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Thema: Was ist nach Michel ein Gefälligkeitsstempel ?
Das Thema hat 36 Beiträge:
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Reinhard Fischer Am: 19.05.2015 00:59:33 Gelesen: 21844# 1 @  
Ja, da haben wir wieder den typischen Fall der so oft missbrauchten Bezeichnung "Gefälligkeitsstempel". Dummerweise benutzt es auch der Michel sehr häufig falsch für alle möglichen unprüfbaren und sogar auch für eindeutige Falschstempel.

Richtige Gefälligkeitsstempel - also Stempel, die für einen philatelistischen Zweck und nicht für die Beförderung und Entwertung verwendet wurden - kann man auf losen Marken im Normalfall nicht von Bedarfsstempeln unterscheiden, deshalb gibt es auch keine besondere Bewertung im Michel und die Marken werden ganz normal als echt und zeitgerecht geprüft. Anders ist es nur, wenn man aus irgendwelchen Gründen weiß, dass die Stempel nur für philatelistische Zwecke verwendet wurden (z.B. Württemberg 123/29, 144/49, viele DDR-Ausgaben usw.).

Im Michel gibt es dafür das Zeichen "schraffierter Kreis" (kann man hier leider nicht so einfach darstellen). Laut "Abkürzungen und Zeichenerklärung" heißt es "Abstempelung zu philatelistischen Zwecken".

Leider ist es aber im Michel die Ausnahme, dass der Begriff korrekt verwendet wird. Die Gefälligkeits-Bewertungen bei Danzig meinen aber z.B. keine philatelistischen Entwertungen, sondern nicht prüfbare Entwertungen (es gibt sehr viele Stempel, die nach Kursgültigkeit zurückgedreht wurden und bei denen kann man dann auch eine korrekte Entwertung nur auf Brief beweisen). Bewiesene Rückdatierungen gelten als Falschstempel.

Bei den China-Handstempel-Aufdrucken und den Marianen meint das Zeichen mit dem schraffierten Kreis zurückgedrehte Entwertungen, die aber vorgenommen wurden, als die Marken noch gültig waren (z.B. auf den 1.1.1900, was man damals schön fand und heute als minderwertig ansieht). Dann gibt es auch eindeutig nach der Kurszeit zurückgedrehte Stempel wie auf der Feldpost Nr. 3 (2 Kg Päckchenmarke), die wohl nie zu Sammlerzwecken entwertet wurde. Nach der Kurszeit rückdatierte Original-Stempel sind laut den philatelistischen Begriffsbestimmungen Falschstempel.

Jetzt kommt so ein Unfug auch bei der Potschta-Marke in den Michel. Ist die Frage, ob mit dem schraffierten Kreis nun nach der Kurszeit rückdatierte Stempel gemeint sind (also Falschstempel) oder "nur" nicht prüfbare Stempel. Das von Dietbeck gezeigte Attest deutet eher auf letzteres hin, was sicher auch mit Haftungsfragen zu tun hat (man stellt sich auf den Standpunkt, dass nicht zu beweisen ist, dass der Stempel zurückgedreht wurde).

Auf jeden Fall ist das aber kein "Gefälligkeitsstempel" (was aber auch nicht im Attest steht).

Reinhard
 
petzlaff Am: 19.05.2015 11:59:17 Gelesen: 21736# 2 @  
@ Reinhard Fischer [#1]

Dem kann auch nur zustimmen - endlich mal wieder eine fundierte Michel-Kritik aus kompetenter Quelle.

Stefan

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[Beiträge [#1] bis [#2] redaktionell in ein neues Thema zur Begriffsdefinition kopiert. Vielleicht kann das eine oder andere Mitglied Beispiele geben, wie Katalogherausgeber, BPP und andere Prüfervereinigungen, BDB, APHV, BDPh, Buchautoren und Arbeitsgemeinschaften den Gefälligkeitsstempel exakt definieren ?]
 
Hermes65 Am: 19.05.2015 23:01:47 Gelesen: 21611# 3 @  
Besonders problematisch ist es bei Österreich von ca. 1933-1947, da weist der Michel neuerdings die Bewertungen (auch) für Gefälligkeitsstempel aus. Auch für Marken, die gestempelt weit weniger Wert sind. Die Ausgaben besonders von 1945-1947 sind wirklich kaum echt gestempelt zu bekommen. Was soll also die Doppelbewertung (gefälligkeitsgestempelt und gestempelt)?

Die Renner-Kleinbogen (und die Einzelmarken daraus) wurden oft mit rückdatierten Stempeln entwertet (waren ja nur 25 Tage gültig). Was heißt da nun Gefälligkeit, etwa rückdatiert? Rückdatiert ist aber bereits genannt ein Falschstempel.
 
Hobbyphilatelist Am: 19.05.2015 23:22:28 Gelesen: 21601# 4 @  
Richtig muß es heißen: Gefälligkeitsentwertung oder Gefälligkeitsabstempelung.
 
22028 Am: 20.05.2015 06:19:30 Gelesen: 21568# 5 @  
@ Hermes65 [#3]

Rückdatiert ist nicht automatisch ein Falschstempel per Definition, nur die Verwendung ist falsch. Ein Falschstempel ist ein nachgemachter Stempel, ein Rückdatierter Stempel ist aber ein echter Stempel verwendet nur mit rückdatiertem Datum.

Klingt sehr besserwisserisch, kann aber oftmals wichtig sein die korrekten Definitionen zu verwenden.

Wenn es Ausgaben in gefälligkeitsgestempelt und gestempelt gibt und beide Varianten sich im Preis/Seltenheit stark unterscheiden macht es in meinen Augen schon Sinn eine separate Bewertung zu erstellen, oder?
 
Hermes65 Am: 20.05.2015 08:31:39 Gelesen: 21533# 6 @  
@ 22028 [#5]

Völlig richtig, nur kann man echt von Gefälligkeit kaum unterscheiden und in der Tat macht der ANK diese unsinnige Trennung nicht!
 
Klaus K. Am: 20.05.2015 08:47:26 Gelesen: 21523# 7 @  
Ich kenne den Begriff "Gefälligkeitsstempel" so, wenn ich postfrische Briefmarken kaufe, sie auf ein Kuvert oder einfach auf ein Blatt Papier klebe und auf dem Postamt bitte, sie mir schön mittig mit einem Tagesstempel zu versehen.

Der Vorteil ist der, dass ich eine schön gestempelte Briefmarke habe, die nicht der teilweise zerstörerischen Tätigkeit in einem Briefzentrum ausgeliefert war.

Der Nachteil ist allerdings, dass niemand, ausser ich selbst, weiss, ob die Briefmarke von einem Beleg abgelöst wurde, der echt gelaufen ist.
 
Hermes65 Am: 20.05.2015 09:20:41 Gelesen: 21510# 8 @  
@ Klaus K. [#7]

Schließe mich deinen Ausführungen an, denn bei Österreich 1945-47 sind die Stempel wirklich echt-gelaufen-verdächtig!
 
filunski Am: 20.05.2015 10:57:17 Gelesen: 21472# 9 @  
@ 22028 [#5]

"Rückdatiert ist nicht automatisch ein Falschstempel per Definition..."

Kleiner Einspruch. ;-)

Ein rückdatierter Stempelabschlag auch wenn mit einem echten "Stempelgerät" erfolgt wird immer als Falschstempel bewertet. Der Umstand der Rückdatierung (natürlich sofern nachweisbar) lässt immer auf Betrugsabsicht schliessen (auch wenn es manchmal aus Beschönigungstaktik anders umschrieben wird/wurde).

Rückdatierung von Stempelgeräten im postalischen Einsatz/Gebrauch ist und war verboten.

Beste Grüße,
Peter
 
drmoeller_neuss Am: 20.05.2015 11:12:21 Gelesen: 21463# 10 @  
@ filunski [#9]

Und wie stehst Du zu Sonderstempeln, die mit feststehendem Datum auch Tage danach noch offiziell abgegeben werden, zum Teil auch auf echt laufenden Sendungen?
 
tomato Am: 20.05.2015 11:23:46 Gelesen: 21454# 11 @  
@ filunski [#9]

Rückdatierungen von Stempeln waren in der DDR von amtlicher Seite keineswegs verboten.

Z. B. ist da von Block 7 bekannt, dass 1957 1000 Blöcke aus den Archivbeständen entnommen und mit rückdatiertem Stempeln aus dem Gültigkeitszeitraum versehen wurden (Quelle: Peter Fischer und Alfred Peter, Schriftenreihe 'Informationen aus den Akten der Postministeriums der DDR'). Diese Art der Stempel würde ich nicht als Falschstempel bezeichnen sondern als amtlich veranlasste rückdatierte Stempel.

Im übrigen sollte man bei der Überschrift 'Was ist nach Michel ein Gefälligkeitsstempel' bedenken, dass der MICHEL stets darauf angewiesen ist, was Prüfer und Argen für Ansichten haben. Und diese werden zumeist auch umgesetzt. Das erklärt auch, warum die Definitition des Begriffs Gefälligkeitsstempel im MICHEL je nach Sammelgebiet anscheinend unterschiedlich ausfällt.

Gruß Thomas
 

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