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Thema: Deutsche Besetzung des 1. Weltkrieges 1914/18: Amtliche Ganzsachen
Das Thema hat 40 Beiträge:
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hajo22 Am: 02.12.2013 17:01:29 Gelesen: 53049# 1 @  
Am 1.8.2014 jährt sich der Ausbruch des 1. Weltkrieges zum 100. Mal. Die erste große Zäsur in der Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts.

Für uns Philatelisten gibt es zahlreiche Möglichkeiten den Zeitraum postgeschichtlich in Spezialsammlungen zu dokumentieren, sei es z.B. in Feldpost-, Kriegsgefangenen-, Lager- und Interniertenpost, Zensurpost, Besonderen Stempeln, usw.

In diesem Beitrag möchte ich mich auf die amtlichen deutschen Ganzsachen in den besetzten Gebieten beschränken. Es sind dies:

- Deutsche Landespost in Belgien (Generalgouvernement Belgien)
- Etappengebiet West
- Postgebiet Oberbefehlshaber Ost
- Deutsche Post in Polen
- Deutsche Militärverwaltung in Rümänien
- Etappengebiet der 9. Armee
sowie
- Notausgabe für Dorpat (Estland)
- Stadtpost Sosnowice

Nach meinen Beobachtungen befinden sich die Ganzsachen der vorgenannten Gebiete in einer Art "philatelistischem Dornröschen-Schlaf", den es zu beenden gilt.

Beginnen möchte ich mit der dt. Landespost in Belgien.

Die Ganzsachen dieses Gebietes sind relativ leicht - bis auf wenige Ausnahmen: P 13I, P14 und P15 - ungebraucht beschaffbar. Dies gilt nicht für gebrauchte Ganzsachen, abgesehen von den häufigen Karten P1, P2 und P10I.

Ich möchte mich im ersten Beitrag mit einer eher schwer beschaffbaren Karte, der P14, beschäftigen.

Ich zitiere hierzu den Ganzsachen-Michelkatalog 2007 (gleicher Text bereits im ersten Katalog von 1972): "Der nachträgliche Aufdruck bei P14...... ist meistens grauschwarz (rußig) und gegen den alten Wertaufdruck verschoben."

Es handelt sich bei der P14 um eine Karte mit nachträglichem Aufdruck "Belgien" auf der Ganzsache P2 des Etappengebietes West (nach Michelkatalog wurde diese Ganzsache im März 1917 eingezogen und später, also 1918, überdruckt).
Um die P14 von der häufigen und billigen P10I unterscheiden zu können, bewährt sich nach meinen Erfahrungen folgende Vorgehensweise:

1. Die Ganzsache Etappe West P2 ist immer Type I (= Abstand zwischen Ziffer "8" und "c(ent)" < 1 mm);
2. Der "rußige" nachträgliche Aufdruck "Belgien" zeigt sich farblich "matter" als der eher glänzende Aufdruck der P10I.
3. Bei der P14 steht das "e" von "Belgien" nahezu genau über der "8" des unteren Aufdruckes.
4. Gestempelte kann es nicht vor 1918 geben.

Wer kennt noch andere Merkmale zur Unterscheidung von P14 und P15 gegenüber der P10I und P12I?



Oben die P10I und unteres Bild die P14 (Ausschnitte zur besseren Unterscheidung)

Über eine gute (positive) Resonanz zum Thema würde ich mich freuen.

Viele Grüße
Jochen
 
Lars Boettger Am: 02.12.2013 19:50:45 Gelesen: 53012# 2 @  
@ hajo22 [#1]

Leider habe ich nicht viel an belgischen Ganzsachen aus der deutschen Besatzungszeit. Überdruck 10 Centimes auf 10 Pfg. vom Okt. 1914 - zu der Zeit war die Korrespondenz nach Luxemburg noch nicht freigegeben worden.

Beste Sammlergrüsse!

Lars


 
hajo22 Am: 03.12.2013 12:46:02 Gelesen: 52972# 3 @  
@ Lars Boettger [#2]

Ein interessantes Stück der P2, wenn man bedenkt, daß das neutrale Luxemburg schon zu Beginn des Krieges von deutschen Truppen als Aufmarsch- und Bereitstellungsgebiet mißbraucht wurde (keine Besetzung).

Ich zeige heute eine P2 aus Schaerbeek 1 (Vorort von Brüssel) vom 4.8.1915 in das neutrale Holland. Zensiert und freigegeben in der Auslandsstelle Aachen, in Holland mit Briefträgerstempel D 14 versehen.



Bedarfsmäßig gebraucht.

Generell ist zu sagen, daß die Ganzsachen der deutschen Besetzungsausgaben 1914/18, egal aus welchem Gebiet, wenn ins Ausland adressiert, selten sind.
Echt gelaufene Ganzsachen müssen auch stets einen Zensurstempel aufweisen, tun sie es nicht, sind sie gefälligkeitsgestempelt und nachträglich beschriftet worden.

Zu den Stempeln der Deutschen Post in Belgien während der Besetzungszeit 1914/18 empfehle ich folgende Literatur:

K. Zirkenbach, "Die Deutsche Post in Belgien 1914/1918", Sonderdruck aus den Germania-Berichten, Zeitschrift des Germania-Rings, Druckjahr 1926. (z.B. in der Münchner Phil. Abt. der Stadt-Bibliothek vorhanden).

Demnächst mehr.

Grüße an alle Sammlerfreunde.
Jochen
 
Lars Boettger Am: 03.12.2013 20:00:01 Gelesen: 52938# 4 @  
@ hajo22 [#3]

Hallo Jochen,

Luxemburg war einerseits neutral, andererseits von deutschen Landsturmtruppen besetzt. Am Bahnhof gab es eine deutsche Feldpoststation, die auch Luxemburger Post zensiert hat. Auch bei der Aussage, dass echt gelaufenes zensiert sein muss, widerspreche ich Dir gerne. Es gibt Bedarfsbelege, die nicht zensiert wurden. Allerdings liegt mir keine Ganzsache dazu vor.

Im Bild ist eine Express-Karte aus Belgien zu sehen. Die Express-Gebühr wurde mit Marken auffrankiert.

Beste Sammlergrüsse!

Lars


 
hajo22 Am: 04.12.2013 09:06:47 Gelesen: 52908# 5 @  
@ Lars Boettger [#4]

Hallo Lars,

ich bleibe dabei: Gelaufene Ganzsachen müssen zensiert sein, "Ausnahmen bestätigen die Regel".

Es gibt allerdings Ausnahmen, die ich noch zeigen werde, z.B. wenn eine Ganzsache als Feldpostkarte verwendet wurde. Da Feldpost gebührenfrei war, ist der Wertstempel der Ganzsache unnötig, in diesem Fall wurde die Ganzsache als Formular "mißbraucht", meist als Kriegssouvenir für Zuhause. Diese Karten sind regelmäßig nicht zensiert.

Von einer deutschen (Feldpost-)Zensurstelle in Luxemburg ist mir nichts bekannt, gerne würde ich da einen Beleg sehen, man lernt ja nie aus.

Weil wir beim Thema Zensur sind, hier eine Ganzsache (P2) aus Ixelles-Elsene 1 (Vorort von Brüssel, dt. Postamt von Feb. 1915 bis Räumung 1918), gestempelt am 7.4.1916 nach dem (noch) deutschen Mü(h)lhausen im Elsaß.

Doppelzensur: 1. Überwachungsstelle Brüssel; 2. Mülhausen/Elsaß P.K. (= Postkontrolle).

Mit der Zensur nahm man es schon ernst. Übrigens: Post mußte nach den Vorschriften generell einen Absender aufweisen (wurde auch nicht immer eingehalten).



Einigen wir uns auf folgende Aussage (Vorschlag): Will man sicher sein, daß die Ganzsache echt gelaufen ist, sollte sie einen Zensurstempel aufweisen.

Schöne Sammlergrüße und demnächst mehr.
Jochen
 
Lars Boettger Am: 04.12.2013 20:06:36 Gelesen: 52874# 6 @  
@ hajo22 [#5]

Hallo Jochen,

kleiner Exkurs: Im Anhang findest Du einen Beleg, der von deutschen Feldpost innerhalb Luxemburgs zensiert wurde.

Beste Sammlergrüsse!

Lars


 
hajo22 Am: 04.12.2013 20:44:40 Gelesen: 52863# 7 @  
@ Lars Boettger [#6]

Hallo Lars,

könnte eventuell mit dem Beruf des Adressaten zu tun gehabt haben (Buchhalter/Buchprüfer/Kassierer/Zahlungsverkehr) und man evtl. einen Zusammenhang mit dem belgischen Bankwesen sah/vermutete.

Das belgische Bankwesen wurde streng überwacht, es gab eigene Zensurstellen. Hintergrund ist, daß kurz vor bzw. bei Ausbruch des Krieges die belgische Nationalbank auf Veranlassung der Regierung Gold- und Devisenbestände, Wertpapiere, eigene belgische Geldbestände sowie die Klischees zum Drucken belgischer Banknoten nach London verfrachtet hatte.

Vielen Dank für den aussagekräftigen Scan.

Schönen Abend und morgen geht es lustig weiter.

Viele Grüße
Jochen
 
Lars Boettger Am: 04.12.2013 22:18:27 Gelesen: 52847# 8 @  
@ hajo22 [#7]

Hallo Jochen,

zum Abschluss des Abends noch eine 10-Cent.-Ganzsache mit Zusatzfrankatur Eilzuschlag. Er ist im Kriegsverlauf von 30 Cent. auf 50 Cent. angehoben worden. Die Karte hat einen Zensurstempel der Auslandsstelle Trier. Wirklich häufig sind solche Ganzsachen nicht. Zumindest ist das mein Eindruck.

Beste Sammlergrüsse!

Lars


 
hajo22 Am: 05.12.2013 09:23:34 Gelesen: 52815# 9 @  
@ Lars Boettger [#8]

Lieber Lars,

danke für das Zeigen dieser schönen Eilbotenkarte der P 11 (Type I oder II, läßt sich nicht erkennen auf dem Scan). An dieser Karte, die (rein zufällig) nach Luxemburg lief, läßt sich ablesen, wie interessant das Sammelgebiet ist.

Dein Eindruck täuscht Dich nicht, diese Karten sind wirklich selten. Da das Gebiet preislich im Katalog noch vor sich hindümpelt mangels Nachfrage und Interesse, ist es auch heute noch möglich, relativ kostengünstig eine wirklich aussagekräftige, zeitgeschichtliche Sammlung aufzubauen. Dabei muß man sich aber im Klaren sein, daß nicht alle Ganzsachen gestempelt erreichbar sind. Ich habe deshalb immer gemischt gesammelt und auch gerne die ungestempelten Karten in die Sammlung - sozusagen als Basis - aufgenommen. Auch eine rein ungestempelte Sammlung ist schön anzusehen analog den ungestempelten klassischen Marken, die heute wieder verstärkt gesucht und gesammelt werden und auf Auktionen - neben Briefen - erstaunliche Preise erzielen.

Mit Eilbotenkarten ins Ausland bin ich bei diesem Gebiet nicht reich gesegnet. Ich zeige mal folgende Eilbotenkarten, davon eine ins Ausland (ausnahmsweise nicht nach Luxemburg) und eine im Inland verwendet:

Eilbotenkarte der P2 aus Brüssel 1 vom 21.1.1916 adressiert in den Canton Vaud, nach Lausanne, in die dauerneutrale Schweiz. Wie gewünscht (handschriftlicher Vermerk "via Aachen") wurde die Karte in der Auslandsstelle Aachen geprüft und freigegeben. Keine weiteren postalischen Vermerke der Schweizer Post. Dankenswerterweise handschriftlicher Eingangsvermerk "recu le 26/1". Die Laufzeit betrug also inclusive Zensur 5 Tage, also durchaus akzeptabel für die Umstände.



Dann zeige ich noch eine Inlandsverwendung der P1 als Eilbotenkarte aus Gent nach Brüssel:



Der Wertstempel und die Marke wurden gleich mit dem Zensurstempel Gent entwertet:

"Postprüfungsstelle/12.3.16/Etappen-Inspektion/Gent"
Ankunftsstempel Brüssel 1, vom 13.3.16

Zum besseren Zeigen des Genter Stempels hier noch ein anderer Beleg der P 1:



Schönen Tag allen Sammlerfreunden und bis bald.
Jochen
 
hajo22 Am: 05.12.2013 14:03:25 Gelesen: 52783# 10 @  
Bevor ich es vergesse, möchte ich noch eine Ergänzung zu [#7] geben und einen Zensurstempel zeigen, der die Überwachung der Banken dokumentiert:

"Militärische Überwachungsstelle/ (Bankabteilung)/Freigegeben/Brüssel", auf einer P2, gestempelt 20.12.1915 aus Brüssel nach Bern/Schweiz (Adressat: Generaldirektion der Eisenbahn).

Interessant auch die Rückseite der Karte mit dem Stempel: "Der Kaiserliche Generalkommissar für Banken in Belgien".

Hier die Scans:





Schönen Tag.
Jochen
 
volkimal Am: 05.12.2013 20:05:07 Gelesen: 52741# 11 @  
Hallo zusammen,

damit es nicht immer bei Belgien bleibt, die einzige gelaufene Karte aus meiner Sammlung aus dem besetzten Rumänien:



Wer weiß, bei welcher Zensurstelle die Karte geprüft wurde? Wenn ich den Stempel in die Datenbank eingeben will - gehört er dann zum Land Rumänien oder zu Deutschland?

Viele Grüße
Volkmar
 
hajo22 Am: 05.12.2013 20:49:46 Gelesen: 52729# 12 @  
Weil ich heute abend noch etwas Muse habe, will ich schnell noch eine Karte P 11 I nach Luxembourg-Gare zeigen. Sie ist spät gestempelt - kurz vor Schluß - am 15.10.1918 in Montignies-sur-Sambre 1 (Provinz Hennegau, östlich Charleroi; hatte damals rd. 22.000 Einwohner und wird zu der Zeit als bedeutender Industrieort beschrieben).

Sog. "B"-Postamt (Erläuterung siehe unten*), bestand vom 6.11.1914 bis 31.10.1918.

Zensurstempel "Militärische Überwachungsstelle/9/Charleroi" (undeutlich abgeschlagen, der Zensor hatte offensichtlich keine Lust oder keine Stempelfarbe mehr).



*Zirkenbach (siehe Lit.-Angabe bei #3) schreibt dazu: "Da der Grundsatz bestand, daß belgische Beamte nur den Einwohnerverkehr besorgten, während deutsche den Verkehr (gemeint ist natürlich immer der Postverkehr, d.Verf.) der Truppen und Behörden bearbeiteten, so unterschied man die Postämter in A- und B-Postämter. A mit deutschen Beamten und mit Feldpostabteilung, B mit belgischen Beamten nur für den Einwohnerverkehr."

Schönen Abend.
Jochen
 
hajo22 Am: 05.12.2013 21:01:06 Gelesen: 52726# 13 @  
@ volkimal [#11]

Hallo Volkmar,

zu Frage 1: Bukarest
zu Frage 2: gefühlsmäßig, da während der deutschen Besetzung verwendet, zu Deutschland.

Viele Grüße
Jochen
 
DerLu Am: 06.12.2013 09:12:31 Gelesen: 52689# 14 @  
@ hajo22 [#13]

Hallo,

hier eine Karte P3 des Postgebiet Ob-Ost. Gelaufen am 23.4.1918 von Olita (heute Alytus) in Litauen nach Rostock, dort nach München weitergeleitet. Zensiert wurde die Karte in Königsberg.



Weiß jemand, ob der Begriff "Rückwander-Sendung" eine postalische Bedeutung hatte ?

viele Grüße
DerLu
 
volkimal Am: 06.12.2013 11:01:40 Gelesen: 52670# 15 @  
@ hajo22 [#13]

Hallo Jochen,

danke für die Informationen. Mir ist aber zum Beitrag [#11] noch etwas eingefallen.



Nach der Stempelform ist es ein typisch rumänischer Stempel. Der Ortsname ist aber deutsch, denn Bukarest heißt in der Landessprache București. Ist der Stempel für die Deutschen Besatzer im rumänischen Stil angefertigt worden, oder hat man einen rumänischen Stempel aptiert und nur den Ortsnamen ausgetauscht?

Viele Grüße
Volkmar
 

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