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Thema: Zurück und nachgeschickt
Das Thema hat 936 Beiträge:
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volkimal Am: 07.03.2012 21:32:18 Gelesen: 629230# 1 @  
Hallo zusammen,

heute möchte ich einmal ein Thema beginnen, zu dem einige von Euch bestimmt auch dekorative Belege besitzen. Ich würde mich freuen, wenn ihr sie zeigen würdet.



Den Anfang möchte ich mit dieser Einschreibe-Postkarte von der Landesausstellung in Nürnberg machen. Der Absender wollte die Karte offensichtlich zurück bekommen. Weshalb sollte er sonst unten notieren "Falls unbestellbar an den Absender Carl Müller Essen Kettwiger Ch. 84" .

Dennoch hat man sich in Berlin viel Mühe gegeben, um die Karte trotz der unvollständigen Anschrift zuzustellen. Davon zeugen der Aufkleber und der rote Stempel "Empfänger mit Hülfe des Einwohnermeldeamts in BERLIN nicht ermittelt".
Der grüne Vermerk oben rechts heißt übrigens "Philadelphiastraße in Berlin unbekannt" (mit Unterschrift). Neben dem durchgestrichenen Berlin steht in grün "Essen Absender"

Das einzige, was mir nicht klar ist, sind die blauen Zahlen "21/30" oberhalb des Einschreibezettels".

Ich bin gespannt, was ihr für interessante Belege zu diesem Thema habt.

Viele Grüße
Volkmar
 
Heinrich3 Am: 09.03.2012 10:20:49 Gelesen: 629161# 2 @  
Hallo,

dieses Briefchen meines Großonkels dürfte hier her passen. Bitte mich nicht über den genauen Weg fragen.



 
volkimal Am: 09.03.2012 17:35:08 Gelesen: 629113# 3 @  
@ am1937a [#253]

Hallo am1937a,

dieser Brief passt natürlich super zu dem Thema "Zurück und nachgeschickt", denn er wurde zunächst nach- und anschließend zurückgeschickt. Ein sehr interessanter Beleg! Für mich ist besonders schön, dass er von Deinem Großonkel und damit aus der Familie stammt.

Du schreibst "Bitte mich nicht über den genauen Weg fragen." Der ist auch gar nicht so einfach zu erkennen. Das finde ich gerade so interessant an diesen Belegen. Ich liste einmal auf, was ich bisher alles erkennen kann. Dabei weiß ich nicht alles und einiges sind nur Vermutungen. Ich würde mich über Ergänzungen und Korrekturen freuen. Ich denke, dass hier gleich mehrere Spezialisten oder Detektive gefragt sind.

1) Als Adresse ist keine Straße angegeben, sondern der Brief sollte „…postlagernd“ sein. Der erste Teil des Wortes ist durch den Aufkleber verdeckt.

2) Der Brief ist mit einer 1 1/2 Pfennig-Marke der Münchener Privatpost Courier frankiert. Diese ist aber nicht mit einem der üblichen Stempel der Privatpostanstalt entwertet, sondern blau durchgestrichen. Die Frage ist, ob der Brief gleich in einem Briefkasten der bayrischen Post gelandet ist.

3) Der Kreisstempel "P 6" berührt die Marke etwas. Wer weiß etwas zu dem Stempel? Bedeutet er evtl. 6 Pfennig Nachporto?

4) Beim Postamt München 5 werden am 5. April 1898 zwei bayrische Portomarken zu jeweils 3 Pfg. auf den Brief geklebt. Die Marken tragen den Aufdruck „Vom Empfänger zahlbar“.

Ein Ortsbrief kostete damals 3 Pfennig. Wer ist ein Nachporto-Spezialist und kann sagen, wie sich das Nachporto in Bayern damals zusammensetzte? Der Stempel „T“ im Rechteck kennzeichnet außerdem, dass der Brief mit Nachporto belegt wird.

5) Der postlagernde Brief wird nicht abgeholt. Er bekommt den Aufkleber „Nicht abgeholt“.

6) Woher die Information kommt, dass der Brief nach Zürich nachgeschickt werden soll, ist mir unklar. Rechts steht aber senkrecht geschrieben: „Nachsenden: Zürich Hotel National“



7) Der Brief wird damit zum Auslandsbrief. Wer kann sagen, wie hoch 1898 das Porto für einen Brief von München nach Zürich war? Weder im Michel Spezial noch im Michel Postgebühren-Handbuch ist das zu finden. Zusätzlich ist wieder unklar, wie hoch dann die Nachgebühr ist.

8) Die Nachgebühr wird in blau mit „T 20“ notiert. In Zürich angekommen wird eine schweizer Portomarke zu 20 Centimes aufgeklebt und mit dem Züricher Stempel entwertet.

9) Der Brief erhält den roten Stempel vom Hotel National & Terminus.

10) Im Hotel ist der Brief nicht zustellbar und das Hotel bezahlt die Nachgebühr nicht. Der Brief geht zurück zur Post.

11) Da das Porto nicht gezahlt wurde bekommt die Schweizer Portomarke den fetten schwarzen Stempel „ANNULEE“.

12) Der Brief geht zurück nach München. Ich weiß aber nicht, wo genau „zurück“ steht. Es ist zu viel in blau durcheinander geschmiert worden.
Am 5. Juni kommt der Brief im Postamt München B.Ü. (= Brief-Übergabe) an. Von dort geht der Brief weiter an das Postamt München 5 und dann an den Absender.

Soweit meine Deutung des Briefes. Was haltet Ihr davon?

Mit detektivischem Gruß
Volkmar
 
Latzi Am: 10.03.2012 18:07:24 Gelesen: 629065# 4 @  
Auf Kaulis Wunsch stelle ich einmal den ganzen Beleg ins Forum, aber nicht im Berlin-Thread, sondern dahin, wo er thematisch gehört. Hoffentlich findet kauli ihn jetzt.

Eigentlich wollt Herr Tischer aus Elberfeld nur ein Ansichtsexemplar einer Zeitung ordern und schickte eine Postkarte nach Leipzig, wo man die Glasindustrie Zeitung nicht kannte und diese Tatsache mit einem Dreizeiler dokumeniterte. Irgendwer kam auf Berlin, wo man die Karte auch nicht anbringen konnte. Der Postbote Lindemann schrieb etwas dazu, was ich leider nicht vollständig entziffern kann. Jedenfalls kam die Karte wieder auf den Rückweg nach Elberfeld.


 
volkimal Am: 10.03.2012 19:16:55 Gelesen: 629054# 5 @  
@ Latzi [#255]

Hallo Latzi,

schön, dass Du diese Karte zeigst. Ich lese links: "Die Glasindustrie in Berlin an der Stadtbahn 4 will nicht Empfänger sein Lindemann 4/27".

Ist Dir übrigens die Bedeutung des blassen lila Stempels "*12?*" oben links bekannt? Da eine genaue Adresse in Berlin fehlte, ging die Karte zur Feststellung des zuständigen Postamtes zunächst zur Rückbriefstelle im Postamt Berlin C2. Dort hatten die Beamten nach ihrem normalen Dienst die Aufgabe, bei solchen sogenannten „faulen Karten“, das zuständige Postamt zu ermitteln.

Der zuständige Beamte notierte auf der Karte in grün die Postamtsnummer "O 27" und die Adresse "An der Stadtbahn 4". Zusätzlich schlug er seinen Nummernstempel "*12?*" auf der Karte ab. So konnte man feststellen, welcher Beamte die Karte bearbeitet hat und ob das Ergebnis seiner Suche richtig war. Von der Rückbriefstelle ging die Karte zum Postamt Berlin O 27 und erhielt dort die entsprechenden Bestellt-Stempel. Da die Karte von der Berliner Glasindustrie nicht angenommen wurde, ging sie zurück nach Elberfeld.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 10.03.2012 20:08:51 Gelesen: 629041# 6 @  
Hallo zusammen,

nachdem einige sehr interessante alte Belege zu sehen waren einmal ein etwas modernerer Brief. Er demonstriert einen der vielen Gründe, weshalb ein Brief zurückgehen kann.



Das Sägewerk bzw. die Holzhandlung Kasberg aus Ottmarsbocholt schickte den Brief an das staatliche Forstamt in Münster-Wolbeck. Ein Standardbrief kostete 20 Pfennig. Da der Brief aber mehr als 20g wog, hätte er mit 40 Pfennig freigemacht werden müssen. Er wurde dementsprechend mit 30 Pfennig Nachporto belegt. Das staatliches Forstamt weigerte sich die Nachgebühr zu zahlen, der Brief ging nach Ottmarsbocholt zurück. Dass die Nachricht ihr Ziel in Münster dennoch erreicht hat, sieht man, wenn man den Brief umdreht:



Es heißt dort: "Inhalt entnommen / Nachgebühr bezahlt Abs."

Ich wünsche einen schönen Abend
Volkmar
 
kauli Am: 10.03.2012 22:35:02 Gelesen: 629026# 7 @  
Hallo Volkmar,

der Stempel mit der "12" ist ein sogenannter Sternstempel. Diese finden sich Anfang des vorigen Jahrhundert auf Belegen, die nicht sofort zustellbar waren. Auf der abgebilderten Karte mußte vor dem 1. Zustellversuch erst die Hausnummer der Conditorei ermittelt werden. Hier die Nummer 227. Auf der Karte von Latzi kann man die Sterne erkennen.



Bei Deinem Brief muß irgendwas schiefgelaufen sein mit der Nachgebühr. 20 Pfg haben doch gereicht. Der Nachgebührstempel ist ja auch durchgestrichen. Um sich den Ärger damit zu sparen, wurde der Inhalt entnommen und wieder zurückgeschickt. Es könnte auch sein, dass das erst beim Absenderpostamt geschehen ist, als sie den Fehler bemerkt haben.

Latzi, hier passt er natürlch genau hin, gefällt mir.

Viele Grüße
kauli
 
Postgeschichte Am: 10.03.2012 23:31:46 Gelesen: 629011# 8 @  
@ kauli [#258]

Hallo Kauli,

es handelt sich, wie Du sagst, um einen sogenannten Sternstempel. Diese wurden von der Rückbriefstelle bei der Ermittelung des Absenders eingesetzt. Bei dem lese ich *129*. Dies aber nur Redaktionell.

Die von Dir getroffene Aussage hinsichtlich des Beitrages [#257] von Volkimal entspricht nicht dem tatsächlichen Ablauf. Die Nachgebühr von 30 Pf ist korrekt. Der Brief wog offensichtlich zwischen 20 und 50 Gramm und hätte mit 40 Pf frankiert werden müssen. Daher wurde das 1 1/2-fache des Fehlbetrages von 20 Pf (=30 Pf) als Nachgebühr angefordert. Der Empfänger, der Staatliche Forstbetrieb in Münster-Wolbeck, lehnte die Nachgebühr ab. Da es sich um eine Staatsbehörde handelte, konnte sie den Brief öffnen, den Inhalt entnehmen und den Umschlag zur Rückgabe und Anforderung der Nachgebühr vom Absender dem Postamt zurückgeben. Es ist also nichts schiefgelaufen, sondern hatte alles seine Richtigkeit.

Mit postgeschichtlichem Gruß
Manfred
 
bayern klassisch Am: 10.03.2012 23:46:04 Gelesen: 629007# 9 @  
Liebe Sammlerfreunde,

nach etwas moderner PO nun wieder etwas älteres.



1863 frankierte man in Sachsen einen einfachen Brief über 20 Meilen Richtung München. Der Empfänger dort war aber abgereist. Dennoch hat man ihn zugestellt.

Die Person, die ihn dann in die Hände bekam, wusste die neue Anschrift und korrigierte die alte entsprechend und vergaß auch nicht, noch siegelseitig ein paar nette Worte auf das Kuvert zu schreiben. Das war zwar verboten, hat aber in München keinen wirklich interessiert.

Jedenfalls sandte man ihn Richtung Sonthofen, wofür 6 Kr. fällig wurden, denn der Brief war ausgeliefert worden und die Weiterleitung war daher als neue Postaufgabe zu werten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Postgeschichte Am: 11.03.2012 01:44:15 Gelesen: 628995# 10 @  
Auch im Deutschen Reich war die Postverwaltung sehr bemüht, die Postsendungen an die Frau oder Mann zu bringen. Der nachfolgende Brief von Bitterfald vom 29.8.1896 sollte in Berlin, Oranienburger Straße zugestellt werden (Bestellt-Stempel vom Postamte 24 am 30.8.96). Da der Empfänger unter dieser Adresse nicht anzutreffen war, sollte er nach Bitterfeld zurück gesandt werden. Ein Postbeamter war offensichtlich bemüht, den Brief doch noch zustellen zu können und leitete diesen an die Adresse Oranienstr. 106 beim Postamt 68 weiter (schwacher Bestelltstempel vom Postamt 68). Doch auch das Postamt 68 fand den Empfänger unter der neuen Adresse nicht und vermerkte dies mit dem Stempel:

Empfänger Oranienstr. 106, Her-
berge zur Heimath, nicht einge-/
troffen, polizeilich bestätigt.
Rev. V. P.-A. 68
(Unterschrift)



Der Brief wurde schließlich an das Postamt Bitterfeld zurückgesandt (Eingang 4.9.96). Wo der Absender festgestellt wurde, ist nicht ersichtlich.

Mit postgeschichtlichem Gruß
Manfred
 
volkimal Am: 11.03.2012 09:25:02 Gelesen: 628973# 11 @  
Guten Morgen zusammen,

auch von mir wieder ein altes "Schätzchen". Das Besondere an dem Brief ist, das er ganz offiziell Briefmarken aus drei Ländern trägt. Wer kennt weitere solcher Belege - gibt es vielleicht sogar einen Brief mit Marken aus vier Ländern?

Der Brief vom 16.09.1907 kommt aus Czarnowanz (Kreis Oppeln) und geht an den Kaiserlichen Oberleutnant in der Schutztruppe für S.W.A., Ritter hoher Orden Herrn Wagenführ. Als Adresse ist die Eisenbahn-Brigarde in Schöneberg bei Berlin angegeben (schwacher Ankunftsstempel auf der Rückseite 6-7 V.).



Der Brief kann nicht zugestellt werden und erhält auf der Rückseite den Vermerk "Bln. Mauerstraße 68 / beim Oberkdo. der Schutztruppen / anfr.". Der zweite Stempel aus Schöneberg ist von 4-5 N. Ein weiterer Versuch am nächsten Tag ist das Postamt W8 (blauer Vermerk "18/9. W8" auf der Vorderseite). Links steht zusätzlich "20/9. Lugano Schweiz". Die weiteren handschriftlichen Vermerke auf der Vorderseite kann ich nicht entziffern bzw. sie sind durch die Marken verdeckt.

Herr Wagenführ ist also inzwischen in die Schweiz nach Lugano abgereist. Der Brief wird damit zum Auslandsbrief (erforderliches Porto 20 Pfg.). Der Brief bekommt den T-Stempel für Nachgebühr und die handschriftliche große 15.
In Lugano angekommen werden am 22.09. zwei Schweizer Portomarken von insgesamt 15 Centimes aufgeklebt. Da Herr Wagenführ schon nach Rom weitergereist ist, bezahlt das Hotel die Nachgebühr nicht und die Marken bekommen den entsprechenden Stempel "ANNULE".

In Italien werden wiederum zwei Portomarken zu 15 Centesimi aufgeklebt und am 26.07. mit dem Stempel "Roma/Distribuzione" entwertet. In Rom hat Herr Wagenführ den inzwischen postlagernden Brief abgeholt.

Im Buch "Die Nachgebühr der Deutschen Reichspost von 1871 bis 1945" von Renny Horst Hagel heißt es: Der Weltpostkongress in Rom (Vertrag vom 26.5.1906) setzte bei allen frankierten Postsendungen fest, dass der einzuziehende Fehlbetrag schon als doppelter Portofehlbetrag in Centimes auf den Brief- und Postkartenvorderseiten anzugeben, auch hier zur Erleichterung der Umrechnung in die Landeswährung.

Der doppelte Portofehlbetrag waren 20 Pfennig. Stimmt es, dass diese 20 Pfennig im Jahre 1907 gerade 15 Centimes entsprachen?

Ich wünsche einen schönen Sonntag
Volkmar
 

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