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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 960 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 26.08.2018 07:53:10 Gelesen: 263591# 311 @  
Liebe Freunde der gepflegten Bayernphilatelie,

in diesem und anderen Threads spielen die Öffnungszeiten bei der bayerischen Post oftmals eine große Rolle und viele Sammler verstehen davon recht wenig bis gar nichts, wodurch die Interpretation ihrer Briefe gerne Schwierigkeiten bereitet.

Ich versuche hier mal, ohne auf eine konkretes Beispiel eingehen zu wollen, eine Erklärung, wer, wann, wo Poststücke aufgeben konnte.

Für die gesamte Kreuzerzeit galt folgendes:

Alle Hauptexpeditionen am Sitz der Bezirksämter = Hauptbriefpostexpeditionen, Hauptfahrpostexpeditionen und Hauptzeitungsexpeditionen hatten die Schalter von 8.00 bis 20.00 Uhr permanent geöffnet. Es gab keine Mittagspause!

Alle Postämter und Postverwaltungen waren von 8.00 bis 12.00 Uhr und dann wieder von 14.00 bis 19.00 Uhr geöffnet.

Alle Postexpeditonen (die Masse der Poststellen) waren von 8.00 bis 12.00 Uhr und dann wieder von 14.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.

An Sonn- und Feiertagen waren diese Öffnungszeiten reduziert, jedoch hatte auch die kleinste Postexpedition an allen Tagen von Weihnachten, Ostern, Pfingsten und dem Neujahr geöffnet!

Gewöhnliche Poststücke konnten noch bis 1/2 Stunde vor Postabgang bzw. Schalterschluß aufgegeben werden, Poststücke mit Sonderdiensten wie Einschreiben, Wertbriefe, Nachnahmen usw. mussten zwingend 1 Stunde vor Postabgang bzw. Schalterschluß aufgegeben werden.

Hierbei war zu beachten, dass die Pausenzeiten auch verkürzt (nicht verlängert!) werden konnten, wenn es der Dienstbetrieb sinnvoll erscheinen ließ.

Davon völlig getrennt zu sehen sind die Dienstzeiten des Personals bei der Post - diese konnten zu jeder von der Postverwaltung gewünschten Zeit notwendig sein, also auch Nacht- und Wochenenddienste beinhalten.

Beispiel: Wenn eine Kutsche oder ein Zug um 23.00 Uhr bei einer Poststelle mit Poststücken vorfuhr, musste sichergestellt sein, dass mindestens ein Packer und eine Aufsichtsperson anwesend war, der die Poststücke vom Zug in die Poststelle transportierten, um sie dort evtl. weiter zu bearbeiten. Auch dies galt für sämmtliche Sonn- und Feiertage.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.08.2018 09:14:02 Gelesen: 263578# 312 @  
Liebe Freunde,

ein besonders bezeichnendes Beispiel, wie die sog. Briefestempler bei den großen Poststellen ökonomisierend arbeiteten, zeigt dieser Brief vom 30.5.1873 von Nürnberg nach Raab (Györ).



Um die zahllosen Briefe schnell abstempeln zu können, legte er sie sich so zurecht, dass man die Frankatur sehen und entwerten konnte und auch Platz für den Abschlag des Aufgabestempels blieb.

Legte man nun die Kuverts, die ja i. d. R. Einzelfrankaturen aufwiesen, so schräg überlappend auf seinen Arbeitstisch, so kann man sicher 50 - 60% des Platzes, den man brauchen würde, täte man dies nicht, einsparen, bzw. doppelt so viele Briefe vor sich legen, um sie abzustempeln.

Am unteren Abschlag des Einkreisstempels kann man schön sehen, dass dieser für eine Marke auf einem anderen Brief gedacht war, denn bei diesem Brief waren ja schon Marke und Briefpapier selbst gestempelt worden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.09.2018 12:05:52 Gelesen: 262015# 313 @  
Liebe Freunde,

wer noch eine superschlaue Idee für eine erstklassige 1-Rahmen-Sammlung braucht, darf sich an dieser einen Vorschrift ergötzen, die sicher auch vice versa taugt und an geeigneten Briefen mangelt es sicher nicht.



Nur eine Vorschrift, aber eine hochinteressante und einen besseren Thread habe ich nicht gefunden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 11:44:32 Gelesen: 261914# 314 @  
Liebe Freunde,

wie der Guru der bayerischen Stempelkunde, unser lieber und allseits geschätzter 1. Vorsitzender der ARGE Bayern klassisch e. V. Peter Zollner, in seinen überaus lesenswerten Ausführungen stets so schön schreibt, war die Entwicklung der Stempel in Bayern geprägt vom Willen zum dokumentarischen Stempel. Was hat man nicht alles unternommen, um diesem gerecht zu werden.



Dem gegenüber sehen wir hier die schnöde Praxis im dunklen Abteil eines Bahnpostwagens in Landshut am 14.12.1866 bei einem Brief nach Nürnberg. Die Marke sollte mit dem offenen B.P. - Stempel entwertet werden, was hier unterblieb.

Die Aufgabe mit dem Aufgabeort im Sehnenkasten des Bahnpost - Halbkreisstempels sollte dokumentieren, wo die Auflieferung erfolgte (hier: Direkt im Zug durch Einwurf in den Briefschlitz des Bahnpostwagens).

Darüber hinaus war der Tag, der Monat und die Linie so einzustellen, dass sie im Abschlag gut gesehen werden konnten.

Nichts von alledem erfolgte bzw. klappte hier - so wird der Brief Eingang in meine Contraventions - Sammlung finden und auf einer Seite mit einem perfekten Bahnpostbrief zeigen, wie es damals ging und gehen konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 11:50:56 Gelesen: 261911# 315 @  
Liebe Freunde,



nach langer Zeit kann ich endlich wieder einen 7A - Stempel zeigen: Brief aus München vom 13.6.1863 nach Trostberg, der in Traunstein als Transitstempel am Folgetag mit dem dortigen 7A - Stempel bedruckt wurde, ehe er in Trostberg einlangte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 11:54:38 Gelesen: 261910# 316 @  
Liebe Freunde,

bei diesem Brief schwanke ich noch zwischen Platte 5 und 6, tendiere aber doch zur 5, auch weil das Datum hier, der 27.3.1862, ein paar Tage vor dem frühesten einer 6. Platte liegt (liege ich da noch richtig?).



Trotzdem ein netter Brief, wie ich finde, der nach Ullersrieth in den Landpostbezirk von Weiden lief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 12:19:08 Gelesen: 261907# 317 @  
Liebe Freunde,

was tat ein Postler, hier einer der Briefestempler in München, wenn er nicht sicher war, ob er einen Stempel schon auf die aktuelle Stunde umgestellt hatte, oder nicht?



Richtig - er stempelte bei einem Brief hinten, um zu sehen, ob es noch stimmte, was er da eingestellt hatte.

Hier zeigt ein Brief aus München vom 15.3.1857, dass man sicherheitshalber hinten am Nachmittag mit römischer II abstempelte, dann den Stempel auf III = 15.00 Uhr vorstellte und vorne als Aufgabe frisch ins Stempelkissen getaucht, einsetzte.

Dergleichen ist kaum einmal zu beobachten und er passt dadurch perfekt zu meinen Briefen, die dokumentieren, dass nicht jeder Fehler bei der Stempeleinstellung vermeiden konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.09.2018 12:55:14 Gelesen: 261900# 318 @  
Liebe Freunde,

bei der Porto Nr. 1 finden wir, im Gegensatz zu den Nrn. 2 und 3, die ja fast zeitgleich bis zum Ende der Kreuzerzeit miteinander verwendet wurden, hin und wieder Belege und Marken, die allein mit einem Federzug entwertet wurden.



Zwar war die Entwertung dieser Portomarke nicht expressis verbis vorgeschrieben, aber das war die Entwertung anderer Bayernmarken auch nicht, wenn diese erschienen, so dass doch viele mit Mühlrad- und Ortsstempels annulliert wurden.

Meiner Meinung nach sind Belege mit attraktivem Federzug gar nicht so häufig, wie uns die Katalognotierung Glauben machen will, steht da doch ein Brief mit gestempelter Marke mit 1.100 Euro im eher hochpreisige Segment, während der gleiche Brief mit einer federzugentwerteten Marke lediglich bei 400 Euro angesiedelt ist.

Eine Parteisache aus Kemnach vom 25.5.1870 des Bezirksamtes Kemnath an die Gemeindeverwaltung Kaibitz, ca. 2 km von Kemnatz entfernt, zeigt eine nette Tintenentwertung "Mit 1 Beilage", war also über 1 - 15 Loth schwer.

Bei Parteisachen galt, im Gegensatz zu Briefen der Privaten, der günstigere Frankosatz, zu dem kein Strafporto dazu kam. So kosteten Portobriefe bis 1 Loth in Parteisachen nur 1 Kreuzer, solcher der Privaten aber 3 Kreuzer. Bei höherem Gewicht als Parteisache 2 Kreuzer, bei Privaten 6 Kreuzer!

Leider hatte die bayerische Post diese moderaten Gebühren nicht in 1 Kreuzer Portomarken ummünzen können, so dass schwere Parteisachen aus Gründen der Nominale bis zum März 1871 immer mit einem Kreuzer zuviel = 3 Kreuzer beklebt werden mussten. Erst mit dem 1.4.1871 trug man diesem Umstand Rechnung und emittierte endlich die passende 1 Kreuzermarke, die Nr. 2.

Dazu machte man oft Fehler bei der Taxierung und Behandlung von Parteisachen und klebte sogar hin und wieder Portomarken zu 6 Kreuzern auf die Briefe, was es bei der Briefpost so gar nicht geben konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.09.2018 10:41:16 Gelesen: 261786# 319 @  
Liebe Freunde,

zu den liebenswerten, kleinen Besonderheiten der facettenreichen Postgeschichte Regensburgs zählen Chargébriefe der 2. Verteilung der Mühlradstempel. Regensburg hatte den geschlossenen 418 zwar von Geiselhöring am 1.12.1856 übernommen, jedoch auch gleichzeitig bereits den offenen 418 von der Regie- und Materialverwaltung Münchens mitgeschickt bekommen. 2 Mühlradstempel braucht kein Mensch, könnte man jetzt denken, doch das wäre vorschnell geurteilt, da Regensburg doch einen erheblichen Arbeitsanfall hatte.



So gab man den alten, geschlossenen 418 an den Chargéschalter und überließ die Normalpost dem offenen 418, weswegen letzter auch absolute Massenware ist, ersterer aber eben nur auf recommandirten Briefen auftaucht.

Hier zeige ich einen 3 Kreuzerbrief an das Bezirksgericht Freising vom 20.12.1863, der unter der Reco-Nr. 675 abgefertigt wurde. Schön auch der rote Versalien - CHARGÉ - Stempel, wie es ab 1.1.1861 die Vorschrift war.

Ich denke, dass er auch gut unter "Schöne Bayernbriefe" gepasst hätte. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.09.2018 10:20:46 Gelesen: 261620# 320 @  
Liebe Freunde,

Brief der Firma K. Weinschenk junior (!!) aus Fürth vom 25.2.1816 an Firma Wertheimber Philipsohn in Regensburg. Man präferierte hier die Recommandation, weil man dem einfachen Brief einen Wechsel über 2.000 Gulden beifügte.



Wenn wir kaufkraftmässig 40 Euro für einen Gulden rechnen wollen, hätte das einem heutigen Wert von ca. 80.000 Euro entsprochen.

Da fielen die 4 Kreuzer Chargékosten, die ihn mit 25 Gulden versicherten, kaum ins Gewicht, ebenso wenig wie die 4 Kreuzer Porto, die der Empfänger zu tragen hatte. Dergleichen Briefe waren damals praktisch immer recommandirt, aber nur ganz selten frankiert, weil man der Post halt doch nicht so ganz traute - nicht mal der Bayerischen! :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.09.2018 23:14:10 Gelesen: 261527# 321 @  
Liebe Freunde,

nicht jedem Beleg sieht man seine Kriegsrelevanz auf Anhieb an. Diese harmlose Correspondenzkarte vom 5.5.1871 aus Bamberg nach Zwickau (Ankunft am Folgetag) würde niemand ernsthaft in eine Sammlung Bayern - Frankreich Krieg 1870/71 einordnen, wenn er nicht die Rückseite gesehen hätte, die zeigt, und das war mir nicht bewußt, dass noch lange nach dem Krieg Auswirkungen in Deutschland vorhanden waren und sowohl Bamberg, wie auch Zwickau, lagen ja nicht eben in französischer Grenznähe.



"An Herrn Theodor Paulus, Kohlenversandgeschäft Zwickau, Comptoir Schneeberger Straße".

Text:" P.P. Bamberg, 6/5 (1871)
Ersuche Sie mir bis auf Weiteres
keine Kohlensendungen zu machen
da ich gegenwärtig gar keinen Platz
zum lagern habe indem schon jetzt jeder
Lagerplatz dahier vollgepropft ist und
mein großes Lager an der Bahn an
die Militairverpflegskommission ver-
miethet ist. Wenn ich was brauche schreibe ich schon.
Viel Grüße J. B. Bayer".

Kann wer etwas über Militärverpflegungs - Kommissionen sagen?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.09.2018 12:11:26 Gelesen: 261417# 322 @  
Liebe Freunde,

ein Brief aus München vom 28.10.1868 an David Königsberger in Floss hatte das Problem, dass der Absender, Firma Geist & Breuninger in München, den Namen des Empfängers falsch geschrieben hatte.



In solchen Fällen wäre der falsche Name des Empfängers zu streichen gewesen und derselbe richtig daneben zu schreiben. Stattdessen hat man ein schwer lesbares Wort gebastelt, aber man konnte ausweislich des Zierstempels von Floss wohl zustellen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.09.2018 11:00:38 Gelesen: 260281# 323 @  
Liebe Freunde,

ich zeige ein Kuvert (leer) des Festungscommandos in Ingolstadt vom 13.12.1870 eines französischen Kriegsgefangenen an die Adresse:

"Monsieur Duprat Capitaine adjudant-major du 23. d´Infanterie prisonnier de guerre Brême Prusse"

Der Brief war also nach Bremen gerichtet, zwei eine Hansestadt, aber Preussen als Hinweis konnte man auch noch verstehen.



Im Netz habe ich (natürlich wieder) nichts zu franz. Kriegsgefangenen in Bremen gefunden.

Der Brief wurde portofrei befördert und kam am 15.12.1870 dort an, konnte jedoch nicht zugestellt werden. Siegelseitig lesen wir: "Addressat befindet sich nicht in Bremen. Unterschrift ??? Adjutant".

Er wurde dann wieder seinem Absender in Ingolstadt retourniert. Vorne ergänzte man: "Retour 17/12 W.". Am 19.12.1870 kam er in Ingolstadt wieder an. Da hat die Suche wohl etwas gedauert in dem Kriegs - Chaos.

Kriegsgefangenenbriefe unter sich, die retour liefen, kenne ich von Bayern sonst keinen weiteren, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

Dergleichen Briefe waren offen der Kommandantschaft aufzuliefern, wo sie gelesen (u. U. auch zensiert), verschlossen und mit dem Dienstsiegel bedruckt wurden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.09.2018 11:07:44 Gelesen: 260277# 324 @  
Liebe Freunde,

schöner, aber vielleicht nicht ganz so interessant und selten, ist dieses Damenkuvert (Frauen kämpften aber wohl eher nicht damals) an "Monsieur Foatelli 1ere Commis D´Economat au Lyeée Imp. de Bourges Cher" von Dillingen nach Frankreich, bei dem der Absender (siegelseitig genannt) am 29.12.1870 natürlich wußte, dass seine Post über "Suisse" nach "France" geleitet werden würde, also über die Schweiz nach Frankreich.



Offen aufgeliefert, klebte die bayerische Kommandantschaft dort den Brief zu und versah ihn mit ihrem Dienstsiegel. Über die Bahnpost Bayerns, Württembergs und Badens lief er quer durch die Schweiz und wurde mit dem Bahnpoststempel "SUISSE - AMB - M-CENIS B" am 2.1.1871 versehen nach Bourges geleitet, wo er am 6.1.1871 (!!) eintraf.

Mit der Farbkombination blau, orange und schwarz macht er mir viel Spaß.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.09.2018 11:16:21 Gelesen: 260276# 325 @  
Liebe Freunde,

Briefe mit Mustern ohne Werth habe und kenne ich seit über 35 Jahren. Aber solch einen Brief habe ich noch nie gesehen, geschweige denn besessen.



In Memmingen am 21.2.1859 mit 3 Kreuzern frankiert aufgegeben, lesen wir oben auf der Adresseite:

"Inliegend & Anhängend Probe ohne Werth".

Im Text dazu heißt es, dass man Caffebohnen (ganz) und gemahlenen Caffe verschickte, so dass man unterstellen darf, dass die Bohnen in einem Säckchen anhingen, das feine Pulver aber für einen Außentransport völlig ungeeignet gewesen sein dürfte, so dass man es im Inneren des Briefes verpackt haben dürfte.

Abgesehen davon, dass ich beide Arten zusammen nominiert nie gesehen habe, dürfte sich für die Aufgabepost in Memmingen die Frage gestellt haben, ob jetzt der günstigere Tarif für Muster anhängend, oder der gewöhnliche Brieftarif für Muster in Briefen anzuwenden war.

Der mit 3 Kreuzern frankierte Brief nach Heimenkirch bei Röthenbach im Allgäu (knapp 50 km Entfernung) lag also in jedem Fall in der 1. Entfernungszone und war "mit allem" bis 1 Loth, oder bis 2 Loth schwer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.09.2018 12:25:56 Gelesen: 260265# 326 @  
Liebe Freunde,

nicht schön, aber auch nicht häufig: Brief mit Briefen aus München nach Coburg (nein, damals nicht bayrisch!) vom 2.9.1858 mit Ankunft am Folgetag. 1 Kreuzer Bestellgeld in blau notiert.



Absender war M. C. Mönch ("armer Mönch") in München, der bald nach Tirol verreisen wollte. In München traf man die Familie Damcke nebst Tochter, die der Empfängerin noch ein paar nette Worte schicken wollten. Wie es aussieht, hat wohl Damcke alles gemacht und Mönch den Brief außen beschriften lassen. Auch mal ne Variante.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
briefmarkenwirbler24 Am: 21.09.2018 13:13:33 Gelesen: 260251# 327 @  
@ bayern klassisch [#324]

Hallo Ralph,

sehr schöner Beleg, sagt ein Schweiz Sammler! :p

Auch ziemlich außergewöhnlich ist hier die Laufzeit, was aber sehr wahrscheinlich dem Krieg zu schulden war.

@ bayern klassisch [#325]

Schön und selten, was will man mehr? Hoffentlich sind dem Empfänger die Kaffeebohnen auch gut bekommen. :D

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 30.09.2018 08:37:11 Gelesen: 258741# 328 @  
Liebe Freunde,

jahrelang gesucht, nun bei Köhler endlich gefunden:



Brief mit privatem Taxstempel "6" aus Immenstadt vom 18.8.1851 nach Kaufbeuren an Gerhauser.

Diese privaten Taxstempel machten erst dann Sinn, als die innerbayerischen Regulative so normiert waren, dass 6 und 9 Kreuzer Porti regelmäßig vorkamen, so dass die Anschaffung eines solchen, nicht dienstlich gelieferten Stempel überhaupt Sinn machten.

Mit dem Regulativ vom 1.7.1849 gab es ja die Vereinfachungen von Gebühren (Porto und Franko 3, 6 oder 12 Kreuzer), so dass eine "6" schon Sinn machte.

Ab 1.7.1850 gab es Portobriefe für 3 Kreuzer (Ortsbriefe), 6 Kreuzer (bis 12 Meilen) und über 12 Meilen (9 Kreuzer). Da unfreie Ortsbriefe von Immenstadt Raritäten waren, vielen diese nicht ins Gewicht.

Aber die Masse der Briefe waren Portobriefe zu 6 und 9 Kreuzern, und so konnte man durch drehen des Stempels beide Gebührenstufen bedienen.

Für meine Minisammlung "1851" ist das ein sehr schönes Stück - danke Köhler!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.09.2018 08:43:27 Gelesen: 258740# 329 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen gewöhnlichen Brief aus München vom 29.10.1851 nach Guillaume Fischer in Paris mit einem netten Paar der 5d. Mit dem schönen, roten BAVIÉRE STRASB. vom 3.11.1851 und dem Ankunftsstempel von Paris des gleichen Tages, wird das Datum mehrfach bestätigt, denn auf dieses kam es mir an: Erst ab dem 1.10.1851 durfte man von Bayern aus nach und über Frankreich mit Marken frankieren.



Achtung: Nur von der Pfalz aus war ab dem 1.5.1851 eine Markenfrankatur ins Ausland nur in die Schweiz möglich, nicht aber aus dem rechtsrheinischen Bayern!

Vom rechtsrheinischen Bayern konnte man erst ab dem 1.10.1851 nach Frankreich Marken aufkleben und ab dem 1.10.1852 in die Schweiz; zuvor waren Vollfrankaturen ins Ausland nicht mit Marken darzustellen.

Dergleichen Briefe sind sehr selten und ich freue mich sehr, nach meinem Pfalzbrief aus 1851 nach Frankreich diesen hier aufziehen zu können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.09.2018 09:02:54 Gelesen: 258735# 330 @  
Liebe Freunde,

Briefe des Postvertrages vom 1.1.1822 zwischen Bayern und Frankreich sind vielfältig und interessant, vor allem dann, wenn man Portobriefe mit Frankobriefen vergleicht.



Heute zeige ich einen weit selteneren Frankobrief aus München vom 1.3.1847 nach Paris, bei dem der Aufgabebeamte zwar das Tagesdatum "1" falsch herum einsetzte, aber das war nicht der Kaufgrund. Dieser geht, neben der leckeren Optik, allein aus der Siegelseite hervor, die abzubilden vom Anbieter clever war, weil ich ihn sonst nicht beboten hätte.

Hinten lesen wir: 56 im Zähler und 36 im Nenner. Der Bayernspezialist weiß, dass in der Vormarkenzeit (VMZ) Bayern gehalten war, sein eigenes Franko als Nenner, das Weiterfranko für ausländische Posten, aber als Zähler schreiben sollte.

Demzufolge zahlte der Absender 36 Kreuzer für Bayern und 56 Kreuzer für Frankreich, in toto 92 Kreuzer = 1 Gulden und 32 Kreuzer. Das waren 18 mal Mittagstisch im München des Jahres 1847, um die Kaufkraftparität mal aufzuzeigen.

Wie setzen sich nun diese Franki zusammen? Ein einfacher bayerischer Brief wurde für die deutsche Strecke mit 18 Kreuzern je 1/2 Münchener Loth = 8,75 g berechnet. Demnach war der Brief bei einem Gewicht über 1/2 bis 1 Loth mit dem 1,5fachen = 27 Kreuzer und wie hier bei einem Gewicht über 1 bis 1,5 Loth mit 36 Kreuzern zu frankieren. Für Bayern war es also die 3. Gewichtsstufe über 17,5 bis 26,25 g.

Für Frankreich galten andere Gewichtsgrenzen, nämlich 7,5g. Der einfache Satz für Frankreich von der Grenze, hier Strasbourg, bis Paris belief sich auf 20 Kreuzer, jedoch war die Steigerung bei höheren Gewichten als dem Einfachen degressiv. Bis 7,5 g = 20 Kreuzer, über 7,5 bis 15 g + 18 Kreuzer, über 15 - 22,5 g + 18 Kreuzer, so dass wir hier bei 56 Kreuzern auch in der 3. Gewichtsstufe lagen, allerdings wog der Brief demnach über 17,5 g bis 22,5 g, weil er Einschlüsse enthielt.

Vorne sehen wir 2 Abschläge des P.P. - Stempels von München, die auswiesen, dass alles bezahlt worden war, den Vertragsstempel BAVIÈRE - STRASB. von Strasbourg und den 11 A.E.D. - Stempel von Strasbourg, damit Paris wusste, über welchen Leitweg der Brief instradiert worden war.

Strasbourg reduzierte die bayerischen 56 Kreuzer in 21 Decimes; 1 Decimes entsprach paritätisch 2,85 Kreuzern, so dass wir eigentlich nur auf 19,65 Decimes kommen sollten, aber gegenüber Bayern konnte man sich auch gerne mal etwas mehr herausnehmen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.10.2018 09:01:56 Gelesen: 258188# 331 @  
Liebe Freunde,

mit der früheste Stempeltyp mit vollem Dokumentationscharakter war der Zweikreisstempel, der von den Hauptbriefpostexpeditionen am Sitz der Oberpostämter geführt wurde. Nur bei Augsburg war es ein bisserl anders, da hat ab 1851 die Hauptbriefpostexpedition von der Stadt an den Bahnhof gewechselt, aber den Zweikreisstempel beließ man dort, auch wenn die obige Definition, die man sich selbst gegeben hatte, nun nicht mehr stimmte. Aber egal - in diesem kleinen Wunderwerk, wessen Abschläge in perfekter Form für mich zu den schönsten Stempeln Bayerns gehören, waren der Ort, der Tag, der Monat, das Jahr und die Stunde der Aufgabe vorhanden (von - bis), was im Vergleich zu den anderen, damals typischen Stempeln ein Quantensprung darstellte.



Heute zeige ich einen Brief vom 31.10.1871 aus Augsburg an Herrn Carl Berzinger in Pleinfeld mit einer Rechnung für gelieferten Tabak, bei dem die Umstellung des Datums offensichtlich Probleme bereitete.



Letztlich brachte man 3 Abschläge seines Zweikreisstempels am 1.11.1871 auf dem Brief an, die alles in allem gerade so noch das Datum erkennen lassen. Aber zwischen 4 und 5 Uhr morgens mag das mal passieren und der Brief kam auch so noch am selben Tag an. Eigentlich sind die Frühaufsteher immer die besseren Leute, aber in Augsburg mag es mal hier und da eine Ausnahme gegeben zu haben - ich freue mich darüber, denn 3 Stempel auf einer Marke findet man (schon gar nicht) in der späten Kreuzerzeit sehr selten.

"On top" ist die Verwendung genau dieser Marke im Inneren mit 3 Kreuzern in Rechnung gestellt worden, was man auch nicht jeden Tag dokumentieren kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.10.2018 09:09:21 Gelesen: 257197# 332 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Landshut vom 27.9.1870 nach Doulevant (heute: Doulevant-le-Chateau), der für einfache Frankreichbriefe mit 12 Kreuzern korrekt frankiert wurde.



Ab der Kriegserklärung vom 19.7.1870 mussten alle Briefe aus Bayern nach Frankreich, egal von woher genau, immer und ausschließlich der Hauptbriefpostexpedition München zugeleitet werden - dieser hier zeigt dieses Vorgehen in perfekter Weise, da er noch am selben Tag dort eintraf.

Dort wurden alle Briefe Bayerns nach Frankreich täglich gebündelt und in einem Paket verschickt und über die Schweiz nach Paris geleitet, wo sie den Stempel "BAVIERE STRASBOURG 3", oder "BAVIERE FORBACH 3" von Paris erhielten.

Dies galt jedoch nur bis zum 18.9.1870, weil am Folgetag Paris von deutschen Truppen eingeschlossen war und die Postleitung somit unterbrochen wurde. Folglich waren die Briefpakete von München ab dem 19.9.1870 über Basel und Pontarlier nach Dijon zu leiten, wo sie geöffnet wurden und die Briefe von hier aus weiter nach Frankreich geleitet wurden.

Ab dem 7.11.1870 leitete man dergleichen Briefe übrigens über Basel, Genf und Lyon nach Dijon, womit mein Briefchen an Madame Berthelin, auf dem Schloß zu Doulevant residierend, ihren Brief in der Phase 2 erhielt, die vom 19.9.1870 bis zum 6.11.1870 währte und also nicht eben lang galt.

Siegelseitig sehen wir den Ankunftsstempel von Doulevant vom 4.10.1870, so dass man getrost sagen kann, dass sich die Leitung in Frankreich sehr verzögert hatte, weil in Friedenszeiten ein solcher Brief bei den schnellen Franzosen maximal 3, eher nur 2 Tage bis dorthin benötigt hätte.

Der Zielort lag im Niemandsland, weil die deutschen Truppen ihn und seine Umgebung nicht abdeckten und die französische Post dort noch funktionierte.

Für mich sind alle Briefe Bayerns (oder über Bayern, da noch seltener) in das Frankreich der Kriegsmonate Juli 1870ff immer sehr spannend und begehrenswert. Leider findet man sie weder in 1 - Euro - Kisten, noch gibt es sie zuhauf, so dass man als wohlsortierter Sammler froh sein kann, einen pro Jahr abzufischen, wenn man Glück hat und, wie hier, solche nicht eben günstigen 12 Kreuzerbriefe im Netz schnappen kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.10.2018 08:56:36 Gelesen: 255671# 333 @  
Liebe Freunde,

hätte man einem Menschen zu erklären, dass innerbayerische Briefe der Markenzeit das Einfachste Kapitel der bayerischen Postgeschichte darstellt, würde einem sicher geglaubt werden, benötigt man doch selbst kaum eine Viertelstunde, um die Höhe der Porti in der Zeit von 1849 bis 1875 auswendig zu erlernen und vlt. eine weitere Viertelstunde, um sie cerebral in einen plausiblen Zusammenhang zu stellen und damit komplett zu verinnerlichen.





Zeigte man dann aber einen simplen Brief, hier aus dem Jahr 1851, einem solchen Aspiranten der bayerischen Postgeschichte, wäre der wohl damit überfordert und fühlte sich womöglich sogar von einem wohlmeindenden Mentor veräppelt.

Sagte man, dass innerbayerische Portobriefe nur noch eine Taxe aufweisen können, sieht man hier deren 2.

Sagte man, dass seit 1844 kein Bestellkreuzer mehr zugelassen war, sieht man ihn hier doch noch (oder das, was man für ihn hält).

Sagte man, dass niemals mit Bleistift Taxen zu notieren waren, so sieht man hier doch eine.

Und doch ist alles so einfach.

Der Absender der am 27.10.1851 ausgefertigten Rechnung war die Firma Lorenz Hüttner, Empfänger war die Firma Caspar Göhl seelige Erben in Hindelang bei Kempten. Frankieren wollte man nicht, also zahlte der Empfänger drauf. Statt 6 Kreuzermarke also lieber 9 Kreuzer Porto - die aber in Nürnberg vergessen wurden, sonst hätte man sie in typisch blau-grauer Tinte vermerkt. Im Rahmen des Transports fiel dies auf und man notierte in schwarz links unten fast unleserlich eine korrekte 9.

Weil die in Art und Ausführung kaum zu erkennen war, wiederholte, wohl Sonthofen, man diese 9 mit Rötel, so dass sie nur schwer zu übersehen war. Da Hindelang ohne eigene Post war, der Empfänger aber mit der Postexpedition Sonthofen aber eine Vereinbarung hatte, Post für ihn einem konzessionierten Boten zu übergeben, notierte dieser zwischen den beiden Neunern seine 10 Kreuzer, denn die 9 hatte er in Sonthofen ausgelegt und wollte für seinen Lauf von ca. 4 Kilometern auch seinen Kreuzer notiert wissen.

Diese Doppeltaxierungen, wie ich sie nenne, kenne ich hin und wieder innerbayerisch und im Postverein, nicht ins Ausland. Sie waren einer Zeit geschuldet, die für viele Postler höchst verwirrend war, begrenzt sich also auf die Zeit von 1850 bis 1852, am ehesten noch 1851, dem mit weitem Abstand schwierigsten Jahr für bayerische Postbedienstete. Der eine traute dem anderen nicht und wollte unbedingt selbst ausrechnen, was ein Brief kostete und notierte dann auch voller Stolz "sein" Ermittlungsergebnis gerne auf dem Brief. Ich kenne sogar Briefe mit 3 (!!) identischen Taxen in den Postverein (aus Zweibrücken), wobei 2 identische Taxen selten sind, 3 aber schon große Raritäten darstellen.

Wohl dem, der solch ein paar kleine Schmuckstücke in seinen Sammlungen weiß.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.10.2018 11:29:19 Gelesen: 255652# 334 @  
Liebe Freunde,

alte Schlachtschiffe der Postgeschichte wie ich glauben manchmal, schon (fast) alles gesehen zu haben. Oft haben wir Recht - hier aber nicht, denn solch einen Brief kannte ich bisher noch nicht, jedenfalls nicht in dieser Schwere.





Geschrieben am 1.8.1843 in Englburg, ca. 25 km Fußmarsch nach Vilshofen, dort am Folgetag aufgegeben und gerichtet an:

Seiner Excellenz dem Hochgebornen Herrn Herrn Maximilan Grafen von Seyssel d´Aix, K. Bayer. Kämmerer, Generallieutnant, Capitaine des Gardes, Inhaber mehrerer hohen Orden in München

Die Aufgabepost setzte als innerbayerisches Porto für Briefe über 12 bis 18 Meilen sagenhafte 1 Gulden 15 Kreuzer fest. Ein einfacher, bis 1/2 Loth schwerer Brief kostete bei dieser Entfernung 6 Kreuzer, jedes weitere halbe Loth kostete folglich 3 weitere Kreuzer, so dass wir hier einen Brief der 24. Gewichtsstufe vor uns haben.

Bei einer Entfernung von 17,6 Meilen nach München ist von Vilshofen auszugehen - der Absender hätte den Brief auch nach Grafenau oder Freyung bringen können, was nicht weiter war, als nach Vilshofen, aber dann wäre der Brief in die nächst weitere Entfernungszogen über 18 bis 24 Meilen gefallen und hätte einfach 8 Kr. und so wie hier 1 Gulden 42 Kreuzer gekostet.

Im Inhalt oben links sehen wir auch den Grund für das Gewicht, schrieb doch der Empfänger "Beilagen remitirt" (also zurück gegeben) und tatsächlich waren Grundstücksauszüge damals beigefügt worden, die ihn so schwer machten (11 1/2 bis 12 Loth = 66g bis 75g).

"By the way" - oft fragen mich Sammler anderer Gebiete, ob das Porto/Franko eines Briefes von Bayern stimmen könnte, weil es ihnen so hoch erscheint, schließlich weisen diese Briefe keinerlei Gewichtsnotationen oder Vermerke wie "mit Beilage", "mit Unterbund", "mit Akten" usw. auf und ich entgegne dann immer, dass sie das nicht mussten und die bayer. Post i. d. R. nur Fahrpoststücke wog und das Wiegeergebnis vermerkte, bei der Briefpost wie hier aber einfach hoch taxierte und es damit bewenden ließ.

Aber zurück zu unserem Brief - der Empfänger war einer der höchsten Würdenträger Bayerns und die festgesetzte Taxe wurde auf Kosten der Staatskasse gestrichen, weil dieser passiv portofrei in Bayern war, also eh nie etwas bei Portobriefen zu zahlen hatte. Daher hatte auch der Absender auf die Frankatur verzichtet, wäre er doch hier mit 1 Gulden 15 Kreuzer dabei gewesen und das Geld wäre fort gewesen.

Oft wird der Begriff "Unikat" in Beschreibungen eingesetzt, aber nur besserer Standard gezeigt - hier dürfte dieses Wort keiner Fehleinschätzung unterliegen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.11.2018 10:23:28 Gelesen: 253992# 335 @  
Liebe Freunde,

bei der Leitung und Zustellung von Briefen war es unabdingbar, dass der Zielort vom Absender klar definiert war. Ein Brief aus Neustadt an der Haardt nach Dudweiler war eigentlich auch ohne Zusatz gut leit- und zustellbar, weil es nur das Dudweiler im Saarland (damals: Preussen) sein konnte.

Aber weil die Menschen oft phonetisch vorgingen, hätte man auch in der Pfalz annehmen können, dass man den kleinen Ort Duttweiler in der bayer. Pfalz hätte gemeint haben können und eben dies wurde von der Aufgabepost als die wahrscheinlichere Variante gehalten und der Brief prompt auch dahin spediert, weil man Joseph Levy dort vermutete.





Der am 15.1.1868 geschriebene Brief wurde am 16.1. um 14.00 Uhr aufgabestempelt und traf noch am selben Tag im nahe gelegenen Hassloch ein. Von dort aus hätte nach Duttweiler auch per Landpostboten zugestellt werden können/sollen, aber der Hasslocher Postexpeditor kannte keinen Empfänger dieses Namens und auch sein Landbriefträger konnte ihn nicht ausliefern.

Ergo brachte man am 17.1.1868 den Brief wieder dem Hasslocher Expeditor zurück und selbiger vermerkte unter Dudweiler "b(ei) Saarbrücken" und leitete ihn dementsprechend weiter, wo er auch am ??.1.1868 ankam und mit dem 2. Botengang ausgetragen wurde.

Die ab dem 1.1.1868 greifende Gebührenmoderation sorgte dafür, dass in einem vergleichsweise riesigen Postgebiet alle Briefe nur noch 3 Kreuzer kosteten, so dass über die verwendete Markenhöhe (Nominale) eine Zuordnung über die Entfernung nicht mehr möglich war.

Von Neustadt nach Duttweiler waren von je her schon nur 3 Kreuzer zu frankieren, aber ein Brief von Neustadt nach Dudweiler in Preussen hätte bis 31.12.1867 noch 6 Kreuzer (über 10 bis 20 Meilen) gekostet, so dass ein mit 6 Kreuzern frankierter Brief wohl gleich nach Dudweiler geleitet worden wäre.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

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