer Herr hatte einen Tisch mit tausenden von gut sortierten Post- und Ansichtskarten und allerei anderen philatelistischen Erzeugnissen. Ich hatte nebenan meinen kleinen Stand und die zufällige Nachbarschaft erzeugte einige gute Gespräche über das Leben, die Gesundheit und natürlich die Philatelie.

Ich hatte Zeit etwas im Sortiment des Rentners zu stöbern, doch bevor ich mich dann doch ermüdete, fragte ich frank und frei, ob er Ansichtskarten von Synagogen habe. Ich brauchte nicht lange zu warten, er hatte seine Sammlung praktisch im geistigen Auge vor sich und präsentierte mir nach kurzer Suche die folgende Ansichtskarte. Ich habe sie so gelassen, wie ich sie vorfand.

Der sympathische Zeitgenosse hatte dazu auch eine kleine Geschichte. Er komme selbst aus der Nähe von Seesen am Harz und die Ansichtskarte zeigt eine Schule und am rechten Bildrand etwas im Hintergrund die Synagoge. Ich schnappte meine Lupe und suchte irgendeinen Hinweis auf einen Synagogenbau, einen Davidsstern symbolisch im Gemäuer oder in Fensterglas gezeichnet, oder, was ich schon in Osteuropa gesehen habe, die beiden Tafeln von Moses mit den 10 Geboten irgendwo oben auf dem Dach. Doch ich fand nichts. "Sind sie sicher, dass das mal eine Synagoge war?"...fragte ich den Händler. Er versicherte mir "ja" und dann wies er mit dem Zeigefinger auf den schwarzen Balken unten Rechts. "Die Nazis haben nicht zugelassen, dass das Wort Synagoge im Schrifttext erschien, es musste durchgestrichen werden.".

Zufällig fand ich etwas später eine Karte aus Karlsbad, da war auch ein Text durchgestrichen worden, genauso geschwärzt wie bei der Synagoge. doch es zeigte offensichtlich ein berühmtes Kurhotel, und nicht eine weitere Synagoge. Wir hatten beide keine Ahnung, weshalb der Text geschwärzt war.

Zum Glück gibt es Google und da der Mann wieder jüngere Kundschaft hatte, studierte ich an meinem kleinen Stand die Ansichtskarte, die ich ohne zu Handeln sofort gekauft habe.

Tatsächlich stieß ich auf Hinweise über diese Synagoge, die am 17. Juli 1810 als Jacobstempel eingeweiht wurde. Das Besondere (lt Wikipedia): "Mehr als 40 Geistliche beider Religionen" ...waren bei der Einweihungsfeier dabei, christliche und jüdische Würdenträger. Nun, dieses friedliche und unanstößige Zusammenleben dauerte über 110 Jahre. Wie schön. Wir vergessen viel zu oft die Zeit, die so tolerant und freigiebig war. Die Wirtschaft florierte und wenn es irgendwo Wirtschaftskrisen gibt, ist ihre Ursache Intoleranz und Hass. Doch das ist ein anderes Thema.

Liebe Grüße

10Parale



[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Jacobstempel
 
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