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Thema: Altdeutschland Bayern: Schöne Belege
Das Thema hat 2863 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 30.03.2015 20:31:54 Gelesen: 1023104# 539 @  
@ Gernesammler [#538]

Hallo Rainer,

die Datierung von Briefen anhand der Auf- und Abgabestempel ist bei Bayern besonders schwwierig, weil es zahllose Stempel gab, die ein paar Jahre eingesetzt wurden, dann verschwinden, dann wieder auftauchen, dann wieder verschwinden usw..

Ich würde deine beiden Briefe in die 1860er Jahre datieren, wobei der mit dem kleinen Einkreisstempel auch noch um 1870 vorkommt. Ansbach führte mehrere "kleine" Stempel, die alle häufig abgeschlagen wurden, weil das Briefaufkommen der Verwaltungsstadt sehr hoch war.

Den Ausführungen von Karl Winkler aus den 1950er Jahren ist auch heute noch wenig hinzu zu fügen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 31.03.2015 17:52:32 Gelesen: 1023046# 540 @  
@ bayern klassisch [#539]

Hallo Ralph ,

danke für Deine Einschätzung der Briefe, das Handbuch von Karl Winkler habe ich seit kurzen mit allen Beilagen und es ist auch sehr informativ.

Jetzt möchte ich noch einen Brief zeigen von 1843, der von Kaiserlautern versendet wurde nach Obermoschel einem der kleinsten Orte in der damals bayrischen Pfalz. Auf der Rückseite ist ein Siegel des Staats Prokurators zu Kaiserslautern abgeschlagen.

Gruß Rainer


 
bayern klassisch Am: 31.03.2015 18:30:14 Gelesen: 1023040# 541 @  
@ Gernesammler [#540]

Hallo Rainer,

auch wenn Obermoschel sehr klein und eher unbedeutend war, so hat sich relativ viel Post dorthin erhalten. Ich nehme an, dass dort ein Archiv gelagert war, das er nach dem 2. Weltkrieg gelüpft wurde und dessen Briefe in alle Ecken verteilt wurden (auch ich habe da was).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
roteratte48 Am: 02.04.2015 16:01:13 Gelesen: 1022913# 542 @  
Mein kleinster bayerischer Altbrief - und die Fragen, die er aufwirft.

Ich bilde das Briefchen hier mal ab (ca. 8,6 x 4,7 cm groß, kaum größer als eine Streichholzschachtel).



Gerichtet ist er an Fräulein Caroline von Seckendorff, Auf der Eremitage; geschrieben wurde er im August 1796. Links unten "mit einem Glas bel. Räucherpulver". Keine Ortsnennung, kein Absender, keine postalischen Stempel oder Vermerke.

Der Ort ist sicherlich Bayreuth, dort gibt es sowohl eine Eremitage als auch zu dieser Zeit einen Minister von Seckendorff. Aber was war wohl mit der Beförderung? Wenn keinerlei postalische Behandlung zu ersehen ist - gab es in Bayreuth im ausgehenden 18. Jhdt. eine (private) Botenpost? Ist es, dem Vermerk l.u. folgend, ein Paketbegleitbrief? Rückseitig findet sich ein kleines Lacksiegel, das wohl ritterschaftlich sein könnte - lässt es Schlüsse auf den Absender zu (der im Text nur mit "M" unterzeichnet)? Im Text (sehr freundschaftlich und mit Verehrung verfasst) schreibt er : "um Sie für dieses lange Warten für die Folge zu entschädigen, sollen Sie womöglich jeden Post-Tag einen Brief von mir haben" - also vielleicht Stadtpost?

Hier noch der Text des Briefes - mir hat er bei der Beantwortung der Fragen nicht weiter geholfen:





Mal richtig gespannt bin - Liebe Grüße - Rolf
 
bayern klassisch Am: 02.04.2015 17:26:52 Gelesen: 1022901# 543 @  
@ roteratte48 [#542]

Lieber Rolf,

typisches Adelsbriefchen - untypisch mit Beilage - welches die Post nicht gesehen hatte.

Ortsbriefe der Post gab es nicht - gab jemand bei der Post ein Brief für den Ort selbst ab, konnte der Posthalter kassieren, was er wollte, weil es mit der Reichspost nichts zu tun hatte, wenn ein Brief am Ort der Aufgabe verblieb.

Die 9 stellt sicher die Nummerierung des Empfängers dar.

Diese Briefe wurden Lakaien oder Reisenden mitgegeben - hier war das nicht mal illegal, weil es noch kein Postgesetz in Bayern gab (oder wo auch immer) und der Unterschleif, so der terminus technicus, blühte.

Danke fürs Zeigen und liebe Grüsse zum Osterfest,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 02.04.2015 17:33:14 Gelesen: 1022895# 544 @  
Lieber Sammlerfreunde,

heute stelle ich euch meine Lieblings - Fingerhutstempelbrief vor, der am 23.8.1845 in Weisendorf geschrieben und am 25.8.1845 in Emskirchen zur Post gebracht wurde. Der Brief vereint m. E. mehrere Besonderheiten, auf die ich hier näher eingehen will.





Äußerlich ein klassischer Damenbrief, geschrieben auf gefaltetem Bath - Papier, ergo leicht und bekömmlich, wie Loriot zu sagen pflegte. Die Absenderin wollte kein Franko bezahlen, ihn jedoch unter Chargé und poste restante verschicken. Für die Recommandation zahlte sie 4x, das wars.

Die Post rechnete 14 Kr. von Emskirchen bis zur bayer. Grenze. Diese entsprachen genau 4 Sgr. Preußen addierte 3 1/2 Sgr. bis zur belgischen Grenze = 7 1/2 Sgr.

Wie bei den Benelux - Staaten üblich, notierte man kein eigenes Porto, sondern "reduzierte" das fremde Porto in heimische Währung und addierte sein Porto obendrauf. Dadurch bekam der Baron Hermann von Guttenberg 24 Decimes (ca. 1 Gulden 10x) angesetzt und ob dabei eine Restante - Gebühr noch dazu kam, weiß ich leider nicht; vlt. können unsere Luxemburger Spezialisten hierzu etwas sagen? Müsste ja in LUX und BE gleich gewesen sein.

Dass die Post auch ohne die Absenderangabe "par Francfort a/M et Aix - la - Chapelle" (=Aachen) den Brief wie üblich geleitet hätte, steht wohl fest. Gleichwohl ist der heute noch vollständig erhaltene Inhalt nicht uninteressant (von Guttenberg an und zu Guttenberg gewissermaßen):

"Mit wahrem Schmerz entnehme ich deinem letzten Brief, mein armer Hermann, daß du unbegreiflicher Weise noch keinen Brief erhalten und also gänzlich ohne Nachrichten bist. Ich kann mir deine Rage und dein Staunen vorstellen und wäre wirklich untröstlich wenn Nachlässigkeit meiner Seits daran Schuld wäre. Aber wir haben dir schon dermal geschrieben und nach deinem verlängerten Aufenthalt am Rhein hoffte ich du würdest zwei Briefe in Ostende finden. Leider brachten dir dieselben keine guten Nachrichten denn seit du weg bist war die arme Mutter sehr leidend ..."

Hier wird durch den Inhalt alles erklärt: 2 Briefe scheinbar verschwunden (wohl frankierte, daher jetzt unfrankiert).
Weil Briefe verschwanden, jetzt Versendung per Chargé mit 25 Gulden Ersatzleistung, wenn auch dieser verschwunden sein sollte.
Weil er unterwegs am Rhein war, die Lagerung als poste restante.

So schließt sich der Kreis wieder und alles wird klar.

Dazu ein grüner, belgischer Transit und ein oranger Ankunftsstempel, gepaart mit einem gelben (!) Siegel - fertig ist der Traumbrief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
roteratte48 Am: 02.04.2015 17:45:56 Gelesen: 1022890# 545 @  
@ bayern klassisch [#543]

Lieber Ralph,

einmal mehr Dank für Deine Antwort - also Privatbote oder durch Güte. Schade - ich hatte auf eine Briefbeförderung durch die Botenanstalt spekuliert, denn die scheint es in Bayreuth ja gegeben zu haben. Als Quelle dazu habe ich einen Satz aus dem Brief eines Bibliothekars in Bamberg - er schreibt: "wenn die K. Regierung einen Elementarlehrer, den sie nach 20jährigem Dienste seines Amtes umwürdig erklärt, als meinen Verweser ernennt, so stehe ich tiefer als der Botenmeister zu Bayreuth".

Woran wäre denn ein Brief, der durch eine städtische Botenmeisterei bestellt wurde, kenntlich? Hast Du mal im Bereich "Virtuelles Album" meine Botenbriefe (zumeist Lindauer Bote, aber auch die "Zulieferer" von Kempten oder Basel) gesehen - auch sie zeigen keinerlei Beförderungshinweise.

Egal - es bleibt (allein schon durch das Miniformat) ein drolliger Beleg - gehört halt zum Randbereich.

Danke für die Ostergrüße, die ich aufs Herzlichste erwidere!

Rolf
 
bayern klassisch Am: 02.04.2015 18:28:52 Gelesen: 1022879# 546 @  
@ roteratte48 [#545]

Lieber Rolf,

Boten gab es ja viele - staatliche (wenn es eine Staatspost gab, hier nicht), private mit Konzession, private ohne Konzession (illegale), Amtsboten der diversen Behörden und und und. Auch die Lehnsrössler haben manchmal Briefe mitgenommen.

Ein Botenmeister war nur der Postmeister; ihm unterstanden auch die Amtsboten, aber mit einer Ortsboteninstitution hatte das m. E. nichts zu tun.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 10.04.2015 11:02:10 Gelesen: 1022363# 547 @  
Hallo Sammlerfreunde,

hier ein Brief aus München vom 17. Januar 1860 nach Würzburg, versendet von der Firma Gebr. Pichler. Der Brief über 20 Meilen wurde frankiert mit 12 Kreuzer (2x Michel Nr.4 II) und gestempelt mit oMR 325.

Es müsste ja ein doppelt schwerer Brief gewesen sein, da ja für die Portoperiode ab 1.7.1858 für den einfachen Brief über 12 Meilen 6 Kreuzer gefordert waren. Rückseitig ist der Ankunftsstempel zwar komplett zu sehen, aber durch das neue falten des letzten Besitzers hat sich das ganze etwas verschoben.

Gruß Rainer


 
Gernesammler Am: 13.04.2015 10:34:06 Gelesen: 1021978# 548 @  
Hallo Sammlerfreunde,

habe diesen Brief erstanden vom 4.1.1825 in Münchberg geschrieben von einem Herrn Roessler an Herrn Nico Zumstein und Söhne in Kempten. Der Brief wurde aber erst in Nürnberg gestempelt am 5.1.1825. Wurden hier jetzt portotechnisch 12 Meilen gespart?

Gekauft hatte ich den Brief wegen dem Stempel des Forward Agenten "Leonhard Kalb in Nürnberg", wurde der Brief bis zu diesem Herrn Kalb kostenfrei mitgenommen oder hat dieser den Brief selbst bis Nürnberg mitgenommen um diesen dann dort bei der Postexpedition aufzugeben und dann weiter spedieren zu lassen nach Kempten dann würde es auch passen mit den 10 Kreuzern die vorderseitig notiert wurden.

Ich habe mir erlaubt den Text des Briefes anzufügen, vielleicht kann mir jemand mehr dazu sagen.

Gruß Rainer




 
bayern klassisch Am: 13.04.2015 13:14:54 Gelesen: 1021947# 549 @  
@ Gernesammler [#548]

Hallo Rainer,

dass auch reine Inlandsbriefe interessant sein können, beweist deiner. :-)

Der Absender hätte von Münchberg aus nach Nürnberg einen Brief mit 97 km = 13 Meilen = 4 Kreuzer frankieren müssen, bzw. von Nürnberg aus für 200 km = 27 Meilen = 10 Kreuzer.

Von Münchberg nach Nürnberg waren es 295 km = 39 Meilen, die 14 Kreuzer gekostet hätte - somit hatte er eine Ersparnis von 4 Kreuzern erzielt. Das war ein Mittagessen mit Getränk damals und von daher lohnend.

Der Brief dürfte in einer Warensendung oder einem anderen Brief an Kalb beigelegt worden sein.

Leonhard Kalb war einer der größten "Forwarder" in Bayern, der sich regelmäßig seiner Kunden im In- und Ausland bedienen konnte. Ich habe auch 2 oder 3 durch ihn vermittelte Briefe, finde sie aber derzeit leider nicht. Meines Erachtens sind Auslandsbriefe über ihn mit seinem Stempel häufiger, als Inlandsbriefe wie hier (auch wenn das den Markt wenig interessiert).

Da hast du ein gutes Stück Postgeschichte und auch der Empfänger Nicolaus Zumstein ist ja wahrlich kein Unbekannter.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 13.04.2015 20:12:24 Gelesen: 1021913# 550 @  
Liebe Sammlerfreunde,

über 25 Jahre durfte ich suchen, ehe ich eine Nr. 39 aus der Pfalz vom 1. Monat der Ausgabe (Jan. 1876) finden konnte und, voila, hier ist sie.

Es ging von Neustadt an der Haardt (heute Neustadt an der Weinstraße) ins nahe Lambrecht und 10 Pfg. für den einfachen Brief waren das korrekte Franko.





Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 28.04.2015 20:09:27 Gelesen: 1020854# 551 @  
Hallo Sammlerfreunde,

hier ein Portobrief von Hof nach Kobylopole (Kobylepole)in Posen vom 29. Dezember 1845. Versendet von einem Herrn Micielski der sich gern in Kobylepole aufhielt bezahlt hatte er für den Brief 5 Kreuzer. Gestempelt mit Zweizeiler von Hof und Grenzübergangsstempel Bayern im Oval, der Laufweg des Briefes war über Berlin nach Posen.

Rückseitig ist nur ein gebrochenes Siegel aber kein Ankunftsstempel, ist der kleine Stempel links im Bild ein Taxstempel?

Gruß Rainer




 
bayern klassisch Am: 28.04.2015 21:36:55 Gelesen: 1020838# 552 @  
@ Gernesammler [#551]

Hallo Rainer,

ein schöner Brief - klasse! Du wirst dich gewundert haben, dass der Brief aus Bayern nach Preußen keine 2 Taxen aufweist, wie man es doch erwarten könnte.

Aber die Spezialität (gab es in ganz Bayern nur von Hof!) war die, dass in Hof ein bayerischer, sächsischer und preußischer Beamter war und bayerische Briefe nach Preußen erhielt der preußische Beamte dort, so dass er von Seiten des Portos her als reiner preußischer Inlandsbrief galt.

Das Resultat sehen wir bei deinem Brief, für den allein Preußen 5 Silbergroschen (Kreuzer gab es nicht in Preußen) zu zahlen hatte und Bayern nichts bekam (das Gehalt des preußischen Beamten wurde aber auch von Preußen bezahlt, wenigstens was).

Wegen dieser Besonderheit hieß es auch "Gränzpostamt Hof", einen Titel, den es sonst nicht gab.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 29.04.2015 12:26:11 Gelesen: 1020763# 553 @  
Liebe Sammlerfreunde,

nicht immer, was nach einem Ortsbrief aussieht, ist auch wirklich einer gewesen ...



Von Schweinfurt statt für 3 Kr. frankiert nach Würzburg verbracht und dort nur mit 1 Kr. als Ortsbrief frankiert. Den hätte man sich vlt. auch noch sparen können ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 29.04.2015 13:55:23 Gelesen: 1020730# 554 @  
@ bayern klassisch [#552]

Hallo Ralph,

danke für die ausführliche Beschreibung des Briefes, ich habe mir erlaubt, den Text mit kleiner Änderung zu übernehmen und habe den Brief gleich aufgezogen und im Ordner abgeheftet.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 03.05.2015 08:53:06 Gelesen: 1019872# 555 @  
@ bayern klassisch [#550]

Liebe Sammlerfreunde,

den Folgebrief, 2 Tage später geschrieben und den Dank für die Beantwortung des 1. Briefes beinhaltend zeige ich vom 17.1.1876 mit der Nr. 39a, der Erstauflage.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 12.05.2015 10:57:01 Gelesen: 1018539# 556 @  
Hallo Sammlerfreunde,

habe diesen Brief bekommen, eine normale Regierungssache aus München vom 6.2.1843 an den Magistrat der Stadt Nürnberg. Interessant ist hierbei der Nebenstempel N.Abg. (nach Abgang der Post), hiermit wurde dem Empfänger mitgeteilt das der Brief zu spät aufgegeben wurde und um möglichen Beschwerden der Postkunden aus dem Weg zu gehen.

Gruß Rainer


 
hajo22 Am: 14.05.2015 11:50:32 Gelesen: 1018307# 557 @  
@ Gernesammler [#556]

Die Kutsche war schon weg und wir wissen ja, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Dieser - ich nenne ihn mal "Verzögerungsstempel" - war bei den Postverwaltungen allgemein beliebt. Hier ein Brief aus Zürich (vom Cantonal Verhöramt), der den Text voll ausgeschrieben zeigt: "Nach Abgang der Post". Fehlinterpretationen daher nicht möglich.



Hat hier "eigentlich" nichts zu suchen, aber einfach nur um zu zeigen, daß diese Handhabung keinesfalls nur in Bayern so praktiziert wurde.

VG, hajo22
 
bayern klassisch Am: 16.05.2015 11:33:04 Gelesen: 1017993# 558 @  
Liebe Freunde,



ein Brief des Oberpost- und Bahnamts Augsburg vom 17.7.1866 "An die Eisenbahn Officials Gattin Mathilde Gossinger in Culmbach (Kulmbach)" zeigt einen interessanten Inhalt.



Der wunderbare Vordruck zeigt folgenden Text: "Auf der Rückseite erhält Adressatin Abschrift der in rubr(izirtem) Betreffe von hoher Stelle anher ergangenen Entschließung. Der Königliche OberPostmeister u(nd) OberInspector Wimmer".

Nun folgt der Text, den man in München formuliert hatte:



"München den 12. Juli 1868

Im Namen
etc. etc.

Betreff w. ü.

Die in Culmbach lebende Gattin des in der Irrenanstalt Irsee untergebrachten, pens(ionirten) Eisenbahn - Officialen Albert Gossinger hat in einem am 9. Juli anher gerichteten Gesuche um Uebernahme der Verpflegungsgebühren ihres Mannes auß dem Unterstützungsfond gebeten.
Abgesehen davon, daß Gossinger als früherer pragmatisch angestellter Beamter auf den Pens(ions) und Unterstützungsfond keinen Anspruch hat, ist zu bemerken, daß Gossinger eine Pension von 577 fl 30 xr bezieht, von welcher dessen Gattin, da seine Verpflegung in Irsee nach einer Mittheilung der kgl. Regierung in Augsburg nur jährlich 146 und wenn man noch 54 fl für Extraausgaben hinzu rechnet 200 fl beansprucht, immer noch 377 fl 30 xr also bei Weitem mehr verbleiben, als wenn Gossinger in Aktivität verstorben wäre, der Wittwe als Pension zugeflossen wäre. Bei solcher Sachlage besteht keine Grund, das fragliche Gesuch weiter zu würdigen.

gez(eichnet) Freiherr von Brück"

Wir halten fest: Wer weiß, was ein "pragmatischer Beamter" ist? Auf der anderen Seite folgern wir besser nicht, warum ein Beamter damals im Irrenhaus gelandet ist. Jedenfalls war für 200 Gulden im Jahr eine geschlossene Anstalt nicht so leicht zu bezahlen, denn das war das Jahresgehalt eines Postboten bzw. Hilfspostboten. Aber auch mit den 377 Gulden 30 Kreuzer, die der Wittwe noch verblieben, war sie nicht völlig dem damaligen Prekariat ausgeliefert.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.05.2015 10:08:55 Gelesen: 1016838# 559 @  
Liebe Freunde,

ein wunderschöner Brief fiel mir in die Hände, der es noch dazu in sich hat.



Absender war die "fürstlich Thurn und Taxische Oekonomie - Commission in Regensburg", Empfänger war der Weinproduzent Poulet pere & fils in Beaune an der Cote d´or.

Der Absender vermerkte unten links "F.D.S." = Fürstliche - Dienst - Sache und bekam somit in Bayern bis zur französischen. Grenze die Portofreiheit gewährt.

Am 29.1.1848 wurde in Strasbourg "BADE STRASBOURG 1" gestempelt, was natürlich falsch war, weil Regensburg noch immer zu Bayern gehörte und niemals badisch war.

Da ihn Bayern nicht taxiert hatte, taxierte allein Strasbourg 9 Decimes als rein französisches Porto von dort bis Beaune, womit wir einen Teil - Portobrief vor uns haben und das ist alles, nur nicht häufig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.05.2015 14:13:56 Gelesen: 1016475# 560 @  
Liebe Sammlerfreunde,



am 2.11.1843 passierte es in Kempten, dass man einen über 1/2 bis 1 Loth schweren Brief nach Hilpoltstein (Postexpedition erst ab 1851, zuvor erfolgte die Versorgung von Pleinfeld aus) frankiert aufgeben wollte.

Bei ca. 22 Meilen Entferung in direkter Linie hätte der Brief 8 + 4 = 12 Kr. gekostet (über 18 - 24 Meilen). Tatsächlich verlangte man aber vom Absender 15 Kr., die treffend waren für Brief über 24 - 30 Meilen).

Dazu kam, dass die Abgabepost in Pleinfeld 2 Tage später den Ankunftsstempel (Fingerhutstempel) auf der Vorderseite abschlug, was natürlich falsch war, weil in Bayern Ankunftsstempel immer siegelseitig abzuschlagen waren.

So kam eines zum anderen und für mich ist der Brief sehr attraktiv und ungewöhnlich, weil ich keinen anderen fehlfrankierten von Kempten überhaupt kenne.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Heinz 7 Am: 26.05.2015 23:05:18 Gelesen: 1016248# 561 @  
@ bayern klassisch [#560]

Lieber Ralph,

zwei Fehler von zwei verschiedenen Postbeamten auf einem Brief sind wohl für die treuen Staatsdiener des 19. Jahrhunderts unserer Region eher ungewöhnlich, da wirst du wohl rechthaben. Aber beide Fehler sind "verständlich". Ob 22 oder 25 Meilen, da ist die Differenz nicht gross. Und vielleicht war der Postbeamte in Pleinfeld einfach übermüdet, als er den Brief stempelte? Immerhin hat er den Fehler wohl bemerkt und den Ankunftsstempel wieder annulliert. Vielleicht plagte ihn danach sogar das schlechte Gewissen?

Immerhin haben diese zwei Fehler bewirkt, dass wir nun, 172 Jahre später, darüber sprechen. Da sage noch jemand, Philatelie hinterlasse nicht dauerhafte Spuren.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 26.05.2015 23:34:37 Gelesen: 1016241# 562 @  
@ Heinz 7 [#561]

Lieber Heinz,

wo du Recht hast, hast du Recht. Wie viele Briefe wird man finden, bei denen Taxe und Stempel gänzlich gegen die Vorschrift verstießen? Wenige, sehr wenige.

Philatelie lebt - hier und heute, wie vor 172 Jahren und das ist gut so.

Liebe Grüsse,
Ralph

P.S. Schön, wenn ich dir etwas Freude aus deiner Heimat machen konnte.
 
Heinz 7 Am: 27.05.2015 13:41:00 Gelesen: 1016132# 563 @  
@ bayern klassisch [#562]

Hallo Ralph,

meine Heimat liegt, eng gesehen, zwar nicht "dort", aber wenn man sich als "Weltbürger" sieht, dann geht es auf.

Heinz
 

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