Neues Thema schreiben   Antworten     zurück Suche   Druckansicht  
Thema: Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt
Richard Am: 23.08.2009 20:42:57 Gelesen: 645020# 1 @  
Briefmarken sammeln: Welche sind die berühmtesten und wertvollsten der Welt ?

Simplify.de (15.07.09) - Für das Briefmarken sammeln sind sicherlich nicht sehr viele empfänglich. Aus diesem Grund verspricht der etwas antiquierte Anmachspruch "Darf ich dir vielleicht noch meine Briefmarkensammlung zeigen?" heutzutage wenig Erfolg. Manche Menschen, in der Hauptsache Männer, können sich aber für das Briefmarken sammeln ungemein begeistern und geben zum Teil Unsummen dafür aus, ihre Alben zu vervollständigen.

Ursprungsland des Briefmarken sammelns ist zwar England, jedoch befinden sich die meisten Verehrer der gezähnten Papierfetzen unter den Deutschen, man schätzt sie auf eine runde Million. Mit 500 organisierten Händlern und 450-500 Millionen Euro Umsatz darf sich der Markt für das Briefmarken sammeln und die Briefmarkensammler hierzulande zudem als größter weltweit bezeichnen lassen. Viele Marken sind unverschämt teuer. Manche, bei deren Anblick einem passionierten Sammler Tränen in die Augen schießen, sind sogar ein Vermögen wert. Welche Briefmarken aber zählen zu den berühmtesten und wertvollsten überhaupt?

One Penny Black

Wie der Name der One Penny Black schon sagt, besaß diese schwarze, ungezähnte Briefmarke, die das Profil der britischen Königin Victoria zeigt, einmal den Nominalwert eines Pennys. Heute ist die "One Penny Black" ein Vielfaches wert, vor allem deshalb, weil es sich bei ihr um die erste Briefmarke der Welt handelt. Sie wurde im Zuge der britischen Postreform entwickelt und ermöglichte es erstmals, die Beförderung von Briefen vom Absender bezahlen zu lassen. Ab dem Ausgabedatum der One Penny Black, dem 1. Mai 1840, war die Marke allerdings nur ein Jahr in Gebrauch. Denn da sich die ursprünglich roten Entwertungsmarkierungen sehr leicht wieder entfernen ließen, mussten sie bald durch schwarze ersetzt werden. Sofern aber schwarze Entwertungen auf schwarzen Marken logischer Weise nur schwer zu erkennen sind, musste auch die Farbe der Marke geändert werden: Aus der "One Penny Black" wurde die "One Penny Red". Von daher war die Anzahl der Exemplare dieses ersten Postwertzeichens von Anfang an sehr begrenzt.

Basler Taube

Die "Basler Taube" ist die erste und einzige Briefmarke, die am 1. Juli 1845 vom Schweizer Kanton Basel herausgegeben wurde. Da die Gründung eines einheitlichen Schweizer Postwesens erst 1849 erfolge, war zu diesem Zeitpunkt nämlich noch jeder einzelne Kanton selbst für die Organisation der Briefbeförderung zuständig. Der Name der Basler Taube, Postwert 2 1/2 Rappen, resultiert aus dem Umstand, dass sie als Motiv eine weiße Taube zeigt, die von der Inschrift "Stadt-Post-Basel" umgeben ist. Das Besondere der "Basler Taube" liegt jedoch in der Farbe, denn sie wurde in den drei Farben Schwarz, Blau und Karmin hergestellt und ist somit die erste mehrfarbige Briefmarke der Welt. Sie besitzt keine Perforation, da sie mit der Schere aus einem Bogen herausgeschnitten werden musste. Der hohe Sammlerwert der "Basler Taube" setzt sich aus ihrer Seltenheit und ihrem weiten Bekanntheitsgrad zusammen.

Rote Mauritius und Blaue Mauritius

Wenngleich die Rote und vor allem die "Blaue Mauritius" unter Nicht-Philatelisten als die berühmtesten gelten, sind die rote und blaue Mauritius nicht die wertvollsten und seltensten Briefmarken der Welt. Nachdem 1840 in England die ersten Briefmarken im Umlauf waren, wollte die Kronkolonie Mauritius diesem Beispiel nacheifern. Zwei Marken wurden gedruckt: Eine 1-Penny-Marke für Frankierungen im innerörtlichen Postverkehr der Mauritius-Hauptstadt Port Louis in der Farbe Rot und eine 2-Pence-Marke für den Postverkehr mit der benachbarten Insel Rodrigues sowie mit Übersee in der Farbe Blau. Diese Marken der ersten Serie von 1847, die bald durch eine zweite Serie ersetzt wurde, galten unrichtiger Weise lange als Fehldrucke, da sie neben der Wertangabe und dem Landesnamen "Mauritius" die für das Britische Empire unübliche Inschrift "Post Office" tragen. Von der "Roten Mauritius" existieren noch zwölf gebrauchte und zwei ungebrauchte Exemplare, während es von der Blauen nur noch acht gebrauchte und vier ungebrauchte gibt. Die "Blaue Mauritius" ist daher wertvoller. Jeweils ein Exemplar einer ungebrauchten Blauen Mauritius befindet sich im Besitz der Britischen Königin, des Internationalen Postmuseums in Den Haag, des Londoner Postmuseums sowie des Blue Penny Museums in Port Louis/Mauritius. Das Museum für Kommunikation in Berlin nennt immerhin eine gebrauchte Blaue Mauritius und eine gebrauchte Rote Mauritius sein Eigen. Eine weitere gebrauchte Blaue Mauritius wurde zuletzt 1993 für 1,725 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet etwa 1,1 Millionen Euro) veräußert. Das unter Philatelisten bekannteste Ganzstück, der sogenannte "Bordeaux-Brief", frankiert mit einer Roten und einer "Blauen Mauritius", wurde im gleichen Jahr von einem ungenannten Bieter für 6,125 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet knapp vier Millionen Euro) ersteigert.

(Quelle: http://simplify.de/index.php?id=stoeberninthemen&tx_ttnews[cat]=5&tx_ttnews[tt_news]=1233&backPid=10&cHash=941e1234ed&SYS=220&NL=1242806919&ML=1UJHYDL-H3VQUH)
 
BD Am: 23.08.2009 21:11:40 Gelesen: 645011# 2 @  
So war der Wert vor 96 Jahren, wobei die Verkaufspreise mit den Katalogpreisen fast identisch waren.

Mit besten Grüßen BD


 
Richard Am: 31.08.2009 08:21:34 Gelesen: 644916# 3 @  
Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt (Teil 2)

Simplify.de (22.07.09) - Den One Penny Black haben Sie vergangene Woche bereits kennengelernt, die Basler Taube ebenfalls und auch die Rote Mauritius und die Blaue Mauritius haben wir Ihnen näher gebracht. Mehr zu den Schönen und Reichen aus der Welt der Briefmarken erfahren Sie hier im 2. Teil.

Schwarzer Einser

Deutschlands älteste Briefmarke ist der sogenannte "Schwarze Einser". Das ungezähnte Wertzeichen wurde auf handgeschöpftem Papier gedruckt und 1849 im Königreich Bayern ausgegeben. Der "Schwarze Einser" war der kleinste Wert einer ganzen Serie von sehr ähnlichen Marken, die alle eine große Ziffer als Motiv zeigen. Die Gestaltung des Schwarzen Einsers in schwarzer Farbe bewährte sich nicht, da sie mit schwarzer Stempelfarbe entwertet wurde. Der Schwarze Einser wurde daher schon bald durch eine neue Ausgabe, den rosafarbenen 1-Kreuzer ersetzt. Trotz einer dennoch recht hohen Auflage von 832.500 Stück ist der "Schwarze Einser" bei Sammlern sehr beliebt und erreicht Sammlerwerte von 1.000 bis 3.000 Euro.

Sachsen Dreier

Der "Sachsen Dreier" (korrekte Bezeichnung: "Sachsen, Drei Pfennig rot"), eine der bekanntesten Marken Deutschlands, wurde 1850 als erstes Postwertzeichen des Königreichs Sachsen ausgegeben und diente vor allem zur Frankatur von Zeitungen. Da sie zumeist zur Hälfte mit der Drucksache und zur anderen Hälfte mit dem diese umfassenden Streifband verklebt wurde, fiel sie in der Regel der Zerstörung anheim. Der Wert, der bis heute erhaltenen 3000-4000 Exemplare vom Sachsen Dreier, schwankt je nach Farbnuance zwischen 4000 und 18 000 ?.

British Guiana

Von der "British Guiana 1¢ magenta" ? das Motiv der 1856 in British-Guayana (heute Guyana) herausgegebenen Briefmarke zeigt ein schwarzes Schiff auf magentafarbenem Papier - ist nur ein einziges Exemplar erhalten geblieben. Diese British Guiana wurde 1873 von dem zwölfjährigen Schüler Vernon Vaughan bei der Durchsicht von Briefen seines Onkels gefunden, machte danach eine Odyssee um die halbe Welt durch und ging schließlich 1980 für 935 000 $ in den Besitz John E. du Ponts über. Diese Summe brachte der "British Guiana 1¢ magenta" lange Zeit den Ruf der seltensten und teuersten Briefmarke der Welt ein. Der heutige Zustand der British Guiana ist unbekannt, da du Pont seit 1997 wegen Mordes in einer psychiatrischen Anstalt in Philadelphia eine längere Haftstraße absitzt.

Inverted Jenny

Bei der "Inverted Jenny", der ersten US-amerikanischen Flugpostmarke (zu 24 Cents) aus dem Jahr 1918, handelt es sich um einen Fehldruck. Er zeigt als Motiv die Curtiss Jenny, ein Flugzeug, das allerdings verkehrt herum abgebildet ist. Dies war möglich, da die Marke in zwei Farben (roter Rand, blaues Flugzeug) und damit in zwei Druckvorgängen hergestellt wurde. Es existieren nur 100 Fehldrucke der Inverted Jenny, deren Stückwert mittlerweile um die 120 000 ? beträgt. Die "Inverted Jenny" genießt eine hohe Popularität in der US-Pop-Kultur. So findet beispielsweise Homer Simpson in einer Folge der auch hierzulande beliebten Zeichentrickserie "The Simpsons" einmal zufällig einen ganzen Bogen "Inverted Jennys" -, wirft ihn aber sofort achtlos weg. Dumm gelaufen.

(Quelle: http://www.simplify.de)
 
DL8AAM Am: 25.04.2012 18:08:32 Gelesen: 639242# 4 @  
Aber auch so kann man eine Blaue in die Sammlung bekommen. ;-)



Aber mal ernsthaft, weiss jemand wer hinter dem FRANKIT Gerät (Neopost 1D10000115) mit dem Einsatz "Postfach 12 06 / 86407 Mering" steht? Sehr wahrscheinlich ein größerer "Lettershop", der hier für den Absender (Ch. Krager KG, Augsburg) das Mailing und/oder die Frankierung übernommen hat.

AFS mit dieser Angabe (Kreisstempel-AFS tragen die Ortsangabe "86368 Gersthofen") sind von zahlreichen Freistempelgeräten (u.a. C063032, C063035, C063036, C063038) bekannt. Vielleicht die Firma "KuvertierService Richter GmbH" (Gaußring 28, 86415 Mering) ?

Gruß
Thomas
 
el-mue Am: 26.04.2012 07:33:34 Gelesen: 639196# 5 @  
Ich kann mich noch erinnern, dass Ende der 70er / Anfang der 80er Jahre letzten Jahrhunderts der Fehldruck der Baden Nr.4 auf Brief für mehr als 2 Mio. DM den Eigentümer wechselten. Es gab dann kurzzeitig die Diskussion, ob dieser Brief mit dem Fehldruck als teuerste Briefmarke der Welt gelten könnte, da sie auf einer Auktion höher versteigert wurde, als man den Wert für eine Mauritius ansetzen könnte, der Badenfehldruck aber auf Brief klebt. Von dieser Briefmarke ist soweit ich informiert bin nur dieses Exemplar vorhanden.

Weitere und berühmte Briefmarken kann man auch auf Wikipedia sich anschauen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Briefmarke

Einfach nach unten scrollen, unter der Überschrift berühmte Briefmarken findet man dann eine Auswahl, wo auch die schon oben genannten abgebildet sind.

Beste Sammlergrüsse

El Mü
 
DL8AAM Am: 22.08.2012 17:11:11 Gelesen: 638211# 6 @  
@ DL8AAM [#4]

Vielleicht die Firma "KuvertierService Richter GmbH"

Ja, inzwischen konnte ich das positiv bestätigen, siehe auch http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?PR=53473
 
Richard Am: 18.02.2014 09:21:58 Gelesen: 633989# 7 @  
@ [#3]

Das einzige erhalten gebliebene Exemplar der British Guiana ist wieder zu haben, das notwendige Kleingeld mal voraus gesetzt:

Sotheby's will 10-Millionen-Dollar-Briefmarke verkaufen - Papierfetzen mit Milliardenwert - die British Guiana One-Cent Magenta.

Von ELLEN GAMERMAN

Die British Guiana One-Cent Magenta, eine der wertvollsten Briefmarken der Welt, war einst im Besitz eines zwölfjährigen schottischen Schuljungen, dann hatte sie ein österreichischer Adliger inne und anschließend ein amerikanischer Chemie-Erbe, der später wegen Totschlags verurteilt wurde.

Jetzt wird ein neuer Besitzer gesucht. Am 17. Juni wird Sotheby's die Briefmarke in New York versteigern, wie das Auktionshaus am Freitag offiziell ankündigen dürfte. Als Preisziel für das Objekt hat Sotheby's mehr als 10 Millionen Dollar ausgegeben. Bei einem Gewicht von 0,001 Unzen (rund 0,028 Gramm) würde der verblasste Papierfetzen einen Bieter damit mindestens 1 Million Dollar je zehntausendstel Unze kosten.


(Quelle und ausführlich weiter lesen: http://www.wsj.de/article/SB10001424052702304434104579382471715280510.html )
 
bignell Am: 18.02.2014 19:14:56 Gelesen: 633893# 8 @  
@ Richard [#7]

Hallo Richard,

das Kleingeld wäre ja nicht das Problem, aber ich sammle nur mehr Briefe, und davon wurde noch keiner gefunden. :)

Nicht unerwähnt möchte ich als Ösi den Zinnoberroten Merkur [1] als teuerste Marke Österreichs lassen, zuletzt von Schwanke versteigert, Ausruf 40.000, Höchstgebot 68.000 Euro.

Lg, harald

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Zinnoberroter_Merkur
 
Heinz 7 Am: 19.02.2014 16:47:39 Gelesen: 633821# 9 @  
@ Richard [#7]

Nun, die US$ 10'000'000 sind nicht so falsch bzw. danebengegriffen. Das wird sehr spannend werden, was die Marke bringen wird. In der Ferrary-Auktionsserie (1921 ff) jedenfalls war diese Marke mit Abstand die Nummer eins weltweit, und bei der Unvergleichlichkeit dieser Sammlung Ferrary heisst das schon etwas! Der damalige Zuschlagpreis (vor über 90 Jahren) ist umgerechnet in Wert heute auch klar siebenstellig!

Auch zu den Zeiten von Hind (ca. 1933) wurde die Marke als die teuerste der Welt geschätzt, kam dann aber leider nicht wirklich zum Verkauf (sonst wäre ein Vergleich möglich gewesen). Zur Zeit von Caspary (ca. 1955) wurde die Marke erneut bestätigt als die "teuerste" im Aufsehen erregenden TIME-Artikel. Erst bei den Verkäufen der BURRUS-Sammlung (ab 1962) lösten allmählich andere Marken die British Guiana als "Teuerste" ab. Dann aber kamen die zwei Verkäufe bei SIEGEL, New York: 1970 und 1980 - und wieder war die British Guiana One-Cent Magenta der absolute Star: Erlös (1980) US$ 850'000 + 10% Aufgeld = US$ 935'000, Weltrekord!

Damals stand der US-Dollar noch um einiges höher als heute!



Dieser Rekord wurde dann erst wieder beim KANAI-Mauritius-Verkauf (1993) klar übertroffen, und seither ist der Mauritius-Brief mit der einmaligen Buntfrankatur die Nummer eins unter den philatelistischen Kostbarkeiten.

Nun, dieses schöne Ereignis (Auktion in Zürich) liegt nun auch bereits 20 Jahre hinter uns (ich war dabei!). Nun darf man gespannt sein, ob die British Guiana One-Cent Magenta den Sprung zurück an die Spitze schafft. CHF 5 Mio. +15 % = 5.75 Mio. müsste sie übertreffen, also zum heutigen Kurs mehr als US$ 6 Mio., das ist natürlich sehr viel Geld. Besonders, weil im US-Dollar-Raum die Leute natürlich ein anderes Verhältnis haben zum Dollar und eine Preisentwicklung von US$ 935'000 auf US$ 6'400'000 natürlich ganz anders aussieht als wenn wir das in CHF umrechnen! Und die Geldentwertung sollte ja auch noch berücksichtigt werden, wobei früher die Zinsen ganz anders waren, als heute.

10 Million Dollar ist also ein durchaus "vernünftiges" (wenn auch etwas hohes) Preisschild für diese Marke, die in den letzten 100 Jahren zu Recht oft als "die Teuerste" bezeichnet wurde. Will sie ihren Ruf behalten, sollte sie in die Nähe dieses Preises kommen. Übertrifft sie die US$ 6.4 Mio. - Grenze nicht (Achtung: 1993!), bleibt weiterhin der "Bordeaux-Brief" (Mauritius) das teuerste Stück, sogar ohne Zeitwertveränderungs-Betrachtung.

Wir werden gespannt nach New York schauen, wenn der Hammer fällt!

Heinz
 
doktorstamp Am: 19.02.2014 18:54:57 Gelesen: 633776# 10 @  
@ Richard [#546]

One Penny Black

Wie der Name der One Penny Black schon sagt, besaß diese schwarze, ungezähnte Briefmarke, die das Profil der britischen Königin Victoria zeigt, einmal den Nominalwert eines Pennys. Heute ist die "One Penny Black" ein Vielfaches wert, vor allem deshalb, weil es sich bei ihr um die erste Briefmarke der Welt handelt. Sie wurde im Zuge der britischen Postreform entwickelt und ermöglichte es erstmals, die Beförderung von Briefen vom Absender bezahlen zu lassen. Ab dem Ausgabedatum der One Penny Black, dem 1. Mai 1840, war die Marke allerdings nur ein Jahr in Gebrauch. Denn da sich die ursprünglich roten Entwertungsmarkierungen sehr leicht wieder entfernen ließen, mussten sie bald durch schwarze ersetzt werden. Sofern aber schwarze Entwertungen auf schwarzen Marken logischer Weise nur schwer zu erkennen sind, musste auch die Farbe der Marke geändert werden: Aus der "One Penny Black" wurde die "One Penny Red". Von daher war die Anzahl der Exemplare dieses ersten Postwertzeichens von Anfang an sehr begrenzt.


Rund 65 Millionen Penny Blacks waren gedruckt. Die Zahl an sich bildet schon längst keine Seltenheit. Begehrt ist sie ohnehin. Aber bei dieser Marke um Geld dafür zu bekommen, muß man eine von Platte 11 postfrisch auf die Wiege stellen. Alles andere geht stark Berg hinab.

Von der One Cent magenta gibts auch die von Peter Winter, dessen Stück begründungslos seitens RPSL von einer Prüfung abgelehnt worden war.

Insider hierzulande wissen auch von einer dritten, die erst mit dem Tod ihres Besitzers vorgestellt wird.

Aber sie dürfte die 10 Millionen einspielen.

mfG

Nigel
 
bignell Am: 19.02.2014 19:02:38 Gelesen: 633774# 11 @  
@ doktorstamp [#10]

Hallo Nigel,

von der zweiten wusste ich, aber das eine dritte existiert ist mir neu. Bitte um Infos.

Danke, harald
 
Heinz 7 Am: 20.02.2014 21:28:13 Gelesen: 633708# 12 @  
@ doktorstamp [#10]

Die Penny Black ist ja, wie richtig festgestellt ist, keine seltene Marke, es gibt sie in rauhen Mengen. Aber es gibt auch heute noch erstaunlich viele sehr hohe Resultate für z.B. Viererblocks und noch grössere Einheiten. Die Chartwell-Auktion (=Sir Cyril Humphrey Cripps), die 2011-2012 bei Spink zur Versteigerung kam, hat jedenfalls sehr viele sehr hohe Preise gebracht, nicht nur von Plate 11. Die Resultate haben mich überrascht (positiv).



Ich persönlich glaube nicht, dass im Sommer nun der Mauritius-Rekordpreis geknackt wird. Die One Cent British Guiana wird es schwer haben, gerade auch wegen diesen Gerüchten um weitere Exemplare. Und - lose Marken haben es heute schwerer als früher; die meisten Spitzen-Preise werden heute für BRIEFE bezahlt. Und darum könnte der einmalige Mauritius Brief die Nummer eins bleiben. - Auch wenn 20 Jahre eine lange Zeit sind, und ein neuer Rekord der Philatelie auch gut tun würde. - Naja, wir werden sehen. Vorfreuen kann man sich ja einmal... Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren: David Feldman & Sotheby's New York scheinen sich die Sammlung Du Pont aufgeteilt zu haben, das erinnert sehr stark an die Sammlung "Great" 1980: Hauptteil bei Robson Lowe, aber "THE Stamp" bei Robert A. Siegel, New York...

Heinz 7
 
LK Am: 24.02.2014 14:51:51 Gelesen: 633600# 13 @  
@ Heinz 7 [#9]

Hallo,

nachdem es mir gesundheitlich wieder etwas besser geht, habe ich mal wieder in der Vergangenheit nach Beiträgen zu dieser Marke recherchiert.

Interessierte Sammler mögen sich folgenden Beitrag (Link) aufmerksam durchlesen.

Ob die Marke jetzt immer noch 10 Mio $ Wert ist, muss dann jeder für sich entscheiden.

http://www.phila-kompass.de/fileadmin/PDF_Dateien/guiana.pdf

Gruß

LK
 
Vernian Am: 24.02.2014 20:30:00 Gelesen: 633533# 14 @  
@ LK [#13]

Hochinteressant. Stellt sich nur die Frage, ist es nun eine Fälschung oder nicht? Ist das Ferrari-Exemplar keine Fälschung, ist es dann die Winter-Marke?

Anderseits: Was für eine Rolle spielt das? Es wird, solange nicht eindeutige Beweise vorgelegt werden können, genug geben, die an die Echtheit glauben, allein schon des Mythos wegen. Und wenn es sich doch unbezweifelbar als Fälschung herausstellen sollte - auch Fälschungen werden gesammelt, und es wird weiterhin Leute geben, die dann für diese "erst nach weit mehr als 100 Jahren entlarvte Fälschung" bereit sind viel Geld dafür zu zahlen. Mag sein, das der Preis dann geringer ausfällt, der dafür bezahlt wird. Aber der Mythos lebt.

V.
 
Lars Boettger Am: 24.02.2014 22:09:42 Gelesen: 633507# 15 @  
@ Vernian [#14]

Die "Winter"-Marke ist eine Fälschung.

Beste Sammlergrüsse!

Lars
 
Vernian Am: 24.02.2014 23:07:37 Gelesen: 633489# 16 @  
@ Lars Boettger [#15]

Wenn man den Artikel in obig angegebenen Link liest und zu Grunde legt, dann ist diese Aussage so nicht richtig.

Wenn die bislang bekannte Marke (und ehemaliger Bestandteil der Ferrari-Sammlung) echt ist (also eine echte Briefmarke bzw. Postwertzeichen), dann ist die Wintermarke eine Fälschung. Ist aber auch die Ferrari-Marke keine echte Marke (und dies wird ja laut dem Artikel ebenfalls von verschiedenen Seiten angezweifelt), sondern ein Machwerk (sagen wir: Eine Vignette?), dem es gelungen ist, lange Zeit (bzw. bis heute) als Briefmarke zu gelten, dann stellt nach der Definition des Artikels auch die Winter-Marke keine Fälschung dar, sondern nur ein weiteres Machwerk der gleichen Art.

In dem Artikel heißt es:

Man produziert eine beliebige, nicht in der Philatelie vorkommende, durch postalische Dokumente belegte, briefmarkenähnliche Vorlage – und dann ist dies eben keine Fälschung, sondern ein Original! Grund: weil eine Fälschung das Original voraussetzt. Da es aber kein Original gibt, kann das so ähnliche, aber nicht gleiche Produkt eben auch keine Fälschung sein! Das ist höhere Philosophie.

Ich selber als Laie würde schon sagen, dass es von Interesse ist, wenn eine bis heute für eine Briefmarke gehaltene Vignette privater Machart nochmal auftaucht und dabei als Fälschung angesehen werden kann, aber für die zitierten Quellen in dem Artikel scheint es nicht relevant zu sein, wenn eine Vignette gefälscht wird. Diese Quellen interessiert a priori nur die Frage nach Postwertzeichen, nicht nach Vignetten. Ist es kein Postwertzeichen, also keine Briefmarke, dann ist es auch unerheblich ob das zweite Exemplar ein Original oder eine Fälschung des anderen Stückes darstellt.

Das sind hier die Grenzbereiche zwischen der herkömmlichen Postwertzeichen-Philatelie und der Philatelie, die sich (auch) mit anderen Marken wie etwa mit Fiskal- oder Gebührenmarken oder halt eben mit Vignetten befasst. Ich denke, das die Vignetten-Sammler der Jahrhundertwende um 1900 (denn damals war das Sammeln von Werbevignetten und ähnlichen Produkten zeitweise sehr beliebt) schon sehr an der Frage interessiert gewesen wären, ob das Winter-Exemplar eine Fälschung nach Vorlage des Ferrari-Exemplar darstellt oder nicht.

Beste Grüße

Vernian
 
DL8AAM Am: 02.04.2015 17:23:43 Gelesen: 630232# 17 @  
@ Richard [#3]

Inverted Jenny ( ... deren Stückwert mittlerweile um die 120 000 ...)

Zwei Inverted Jennies wurden gerade im vergangenen Februar 2015 in den USA versteigert, die Nummer 80 (ex Aldrich) auf der Aripex Stamp Show in Mesa, AZ am 21.02.2015 für US$ 132.250,00 und die Nummer 19 (ex Curtis) durch "Robert A. Siegel Auction Galleries" in New York am 22./23.02.2015 für US$ 195.500,00 - jeweils plus Aufgeld [1].



Die Nummer 80 [*] (Abbildung extern verlinkt nach [1])

[*] Die Nummerierung wurde seinerzeit vom Händler Eugene Klein rückseitig auf sämtlichen Briefmarken des einzigen bekannten Bogens (zu 100 Stück) angebracht, als dieser aufgetrennt wurde. So hat jede einzelne Inverted Jenny ihren eigenen Namen bekommen ;-) und ist somit durch die Geschichte rückverfolgbar.

Gruß und Frohe Ostern
Thomas

[1]: http://www.linns.com/news/stamp-market-insights/1636/Two-Inverted-Jennies-hammered-down-in-separate-auctions-in-February
 
bignell Am: 02.04.2015 19:57:14 Gelesen: 630179# 18 @  
@ DL8AAM [#17]

Und ich hab drei davon - sogar auf Brief. :)


 
bayern klassisch Am: 02.04.2015 20:08:43 Gelesen: 630168# 19 @  
@ bignell [#18]

Kapitalist! :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Hausfreund Am: 02.04.2015 21:17:18 Gelesen: 630138# 20 @  
@ bignell [#18]

Das wäre doch mal ein gutes Angebot bei eBay!

Schönen Abend!
 
DL8AAM Am: 02.04.2015 21:47:06 Gelesen: 630122# 21 @  
[#18][#20]

Nur das die neue, teure Jenny nun richtig herum fliegt, zumindest die richtig teure. ;-)

Gruß und Frohe Ostern
Thomas
 
bignell Am: 02.04.2015 21:50:09 Gelesen: 630120# 22 @  
@ DL8AAM [#21]

Nö sind beide bildgleich.


 
DL8AAM Am: 03.04.2015 13:37:30 Gelesen: 630061# 23 @  
@ bignell [#22]

Nee, nee, Du hast leider nur die richtig herum'ige, neue Inverted Jenny. Die seltene und richtig teure ist die 'right side up' Jenny oder "inverted Inverted Jenny". ;-)

Die US Post hatte seinerzeit als PR-Gag ganz bewusst noch zusätzlich 100 mini-sheets (mit je sechs dieser neuen 2$) gedruckt, bei denen der Einsatz richtig herum, "right side up", steht, d.h. diese Jennies fliegen nun endlich richtig herum. [1].



Mini-sheet "right side up", Abbildung extern verlinkt aus [2].

Diese Blätter wurden unter die "richtig" kopfstehenden gemischt und regulär durch die US Post verkauft. Da alle sheets in undurchsichtigen Umhüllungen vertrieben wurden (werden?), war das also eine Art von Lotterie. Die Glücklichen die so eine inverted "Inverted Jenny" zufällig erstanden haben, fanden zusätzlich noch eine Nachricht der Post, dass sie eine Telefonnummer anrufen sollen, dann bekamen diese zusätzlich dann noch ein Echtheitszertifikat des Generalpostmeisters der USA. Auf diese Weise weiss die USPS aber auch wieviele dieser bewussten "Fehldrucke" erkannt gefunden wurden. Ich meine mich entsinnen zu können, gelesen zu haben, dass das vor Kurzem noch nicht wirklich viele gewesen waren. Viele dürften von Zivilisten unerkannt auch für (eBay) Light Parcels etc. verwendet worden sein und wenn man weiss wie groß inzwischen der Anteil der einfach weggeworfenen Briefmarkenumschläge und achtlos aufgerissenen Päckchenumhüllungen auch in den USA ist, kann sich leicht ausrechnen, wie viele der Welt wohl erhalten geblieben sind.

Es gab also nur maximal 600 dieser neuen 'right side up Jennies', mit entsprechend "ansprechenden" Preisen in den USA. ;-) Bei Siegel ging im Juni 2014 bereits zum Beispiel einer erst bei über US$ 51.000,00 weg [3], während die ersten Funde im Januar noch für schlappe 25.000 Tacken zu ergattern waren [2], aber da dachte man auch noch, dass ein Großteil der 'right side ups' noch gefunden werden, hi. So wird der moderne Mehrwert erzeugt. ;-)

Gruß
Thomas

[1]: http://about.usps.com/news/national-releases/2013/pr13_079.htm
[2]: http://www.linns.com/news/breaking-stamp-news/56/Upright-Inverted-Jenny-pane-sells-for-$25000-new-reports-raise-census-to-eight-found-so-far
[3]: http://www.linns.com/news/breaking-stamp-news/608/First-upright-$2-Jenny-Invert-pane-auctioned-fourth-24and
 
Heinz 7 Am: 03.04.2015 19:19:13 Gelesen: 630003# 24 @  
@ DL8AAM [#17]

Hallo Thomas,

die "Inverted Jenny" gehört zweifellos zu Recht in dieses Thema "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt", obwohl sie vielleicht auch als "die am meisten überbewertete Briefmarke der Welt" bezeichnen könnte! Sie wird nämlich sehr, sehr hoch bewertet! Bei Michel stand sie 2010 bei satten Euro 200'000. Es gibt nicht viele Briefmarken, die so hoch bewertet sind!

Die Marke ist ein "Kopfsteher", also eine Abart (eigentlich ein Stück, das als Druckfehler hätte vernichtet werden sollen!). 1918 gab die USA die ersten 3 Flugpostmarken heraus: 6 Cents orange, 16 Cents grün und 24 Cents rot/blau = C 1, C 2 und C 3 nach "Scott"-Katalog, Michel Nr. 248, 249 und 250. Die zweifarbige Marke wurde in 2 Arbeitsgängen gedruckt, und einmal wurde dabei der Druckbogen verkehrt eingelegt, darum ist das Flugzeug kopfstehend.

Die "normale" 24 Cents Marke wird bewertet mit Euro 80 (Michel Nr. 250). Es gibt auch weitere Abarten dieser Marke, wie die "tieffliegende Jenny" (verschobener Blaudruck), wovon ein Viererblock auch schon teuer verkauft wurde. Ein Bild davon anbei!

.

Warum ist denn der Kopfsteher (Bild: Beitrag 17) so teuer?

"Der Markt macht den Preis", sagt man, und für die ABART dieser Flugpostmarke wurden immer schon sehr hohe Preise bezahlt, regelmässig. Aber eine Weltrarität ist sie eigentlich nicht einmal... Immerhin gibt es 100 Stück davon... Wenn wir berücksichtigen, dass es mehrere Viererblocks davon gibt und ursprünglich sogar einen Achterblock, so reduziert sich die Zahl der handelbaren Einheiten natürlich ein wenig, aber es gibt heute noch mindestens 60 Marken oder Einheiten davon. Das ist sehr viel mehr als bei vielen, vielen anderen philatelistischen Weltraritäten, bei denen es nur ganz wenige gibt (ein Dutzend oder noch weniger, einzelne gibt es sogar "nur ein Mal").

Im Jahr 2000 kam die "Inverted Jenny" nicht weniger als 6 x zur Auktion (sechs verschiedene Stücke) und sie erzielte damals Preise von US$ 155'000, US$ 85'000, US$ 72'500, US$ 120'000, US$ 110'000, US$ 85'000 ("Hammerpreise", dazu kam in der Regel noch ein Zuschlag von 10 % für den Auktionator). Das sind beachtliche Resultate, die nur erklärbar sind, weil die Marke wirklich weltberühmt ist und mehrere Käufergruppen anspricht: "USA" und "Airmails" und "Errors". Die USA sind traditionell ein Land mit vielen wohlhabenden Sammlern, darum ist das Preisniveau dort eher hoch. Der Katalogpreis bei Michel ist also durchaus begründet. Im Jahr 2007 wurden zwei die Briefmarken EINZELN sogar für unglaubliche US$ 977'500 und US$ 825'000 verkauft (vermutlich Endpreise, also "Hammerpreis plus Zuschlag"), aber nach der Finanzkrise 2008 brachen diese Preise ein. Nach Wikipedia (englisch): "In the wake of the 2008 financial meltdown, prices fetched by Inverted Jennys have receded. Between January and September of 2014, five examples offered at auction sold for sums ranging from $126,000 through $575,100." Wir sehen also: die Preisspanne(n) war/ist recht gross.

Zweifellos aber ist die Scott C 3a eine der teuersten und beliebtesten Marken der Welt. Sie wird auch publikumswirksam an jeder grösseren Ausstellung gezeigt. Auch der "Zirkus" mit dem Neudruck (siehe Beitrag 23) ist wohl nur mit dieser populären Marke so möglich.

Eine andere, viel weniger beachtete Story über eine ANDERE Weltrarität sei anbei erzählt.



1852 wurde in Indien (gehörte damals zu Grossbritannien) eine seltsame Briefmarke herausgegeben; die "Scinde Dawk" 1/2 Anna. Bei Michel steht dazu: "I. Ausgabe: Farbloser Prägedruck auf roter Siegeloblate". Die Marke ist im Michel 2010 gelistet mit Euro 12'000 gebraucht und mit Euro 100'000 ungebraucht. Von der ungebrauchten Marke soll nur ein Exemplar existieren! Diese war in einer der berühmtesten und wertvollsten Briefmarkensammlung der Welt: Maurice Burrus!



Anbei ein Bild des Auktionskataloges von 1963. Die Marke wurde damals teuer verkauft.

Jetzt, im März 2015 stand das Unikum wieder einmal zum Verkauf. Die Spannung war gross, ob das Stück verkauft werden kann, die Raritätenhändler Behr (Paris) sind nicht dafür bekannt, dass sie ihre Marken günstig anpreisen. Los 5299 war für Euro 150'000 angeboten.

Gestern erhielt ich die Ergebnisliste: danach wurde die Marke verkauft für Euro 150'500. Ein hoher Preis, gewiss, aber verglichen mit der "Jenny Inverted"
meines Erachtens nicht einmal überbewertet.

Aber das ist Ansichtssache - Die Marke "Scinde Dawk 1/2 Anna, scarlet, unused" gehört aber sicherlich AUCH in diese Rubrik der wertvollsten Briefmarken der Welt!

Grüsse
Heinz
 
bayern klassisch Am: 03.04.2015 19:55:20 Gelesen: 629986# 25 @  
@ Heinz 7 [#24]

Lieber Heinz,

ein toller Beitrag von dir - vielen Dank dafür und jetzt habe ich schon viel von dir gelernt.

Du hast den goldenen Stern wahrlich nicht umsonst.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
JohannesM Am: 03.04.2015 21:49:38 Gelesen: 629951# 26 @  
@ bignell [#22]

Lächerlich. Von der nach rechts fliegenden Jenny gibt's doch einen ganzen Bogen, aber meine fliegt nach links - und das ist wirklich ein Einzelstück und damit die allerallerseltenste Briefmarke der Welt. :-)

Beste Grüße
Eckhard


 
merkuria Am: 04.04.2015 00:14:43 Gelesen: 629920# 27 @  
Unter den weltweit teuersten Briefmarken rangieren mittlerweile manche Ausgaben Chinas in Spitzenpositionen. Ich werde in loser Folge einige dieser Spitzenreiter vorstellen.

Beginnen möchte ich mit einer Einheit des Kaiserreiches China.



Kaiserreich China 1897, 1$ breiter Aufdruck im 15er Bogenteil, Mi Nr. 33 II ungebraucht.

Die Einzelmarke wurde zur Zeit der Auktion im Michelkatalog mit 1‘700 Euro bewertet! Zuschlagspreis für diese Einheit an der Corinphila Auktion Zürich 2008: 640'000 CHF ohne Aufgeld. Dies entsprach damals etwa 413'000 Euro.
 
merkuria Am: 04.04.2015 11:03:15 Gelesen: 629869# 28 @  
Die wohl seltenste und auch teuerste Briefmarke des Kaiserreichs China ist die 1897 ausgegebene Red Revenue mit schmalem 1$ Aufdruck, Mi Nr. 33 I ungebraucht. Von dieser Marke sind bis heute gerade mal 32 Exemplare bekannt. Der letzte mir bekannte Verkauf dieser Rarität fand am 29. Juli 2013 bei der Interasia Auktion in Hongkong statt. Das Stück erreichte den Zuschlag bei 6.9 Mio HK$, was zu der Zeit 890‘000 US$ oder 670‘000 Euro waren.



Zum Vergleich; rechts der breite "preiswertere" Aufdruck!
 
merkuria Am: 04.04.2015 14:22:33 Gelesen: 629819# 29 @  
Eine der modernen Raritäten der Volksrepublik China ist die zweite geplante Ausgabe von „Das ganze Land ist rot“. Währendem die erste, kleinformatige Ausgabe vom 25. November 1968 im Michel Katalog unter der Nr. A1027 gelistet ist, wird die zweite Ausgabe nicht erwähnt. Dies hat folgende Hintergründe:

Die erste im Michel erwähnte Ausgabe wurde am 25. November 1968 zum Verkauf an die Postanstalten verteilt. Einen halben Tag später wurde auf der Briefmarke ein Fehler entdeckt, welcher die Postverwaltung dazu bewog, diese Ausgabe vom Verkauf zurück zu ziehen. Eine unbekannte Anzahl dieser Marken war aber bereits verkauft und konnte nicht mehr der Vernichtung zugeführt werden.

Was den Fehler anbelangt, so wurde auf der Landkarte vergessen, Taiwan welches als zu China gehörend propagiert wurde, entsprechend wie das Mutterland rot zu bezeichnen!



Diese Ausgabe brachte es im Viererblock vom Bogenrand an einer Interasia Auktion in Hongkong 2012 aber immerhin schon auf 6‘325‘000 HK$, was zu der Zeit 815‘000 US$ oder 613‘000 Euro waren.

Während die erste Ausgabe bereits an den Schaltern zurückgezogen worden war, befand sich eine zweite Ausgabe in einem grösseren Format zum gleichen Thema und dem gleichen Fehler noch in der Produktion für eine Ausgabe im Dezember 1968. Diese wurde gestoppt und die Marken der Vernichtung zugeführt. Weniger als 10 Exemplare entgingen der Vernichtung und sind aus ungeklärten Umständen in den Handel gelangt (Gscheidle lässt grüssen!)



Diese weit seltenere Ausgabe brachte es als Einzelstück an einer Interasia Auktion in Hongkong 2014 hingegen auf 5‘020‘000 HK$, was 647‘000 US$ oder 592‘000 Euro entspricht.
 
Heinz 7 Am: 04.04.2015 16:45:17 Gelesen: 629779# 30 @  
@ merkuria [#29]
@ merkuria [#28]
@ merkuria [#27]

Hallo Kollege,

Du hast recht, China hat sich ganz weit vorne eingereiht unter den "teuersten" Briefmarken der Welt. Vor allem die "1897 Red Revenue Small Surcharge" (Beitrag 28) ist IMMER sehr teuer, schon lange, obwohl es doch immerhin 32 Stück davon gibt (das ist nicht "extrem wenig"). Was bei China preistreibend ist, ist die grosse Zahl von neuen reichen Sammlern, die sich so etwas auch leisten wollen & können. Bei den vielen asiatischen Philatelisten sind natürlich 32 verfügbare Stücke nicht viel.

Interessant sind diese Marken auch, weil es "moderne" Marken sind (XX. Jahrhundert), wie die "Inverted Jenny", während sonst die "klassischen Marken" (XIX. JH) klar vorne liegen unter den Weltraritäten.

Die "Krone" für China betreffend "Teuerstem Stück" gebührt(e) meines Wissens längere Zeit dem einmaligen Ganzbogen (25 Stück) der Ausgabe "1878-1883 Large Dragon, Setting 3" (ich vermute das wäre dann Michel Nr. 3 III).



Die Marke hat zwar nur einen Katalogwert von Euro 850 (Michel 2010), aber als Ganzbogen erzielte sie meines Wissens GB£ 374'000 (britische Pfund 1991!); das war weit mehr als die Schätzung (GB£ 100'000 - 120'000). Dazu kam dann noch ein Aufgeld von 10 % für das Auktionshaus (Sotheby's London). Umgerechnet in US$ ergab das (ca. 1992) einen Kaufpreis von US$ 761'850 (Quelle: "Bolaffi 1992, all the records of the philatelic season" 1992). Damit schaffte es dieser Bogen 1991 auf Platz drei aller Top-Resultate weltweit!

Die Auktion war im September 1991 (Major James Starr collection, siehe Umschlag Auktionskatalog).

.

Bei einem Katalogwert von nur Euro 850 für die Einzelmarke ist dieses Ergebnis sicherlich erstaunlich. Aber war der Preis "zu hoch"? Wer entscheidet das? Immerhin ist es ein Unikat.

So, jetzt höre ich auf, sonst wird es noch philosophisch (auch DAS kann Philatelie manchmal sein).

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.04.2015 16:57:20 Gelesen: 629775# 31 @  
@ bayern klassisch [#25]

Oh, Ralph, danke sehr!

Dein Lob ehrt mich sehr! Wenn der Sieger von mehreren Philaseiten-Umfragen und selbst ein phantastischer Philatelist mit meinen Beiträgen zufrieden ist, macht mich das sehr zufrieden und auch ein bisschen stolz.

Es ist einfach schön, über anspruchsvolle Themen & Philatelie sprechen zu können, und auf Interesse zu stossen, oder von anderen Beiträgen lernen zu können! Ich bin sehr froh, auf "Philaseiten" so vielseitig-hochstehende Philatelie pflegen zu können und bin gerne bereit, dazu meinen Beitrag auch zu leisten, soweit mir das möglich ist (zeitlich und/oder vom Wissen her).

Eines ist gewiss: ich könnte 200 Jahre alt werden, es gäbe genügend interessante Themen in der Philatelie... das macht sie auch so "unfassbar" schön.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
merkuria Am: 05.04.2015 11:47:08 Gelesen: 629710# 32 @  
Eine weitere sehr seltene, vom Verkauf zurückgezogene Briefmarke aus der Volksrepublik China ist die im Yang Katalog unter der Nr. W82 aufgeführte Ausgabe „Sieg der Grossen Proletarischen Kulturrevolution“. Die Marke war 1968 zum Verkauf an die Postanstalten verteilt, jedoch war noch kein Erstverkaufstag festgelegt. Wenige Tage nach der Verteilung entschloss sich die Postverwaltung, diese Ausgabe nicht auszugeben und forderte die bereits ausgelieferten Marken zurück nach Peking, wo sie der Vernichtung zugeführt wurden. Ein Postamt in der Provinz Hebei verkaufte aber bereits vor diesem Beschluss einige Exemplare der Ausgabe. Die Gründe für den Rückzug der Ausgabe sind nicht bekannt.



Die Marke erzielte bei der Interasia Auktion vom 26.2.2011 einen Zuschlag von 2.2 Mio HK$ was zu der Zeit 205‘000 Euro entsprach (ohne Aufgeld).
 
merkuria Am: 05.04.2015 12:22:35 Gelesen: 629689# 33 @  
Eine ähnliche Geschichte wie in [#29] und [#32] beschrieben, hat eine für den 18. September 1968 geplante Ausgabe der Volksrepublik China. Die im Yang Katalog als W84 gelistete Ausgabe „Zitat des Vorsitzenden Mao an die japanischen Arbeiter“ wurde auf Druck der japanischen Regierung zurückgezogen. Japan befürchtete die Aufstachelung der japanischen Arbeiterschaft mit revolutionären Ideen. Die Ausgabe war bereits zum Verkauf an die Postanstalten verteilt als sich die Postverwaltung auf Druck Japans entschied, die Marke nicht zu verausgaben und zur Vernichtung zurück zu rufen. Eine unbekannte Anzahl dieser Marken war aber bereits verkauft und konnte nicht mehr der Vernichtung zugeführt werden.



Die bis anhin grösste bekannte Einheit dieser Briefmarke in Form eines Viererblocks vom unteren rechten Bogenrand erzielte bei der Interasia Auktion vom 26.2.2011 in Hongkong einen Zuschlag von 7.8 Mio HK$ was zu der Zeit 727‘000 Euro entsprach.
 
merkuria Am: 05.04.2015 14:07:29 Gelesen: 629670# 34 @  
Eine der wohl sagenumwobensten Ausgaben der Volksrepublik China ist wohl die im Volksmund unter der Bezeichnung "Big Blue Sky" bekannte halbe Briefmarke. Bisher sind nur zwei rechte Hälften sowie eine einzige ganz erhaltene Marke bekannt. An Auktionen wurde bisher nur die halbe rechte Briefmarke angeboten und abgebildet. Von der ganzen Briefmarke ist mir keine Abbildung bekannt, ausser die von Richard in seinem Thema unter http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=3053&CP=0&F=1 gezeigte Fälschung. Dass diese Fälschung die ganze "Big Blue Sky" darstellt, ist wohl unbestritten wenn man die verkaufte Hälfte mit der Ganzfälschung vergleicht.

Was die Geschichte der "Big Blue Sky" anbelangt, ist darüber wenig verbürgt. Bekannt ist, dass die Marke als Teil einer Sonderausgabe für den September 1967 vorgesehen war. Ob diese Sonderausgabe 2 oder 4 Marken umfassen sollte, ist aber schon umstritten. Bisher sind auch keine anderen Wertstufen dieser Ausgabe aufgetaucht. Der geplante Ausgabeanlass „40. Jahrestag der Vereinigung von Mao’s Herbst-Ernte-Armee mit der Aufständischen-Armee von Zhu De bei Jing Gangshan im Oktober 1927“ weist auf einen geschichtlichen Wendepunkt in der Revolution China‘s hin. Damit ist auch ein grosser Teil der Spekulationen verbunden, die über die Zurückziehung der Ausgabe angestellt werden.

Die Vorlage für die geplante Ausgabe lieferte ein während der Kulturrevolution im August 1967 entstandenes Propaganda-Plakat (Originalgrösse 39x54 cm)



Die angebotene Hälfte weist einen diagonalen Knick auf, was vielleicht auf deren Herkunft aus dem Vernichtungsvorgang herrührt. Wie weit diese Ausgabe bis zu ihrer Vernichtung bereits gefertigt war, ist ebenfalls unbekannt.



Eine Tatsache ist es aber, dass diese halbe Marke an der 9. Interasia Auktion 2010 in Hongkong unter Los Nr. 1173 einen Zuschlag von 1.9 Mio HK$ erzielte, was zu der Zeit 274‘000 Euro entsprach.
 
Heinz 7 Am: 10.04.2015 21:56:16 Gelesen: 629307# 35 @  
Danke, Merkuria, für diese interessanten Berichte. Es ist erstaunlich (und hier wohl wenig bekannt), dass China so viele "Hochkaräter" hat.

Beim Betrachten des Themas hier fällt auf, dass wir hier bis jetzt hauptsächlich von Ländern von bevölkerungsreichen Ländern gesprochen haben, so u.a. den Nummern 1-2-3 der Bevölkerungszahl (China-Indien-USA). Dass "nur" die Grösse des Landes eine wichtige Rolle spielt, kann aber klar widerlegt werden, wie ich hiermit zeigen werde.

Wir wissen, dass auch bevölkerungskleine Länder sehr wertvolle Marken haben können, wie z.B.

- Britisch Guiana (!)
- Schweden (Tre Skilling)
- Schweiz
oder (Paradebeispiel):
- Mauritius (Einwohner nur 1'234'000 (2004))

Nicht ALLE grossen Länder haben teure Marken. Das bevölkerungsmässig viertgrösste Land der Erde, Indonesien, mit heute rund 240 Mio. Einwohnern (Wikipedia) und seine "Vorgänger-(Briefmarken)-Regionen" "Niederländisch Indien" und "Portugiesisch Indien" beanspruchen im Michel-Raritäten-Katalog nur wenig Raum!

Referenz: MICHEL: "Valuable Stamps of the World - Wertvolle Briefmarken aus aller Welt", meines Wissens erstmals ausgegeben 2010 umfasst fast 1200 Seiten, wobei das nun in Rede stehende Gebiet nicht viel Platz einnimmt:

Indonesien: Seite 654: Keine Briefmarke mit Katalogwert über Euro 700 !
Niederländisch Indien: Seiten 855+856: Teuerste Marke: Nr. 2, *, KW: Euro 1'400
Portugiesisch Indien: Seiten 930+931: hier gibt es ein paar Marken mit KW > Euro 1'000, aber die höchste Notierung endet auch schon bei Euro 2'500.

Das sind für mich überraschend TIEFE Werte!

Man kann anfügen, dass einzelne posthistorisch interessante Briefe aus dem Gebiet auch schon teurere Preise gekostet haben (siehe Auktion Köhler 2010, Einzelfrankatur der Port. Indien Nr. 5 C: Hammerpreis (ohne Zuschlag/Taxen) 17'000 Euro (KW der Marke lose nur Euro 1'100)), aber das ändert nur wenig am Gesamtbild.

Ich kann leider im Moment diesen (mutmasslich) teuersten Wert für Indonesien nicht im Bild vorstellen; vielleicht kann jemand von Euch Lesern aushelfen (Auktion Köhler 23.3.2010)?

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.04.2015 00:10:07 Gelesen: 629176# 36 @  
In Beitrag [#30] haben wir ein/das(?) "China-best-ever" Auktionsergebnis kennen gelernt. Es ist erstaunlich, dass eine Marke mit einem Katalogwert von lediglich Euro 850 als grosse Einheit (Originalbogen) ein Resultat von US$ 761'850 (1992!) einspielte!

Das ist aber nicht das einzige Beispiel, bei dem die Sammler sehr tief in die Tasche greifen mussten, um genau DAS zu realisieren: die grösste EINHEIT einer seltenen Briefmarke zu haben! Dieser Verlockung sind schon viele Sammler erlegen. Auch die deutsche Philatelie kennt das bestens, man denke nur an Bayern, Oldenburg, oder Sachsen!



Vor 30 Jahren kannte noch jeder zweite Deutsche (Minimum!) den Sachsen-Dreier, eine der ersten Briefmarken Europas und der Welt. Zwar ist die Briefmarke gar nicht besonders selten; es gibt sie - im Gegenteil - recht häufig. Dennoch hat sie einen Katalogwert von Euro 4500 ungebraucht ohne Gummi, Euro 8000 ungebraucht mit Gummi oder Euro 7500 gestempelt (Michel-Wert 2010).

Die Marke gibt es natürlich auch auf Briefen oder Drucksachen, als Paare, Streifen oder gar in Viererblocks. Das "Königsstück" ist aber der Original-25er Bogen, der zwar ziemlich beschädigt ist/war (-> repariert), aber als Unikat schon seit Jahrzehnten den Besitzerstolz möglicher Sammler herausfordert. Er zierte Spitzensammlungen wie die von Ferrary und Maurice Burrus und erzielte Rekordergebnisse (echte und "gefakte") an internationalen Auktionen. Am 30. Januar 1999 war er meines Wissens das letzte Mal auf dem Markt, bei Heinrich Köhler in Wiesbaden. Verkäufer war der deutsche Sammler Ulrich D. Schulze, Käufer meines Wissens der "Mega-Philatelist" Joseph Hackmey, der damals den stolzen Preis von DM 920'000 bezahlte. Damit rangiert dieser Block zu den teuersten je bezahlten philatelistischen Einheiten der Welt; in der Saison 1999 war es das Spitzenresultat weltweit (siehe: BOLAFFI INTERNATIONAL 2000; all the records of the philatelic season/Bild: Ausschnitt von Titelseite). Und das hat Tradition! Bereits an den Ferrary-Auktionen erreichte dieses Stück an der 6. Auktion am 25.4.1923 55'000 Französische Francs, was (um- bzw. hochgerechnet) durchaus einem Wert von über CHF 300'000 (Wert 2011) entspricht.

Beeindruckende Zahlen! Altdeutsche Staaten sind also mit "ganz vorne" dabei. Bei ALLEN Ferrary-Auktionen zusammen rangierte das Stück übrigens auf Platz 25 aller Ergebnisse!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.05.2015 22:42:21 Gelesen: 628384# 37 @  
Wir nähern uns der Ausstellung in London. Die "One Penny Black", die erste Briefmarke der Welt, wird dann 175 Jahre alt sein!

Diese Briefmarke ist nun wirklich nicht selten, und selbst ungestempelt (wesentlich seltener als gestempelt!) "bereits" für Euro 3'800 zu finden (Katalogwert Michel 2010).

Aber natürlich gibt es auch von dieser Marke begehrte Blocks, die dann fast exponentiell im Wert steigen. Ich weiss nicht genau, welcher Block wann je der teuerste war, aber 2007 wurde ein 18er-Block zusammen mit einem (anhängenden) Sechserstreifen angeboten (William H. Gross-Sammlung: Great Britain; bei Shreves Philatelic Galleries Inc., New York, Auktion vom 11. Juni 2007). Los Nr. 8 war der 18er-Block "being the largest mint Penny Black multiple still remaining in private Hands" mit einem Schätzpreis von immerhin US$ 400-500'000. Los Nr. 9 war ein Sechserstreifen, der gemäss Auktionslosbeschreibung einst zum oberen Block gehörte (und also einen 24-er-Block bildete). Der Schätzpreis des Streifens betrug US$ 30-40'000.

In Los 10 wurden Los 8+9 zusammen angeboten und auch so zugeschlagen.



Der Hammer fiel bei genau US$ 1 Million, Kaufpreis also US$ 1'150'000 (15 % Zuschlag incl.).

Es gibt nur wenige Gelegenheiten, als eine philatelistische Einheit (Marke/Block/Brief) noch teurer verkauft wurde. Und so gehört auch Grossbritannien zum Kreis der "wertvollsten".

Heinz
 
WUArtist Am: 05.05.2015 17:35:31 Gelesen: 628294# 38 @  
@ Heinz 7 [#36]

Hallo Sammlerfreunde,

da der Sachsendreierbogen sicherlich irgendwo im Tresor vor sich hin döst und von Jahr zu Jahr teurer wird habe ich eine gute Alternative:



Da mein gezeigter Bogen wohl nicht so ganz in die Rubrik der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt passt, kann Richard diesen Beitrag ja nach ein paar Tagen löschen.

Beste Grüße
WUArtist
 
Heinz 7 Am: 10.05.2015 22:26:34 Gelesen: 628110# 39 @  
@ WUArtist [#38]

Hallo,

ich würde diesen Nachdruck des Sachsendreier-Bogens für 1 Mark kaufen!

Etwas teurer war der beiliegende Brief, der die ersten drei Briefmarken der Welt auf EINEM Brief zeigt: Der berühmte "Daisy"-Faltbrief vom 7.7.1841. Er kam 2007 in New York wieder einmal zum Verkauf und der Hammer fiel erst bei US$ 375'000. Dazu kam noch die Provision.



Für Interessierte anbei die Losbeschreibung (Auszug) aus dem Shreves Auktionskatalog 11.6.2007 ("William H. Gross collection"):



Das Beispiel zeigt, wie drei an sich nicht seltene Briefmarken doch sehr wertvoll werden können. Ähnliches sehen wir manchmal auch bei seltenen Portokombinationen, Destinationen oder besonderen Verwendungsdaten, zum Beispiel Ersttag-Verwendungen, u.s.w.

Mehr davon später.

Heinz
 
Lars Boettger Am: 11.05.2015 14:39:01 Gelesen: 628032# 40 @  
@ Heinz 7 [#39]

Der Brief ist ganz nett. Ich bin aber eher auf das Ergebnis für den folgenden Brief gespannt:

http://www.philatelicfoundation.org/about/interview-with-mark-schwartz/

Ein vollständig mit Marken bzw. Ganzsache frankierter Schiffsbrief von England in die USA, nur neun Tage nach der Ausgabe der ersten Marken bzw. der ersten Ganzsachen. Wahrscheinlich liegt der Preis deutlich über 1 Million USD.

Der Brief ist schon seit Jahrzehnten nicht mehr über eine Auktion verkauft worden.

Beste Sammlergrüsse!

Lars


 
Heinz 7 Am: 11.05.2015 23:05:47 Gelesen: 627964# 41 @  
@ Lars Boettger [#40]

Lieber Lars,

ein superschönes Stück, auch dieses. Ich glaube, es bereits gesehen zu haben, weiss aber im Moment nicht (mehr) wann und wo. Im Moment habe ich keine Zeit zum Suchen, aber vielleicht komme ich später darauf zurück.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.05.2015 09:04:20 Gelesen: 627842# 42 @  
@ Lars Boettger [#40]

Hallo Lars,

dieser Brief wird zur Zeit gerade gezeigt in London an der Weltausstellung. Siehe Katalog S. 41, Kapitel "Special Features".

Schöne Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.10.2015 23:04:59 Gelesen: 624174# 43 @  
@ Richard [#546]

Dieses schöne Thema hat seit über 5 Monate keinen neuen Beitrag mehr gesehehen, also höchste Zeit...

Anbei zeige ich Euch ein Top-Weltrarität (leider nicht in meinem Besitz):



Es ist dies eine British Guiana, 1850-1851, 2 Cents schwarz auf hellrosa. Davon gibt es nur noch eine "Handvoll" Exemplare. Dieses zierte die Sammlungen von Ferrary, Avery, King Fuad, Hunt & Berlingin, du Pont.

1978 wurde die Marke verkauft und brachte CHF 66'000. Der Preis war damit tiefer als (kaufkraftbereinigt) zu Ferrary's Zeiten rund 55 Jahre früher. Aber 2014, als sie wieder versteigert wurde, übertraf das Resultat die Erwartungen: Startpreis Euro 100'000, Zuschlag Euro 190'000!

Die Marke wird seit jeher immer unter den "grössten Raritäten der Welt" aufgeführt. Also sollte sie hier in unserem Beitrag auch nicht fehlen. - Zu Brit. Guiana vgl. übrigens Beitrag Nr. 9

Freundliche Grüsse
Heinz
 
WUArtist Am: 25.10.2015 06:06:09 Gelesen: 624133# 44 @  
@ Heinz 7 [#43]

Lieber Heinz,

hoffentlich trete ich jetzt nicht ins Fettnäppchen; bitte nicht gleich an die Decke springen.

Ich finde es nicht schön, wenn ich die Vergrößerung anklicke, aber sich nichts vergrößert (oder das Gegenteil, man bräuchte zwei Bildschirme um die Vergrößerung unterzubringen).

Für alle, die es - wie ich - etwas größer mögen: Bitte Anklicken!

Beste Grüße
Joachim


 
Heinz 7 Am: 25.10.2015 21:56:10 Gelesen: 624045# 45 @  
@ WUArtist [#44]

Vielen Dank, Joachim!

Nein, ich springe nicht an die Decke. Ich war gestern unterwegs, und konnte das Bild nicht selber scannen, sondern habe ein abgespeichertes Bild genommen. Schade, dass man es nicht vergrössern konnte; sorry. Aber da hast Du ja jetzt nachgeholfen!

Jetzt - wieder zuhause - kann ich auch die Anzahl der Exemplare angeben. Die Marke ist eine der grössten Seltenheiten, denn es gibt nur 7 Einheiten (=10 Marken) davon

4 Einzelmarken (alle signiert/entwertet; und alle rund geschnitten) +
3 Briefe mit je einem Paar!

Wie so oft bei den ganz grossen Raritäten sind ein paar Stücke sogar noch unerreichbar für Sammler, weil in Museen: so auch hier:

2 Einzelmarken sind im Museum in Bonn und in der British Library (Tapling Collection), ein Brief ist in der Sammlung der Königin von England.

Also können sich die Sammler nur noch um 2 Einzelmarken und 2 Briefe (mit einem Paar) balgen.

Alle diese Infos: aus "Encyclopedia of rare and famous stamps" by Leon N. Williams, 1997

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.10.2015 00:06:57 Gelesen: 623951# 46 @  
@ WUArtist [#44]

Als Ergänzung zum Beitrag gestern:

Ich habe ein schönes Bild gefunden vom weltberühmten "Blankenburg"-Cover mit einem Paar der British Guiana 1851 2 Cents. Dieser Brief wurde 1996 an der ANPHILEX '96 in New York ausgestellt, als einer der wenigen "Aristocrat of Philately". Dieser Brief zierte die Sammlungen Duveen, Hind, Dale-Lichtenstein und Claude Cartier. Er wurde verwendet am 5. August 1851.



Die anderen beiden Briefe mit je einem Paar waren übrigens in der Ferrary-Sammlung, und alle drei Briefe wurden in den Jahren 1921 und 1922 verkauft zu sehr hohen Preisen. Der Brief "October 24" landete in der Royal Collection. Der Brief "November 26" bei Maurice Burrus.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.11.2015 22:11:16 Gelesen: 623510# 47 @  
@ Heinz 7 [#30]

Ich habe bereits gezeigt, dass gute Marken als grosse (grösste) Einheiten immer wieder Rekordpreise erzielen. Ähnlich ist dies mit den beliebten Kehrdruck-Paaren.



Anbei zeige ich Euch eine 1 Franc-Marke der Ausgabe Frankreich 1849-1850, Farbe vermilion vif, Yvert No. 7d.

Sicher eine seltene Marke, und als Kehrdruck-Paar (oder -Viererblock) eine ganz grosse Rarität. Dieses Stück wurde im November 2003 versteigert und hatte einen stolzen Schätzpreis von $ 600'000 - 800'000. Die Nachfrage war da; und der Zuschlag erfolgte bei US$ 1'025'000, dazu kamen die üblichen Zuschläge, sodass der Gesamtpreis bei US$ 1'178'750 lag (damals Euro 1'004'413). Alle diese Angaben stammen aus dem Buch von Bolaffi "Bolaffi International 2004; Alle Rekorde der philatelistischen Jahreszeit" (schlechte Übersetzung von: "All the records of the philatelic season").

Ich versuche noch in Erfahrung zu bringen, wie viele von diesen Kehrdrucken der Yvert No. 7d. heute noch bestehen (ich schätze ca. vier).

Guten Wochenstart morgen!
Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.11.2015 21:27:39 Gelesen: 623228# 48 @  
@ Heinz 7 [#47]

Neben den Kehrdruck-Paaren sind auch die Marken mit kopfstehenden (Teil-) Drucken sehr augenfällige Abarten und darum (sofern selten) sehr beliebt und entsprechend teuer (siehe auch Beitrag [#17])



Ich zeige Euch hier eine US-Marke von 1869 mit kopfstehendem Mittelstück (Blaudruck). Bei Scott erhielt diese 15 Cent-Marke die Nummer 199b. Sie ist noch seltener als die "Inverted Jenny" (Beitrag [#17]). Bei Matthew Bennett kam diese seltene Marke im Mai 2003 zur Auktion - zum stolzen Ausrufpreis von US 275'000. Das Angebot fand Interessenten, und der Zuschlag erfolgte erst bei US$ 375'000; dazu kamen die Zuschläge --- Im Jahr 2003 war dies, nach dem Buch von Bolaffi, das fünfhöchste Resultat des Jahres. Damit rangiert diese Marke unter den teuersten aller Zeiten.

Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.12.2015 13:00:34 Gelesen: 622554# 49 @  
@ Heinz 7 [#48]

Hallo,

die primitiv hergestellten frühen Ausgaben der Welt faszinieren mich immer wieder. Dabei gibt es viele Weltraritäten. Anbei eine weitere:



Es handelt sich um eine sogenannte Postmeister-Marke von Bermuda; 2. Ausgabe von Postmeister Perot, 1853.

1 d. Carmine-red Crowned Circle on bluish laid paper auf hübschem Brief an Miss Hurst Care of W. Evans Esq. Somerset.

Zur Zeit sind meines Wissens nur 5 Marken bekannt, davon 2 auf Brief. Also eine der ganz grossen Raritäten, und dafür schon fast preisgünstig.

Ausruf GB£ 100'000. Bei einem Verkaufspreis von GB£ 36'000 im Jahre 1978 (als das britische Pfund noch mehr wert war) fast schon ein "Schnäppchen". Naja, die Kasse dazu müsste man trotzdem haben.

1950 musste der Käufer für das gute Ding offenbar US$ 2'500 zahlen. Ein kaufkraftbereinigter Währungsvergleich wäre interessant.

Heinz
 
merkuria Am: 04.12.2015 17:56:52 Gelesen: 622506# 50 @  
Hier wieder einmal eine chinesische Rarität :



Von dieser chinesischen Marke (Mi Nr. 166) soll 1915 irrtümlich ein Bogen zu 50 Stück mit kopfstehendem Mittelstück produziert worden sein. Von diesen 50 Exemplaren sind bis anhin 30 Stück bekannt. An internationalen Auktionen werden von Zeit zu Zeit postfrische Einzelstücke dieser Rarität angeboten. Für ein postfrisches Eckrandstück wurden beim US-Auktionshaus Cherrystone 250‘000 US$ bewilligt!



Das britische Auktionshaus Spink konnte im Januar 2013 das bisher einzig bekannte Exemplar dieses Fehldruckes auf Brief an seiner Auktion in Hongkong anbieten. Trotz des offensichtlich philatelistisch beeinflussten und auch überfrankierten Beleges wurden von einem Käufer 619.142 US$ bewilligt (inkl. Aufgeld)

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 11.12.2015 19:21:08 Gelesen: 622297# 51 @  
@ merkuria [#50]

Kopfsteher sind immer beliebt! Sie gehören zu den markantesten Abarten und sind darum in der Regel beliebt und teuer. Kopfsteher haben wir in dieser Rubrik schon zwei vorgestellt: Beitrag 17+48 (die Kehrdruck-PAARE, siehe B. 47, zähle ich dabei separat), Deiner ist also der dritte.

Dein Exemplar aus China mit dem einmaligen Brief dürfte vermutlich zur Zeit der teuerste Brief mit einer solchen Abart sein! Über eine halbe Million Dollar... sehr beachtlich!

Die US-Post hat auch später zu wenig aufgepasst und so kam es 1979 zur nächsten solchen Abart:



Der Kerzenhalter mit der kopfstehenden braunen Farbe. Ganz so hohe Preise wie die oben gezeigten Raritäten bringen sie zwar nicht, aber fünfstellige US-Dollar-Beträge sind ja auch nicht "ohne".

Ich habe keinen aktuellen Scott-Katalog. Wie hoch steht wohl die Marke im Katalog? Scott no. 1610c.

Grüsse aus der Schweiz
Heinz
 
merkuria Am: 11.12.2015 20:12:48 Gelesen: 622275# 52 @  
@ Heinz 7 [#51]

Hallo Heinz,

der Scott-Katalogwert beträgt z.Zt. 18'000 US$.

Ein US-Händler bietet das Stück zur Zeit zum Festpreisverkauf von 15'000 US$ an:

http://www.hgitner.com/shop/us-modern-after-scott-547/5147-us-1610c-vf-xf-nh-100-cia-invert.html

liebe Grüsse
Jacques
 
Heinz 7 Am: 11.12.2015 21:05:19 Gelesen: 622264# 53 @  
@ merkuria [#52]

Okay, danke. Ich hätte einen höheren Katalogwert erwartet, da die Briefmarke 2003 / 2004 immerhin Euro 18'278 bzw. Euro 18'746 an Auktionen kostete (nach "Bolaffi 004 International").

Liebe Grüsse
Heinz
 
merkuria Am: 11.12.2015 22:47:31 Gelesen: 622242# 54 @  
Hier noch drei weitere rare „Kopfsteher“ aus China:



Im November 1922 erfolgte die Freimarkenaushilfsausgabe zu 2 Cent (Mi Nr. 182) indem die 3 Cent Djunkenausgaben (Mi Nr. 152 II) mittels einem roten Aufdruck die neue Wertbezeichnung erhielten. Von dieser Aufdruckausgabe sind bisher 13 Exemplare mit kopfstehendem Aufdruck bekannt geworden (Mi Nr. 182K). Für ein postfrisches Stück wurden beim US-Auktionshaus Cherrystone 150‘000 US$ bewilligt! Die Michel-Notierung im neuesten China-Katalog 2015 beträgt 75‘000 €.



Am 31. Januar 1925 erfolgte die Freimarkenaushilfsausgabe zu 3 Cent (Mi Nr. 210) indem die 4 Cent Djunkenausgaben (Mi Nr. 192) mittels einem roten Aufdruck die neue Wertbezeichnung erhielten. Auch von dieser Aufdruckausgabe sind bisher 10 Exemplare mit kopfstehendem Aufdruck bekannt geworden (Mi Nr. 210K). Für ein postfrisches Stück wurden beim US-Auktionshaus Cherrystone 250‘000 US$ bewilligt! Die Michel-Notierung im neuesten China-Katalog 2015 beträgt 150‘000 €.



Am 21. Februar 1941 erfolgte die Freimarkenausgabe mit dem Bildnis Dr. Sun Yat sen’s (Mi Nr. 394-409). Diese Ausgabe wurde durch die American Bank Note Co. in New York ausgeführt. Vom 2$ Wert (Mi Nr. 406) wurde irrtümlich ein Bogen zu 50 Stück mit kopfstehendem Mittelstück produziert (Mi Nr. 406F). Für ein postfrisches Stück wurden beim US-Auktionshaus Cherrystone 200‘000 US$ bewilligt! Die Michel-Notierung im neuesten China-Katalog 2015 beträgt 110‘000 €

Für ein Paar dieser Rarität wurde an der Auktion des Hauses Zurich Asia im Oktober 2012 in Hongkong ein Preis von 707'700 US$ bezahlt!!

Siehe dazu die entsprechende Pressemitteilung:

http://images.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fassets.nydailynews.com%2Fpolopoly_fs%2F1.1183780!%2Fimg%2FhttpImage%2Fimage.jpg_gen%2Fderivatives%2Farticle_970%2Fafp-stamps-sun-yat-sen.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fhttp://www.nydailynews.com%2Flife-style%2Frare-sun-yat-sen-stamps-sell-700-000-article-1.1183779&h=606&w=970&tbnid=VzKOcJ8nPVR6MM%3A&docid=FXVqHiYwYjQ6bM&ei=bkJrVpPwD8iVUYWrgkA&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=463&page=2&start=21&ndsp=26&ved=0ahUKEwiT35uz4tTJAhXIShQKHYWVAAgQrQMIaDAX

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 13.12.2015 16:51:15 Gelesen: 622174# 55 @  
@ merkuria [#54]

Hallo Jacques,

ich habe einen weiteren Kopfsteher. Diesmal aus Afrika (Britische Besetzung mit Bild von King Edward VII). Leider ist diese Marke auch nicht in meinem Besitz, wie wahrscheinlich kaum eine in dieser Rubrik.



Nyasaland: 1903-04 KEVII 4s dull and bright purple with watermark inverted, SG 64w

Den Katalogwert kann ich im Moment nicht nachsehen, weil mein Katalog nicht dort steht, wo er sein sollte. Das wird aber nachgeholt.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
merkuria Am: 13.12.2015 22:29:32 Gelesen: 622129# 56 @  
@ Heinz 7 [#55]



Lieber Heinz,

aus Südafrika (Transvaal) gibt es auch ein kopfstehendes Mittelstück dass mir kürzlich über den Weg gelaufen ist! Es handelt sich um eine 2 Sh/6p Gebühren-/Taxmarke um 1902 (ähnlich der Freimarkenzeichnung Mi Nr. 113) welche aber leider nicht im Michel-Katalog aufgeführt wird. Weshalb aber damit unter Los 1335 nur ein Preis von 140 £ [1] erreicht werden konnte, ist mir nicht ganz erklärlich.

Liebe Grüsse
Jacques

[1] http://images.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fhttp://www.grosvenorauctions.com%2Fdyn_pages%2Fstamp_images%2F17%2F9822.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fhttp://www.grosvenorauctions.com%2Fdyn_pages%2Fhistoric_sale_summary.php%3FForeign_sub_cat_Code%3DSouth%2520Africa%3A%2520Transvaal%26page%3D2&h=334&w=294&tbnid=8ZfWMyzm8hD4UM%3A&docid=__NtuvAkWuU5iM&ei=U99tVtDTK8HUOLSgudgG&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=671&page=2&start=24&ndsp=29&ved=0ahUKEwiQycyn4NnJAhVBKg4KHTRQDmsQrQMIdzAc
 
Heinz 7 Am: 14.12.2015 22:34:46 Gelesen: 622067# 57 @  
@ merkuria [#56]

Wenn wir hier munter "Kopfsteher" zeigen, möchte ich gleich fortfahren.



Russland Nr. 27, Ausgabejahr 1875, Mittelstück kopfstehend, im Michel 2010 mit Euro 50'000 gelistet. Das hindert nun aber einen französischen Händler nicht, munter Euro 100'000 für das gute Stück zu verlangen. Er schreibt, dass es von dieser Abart nur zwei Exemplare gäbe.

Russland hat einige sehr teure Marken und auch einige Abarten, ist also ein "teures Pflaster" für Raritätenjäger.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
merkuria Am: 15.12.2015 00:59:32 Gelesen: 622044# 58 @  
Eine weitere US-amerikanische Kopfsteher-Ausgabe wurde schon lange vor der weltbekannten „Inverted Curtiss Jenny“ produziert, nämlich die Wertstufen 1, 2 und 4 Cent der Ausgaben zur Panamerikanischen Ausstellung in Buffalo, NY. (Mi Nr. 132-134).

Diese Ausgaben wurden im Jahre 2015 in unterschiedlichster Erhaltung zum Angebot gebracht. Hier ein paar Beispiele der erzielten Verkaufsergebnisse:



1 Cent Mi Nr. 132 in perfekter Zentrierung, verkauft durch Robert Siegel Auction Galleries, April 2015 für 29‘000 US$.



1 Cent Mi Nr. 132 im Viererblock in etwas weniger perfekter Zentrierung, verkauft durch Robert Siegel Auction Galleries, Juni 2015 für 75‘000 US$.



2 Cent Mi Nr. 133 in perfekter Zentrierung, verkauft durch Robert Siegel Auction Galleries, Februar 2015 für 45‘000 US$.



4 Cent Mi Nr. 134 in perfekter Zentrierung, verkauft durch Robert Siegel Auction Galleries, Februar 2015 für 30‘000 US$.



4 Cent Mi Nr. 134 im Viererblock in perfekter Zentrierung, verkauft durch Robert Siegel Auction Galleries, Juni 2015 für 240‘000 US$.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Hornblower Am: 16.12.2015 17:38:34 Gelesen: 621964# 59 @  
Hallo zusammen,

alles tolle Stücke mit wunderbaren Hintergrundinformationen dazu, für die man allen Beteiligten nur danke sagen kann. Als Baden-Sammler muss ich aber natürlich eine Marke zeigen, die in diesem Rahmen keinesfalls fehlen darf:



Der Baden-Fehldruck, die wohl berühmteste und teuerste Marke Deutschlands, von der nur drei Stück existieren: ein Brief im Berliner Museum, ein weiterer in einer großen deutschen Privatsammlung und das lose Briefstück, das als erstes 1894 auftauchte. Der "freie" Brief wurde 1985 für 2,3 Mio. DM versteigert, was damals einsamer Rekord war.

Das hier gezeigte Briefstück stammt aus einer englischen Sammlung und kann im Juni 2016 auf der SÜDWEST in Heidelberg im Original bestaunt werden. Letztmals war es in Deutschland 1903 zu sehen, wer weiß, wann die Chance wieder kommt...

Beste Grüße
Michael
 
Heinz 7 Am: 30.12.2015 22:13:00 Gelesen: 621499# 60 @  
@ Hornblower [#59]

Ja, Michael, der Baden-Fehldruck war und ist eine der "ganz grossen Granaten" in der Philatelie. Am 16.3.1985 konnte Köhler bei der ersten Boker-Auktion den Brief mit dem Baden-Fehldruck zu dem von Dir genannten Weltrekord-Preis verkaufen. Der Auktionskatalog zu dieser legendären Auktion ist ein Schmuckstück für jede Bibliothek!

Ich stelle Euch heute eine eher "unscheinbare" Rarität vor; ein Marke, die vermutlich die meisten Briefmarkensammler gar nicht als grosse Rarität erkennen würden.



USA 1910-1911, 3 Cents violet, "Orangeburg" coil, Scott no. 398, gezähnt 12 senkrecht; hier als ungebrauchtes Paar. Wenn ich das richtig "übersetze" ist dies Michel Nr. 180 G, mit einem Katalogwert von immerhin Euro 50'000 (Michel 2010, für DIESE Zähnung; eine ähnliche Marke mit ANDERER Zähnung kosten nur Euro 55).

Aufmerksam wurde ich auf diese Marke, weil sie 1957 an einer Auktion das höchste Ergebnis erzielte: ein einmaliger Viererstreifen erzielte einen Preis von US$ 4'300. Dies war 1957 sehr viel Geld! Zum Vergleich: Eine "Jenny Inverted" (Michel 250 I; heutiger Katalogwert: Euro 200'000) hatte DAMALS einen Katalogwert von US$ 4'000. Diese Marke war in der Sammlung auch vorhanden (Los 607) und erzielte respektable US$ 3'900. Aber wie erwähnt: der Viererstreifen der Scott no. 398 kam noch US$ 400 höher.

Die hübsche Sammlerin ist übrigens früh verstorben; sie wurde nur ca. 56 Jahre alt (und ist damit gleich alt wie ich...).

.

Ihre USA-Sammlung erhielt höchste Auszeichnungen an Internationalen Ausstellungen 1926, 1936 und 1947.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.01.2016 22:14:58 Gelesen: 620551# 61 @  
@ merkuria [#50]

Hallo Jacques,

China überrascht immer wieder mit hohen Preisen. Spink China hat soeben eine sehr erfolgreiche Auktion durchführen können!



Meiso Mizuhara, The Exhibition Collections, The Chinese Customs Post
Lot: 1682

China
1878-83 The Large Dragon Issue
Foreign Post Office Covers
United States Post Office
1878 (20 Dec.) envelope from Warren, U.S.A. to Shanghai bearing 1875 5c. Taylor tied by the despatch duplex. The 5ca. inland mail is made up of 1ca. deep green [18] and [19] with 3ca. brownish red [15] with right margin (trimmed perfs. at foot) tied by " customs/shanghai" 1879 (6 Feb.) c.d.s. in red with a further, clear strike on the lower corner.

A delightful and very important cover with many desirable attributes including being the earliest incoming cover bearing Large Dragon stamps and the only 5ca. rate cover with 1ca. and 3ca. franking.

Believed to be the only incoming U.S. Plus Large Dragon combination cover

Angeblich gibt es elf Briefe mit "Large Dragon" Marken, die mit der USA etwas zu tun haben, zwei davon sind "incoming" aus Sicht von China (also USA -> China): Sicherlich sehr begehrenswert. Dass der Brief aber HK $ 4'800'000 erzielte, ist doch sehr beeindruckend (Gegenwert ca. CHF 600'000).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.03.2016 22:31:36 Gelesen: 618572# 62 @  
@ merkuria [#58]

Wir haben in dieser Rubrik schon viele "Kopfsteher" gesehen. Einer der berühmtesten (und auch teuersten) fehlt aber bislang.



Michel Nr. 7 K; Ausgabe 1854. Achteckiger Rahmen mit Kopf der Königin, kopfstehendes Mittelstück.

Katalogwert: gestempelt Euro 40'000 8-eckig geschnitten, Euro 120'000 4-eckig geschnitten.

Das hier gezeigte Exemplar wurde 2010 vom Raritätenhändler Behr (Paris) angeboten als "le plus bel exemplaire connu". Auf englisch heisst es dann "one of the best copy known". Es ist Exemplar XXII der Dokumentation von Williams: "Rare and famous Stamps". 27 Exemplare sind dort gelistet, plus ein paar wenige weitere unsichere.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.04.2016 21:39:52 Gelesen: 617305# 63 @  
Ein weiterer Kopfsteher, der im Katalog aber nicht ganz hoch ausgepreist ist:



Österreich 1919, 4 Kreuzer rosakarmin/schwarz, kopfstehendes Mittelstück. Michel Nr. 287 K. Gemäss meinem Katalog (2010) nur Euro 1'200 (in einer aktuellen Auktionsbeschreibung aber nun offenbar Euro 3'000; stimmt das?).

Interessant: das kopfstehende Mittelstück der gleichen Serie, 20 Kreuzer, Michel 291 K bringt es hingegen auf stolze Euro 75'000. Ein Bild dazu liefere ich Euch nach Möglichkeit noch nach.

Der dritte Wert der Serie mit einem Kopfsteher ist die 2 Kreuzer Marke (284 K). Sie hat einen KW von Euro 3'500 (alle Preise für ungestempelt).

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.04.2016 22:02:49 Gelesen: 617292# 64 @  
Und gleich noch einer...



Ich denke, die Wenigsten von uns haben diese Marke schon einmal gesehen. An einer Auktion wird sie nun für US$ 475 angeboten. Es soll nur zwei solche Stücke geben.

1998 150L International Day, center inverted and misplaced, the right single from the souvenir sheet of two, cancelled on piece. A spectacular variety, incorporating elements of both stamps, one of only two (!) reported, with 2006 APS certificate (�2703b, incorporating elements of 2703a in inverted position, used on piece, genuine in all respects�), with a regular stamp and souvenir sheet included for comparison

Ein Sammlerfreund hat über solche Dinge nur die Nase gerümpft und gesagt: "Makulatur! Wertlos!". Viele Abarten werden heute "so" betrachtet...

So gesehen sollte ich diesen Kopfsteher wohl gar nicht unter diesem Thema zeigen.

Heinz
 
merkuria Am: 08.04.2016 00:35:49 Gelesen: 617269# 65 @  
@ Heinz 7 [#63]

Lieber Heinz,

der dritte Wert dieser Kopfsteher ist die 2 Kronen (nicht Kreuzer) Marke Mi Nr. 284K.



Ein solches postfrisches Stück wird gerade im Nachverkauf der 155. Felzmann-Auktion mit Attest zu 5000 Euro angeboten.



http://www.philasearch.com/de_tvgbk0hn2v73495eaouo8v0oe2/i_9107_36226/countryurl/12-A155-4287.html?breadcrumbId=1460067840.0305&row_nr=19

Was die 4 Kronen Marke Mi 287K anbelangt, so scheint dies die häufigst angebotene Marke dieser drei Ausgaben zu sein. Zur Zeit werden bei Schwanke gleich zwei Exemplare zu 750 resp. 800 Euro angeboten. Ein wirklich seltenes Angebot ist diese Marke auf Brief: für den unten abgebildeten Brief wurden bei Felzmann 17'000 Euro bewilligt.



Grüsse
Jacques

[Redaktionell eingefügt: Testat aus der 155. Felzmann Auktion, Los
4287, Österreich Mi. 284 K. Beschreibung: 2 Kr Parlament mit kopfstehendem
Mittelstück in postfrischer Luxuserhaltung, sign. Wallner sowie Fotoattest
Soecknick "... einwandfrei"]
 
Vernian Am: 08.04.2016 11:37:46 Gelesen: 617184# 66 @  
@ Heinz 7 [#64]

Hallo,

mir fehlt in diesem Beitrag sowohl Herkunftsland der Marke wie auch die Info, wie die reguläre Marke aussieht oder wo zu finden ist (also Land, MiNr.), und das Bild ist hier auch mal wieder nicht-vergrößernd, es lässt sich also nicht viel erkennen.

LG

Vernian
 
Heinz 7 Am: 08.04.2016 12:36:55 Gelesen: 617161# 67 @  
@ Vernian [#66]

Hallo Vernian,

ja, Du hast recht. Ich habe vergessen, das Land anzugeben; das ist ja auf der Marke gar nicht vermerkt. Es ist die Türkei. Eine Michel-Nummer kann ich Dir im Moment nicht geben, ich nehme an, die Nummer 2703 bezieht sich auf den Scott Katalog.



Ich habe die Marke nicht selber gescannt, sondern das Bild kopiert und dann bei Philaseiten hochgeladen. Offenbar ist das Bild so nicht mehr vergrösserbar. Ich versuche es nochmals, und lade den Scan aus dem Katalog Cherrystone hoch (Los 1543).

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.04.2016 12:42:06 Gelesen: 617160# 68 @  
@ merkuria [#65]

Hallo Jacques,

Deine Ergänzungen sind sehr interessant. Dass die 4 Kronen-Marke die häufigste ist, scheint klar zu sein und widerspiegelt sich ja auch in den Katalogpreisen.

Die 4-Kronen-Marke auf Brief ist nun sicher ein guter Grund, diese Marke auch in diesem Thread zu besprechen. Danke also für Deinen Beitrag!

Heinz
 
merkuria Am: 08.04.2016 14:00:25 Gelesen: 617126# 69 @  
@ Heinz 7 [#67]
@ Vernian [#66]

Hier eine vergrösserte Abbildung der besagten Marke, dazu die Abbildung der Originalausgabe vom 5. Juni 1998 (Mi Nr. 3150-3151).



Anhand der Abbildung der beiden Originalmarken ist auch zu erkennen, welcher Teil des Gelbdruckes aus der Marke 3150 irrtümlich auf die Marke 3151 gedruckt wurde. Sicher hat dieser Fehldruck ein Anrecht hier präsentiert zu werden, vor allem wenn dieser noch postalisch benutzt wurde!

Die meisten solcher Drucke, gerade Marken mit kopfstehendem Mittelstück oder kopfstehendem Aufdruck sind eigentlich Makulatur, welche aber (Gott sei Dank) durch die Kontrollen gerutscht sind und uns heute diese philatelistischen Besonderheiten bescheren!

Grüsse
Jacques
 
merkuria Am: 08.04.2016 15:46:01 Gelesen: 617101# 70 @  
Eine echte Rarität der modernen Deutschen Philatelie stellt die Ausgabe „Brot für die Welt“ (MiNr. X) dar.



Die Ausgabe dieser Marke war für November 1961 vorgesehen, doch das Motiv des ausgehungerten Kindes mit dem Essnapf rief dann doch gewisse Bedenken hervor und die Marke wurde im letzten Moment vor der Ausgabe zurückgezogen.
Eine unbekannte Anzahl dieser Briefmarke wurde mit der Bezeichnung „Muster“ versehen und der Presse mit einer Vorinformation zur Ausgabe verschickt.
Auf der 56. Deider-Auktion am 24. und 25. April 2016 wird eine solche „Muster“-Ausgabe zusammen mit dem Presse-Ankündigungsblatt für 3.600 Euro angeboten.



Bis 2007 waren keine dieser Briefmarken ohne den Aufdruck „Muster“ im Handel. Richard Stücklen, damaliger Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, erhielt 1961 als Einziger vorab einen 50er Bogen zur Ansicht. Somit handelt es sich hier um die einzigen Marken ohne Muster-Aufdruck, bei denen die Herkunft geklärt ist. Der Stücklen-Bogen zählt zu den Welt-Raritäten der Philatelie und befindet sich in einem tadellosen Zustand. Auf der 1. Briefmarken-Auktion des Berliner Traditionshauses Schlegel wurde am 19.November 2007 der legendäre Stücklen-Bogen bei einem Ausrufspreis von 200‘000 € für 290‘000 € verkauft.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 01.05.2016 21:34:27 Gelesen: 616060# 71 @  
Im Buch von L.N. Williams "Encyclopedia of Rare and famous stamps" werden von einigen weithin anerkannten Weltraritäten genaue Verzeichnisse der bekannten Stücke wiedergegeben. Unter den auserlesenen Raritäten ist auch ein Fehldruck einer Marke aus Western Australia enthalten.

1854 wurde eine schöne Serie mit schwarzen Schwänen herausgegeben in 5 verschiedenen Wertstufen, von 1 Penny bis zu 1 Shilling (Michel Nrn. 1-5). Die Marke zu vier Pence hellblau wurde versehentlich auch mit kopfstehendem Rahmen produziert. Die Marke ist sehr selten und ist schon seit "ewig" sehr berühmt und teuer. Sie wird als "inverted swan" bezeichnet, obwohl dies meines Wissens nicht ganz richtig ist, denn nicht der Schwan wurde kopfstehend gedruckt, sondern der Rahmen.

Im Michel Kataloge "Wertvolle Briefmarken aus aller Welt" von 2010 wurde die Marke mit Euro 90'000 bewertet. Das ist, wenn man früher erzielte Preise dieser Weltrarität zu Rate zieht, nicht einmal extrem viel. Und auch die Tatsache, dass Williams 1997 nur noch 12 Exemplare auflisten konnte, hätte uns vielleicht sogar einen höheren Katalogwert vermuten lassen. Nun - vielleicht ist das ja auch nicht so wichtig.

Schön ist sie auf jeden Fall, diese geheimnisvolle Marke! Alle 12 Marken sind gestempelt.



Bereits 1949 schrieb L.N. Williams (damals noch mit seinem Bruder Maurcie Williams) ein viel beachtetes Buch: "Stamps of Fame", worin die Brüder in 48 Kapiteln die wertvollsten Briefmarken beschrieben. Damals kamen die Brüder noch auf 14 Exemplare des "Inverted swan", doch schreibt Williams 1997, dass die frühere Nummer X sich als Fälschung herausstellte! Im Buch von 1997 werden nur noch 12 Exemplare gezeigt.

Ich wünsche allen eine gute neue Woche!
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.05.2016 18:21:26 Gelesen: 615847# 72 @  
Eine Marke, die wegen ihrem riesigen Nennwert (GB £ 25.00 des Jahres 1904) schon etwas ganz Besonderes ist, muss wohl auch unter dieser Rubrik eine Erwähnung finden. Die Marke hat einen Katalogwert von immerhin Euro 65'000 (Michel 2010).



Wieviele Exemplare davon existieren, weiss ich nicht, aber sie scheint nur ungebraucht vorzukommen (keine Bewertung bei gestempelt). Gemäss Michel: "...wahrscheinlich nur fiskalisch verwendet"

Heinz
 
10Parale Am: 06.05.2016 21:51:42 Gelesen: 615685# 73 @  
@ Heinz 7 [#72]

In dem Werk "Rare Stamps" - Pleasures and Treasures 1967 by George Weidenfeld and Nicolson Ltd. konnte ich nachlesen, dass solch eine ungebrauchte Marke mit den Nennwert von 25 Pfund am 27. November 1964 bei Harmer, Rooke & Co. Ltd. bei einer Auktion für 4.500 Pfund über den Tisch ging.

Es soll lt. diesem Buch sogar eine $500 Briefmarke von Straits Settlements (Malaya) geben violett und orange, herausgegeben im Jahr 1910.

Eine Abbildung habe ich vorliegen, bin aber nicht sicher, ob es rechtmäßig ist, sie aus dem Buch abzuscannen.

Liebe Grüße

10Parale
 
merkuria Am: 07.05.2016 00:48:06 Gelesen: 615653# 74 @  
@ 10Parale [#73]

Ich habe hier Abbildungen der Straits Settlements Ausgaben 500 Strait $ aus dem Jahre 1910 (Mi Nr. 137) und 500 Strait $ aus dem Jahre 1912 (Mi Nr. 154) sowie einige Angaben zum Handelspreis solcher Exemplare. Bei beiden Ausgaben wird im Michel notiert: Ausschliesslich fiskalisch verwendet!



500 Strait $ Ausgabe 1910 (Mi Nr. 137) ungebraucht mit Attest

Diese Marke wurde im August 2015 in der Spink-Auktion in Singapur für 220'000 SG$ (142‘000 €) verkauft.



500 Strait $ Ausgabe 1910 (Mi Nr. 137) fiskalisch entwertet mit Attest

Wurde am 9. Mai 2014 in ebay für 845 US$ verkauft!



500 Strait $ Ausgabe 1912 (Mi Nr. 154) Eckrandstück ungebraucht mit Attest

Wurde am 12. Dezember 2014 in der Bollaffi-Auktion unter Los 4294 angeboten, Startpreis 25‘000 €.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
merkuria Am: 07.05.2016 22:19:40 Gelesen: 615562# 75 @  
Heute wenden wir uns auf unserer Suche nach seltenen und teuren Briefmarken einem Sammelgebiet zu, bei dem man Raritäten dieses Ausmasses nicht unbedingt erwartet: Modernes Indien.



Die Ausgabe vom 15. August 1948 zur Unabhängigkeit Indiens mit dem Bid von Mahatma Gandhi (Mi Nr. 187-190 ) kennen die meisten Philatelisten. Diese Ausgabe, vielmehr der Höchstwert von 10 Rupien bildet die Grundlage für die zur Zeit teuerste Briefmarke des Landes.

Wenige Tage nach Erscheinen wurden 100 Briemarken des 10 Rupien Wertes (2 Bogen à 50 Stück) mit dem Audruck " Service" für die Dienststelle des Generalgouverneurs hergestellt. Der Verbleib dieser hundert Marken stellt sich nach heutigem Wissenstand wie folgt dar:

50 Stück wurden als kompletter Bogen ins Nationale Philatelistische Museum in Neu-Delhi abgegeben.
20 Stück wurden dem Generalgouverneur zum Verbrauch übergeben.
4 Stück gingen an die Königliche Sammlung, London (Eckrand-Viererblock)
5 Stück gingen an den Generaldirektor der Indischen Post (5er- Streifen)
11 Stück sind in Privatbesitz (mit vorhandenen Attesten)
10 Stück haben einen unbekannten Verbleib
 




Im September 2013 versteigerte David Feldman in Genf ein postfrisches Exemplar dieser Marke (Los 40968), der Zuschlagspreis betrug 144‘000 € ! Es darf angenommen werden, dass es sich dabei um eines der 10 Exemplare mit unbekanntem Verbleib handelt.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 

Heinz 7 Am: 07.05.2016 22:30:20 Gelesen: 615552# 76 @  
@ 10Parale [#73]

Hallo 10 Parale,

GB£ 4'500 für 1964 wären ein absoluter Hammerpreis gewesen. Am 27.11.1964 führte Harmer Rooke in London tatsächlich eine Auktion durch; ich habe den Katalog und werde einmal nachsehen, ob ich etwas dazu finde. Danke für den Hinweis!

Die Marke war meines Wissens auch auf der Titelseite von Rapp, anfangs 1980er-Jahre, als er grosse Erfolge feierte (20-Millionen-CHF-Auktionen). Auch dort finde ich vielleicht sogar ein Auktions-Ergebnis.

Dass die Marke zu den Top-Raritäten gehört, zeigt auch ein Blick in das alte Buch von John Nicklin: "Fabulous Stamps" von 1939. Auf der 38-seitigen "Check List of Rare Stamps" ist die Northern Nigeria £25 von 1904 auch erwähnt. Katalogwert damals: US$ 2'500.

Zum Vergleich:

Eine ungebrauchte Doppelgenf stand damals bei US$ 1'400,
ein Sachsendreier ungebraucht bei $ 500,
eine Toskana 3 Lire 1860: US$ 2'750,
die einmalige British Guiana, One cent black on magenta: US$ 50'000 (= teuerste Marke der Welt).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.05.2016 22:40:14 Gelesen: 615548# 77 @  
@ 10 Parale (73)

Ein Nachtrag noch:

In der Bücherreihe: "Philatelic Gems" von Linn's aus der Feder von Donna O'Keefe wurde in Band 2 auf Seite 119 und 120 die Northern Nigeria 1904: £25, behandelt. Dort wird gesagt, dass die Marke kaum einem Bedürfnis entsprach und darum schon bald nach Herausgabe wieder zurückgezogen wurde. Sie soll nur in wenigen Exemplaren überhaupt existieren.

Damals (das Buch kam 1985 heraus) wurde die Marke offenbar mit US$ 45'000 bewertet.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.05.2016 23:12:40 Gelesen: 615293# 78 @  
@ Heinz 7 [#72]

Ich habe mich richtig erinnert (Beitrag [#76]), die Nth. Nigeria war bei der "Weltrekord-Auktion" von Rapp im November eine von 4 Marken auf der Titelseite.



Los 6172 = Startpreis CHF 30'000 (bei Katalogwert von GB£ 24'000) = Zuschlag: CHF 75'000. Gemäss Ergebnis-Liste war 1 GB£ damals CHF 4.00 wert; d.h. Zuschlag plus Aufgeld (15 %) = CHF 86'250 = ca. 90 % des Katalogwertes.

Mit diesem Resultat wurde die Bedeutung dieser seltenen Marke sicherlich bestätigt.

Es war aber auch eine verrückte Auktion! Die Auktion fand an 8 Tagen statt und spielte ein Ergebnis von über CHF 33 Mio. ein! Das war ein neuer Rekord. Die Nachfrage nach Briefmarken war damals sehr gross, nicht nur für die grossen Raritäten, sondern auch für die modernen Ausgaben. Der Naba-Block Schweiz 1934 postfrisch wurde 12 x einzeln angeboten und erzielte Ergebnisse von CHF 1200 bis CHF 1500 (plus Zuschlag)!

Vergangene Zeiten!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.05.2016 23:27:47 Gelesen: 615290# 79 @  
@ Heinz 7 [#78]

Auch ein paar grosse Altschweiz-Raritäten wurden an dieser Auktion hoch bezahlt! Der schöne Brief mit dem Paar der Zürich 4 Rappen, (waagrecht) Los 1539 ging in die Sammlung Alma Lee, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Sie bezahlte den stolzen Preis von CHF 240'000 (+ 15 %) dafür.



Damit reihte sich das Ergebnis unter die höchsten Ergebnisse, die je für einen Altschweiz-Brief bezahlt wurden.

Heinz
 
merkuria Am: 13.05.2016 09:34:41 Gelesen: 615120# 80 @  
Hier eine interessante Geschichte um eine Markenausgabe von Jamaica:

Innerhalb der Freimarkenausgabe mit dem Bildnis König Georg’s VI. erschien am 15. August 1949 der Höchstwert 1 £ mit dem Motiv Zigarrenmacher (Mi Nr. 135).



Nach der Krönung von Elisabeth II. sollte 1956 eine neue Freimarkenausgabe mit den gleichen Motiven und Farben, jedoch mit dem Portrait von Elisabeth II. im Medaillon erscheinen.



Aus nicht bekannten Gründen wurde das 1 £ Motiv Zigarrenmacher für diese Ausgabe abgelehnt, obwohl die Marken bereits gedruckt waren. Als Ersatz für dieses Motiv wurde dann das Wappen der Insel gewählt und am 15. August 1956 ausgegeben (Mi Nr. 176).



Die vorhandenen 1 £ Zigarrenmacher wurden vernichtet. Gemäss Britischer Nationalbibliothek, bei der sich ein Exemplar befindet, sollen jedoch noch weitere 6 Stück dieser Marke existieren. Nähere Angaben zum Verbleib werden jedoch nicht gemacht, auch sind meines Wissens noch keine Exemplare im Handel aufgetaucht. Obwohl diese unverausgabte Marke weder im Michel noch im Scott erwähnt oder katalogisiert wird, hat sie nach meiner Meinung einen Platz in dieser Rubrik verdient!

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
merkuria Am: 13.05.2016 18:20:35 Gelesen: 615057# 81 @  
Besondere Frankaturen und dazu noch seltene Destinationen haben ihren Preis:



ungebrauchte 90 Cent Marke (Mi Nr. 35)



Der „Ice House“ Brief (benannt nach der Empfängeradresse in Calcutta) gehört zu dieser Gattung. Dieser Brief ist der einzig bekannte Beleg mit einer Frankatur der 90 Cent Marke (Mi Nr. 35). Aufgegeben am 8. August 1873 in Boston, fand er seinen Weg zum Empfänger in Calcutta/Indien.

Dieser Brief wurde 1914 entdeckt und letztmals 1943 an einer Auktion angeboten. Kurz an Ausstellungen gezeigt, blieb der Brief seit 1967 verschwunden. Am 13. Juni 2009 verkaufte das Auktionshaus Siegel in New York den Beleg unter Los Nr. 130 für 431‘000 US$ !

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
merkuria Am: 13.05.2016 19:43:36 Gelesen: 615036# 82 @  
Ein weiteres preisliches Highlight beschert uns diese Einheit aus der Zeit der US-Postmeisterausgaben:



Die Postmeisterausgaben 5 und 10 Cents (Mi 1-2) vom November 1845 aus St. Louis (Missouri) wurden auf einer Platte mit je 3 Stück senkrecht angeordneten Wertstufen 5 und 10 Cents hergestellt.

Die vorliegende Einheit ist mit 4 Stück die grösste bekannte, existierende Einheit dieser Ausgabe und eine der drei bekannten zusammenhängenden Einheiten von 5 und 10 Cents-Wertstufen.

Am 16. Juni 2007 verkaufte das Auktionshaus Siegel in New York diese Einheit für 260‘000 US$ !

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Lars Boettger Am: 14.05.2016 19:24:34 Gelesen: 614910# 83 @  
Inverted Jenny:

http://invertedjenny.com/ - hier wird die Geschichte der Marke und deren Besitzer erläutert.

Beste Grüsse!

Lars
 
10Parale Am: 14.05.2016 21:15:34 Gelesen: 614884# 84 @  
@ merkuria [#82]

Die Amerikaner nannten die Ausgabe "St. Louis Bears". Es gab später eine weitere Platte mit 1 Wert zu 5 Cents, 3 Werten zu 10 Cents und und 2 mit 20 Cents. Dieser "top value" 20 Cents soll sehr rar sein.

1895 fand eine Reinigungskraft im Gefängnis von Louisville,Kentucky, ein Bündel Zeitungen und Briefe mit seltsamen Briefmarken. Er wusste wohl nicht was er gefunden hatte und zeigte die Marken einigen Gefängniswärtern, die ihm dafür einen Drink spendierten.

1912 wurde ein weiterer Fund in einer Bank bestätigt. Darunter sollen gerüchteweise 6 dieser 20 Cents Marken gewesen sein. Briefmarkenhändler zahlten schon damals sehr viel Geld für diese Marken.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 14.05.2016 23:03:42 Gelesen: 614860# 85 @  
@ 10Parale [#84]

Hier zeige ich Euch einen Brief aus dem berühmten "Charnley & Whelan"-Fund (1912)



Harmer versteigerte diesen Fund 1948. Es waren 42 Lose, alles Briefe oder grosse Briefstücke. Auch der hier gezeigte Brief war dabei. Dieser wurde 1989 wieder verkauft, bei Christie's, als der legendäre Bestand der Weill Brother's verkauft wurde. Der Brief kostete vermutlich US$ 52'800 (1989), Los 654.

Grüsse
Heinz
 
merkuria Am: 15.05.2016 10:42:10 Gelesen: 614811# 86 @  
Eine weitere Rarität beschert uns die US-Postmeisterausgabe von Brattleboro (Mi Nr.1)



Der gezeigte Brief ist der einzig bekannte Beleg mit einer Mehrfachfrankatur dieser Ausgabe.

Verkauft wurde dieses Unikat an der 937. Siegel Auktion in New York vom 16. Juni 2007 als Los Nr. 3 für 200‘000 $

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 15.05.2016 12:03:32 Gelesen: 614790# 87 @  
@ Heinz 7 [#79]

Ich habe nachgesehen: Es war tatsächlich Alma Lee, die dieses Paar der Zürich 4 bei Rapp kaufte. 21 Jahre später durfte Peter Rapp dann die Sammlung von Alma Lee wieder verkaufen. Alma Lee war eine grosse Wohltäterin; sie hat der Royal Philatelic Society London einen grossen Geldbetrag gewidmet. Sie hat übrigens vermutlich auch den teuren Brief mit der "1850: 10-Rappen-mit Kreuzeinfassung" gekauft (Zuschlag 1980: CHF 260'000 + 15 %!), denn er war 2001 auch in ihrer Sammlung.



Siehe dazu auch Beitrag in der Rubrik "Schweiz, Ausgabe 1850".

Freundliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.05.2016 22:56:43 Gelesen: 614660# 88 @  
@ BD [#2]

In deiner Tabelle ist die Toskana Nr. 23 aufgeführt; vermutlich ist es also die Toskana-Wappen-Marke 3 Lire ocker, die auch heute zu den teuersten Marken der Welt gehört.

1913 hatte die Marke einen "Buchwert" von Mark 1'400. Du hast leider die Quelle nicht genau bezeichnet.

Es gibt nicht viele Briefmarken mit einem sechsstellingen Katalogwert. Die Toskana Nr. 23 (3 Lire ocker) ist eine. Sie ist (oder war) bei Michel bewertet ungebraucht mit Euro 160'000 (Katalog 2010).



Damit hat sie viele Marken, die 1913 noch vor ihr lagen, überholt!

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.05.2016 23:30:29 Gelesen: 614519# 89 @  
@ Heinz 7 [#12]

Wir haben schon mehrfach gesehen, dass auch nicht sehr teure Marken sehr hohe Preise erzielen können, wenn sie zum Beispiel in grossen Einheiten vorliegen. Ein eindrückliches Beispiel sehen wir anbei.

Die Penny Black ist lose ungebraucht "nur" Euro 3800 "schwer" (Michel 2010). Aber die Marke ist ungemein populär, und Great Britain gehörte schon immer zu den AAA-Briefmarken-Sammelgebieten.

"The largest surving mint Penny Black multiple still in private hands" = Ein 18er-Block wurde angeboten (Los 8). Ein Sammler hat Ende XX. Jahrhundert den passenden unten anschliessenden Sechserstreifen gefunden (Los 9) und so konnte man den "vereinten" 24er-Block anbieten (Los 10).



Der Schätzpreis war nicht unbescheiden: US$ 400 - 500'000 für Los 8, US$ 30 - 40'000 für Los 9, Los 10 war: Los 8+9 zusammen: Auktion Juni 2007 Shreves New York.

Das Ergebnis wurde von Shreves zu Recht euphorisch kommentiert: Los 10 brachte eine glatte Million US-Dollars (plus 15 % Zuschlag). Dieser Block zählt damit zu den wertvollsten phil. Einheiten.

Heinz
 
merkuria Am: 22.05.2016 17:38:18 Gelesen: 614171# 90 @  
Ein Kehrdruckpaar der französischen 10c Ceres Ausgabe (Mi Nr. 1) ist schon selten anzutreffen. Wenn dieser Tête bêche dann noch so zentrisch in einer 9er Einheit eingebettet ist, darf man mit einem guten Preis rechnen!



Für diese ungebrauchte 9er Einheit (ex Burrus) mit zentrischem Tête bêche wurde an der 989. Siegel Auktion vom 19. Juni 2010 in New York unter Los Nr. 291 ganze 90‘000 US$ + Aufgeld bewilligt.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
merkuria Am: 23.05.2016 10:42:38 Gelesen: 614075# 91 @  


Im Festpreisangebot des Hauses Dreyfus Investor Basel S.A. kommt ein sehr selten angebotener Briefbeleg zum Verkauf: Eine Mischfrankatur Basler Taube und Frankreich Ceres Ausgabe. Bisher sind uns insgesamt nur 3 Belege mit diesem Porto bekannt. Der Verkaufspreis ist mit 350'000 € angesetzt. Ich denke dieses Stück verdient es, in diesem Thread gezeigt zu werden.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 03.06.2016 04:59:31 Gelesen: 613323# 92 @  
Wer an die teuersten Marken von Hawaii denkt, dem fallen sicher die "Missionaries" ein (die Erstausgabe von 1851/52). An der soeben beendeten Auktion des Hauses Siegel hat aber ein anderer Brief den klar höchsten Preis erzielt:



1857 gab es ein Provisorium: 5 Cents- auf 13 Cents, wobei die "5" hanschriftlich vermerkt wurde. Es gibt nun einen einmaligen Brief mit gleich mehrerer dieser Marken, und dieser Brief erzielte schon mehrfach superhohe Preise (Caspary-Auktion, Lilly, Ishikawa, Giamporcaro). Er ist nicht nur für Hawaii-, sondern auch für USA-Sammler sehr interessant, das ist sicher eine Erklärung für den hohen Wert.

Am 29.5.2016 wurde der Bief in New York versteigert (Siegel Auction-Sale 1126, Los 24). Zuschlag war US$ 220'000 (Estimate war zwar US$ 250'000-350'000, aber die Auktion lief auch bei anderen Losen etwas "harzig").

Auf jeden Fall hat dieser Brief schon so oft hohe Preise erzielt, dass er hier sicher gezeigt werden darf.

Heinz
 
merkuria Am: 12.06.2016 19:56:47 Gelesen: 612835# 93 @  
@ DL8AAM [#17]

@ Heinz 7 [#24]

Liebe Freunde der Inverted Jenny,

ich möchte nochmals auf die Geschichte um die Inverted Jenny zurückkommen:

Am 14. Mai 1918, dem Ausgabetag der Flugpostmarke, entdeckte der Philatelist W. T. Robey dass sein erworbener Bogen zu 100 Briefmarken komplett kopfstehende Flugzeuge aufwies. Er überzeugte sich, dass dies der einzige Bogen des Postamtes mit solchen Fehldrucken war. Er konnte den Bogen, aus dem alle heutigen bekannten Stücke stammen, für 15.000 $ an den bekannten Briefmarkenhändler Eugene Klein verkaufen. Klein verkaufte diesen sofort für 20.000 $ an den Sammler Edward H. R. Green weiter. Dieser zertrennte auf Anraten Eugene Kleins den Bogen und begann mit dem Verkauf mehrerer Paare und Einzelstücke, die sich heute in den verschiedensten Briefmarkensammlungen der Welt wiederfinden. Green versah außerdem den Markenbogen mit einer aufsteigenden Nummerierung mit Bleistift (von 1 bis 100), sodass die Lebensläufe der verschiedenen Marken gut nachverfolgt werden können. Anschließend verkaufte er einige davon, darunter Viererblocks, behielt aber unter anderem die größte zusammenhängende Einheit, einen Achterblock für seine eigene Sammlung.

Das Vorhandensein der fortlaufenden Nummerierung hat mich dazu bewogen, dem Verbleib dieser 100 Stücke einmal nachzugehen. Durch ausgiebiges Studium von Auktionskatalogen ist es mir gelungen, den Handel von allen 100 Stücken nachzuweisen. Dabei ist mir aufgefallen, dass 50% aller Verkäufe der Inverted Jenny’s über das amerikanische Auktionshaus Siegel abgewickelt wurden. Siegel hat alleine mit diesen Jenny-Transaktionen seit 1980 mehr als 13.5 Millionen US$ umgesetzt.

Untenstehend die Tabellen mit den Handelsbewegungen der einzelnen Marken:





Ich habe diesen Beitrag auch im Thread "Kopfstehende Marken oder Rahmen" veröffentlicht, denke aber dass er hier genauso gut reinpasst, berichten wir hier doch vor allem über berühmteste und wertvollste Briefmarken der Welt !

Gruss aus der Schweiz
Jacques
 
DL8AAM Am: 13.06.2016 17:01:10 Gelesen: 612762# 94 @  
@ merkuria [#93]

Jacques,

ich bin gerade dabei meine Fotos von der NY2016 zu sichten. Dabei stand NY2016 gefühlt irgendwie unter dem Motto der Jenny. Schon in der Eingangshalle wurde eine echte Jenny ausgestellt ;-)



Die #58 "XF-Sub 95", die bei Siegel dort für ja knapp 1,2 Millionen wegging, wurde vorher am Stand gebührend ausgestellt.



Zusätzlich konnte man an anderer Stelle (Columbian Stamp Company) noch die #36 (dort am Stand für 450.000$ zu haben) und #57 ("Price on request") bewundern. Im Court of Honor durfte man ja leider nicht fotographieren, da wurden die #69 und der 4er-Block #41/#42/#51/#52 ausgestellt. Nur gelesen habe ich, dass am 01.06. bei Schuyler J. Rumsey Philatelic Auctions dort die #8 zu ersteigern gewesen sein soll. Diesen Verkauf (190.000$) hast Du auch ja bereits in die Liste aufgenommen.



Leider sind das alles nur Handy- und keine Profikamerafotos, sorry ;-) Und es ist schon ein vollkommen anderes Gefühl, diese Marken mal in echt, und nicht nur als Abbildungen, zu sehen! Das war einer der Gründe deshalb extra nach NY zu fliegen, obwohl meine eigenen Sammelgebiete "Moderne Postgeschichte" dort nicht unbedingt im Fokus standen und wohl auch zukünftig auf diesen Veranstaltungen wohl auch nie zu Ausstellungsehren kommen werden. Im Prinzip war das also nur eine Woche, sehr interessanter "Museumsbesuch". ;-)

Die passend zur NY2016 wieder aufgetauchte bzw. dort vom FBI an das APRC zurückgegebene #76 aus dem 1955 gestohlenen McCoy-4er bekam ich leider nicht zu Gesicht. Die Übergabezeremonie, die vor der echten Jenny stattfand, habe ich leider irgendwie verpasst, eigentlich schade. Hier konnte sich der Finder Keelin O'Neill aus Nordirland wenigstens noch über einen 50.000$ Scheck von Mystic freuen, besser als nichts ;-) Jetzt fehlt wohl nur noch die #66.

Beste Grüße
Thomas
 
Heinz 7 Am: 13.06.2016 20:54:16 Gelesen: 612737# 95 @  
@ merkuria [#93]

Das sind sehr interessante Informationen, und ich danke dir für diese Fleiss-Leistung!

Der Achterblock existiert heute in dieser Form nicht mehr! Es waren die Positionen 85 bis 88 und 95 bis 98. Heute sind die Positionen 85+86+95+96 Einzelstücke, nur die Positionen 87+88+97+98 blieben als Einheit erhalten und bilden einen der verbliebenen 6 Viererblocks! (2 Stücke sind verschollen, 74 Marken sind einzeln mehr oder weniger "genau" nachgewiesen. Siehe Bemerkung unten).

An der 17. Auktion von Harmer Rooke New York wurde am 13.11.1944 als Los 166 dieser Achterblock verkauft. Er erzielte dann US$ 27'000.



Wir lesen dazu: Stanley Bierman: The World's greatest Stamp Collectors (1990), im Kapitel 9: "Colonel Edward H.R.Green":

"The block realized $27,000, which represented the highest price paid to date for a single item of United States stamps. The block of eight was acquired by Y. Souren of New York, and later broken into a plate block, which was purchased by Raymond Weill Company, along with a line pair and two single issues."

Souren und Weill waren übrigens bekannte Händler/Auktionatoren.

Wir sehen also, dass diese Marke gewaltige Wertsteigerung erfahren hat (das wäre ein super-Studienobjekt für unseren "Kaufkraft-Vergleich!". Erinnern wir uns:

1918: Hunderter-Bogen: US$ 15'000 bzw. US$ 20'000
1944: Achterblock: US$ 27'000
2016: Einzelmarke: erstmals über eine Million US-Dollar!).

Meines Erachtens ist diese Marke eine der am meisten überbezahlten Briefmarken der Welt. Aber sie ist eben ungemein populär. In New York hat gefühlt jeder dritte Händler mit dieser Marke Werbung gemacht und sie war an der Ausstellung x-mal zu sehen! Sie ist etwa so populär wie die "Basler Taube" für die Schweiz.

Der neueste Auktionskatalog von Siegel (1128) ist für "Jenny"-Fans ein "Must"! Auf nicht weniger als 64 Seiten wurde dieses eine Los angeboten (das dann ja auch den Rekordpreis von über US$ 1 Mio. erzielte) mit sehr vielen Hintergrund-Infos! Sehr wertvoll ist auch die Abbildung auf Seite 62: "Reconstruction of inverted "Jenny" Sheet". Siegel hat eine detaillierte Kartei über diese Marke. Leider darf ich sie Euch nicht zeigen. weil das copyright bei Siegel ist "All rights reserved. May not reproduced in any form."

Natürlich hat die Einzelmarke (Pos. 58) einen "Sonderstatus": sie ist mit Abstand am höchsten bewertet (US-Qualitäts-Rating). Also: nicht JEDE Jenny-Inverted-Marke hat einen "Wert" von 1 Million! (Ebenso, wie bei den Basler-Taube Briefen grosse Preisunterschiede bestehen). Dennoch sind die Verkaufspreise für diese Marke meistens erstaunlich hoch!

Freundliche Grüsse
Heinz
 
merkuria Am: 13.06.2016 22:11:55 Gelesen: 612718# 96 @  
@ Heinz 7 [#95]

Ich habe vorgestern begonnen, mit Hilfe der Siegel-Auktions-Dokumentationen die im Netz zur Verfügung stehen, alle "Jenny's" die bei Siegel je gehandelt wurden, zu erfassen. Ich bin dabei auf 48 Stück gekommen. Der Rest war dann noch offen. Gestern stiess ich beinahe zufällig auf einen Link, der sich speziell nur mit den Jenny-Ausgaben befasst. Hier wird praktisch jedes Wissen der Nr. 1-100 archiviert: Besitzer seit 1918, Verkäufe seit 1918, Biographien der Besitzer, Auswertung der Erlöse zum Katalogpreis, usw. Nun, so war es mir relativ schnell möglich, diese übersichtlichen Tabellen zu erstellen. Auf den Kaufkraft-Vergleich komme ich noch zurück!

Hier noch den Link zu dieser wirklich tollen Seite:

https://invertedjenny.com

liebe Grüsse
Jacques
 
merkuria Am: 13.06.2016 22:27:03 Gelesen: 612710# 97 @  
@ DL8AAM [#94]

Hallo Thomas,

besten Dank für Deinen Beitrag mit den tollen Bildern. Ich beneide Dich um das Erlebnis, 2 dieser Marken live gesehen zu haben! Ich habe mich zwischenzeitlich etwas mit der Ausgabe in Papier und Netz beschäftigt. Es ist schon fast unheimlich, welche Geldsummen da im Spiel sind. Alleine das Auktionshaus Siegel hat mit dieser Marke seit 1980 mehr als 13.5 Mio US$ Umsatz gemacht. Zählt man die in der Liste aufgeführten Transaktionssummen zusammen, so kommt man auf eine Summe von mehr als 20 Mio US$ (ohne Berücksichtigung der Geldentwertung und ohne Erfassung aller Transaktionen). Hier waren schon früher Käufer am Werk, bei denen das Geld keine Rolle spielte.

liebe Grüsse
Jacques
 
merkuria Am: 14.06.2016 11:15:38 Gelesen: 612642# 98 @  
@ Heinz 7 [#95]

Hier noch eine interessante Bogenrekonstruktion der Inverted Jenny. Wann diese entstanden ist, kann ich nicht genau sagen. Gemäss den inhaltlichen Angaben muss diese zwischen 1955 (Erwähnung des Mc Coy-Diebstahles) und 1994 (Never seen Bemerkung zu einer Marke die 1994 verkauft wurde) entstanden sein.



Eigentlich sind darin nur 3 nicht mehr zutreffende Informationen enthalten:

Never seen Nr. 13: Dieses Stück tauchte 2007 an einer Siegel-Auktion auf.

Missing Mc Coy Nr. 60: Dieses Stück wurde 2014 dem Philatelic Research Centerex geschenkt.

Never seen Nr. 99: Dieses Stück tauchte 1994 an einer Siegel-Auktion auf.

Liebe Grüsse
Jacques
 
Heinz 7 Am: 14.06.2016 20:39:42 Gelesen: 612588# 99 @  
@ merkuria [#98]

Danke, Jacques, diese Bogenrekonstruktion ist wirklich interessant.

Wenn ich die neue Übersicht von Siegel daneben stelle kann ich sagen: Es sind nur noch die Marken Pos. 49 und 79 verschollen. Zu allen anderen gibt es Fotos/Nachweise. Ein paar wenige sind allerdings älteren Datums und es sind nur schwarz-weiss Fotos vorhanden.

Am 12.10.1989 fand auch eine legendäre Auktion statt, als das Lager der Weill Brothers zur Auktion kam (ein kleiner Teil davon). Unser berühmter Viererblock 87/88+97/98 ("Plate number block, 8493") erzielte dort einen sehr hohen Preis: US$ 1'100'000! Das war nicht weniger als "This was claimed as the highest price ever paid for a philatelic item" (damit wurde wohl der "Blue Boy" übertroffen, der bei David Feldman US$ 1'000'000 gebracht hatte (May 1981)).

Diese "Weill Stock"-Auktion wurde nicht von Siegel, sondern von Christie's New York durchgeführt.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.06.2016 20:54:54 Gelesen: 612582# 100 @  
@ Heinz 7 [#99]

Wenn ich hier schon vom "Blue Boy" spreche, sollte ich ihn (auch in dieser Rubrik) noch vorstellen:

Es ist der Name der einmalige Postmeister-Marke von Alexandria:



Dieser Brief wurde von David Feldman im Mai 1981 für US$ 1.000.000 verkauft, was damals ein Weltrekord war und meines Wissens das Resultat von US$ 850'000 für die British Guiana aus dem Jahr 1980 als Rekord ablöste (siehe Beitrag 9).

In New York habe ich, zu meiner grossen Freude, diesen Brief zum ersten Mal im Original gesehen: er war im Ehrenhof ausgestellt von Erivan Haub. Eine absolut phantastische Sammlung (siehe thread: New York 2016).



Im Exponat von Haub gab es noch viele weitere Unikate, die die amerikanischen Sammler wohl schwer beeindruckt haben! Haub hat vielleicht angeknüpft an die legendäre Sammlung "US Postmasters" von Altmeister Alfred Caspary. Dieses Exponat war für mich ein Glanzpunkt der Ausstellung New York 2016

Heinz
 
valgrande Am: 15.06.2016 13:02:28 Gelesen: 612525# 101 @  
@ Richard [#546] und [#3]

Gehören nicht auch die „Ochsenaugen“ in die Liste der seltenen Marken?

Es gibt nicht viele Briefmarkenausgaben aus Übersee, die bei Philatelisten einen geradezu legendären Ruf genießen. Warum gehören die „Ochsenaugen“ aus Brasilien nicht auch dazu?

Was ist das Faszinierende der Marken seit mehr als 160 Jahren? Es ist wohl die eigenwillige grafische Gestaltung dieser großformatigen, im aufwändigen Stichtiefdruck hergestellten Marken: Die Wertziffer nicht als dominierendes, sondern als einziges Motiv in einem mit feiner Hintergrundzeichnung ausgefüllten Oval, dem diese Marken den Namen „Ochsenaugen“ verdanken. Die Bezeichnung rührt vom eigenartigen Aussehen der Ziffernzeichnung her und stammt aus dem Portugiesischen. Die Nachfolgeserien werden als Ziegenaugen und Katzenaugen bezeichnet. Die Marken sind die Ersten ohne Landesbezeichnung und sind nach der Schweiz die zweite Ziffernserie der Welt.

1. Ausgabe vom 1. August 1843 (so genannte „Ochsenaugen“) 3 Marken Brasilien. Bei den heutigen Preisen – notiert der Michel (Online-Katalog, abgerufen Dezember 2015) € 9000,– für den ungebrauchten und € 2800,– für den gebrauchten Satz von drei Werten (30, 60 und 90 Réis), sind sie noch durchaus moderat. Bei Auktionen werden zum Teil weit höhere Summen geboten. Aufzupassen ist jedoch, da es viele Fälschungen gibt, siehe unten.

Gruß von
valgrande


gefälschte Ausgaben
 
Heinz 7 Am: 15.06.2016 19:46:03 Gelesen: 612484# 102 @  
@ valgrande [#101]

Hallo Kollege,

Du schreibst, die "Ochsenaugen" aus Brasilien gehören nicht zu den legendären ("besten") Briefmarken der Welt? Da bin ich anderer Ansicht.

Die "Ochsenaugen" werden in mehreren einschlägigen Büchern unter "den Besten" geführt (L.N.+ M. Williams 1949, siehe Kapitel 35; Hertsch: 1957, O'Keefe (Linn's), 1987). Und zwar, obwohl die Erstausgabe (1842) ja nicht wirklich selten ist (Mi 1-3 haben Katalogwert von 800/320/1700 Euro, gestempelt, 2010). Aber es gibt viele teure Einheiten, Abstempelungen, Briefe. Und die Brasilien-Philatelie hat auch ein Ausnahmestück, das zu den "ganz teuren" gehört.



Dieser Dreierstreifen ist speziell, weil eine 60 Reis Marke am Paar der 30 Reis Marke hängt via Zwischensteg). Dieser Streifen war das Schmuckstück von mehreren Brasilien-Sammlungen; einer von ihnen war Charles Lathrop Pack. Seither hat diese philatelistische Einheit den Übernamen: "The Pack strip".

Im Ausstellungskatalog zur Anphilex '96 (New York) war ein prominentes Kapitel den "besten" Briefmarken der Welt gewidmet: "The Aristocrats of Philately". Auch hier wird der "Pack strip" aufgeführt und im Text steht:

"it is inevitably included in lists of the top 10 items of philately."

Auch der berühmte Auktionator Siegel nahm den Pack-Strip zu den "top ten rarities" (Juni 2008).

Der Streifen war auch in der Angelo Lima-Sammlung Brasilien enthalten, die bei David Feldman versteigert wurde. Der Erlös (1993) für dieses eine Los war meines Wissens eine glatte Million Schweizer Franken (plus 15 % Aufgeld).

Ich denke, diese Tatsachen genügen, um zu zeigen: Brasilien's Ochsenaugen gehören zum Besten, das die Philatelie zu bieten hat.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.06.2016 11:06:50 Gelesen: 612398# 103 @  
@ merkuria [#93]

Lieber Jacques,

Du hast einige Verkaufspreise betrachtet und hast bei einem Durchschnittspreis von US$ 350'000 einen (theoretischen) Preis für den Hunderterbogen von US$ 35 Millionen abgeleitet. Mit Sicherhiet ist dieser Fehldruckbogen heute der teuerste aller Zeiten, aber einen Durchschnittspreis von US$ 350'000 würde ich dennoch nicht sehen.

Wir wissen ja, wie das ist: Bei einer Ausgabe sind immer nur die "Schönsten" teuer bezahlt (Katalogwert, oder noch höher), während weniger attraktive Stücke oft zu einem Bruchteil davon liegenbleiben. Das dürfte auch für die "Inverted Jenny" zutreffen. Offenbar gibt es einige "nicht schöne" Stücke. Auktionator Siegel schrieb im Katalog zur Zoellner-Auktion (1998) folgenden Kommentar:

Many of the original 100 stamps were mistreated by collectors during the years, despite the stamps' rarity and value. Colonel Green himself allowed moisture to affect some of the stamps he retained. Other examples have become slightly toned from improper storage and climactic conditions. Hinging has caused thins and creases in numerous stamps, and at least seven have been "lost" to philately--or nearly so as in the case of the copy swept up in a vacuum cleaner.

Zur Position 78 gibt es eine eigentlich "unglaubliche" Geschichte (oder vielleicht auch zum Schmunzeln)!

Der sehr reiche Sammler Robert Zoellner kaufte 1985 diese Marke (Pos. 78) für US$ 88'000 bei seinem Versuch, eine komplette US-Sammlung zusammen zu tragen. Wie wir wissen, schaffte er sein Ziel und der Zoellner-Sale erregte grosses Aufsehen; darin war die einmalige 1 Cent blue 1867-1868, Z grill (Scott 85 A), enthalten. Sie erst machte die US-Sammlung "komplett" und erreichte beim Verkauf die Kleinigkeit von US$ 850'000 + 10 % = US$ 935'000 (Sale Siegel 8.10.1998; Startpreis war US$ 450'000).



Wir können diese Marke später noch ausführlicher besprechen. Kurios ist etwas anderes: Siegel verkaufte auch eine "Inverted Jenny" von Zoellner, aber nicht die Position 78, sondern die deutlich bessere Position 58. Die hatte Zoellner nachgekauft, nachdem Folgendes passiert war:

Die Marke fiel Zoellner aus dem Album. Die Putzfrau hat dann mit einem Vakuum-Cleaner die Marke eingesaugt. Man fand sie im Gerät, nun natürlich in einem etwas traurigen Zustand.

Kein grösseres Problem für Zoellner: er kaufte die Marke einfach noch einmal (26.10.1992 Superior Stamp & Coin Company).

Die US$ 88'000-Marke (1985/Pos. 58) dürfte heute nur noch einen geringen Wert haben.

Ob die Putzfrau ihren Job verlor, weiss ich nicht.

Heinz
 
Lars Boettger Am: 16.06.2016 11:42:41 Gelesen: 612388# 104 @  
@ Heinz 7 [#103]

Ein paar Anmerkungen zu der "einmaligen 1 Cent blue 1867-1868, Z grill (Scott 85 A)":

Diese Marke gibt es bisher nur zwei Mal: Einmal in einer Museumssammlung, einmal die gezeigte Marke.

Vor etlichen Jahren wurde über die Scott 85 A im Forum des bekannten US-Philatelisten Richard Frajola ausführlich und kontrovers diskutiert. Die Echtheit des Grills wurde von einigen Teilnehmern stark in Zweifel gezogen.

Die Marke selbst war jahrelang im Besitz der "Mystic-Stamp-Company". Der neunjährige Sohn des Besitzers hat die Marke wohl bei der Zoellner-Auktion ersteigert. Der unterlegene Bieter "was beaten by a kid".

Beste Grüße!

Lars
 
valgrande Am: 16.06.2016 14:12:03 Gelesen: 612348# 105 @  
@ Heinz 7 [#102]

Wenn schon zitieren, dann bitte richtig. Ich schrieb "Gehören nicht auch die „Ochsenaugen“ in die Liste der seltenen Marken? Es gibt nicht viele Briefmarkenausgaben aus Übersee, die bei Philatelisten einen geradezu legendären Ruf genießen. Warum gehören die „Ochsenaugen“ aus Brasilien nicht auch dazu?"

Meine Äußerungen bezogen sich auf den Eintrag Richard [#546] und [#3]. Ich bedauerte ausdrücklich, dass die "Ochsenaugen" nicht in der Auflistung der berühmtesten und seltensten Briefmarken vorhanden war.

Gruß valgrande
 
merkuria Am: 16.06.2016 18:39:56 Gelesen: 612309# 106 @  
@ Heinz 7 [#103]

Lieber Heinz,



Obenstehende Zusammenstellung war der Ausschlag für meine Schätzung von 350'000 $/Stk. Sicher hat es bei den verbleibenden 74 Positionen ein paar Krücken dabei, aber es gibt auch noch 6 Viererblocks die heute wahrscheinlich einen phänomenalen Preis erzielen würden! Auch wenn ich vielleicht etwas hoch gegriffen habe, teuer sind die Jenny's allemal.

liebe Grüsse
Jacques
 
Heinz 7 Am: 17.06.2016 07:49:35 Gelesen: 612244# 107 @  
@ valgrande [#105]

Guten Tag,

ich habe den Beitrag [#101] so verstanden, dass es eine Frage sei (von Ihnen). Wenn Sie der Meinung sind, die Ochsenaugen gehören zu den legendären Briefmarken, dann sind wir uns ja einig. Diese Briefmarken haben natürlich eine Sonderstellung, weil sie sind sehr sehr früh herausgegeben worden (1843).

Sie sind nicht sehr selten (ähnlich wie die "Penny Black" aus Grossbritannien), da sie aber populär sind, und viel gesammelt werden, erreichen Spitzenstücke dieser Ausgabe (grosse Einheiten, seltene Stempel und dgl.) auch immer wieder hohe Preise. Auch der PACK-STRIP wäre nicht so hoch geschätzt, wenn Brasilien nicht ein sehr angesehenes (Briefmarken-) Land ist.

Klassisch Brasilien ist meines Erachtens ein "Triple-A" Sammelgebiet, könnte man sagen.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.08.2016 19:53:08 Gelesen: 608554# 108 @  
@ BD [#2]

Eine der vielen klassischen Raritäten ist die Canada 1851: 12 Pence, schwarz (Michel Nr. 6). Katalogwert heute (bzw. Michel Raritäten-Katalog 2010; siehe Seite 194) gestempelt: Euro 55'000 (6x: senkrecht gestreiftes Papier) / Euro 80'000 (6y: gewöhnliches Papier)



Es gibt wenige ungestempelte Marken und sehr wenige gestempelte Paare und Exemplare auf Briefen. Sie gehören seit 150 Jahren zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt.

Anbei ein Exemplar mit dem typischen Siebenkreis-Stempel, der weder Ort noch Datum angibt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.09.2016 00:01:37 Gelesen: 607161# 109 @  
@ Liebhaber von Klassischen Marken aus Nordamerika

Auch aus Nordamerika kommt diese sehr seltene Marke:



Beschreibung: 1857, 1s Reddish Purple, Watermarked, full to large margins, strong color on bright paper, small part o.g., Extremely Fine, ex-Argenti, Foxbridge, Baillie; with 2013 V.G. Greene certificate. SG No. 8.
Scott No. 6 var. $32,500.

A REMARKABLE SOUND UNUSED EXAMPLE OF THE 1857 1S REDDISH PURPLE CLEARLY SHOWING THE PAPERMAKERS WATERMARK. ONE OF ONLY SIX RECORDED UNUSED EXAMPLES, OF WHICH ONLY THREE ARE SOUND.

Quelle: http://www.rumseyauctions.com/auctions

Eine sehr schöne Marke!
Heinz
 
merkuria Am: 30.09.2016 13:19:26 Gelesen: 606573# 110 @  
Heute möchte ich eine wirklich seltene Ausgabe aus dem Bereich der italienischen Auslandspostämter vorstellen:



1917 erfolgte die Einrichtung von italienischen Postanstalten in Peking und Tientsin. 1919 verausgabte die italienische Postverwaltung von Peking (Pechino) eine neue Freimarkenausgabe in chinesischer Währung (Mi Nr. Ital. Post in China Nr. 27-35). Dazu verwendete man Freimarken von Italien (ex Mi Nr. 74-125) und versah diese mit einem Aufdruck des neuen Wertes sowie Pechino. Wir unterscheiden hier unter 3 verschiedenen Aufdrucken: Turiner Aufdruck, Lokaler Handstempelaufdruck und Lokalaufdruck.

Die vorgestellte Marke gehört zum Lokalaufdruck und ist in gesamthaft nur 15 Exemplaren (ungebraucht und gestempelt) bekannt. Von diesen 15 Exemplaren wurden an der Cherrystone Auktion vom Januar 2013 gerade zwei Exemplare angeboten:

Los Nr. 937 beinhaltete ein ungebrauchtes Stück mit Falz und wurde für 32‘500 US$ + Aufgeld verkauft.

Los Nr. 938 beinhaltete ein postfrisches Stück und wurde für 50‘000 US$ + Aufgeld verkauft. Dabei soll es sich um das einzig bekannte postfrische Exemplar der 15 Bekannten handeln!

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
bayern klassisch Am: 30.09.2016 14:32:36 Gelesen: 606547# 111 @  
@ Heinz 7 [#109]

Hallo Heinz,

vielleicht die schönste Marke der Welt - wow, hätte ich mein Herz nicht schon vor vielen Jahren an Bayern verloren, würde ich allein der Schönheit wegen diese Ausgabe sammeln, allerdings auf Beleg, nicht postfrisch oder lose. Diese Marken sind Hingucker allererste Kajüte!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
merkuria Am: 30.09.2016 15:37:31 Gelesen: 606530# 112 @  
@ bayern klassisch [#111]

Hallo Ralph,

damit Du die Schönheit in voller Pracht geniessen kannst, hier noch etwas aus meinem Bildarchiv:



Michel Nr. 4

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
bayern klassisch Am: 30.09.2016 17:19:04 Gelesen: 606510# 113 @  
@ merkuria [#112]

Hallo Jacques,

vielen Dank - ein Genuß und eine graphische Leistung, vor der man sich heute noch verneigen muss.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 21.12.2016 09:12:56 Gelesen: 601244# 114 @  
Siehe Beitrag [#45]

Ich komme zurück auf eine bereits vorgestellte Marke: Siehe Beitrag [#45].

Nun wird eine der zwei verfügbaren Marken angeboten! - Und - wenn wir genau hinsehen: Es ist die andere der zwei verfügbaren Marken!



Der ausführliche Text zur Losbeschreibung anbei

Spink London, 24.1.2017
Auction: 17012 - The Leeward Islands, Bahamas, British Guiana, British Honduras and Turks Islands, The David Pitts Collection
Lot: 61

British Guiana
1850-51 "Cottonreel" Issue
2 Cents Rose
The Finest of the Four Recorded Examples
2c. rose on medium wove paper, Townsend & Howe Type B with thick frame and break over "gu", cut round and remarkably with outer frameline intact, initialled "J.B.S." (J.B. Smith) and cancelled with Demerara double-arc datestamp for 23 June 1851; affixed to non-contemporary small piece.

The finest of the four examples recorded and the only one without any of the obvious defects clearly visible in the illustrations of the other three in "Encyclopaedia of rare and Famous Stamps" (2 - The Biographies). Sc. 1; S.G. 1, £325,000. Photo

Note: There are four examples of the 2c. rose known used off cover and all are cut round. It is generally considered that this was the method that the postmasters used and the bulk of all "Cottonreels" exist in this manner. All four examples are Type B and all are initialled "J.B.S."

In terms of "Classic" rarities, this "Number One" example of British Guiana is considered to be amongst the greatest of all philatelic treasures. This is only the second opportunity for collectors to acquire this iconic stamp at auction over the last 90 years with it last auctioned by Spink in Washington in 2006

There is only one other example held in private hands and that example is heavily repaired
The other two recorded examples are in the British Library and in the Post and Telecommunications Museum, Bonn

provenance for l.n. williams example number 4:
1877 N.R. McKinnon acquired the stamp
1878 Ferrary obtained this remarkable stamp in exchange for number 4
1924 Gilbert Ferrary sale 10, lot 169, Fr.58,750 = approx. $3,172
196(?) Changed hands privately together with other items from the Champion collection
1996 Offered for sale by B. Behr in a Private Treaty brochure at Amphilex 1996 and acquired by an American collector
2006 Offered on behalf of the American collector by Spink during the Washington International Stamp Show in our Important Stamps and Covers of the World auction, lot 43, sold for $365,500

Subject to 5% tax on Hammer Price in addition to 20% VAT on Buyer’s Premium. For more information please view Terms and Conditions for Buyers.
Estimate £200,000 to £250,000

Auf das Resultat der Auktion darf man gespannt sein!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.01.2017 18:29:12 Gelesen: 599111# 115 @  
@ Beitrag [#114]

Ich kann vermelden, dass die obige Briefmarke zum Preis von GB£ 180'000 zugeschlagen wurde. Bei 20 % Provision ergibt dies also einen Preis für den Käufer von GB£ 216'000.

Dies liegt also unter dem Schätzpreis, und da das britische Pfund heute nicht mehr "stark" ist (im Vergleich zum Schweizer Franken), muss hier ein deutlicher Preisrückgang seit dem letzten Verkauf 2006 festgestellt werden (siehe Beitrag 114).

Kurs heute, gemäss "oanda": GBP 1.00 = CHF 1.16270. Kaufpreis heute also CHF 251'143.

Man muss bei diesen Vergleichen aber immer auch die Währungssituation der damaligen Zeit mit in Betracht ziehen. Während für Leute, die in Schweizer Franken rechnen, der Preis für diese Marke also deutlich nachgelassen hat, könnte die Situation aus Sicht von Grossbritannien anders aussehen.

Machen wir die Probe aufs Exempel. Nehmen wir die Kurse vom 1.10.2006 (ich weiss nicht, wann GENAU diese Marke 2006 verkauft wurde). Gemäss Oanda galten am 1.10.2006 folgende Wechselkurse:

100 USD = CHF 125.091
100 GBP = CHF 234.233

USD 365'500 (2006) also = CHF 457'208 = GBP 195'194

Wir sehen also: aus Sicht eines Sammlers aus London, der in GBP rechnet, ist der Preis 2017 sogar leicht höher (ca. 10%), während er für einen Sammler aus Zürich, der in CHF rechnet, sehr stark gesunken ist (minus 45 %)!

Dieses Rechenbeispiel zeigt uns schön, wie die Währungen völlig unterschiedliche Entwicklungen nahmen. Ich bin erstaunt, wie krass dies in diesem Beispiel deutlich wird.

(Erste Frage: Ich hab doch nicht etwa einen Rechnungsfehler gemacht?)

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.02.2017 14:01:25 Gelesen: 597744# 116 @  
@ Richard [#546]
@ DL8AAM [#4]

Eine "blaue Mauritius" ist auch heute noch vielen Leuten ein Begriff. Wenn ich heute aber die beiliegende Marke zeigen, denken manche Leute wohl: "das ist sie jetzt!". Aber: Das ist wohl eine blaue Marke von Mauritius, und der Brief sieht "gut" aus, aber es ist eben nicht DIE blaue Mauritius!



Der Brief sieht sehr ähnlich aus wie die berühmte Welt-Rarität. Der Kenner aber wird sehen, dass im linken Rand steht "POST PAID". Bei der allerersten Ausgabe des Landes wurde (wohl irrtümlich) das Wort "POST OFFICE" gedruckt (siehe Abbildung in Beitrag 4; zwei Marken Mauritius Nr. 1+2, zusammen verwendet, und ehemals in der Ferrari-Sammlung; hier als Nachbildung).

Kurz nachdem die ungewollte Inschrift der Briefmarke "POST OFFICE" bemerkt wurde, wurde die Marke neu gedruckt. Diese Marke blieb dann eine Weile in Gebrauch. Die allerersten Drucke dieser "POST PAID"-Marken sind ebenfalls sehr selten.

Anbei der Text zu dem Auktionslos, das soeben bei Gärtner versteigert wurde (Los 9845):

"1848 Queen Victoria 2d. blue, EARLIEST IMPRESSION, used on folded cover from Port Louis (dated 4th April 1849) to Bordeaux (FAMOUS VEILLON CORRESPONDENCE) per "Collingwood" via Greenock, London and Boulogne-Sur-Mer, tied by superb strike of circle of bars (Proud K1, early usage), large double circle "MAURITIUS POST OFFICE/AP 07/1849", black two-liner "GREENOCK/SHIP LETTER", France arrival cds, French boxed 'Colonies ...' h/s in red and charge marks on front, British transit datestamps and Bordeaux '21 July 1849' arrival dater on the reverse. The fresh stamp with even huge margins all round used on an interesting Mauritius-Scotland-England-France cover. A MOST OUTSTANDING AND ATTRACTIVE COVER WITH A SUPERB STAMP FROM THE EARLIEST IMPRESSION - according to the Kanai Handbook ONLY 4 covers recorded - this one is the FINEST - even finer than the famous cover from the Caspary collection (same correspondence). Various signatures and certified by Bottacchi (2016) and the Royal Phil. Soc., London (1953)."

Angeblich gibt es nur vier solcher Briefe, und dies sei der schönste. Er kostete denn auch die stolze Summe von Euro 75'000 plus Zuschlag.

Damit gehört auch "die jüngere Schwester" der weltbekannten blauen "Post Office"-Mauritius Marke zu Recht in dieses Kapitel.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.04.2017 20:29:35 Gelesen: 595126# 117 @  
@ Heinz 7 [#116]

Die blaue Mauritius "Post Office"-Ausgabe gilt bei vielen Sammlern (und Nicht-Sammlern!) als seltenste und wertvollste Briefmarke der Welt! Dies hat gute Gründe. Einen davon möchte ich heute präsentieren.

Die Marke ist ja wirklich sehr selten! Man kennt heute nur noch 12 Exemplare davon (4 ungebraucht, 5 gestempelt, 1 auf Fragment, und 2 auf Brief, davon 1 Brief in Kombination mit der 1 Penny-Marke orange).

Das schönste Exemplar der ungebrauchten 2 Pence-Marke landete früh schon in der königlichen Sammlung des Königs von England.



Dieses Foto stammt aus dem Buch von Leon N. Williams: "Encyclopaedia of rare and famous stamps", Band 1, 1993.

Es hat, im Gegensatz zu den anderen Exemplaren, schöne breite Ränder an allen vier Seiten. Die Marke war schon vor mehr als hundert Jahren sehr begehrt, und als das gezeigte Stück 1904 in London an einer Auktion verkauft wurde, zahlte der König (damals noch "Prince of Wales") dafür die unglaubliche Summe von GB£ 1450. Das Auktionshaus war Puttick & Simpson (13.1.1904, Los 301, Startpreis: GB£ 500).

Der Preis war damals eine Sensation, und die Marke festigte ihren Welt-Ruhm.

Die Marke wurde im monumentalen Buch von Sir John Wilson: "The Royal Philatelic Collection" 1952 in Farbe abgebildet.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.06.2017 22:30:49 Gelesen: 589850# 118 @  
@ merkuria [#91]

Wir haben schon gesehen, dass die Basler Taube bisweilen sehr teuer sein kann. Erstens ist die Marke weltberühmt (eine der ersten Marken weltweit, dazu die erste im mehrfarbigen Prägedruck) und zweitens gibt es davon sehr seltene "besondere Verwendungen".

Ein Brief mit einer Einzelfrankatur einer Basler Taube kann zwar auch respektable Preise einbringen, in der Rubrik der "wertvollsten" erreicht die Basler Taube aber kaum einen absoluten Spitzenplatz. Dafür gibt es einfach zu viele dieser Basler-Taube-Briefe. Seltene Verwendungen aber haben schon mehrfach Preise erzielt im sechsstelligen CHF/Euro-Bereich.

Die von Jacques gezeigte Mischfrankatur (B. 91) mit einer Frankreich-Marke ist natürlich sehr selten! Diese Woche wird nun ein weiteres Spitzenstück verkauft, in Zürich:



Ein Paar Tauben, in Kombination mit einer Bundesmarke der Schweiz 1850 - ein Traumstück, das zu Recht nun entsprechend hoch gepriesen wird. Sollte der Ausrufpreis des (wohlbekannten) "Gagnebin-Renan-Briefes" von CHF 400'000 eingespielt oder sogar übertroffen werden, dann reiht sich diese Schweiz-Rarität unter den teuersten Stücken der Philatelie ein.

Wer sich näher mit dem Stück auseinandersetzen möchte, hier die Information dazu: Corinphila-Auktionen, Los 3001.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
bayern klassisch Am: 07.06.2017 06:15:16 Gelesen: 589798# 119 @  
@ Heinz 7 [#118]

Hallo Heinz,

danke fürs Zeigen dieses Hammerbriefes - ich stelle mir gerade vor, wie sich derjenige gefühlt haben muss, der vielleicht vor 100 oder 120 Jahren in einer Kiste mit privaten Korrespondenzen DAS Stück entdeckt hat.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 12.06.2017 22:57:46 Gelesen: 589275# 120 @  
@ bayern klassisch [#119]

Nun ist das Ergebnis bekannt. Der Brief wurde verkauft für CHF 320'000.

Corinphila Zürich hat oft recht tiefe Ausrufpreise und akzeptiert in den meisten Fällen KEINE Untergebote. Bei diesem Los war es anders: ein "stolzer" Ausrufpreis schreckte offenbar alle mögliche Kunden ab, und der Startpreis wurde nicht erreicht. Was tun? Bei solchen Stücken haben die Auktionatoren natürlich nicht gerne Rücklose - also machte Corinphila eine Ausnahme und akzeptierte ein Untergebot (80 % des Startpreises). Danach fiel der Hammer doch noch.

Der Preis ist also gefunden. Ich kann zur Zeit nur wenig Preisvergleiche (mit früheren Zuschlagpreisen) anstellen, aber der Brief war, natürlich, schon früher teuer. 1967 zierte der Brief die Titelseite des Auktionshauses Arnold Ebel; Ausruf vor 50 Jahren: DM 275'000.

Im September 1991 wurde der Brief verkauft an Sylvain Wyler, der mit seiner Schweiz-Sammlung den Grand Prix holte. 26 Jahre lang war der Brief nicht mehr auf dem Markt. 1991 war der Zuschlag CHF 340'000.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 13.06.2017 06:18:59 Gelesen: 589253# 121 @  
@ Heinz 7 [#120]

Hallo Heinz,

vielen Dank für deine Aktualisierung und die Angabe historischer Zuschläge, was ja immer äußerst interessant ist, gerade bei solchen Bomben.

Ich glaube, dass die wenigen, die in diesen Größenordnungen spielen, keine Probleme haben, ob ein Brief 100.000 CHF mehr oder weniger kostet. Wenn man ihn dann, mangels Nachfrage, für 20% weniger schnappen kann, macht man das natürlich gerne.

In 5 oder 10 Jahren kann er durchaus auch 500.000 CHF bringen - oder nur 250.000 CHF, das weiß man nie. Aber auch dafür gälte dann mein obiger Satz.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 14.06.2017 19:02:04 Gelesen: 589161# 122 @  
@ bayern klassisch [#121]

Lieber Ralph,

die Wertentwicklung der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt ist sicherlich ein wichtiges und interessantes Thema. Wir stellen ja fest, dass einerseits gewisse Marken dramatisch an Wert verloren haben, dass andererseits auch heute immer wieder sehr hohe Preise für andere Briefmarken/philatelistische Belege bezahlt werden. Dies ist nicht einfach zu erklären. Wollen wir (die langjährigen Sammler) zu solchen Fragen "gute" (richtige) Antworten geben, müssen wir den Markt kennen und immer wieder neu beobachten.

Ob es mehr oder weniger Superreiche geben wird, die bereit sind, viel Geld in Briefmarken zu investieren, ist eine schwierige Frage. Allgemein gibt es ja mehr Superreiche, aber ob sich diese für die Philatelie zu begeistern vermögen, ist eine andere Frage. Eine Zeitlang schien es so, zum Beispiel in den USA.

Halten wir die Augen offen und freuen wir uns, dass noch immer gewaltige Umsätze mit Briefmarken erzielt werden!

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Briefmarkenburny62 Am: 15.06.2017 10:22:33 Gelesen: 589106# 123 @  
@ bayern klassisch
@ Heinz7

Ich erfreue mich auch immer wieder solche Granaten der Spitzenphilatelie sehen zu dürfen! Ein wahrer Augenfang, der wohl von Käuferseite aus betrachtet als Schnäppchen bewertet werden kann.

Von der Wertentwicklung her sind solche Rosinen nie genau einzuschätzen, da hier Liebhaberei und Investition meistens zu einer Kombination vermischen. Spitzenpreise für Raritäten sind alleine wegen der Reklame in auch überregionalen Zeitungen immer ein Gewinn für das Briefmarkenhobby.

Heinz 7, vielen Dank fürs zeigen.

Gruß
Briefmarkenburny
 
Heinz 7 Am: 16.06.2017 21:31:37 Gelesen: 589027# 124 @  
@ Briefmarkenburny62 [#123]

Vielen Dank für die freundlichen Worte.

Es ist sehr spannend, zu verfolgen, welchen Weg die berühmtesten und wertvollsten Marken genommen haben! Einige können sich seit über 100 Jahren ganz an der Spitze der wertvollsten Marken halten, andere sind heute nicht mehr ganz so begehrt wie früher und selbstverständlich gibt es auch neue "Lieblinge", die früher noch günstig waren.

Nehmen wir zum Beispiel die Tabelle in Beitrag 2 und fragen wir uns, was aus den Bestplatzierten geworden ist. 1913 standen noch die Marken im Vordergrund, weniger die Briefe, welche vor allem heute für manche Preis-Sensationen verantwortlich sind.

Die "Liste 1913" (wir wollen sie so nennen) nennt als teuerste Marke die einmalige Marke 1 Cent Postmeistermarke von Alexandria, USA. Diese Marke hat ihren Nimbus voll behalten können und erreichte auch im späten 20. Jahrhundert noch Weltrekord-Preise. Siehe Beitrag Nummer 100! Die Briefmarke wurde letztes Jahr in New York ausgestellt und sie gehört dem Philatelie-Giganten Erivan Haub.

Zweiter auf der "Liste 1913" ist die weltberühmte "Blaue Mauritius" (Erst-Ausgabe Mauritius, "Post Office", 2 Cents), die ich in Beitrag 117 vorgestellt habe. Siehe auch Beitrag 1.

Dritter auf der "Liste 1913" ist die British Guiana, Nummer 1: 2 Cents schwarz auf magenta, die in dieser Rubrik schon ein paar Mal zur Sprache/ins Bild kam: Beitrag 43+44+46+114+115. Siehe auch Beitrag 3.

Vierter auf der "Liste 1913" ist die Mauritius Nummer 1: (Erst-Ausgabe Mauritius, "Post Office", 1 Cent). Die "orange Mauritius" ist ja fast nahezu gleich selten wie die "blaue", aber sie ist bei Nichtsammlern nicht GANZ so berühmt.



Diese Abbildung zeigt die Marke, die 1993 an der legendären Auktion verkauft wurde (Sammlung Hiroyuki Kanai, David Feldman Zürich, 3.11.1993, Los 1). Der Zuschlag lag bei über einer Million Schweizer Franken.

Wir sehen also: die vier teuersten der "Liste 1913" zählen auch heute noch zu den teuersten!

Fünfter auf der "Liste 1913" ist die Rumänien Nr. 3, also der weltberühmte Ochsenkopf, 81 Parale. Ich habe im Thema "Rumänien für Sammler" gerade (aus aktuellem Anlass) über die hohen Zuschläge berichtet (Beitrag 504), die am 3.12.2006 (wieder bei David Feldman, Auktion, damals parallel in Genf/Monte Carlo). Nicht weniger als vier Exemplare der 81 Parale-Marke kamen zur Auktion (!) und sie erreichten respektable Ergebnisse: Euro 120'000, Euro 80'000, Euro 70'000 und Euro 60'000. Die Resultate sind also nicht ganz so gewaltig, wie bei den oben genannten Marken, sind aber doch noch recht hoch.



Anbei ist die Abbildung einer der wenigen gestempelten Marken (bei der Rumänien Nr. 3 ist ausnahmsweise die gestempelte Variante seltener als die ungebrauchte, bei Rumänien Nr. 1,2+4 ist es aber die ungebrauchte). René Berlingin bezeichnete das vorliegende Stück einmal als "le plus bel exemplaire connu du timbre classique le plus rare d'Europe" (= das schönste bekannte Exemplar der seltensten klassischen Marken Europas). Es ist auch die einzige Marke mit ROTEM Stempel (sonst: blaugrün). Die Marke zierte die Sammlungen des Multi-Millionärs René Berlingin und des Rumänien-Experten und Grand Prix-Gewinners Fritz Heimbüchler. Seine Sammlung wurde 2010-2013 in drei Auktionen bei Corinphila Zürich verkauft.

Die Nummer 6 der "Liste 1913" ist die Postmeistermarke von St. Louis, der höchste Wert, zu 20 Cents. Beiträge zu dieser Ausgabe finden wir bei Nummer 82,84,85.

Gerne mache ich später weiter mit der Nummer 7...

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.06.2017 14:05:38 Gelesen: 588865# 125 @  
Liebe Leser,

ich habe erst bei der konsequenten Bearbeitung der Liste in Beitrag 2 realisiert, dass die St. Louis Bears (20 Cents-Wert) 1913 als sechs-wertvollste Marke der ganzen Welt eingeschätzt wurde! Dies überrascht mich, denn ich kenne wohl diese seltene US-Postmaster-Marke (seit langem), habe sie aber nie als ganz-so-top-wertig eingeschätzt/eingereiht.

Ich werde mich nun ein wenig um die Marke kümmern und versuchen herauszufinden:

a) warum sie so hoch, bis auf Platz 6, der "Liste 1913" kam
b) warum sie heute nicht mehr unter den Top-20 figuriert

Auf Wikipedia habe ich eine schöne Abbildung gefunden, die ich hier zeigen möchte: Anbei sind die drei Werte zu 5, 10 und 20 Cents gezeigt. Die 20 Cents-Marke ungebraucht wird im Wikipedia-Artikel "St. Louis Bears" heute am höchsten geschätzt im Wert, wie die Tabelle "Estimated value" zeigt:

5 Cents: USD 8'000
10 Cents: USD 8'000
20 Cents: USD 50'000.

Gemäss Quellenangabe entsprach dies den Katalogwerten nach "Scott, 2013" ISBN 0894874756.



Ich verweise nochmals auf Beitrag 82, als uns Jacques eine Spezialität zeigte: St. Louis-Bears, zwei Wertstufen zusammenhängend! Und erst noch die grösste bekannte Einheit von ungebrauchten Marken! Dass diese Kombination zweier Marken aus dem "mittleren" Preisbereich (US$ 8'000 + 8'000) dann doch wieder sehr teuer wird, zeigt uns Beitrag 82: der Viererblock brachte US$ 260'000 ein! Dabei war die seltenste Marke, der 20-Cents-Wert, im Block nicht einmal enthalten!

Mehr davon später!

Heinz
 
DL8AAM Am: 20.06.2017 20:17:53 Gelesen: 588781# 126 @  
@ Heinz 7 [#125]

Zu den Bärchen auch http://www.philaseiten.de/beitrag/129092

Das waren für mich eine der (gezielten) Highlights auf der New York Stamp Show 2016. ;-)

Gruß
Thomas
 
Heinz 7 Am: 21.06.2017 00:23:22 Gelesen: 588744# 127 @  
@ DL8AAM [#126]

Lieber Thomas,

vielen Dank für den hochinteressanten Beitrag, den ich im Thema "Bären" irgendwie übersehen habe.

Diese Sammlung St. Louis Bears auf 16 Blatt in New York hätte mir auch gefallen! Zum Glück hast Du ein paar Fotos gemacht, so kann man die Sammlung ein wenig erahnen. Besonders toll sind vermutlich die 6 Briefe mit Mehrfach- oder sogar Buntfrankaturen! Ein Brief scheint 5 Marken zu tragen! Insgesamt haben wir 30 Objekte in dieser Sammlung, das ist riesig!

Ich kenne nur wenig US-Postmeister-Sammlungen so gut, dass ich nun ein zuverlässiges "rating" machen könnte. Aber einen Vergleich möchte ich doch heranziehen: die Alfred Caspary-Sammlung, die ja einen atemberaubenden US-Teil hatte mit unglaublichem Material auch bei den US-Postmastern.

Schon bei der ersten Caspary-Auktion 15.11.1955 kamen die US Postmaster-Marken unter den Hammer (Teil 1), und meines Wissens alle Caspary-St.Louis-Bears wurden an diesem Tag versteigert: Lose 123-151. Caspary hatte:

9 Briefe mit Mehrfach- oder Buntfrankaturen
8 Briefe mit Einzelfrankaturen
2 Fragmente mit Mehrfachfrankaturen
2 Fragmente mit Einzelfrankaturen
1 Block mit zusammenhängenden Marken (5+10+10 Cents)
1 Paar
6 Einzelmarken
= total 29 Objekte mit total 47 Bärenmarken!

22 der Bären sind 5 Cents-Marken
22 der Bären sind 10 Cents-Marken,
nur 3 der Bären sind 20 Cents-Marken,

kein Wunder daher, dass die drei Lose mit den 20 Cents-Marken hohe Zuschläge erreichten:

Los 142 - 20 Cents, Type I = US$ 2'500
Los 143 - 20 Cents, Type II = US$ 2'500
Los 145 - Brief mit 20+10 Cents, Korr. Charnley & Whelen (1.4.1846) = US$ 4'400

Die 20 Cents-Marke hatte damals einen Katalogwert von US$ 1'750, der Zuschlag an der Auktion lag also deutlich höher, als der Katalogwert. US-Dollars von 1955 sind natürlich nicht mit heute zu vergleichen, sondern waren damals ein Vermögen. (Mehr dazu später).

Die US$ 4'400 waren an dieser Auktion der höchste Zuschlag für ein Los mit St. Louis-Postmarke(n).

Gemäss Liste 1913 hatte die 20 Cents-Marke 1913 einen Katalogwert von 6'000 Reichsmark. 1913 reichte dies zu Platz 6. 1955 reichten die US$ 1'750 Katalogwert vermutlich nicht mehr unter die Top 50, schätze ich (auch wenn wir nur die losen Marken, einzeln - also ohne Blocks - nehmen). Aber teuer war die Marke 1955 immer noch.

Im Raritätenkatalog von Michel 2010 steht die Marke (entwertet mit Federstrich) übrigens bei Euro 22'000 (Nr. 6, 20 Cents, schwarz auf lilagrau, 1846 bzw. bei Euro 75'000 (Nr. 3, 20 Cents auf grünlich, 1845). Damit gehört die Nummer 3 also noch immer zu den "ganz teuren Marken", es wäre interessant zu wissen, wie viele Marken Michel 2010 höher bewertete.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.06.2017 00:42:48 Gelesen: 588526# 128 @  
@ merkuria [#82]
@ 10Parale [#84]
@ Heinz 7 [#85]

Wir haben bereits einiges über die St. Louis Bears gesehen und gelesen. Die Geschichte mit dem Gefängnis-Fund 1895 habe ich nun auch gelesen! Wenn der Mann geahnt hätte, was er gefunden hat!

In Beitrag [#85] habe ich Euch einen wichtigen Brief gezeigt, der eine der seltenen 20 Cents Marken zeigt. Ich habe nun den Auktionskatalog aus meiner Bibliothek konsultiert und kann bestätigen, dass dieser Brief

a) wirklich aus der Charnley & Whelen-Korrespondenz stammt
b) freigemacht wurde der Brief mit 2 x 5 Cents plus 1 x 20 Cents; Katalog 11X4 und 11X6
c) einen roten Stempel trägt: "ST. LOUIS APR. 10"
d) Los 654 war aus der Auktion 12.10.1989, als der grossartige Besitz der Gebrüder Weill versteigert wurde (sie waren Raritäten-Briefmarkenhändler)

Es gab in derselben Auktion aber einen noch wertvolleren Brief, Los 647.



Wir sehen, dass auch dieser Brief aus dieser berühmten Korrespondenz C/W stammt. Der Brief kostete gar 50 Cents und wurde freigemacht mit 2 x 20 Cents + 1 x 10 Cents (Katalog 11X3 und 11X5).

Aus dem Auktionstext zitiere ich: "This cover, which was the highlight of the 1948 Charnley and Whelen sale, is widely recognized as the most important St. Louis "Bears" Provisional cover extant and one of the most outstanding of all Postmasters' Provisionals". Der Brief erzielte meines Wissens ein Resultat von US$ 140'000 + 10 %. Der Brief ist heute in der grossartigen Sammlung von Erivan Haub.

Aus seiner Sammlungsdokumentation (Buch: "Edition spéciale: Postmasters' Provisionals") entnehme ich auch, wie selten diese 20 Cents Briefmarken sind:

"Only about 60 copies of the scarce 20 cent stamp are recorded, including 6 on greenish paper".

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.06.2017 22:30:01 Gelesen: 588280# 129 @  
@ Richard [#546]
@ BD [#2]

Gemäss "Liste 1913" waren vor 104 Jahren die wertvollsten Marken

In Beitrag 124 habe ich die Nummern 1-6 vorgestellt. Die 7.teuerste Marke ist - schon wieder! - eine US Postmeister-Ausgabe, ex aequo mit zwei anderen Marken (die ich später vorstelle).

Nr. 7 mit US$ 4'000 (1913) Katalogwert ist die US Postmeistermarken von Millbury, 1846, 5 Cents schwarz auf bläulich.



Diese Marke, Scott Nr. 7X1, ist bis heute nur 19 Mal registriert, gemäss Buch "Edition Spécial: Postmasters' Provisionals; The "Erivan" Collection", Seite 47. Im Raritäten-Katalog von Michel 2010 war die Marke ausgepreist mit:

Euro 40'000 gestempelt
Euro 150'000 ungestempelt.

Damit zählt die Marke immer noch zu den teuersten der Welt! Oben sehen wir ein sehr schönes Exemplar:

Los 631 der Auktion 12.10.1989 Christie's New York: The Weill Brothers' Stock.

Heinz
 
merkuria Am: 25.06.2017 00:03:18 Gelesen: 588256# 130 @  
@ Heinz 7 [#129]

Eine schöne Zusammenstellung der in den letzten Jahren angebotenen Stücke dieser seltenen Ausgabe bietet das Auktionshaus Siegel aus New York an:

https://siegelauctions.com/lot_grd.php?majgroup=United%20States&cat_supgroup=U.S.%20Stamps&recsperpage=10&lot_catfk=65&subgroup=19th%20Century%20Issues&realized1=&realized2=&sale_no=&srtorder=7X1&lot_no=&sdate1=01%2F01%2F1930&sdate2=01%2F01%2F2020&symbol[]=All&lotclass=All&syear=All&pfoper=All&pseoper=All&pfgrade=&psegrade=&gandor=or&keyword=&catselect=eq&pscolumn=default&pssortby=&sortord=DESC&photo=&calledfrom=lkp

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 25.06.2017 13:31:47 Gelesen: 588133# 131 @  
@ merkuria [#130]

Das ist eine sehr interessante Aufstellung! Vielen Dank!

Ich habe aus der "Liste 1913" die Positionen 1-6 und 7b vorgestellt. Nun möchte ich den interessierten Lesern natürlich 7a nicht vorenthalten.

Kenner der Weltraritäten vermissen vermutlich die Hawaii-Erstausgaben, und nun, Position 7a der "Liste 1913" (Beitrag 2) ist tatsächlich eine Hawaii-Marke. Aber nicht, wie alle Kenner erwarten, die Nummer 1 von Hawaii (die legendäre 2 Cents Marke), sondern die Nummer 4, die zweite 13 Cents Marke. Ich zeige Euch ein schönes Exemplar dieser Marke aus der weltberühmten Sammlung "The Honolulu Advertiser", die im November 1995 von Siegel verkauft wurde.



Sie erzielte 1995 einen Preis von US$ 75'000 + 10 % Zuschlag = US$ 82'500.

Soweit, so gut. Aber eine genauere Betrachtung zeigt Erstaunliches.

Die Hawaii-Erstausgaben von 1851 (No. 1-3 = "Hawaiian Postage) und von 1852 (No. 4 = "H.I. & U.S. Postage) (Hawaiian Islands and United States Postage) sind bei den Sammlern sehr beliebt und Weltraritäten, die immer schon die höchste Aufmerksamkeit der Sammler auf sich zogen. Hauptsächlich darum, weil sie sehr selten und entsprechend teuer sind. Diese 4 Nummern sind auch sehr genau inventarisiert worden, der Auktionskatalog von Siegel zum sale 769 (in 3 Teilen!) zeigt uns auch eine genaue Statistik über diese Ausgabe. Vorbildlich, perfekt, genauer kann eine Statistik wohl nicht sein! (Siehe Auktionskatalog, Teil 1, Seite XIV und XV).

Wir lesen daraus: Gesamtzahl der bekannten Marken:

2 Cents: 15 Stück
5 Cents: 61 Stück
13 Cents (1851): 70 Stück
13 Cents (1852): 51 Stück = 197 Stück

Da verschiedene Exemplare zudem in Museen untergebracht sind, verringert sich die Zahl der vefügbaren Stücke noch weiter! Auch darüber gibt Siegel Auskunft: 4-3-6-4 Exemplare sind abzuzählen = 17, somit ergibt sich:

2 Cents: 11 Stück
5 Cents: 58 Stück
13 Cents (1851): 64 Stück
13 Cents (1852): 47 Stück = 180 Stück

Die Aufteilung: unused / cancelled / on piece und on cover ist auch vermerkt! Ebenso die Verteilung der Stempelformen.

Ohne Zweifel ist die 2 Cents die seltenste Marke, und die einzige ungebrauchte erreichte meines Wissens bei einem Verkauf 1963 auch einen Weltrekord-Preis (Verkauf legendäre Sammlung Burrus). Trotzdem wird in "Liste 1913" nicht die 2 Cents Marke aufgelistet, sondern die Hawaii Nummer 4. Warum das so ist, entzieht sich meiner Erkenntnis. Eine Vermutung, dass die Marke 1913 noch nicht bekannt war, ist NICHT zutreffend, da Theodor Haas schon 1905 genau diese Hawaii-2 Cents-Marke in seinem "Lehrbuch der Briefmarken-Kunde" auf Seite 477 erwähnte: "Die hundert seltensten Marken nach ihrem Seltenheitsgrade geordnet": Wir lesen da, unmissverständlich:

"3. Hawai (sic) 1851, 2 C. hellblau."

Eine mögliche Erklärung für das Fehlen der 2 Cents Marke könnte im einleitenden Satz zur Tabelle "Liste 1913" zu finden sein: "Eine Anzahl sehr teurer Marken, z.B. einige Lokalmarken der Vereinigten Staaten, haben im Katalog keinen Preis, diese musste ich daher in meiner Studie unberücksichtigt lassen".

Wir wissen es nicht. Vielleicht teilt uns BD noch mit, wer der Autor des interessanten Artikels (Beitrag Nr. 2) ist und/oder welcher Katalog der Studie zugrundegelegt wurde.

Ein letztes Wort, im Moment, zu der Hawaii Nr. 4. Diese existiert sogar in 2 verschiedenen Typen. Zusammen gibt es 8 ungebrauchte, 30 gebrauchte, 4 auf Fragment und 9 auf Brief (nach Siegel). Sie zählt also zu Recht und auch heute noch zu den wertvollsten Marken der Welt.

In der sensationellen Hawaii-Sammlung von 1989 wurden gleich drei (!) Exemplare der Nummer 4 ungebraucht angeboten:

Los 24: Type I = Erlös US$ 75'000 + 10 %
Los 25: Type II = Erlös US$ 19'000 + 10 %
Los 26: Type I = Erlös US$ 27'000 + 10 %

Alle drei Marken hatten damals einen Katalogwert von US$ 45'000. Zwei der drei Lose gingen also verhältnismässig günstig "über den Tisch", wenn wir uns die grosse Seltenheit dieser Rarität vor Augen führen.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
BD Am: 25.06.2017 14:24:41 Gelesen: 588104# 132 @  
Hallo Heinz,

danke für die höchst interessante Ausarbeitung dieses Themas. Bitte unbedingt weitermachen!

Anbei der gesamte Artikel aus dem Illustrierten Briefmarken-Journal vom 20.4.1912. Marken ohne Bewertung sind nicht aufgeführt, 2 cent Hawai war schon 1906 im Katalog von Senf, aber auch da ohne Preis.

Beste Grüße Bernd




 
Heinz 7 Am: 25.06.2017 22:41:53 Gelesen: 588008# 133 @  
@ BD [#132]

Lieber Bernd,

schön, dass Du geantwortet hast! Und danke für die freundlichen Worte. Ja, ich mache gerne noch etwas weiter! Und natürlich freue ich mich, wenn das auch jemandem gefällt.

Mit Deinem Beitrag räumst Du also einige Fragen aus. Die "Liste 1913", wie ich sie nannte, basiert also auf dem Katalog "Senf 1912", und die Auswertung dazu wurde von Herrn Schubert geleistet. Wir sehen auch, dass meine Vermutung vermutlich richtig war:

Im Senf 1912 war bei der Preisangabe der Hawaii Nr. 1 eine Angabe: " -.-" sowohl beim ungebrauchten, wie beim gebrauchten Exemplar, somit wurde die Marke einfach gar nicht berücksichtigt in der Tabelle von Schubert. Ich finde das etwas schade, denn wenn so wichtige Marken einfach fehlen, ist die Aussagekraft der Studie natürlich arg geschmälert.

Ich wundere mich etwas, dass Senf 1906 für Hawaii Nr. 1-4 offenbar nur drei von acht Positionen bewertete (siehe Abb. Beitrag 131). Vermutlich war dies 1912 ähnlich. Ich habe einen deutlich älteren Senf Katalog: Senf 1893. Meines Wissens war dies die zweite Auflage dieses sehr guten Kataloges, der 1892 zum ersten Mal erschien. Die zweite Ausgabe ziehe ich aber der ersten vor, weil viele Anfangsfehler in der Erstauflage im 2. Werk (Senf 1893) korrigiert wurden. Der Senf-Katalog 1893 ist für mich ein wichtiger Wertmasstab für diese Zeit!

Interessant ist nun, dass im Senf 1893 alle acht Notierungen für Hawaii 1-4 stehen! Warum Senf später die Preise wieder aussetzte, weiss ich nicht.

Wie war denn die Situation 1893? (Preise ungebraucht/gebraucht)

Hawaii Nr. 1, 2 Cents: Mark 3'000 + 2'500
Hawaii Nr. 2, 5 Cents: Mark 2'000 + 1'500
Hawaii Nr. 3, 13 Cents: Mark 1'500 + 800
Hawaii Nr. 4, 13 Cents: Mark 1'800 + 1'200

Daraus sehen wir, dass bereits 1913 die Hawaii Nr. 1 die höchste Notierung erhalten hätte, wenn sie denn ausgepreist worden wäre. Wir dürfen die Hawaii 2 Cents also sicherlich zu den wertvollsten Marken zählen, auch für das Jahr 1913, auch wenn sie auf der Liste Schubert fehlte, weil Senf 1912 sie nicht bewertete.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.06.2017 14:48:01 Gelesen: 587927# 134 @  
@ BD [#132]

Lieber Bernd,

nun, nachdem wir wissen, dass "Senf 1912" der massgebende Katalog war für die Studie von Schubert, habe ich gesucht, ob ich einen Senf 1912 finde, um vielleicht die eine oder andere Frage besser beantworten zu können. Zu meiner Freude habe ich in der Mittagspause in einer Bibliothek zwei hilfreiche Kataloge gefunden:

- Senf 1908
- Senf 1913.

Das Optimum wäre ein Senf 1912 gewesen, aber wir wollen nicht undankbar sein und studieren gerne auch den Katalog 1913. Und der zeigt Erstaunliches!

a) Hawaii Nr. 1-4 sind alle bewertet! Die Katalog-Redaktion von "Senf" hat sich seinerzeit mit der Frage neu auseinandergesetzt, vermutlich auch wegen der Studie von Schubert und den Kommentaren in der Zeitschrift "Illustriertes Briefmarken-Journal vom 20.4.1912", welche ja auch das Fehlen von Preisangaben bedauern (siehe Text Seite 195, Beitrag oben. Bernd, zeig uns doch auch Seite 196, damit wir wissen, was die Zeitschriftenredaktion zur Arbeit Schubert sonst noch sagte).

b) Für alle 4 Hawaii-Marken sind im Senf 1913 nur die "gebraucht"-Preise angegeben. Für ungebraucht gilt leider wieder durchwegs das Zeichen "-.-"

c) trotzdem bewertet Senf 1913 Hawaii Nr. 1 mit sage und schreibe 30'000 Mark! Das ist höher als Mauritius Nummer 1+2! (Keine Preisänderungen von 1912 zu 1913; bei diesen Marken steht der Katalogwert 1913 weiterhin bei 20'000 und 25'000 Mark).

Das gefällt mir jetzt aber nicht. Die 2 Cents Hawaii Marke gestempelt wurde 1913 somit klar überbewertet. Würden die 30'000 Mark für die einzig bekannte ungebrauchte Marke gelten, wäre das meines Erachtens okay, aber nicht für die gebrauchten Exemplare!

Man sieht: Das Ganze ist gar nicht so einfach. Mehr später.

Heinz
 
BD Am: 26.06.2017 19:07:32 Gelesen: 587823# 135 @  
Hallo Heinz,

auf der Seite 196 sagt die Redaktion wenig zur Schubertschen Liste. Sie ist sich der Schwierigkeit solcher Einstufungen bewußt und macht den Normalsammlern klar, auch ohne die ganz großen Raritäten kann man wunderbar die Philatelie betreiben.
Sehr richtig, obwohl, so eine Hawaiimarke !

Beste grüße Bernd


 
Heinz 7 Am: 26.06.2017 21:05:47 Gelesen: 587793# 136 @  
@ BD [#135]

Lieber Bernd,

besten Dank für die Ergänzung. Ich stimme der Meinung, auch ohne teure Marken wunderbar Philatelie betreiben zu können, voll zu. Aber es macht auch viel Spass die Teuersten und Seltensten zu suchen und ihre Geschichte zu verfolgen.

Die Hawaii 1851, 2 Cents-Marke, ist ohne Zweifel eine der berühmtesten und teuersten Briefmarke der Welt! Seit mehr als 120 Jahren gilt dies unverändert! Es gibt ja nur 15 Stück davon (siehe Beitrag 131), davon sind 4 in Museen (z.B. British Library, Tapling Collection). Von den 11 übrigen Stück ist nur eine Marke ungestempelt, und nimmt darum eine Sonderstellung ein.



Dieses Stück zierte die Sammlungen von Philippe de la Renotiere von Ferrary, von Maurice Burrus, Alfred J. Ostheimer III und Thurston Twigg-Smith (= "The Honolulu Advertiser Collection"). Jedes Mal erzielte die Marke imposante Preise:

23.6.1921, Auktion Ferrary, Auktionshaus Gilbert in Paris: Maurice Burrus zahlte FRF 156'000 + 17.5 % Aufgeld; dies war der dritthöchste Erlös aller Ferrary-Lose! und damals ein Vermögen.
27.5.1963, Auktion Burrus, H.R. Harmer New York, Rekord-Erlös: US$ 41'000
7.11.1995, Auktion "Honolulu Adv.", Siegel New York, Erlös US$ 600'000 + 10 %

Die Marke ist bei Michel bewertet mit Euro 700'000 (Raritäten-Katalog 2010). Ich weiss nicht, ob es höher bewertete Marken in diesem Katalog gibt. Die gestempelte Marke gilt dort Euro 300'000. Auch ganz nett.

Heinz
 
merkuria Am: 27.06.2017 16:33:50 Gelesen: 587687# 137 @  


Diese Ausgabe wurde in diesem Thread schon ausführlich unter den Beiträgen [#17], [#24], [#26], [#93], [#95], [#96], [#97], [#98], [#99], [#103], [#106] behandelt.

Nachdem ich erfahren habe, dass das Auktionshaus Siegel in New York am 11. Mai 2017 wieder einmal eine „Inverted Jenny“ angeboten hat, möchte ich doch wieder einmal auf diese Ausgabe zurückkommen.

Bei der verkauften Marke handelt es sich um die Pos. 76 aus dem 1955 gestohlenen Mc Coy-Viererblock. Diese Marke tauchte 2014 in einem Nachlass auf und wurde von den Erben an die American Philatelic Research Centerex (APRI) geschenkt. Diese hat sich nun entschieden, dieses Exemplar zu verkaufen.

Trotz kleiner Mängel sowie einer Teil-Nachzähnung im oberen Bereich erzielte das Stück 250‘000 US$ + Aufgeld! [1]

Grüsse aus der Schweiz
Jacques

[1] https://siegelauctions.com/lots.php?year=2017&lot_name=The+Ethel+B.+McCoy+Inverted+Jenny%2C+Position+76+%28Scott+C3a%29&start_lot=4000&stop_lot=4000&sale_name=The+McCoy+Inverted+Jenny+-+Position+76&sale_no=1157&sale_date=Thursday%2C+May+11%2C+2017
 
Heinz 7 Am: 27.06.2017 19:30:07 Gelesen: 587586# 138 @  
@ merkuria [#137]

Lieber Jacques,

die Inverted Jenny ist zweifellos eine der wertvollsten Marke der Welt! Eigentlich ist sie ja gar nicht sooo selten, nur eine der 100 verkauften Marken scheint verschollen zu sein (seit 1918 nicht mehr gesehen), die übrigen 99 Marken werden alle immer wieder gehandelt und meist zu sehr stabil hohen Preisen verkauft. Da wir heute 6 Viererblocks kennen (der Green Achterblock wurde aufgeteilt, siehe Beitrag 95), sollten wir meines Erachtens von 81 "Einheiten/units" ausgehen:

6 x 4 = 24
75 x 1 = 75
Summe 81 = 99

Theoretisch können also 81 Sammler gleichzeitig eine dieser Top-Raritäten besitzen. Das gilt meines Wissens sonst für keine andere Briefmarke in dieser Preiskategorie!

Dass dies so ist, hat meines Erachtens mehrere Gründe:

a) USA = ein Land mit vielen kaufkräftigen Briefmarkensammlern!
b) Jenny Inverted = eine augenfällige, sehr spektakuläre Abart
c) spricht auch Flugpost-Sammler an, nicht nur Länder-Sammler. Plus Motiv-Sammler!

Wir kennen auch einige sehr spektakuläre Preise für diese Marke oder Viererblöcke davon!

US$ 2'700'000 + 10% = 2'970'000 für Viererblock Pos. 87/88+97/98
US$ 1'351'250 (inkl. Zuschlag & Sales Tax, 2016, Einzelstück, Pos. 58 (= "die Schönste")).

Der Michelpreis von Euro 200'000 (2010) ist mehrfach schon überboten worden (siehe auch Dein Beitrag 106). Scott wertet die Marke zur Zeit mit US$ 525'000.

Zu Ehren dieser Marke sei noch der Achterblock gezeigt, wie er 1944 noch bestand, als die Sammlung von Colonel Green verkauft wurde (Seite aus dem Auktionskatalog Harmer, Rooke & Co., New York, 13.-18.11.1944; Los 166)



Wer sich für noch mehr Details interessiert, dem sei die Seite: "https://invertedjenny.com"; empfohlen.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.06.2017 09:36:48 Gelesen: 587475# 139 @  
@ Heinz 7 [#103]

In Beitrag [#103] verwies ich auf die traurige (oder lustige ?) Geschichte der Jenny, Position 78, die von einer Putzfrau durch eine Vakuum Reiniger schwer beschädigt wurde. Ich sagte, die einstmals sehr teure Marke sei damit wohl ziemlich wertlos geworden.

Dank der Internetseite "https://invertedjenny.com"; wissen wir heute mehr:

1985 wurde die Marke zu immerhin 80% des damaligen Katalogwertes verkauft: KW: US$ 110'000 - VP: US$ 80'000+10%=US$ 88'000. Ihr damaliger Zustand wird heute als "Sound" bezeichnet, was mit "einwandfrei" übersetzt werden kann.

1990, nach dem Unfall im Vakuum Reiniger, wurde die Marke wieder verkauft, bei demselben Auktionshaus, Christie's New York. Der Katalogwert der Marke lag (5 Jahre später) bei US$ 135'000. Die Erhaltung war nun: "WITH CREASES AND REPAIRED TEARS" ("mit Bügen und reparierten Rissen"). Dennoch erreichte die Marke immer noch knapp 30 % ihres Katalogwertes: US$ 36'000+10% = US$ 39'600!

Auch dies zeigt, wie beliebt diese Marke ist! Eine Marke in so schlechter Erhaltung bringt im Allgemeinen kaum 10% ihres Katalogwertes.

Der Haushaltunfall hat trotzdem rund US$ 50'000 gekostet. Ob wohl eine Versicherung für den Schaden aufkommen musste?

Heinz
 
merkuria Am: 02.07.2017 09:36:21 Gelesen: 586978# 140 @  
Am 5. Dezember 1932 verausgabte die Sowjetunion eine Sonderausgabe anlässlich der 1. Philatelistischen Allunions-Ausstellung in Moskau (Mi Nr. 422-423). Zu diesem Anlass wurden 500 Blockausgaben bestehend aus je zwei dieser Marken auf Kartonpapier ohne Zähnung und Gummierung hergestellt, welche an eingeladene Gäste abgegeben wurden.



Ein Vorlagestück für diese Blockausgabe mit Randeindruck zum Bericht No. 16832 an das Allrussischen Zentral-Exekutivkomitee mit entsprechendem Randeindruck wurde an der 132. Felzmann Auktion im Februar 2011 bei einem Ausruf von 80‘000 € für 105‘000 € + Aufgeld verkauft.



Ein normaler Block wird an US-Auktionen um die 8‘000 US$ + Aufgeld gehandelt.

Was lange nicht bekannt war, ist der Umstand, dass von diesen 500 Blocks 25 Stück mit einem zweizeiligen Aufdruck Лучшему ударнику /Всероссийского общества филателистов (zu deutsch: Den schlagkräftigsten Mitarbeitern / Allrussische Philatelistische Gesellschaft) hergestellt wurden. Diese waren als Ehrung für führende Mitarbeiter des Ausstellungskomitees vorgesehen:



Ein solches Exemplar wurde 2013 an einer Cherrystone Auktion in New York für 140‘000 US$ angeboten, blieb jedoch unverkauft.

Diese Ausgabe hat aber auch ein Unikat der sowjetischen Philatelie zu bieten:

Was vielen Philatelisten unbekannt blieb, war die Herstellung von 3 mit Namen personalisierten Blocks. Diese mit einem dreizeiligen Aufdruck versehenen Stücke waren für Genrikh Jagoda, den Chef der Geheimpolizei NKWD, die Leningrader Philatelistische Gesellschaft und E.M. Nurkas, dem Präsidenten des Moskauer Organisationskomitees bestimmt. Von diesen 3 Blocks hat in den Wirren der stalinistischen Säuberungen und des 2. Weltkieges nur das Exemplar von E.M. Nurkas überlebt.



Dieses E.M. Nurkas-Unikat wurde mit Auflösung der Shtern-Sammlung an der Cherrystone Auktion vom Oktober 2008 in New York unter Los 348 für die Summe von 675‘000 US$ + Aufgeld verkauft!

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 03.07.2017 22:23:23 Gelesen: 586813# 141 @  
@ BD [#132]

Lieber Bernd,

"Bitte unbedingt weitermachen!" hast Du geschrieben, und gerne komme ich dieser Aufforderung nach. Ich habe die letzten Tage den "Senf 1913" studiert und mit der Studie von Schubert (Beitrag 2+132+135) verglichen und dabei eine Menge gelernt.

Erste Aussage: Es ist ganz schön kompliziert! Was "Senf" 1912 katalogisierte wurde von anderen Katalogen nur zum Teil gleich gesehen; es gibt manch eine Abweichung! Problematisch sind vor allem die vielen "-.-" Bewertungen, sodass eine Aussage, welches nun die 100 teuersten Marken 1913 waren, wirklich NICHT abschliessend gemacht werden sollte, trotz der Fleiss-Leistung von Hernn Schubert.

Ich konnte meine Studie nur anhand des Kataloges "Senf 1913" durchführen (nicht "Senf 1912"), aber die Notierungen scheinen fast durchgängig unverändert zu sein. Ich sah bei den 101 Marken (Wert > 750 Mark) nur 2 geänderte Preise:

Canada Nr. 6 (1913: Mk 1750, 1912: Mk 1600 ?)
Rumänien Nr. 5a (1913: Mk 1200, 1912: Mk 1000 ?)

Eine wichtige Änderung war aber, dass Hawaii Nr. 1 1913 bewertet wurde (Mk. 30'000; 1912 vermutlich "-.-"). 1913 waren also mindestens 105 Marken mit Mk. 750 bewertet, denn es kamen hinzu:

Kap der Guten Hoffnung, Senf Nr. 5 (1 Penny rot) - bewertet 1913: Mk. 1'000
Kap der Guten Hoffnung, Senf Nr. 6 (4 Pence blau) - bewertet 1913: Mk. 1'200
Rumänien, Senf Nr. 5b (5 Parale, Papier weiss) - bewertet 1913: Mk. 800

Wir dürfen festhalten: Im Katalog Senf 1912 wurden mindestens 101 Notierungen gefunden von Marken mit Wert von mindestens 750 Mark (bis 25'000 Mark) 1913 waren es mindestens 105 Marken von Mk. 750-30'000. Wir können aber auch sicher sagen, dass wichtige, sehr wertvolle Marken in dieser Liste Schubert fehlen! Andererseits dürfen wir fragen, ob es Sinn macht, dieselbe Marke zweimal in die Liste aufzunehmen, nur weil die Marke auf verschiedenen Papieren gedruckt war (weiss oder bläulich). Postmeistermarke USA, Baltimore, Senf Nr. 2 und 2a (1500 Mark) oder Grossbritannien Nr. 69, Nr. 69a (1800 Mark oder 1200 Mark), usw.

Doch nun noch eine Neu-Vorstellung.

Wir haben alle Werte der Liste Schubert im Wert von 4'000 Mark schon gezeigt, bis auf:

USA, Confed. States, Victoria, 5 Cents, *. Ich gestehe gerne, dass ich diese Marke bisher nicht kannte. Wenn ich den aktuellen Michel-Katalog "Raritäten weltweit 2010" konsultiere, weiss ich auch, warum: die Briefmarke war 2010 bewertet mit nur Euro 11'000 für ungebraucht. Das ist natürlich, im Vergleich zu Mark 4'000 97 Jahre früher, recht wenig.



Diese Abbildung ist aus dem Buch "Edition Spéciale - Postmasters' Provisionals USA & CSA - The "Erivan" Collection". Sie zeigt uns diese seltene Marke. Gemäss Sammlungsbeschreibung sind nur 5 Exemplare dieser Marke bekannt! Dies erklärt, warum die Marke früher extrem hoch eingeschätzt wurde. Trotzdem ist sie heute unerwartet tief bewertet.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
BD Am: 04.07.2017 18:49:40 Gelesen: 586709# 142 @  
Hallo Heinz,

die Postmeistermarken der USA sind ein Traumgebiet der Philatelie, leider etwas teuer. Beim Lesen alter Philateliezeitschriften fand ich diesen Artikel aus 1885 von Dr. Alfred Moschkau, den damals wohl alle deutschen Sammler kannten. Schubert führte die Rumänien 1 mit 1100 Mark.

Beste Grüße Bernd





 
Heinz 7 Am: 04.07.2017 20:23:45 Gelesen: 586669# 143 @  
@ merkuria [#140]

Diese Russland-Rarität war mir gänzlich unbekannt.

Ich bin aber nicht ganz überzeugt von dieser Rarität. Im Zumstein Katalog ist überhaupt nichts vermerkt (Katalog Ost 1992). Im Michel Raritäten-Katalog "Valuable Stamps of the World" (2010) ist sie auch nicht vermerkt.

Im Michel Ost-Katalog lesen wir nach Nr. 422/423, dass es einen Block gab (Auflage 500). Bei einem Katalogpreis von DM 10'000 (Michel-Katalog 1999/2000) ist ein Handelspreis von US$ 8'000 sehr hoch (Zahlen aus Deinem Beitrag).

Im Michel-Katalog ist auch die Sonderauflage (mit Blockrandbedruckung) erwähnt, da war die Auflage nur 25 Stück! 1999/2000 bewertete Michel dies mit satten DM 50'000. Ich frage dazu: War das alles staatlich genehmigt oder war das eine quasi-Privat-Auflage? Die Briefmarke (bzw. den Gedenkblock) wurde jedenfalls nie offiziell herausgegeben und hat darum meines Erachtens einen Sonderstatus.

Dies gilt natürlich noch mehr für die drei mit Namen personalisierten Blocks, wovon 2 offenbar verschollen sind. Diese Ausgaben erfüllen meines Erachtens klar nicht mehr den Anforderungen an reguläre Briefmarken (oder Gedenkblocks). Das ist privates Machwerk, eventuell mit Hilfe der Staatsdruckerei.

Wenn ein Sammler für dieses private Machwerk eine Dreiviertel Million Dollar bezahlt, ist das seine Entscheidung, die ich nicht kommentieren möchte.

Kannst Du noch einen aktuellen Katalogwert des Blockes mit oberer Blockrandbedruckung nennen?

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.07.2017 21:51:54 Gelesen: 586647# 144 @  
@ BD [#2]

Wir haben von der Liste Schubert die erstplatzierten alle bereits besprochen (Platz 1-8; Mark 25'000 bis Mark 4'000). Betrachten wir also Platz 9:

Hawaii Nr. 2: Mark 3'500, gestempelt.



Hier zeige ich das Los 18 aus der Sammlung "The Honolulu Advertiser", die 1996 bei Siegel, New York verkauft wurde. Diese Marke erzielte einen Preis von US$ 32'500 + 10 % Zuschlag.

Dieser Preis ist für eine so seltene Mark nicht sehr hoch, umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass diese Marke eine der wenig gut erhaltenen ist. Heute hat die Marke einen Katalogwert von Euro 35'000 (Michel Raritäten Katalog 2010). Damit rutscht die Marke auf der Liste der weltweit teuersten etwas nach hinten, das scheint klar.

Nun noch ein Problem der Liste Schubert: Da Hawaii Nr. 2 ungebraucht mit "-.-" bewertet war (Senf 1912), listete Schubert die Marke nur "gestempelt". Ungebraucht war und ist sie aber seltener! Nach Katalog Siegel gibt es die Marke nur 12 x ungebraucht; 2 Exemplare sind in der Museums-Sammlungen, also sind nur 10 Exemplare verfügbar!

Ungebraucht wertet Michel 2010 die Marke mit Euro 60'000. Das ist fast doppelt so viel, wie gebraucht. Das ist sicher gerechtfertigt.

Heinz
 
merkuria Am: 05.07.2017 10:12:24 Gelesen: 586575# 145 @  
@ Heinz 7 [#143]

Zu den Kommentaren möchte ich folgendes ergänzen:

Im Michel Ost-Katalog lesen wir nach Nr. 422/423/I]

Da die Michelpreise für solche Raritäten oft schwer nachvollziehbar sind, orientiere ich mich ausschliesslich an effektiv erzielten, repräsentativen Handelspreisen.

[I]Ich frage dazu: war das alles staatlich genehmigt oder waren das eine quasi-Privat-Auflage?


Die All-Unions-Briefmarkenausstellung wurde vom Volkskommissariat für Post und Fernmeldewesen (vergleichbar mit unseren heutigen Postdirektionen) organisiert und durchgeführt. Gemäss mir vorliegender Literatur waren zu der Ausstellung auch keine privaten Aussteller zugelassen. Da diese Dienststelle die gesamte Organisation und Durchführung des Anlasses für sich beanspruchte, muss auch angenommen werden, dass diese dazu auch keine privaten Initiativen duldeten.

der Gedenkblock wurde jedenfalls nie offiziell herausgegeben und hat darum meines Erachtens einen Sonderstatus.

Der Gedenkblock war offiziell, was durch die Behandlung durch das Allrussischen Zentral-Exekutivkomitee mit Bericht No. 16832 belegt ist (siehe Vorlagestück im Beitrag [#140]). Sicher kann man bei diesen Blocks von einem Sonderstatus sprechen. Vergleichbar dazu sehe ich z.B. den Heydrich-Block von Böhmen und Mähren (vergl. dazu Text nach Mi Nr. 131) oder die Hochzeitsblocks des Fürsten Rainier aus Monaco (vergl. dazu Text nach Mi Nr. 568).

ersonalisierten Blocks ... Das ist privates Machwerk

Von privatem Machwerk darf hier sicher nicht gesprochen werden, da bei allen Aktivitäten der Ausstellung ausschliesslich das Volkskommissariat für Post das Sagen hatte.

einen aktuellen Katalogwert des Blockes mit oberer Blockrandbedruckung

Damit kann ich nicht dienen und ist für mich eigentlich nebensächlich. Eine wirkliche Wertbestimmung ergibt sich aus den am Markt erzielten Preisen!

Schöne Grüsse
Jacques
 
merkuria Am: 05.07.2017 10:41:50 Gelesen: 586570# 146 @  
@ Heinz 7 [#141]

Eine dieser fünf bekannten 5 Cents Ausgaben wurde an der Robert A. Siegel Auktion vom 28. März 2012 lose ungebraucht für 21‘000 US$ + Aufgeld verkauft.

An der gleichen Auktion wurde ein Brief mit der 10 Cents für 100‘000 US$ + Aufgeld verkauft. Von der 10 Cents sollen nur zwei Briefe bekannt sein.

Hier die dazugehörenden Losbeschreibungen:

http://stampauctionnetwork.com/y/y102232.cfm

Grusse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 08.07.2017 18:18:38 Gelesen: 586265# 147 @  
@ merkuria [#146]

Ich werde auf diese Briefmarke zurückkommen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.07.2017 18:57:49 Gelesen: 586249# 148 @  
@ BD [#142]

Lieber Bernd,

Rumänien Nr. 1 wertete mit Mark 1.100, gemäss Senf 1912 und 1913 (und damit auch Studie Schubert). Wäre aber ein "ungebraucht"-Betrag angegeben worden, wäre dieser mit Sicherheit höher gewesen, denn die 27 Parale ungebraucht ist und war deutlich seltener als gestempelt! Das hätte auch in den Katalog-Notierungen einen Einfluss haben sollen.

Senf verzichtete 1900-1913 offenbar auf eine Bewertung der 27 Par. *, nachdem 1893 und 1897 noch Preise dafür eingesetzt wurden. 1893 und 1897 lag die Bewertung dafür bei 150 bzw. bei 123 % des Preises für gestempelt. In beiden Jahren wurde die 81 Parale Marke * mit einem Wert von 250 % der 27 Parale eingesetzt! Würden wir diesselben Relationen für 1912 ansetzen, käme die Rumänien Nr. 1 auf einen Katalogwert zwischen 1350 und 3000 Mark.

Yvert & Tellier (1916) und Paul Kohl (1912) sahen die 27 Parale ungest. sogar teurer als die 81 Parale-Marke ungestempelt! Die Rumänien Nr. 1 gehört also ungestempelt auch zu den besten Marken der Welt!


Wir können froh sein, dass wir heute mehr wissen als Dr. Moschkau 1885. Viele Briefmarken waren noch nicht gründlich erforscht und neue Erkenntnisse gab es im XIX. Jahrhundert viele.

Gerade die Erstausgabe runder Ochsenkopf gab "in der Frühzeit" viele Rätsel auf! Ich erinnere daran, dass im ersten Handbuch 1869 von Monsieur Legrand der Autor davon ausging, dass es von den Ochsenköpfen je 5 Typen gäbe (ausser von der 27 Parale Marke, die 1868 noch gar nicht bekannt war!). Dabei waren die anderen "Typen" Fälschungen.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.07.2017 19:27:39 Gelesen: 586234# 149 @  
@ BD [#2]

Die Liste Schubert ist äusserst interessant, obwohl sie unkomplett ist (in dem Sinne, als sie viele Briefmarken gar nicht enthält, weil sie im Senf-Katalog 1912 nicht bewertet waren). Sie bestätigt in vielen Punkten eine andere Liste, die ich hiermit vorstellen möchte.

Theodor Haas war Ende XIX. Jahrhundert ein führender Philatelist. Carlrichard Brühl schrieb zu ihm u.a.:



Dieses Buch habe ich in einem anderen Thema bereits vorgestellt:

http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=1899

Thema: Vom Nutzen philatelistischer Literatur, Beitrag 69.

Im "Lehrbuch der Briefmarkenkunde" von Haas wird ab Seite 477 ein höchst interessantes Kapitel vorgestellt: "Die hundert seltensten Marken nach ihrem Seltenheitsgrade geordnet".

Ich habe nun die beiden Listen (Schubert 1913/Senf 1912) und Haas (1905) miteinander verglichen und werde meine Beobachtungen gerne mit Euch teilen.

Die Nummer 1 bei Haas war British Guiana 1856, 1 Cent karminrosa.

Das ist eine weise Wahl. Wir haben diese Marke schon besprochen (siehe Beitrag 3, 7, 9).

Im Senf 1912 war die Marke mit "-.-" bewertet, darum fehlte sie in der Studie Schubert.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.07.2017 12:35:03 Gelesen: 586144# 150 @  
@ Theodor Haas [#149]

Auch die Liste Haas ist leider nicht komplett. Lesen wir, was er zu seiner Studie auf Seite 477 ff einleitend sagt:

"Nachdem (...) sei dieses Kapitel der eigentlichen Feststellung der Seltenheit von verschiedenen Marken gewidmet, jedoch nur bei teilweiser Beachtung des Markenpreises, da derselbe durchaus nicht immer mit dem Seltenheitsgrad zusammenfällt. Um möglichst streng zu verfahren, sollen in die Aufzählung nur die gewöhnlichen Postmarken aufgenommen werden; Lokalmarken, Typen, Fehldrucke und dgl., ferner Aufdrucke, zweifelhafte Sachen, halbierte Marken, Plattennummern, postalisch gebrauchte Stempelmarken usw. sollen ausgeschlossen bleiben."

"Jede Marke wird nur nur einmal aufgeführt, also gebraucht oder neu, ungezähnt oder gezähnt, wobei keine weniger als M. 100.- kosten darf; die Marke wird nach ihrem niedrigsten Wert eingereiht. Kostet sie z.B. ungebraucht M. 1000.-, gebraucht M. 100.-, so kommt sie zu den Stücken, die M. 100.- wert sind."

Dieser Ansatz unterscheidet sich also klar vom Ansatz Schubert (siehe Beitrag 132), was das Ganze zwar kompliziert, aber darum nicht weniger interessant macht.

Wir haben jetzt also zwei "unkomplette" Listen nebeneinander, die nach unterschiedlichen Methoden erhoben wurden. Wenn wir das Ganze aber jetzt mit den tatsächlichen Auktionsergebnissen der Ferrary-Auktionen vergleichen, so erhalten wir meines Erachtens sehr aufschlussreiche Erkenntnisse. Ferrary's Sammlung wurde 1921-1925 verauktioniert; sie war praktisch komplett! Viele der in Senf mit "-.-" bewerteten Marken bekamen in diesen Jahren 1921-1925 ein konkretes Auktionsergebnis, das natürlich von den Philatelisten und den Katalogredaktoren vor 90 Jahren begierig aufgenommen wurde.

Solche Studien: "die Besten....", "die Teuersten..." wurden auch in den Jahren nach 1910 natürlich immer wieder angestellt, teils sehr detailliert (z.B. Ewald Müller-Mark, mit x Studien ("Briefen") von März 1942 - Juli 1945), teils mit "einfachen" Katalogpreise-Scans. Es ist interessant, solche Studien ergänzend zu Rate zu ziehen.

Anbei sei nun die Nummer 2 von Haas 1905 vorgestellt:

"British Guiana 1851, 2 C. rosa".

Wir haben diese Marke hier schon vorgestellt: Beitrag 43, 44, 45, 46, 114, 115.

Es ist KEIN Zufall, dass ein Brief mit dieser Marke bei den Ferrary-Auktionen das ZWEITHÖCHSTE Ergebnis einbrachte! Wir haben also das verblüffende Ergebnis, dass Haas 1 und Haas 2 durch den Markt ca 15 Jahre später voll bestätigt wurde!

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.07.2017 18:19:48 Gelesen: 586102# 151 @  
@ Heinz 7 [#150]

Anbei die Abbildung der weltweit zweitteuersten Marke 1921, anlässlich der Ferrary-Auktionen!



Wie bereits erwähnt sind bis heute nur 3 Briefe mit je einem Paar und vier Einzelmarken bekannt!

Zum abgebildeten Stück schrieb Leon Williams: (Encyclopedia of rare and famous stamps):

"The Edward Gordon cover which was later purchased by Maurice Burrus. It is the most attractive of the three known covers and bears the finest examples of the 2 cents known." (Seite 22)

Die Marke erzielte 1921 ein Traum-Resultat, das, zum heutigen Wert, die Grenze von CHF 1'000'000 klar übertraf!

Dass 16 Jahre zuvor, 1905, Theodor Haas diese Marke als zweitwertvollste der Welt bezeichnet hatte, hat ihrem Ansehen sicher nicht geschadet!

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.07.2017 19:37:27 Gelesen: 586077# 152 @  
@ el-mue [#5]
@ Hornblower [#59]

Deutschland-Spezialisten muss ich natürlich den beiliegenen Beleg nicht vorstellen:



Dieser Baden-Fehldruck erregte 1985 höchstes Aufsehen. Am 16.3.1985 fand die erste Auktion der phantastischen Altdeutschland-Sammlung von John R. Boker Jr. statt, bei Heinrich Köhler in Wiesbaden. Bereits Los 5 der ersten Auktion war der hier gezeigte Brief, der Farbfehldruck 9 Kreuzer schwarz auf blaugrün (statt: schwarz auf rosalila).

Das Resultat von DM 2.3 Millionen war damals ein sensationelles Ergebnis.

Die Marke kommt bis heute nur dreimal vor. 2 x auf Brief, einmal lose. Ein Brief ist im Museum in Berlin, somit verbleiben nur 2 verfügbare Exemplare.

Es ist nun interessant, zu sehen, wie diese Marke früher eingeschätzt wurde.

Bei Haas fand die Marke aus den bekannten Gründen keine Berücksichtigung (weil "Abart" (Fehldruck), siehe Beitrag 149). Bei Schubert aber fand die Marke Erwähnung! An zehnter Stelle seiner Auflistung erscheint die Marke! Wert Senf 1912 (1913): Mk. 3000.

Nun fragen wir uns, wo diese Marke bei den Ferrary-Auktionen ihren "Platz" fand. (Ja, er hatte auch diese Marke, bzw. sogar genau diesen Brief!).

"Sauf erreurs et omission": Dieser Brief erreichte 1923 bei den Ferrary-Auktionen Platz 10 aller Lose! Also einen absoluten Top-Platz. Das wurde 1985 voll bestätigt.

Ob es gerechtfertigt ist, die Marke "aussen vor" zu lassen, weil es ein Fehldruck ist, ist letztlich Ansichtssache. Ich finde, es schadet nichts, diese Marke in die Liste der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt aufzunehmen. Für mich gehört diese Marke mit auf die Liste!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.07.2017 22:50:06 Gelesen: 586035# 153 @  
@ merkuria [#82]

Aus den USA gibt es 11 Postmeister-Ausgaben 1845-1846.

Neun Postmeister schufen eigene Briefmarken:

Alexandia
Baltimore
Boscawen
Brattleboro
Lockport
Millbury
New York
Providence
St. Louis

Drei Postmeister schufen Ganzsachen (Briefumschläge)

Annapolis
Baltimore
New Haven

Die 9 Marken waren im Senf-Katalog 1913 alle aufgeführt (unter Nummern 1-20), jedoch mehrere mit Bewertung "-.-".

Dazu katalogisierte Senf 1913 nicht weniger als 71 Marken der Konföderierten Staaten von Amerika, mehrere mit "-.-" Bewertungen.

Es waren Ende des XIX. Jahrhunderts noch nicht allzu viele Details über diese seltenen Briefmarken verfügbar, darum müssen wir Verständnis aufbringen für die Redaktion des Senf-Kataloges 1912/1913. Heute sind wir froh um die Erkenntnisse der letzten 100 Jahre, um diese Briefmarken besser einschätzen zu können. Heute kennen wir Ergebnisse der verschiedenen Auktionen. Nicht alle Marken sind ganz teuer, aber mehrere. Einzelne gehören sogar zu den wertvollsten Marken der Welt.

Den "Blue Boy" haben wir bereits kennengelernt (siehe Beitrag [#100]).

Der "Blue Boy" fehlte auf der Liste Haas 1905 (weil "local") und bei Schubert 1913 (weil Bewertung Senf 1912 "-.-"). Ferrary hatte keine Marke Alexandria "blue", er hatte nur Alexandria "buff". Aber in der Sammlung Caspary war der "Blue boy" dabei. Die Caspary-Auktionen 1955-1958 waren weitere wegweisende Anlässe, bei welchen die Philatelisten der Welt den Atem anhielten...

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.07.2017 23:36:00 Gelesen: 586022# 154 @  
@ Heinz 7 [#136]

Wir haben schon gesehen, dass Hawaii 2 Cents ungebraucht eine der teuersten Briefmarken der Welt war und ist (siehe Beiträge [#133] [#134] und [#136]).

Es wird vielleicht interessieren, auf welchen Plätzen denn diese Marke anfangs des XX. Jahrhunderts klassiert wurde.

Schubert nahm die Marke 1913 nicht auf die Liste, aus den bekannten Gründen.
Haas führte sie auf seiner Liste auf Platz 3!

An den Ferrary-Auktionen erreichte genau DIESE Marke, die ungestempelte 2 Cents-Marke (vgl. Beitrag 136), das dritthöchste Ergebnis aller Lose!

Das ist eine ganz aussergewöhnliche Sache, finde ich! Haas lag also 1905 völlig richtig und wurde 1921 voll bestätigt. Die ersten drei Plätze waren vollkommen übereinstimmend!

Bravo, Theodor Haas!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.07.2017 19:32:17 Gelesen: 585898# 155 @  
@ BD [#2]

Im Mai 1954 veröffentlichte das weltbekannte Magazine «Life» eine aufsehenerregende Story über die berühmtesten und teuersten Briefmarken der Welt. Auf 8 riesigen Farbseiten wurden die seltensten Briefmarken vorgestellt, in Farbe. Das war vor 63 Seiten noch keine Selbstverständlichkeit.



Unter dem Titel «Stamp Album worth $ 1,000,000. For the first time «Life» brings world’s classics together» zeigte «Life» die meisten Raritäten der Welt:

Seite 85: Einleitung und 2 Rekordstücke
Seite 86+87: 53 Briefmarken und Einheiten (Viererblöcke, Paare, usw.)
Seite 88+89: 19 Briefe
Seite 90: 9 «Rebel Rarities» (Briefe)
Seite 91-93: weitere Spezialitäten

Fast alle der weltbekannten Raritäten wurden gezeigt und – was besonders interessant ist – auch bewertet. Nicht erstaunlich ist dabei, dass auch die USA-Raritäten prominent vertreten waren. So finden wir Einschätzungen für viele der Weltraritäten und können diese so miteinander vergleichen.

Am höchsten bewertet wurde – einmal mehr – die British Guiana, 1856, 1 Cent. Danach folgen meist Briefe mit seltenen Marken oder Einheiten von Marken, z.B. einen Viererblock der US Jenny Inverted. Der Wert von US$ 30'000 darf uns nicht «enttäuschen», denn 1954 war dies ein Vermögen. Damit rangierte diese US-Rarität auf Platz 8, zusammen mit zwei anderen Marken/Einheiten.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.07.2017 20:09:12 Gelesen: 585879# 156 @  
@ Heinz 7 [#155]

Anhand dem hier gezeigten Traumstückes möchte ich eine Problematik besprechen, die wir haben, wenn wir die teuersten Briefmarken auflisten.



Die "Doppelgenf"-Marke ist den meisten Philatelisten ein Begriff. Sie gilt und galt seit über 100 Jahren als eine der wertvollsten Briefmarke der Welt.

Theodor Haas setzte die Marke auf Platz 21 (1905)
P. O Schubert setzte die Marke auf Platz 31 (1913)
Senf bewertete die Marke 1912/1913 mit Mk. 1600 (*) bzw. Mk. 650 (gebraucht)
Michel bewertete die Marke 2010 mit Euro 65'000 (*) bzw. Euro 40'000 (gebraucht).

Ungebrauchte Einheiten der Doppelgenf können anhand den Fingern einer Hand abgezählt werden. Klar ist, dass der oben gezeigte Dreierstreifen nicht nur 3 x soviel wert ist, wie eine ungebrauchte Doppelgenf, sondern ein Zuschlag berechnet werden soll und darf. Wie hoch dieser sein soll, ist stark unterschiedlich; es gibt keine allgemeingültigen Aussagen dazu.

Ich denke, es macht Sinn, Einheiten separat aufzulisten, wenn wir nach den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt suchen. Mit anderen Worten: einerseits interessieren uns solche Stücke sicher, und gerne versuche ich, die Besten davon ebenfalls aufzulisten, aber unsere "Ur-Liste" soll durch solche Einheiten nicht durcheinandergebracht werden. Dort soll nur die Einzelmarke berücksichtigt werden.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.07.2017 20:26:32 Gelesen: 585869# 157 @  
Zu Beitrag [#156]:

Der Dreierstreifen der Doppelgenf ungebraucht zierte die Sammlungen

Ferrary
Leemann
Ivan Bally
"Helveticus"

1991 wurde dieses Stück in Genf verkauft, bei David Feldman, Genf. Los 90022 hatte einen stolzen Ausrufpreis von CHF 250'000, doch mehrere Sammler wollten diese Rarität kaufen, und so stieg das Los auf CHF 480'000 + 15% Aufgeld, Summe also CHF 552'000. Damit war und ist diese Rarität eine der teuersten Stücke der Schweizer Philatelie.

Heinz
 
DL8AAM Am: 11.07.2017 00:04:07 Gelesen: 585836# 158 @  
@ Heinz 7 [#154]

"Zu" Hawaii konnte man auf der New York Stamp Show 2016 übrigens auch "Originale" der Grinnell Hawaiian Missionaries ("The Greatest Stamp Controversy Ever") anschauen. Irgendwie kribbelts einem trotzdem, so etwas mal in "echt" bewundern zu können ... und wer weiss, ob ... ;-)



Leider machte die Art der künstlichen Beleuchtung der Kamera einen dicken Strich durch die Rechnung. Egal.

Gruss
Thomas
 
Heinz 7 Am: 11.07.2017 00:29:37 Gelesen: 585832# 159 @  
@ merkuria [#145]

Ich habe in Beitrag 141 die CSA Victoria 5 Cents vorgestellt. Dank den Infos in Deinem Beitrag 145, den sehr detaillierten Los-Beschreibungen des Auktionshauses Siegel, wissen wir nun, wie selten diese Marke ist:

Scott 88 X 1 - 5 Cents: 5 Exemplare bekannt, alle ungebraucht
Scott 88 X 2 - 10 Cents/dünne Zahl: 2 Briefe bekannt, 1 gestempeltes Stück (stark beschädigt) + 2 ungebrauchte = 5 total
Scott 88 X 3 - 10 Cents/dicke Zahl: 4 Exemplare bekannt, 2 *, 2 gestempelt.

Zweifellos ist das Exemplar, das am 28.3.2012 verkauft wurde, deutlich schöner, als dasjenige, das ich vorgestellt habe (Beitrag [#141]). Aber auch 2012 erreichte die Marke nur US$ 21'000, das ist für eine so seltene Marke nicht sehr viel.

Interessant ist, dass Ferrary beide Marken besass (88 X 1 + 88 X 3). Sie wurden zusammen in einem Los verkauft im Juni 1922 (4. Ferrary-Auktion), Los 113. Das Resultat war Francs Français 6'000 (+ 17.5 %), das entsprach damals etwa US$ 526.80 (Summe 619.00). Das war zwar nicht wenig, aber für ein Los mit zwei Marken, die einen Katalogwert von 4'000 Mark (1 Marke!) hatte (Senf 1912), auch nicht gerade viel.

Wir dürfen sicher festhalten, dass die Marke heute nicht sehr hoch bewertet ist: Michel 2010:

5 Cents: (*): Euro 11'000
10 Cents/dünne Zahl: (*) 12'000
10 Cents/dicke Zahl: (*) 12'000

Also ein Beispiel für eine Marke, die sich unterdurchschnittlich/schlecht entwickelt hat im Zeitverlauf.

Hier zeige ich das Exemplar der 10 Cents Marke aus der Sammlung Erivan Haub.



Beim Verkauf von Caspary 7.3.1956 wurden drei Marken "Victoria" verkauft:

Los 482: 88 X 1, 5 Cents, (*), Katalog: US$ 800, Price realized: US$ 310
Los 483: 88 X 2, 10 Cents, Brief, Katalog: "unpriced", Price realized: US$ 2'400
Los 484: 88 X 3, 10 Cents, gestempelt, Katalog: "unpriced used" "unused; 1'250", Price realized: US$ 280.

Es fällt auf, dass die Preise 1957 nicht höher waren als 1922, aber auf Brief werden doch hohe Preise bezahlt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.07.2017 00:46:24 Gelesen: 585830# 160 @  
@ DL8AAM [#158]

Lieber Thomas,

ja, ich hab es auch gesehen, aber "echt" solltest Du hier nicht schreiben, weil es sind ja alles Fälschungen.

;-)

Heinz
 
DL8AAM Am: 11.07.2017 11:30:34 Gelesen: 585772# 161 @  
@ Heinz 7 [#160]

Aber das sind doch echte Grinnells. ;-) Und nicht ohne Grund habe ich das ja in Anführungszeichen gesetzt. ;-)

Damit es von den Sandwich Inseln "echter" wird, hier wirklich echte Hawaiians:

Der berühmte Dawson Cover:

Wenn mal vor solchen solche Legendären stehen kann, kann einem schon irgendwie etwas schummrig werden, selbst für den "FRANKIT-Sammler" ;-)



Das sind die Legenden, die die Philatelie bereichern bzw sogar ausmachen, sie "legendär macht" ... ;-)



Ja, wie üblich - die Qualität der Fotos ist bei solchen beleuchteten Rahmen unter Folien meist etwas problematisch (trotzdem echte eigene Fotos sind gefühlt irgendwie noch ein wenig authentischer, als 1st Class-Abbildungen in Hochglanzpublikationen), aber zumindest durfte man ja bis auf eine Ausnahme, bei so etwas komischen gelben aus Schweden ;-) in NYC alles ablichten, leider ganz im Gegensatz als dann später in Taipeh. Schade eigentlich, als ob man so "qualitativ hochwertigste Fotos für Veröffentlichungen" machen könnte. Schade.

Gruß
Thomas
 
Heinz 7 Am: 11.07.2017 12:27:54 Gelesen: 585755# 162 @  
@ DL8AAM [#161]

Lieber Thomas,

der Dawson Brief ist wirklich etwas vom Schönsten, was die Philatelie zu bieten hat. Da kommt ALLES zusammen!

Eine irrsinnig seltene Marke, die Hawaii, 2 Cent (sie galt bei Theodor Haas 1905 als drittbeste Marke überhaupt)

- dazu auf Brief
- dazu mit einer ebenfalls seltenen 5 Cents-Marke
- dazu eine einmalige, auch optisch schöne postalische Verwendung
- dazu in Mischfrankatur mit USA-Ausgaben

Dieser Brief hat, völlig zu Recht, immer wieder zu den absolut Besten gehört, und auch entsprechende Preise erzielt. Der höchste war, wenn ich mich recht erinnere, US$ 1.9 Millionen plus 10 % = US$ 2'090'000. Auch dieser Brief kommt aus der Thurston Twigg-Smith Sammlung ("The Honolulu Advertiser").

Dieser Brief ist nur knapp dem Feuer entkommen, wie zu lesen war. Es wäre nicht auszudenken, wenn dieser Brief verloren gegangen wäre! Der kleine braune Fleck am linken Rand erinnert daran.

Neben dem Mauritius-"Post Office"-Brief mit der Mischfrankatur (1+2 Penny/Pence, ex Kanai) ist für mich dieser Brief vielleicht der zweitbeste Brief der Philatelie.

Ich finde auch, dass man solche Schätze noch viel mehr bewundern kann, wenn man sie einmal mit eigenen Augen sehen konnte. Darum sind die philatelistischen Ausstellungen so wertvoll für uns Enthusiasten.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
DL8AAM Am: 11.07.2017 22:01:16 Gelesen: 585659# 163 @  
@ Heinz 7 [#162]

Ja, absolut Heinz, aber was Du vergessen hast in Deiner Aufzählung

- dazu eine echte 'legendäre' Geschichte

Für mich ist dieser Brief auch eines der absoluten Highlights der Philatelie, da passt wirklich alles, aber auch alles, zusammen, sogar der Brandfleck. ;-)

Nochmals kurz zu den in NYC am Stand der Mystic Stamp Company ausgestellten "Grinnell Hawaiian Missionaries" [#158]. Mystic hatte extra hierfür eine 35seitige "Hochglanz"-Broschüre mit dem Aufsatz "The Grinnell Hawaiian Missionaries: Genuine Stamp Rarities or Clever Fales Created to Cheat Collectores?" von Ken Lawrence kostenlos verteilt. Höchst interessant und wirklich sehr spannend zu lesen!



Übrigens der Mystic Stand war auch hinsichtlich seines Auftritts und des Aufbaus, ein echter Anlaufpunkt bzw. optischer Hinkucker, so stelle ich mir einen ansprechenden philatelistischen Messestand vor und nicht immer nur diese typischen "langweiligen" 2-3 Meter- Küchentische. Ja gut, klar, Mystic ist eben nicht unbedingt ein kleiner "armer" Krauter. ;-)

Beste Grüße aus Göttingen
Thomas
 
Heinz 7 Am: 11.07.2017 22:30:30 Gelesen: 585645# 164 @  
@ DL8AAM [#161]

Lieber Thomas,

vor 24 Jahren wurde die Verauktionierung einer wichtigen Sammlung angekündigt. Hiroyuki Kanai's unglaubliche Sammlung "Mauritius" wurde in Zürich angeboten, von David Feldman.

Ich sammle nicht Mauritius, aber für mich war klar, dass ich bei dieser Auktion dabei sein muss! Kanai gewann 1975 und 1978 den Grand Prix International (Paris) und den Grand Prix d'Honneur (Toronto) mit Mauritius und hatte eine einzigartige Sammlung zusammentragen können. Die Mauritius-Marken sind die berühmtesten der ganzen Philatelie.

Die legendären "Post Office"-Marken von 1847 zählen zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt. Theodor Haas setzte diese zwei Marken (1905) auf Platz 5 (1 Penny orange) und auf Platz 4 (2 Pence blau). Bei Schubert (1913) standen diese zwei Marken auf Platz 2 und 1!

Die Marke ist extrem selten, und einige Exemplare sind dazu noch in Museen fest gebunden! Es ist also fast nicht mehr möglich, eine Kollektion zusammenzutragen. Kanai schaffte es, vielleicht als letzter (für Mauritius).

Hiroyuki Kanai besass auch das "Kronjuwel" der Philatelie: den einmaligen Brief mit BEIDEN Marken darauf!



Die Auktion war ein herausragender Erfolg. Als Los 155 zum Ausruf kam, stieg die Spannung noch weiter. Ein Ausruf von CHF 4.0 Millionen war angesetzt. Das Los wurde beboten. Es gab auf dieser Höhe keine "Bieterschlacht" mehr, aber das Angebot stieg doch um wenige Stufen. Als das Gebot bei CHF 5.0 Millionen stand, gab der zweitletzte Bieter auf. Der Käufer hatte das Los für CHF 5'000'000 + 15 % Zuschlag = CHF 5'750'000 gekauft. Dies war ein Weltrekord, der fast 25 Jahre Bestand hatte.

Ein Brief, der zwei der seltensten Marken trägt - auch für mich ist der "Mauritius-Post Office-Bordeaux-Brief" das wertvollste philatelistische Objekt der Welt.

Ich werde diese Auktion nie mehr vergessen. Es war ein aussergewöhnliches Erlebnis, dabei gewesen zu sein!

Heinz
 
bignell Am: 11.07.2017 22:33:21 Gelesen: 585642# 165 @  
@ Heinz 7 [#164]

Hallo Heinz,

ich habe den Bordeaux-Brief auf der WIPA gesehen, war der einzige Brief mit persönlichem Bodyguard.

Lg, harald
 
muemmel Am: 11.07.2017 22:47:26 Gelesen: 585634# 166 @  
Salut,

auch wenn diese absoluten Raritäten für einen einfachen Sammler, der lediglich im Vergleich dazu nur in der 3. oder 4. Bezirksliga spielt, finde ich das Thema absolut spannend.

Bitte weiter so.

Schönen Gruß
Mümmel
 
Heinz 7 Am: 11.07.2017 22:53:35 Gelesen: 585631# 167 @  
@ DL8AAM [#161]

Lieber Thomas,

für alle Leser, die den phantastischen "Dawson Letter" gerne ganz genau betrachten möchten, poste ich anbei ein besseres Foto:



Wie gesagt, Theodor Haas bewertete Hawaii Nr. 1 als 3. beste Marke der Welt und Hawaii Nr. 2 (5 Cents) schaffte es auf Platz 9 (1905). Der Dawson-Brief ist eine einmalige Kombination zweier Weltraritäten.

Nicht nur ich sehe diesen Brief als philatelistisch zweitbesten von allen.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
merkuria Am: 11.07.2017 23:05:20 Gelesen: 585619# 168 @  
@ Heinz 7 [#167]

Für diesen schönen Brief muss doch auch ein schönes Foto her!



schöne Grüsse
Jacques
 
Heinz 7 Am: 11.07.2017 23:11:30 Gelesen: 585614# 169 @  
@ Heinz 7 [#164]
@ Heinz 7 [#167]

In Beitrag [#164] und [#167] zeigte ich die zwei vielleicht "besten" Briefe der ganzen Welt. Vielleicht ist der folgende der drittbeste?

Theodor Haas bewertete 1905 die Moldau-Erstausgaben wie folgt:

Platz 6 - Moldau Nr. 3 (81 Parale)
Platz 18 - Moldau Nr. 1 (27 Parale)
Platz 19 - Moldau Nr. 4 (108 Parale)



Auf diesem einmaligen Brief sind gleich drei Weltraritäten vereinigt! Von der 81 Parale-Marke gibt es sonst keine Briefe (nur eine Handvoll Fragmente), also eine atemberaubende Seltenheit.

Über den Wert dieses Briefes müssen wir uns keine Gedanken machen: der Brief ist nicht verkäuflich! Er schmückt das Museum für Kommunikation in Berlin.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.07.2017 12:59:15 Gelesen: 585495# 170 @  
@ Beitrag [#48]

Die USA hat gleich mehrere sehr bekannte und teure "Kopfstehende Marken", über die wir hier oder im Thema "Kopfstehende Marken" berichtet haben. Gleich drei solcher Kopfsteher gab es bei der Serie von 1859, als folgende Wertstufen versehentlich auch mit kopfstehendem Mittelstück gedruckt wurden:

15 Cents
24 Cents
30 Cents.

Alle drei Marken waren bereits bei Schubert 1913 (Senf 1912) hoch bewertet und brachten es auf Platz 18 (30 Cents) bzw. 92 (15 Cents) und 92 (24 Cents).

Ich habe in Beitrag 48 eine 15 Cents Marke gezeigt, Merkuria im Thema "Kopfstehende Marken" die Werte 15 und 24 Cents (Beiträge [#209] und [#233]).

Die zugrunde liegende Marke ist übrigens wunderschön und war eine graphische Herausforderung für den Produzenten (ein Bild mit ca. 40 Personen!).



Vom 24 Cents -Wert existiert übrigens ein Viererblock, der es zu Weltruhm gebracht hat. Es ist der einzige Viererblock und war das Vorzeigestück der Sammlung Crocker, die 1938 verkauft wurde (Harmer Rooke London). Längere Zeit galt dieser Viererblock als "teuerste Einheit der USA".

Dieser Viererblock zierte auch die Sammlung von Ryohei Ishikawa, der, wie sein Landsmann Kanai, auch mehrere Grand Prix gewinnen konnte mit diversen Exponaten. 1993 wurde seine USA Sammlung 1847-1869 verkauft bei Christie's New York. Unser 24 Cents-Viererblock war das Titelfoto auf dem Umschlag.



Der Viererblock trägt etwas schwere Stempel, darum habe ich auch die Grundmarke gezeigt, damit die Schönheit der Marke erkennbar ist.

In dem Verzeichnis von Life (siehe Beitrag 155) war dieser Viererblock 1954 übrigens das DRITTHÖCHST-BEWERTETE STÜCK weltweit (!!), noch vor dem Mauritius-Post-Office-Bordeaux Brief (Beitrag 164) oder dem Hawaii-Dawson Brief (Beitrag 161,162,167+168) oder dem Baden-Fehldruck (Beitrag 152)! Die drei letztgenannten Briefe haben alle schon Ergebnisse von mind. CHF 2'000'000 eingespielt.

Ganz so teuer war der 24 Cents-Viererblock 1869 meines Wissens nie, erreichte aber z.B. bei der Crocker-Auktion (1938) einen sehr hohen Preis und war darum 1954 so hoch geschätzt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.07.2017 19:00:19 Gelesen: 585422# 171 @  
@ bignell [#165]

Hallo Harald,

welche WIPA meinst Du denn? Da gab es mehrere. Wien 2008?

@ muemmel [#166]

Danke!

@ [#170]

Die Auktion Ishikawa USA war sehr umfangreich, 746 Lots! Das allerletzte Los war der 1869-Inverted-Viererblock. Der untere Schätzpreis (Startpreis?) lag bei US$ 750'000.

Wenn wir die Liste der erzielten Preise studieren, wird uns schwindelig, so viele sechsstellige Resultate wurden damals erzielt. Aber "unser" Los 746 löste keine Bieterschlachten aus, im Gegenteil - es blieb ziemlich lange liegen. Schliesslich wurde es zu 60 % des unteren Schätzpreises zugeschlagen: Hammerpreis: US$ 450'000 + 10 % Zuschlag.

Man kann vielleicht von einem "Schnäppchen auf sehr hohem Niveau" sprechen? Aber eins ist klar: Der Block, der 1954 als "Nummer 3 weltweit" eingeschätzt war (Life), hat seine "besten Tage" hinter sich. 1993 wurden vor allem schöne/seltene Frankaturen hoch bezahlt. Ich komme später auf diese Auktion zurück. Das Gesamtresultat lag hoch. Der Auktionskatalog ist eine wunderbare Dokumentation einer grossartigen Sammlung USA 1847-1869.

Ein hohes Resultat erreichte Scott Nr. 2 als Sechserblock:



Der Block erzielte einen Preis von US$ 420'000 plus 10 %, das war 20 % mehr als geschätzt. Eine Einzelmarke ist nicht teuer, aber der einmalige Sechserblock lockte mehrere Sammler sehr. Nur einer konnte gewinnen, zu einem hohen Preis.

Heinz
 
bignell Am: 12.07.2017 19:49:08 Gelesen: 585409# 172 @  
@ Heinz 7 [#171]

Hallo Heinz,

ja genau, WIPA08.

Lg, harald
 
Heinz 7 Am: 13.07.2017 13:02:54 Gelesen: 585296# 173 @  
@ BD [#2]

In diesem Thema haben wir bereits eine stattliche Zahl von Weltraritäten vorgestellt, und zwar gibt es noch einige Lücken in der Reihe "der Besten", aber von denjenigen Marken/Briefen/Einheiten, die weltweit anerkannt zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt zählen, haben wir doch schon viele aufgelistet und vorgestellt in Wort und Bild.

Eine grosse "Nummer" fehlt aber gewiss noch!

Eine klassische Marke von 1855, die schon im XIX. Jahrhundert klar als grosse Seltenheit galt, soll nun besprochen werden. Auf der Liste von Schubert 1913 ist sie aber ebenso wenig enthalten wie in der Liste Haas 1905! Warum? Die Antwort für Schubert 1913 kennen wir (keine Bewertung der Marke im "Senf 1912"), und Haas nahm die Marke nicht auf seine Hauptliste, weil die Marke eine Abart, ein Farb-Fehldruck, ist (siehe Beitrag 150).

1855 gab Schweden eine Reihe von 5 Marken heraus in der Währung Skilling: Nominalen: 3, 4, 6, 8, 24. Die erste Marke hatte die Farbe grün



Es gibt diese Marke aber auch in gelb, der Farbe der 8-Skilling Marke!



Bis heute hat man immer nur dieses eine Stück gekannt! Die Marke wurde von einem Schuljungen 1885 gefunden! Es ist verständlich, dass der "König der Briefmarkensammler", Philipp la Renotière von Ferrary, diese Marke jagte und sie offenbar 1894 erwerben konnte. Ferrary soll 1894 ca. GB£ 400 für die Marke bezahlt haben. Sie schlummerte dann 28 Jahre in seiner Sammlung, bis diese im Juni 1922 versteigert wurde.

Der Zuschlag erfolgte damals bei FRF 30'000 + 17.5 % Zuschlag, was damals ein hohes Ergebnis war, aber nicht für ein Top-50-Ergebnis der Ferrary-sales ausreichte. Umgerechnet soll das Ergebnis 1922 knapp GB£ 700 erreicht haben (Info gemäss Auktionskatalog).

Nach 1922 gab es dann in relativ kurzer Zeit einige Handwechsel, bis das Stück schliesslich beim König von Rumänien (Carol II.) landete. Er bezahlte auch einen königlichen Preis für die Marke, und sein "Nachfolger", René Berlingin, sehr vermögend, wird dies 1950 vermutlich noch "getoppt" haben (müssen).

Jedenfalls galt die Marke unter den Raritätenhändlern nun sehr viel! Das zeigt auch der "LIFE"-Artikel (Beitrag 155), als die Marke als viert-teuerste philatelistische Rarität galt, gleich hoch wie der Mauritius-Post Office-Bordeaux-Brief (Beitrag 164)!

Grosses Aufsehen erregte die Marke dann 1984, als David Feldman (damals noch in Zürich) die Marke versteigern durfte. Sie erzielte die damals sehr stolze Summe von CHF 850'000 + 15 % = CHF 977'500. In den letzten 30 Jahren wurde die Marke dann einige Male an Ausstellungen gezeigt oder bei Auktionen angeboten. Seit 2013 ist sie Prunkstück in der Sammlung von Herrn Gustaf Douglas.

Dieser einmalige Fehldruck hat also anfangs XX. Jahrhundert eine deutlich weniger prominente Rolle eingenommen als hundert Jahre später. Sie zählt heute zu den Top-Stücken, ähnlich, wie der Baden-Farbfehldruck (Beitrag 152), die (wie erwähnt) bei Schubert 1913 aber bereits an 10. Stelle weltweit gelistet wurde.

Liebe Grüsse
Heinz
 
DL8AAM Am: 13.07.2017 14:58:46 Gelesen: 585263# 174 @  
@ Heinz 7 [#173]

In den letzten 30 Jahren wurde die Marke dann einige Male an Ausstellungen gezeigt

Ja, ja Heinz, ich schon wieder. ;-)

Das war übrigens dieses komische Gelbe aus Schweden [#161], das man auch in NYC bewundern konnte. Leider war das genau die Reihe, die mit zwei Wachleuten, je vorne und hinten, damit hier bloss keine Fotos gemacht wurden. Sonst durfte man ja alles knipsen. Schade. Ich hatte die gelbe Tre-Skilling-Banco vorher auch überhaupt nicht auf dem Schirm für New York gehabt, die war irgendwie auch nirgends (?) angekündigt, oder? Sie steckte einfach nur so in der Ausstellungssammlung eines gewissen Gustaf Douglas. [1] ;-) Aufgefallen ist die mir nur, eben weil der zwei "persönlichen" Bodyguards. Glück gehabt. Denn eine "normale" Schwedensammlung wäre mir zwischen all den zig 1000den Rahmen vollkommen untergegangen. Ich möchte nicht wissen, was mir noch so entgangen ist. ;-)

Gruß
Thomas

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Gustaf_Douglas
 
Heinz 7 Am: 13.07.2017 20:00:44 Gelesen: 585190# 175 @  
@ DL8AAM [#174]

Lieber Thomas,

es scheint so üblich, dass gewisse Sammler ihre besonders wertvollen Stücke mit Body-Guards bewachen lassen. Joseph Hackmey machte dies 2008 in Bukarest mit seiner Rumänien-Sammlung so, nun offenbar Gustaf Douglas mit Schweden? - Ob das "nötig" ist, kann ich nicht beurteilen, aber publikumswirksam ist es bestimmt.

Ich freue mich mit Dir, dass Du, wie ich, an Ausstellungen ein paar Highlights suchst und Dich erfreuen kannst an den gezeigten Weltraritäten.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.07.2017 20:53:42 Gelesen: 585172# 176 @  
@ BD [#2]

Bisher habe ich bei der Betrachtung der Studie Schubert vor allem die TEUERSTEN Marken betrachtet. Es ist aber genau so spannend, einmal nach den Stücken zu fragen, die heute nicht mehr so bekannt sind.

In der Liste Schubert sind 101 Marken aufgeführt mit einem Wert von Mk. 750 und mehr (Senf 1912). Einige Länder konnten gleich mehrere Briefmarken unter den ersten 101 platzieren, so auch - -

AFGHANISTAN!

Die Ausgaben von 1875/76 schafften es gleich vier Mal unter die ersten 101! Die (Senf-)Nummern 33, 23, 35 und 34 erreichten Platz 50, 58, 58 und 75!

Ich verstehe von der Afghanistan-Philatelie etwa so viel, wie eine Kuh vom Schlittschuhlaufen. Was tun?

Der Michel Raritäten-Katalog 2010 listet die Nrn. 1-5, 12-50 der Jahre 1871, 1875-1876 auf. Nur drei Marken werden (2010) vierstellig bewertet (Mi 1 I = Euro 1500, Mi 2 II = Euro 1000, Mi 5 = Euro 1400), alle anderen sind unter Euro 1000 bewertet. Hier hat also ein dramatischer Wertverlust zu den Notierungen von Senf 1912 stattgefunden!

Woran das liegt, weiss ich nicht. Natürlich sind fast 40 Jahre Krieg im Land ein wichtiger Grund, aber auch früher schon bestimmten (bei anderen Ländern) oft ausländische Sammler die Geschicke eines Sammelgebietes mit. Viele Bestände befanden sich seit dem XIX. Jahrhundert in Europa, in den USA, und so weiter.



Meine Bibliothek gibt nun auch nicht gerade Dutzende von Hinweisen, wenn ich nach Afghanistan-Sammlungen suche, um vielleicht etwas mehr zu erfahren. Immerhin soviel: 1963 konnte Corinphila ein sehr schönes Angebot von Afghanistan verkaufen; in 123 Losen wurde eine Sammlung Afghanistan 1870-1919 verkauft. Auf der Umschlagsseite des Nachtrag-Kataloges wurde Los 6013 abgebildet: 1871/1872 (1289) Platte V - rekonstruierter Bogen von vier Marken Typen 1-4 bestehend aus zwei waagrechten Paaren 6 Shahi und 1 Rupa, braunviolett (Katalog Masson 4+5). Der Michel-Preis 1963 wurde angegeben mit Deutsche Mark 8'400, der Schätzpreis mit CHF 6'000. Es war das dritt-teuerste Los dieser Sammlung (Schätzpreise).

Wenn ich das richtig sehe, hatten diese 4 Marken 1912 bereits einen Katalogwert von mind. Mk. 1'100.

Die Sammlung gehörte vermutlich Maurice Burrus, so vermutet jedenfalls Herb Trenchard. Siehe sein Artikel in der Philatelic Literature Review zu den "Burrus-Sales".

Dass dieses Gebiet durchaus eine Chance für Sammler ist, möchte ich im nächsten Beitrag zeigen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.07.2017 21:33:14 Gelesen: 585164# 177 @  
@ Heinz 7 [#176]

1997 kam eine weitere Afghanistan-Sammlung zum Verkauf, wieder bei Corinphila (100. Auktion). Die Lose 3495-3585 umfassten mehrere Sammellose, einschliesslich einer internat. Gold-Medaillen Sammlung. Hunderte von Marken und auch einige Briefe waren enthalten. Trotzdem kostete die ganze Sammlung (91 Lose!) nur CHF 30'250 (Startpreise, sauf erreur & omissions).

Das zeigt, dass viele Sammler nicht viel Geld brauchen, um eine grosse Ausstellungssammlung zusammenzustellen. Aber sie brauchen viel Sachverstand. Sammler mit Ambitionen, aber eng beschränkten finanziellen Mitteln, finden immer wieder Gebiete, die noch gut erschwinglich sind, mit denen an Ausstellungen dann aber trotzdem Lorbeeren zu holen sind!

Anbei aber noch ein Rückblick auf vergangene Zeiten.



William Dorning Beckton, FRPSL, RDP, Präsident der Royal London 1929-1931, hatte zweifellos eine der besten Afghanistan-Sammlungen aller Zeiten. Seine Sammlung Afghanistan 1870-1929 wurde 1932 bei Luder-Edelmann versteigert (XXIII. Versteigerung). Sie umfasste 766 Lose (!). Im ausführlichen Vorwort wird viel über die Sammlung gesagt. Sie umfasste grösste Raritäten dieses exotischen Gebietes. Viele ganze Druckbogen und rekonstruierte Platten sind vorhanden und gezeigt. Im Katalog von Luder-Edelmann wurden dafür hohe Wertangaben gemacht ("Price Yvert 1932"). Damals scheinen die Bewertungen noch höher gewesen zu sein. Eine Liste der tatsächlich erzielten Preise habe ich leider nicht.

Das ist alles sehr lehrreich.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.07.2017 22:06:59 Gelesen: 585154# 178 @  
@ Heinz 7 [#173]

Christie's Robson Lowe veranstaltete hoch interessante Spezialauktionen in der Schweiz. So kam am 19.5.1988 in Zürich eine Spezial-Sammlung "Afghanistan" zur Versteigerung, die ich bei unserer "kleinen Afghanistan-Entdeckungsreise" auch vorstellen möchte: die Sammlung von Major Adrian E. Hopkins



Die Sammlung Afghanistan 1839-1848 umfasste auch Vorphila-Belege aus dem ersten Afghanistan-Krieg (Belege 1839-1843) und das Stück auf der Titelseite erinnert uns stark an das Stück "Burrus" aus dem Beitrag 176. Da auch die Beschreibung einigermassen zutrifft, nehme ich an, dass es dasselbe Stück ist! Es wurde zu CHF 5'000 geschätzt und zu CHF 11'000 zugeschlagen (+ 12.5 % Aufgeld = CHF 12'375).

Schön ist auch die Abbildung auf Seite 22 des Auktionskataloges



Hier sehen wir eine Platten-Rekonstruktion. 21 von 24 Marken sind gefunden, nur Position 5,17+19 sind nicht besetzt. Wir sehen da sehr schön, wie auf derselben Platte unterschiedliche Wertstufen gedruckt wurden: Schahi, Senar, Abasi und Rupie; 5 verschiedene Werte wurden auf einem Bogen gedruckt!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.07.2017 22:52:17 Gelesen: 585139# 179 @  
@ Heinz 7 [#176]

Abschliessen möchte ich meine "Afghanistan-Reise" mit einem unerwarteten Fund. Ich suchte, ob ein Sammler mit Afghanistan ganz grosse Ausstellungs-Erfolge erzielen konnte. Und ich wurde fündig!

1976 gewann der Deutsche Horst G. Dietrich mit Afghanistan den Grand Prix International der Ausstellung INTERPHIL 1976 in Philadelphia! Unglaublich, aber wahr!



27 Jahre später wurde die Sammlung verkauft bei David Feldman, Onex (bei Genf). Der Auktionskatalog hilft uns, die Sammlung(en) zu überblicken (vermutlich war in der Auktion mehr als nur die Ausstellungssammlung). Auch die Dietrich-Sammlung startete mit Belegen aus dem ersten Afghanen-Krieg 1839 und sie erstreckt sich bis 1947 (234 Lose).

Die Auktion war auch finanziell ein Erfolg! 19 Mal fiel der Hammer erst bei CHF 10'000 oder mehr! Der höchste Preis wurde erzielt für...

...einen alten Bekannten!



Es ist tatsächlich das Stück Burrus - Hopkins! Beim Corinphila-Katalog 1963 stand auch der Hinweis: "ex Ferrary"!

Feldman war übrigens vorsichtig mit der Schätzung: CHF 8'000 war der Schätzpreis für Los 10132, als der Hammer fiel, stand der Preis bei CHF 40'000 (+ 18% = CHF 47'200).

Jetzt haben wir also doch noch, auch für das XXI. Jahrhundert, einen hohen Preis für ein Afghanistan-Stück gefunden! Es scheint aber so, dass wir, ohne es gestern gewusst zu haben, heute das aktuell beste Stück von Afghanistan kennen. Genau genommen ist es keine Einheit (sondern zusammengesetzt), aber vermutlich bleiben die Stücke jetzt so zusammen, wie 1963-2003.

Zusammenfassung:

Wenn wir auch gesehen haben, dass die Afghanistan Marken seit 1912 dramatisch an Wert verloren haben (siehe Beitrag 176), so zeigt der Fall "Afghanistan" meines Erachtens auch deutlich, dass es sich lohnt, nach seltenen Marken Ausschau zu halten. Burrus, Hopkins und Dietrich haben sich durch die gefallenen Preise nicht abschrecken lassen. Tiefe Preise (für gutes Material) können auch Chancen sein!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.07.2017 23:13:18 Gelesen: 585135# 180 @  
@ Heinz 7 [#178]

Ein Nachtrag:

Die Marken auf den Positionen 1, 2, 6, 9, etc. der Plattenrekonstruktion sind zwar defekt, aber das "muss" so sein, weil in Afghanistan die Marken so entwertet wurden.

Ein anderer Nachtrag:

"Briefmarkenkönig" Ferrary jagte auch die Briefmarken von Afghanistan und strebte danach, sie ebenfalls komplett zu haben. Es wird gesagt, dass er für eine fehlende Marke von Afghanistan eine ungebrauchte Mauritius, Post Office, 2 Pence, hergab (im Tausch; Ferrary soll in seinem ganzen Leben nie eine Marke verkauft haben). Allerdings war die Mauritius-Marke eine Fälschung, was Ferrary und sein Tauschpartner damals aber nicht wussten.

(Info betr. Afghanistan/Mauritius-Tausch aus: Brühl: "Geschichte der Philatelie", Band 1, Seite 193).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.07.2017 18:51:54 Gelesen: 584673# 181 @  
@ Hornblower [#59]

Michael hat uns einen Farb-Fehldruck gezeigt, den in Deutschland wohl bekanntesten. Es gibt aber weltweit einige Farb-Fehldrucke, deren Wert zum Teil immens ist!

Wir haben gesehen, dass einige dieser Fehldrucke in der Studie Schubert berücksichtigt waren (z.B. eben der Baden-Fehldruck auf Platz 10!). Haas hat auf seiner Haupt-Liste 1905 (siehe Beitrag 149+150) die Fehldrucke aber weggelassen.

Ich muss aber ergänzen, dass Theodor Haas die Fehldrucke nicht einfach ganz aus seinen Betrachtungen ausschloss, sondern er erstellte eine ZWEITE Tabelle, lautend: "Die vierzig seltensten Fehldrucke": (Seite 480-482 seines Lehrbuches).

Auf Platz 8 dieser Liste wurde aufgeführt:

"Kap der Guten Hoffnung 1861, 1 P. blau, sogenannter Holzschnitt"
und, Platz 13:
"Kap der Guten Hoffnung 1861, 4 P. rot, sogenannter Holzschnitt"

Donna O'Keefe publizierte ab 1987 interessante Studien: "Linn's Philatelic Gems". In Band 1 wurden auch die zwei "Woodblock" - errors besprochen (Seite 39-40): 1 d blau (statt rot) und 4 d rot (statt blau). Die Zahl der bekannten Marken wurde nicht genannt, aber die Katalogpreise:

Scott (1985?):
1 d - blue: unused: -.- used: US$ 35'000
4 d - red: unused: US$ 100'000, used: US$ 37'500

Michel 2010 wertete die Marken wie folgt:
1 Penny hellblau: *: -.-, gest. Euro 40'000 = Michel 5 F
4 Pence rot: *: Euro 200'000, gest. Euro 65'000 = Michel 6 F I
4 Pence hellkarmin: *: -.-, gest. Euro 130'000 = Michel 6 F II

Natürlich wollen wir auch wissen, wie Schubert 1913 diese Marken sah (bzw. Senf 1912). Tatsächlich: wir finden beide Marken!

24. Platz: Kap der GH: Senf 6b: 4 Pence rot: Mk. 2'000
33. Platz: Kap der GH: Senf 5b: 1 Penny blau: Mk. 1'500.

Wichtig: beide Marken werden mit "-.-" bewertet für "ungebraucht".

Die 1 d hellblau gibt es ungebraucht nur 2 x. (Katalog Stanley Gibbins: 13 c).



Wir sehen hier das Exemplar, das 1982 in der Auktion von Sotheby's London zum Verkauf kam. Los 731. Wir sehen: das Stück ist fehlerhaft (Ränder unten und Büge).



Auch dieses Stück ist nicht fehlerlos, aber zweifellos das schönere der Beiden. Es war Teil der Sammlung "Lady Hope", die 2003 bei David Feldman zur Versteigerung kam. Der Ausruf (Schätzpreise) war stolze CHF 140'000-180'000. Der Hammer fiel dann aber erst bei CHF 200'000 + 18% Aufgeld = CHF 236'000.

Damit sind die frühen hohen Bewertungen von Schubert/Haas auch 100 Jahre später voll bestätigt!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.07.2017 22:38:30 Gelesen: 584536# 182 @  
@ BD [#2]

Auf der Liste Schubert (1913) war Ceylon mit 5 Marken unter den ersten Hundert (101, um genau zu sein), prominent vertreten! Nur vier Länder schafften es, NOCH mehr Marken unter die ersten Hundert zu bringen!

Betrachten wir doch einmal, wie sich diese Marken in den letzten hundert Jahren entwickelt haben.

Senf 1912: (alle ungebraucht)

10. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 4: 4 Pence rosa: Mark 3.000
10. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 7: 8 Pence braun: Mark 3.000
33. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 8: 9 Pence violettbraun: Mark 1.500
58. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 12: 2 Shillings blau: Mark 1.000
92. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 10: 1 Shilling blauviolett: Mark 750

Interessant ist, dass alle Marken gebraucht deutlich weniger teuer waren (Preise gest. Senf 1913):

10. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 4: 4 Pence rosa: um Faktor 7.5 günstiger = Mark 400
10. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 7: 8 Pence braun: um Faktor 7.5 günstiger = Mark 400
33. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 8: 9 Pence violettbraun: um Faktor 11.5 günstiger = Mark 130
58. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 12: 2 Shillings blau: um Faktor 5.7 günstiger = Mark 175
92. Ceylon 1855/58, Senf Nr. 10: 1 Shilling blauviolett: um Faktor 37.5 günstiger = Mark 20

Bei Haas landeten die Marken auf folgenden Plätzen:

35. Ceylon 1857, Senf Nr. 7: 8 Pence braun
36. Ceylon 1857, Senf Nr. 4: 4 Pence rosa
76. Ceylon 1857, Senf Nr. 12: 2 Shillings blau

Senf Nrn.8+10 schafften es nicht unter die ersten Hundert.

Bestimmt interessiere nicht nur ich mich für die Katalogwerte 2010 (Michel Raritäten-Katalog):

Ceylon 1859, Michel Nr. 4y: 4 Pence rosa: Euro 75.000
Ceylon 1859, Michel Nr. 7y: 8 Pence gelbbraun: Euro 35.000
Ceylon 1859, Michel Nr. 8y: 9 Pence violettbraun: Euro 50.000
Ceylon 1859, Michel Nr. 12y: 2 Shillings blau: Euro 8.500
Ceylon 1857, Michel Nr. 10y: 1 Shilling blauviolett: Euro 7.000

Die hohen Shilling-Werte wurden in der Zwischenzeit überholt von:

Ceylon 1857, Michel Nr. 6xa: 6 Pence braunviolett auf bläul. Papier: Euro 11.000
Ceylon 1859, Michel Nr. 6yb: 6 Pence (dunkel)braun auf weissem Papier: Euro 9.000

Wir halten also fest, dass (nur) die 4 und die 9 Pence sich mit hohen Preisen behaupten konnten (8 Pence auch, aber deutlich weniger), aber mit den teils rasanten Preisentwicklungen anderer Gebiete nicht Schritt halten konnten. Kaufkraftbereinigt haben die anderen Marken (Shilling-Werte) aber bestimmt eingebüsst (Vergleich 1912 / 2010). Und zweifellos rangieren die Marken nicht mehr auf Platz 10 der Welt.

Merke: 1912/1913 waren die zwei teuersten Marken Ceylons noch gleich bewertet wie der Baden-Farb-Fehldruck!

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.07.2017 23:51:34 Gelesen: 584519# 183 @  
@ Heinz 7 [#182]

Bei Donna O'Keefe "Philatelic Gems" 1987 ist die Ceylon 1859: 4 Pence mit berücksichtigt. Ihr Wert wurde damals (vor 34 Jahren!) mit strammen US$ 60'000 angegeben. O'Keefe bezog sich damals auf den Scott Katalog (1983). Leider sagt auch sie nicht, wie viele ungebrauchte 4 Pence-Marken bekannt sind.

Auch O'Keefe nennt als einen der grossen Ceylon-Sammler Herrn Percy de Worms. Dessen grossartige Sammlung wurde 1938 bei H.R. Harmer, London, verkauft. Der Auktionskatalog zeigt auf einer Farb-Fototafel viele Gross-Raritäten:



Lose 25-28: 6 d. purple-brown (1857) blued paper - vier Exemplare ungebraucht!
Lose 143-146: 6 d. purple-brown (1857) white paper - 4 Exemplare ungebraucht
Lose 166: 6 d. brown (1857) white paper - 1 Exemplar ungebraucht
Lose 198-200: 1/- dull violet (1857) - 3 Exemplare ungebraucht
Lose 217-218: 4 d. dull rose (1859) - 2 Ex. ungebr.
Lose 225-226: 8 d. brown (1859) - 2 Ex. ungebr.
Lose 235-236: 9 d. purple-brown (1859) - 2 Ex. ungebr.
Lose 268-271: 2/- blue (1859) - 4 Ex. ungebr.

10 dieser Raritäten sind auf dieser Fototafel abgebildet und brachten hohe Ergebnisse! Das höchste Ergebnis erzielte Los 217, eine 4 Pence Marke.

Es ist schön, diese seltenen Marken in Farbe sehen zu können.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.07.2017 00:11:21 Gelesen: 584516# 184 @  
@ Heinz 7 [#182]

Heureka!

Jetzt habe ich doch noch ein aktuelles Ergebnis gefunden! Wieder ist die 4 Pence - Marke als "teuerste" von Ceylon bezeichnet (siehe Auktionstext). David Feldman konnte 2007 ein ungebrauchtes Exemplar versteigern.



Hochwillkommen ist auch die Angabe im Auktionskatalog, wie viele Exemplare denn vorhanden sind: "only 5 unused examples known"! - Das ist eine wichtige Information.

Los 60009 stieg über den Startpreis hinaus:

Startpreis (Estimate) Euro 20'000 - 30'000

Zuschlag: Euro 28'000 + 19.5 % Zuschlag = Euro 33'460. Das ist nicht sehr viel, wenn wir den Katalogwert (Euro 75'000) zu Rate ziehen. Der Käufer hat also trotz Auktionszuschlag nur 44.6 % des Katalogwertes zahlen müssen.

Wir haben damit in Beitrag 183+184 3 von 5 existierenden ungebrauchten Marken kennen gelernt!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.07.2017 20:52:18 Gelesen: 584405# 185 @  
@ BD [#2]

Die 12 ersten Marken der Liste Schubert haben wir besprochen. Kommen wir zur Nummer 13.

Hawaii wurde bei Haas (1905) sehr hoch geschätzt:

3. Hawai* 1851, 2 Cents hellblau (Nr. 1)
8. Hawaii 1852, 13 Cents hellblau (H.I. & U.S.) (Nr. 4)
9. Hawaii 1852, 5 Cents (Nr. 2)
11. Hawai* 1852, 13 Cents hellblau (Hawaiian Postage) (Nr. 3)
(*Schreibweise wie bei Haas)

Nur British Guiana war noch erfolgreicher (bei Haas 1905) mit Platz 1, 2, 7, 13, 17, 23, 24, 49, 62, 73, 88 !

Weil Schubert die "-.-" Bewertungen wegliess, kam er auf weniger Top-Notierungen:

Hawaii: 3 Marken unter den ersten 101
Brit. Guiana: 5 Marken unter den ersten 101.

Bei Hawaii wird die Schwäche der Liste Schubert deutlich:

Nr. 1 (2 Cents) wird gar nicht bewertet
Nr. 2-4 werden alle bewertet "gestempelt", obwohl die ungebrauchte Version Bei Hawaii (1. Ausgabe) IMMER die bessere ist. Das sehen wir auch an Hawai 1852, 13 Cents hellblau (Hawaiian Postage) (Nr. 3)

Wenn diese Nr. 3 gestempelt bereits gestempelt 3000 Mk. wert war, wie hoch wäre sie wohl bewertet worden ungebraucht? Wir wissen heute, dass die Nr. 3 ungebraucht extrem selten ist:

7 Exemplare ungebraucht
48 Ex. gestempelt
3 Ex. auf Fragment
12 Ex. auf Brief.

(alle Informationen gemäss Auktionskatalog Siegel, Sale 769 (November 1995) "The Honolulu Advertiser Collection").

Seltsamerweise bewertet Michel die Marke ungestempelt nur unwesentlich höher als gestempelt: (Michel Raritäten 2010):

Mi. Nr. 3 (*) = Euro 30'000
Mi. Nr. 3 gest. = Euro 26'000

Ich zeige heute aber eine der raren ungestempelten Marken.



Los 20 wurde 1995 für US$ 32'500 zugeschagen (+ 10%) = US$ 35'750. Auch diesen Betrag halte ich nicht für sehr hoch, angesichts der grossen Seltenheit (nur 7 ungest. Exemplare vorhanden). Den Katalogwert würde ich höher setzen als "nur" Euro 30'000.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.07.2017 21:25:29 Gelesen: 584393# 186 @  
@ BD [#2]

Die bestplatzierten 1-13 der Liste Schubert haben wir besprochen.

Es folgt Nummer 14.



Die Rumänien Nr. 4 ist der höchste Wert der 1. Ausgabe von Rumänien (bzw. des "Vorläufers" Fürstentum Moldau). Sie hat mehrere Parallelen zur eben gezeigten Hawaii Nr. 3

- Beide Marken sind ungestempelt sehr selten! Von Rumänien Nr. 4 sind weniger als 20 ungebrauchte Exemplare bekannt!
- Beide Marken sind gestempelt nicht ganz so selten wie ungebraucht
- Beide Marken haben noch wertvollere "Schwestern" aus dem gleichen Satz: die Hawaii Marke die 2 Cents und die 5 Cents Marke und die Nummer 4; die Rumänien-Marke die 27 Parale und die 81 Parale.

Der Katalogwert der 108 Parale-Marke betrug nach Michel 2010 Raritätenkatalog Euro 30'000, also exakt denselben Wert wie die Hawaii Nr. 3!

Das ist doch erstaunlich!

Die 108 Parale-Marke wird nur selten angeboten. In manchen grossen Sammlungen fehlte eine Rumänien Nr. 4 ungebraucht! So z.B. in der Sammlung "Sarah" (Corinphila Mai 1999) oder Paul Laptev (Köhler September 1998). In der Tomasini-Sammlung aber finden wir so ein Stück (siehe oben). David Feldman verkaufte 2006 in Genf/Monte Carlo (Simultan-Auktion) die Tomasini/Künzi-Sammlung: Zuschlag des Loses 20019 war Euro 36'000 (+ 18.5 %) = Euro 42'660.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
merkuria Am: 18.07.2017 23:10:29 Gelesen: 584359# 187 @  
@ Heinz 7 [#185]

Auch die 13 Cents Rarität hat 14 Jahre später etwas Federn gelassen:

An der 974. Robert A. Siegel Auktion [1] vom 16. Juni 2009 wurden bei der Auflösung der Laila Collection of Hawaii unter Los 504 für ein (allerdings leicht repariertes) ungebrauchtes Exemplar 20‘000 US$ + Aufgeld bewilligt. Der Schätzpreis lag bei 52‘500 US$.

Freundliche Grüsse
Jacques

[1] http://stampauctionnetwork.com/y/y9741.cfm
 
Heinz 7 Am: 19.07.2017 00:15:41 Gelesen: 584344# 188 @  
@ merkuria [#187]

Ich habe die Hawaii Nr. 3 vorgestellt in Beitrag [#185]. Du zeigst uns eine Nummer 4. Die Marke ist fast gleich selten wie die Nummer 3: es gibt von der Nummer 4 auch nur 8 ungestempelte Marken. Zieht man davon noch das Stück ab, das im Museum ist, wäre man auch bei 7; genau gleich viel (bzw. wenig) wie bei der Nummer 3!

Die Nr. 4 ist im Michel-Katalog deutlich höher bewertet, nämlich mit Euro 55'000 (Raritäten-Katalog 2010). Ich halte diesen Katalogpreis für angemessen, den für die Nummer 3 würde ich auch in etwa dieser Höhe sehen.

Nun zeigst Du uns ein relativ schlecht (billig) verkauftes Stück. Das kommt ab und zu einmal vor, dennoch bleibe ich bei meiner Meinung. Ob die Hawaii-Marken im XXI. Jahrhundert eher nur noch tiefe(re) Preise erzielen, kann ich im Moment nicht beurteilen. Die Katalog-Herausgeber richten sich in der Regel eher an den "erfolgreichen" Auktionen aus, wobei sie meist wohltuend ausgleichend wirken (i.d.R. werden Katalogwerte recht stabil gehalten, und nicht jedes Zittern des Marktes wird in den Katalogwerten wiedergegeben).

Der Preis US$ 52'500 war übrigens wohl der Katalogwert (Scott?), nicht der Schätzwert. Viele US-Auktionen zeigen grundsätzlich den Katalogwert, keine Schätzpreise.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.07.2017 23:30:56 Gelesen: 584140# 189 @  
@ BD [#2]

Acht Marken haben es gemeinsam auf Platz 10 geschafft auf der Liste Schubert 1913. Sie hatten einen Katalogwert von 3000 Mark.

Wir haben die ersten 5 Marken aus dieser Gruppe in den Beiträgen 152, 182-186 besprochen (Baden-Fehldruck, zwei Ceylon-Marken, eine Hawaii, eine Rumänien). Die Plätze 1-9 der Liste haben wir auch schon verglichen mit dem Michel-Wert 2010 und dabei festgestellt, dass es grosse Unterschiede gibt: Einige Marken sind auch heute noch teuer, zum Teil: SEHR teuer.

Andere haben sich nicht so prächtig entwickelt und sind, kaufkraft-bereinigt, heute WENIGER wert als vor rund 100 Jahren.

Zur ZWEITEN Kategorie zählt auch die Postmeister-Marke von Brattleboro. Wie in Beitrag 153 gesagt, verausgabten 9 Postmeister eigene Briefmarken, wobei leider einzelne im "Senf 1912" nicht bewertet wurden (und darum auf der Liste Schubert keine Aufnahme fanden). Einzelne Postmeister-Marken sind heute sehr teuer, andere eher nicht.

Die Marken von Brattleboro sind selten. Heute sind offenbar nur 32 Einzelmarken bekannt plus 19 Briefe. Aktuell (bzw. 2010) ist die Marke im Michel bewertet mit Euro 25'000 (*) bzw. Euro 12'000 gest. Das ist heute eher wenig. Das erstaunt uns vielleicht, denn es gibt heute viele teure USA-Briefmarken.

Im Artikel (Illustrierten Briefmarken-Journal vom 20.4.1912) ist die Briefmarke gezeigt (Abbildung 7). Vielleicht freuen sich auch andere, die Briefmarke auf einem hübschen Brief zu sehen.



In der genialen Sammlung Erivan Haub sind gleich zwei Briefe mit Brattleboro-Briefen enthalten. (Kopie aus Buch: Postmasters' Provisionals: United States and Cofederate States; The "Erivan" Collection). Eine lose Marke kann sich aber auch ein Sammler mit nicht-ganz-grossem Budget leisten.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.07.2017 00:13:01 Gelesen: 584132# 190 @  
@ Heinz 7 [#182]

Ich erwähnte, dass Ceylon mit 5 Marken unter den ersten 101 auf der Liste Schubert glänzen konnte. Noch erfolgreicher waren nur folgende Länder:

USA: 12 Marken
Konföderierte Staaten von Amerika: 8 Marken (= CSA)
Grossbritannien: 8 Marken
Rumänien: 6 Marken

Wenn wir uns noch vor Augen führen, dass viele der (damals) 71 gelisteten CSA mangels Vergleichen nicht bewertet waren, sehen wir, wie wichtig die USA/CSA-Marken vor hundert Jahren bei Senf (und nicht nur bei ihm) eingeschätzt wurden.

Die CSA-Marke von Victoria haben wir bereits besprochen (Beitrag 159). Nun folgen die zweitteuersten: diejenigen von Baton Rouge (10 Cents, gest., Senf Nr. 5) und von Livingston (*, Senf 1912 Nr. 36).

Zu Baton Rouge finden wir im Michel Katalog (2010) folgende Angaben:

Nr. 1-3: 2 Cents, 5 Cents (Maltese cross border), 5 Cents (Crisscross border): Wert * und gest. zwischen 1'300 und 6'000. Auch die Baton Rouge Nr. 4 (= 10 Cents) bleibt nur vierstellig (Euro 7'000 für gest., kein Preis für ungest.). Ausnahmsweise sind aber im Michel auch die Briefpreise angegeben, und die lauten wie folgt:

Baton Rouge Nr. 1 = Euro 25'000
Nr. 2 = Euro 3'500
Nr. 3 = Euro 12'000
nr. 4 = Euro 75'000.

Unser geniales Buch über die Sammlung Erivan Haub sagt uns, WIE selten diese Briefe sind:
Nr. 1 = nur 5 Briefe
Nr. 3 = 5 Cents (Crisscross border) = nur 11 Briefe bekannt
Nr. 4 = 10 Cents = unique on cover!



Auch dieses Unikat war in New York zu bestaunen in der Sammlung Erivan Haub. Ich habe nachgesehen, es war auch in der Sammlung Alfred Caspary und brachte 1956 einen nur bescheidenen Erlös von US$ 1'400 (Los 61).

Auch ein Preis von Euro 75'000 (2010) ist für ein Unikat aus einem solchen prestigeträchtigen Land (USA bzw. CSA) meines Erachtens kein sehr hoher Preis. Zur "Schnäppchenjagd" kann man das Stück dennoch nur den "Gut-Betuchten" empfehlen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.07.2017 14:55:26 Gelesen: 584039# 191 @  
@ BD [#132]

Bernd hat in Beitrag [#2] auf eine sehr interessante Fleiss-Arbeit von einem Herrn Schubert hingewiesen, die ein idealer Anknüpfungspunkt ist, um zu begreifen, welchen Stellenwert die internationale Philatelie vor rund 100 Jahren hatte!

Stellen wir uns einmal vor, unser Ur-Urgrossvater hätte um 1910 herum eine Briefmarkensammlung gehabt oder gestartet: welche Ziele hätte er wohl verfolgt? Welches waren die teuren Marken damals und wohin hätte ein ambitionierter Sammler sein Geld wohl investiert? - Hätten sich seine Investitionen gelohnt, oder wäre sein investiertes Geld verpufft und verloren gegangen in den späteren Jahren? Haben die Briefmarken wirklich so massiv an Wert zugelegt, wie dies Ende des XX. Jahrhunderts noch fast jeder Sammler zu glauben wusste? Oder haben die Briefmarken gegenüber früher "massiv an Wert verloren", wie wir dies heute oft hören oder nachlesen? Knifflige Fragen ...

Ich habe bisher versucht, die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt einmal aus der Sicht von 1913 vorzustellen. "Nur wer die Geschichte kennt und versteht, kann die Gegenwart begreifen und kommentieren" sagte einst ein weiser Philosoph. Wir haben gesehen, dass wir der Liste Schubert 1913 nicht vorbehaltlos "trauen" können, weil sie uns wichtige Informationen nicht gibt (nicht geben konnte). Einige Überlegungen dazu waren hoffentlich hilfreich, um die Liste noch besser würdigen zu können.

Doch mit der Betrachtung der Liste Schubert ist unsere (freiwillige!) Arbeit noch nicht zu Ende; vielmehr sehe ich als mögliche "Studien-Ergänzungen" folgende "Kapitel".

- Vergleich der Liste Schubert 1913 mit den Listen Haas (1905)
- Abgleich unserer Erkenntnisse mit den tatsächlichen Auktionserlösen anlässlich der Ferrary-Auktionen 1921-1926 (der grössten Sammlung seiner Zeit / aller Zeiten)
- Welche wichtigen Marken kamen im XX. Jahrhundert hinzu?
- Welche Rolle spiel(t)en Abarten, Einheiten, Briefe, Stempel, Frankaturen? Wie sind die Entwicklungen in der jüngsten Zeit?
- Welche Erkenntnisse erhalten wir aus ähnlichen Studien von namhaften Philatelisten des XX. Jahrhunderts? (Müller-Mark, Nevile Stocken, Gebrüder Williams, etc.)?
- Wie war die Situation Mitte der Fünfziger-Jahre? ("Life"-Artikel, siehe Beitrag 155, und Caspary-Auktionen)
- Welche Erkenntnisse brachten die Verkäufe der Burrus-Auktionen? (vereinfacht gesagt: der letzten grossen "gleichzeitig weltweiten Sammlung")
- welche besonderen Verkaufserfolge meldeten die grossen Auktionshäuser 1970- heute?
- welches sind (oder waren) die Spitzenstücke von herausragenden Sammlungen?
- wie sähen die "Bestenlisten" heute wohl aus (getrennt nach Marken, Abarten, Einheiten, Briefen, besonderen Stempeln, besonderen Frankaturen, etc.)?
- welches sind die "Briefmarkenländer" mit einer Bewertung "AAA" heute?

Es ist leicht ersichtlich, dass das Gebiet "uferlos" ist oder werden könnte, darum scheint mir ein "roter Faden" hilfreich. Gerne will ich versuchen, auf unserer Suche nach den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt noch viele Erkenntnisse zu gewinnen und gleichzeitig mit einer Zeitreise die Entwicklung der letzten 100 Jahre etwas besser zu verstehen. Zeitlich kann und will ich mich für meine oben skizzierte "Studienarbeit" nicht festlegen. Vielleicht kann ich einzelne "Kapitel" nicht breit bearbeiten, aber mit etwas Geduld und Zeit werde ich gerne noch viele (?) Beiträge beisteuern, sofern mir dies möglich ist und die Beiträge auch ein positives Echo auslösen/gerne gelesen werden.

Die achte Marke, die es 1912/1913 auf den Platz 10 der Liste Schubert geschafft hat, (ex aequo mit 7 anderen), werde ich demnächst in diesem Thema zeigen und etwas kommentieren. Doch dazu benötige ich wieder etwas Zeit.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Ron Alexander Am: 21.07.2017 15:04:58 Gelesen: 584030# 192 @  
@ Heinz 7 [#191]

Hallo Heinz, Hallo Beitragende,

ich selbst kann zu dem Thema leider nichts beitragen, außer tiefe Bewunderung für die tollen Ausarbeitungen aller beitragenden Personen. Wirklich toll und ich lese mit Begeisterung jeden neuen Beitrag.

Mir gefällt der Ansatz des "roten" Fadens sowie die letzten Ausführungen wie die Philatelisten vor ~100 Jahren agiert haben. Wirklich toll gemacht, bitte macht weiter so! Ich werde mir das Thema mal auch noch für eine YouTube Ausgabe vornehmen aber gerade hätte ich nicht mal einen Ansatz dies sauber aufzuziehen. Daher lese ich weiter mit Begeisterung, so das sich mir mein roter Faden dann hoffentlich auch noch erschließen wird. :)

Grüße,
Ron
 
Heinz 7 Am: 23.07.2017 20:41:32 Gelesen: 583783# 193 @  
@ Ron Alexander [#192]

Lieber Ron,

vielen Dank für die freundlichen Worte.

Was einen YouTube Beitrag betrifft, hätte ich (bei Bedarf) einen guten Vorschlag für ein Drehbuch.

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.07.2017 20:35:11 Gelesen: 583623# 194 @  
@ BD [#2]

16 von 17 Marken mit Wert 3'000 Mark und mehr (1913 bzw. 1912 Senf), siehe Liste Schubert, haben wir schon besprochen, nun fehlt noch Nr. 17:

Konföderierte Staaten von Amerika: LIVINGSTON!

Die Confederate States existierten nur von 1861-1865, und wurden von keinem Staat auf der Welt anerkannt. Die Abspaltung von den Vereinigten Staaten mündete in einem schrecklichen Bürgerkrieg, und rund vier Jahre später kapitulierten die Südstaaten. Alabama war der 4. Staat, der aus der USA ausgetreten und sich den CSA angeschlossen hatte. Viele Postmeister gaben in diesen Jahren eigene Wertzeichen heraus, so auch Livingston. Viele dieser Postmeistermarken waren bei den Briefmarkensammlern sehr begehrt!

1912 waren die Briefmarken also knapp 50 Jahre lang bekannt. Senf registrierte 70 Nummern von 37 verschiedenen Orten. Nummern 1-61, 63-71. Die Nummer 62 entfällt (die frühere Nummer 62 ist ein Briefumschlag). Nur 37 der 70 Marken waren 1913 bewertet (Senf), die übrigen 33 wurden zweimal mit "-.-" bewertet (ungestempelt/gestempelt). Nur für 19 Marken (Hauptnummern) wurden beide Bewertungen aufgeführt. Diese waren aber sehr oft hoch bis sehr hoch! Ich habe schon erwähnt, dass nicht weniger als 8 CSA-Marken den Sprung unter die ersten 101 (weltweit) auf der Liste Schubert schafften! (Beitrag 190).

Eine Marke sticht unter allen 70 hervor: die Marke aus Livingston. Sie war zwar, zu meinem Erstaunen, 1913 noch nicht die Teuerste (siehe Beitrag 141), aber mit 3000 Mark schaffte es die Marke auf Platz 10 bei Schubert, ex aequo mit 7 anderen Marken!



Die CSA-Marke von Livingston ist graphisch überraschend schön ausgefallen. Gemäss Auktionskatalog "Caspary" waren 1956 nur ca. 10 Stück dieser Marke bekannt. In der Sammlung Erivan Haub ist erwähnt, dass offenbar 6 Einzelfrankaturen davon bekannt sind. Die obige Abbildung ist aus seiner Sammlung bzw. dem Buch, das ich bereits mehrfach vorgestellt habe: "Postmasters' Provisionals: United States and Confederate States; The "Erivan" Collection" (Edition Spéciale, Global Philatelic Network (Köhler/Corinphila/Harmer New York/Bull), 2016).

Den heute mit Abstand teuersten Brief habe ich 1983 kennengelernt.



Edgar Mohrmann, Hamburg, konnte im April 1983, viele Raritäten anbieten, u.a. auch einen Livingston-Brief, und zwar den einzigen Brief mit ZWEI Marken. Dieser Brief galt schon seit langem als herausragendes Stück für die CSA.

Die Michel (2010) - Notierung interessiert uns sicherlich auch: gestempelt wertete sie nur mit Euro 10'000, auf Brief aber immerhin mit Euro 80'000.

Der einmalige Brief mit einem Paar der Marke ist dann noch deutlich teurer.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.07.2017 22:29:23 Gelesen: 583588# 195 @  
@ Heinz 7 [#194]

"Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht". So sang einst Drafi Deutscher, vor rund 50 Jahren.

Gleich fest und dauerhaft kann der Wert des untenstehenden Briefes angesehen werden. Seit mehr als hundert Jahren ist dieser Brief bekannt, und immer, immer war er teuer! Wenn sich denn je ein Besitzer von ihm trennte!

Der wunderbare Brief mit einem Paar der 5 Cents-Marke der Livingston CSA-Postmeistermarke verdient es sicherlich, einmal breit und ausführlich vorgestellt zu werden!



Zwei Jahre nach dem Angebot in Hamburg (Edgar Mohrmann, siehe Beitrag 194) wurde dieses Unikat wieder angeboten, diesmal in New York, von Christie's Robson Lowe. Zur Auktion hatte das Auktionshaus gleich einen 20-seitigen Verkaufskatalog erstellt, der die Bedeutung dieses Briefes unterstreichen sollte. Nur dieser eine Brief wurde darin vorgestellt, ein "Single-lot-catalogue" also.

Dieser einmalige Brief wurde am 12.11.1861 von Livingston, Alabama, gesandt an Capt. R. Chapman, Jr., Manassas Junction, Va.

Dieser Brief hat eine makellose "Provenance"

1) gehörte er dem "Briefmarkenkönig" Philippe la Renotière von Ferrary. Im Juni 1922 kam er als Los 17 an der 4. Ferrary-Auktion zum Verkauf und erzielte stolze FRF 22'000 + 17.5 % Aufgeld. Dies seien US$ 2'950 gewesen, schreibt Christie's

2) der Brief war Zierde der traumhaften Sammlung Caspary, die seinerseits 1956, im 3. Caspary-Verkauf, als Los 186 angeboten wurde (HR Harmer Inc. NY sales 989-991), und sehr beachtliche US$ 14'000 erreichte. Harmer schrieb damals: "This celebrated pair and cover is generally considered to be the most outstanding and most valuable Confederate item in existence".

3) der Brief wurde wieder verkauft 1967, als bei Robert A. Siegel die märchenhafte Sammlung von Josiah K. Lilly zum Verkauf kam: 3. Lilly-sale (Siegel sale 317), Los 329, Zuschlag US$ 19'000. Beschrieben als "the most valuable of all Confederate Items".

4) offenbar kaufte John R. Boker, Jr., den Brief. Boker = der grosse US-Sammler, der auch die unvergleichliche Deutschland-Sammlung hatte (Köhler Auktionen ab 1985). Boker versuchte wohl, den Brief via Edgar Mohrmann zu verkaufen (siehe Auktionskatalog in Beitrag 194), aber der darin geforderte Limit-Preis von DM 500'000 (!) war dann offenbar doch zu viel.

5) Christie's Robson Lowe New York verkaufte dann 1985 den Brief für US$ 160'000 + 10 % = US$ 176'000.

6) Sammlung Erivan Haub. Siehe Buch: "Postmasters' Provisionals: United States and Confederate States; The "Erivan" Collection" (Edition Spéciale, Global Philatelic Network (Köhler/Corinphila/Harmer New York/Bull), 2016).

Ich weiss, dass die Resultate 1,2 und 3 nach "nicht viel" tönen, aber man muss sehen, dass der US-Dollar damals einen völlig anderen Wert hatte, als heute.

=) In den Ferrary-Sales erreichte der Brief nach meiner Auswertung kaufkraftbereinigt den 64. Platz aller Ferrary - Lose. Per 1.1.2011 hatte das Resultat von 1922 etwa einen Gegenwert von CHF 162'280.

=) In der Aufstellung des Magazines von LIFE (1954)(siehe Beitrag 155) war der Livingston (Chapman) - Brief auch enthalten! Er war mit nicht weniger als US$ 12'000 bewertet; das war der 24. Platz in dieser illusteren Gesellschaft

=) Das Caspary-Ergebnis, nur 2 Jahre später, bestätigte dann mit US$ 14'000 voll diese Einschätzung im "Life"-Artikel. Es gab bei den Caspary-Sales nur ganz wenige Lose, die mehr als US$ 10'000 einbrachten! Der "Blue Boy" (siehe Beitrag 100) hatte es (an der ersten Caspary Auktion 1955) "nur" auf US$ 10'000 gebracht, der Livingston-Brief wurde also 40 % höher zugeschlagen.

=) An der Jubiläumsausstellung ANPHILEX 1971 in New York City wurde der Brief als einer der "Aristocrats of Philately" im Ausstellungskatalog gezeigt.

Dieser Chapman-Brief verhilft der Briefmarke von Livingston also zu höchstem Ruhm. Da ist der Katalogwert 2010 (Michel) von nur Euro 10'000 meines Erachtens verhältnismässig sehr tief!

Nach dem Christie's Katalog 1985 gibt es von dieser Marke nur:

- 1 Brief mit dem Paar (der "Chapman"-Brief)
- 6 Briefe mit einer Einzelfrankatur
- 3 lose Marken, gestempelt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.07.2017 22:11:31 Gelesen: 583302# 196 @  
@ BD [#2]
@ Richard [#546]

Spätestens seit 1961 wissen die Schweizer Philatelisten eine Menge über die ganz grossen Raritäten der Altschweiz-Philatelie. Zu verdanken haben wir dies Herrn Toni Abele (1913-1992). Er publizierte 1958-1961 in der SBZ (Schweizer Briefmarken-Zeitung) eine Artikelserie, die riesige Beachtung fand: "A propos Altschweiz". In 36 Artikeln stellte er die grössten Seltenheiten der Altschweiz vor und zeigte den Lesern, wie viele (oder: wie wenige!) Stücke von gewissen Marken nur vorhanden waren/sind.

Es ist für einen Schweizer natürlich schön, wenn auch Schweizer Briefmarken zweifellos zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt gehören. Auf unserer Liste Schubert von 1913 kommt die Schweiz auf stolze 5 Nennungen unter den ersten 101 der Welt.

Es ist nun aber nicht so, dass die Basler Taube darunter ist. (Abbildungen: Beitrag [#91] und [#118]). Zwar, da hat Richard recht, ist die Basler Taube weltberühmt (siehe Beitrag 1), aber ganz so selten ist sie nicht, sodass sie es "nur" auf einen Katalogwert von 300 Mark brachte (für ungebraucht) (Senf 1913). Um unter die ersten 101 zu kommen, benötigte man 1912 aber 750 Mark!

Dass es sehr teure Basler Tauben gibt, ist ein anderes Kapitel: Paare oder besondere Briefe. Aber das ist heute nicht das Thema; da kümmern wir uns nur um die lose Marke (gest./ungebraucht).

Nur nebenbei erwähnt: heute (Michel 2010) ist die Basler Taube aber immerhin mit Euro 13'000 bewertet (siehe Michel Raritäten-Katalog 2010). Damit gehört die Briefmarke nicht zu den "Verlierern" der letzten hundert Jahre.

Welche Marke ist nun aber die teuerste der Schweiz? Oder vielmehr: WAR die teuerste (1913)? Das Resultat mag überraschen, denn HEUTE steht diese Marke NICHT mehr an der Spitze.

Die Marke ist im Beitrag Schubert abgebildet (vgl. Beitrag [#2], Abb. Nr. [#5]): es ist die sogenannte "Waadt 4". Katalogisiert ist sie bei Michel bei "Schweizerische Bundespost" 1849, Nr. 1, in den Schweizer Katalogen trägt sie die Nummer 9 (Zumstein, Händlerkatalog, etc.).



Eine Abbildung aus der Sammlung von Silvain Wyler (Buch: Edition d'Or, Band IX, 2008)

Schubert zeigt uns, dass die Marke mit stolzen 2500 Mark bewertet war 1912. Senf 1913 zeigt dieselbe Zahl für die Marke (ungebraucht; gestempelt: 650 Mark). Damit kam diese Schweiz Rarität auf Platz 18 der Liste Schubert, zusammen mit 4 anderen, gleich bewerteten Marken.

Im Michel 2010 ist diese Marke bewertet wie folgt: (*) 35'000, gest. 19'000. Wir sehen also, dass sich die gestempelte Marke stärker im Wert entwickelte als die teurere ungebrauchte Marke. Die 4 Centimes-Marke ist ungebraucht extrem selten, ich finde aber im Moment nirgends Vermerke, wie wenig es von dieser Marke heute noch gibt. Ivan Bally besass ZWEI davon, in anderen Weltklasse-Sammlungen sucht man sie vergebens (z.B. "Helveticus" (1991/1992)).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.07.2017 17:17:26 Gelesen: 583101# 197 @  
@ Richard [#546]
@ BD [#2]

Dieses schöne Thema nähert sich dem 200. Beitrag; das ist eine Gelegenheit für eine Standortbestimmung. Richard hat es 2009 lanciert, es kam aber erst ab April 2015 langsam "in die Gänge" (ab Beitrag [#17]). Wertvoll scheint mir der frühe Beitrag von Bernd mit der Liste Schubert 1913. Spätestens ab Beitrag 124 verwende ich dieses Studie als "roten Faden" (oder Startpunkt) durch das Thema, wie erläutert in Beitrag [#191].

Die Liste Schubert 1913 ist bei Weitem nicht komplett, aber natürlich gibt sie uns ein gutes "Grundlagen-Wissen", welche Marken denn vor 100 Jahren zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt zählten. Ich möchte also die Marken dieser Liste in Wort & Bild vorstellen, nicht alle, aber doch noch einige. Im Moment haben wir die Positionen 1-17 behandelt und haben nun die Plätze 18-22 eröffnet (siehe Beitrag 196).



Ich werde, nachdem wir unser Grundlagen-Wissen etwas gefestigt haben, dann Ergänzungen zur Liste Schubert anbringen und die Liste Schubert vergleichen mit anderen Listen/Studien, z.B. Haas 1905 oder Life 1954. Wir haben also noch einen langen Weg vor uns, aber schliesslich haben wir auch ein grosses Ziel vor Augen: Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt kennen zu lernen! - Eigentlich benötigten wir dazu mindestens ein Vierjahres-Vollzeit-Studium, aber wir können ja auch kleinere Brötchen backen. Weitere Ziele habe ich in Beitrag [#191] aufgelistet.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.08.2017 22:49:31 Gelesen: 582490# 198 @  
Guten Abend,

wenn wir fragen, aus welchen Ländern denn vorwiegend die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt kommen, so können wir festhalten:

Gemäss Studie Schubert (Beitrag [#2]) bzw. Senf Katalog 1912 schafften es 9 Länder mit 4 oder noch mehr Marken unter die 101 am höchsten bewerteten Briefmarken:

12 Marken: USA
8 Marken: Confederate States of America
... und Grossbritannien
6 Marken: Rumänien
5 Marken: Mauritius
... Britisch Guiana
... Schweiz
... und Ceylon
4 Marken: Afghanistan

Wir wissen, dass einige wichtige (teure) Marken auf dieser Liste fehlen, trotzdem ist die Tabelle natürlich sehr aufschlussreich.

Die Spitzenstellung von British Guyana wurde an den Ferrary-Auktionen dann auch voll bestätigt mit einigen sehr hohen Preisen!

Auf der Liste Schubert erreichten zwei weitere Marken von British Guyana den 18. Platz: (2.500 Mark 1912+1913):

1850 Ausgabe, 4 Cents, Senf Nr. 2, "strohgelb"
1856 Ausgabe, 4 Cents, Senf Nr. 11, "schwarz auf dunkelblau"

Michel bewertete diese Marken 2010 wie folgt:

1850 Ausgabe, 4 Cents, Michel Nr. 2a, "zitronengelb" * = Euro 70'000
.... oder Michel Nr. 2c "mattgelb" * = Euro 85'000
1856 Ausgabe, 4 Cents, Michel Nr. 11a, "schwarz auf blau", gest. = Euro 70'000
.... oder Michel Nr. 11b, "schwarz auf dunkelblau", gest. = Euro 95'000

Im XX. Jahrhundert gab es eine Reihe grosser British Guyana-Sammlungen:

1909 Mirabaud, 1922 ff Ferrary, 1932 Manus, 1934 Hind, 1942 Webster, 1944 Yardley, 1957 Caspary, 1961 Cheung, 1963 Burrus, 1969 Boyd Dale Lichtenstein, 1969 Townsend, 1970 Small, 1975 Auktion Robson Lowe Geneva, 1980 Auktion Siegel.

Danach gewann John E. Du Pont 1986 mit seiner märchenhaften Sammlung an der Ameripex 1986 in Chicago den Grand Prix International.

Danach kehrte mehr oder weniger "Ruhe" ein, bis - 28 Jahre später! - David Feldman eben diese legendäre Sammlung Du Pont verkaufen durfte. Das war ein Aufsehen-erregender Verkauf.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.08.2017 23:35:50 Gelesen: 582479# 199 @  
@ Heinz 7 [#198]

Die Auktion "Du Pont British Guyana" beinhaltete fast alles, was das Herz begehrt:

Los 60000: 1850, 2 Cents, black on pale rose, gestempelt: Estimate Euro 100'000
Los 60003: 1850, 4 Cents, black on lemon-yellow, auf Brief: Estimate 20'000
Los 60029: 1850-51, 4 Cents, black on pale yellow, viereckig, gestempelt: Estimate 30'000
Los 60030: 1850-51, 4 Cents, black on pale yellow, auf Brief: Estimate 120'000
Los 60085: 1856, 4 Cents, black on dark blue, gestempelt, achteckig: Estimate 40'000
Los 60086: 1856, 4 Cents, black on blue, gestempelt, viereckig: Estimate 40'000
Los 60087: 1856, 4 Cents, black on blue, gestempelt, achteckig: Estimate 20'000
Los 60088: 1856, 4 Cents, black on blue, gestempelt, achteckig: Estimate 10'000
Los 60089: 1856, 4 Cents, black on blue, auf Brief, achteckig: Estimate 150'000



Hier Los 60089, welches den höchsten Preis erzielte.

Diese Schätzpreise wurden meist weit übertroffen:
Los 60000: 1850, Estimate Euro 100'000 - Zuschlag Euro 190'000 + 20 % = Euro 228'000
Los 60003: 1850, Estimate Euro 20'000 - Zuschlag 55'000 + 20 % = Euro 66'000
Los 60029: 1850-51, Estimate Euro 30'000 - Zuschlag 90'000 + 20 % = Euro 108'000
Los 60030: 1850-51, Estimate Euro 120'000 - Zuschlag 80'000 + 20 % = Euro 96'000
Los 60085: 1856, Estimate Euro 40'000 - Zuschlag 80'000 + 20 % = Euro 96'000
Los 60086: 1856, Estimate Euro 40'000 - Zuschlag 170'000 + 20 % = Euro 204'000
Los 60087: 1856, Estimate Euro 20'000 - Zuschlag 150'000 + 20 % = Euro 180'000
Los 60088: 1856, Estimate Euro 10'000 - Zuschlag 80'000 + 20 % = Euro 96'000
Los 60089: 1856, Estimate Euro 150'000 - Zuschlag 240'000 + 20 % = Euro 288'000

Du Pont hatte also offenbar gar keine ungebrauchte Michel Nr. 2, aber die Resultate waren beeindruckend. Ich weiss nicht, ob Michel danach die Preisnotierungen im Katalog erhöhte!

British Guyana war also international wieder sehr gefragt, auch 2014, 101 Jahre nach der Studie Schubert. Das Beste verliert eben selten seinen Wert!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.08.2017 14:35:41 Gelesen: 582393# 200 @  
Beitrag [#199]

Es ist sicherlich gerechtfertigt, diesen Verkauf "Du Pont British Guyana, David Feldman 2014" etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Der Verkauf brachte ein sensationelles Ergebnis. Die 131 Lose wurden zu Euro 5'401'150 verkauft, das heisst also im Durchschnitt kostete jedes Los Euro 41'230 + 20 % Zuschlag! Dazu wissen wir, dass die teuerste Marke, die einmalige British Guyana, 1 Cent, gleichzeitig bei Sotheby's New York für ca. US$ 9 Millionen verkauft wurde, so ergibt sich in der Summe, für die ganze Sammlung, ein Wert von ca. 14 Millionen Euro. - Es gibt nicht viele Sammlungen, die so teuer sind oder je so teuer waren.

Man muss sich das einmal vorstellen: Nicht weniger als 13 Lose erreichten Euro 100'000 oder mehr, gar 36 Lose erreichten oder übertrafen die Marke von Euro 50'000! Die drei höchsten Zuschlage habe ich in Beitrag 199 erwähnt: Los 60089 und Los 60000 und Los 60086.

Das Auktionshaus war äusserst "bescheiden" in die Auktion gegangen: Der untere Schätzpreis für die 131 Lose war "nur" etwas mehr als eine Million Euro. Dass danach ein "Feuerwerk" an Bieterschlachten abbrannte, darüber gibt es viele Zeugen. Es ist allerdings eine gut bekannte "Masche", einige Lose eindeutig zu tief anzusetzen. Diverse Startpreise auch an dieser Auktion sind daher nicht wirklich ernst zu nehmen, sie wurden viel zu tief angesetzt! Andere Lose, die realistisch angesetzt sind, profitieren dann oft von dem "Auktionsrausch", wenn "das Feuer" dann erst einmal die Auktionsteilnehmer entzündet hat.

Die Einschätzung des wahren Wertes gelingt nur den wahren Kennern der Materie.

Anbei noch zwei besonders schöne Lose aus der Auktion.



Es sind dies die Lose 60004 + 60005, Michel Nummern 3; Erstausgabe 1850, 8 Cents, gestempelt. Die Marken hatten einen Katalogwert (damals) von GB£ 11'000, ausgerufen waren sie mit Euro 4'000 bzw. Euro 3'000. Die Zuschläge waren dann schwindelerregende Euro 70'000 bzw. Euro 80'000. Dabei sind die Marken gestempelt! Die ungestempelten sind noch deutlich höher bewertet, aber Du Pont hatte offenbar keine. Bei Schubert ist diese Marke (Senf Nr. 3) bewertet mit Mark 2'000, was zum 24. Platz reichte. Allerdings gilt dieser Preis (bei Schubert) für die ungestempelte Marke!

Die zwei Lose waren 2014 also bestimmt teuer! Aber dem Zauber von seltenen Erstausgaben erliegen viele Sammler.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.08.2017 11:02:07 Gelesen: 582258# 201 @  
@ Heinz 7 [#197]

Von den Briefmarken, die im Senf 1912/1913 mit 2500 Mark bewertet wurden, fehlen uns nur noch zwei, die wir noch nicht vorgestellt haben. Wobei wir die USA, Senf Nr. 40 I. in einem anderen Thema ausführlich besprochen haben, siehe "Kopfstehende Marken", Beitrag 22 von "Merkuria"

http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=8987#newmsg

Hier noch ein Bild des Exemplares aus der Sammung Ishikawa



Seine grossartige Sammlung wurde 1993 bei Christie's verkauft und wie sehen hier dieselbe Angabe, wie sie Jacques schon machte: von der ungestempelten Marke sind nur 7 Stück registriert.

Im Michel Raritäten Katalog 2010 ist die Marke nicht gelistet (weil Abart), es müsste aber wohl die Michel 34 K sein. Im Scott trägt sie die Nummer 121 b und hatte einen Katalogwert von US$ 210'000 (ungestempelt, gest. US$ 65'000; Scott-Katalog 2000).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.08.2017 17:30:48 Gelesen: 582069# 202 @  
@ BD [#2]

1912 notierte Senf (wie 1913):

"Mauritius; 1859. Kopf der Königin mit grossem Stirnreif; rechts MAURITIUS von unten nach oben (12 Typen)"

... und bewertete sie wie folgt für ungebraucht / gestempelt: Mark 2500.- bzw. 500.-

Damit schaffte diese Briefmarke den Sprung unter die ersten 20 bei der Liste Schubert (18., zusammen mit 4 anderen Marken). Diese Marke ist ungebraucht extrem selten. Sie ist relativ primitiv in der Herstellung (es ist die nachgestochene Platte der Senf/Michel Nr. 4; sogenannte Sherwin-Platte).

Bei Michel wird die Marke hoch bewertet ungebraucht, gestempelt aber nicht sehr (2010):

Euro 120'000 bzw. 5'500. Es ist die Michel Nummer 6. Bei Stanley Gibbons trägt sie die Nummer 40! (Hinweis: So detailliert erfasste Stanley Gibbons die (Michel) Nrn. 3 und 4: die ersten "POST PAID"-Ausgaben von 1848 erhielten bei SG die Nrn. 3-35!)

Von der Sherwin-Marke gibt es ungestemeplt nur 5 Einheiten: ein Paar und vier Einzelstücke. Das meines Wissens schönste Stück kam 1993 zur Auktion, bei der einmaligen Kanai-Sammlungs-Auflösung.



Diese Marke erzielte an der Auktion CHF 130'000 + 15 % = CHF 149'500; der Katalogpreis von Euro 120'000 vermutlich (auch) an diesem Ergebnis ausgerichtet. Der Startpreis war CHF 100'000 (Los 202).

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.08.2017 00:29:32 Gelesen: 581523# 203 @  
@ BD [#2]
@ Heinz 7 [#197]

Ich freue mich, dass wir die ersten 22 Positionen der Liste Schubert "abgearbeitet" haben. Auf Platz 23 folgt eine Marke, welche den deutschen Lesern bekannt sein dürfte; der berühmte Sachsen-Fehldruck!

Von der Sachsen-Ausgabe 1851 König Friedrich August II., 1/2 Neugroschen, gibt es einen Fehldruck in der Farbe "schwarz auf hellblau" (statt: "schwarz auf grau"). Vermutlich wurden 60 Stück von diesem Fehldruck hergestellt; der Bogen soll dann in sechs Zehnerblocks aufgeteilt worden sein.

Gestempelt/gebraucht gibt es diese Marke nicht (echt), und ungestempelt wurde sie früh sehr hoch bewertet (Senf 1912+1913: Mark 2'200). Damit schaffte es die Marke auf Platz 23 bei Schubert. Es ist dies die dritte Abart auf dieser Liste nach dem Baden-Farbfehldruck (10. mit Mk. 3000) und dem Stück USA mit dem kopfstehenden Mittelstück (18. mit Mk. 2500) (siehe Beitrag 201).

Wie hoch der Katalogwert der Sachsen 3 F im Michel 2010 ist, weiss ich nicht, weil die Marke im Raritätenkatalog der Welt nicht aufgeführt ist (da Abart). Im Scott 2000 war die Marke mit US$ 18'000 katalogisiert. Damit hat sich die Marke seit 1912 weniger stark entwickelt als andere Marken.

Das absolute Highlight dieser Marke ist natürlich der einzige noch existierende Teilbogen à 10 Stück.



Er wurde an der 7. Boker-Auktion im März 1988 in Wiesbaden angeboten und ausgerufen mit stolzen DM 500'000 (Los 372). Der Zuschlag erfolgte bei DM 505'000 + 15 % Zuschlag. Damit gehört diese Einheit natürlich zu den teuersten Einheiten der deutschen Philatelie.

Es gibt noch weitere sehr teure grössere Einheiten bei Altdeutschland. Als Einzelmarke schaffte es der Sachsen-Fehldruck aber heute nicht mehr unter die allerteuersten weltweit. Da haben ihr andere Raritäten den Rang abgelaufen...

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.08.2017 22:55:18 Gelesen: 581360# 204 @  
@ Heinz 7 [#203]

Als Ergänzung zum Beitrag [#203]: Der Sachsen Fehldruck Michel 3 F * hat einen Katalogwert von Euro 20'000 (Michel 2017), so wurde mir mitgeteilt (danke!).

Der Sachsen Fehldruck Mi 3 F ist bei Senf 1912 als dritthöchste Abart bewertet. Haas machte 1905 eine eigene, sehr wertvolle Zusammenstellung "Die hundert seltensten Marken nach ihrem Seltenheitsgrade geordnet". In dieser Hauptliste wurden weder Lokalmarken, noch Abarten aufgenommen.

Auf Seite 480/481/482 schloss Haas dann aber eine Ergänzungsliste an, in der die Fehldrucke ebenfalls, separat aufgelistet wurden! Wir finden dabei:

3. Baden, I. Ausgabe, 9 Kr. grün (statt rosa) (siehe Beitrag 152 und 59)
6. Sachsen 1851, 1/2 Ngr. blau (statt grau)
7. Vereinigte Staaten 1869, 30 C. mit verkehrtem Mittelstück (siehe Beitrag 170)
8. Kap der guten Hoffnung 1861, 1 P, blau, sog. Holzschnitt (siehe Beitrag 201)
10. Vereinigte Staaten 1869, 24 C. mit verkehrtem Mittelstück (siehe Beitrag 170)

(Die Plätze 1-2-4-5-9 werde ich später noch besprechen).

Ich habe schon erwähnt, dass sich der Sachsen Fehldruck wertmässig seit 1912 in den rund 100 Jahren seither nur relativ schwach entwickelt hat. Diese Marke galt also anfangs des XX. Jahrhundert deutlich mehr als anfangs des XXI. Jahrhundert.

Ich habe im Auktionskatalog von Köhler 1988 gelesen, dass der Zehnerblock erstmals 1923 in die grosse Aufmerksamkeit der Philatelisten rückte, anlässlich der 6. Ferrary-Auktion. Als Los 553 wurde damals genau dieser Zehnerblock angeboten, und teuer verkauft! 41'000 Franz. Francs + 17.5 % bezahlte der Käufer; es war der grosse Sammler Arthur Hind!

Dieses Los 553 brachte immerhin das 38. höchste Resultat aller Einzellose aller Ferrary-Auktionen ein. Wird das damalige Ergebnis (1923) in Schweizer Franken umgerechnet (= CHF 18'018/?*) und mit 3% hochgerechnet, so errechnen wir einen "Wert" von CHF 122'500* per Ende 1987 (64 Jahre später). Das Ergebnis der Boker-Auktion 1988 (Zuschlag-Preis: DM 505'000) war dann also deutlich höher.

Der Sachsen-Zehnerblock ist also zweifellos ein Stück "für die Gallerie"; es gibt nicht viele Einheiten, die jemals höher bewertet wurden.

* Diese Werte möchte ich noch verifizieren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.08.2017 18:33:01 Gelesen: 580333# 205 @  
@ Heinz 7 [#198]

Ich würde Euch ja liebend gerne eine British Guiana (Michel Nr. 2) ungebraucht zeigen. Es ist aber so, dass ich bis jetzt noch keine gefunden habe!

Wir haben gesehen, die Briefmarke ist gestempelt nicht so hoch bewertet (2a Euro 8500, 2b Euro 7500, 2 c Euro 9500), aber ungestempelt sehr hoch (70'000 - 46'000 - 85'000 Euro für die drei Varianten schwarz auf zitronengelb, auf orange und auf mattgelb/sehr dünnes, hartes Papier).

Wir dürfen also annehmen, dass alle drei Marken ungebraucht existieren. Aber die Sammlung Du Pont hatte offenbar keine (siehe David Feldman-Auktion 2014). Und die Sammlung Burrus auch nicht! (Robson Lowe November 1963).

Nun gibt es ja viele weitere British Guiana-Sammlungen (ich kenne etwa 2 Dutzend davon), aber ich hatte noch nicht die Möglichkeit, meine vielen Auktionskataloge danach zu durchforsten.

Übrigens hat Stanley Gibbons diese Marken anders nummeriert:

Michel 2 b = Stanley Gibbons 2 (orange)
Michel 2 a = S.G. 3 (lemon-yellow)
Michel 2 c = S.G. 8 (pale yellow on pelure paper) (1851)

Robson Lowe hat im Auktionskatalog "Burrus" vier Drucke unterschieden:

first printing = thin frame, type A1 only, Smooth surfaced paper
second printing = thick frame, types A2 and B, Smooth surfaced paper
third printing = thick frame, types A2 and B, Thin pelure paper
fourth printing = thick frame, types A2 and B, Stout rough surfaced paper.

Burrus hatte 22 "Cottonreels"-Ausgaben aller 4 Druckstufen, aber keine ungebrauchte 4 Cents.
Die königliche Sammlung (England) hat(te) 14 "Cottonreels"-Ausgaben, (darunter alle 3 Varianten der 4 Cents), aber keine ungebrauchte 4 Cents
Yardley hatte (nur) 3 "Cottonreels"-Ausgaben, aber keine ungebrauchte 4 Cents*. - u.s.w.

*(Yardley besass aber eine VIERECKIGE 4 Cents-Marke, die 1944 dann in die königliche Sammlung überging!)

Mit einer schönen gestempelten Marke möchte ich aber heute abschliessen



Es ist Los 60001 der DuPont-Auktion. Sie hat die "Kleinigkeit" von Euro 42'000 gekostet (plus Aufgeld, vermutlich +20%). Das ist bei einem Katalogwert von weniger als Euro 10'000 (2010) nicht wenig. Der Startpreis war also unnötig tief (Euro 5'000), aber wenn wir die Katalogpreise betrachten, auch nicht völlig falsch.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.08.2017 22:59:08 Gelesen: 580276# 206 @  
Nachtrag zu [#198]

Ich habe erwähnt, dass Grossbritannien bei Schubert mit 8 Marken unter den ersten 101 sehr prominent vertreten war. Die Dienstmarke 1885, Senf Nr. 47, I.R.OFFICIAL, 1 Pound braunviolett, notierte bei Senf 1913 mit sehr hohen Euro 2000 (ungebraucht) bzw. 1600 (gestempelt). Mit diesem Wert (2000) erreichte diese Marke Platz 24 (zusammen mit 5 anderen Marken).



Im Michel Katalog (2010) finden wir die Marke schnell, sie hat dieselbe Nummer wie Senf 97 Jahre früher: Mi D 47. Ihr Katalogwert ist (2010) Euro 30'000 bzw. 16'000. Diese Marke hat sich also über die letzten 100 Jahre nicht sehr stark entwickelt. Bei einer Wert-Entwicklung von 3% pro Jahr (nominal) ist eine Marke von 1000 hundert Jahre später 19'219 wert.

Ich habe noch nicht untersucht, ob 1913 2000 Mark oder 2010 30'000 Euro mehr wert waren, bei einer Wertentwicklung von 3 Prozent pro Jahr, aber im Vergleich zu anderen Marken hat sich diese Dienstmarke nicht überdurchschnittlich entwickelt.

Die gezeigte Marke wurde im Jahr 2005 aber deutlich teurer verkauft! Bei Spink London erreichte sie am 9.3.2005 ein Ergebnis von GB£ 26'000 plus 15 % Zuschlag! Das entsprach damals ca. Euro 43'760 (gemäss Umrechnung im Buch Bolaffi). Euro 43'760 ist immerhin fast 46 % über dem Katalogwert!

Diese Marke wäre vielleicht neu zu bewerten im Michel-Katalog? Oder vielleicht war das Ergebnis bei Spink 2005 ein "Ausreisser nach oben"? - Vielleicht können wir das noch etwas studieren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.08.2017 16:58:19 Gelesen: 580148# 207 @  
Nachtrag zu [#205]

Ich stütze mich auf die Publikation "Statistisches Monatsheft" und "Historische Zeitreihen" der Schweizerischen Nationalbank vom November 2007, wenn ich Fremde Währungen umrechne oder Geldentwertungen berechne.

Es ist ein äusserst schwieriges Unterfangen, ein Resultat z.B. der Auktionen von Ferrary 1921-1925 mit demjenigen späterer Verkäufe (z.B. Burrus 1962-1967 oder Boker Altdeutschland 1985-2000) zu vergleichen. Währungen und Zinsen (real und nominal) haben sich in den verschiedenen Gebieten völlig anders entwickelt. Es spielt eine grosse Rolle, WELCHEN Ansatz man wählt, in welcher Währung man rechnet, u.s.w.

Die Methode: "Umrechnung des Ergebnisses in Schweizer Franken und jährliche Verzinsung des Wertes" liegt mir als Schweizer Bürger natürlich nahe und eignet sich meines Erachtens auch gut, weil die Schweiz doch ein wirtschaftlich stabiles Land war und ist. Seit 1900 gab es in der Schweiz keine Hyperinflationen und die Währung war stabil.

Ich habe die Werte für GB£ und US$ seit Januar 1914 und alle möglichen Zinssätze für die Schweiz seit 1900. So kann ich Werte des XX. Jahrhunderts umrechnen in CHF und danach verzinse ich sie; so gelange ich zu Vergleichswerten.

Das XXI. Jahrhundert ist ökonomisch eine "völlig andere Welt", verglichen mit den vielen Jahrzehnten davor. Negativ-Zinsen auf breiter Front ist etwas, mit dem sich die Ökonomen erst gründlich auseinandersetzen müssen. Es scheint mir aber angezeigt, heute mit anderen Ansätzen (weiter) zu rechnen, als die hundert Jahre zuvor. Das macht die Sache nicht einfacher.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.08.2017 18:06:13 Gelesen: 580127# 208 @  
@ BD [#2]

Auf unserem Weg, die ersten 30 der Liste Schubert vorzustellen, kommen wir zum zweiten Mal auf eine Briefmarke aus der Schweiz zu sprechen. Nachdem wir, vielleicht eher überraschend, die "Waadt 4" auf dem höchsten Platz 1913 vorgefunden haben, darf ich heute eine wohlbekannte Briefmarke vorstellen: die berühmte Doppelgenf!



Hier sehen wir gleich drei Exemplare: eine ungebrauchte (aus der oberen rechten Bogenecke!), eine gestempelte und eine verkehrt geschnittene!

Die Doppelgenf konnte ja für zwei Zwecke eingesetzt werden: Nahbereich: 5 Centimes; dazu genügte eine halbe Doppelgenf; Fernbereich: 10 Centimes = eine ganze Marke. Die Marke war natürlich noch ungezähnt. Nun kam es einige Male vor, dass der Postbeamte (oder der Absender) eine Doppelgenf falsch schnitt: anstatt links/rechts (mit intakter Inschrift oben) wurde rechts/links (mit zerschnittener Inschrift oben) abgegeben und auch verwendet. Diese sogenannten "inverti" sind sehr selten; es gibt nur eine Handvoll davon, allerdings auch zwei senkrecht zusammenhängende halbe Doppelgenf, u.s.w. - auch das gibt es.

Nun ist es meines Erachtens ein Fehler, die "Inverti" als eigene Marke aufzuführen, wie Schubert 1913 es tat. Die Inverti ist streng genommen ein Einheit von zwei (zusammenhängenden) Marken: Michel 1 HR + Michel 1 HL zusammenhängend. Sie gehört daher nicht auf die Liste der seltensten EINZEL-Marken! Sonst müssten wir auch andere Paare mit berücksichtigen, zum Beispiel Paare mit einer Marke kopfstehend, sogenannte "tête-bêche"-Paare. Davon gibt es mehrere sehr teure! Doch davon später.

Betrachten wir die Notierungen in Senf 1913:

Genf Senf 1. 5+5 C. gelbgrün, Doppelmarke: 1600.- (*) bzw. 650.- (gest.) Mark
Genf Senf 1I. 5+5 C. verkehrt: 2000.- (*) bzw. 700.- (gest.)
Genf Senf 2. 5 C. gelbgrün (halbierte Nr. 1): 200.- (*) bzw. 110.- (gest.)

Damit erreichte die Doppelgenf bei Schubert den Platz 24 (1I.) und 31. (1.).

2010 wurden diese Marken wie folgt gelistet (Michel 2010, Raritäten):

Genf Michel 1: Euro 65'000 (*) bzw. 40'000 (gest.)
Genf Michel 1 HL/1 HR: Euro 20'000 (*) bzw. 8'000 (gest.)

Die "Inverti" ist im Michel Raritäten-Katalog erwähnt, aber nicht bewertet.

Der Blick in den Händler-Katalog der Schweiz (SBK) zeigt folgendes Bild:

Nr. 3: CHF 100'000 (*) bzw. 55'000 (gest.)
Nr. 4L/4R: CHF 32'000 (*) bzw. 10'000 (gest.)
Nr. 3/vw: verkehrt geschnitten, waagrecht: 100'000 (gest.)
Nr. 3/vs: verkehrt geschnitten, senkrecht: 225'000 (gest.)

Ungebraucht werden diese 2 Spezialitäten nicht gelistet, obwohl sie theoretisch aus Paaren oder grösseren Einheiten fabriziert werden können.

Die obigen 3 Lose stammen übrigens aus der Auktion vom 8.12.1989, als Harmers of New York in Zürich die Sammlungen von Louise Boyd Dale und Alfred F. Lichtenstein verkaufen konnte (in Zusammenarbeit mit Harmers Auctions S.A., Lugano).

Die drei Lose erzielten gute Resultate:

Los 15: CHF 60'000 + 15 % = CHF 69'000
Los 16: CHF 34'000 + 15 % = CHF 39'100
Los 17: CHF 80'000 + 15 % = CHF 92'000

Diese Resultate liegen jetzt aber auch schon wieder fast 28 Jahre zurück. Aber so schöne Exemplare wie hier, sieht man nur sehr selten.

Heinz
 
StefanM Am: 14.08.2017 08:28:08 Gelesen: 580037# 209 @  
Hallo Heinz,

ich möchte nur einmal zum Ausdruck bringen, wie sehr ich deine Beiträge hier schätze. Ein großes Dankeschön dafür.

Die Analyse und Betrachtung des Marktes von Raritäten hat zwar für die meisten eher einen akademischen Wert, doch eröffnet deine Herangehensweise Perspektiven, die ich zuvor noch nie bedacht habe und die auch die Beschäftigung mit philatelistischer Materie außerhalb meiner Reichweite sehr interessant macht.

Gruß
Stefan
 
bayern klassisch Am: 14.08.2017 09:02:50 Gelesen: 580027# 210 @  
+ 1 !
 
Richard Am: 14.08.2017 09:33:09 Gelesen: 580014# 211 @  
@ Heinz 7 [#206]

Im Michel Europa Katalog (2010) finden wir die Marke schnell, sie hat dieselbe Nummer wie Senf 97 Jahre früher: Mi D 47. Ihr Katalogwert ist (2010) Euro 30'000 bzw. 16'000

Hallo Heinz,

im Michel Europa 1016 ist der aktuelle Katalogwert mit Euro 60.000 für * und Euro 25.000 für o angegeben.

Schöne Grüsse, Richard
 
Heinz 7 Am: 14.08.2017 12:53:28 Gelesen: 579975# 212 @  
@ StefanM [#209]
@ bayern klassisch [#210] und [#25]
@ Richard [#211]

Lieber Stefan,
lieber Ralph,

vielen Dank für die anerkennenden Worte.

Es hat mich selber fasziniert, wie aufschlussreich solche Studien sind. Ich habe solche vor vielen Jahren schon einmal durchgeführt; sie haben mir wesentlich geholfen, als ich ein neues Sammelgebiet suchte und mich aufgrund der Erkenntnisse meiner Studien auf "Rumänien" festlegte. Rumänien war zum Zeitpunkt, als ich meine neue Sammlung anfing, sehr attraktiv; als Land top, 1A, mit vielen hochwertigen Raritäten, im aktuellen Preisgefüge (damals) aber stark unterbewertet!

In den letzten 25-30 Jahren hat sich dann Rumänien preislich stark entwickelt. Ich konnte vor vielen Jahren einige "Raketen" kaufen, die ich mir heute nicht mehr leisten könnte. Ich habe Weltklasse-Stücke bekommen zu relativ sehr günstigen Preisen. So konnte ich eine Weltklasse-Sammlung aufbauen, mit Mitteln, die mir bei anderen Top-Gebieten "nirgendwohin" gereicht hätten.

Das ist mein ganz konkreter Nutzen meiner Studien. Ich habe dabei aber sicherlich auch Glück gehabt. Andere Gebiete haben eher "geflopt" und sich eher negativ entwickelt. Zudem ist mein konkreter Nutzen aber auch nur theoretisch, denn ich will meine Stücke ja nicht verkaufen, sonst habe ich keine schöne Sammlung mehr.

Als zentrale Erkenntnisse meiner Studien möchte ich aber sagen:

a) gute Briefmarken hatten immer schon einen beachtlichen Wert! (Ausnahme: früher nicht erkannte Raritäten). Ich spreche hier für die Zeit ab 1900 bis heute. Zahlen des XIX. Jahrhunderts sind zwar auch interessant, aber es wird dann sehr kompliziert und mit vielen "wenn und aber". Ausserdem waren die Philatelisten damals noch stark auf der Suche und wussten vieles noch nicht.
b) gute Briefmarken waren in ihrem Wert SEHR OFT erstaunlich stabil! Unglaublich stabil sogar, vielleicht mehr als alles andere auf der Welt! Selbst Gold schwankte in den letzten 120 Jahren im Wert oft stärker als ausgewählte Briefmarken! Das gibt natürlich Vertrauen in die kleinen Papierchen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.08.2017 15:32:22 Gelesen: 579931# 213 @  
@ Richard [#211]

Lieber Richard,

ich realisiere erst jetzt, dass Du mir den Wert der Great Britain, I.R. Official (Michel D 47) geliefert hast.

Ich sehe mit Erstaunen, dass Michel den Preis offenbar stark erhöht hat!

2016 = 200 % von Michel 2010 *
2016 = 156 % von Michel 2010 gest.

Solche Preiserhöhungen sind ungewöhnlich, doch nehme ich an, dass der neue Preis gut abgestimmt (begründet) ist.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.08.2017 21:13:25 Gelesen: 579881# 214 @  
Nachtrag zu Beitrag [#207]

Wenn ich heute die beiliegenden hübschen "Münzkarten" zeige, dann bedeutet dies nicht, dass ich nun auch zu den Numismatikern gewechselt habe (wie so mancher Briefmarkenauktionator!) sondern ich zeige diese Karte, um auf die Währungssituation anfangs des XX. Jahrhunderts hinzuweisen. Vielen Lesern dürfte dies kaum bekannt sein.



Die Karte wurde meines Wissens ca. 1905 produziert und zeigt uns Interessantes:

20 Schweizer Franken hatten den Wert von 16 Mark und 20 Pfennig
20 Schweizer Franken hatten aber auch den Wert von 20 Französischen Francs oder 20 Italienischen Lire!
20 Schweizer Franken hatten den Wert von 7 Rubel 50 Kopeken

Dazu muss man wissen, dass 1865 einige Länder der sogenannten "Lateinischen Münzunion" gründeten: Frankreich, Belgien, Italien und die Schweiz gründeten die "L.M.", der sich 1868 auch Griechenland anschloss. Die Währung war an Silber und Gold gebunden. Sie wurden zum frei umlaufenden und allgemein akzeptierten Zahlungsmittel innerhalb der Staaten der Union.

Das Deutsche Reich übernahm 1871 den Goldstandard. Silbermünzen wurden zuhauf liquidiert, aber das Gold wurde knapp. So verschoben sich die früher festgelegten Wertverhältnisse (ursprünglich galt ein Gold-Silber-Verhältnis von 1:15,5). Auch die Länder der L.M. stellten darum ab 1880 die Prägung von Silbermünzen ein. So galt auch für die L.M. faktisch nur noch das Gold als Wert-Vergleichs-Masstab. Aber bis zum 1. Weltkrieg bestand die L.M. fort, und erst 1920 kam es zu Auflösungserscheinungen. Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges kam auch der sogenannte Goldstandard schwer unter Druck.

Noch 1910 galt für Standardgoldmünzen folgende Umrechnungen(siehe: Liste der Wechselkurse (Goldstandard), gemäss Wikipedia):

Schweiz: 1 Franken = 0.81 Gold-Mark
Frankreich: 1 Franc = 0.81 Gold-Mark
Griechenland: 1 Neudrachme = 0.81 Gold-Mark
Belgien: 1 Franc = 0.81 Gold-Mark
Italien: 1 Lira = 0.81 Gold-Mark

Es stimmt also alles!

Besonders interessant für mich ist natürlich, dass auch Rumänien in diesem festen Verbund seinen Platz hatte. Das zeigt nicht zuletzt die oben gezeigte Münzenkarte Rumänien! Die Standardgoldmünze für Rumänien 1910 war der "Carlo d'or" = 20 Lei. Sein Wert wurde mit 16.20 Mark angegeben, also genau dieselbe Relation 1 = 0.81.

NACH dem Jahre 1920 wird alles komplizierter. Doch davon später.

Heinz
 
10Parale Am: 14.08.2017 22:35:19 Gelesen: 579854# 215 @  
@ Heinz 7 [#208]

Ich wohne ja nur einen Katzensprung oder eine S-Bahn-Fahrt entfernt von der währungsstabilen Schweiz und lese deine Beiträge hier mit großer Begeisterung. Wahrlich, ich verstehe nicht alles und grüble im Moment noch sehr über die Rolle der Zinsen bei der Umrechnung von Auktionsergebnissen früherer Zeiten in vergleichbare Werte von heute.

Zu deinem Beitrag über die berühmte Doppelgenf der Schweiz zeige ich noch einen 20-er Block aus dem Bogen mit dieser schönen Gebrauchsanweisung in französischer Sprache. Er befindet sich wohl in Privatbesitz. Der einzig noch erhaltene Bogen dieser wunderschönen Marke soll sich im Postmuseum in Genf befinden.

Wie ich nachlesen konnte, ist dieser Bogenabschnitt zuletzt 1929 gehandelt worden und dann im Privatbesitz verschwunden. Einer der Vorbesitzer war der nicht weniger berühmte Sammler Henry J. Duveen (1856-1919).

Ich freue mich über weitere spannende Berichte und Analysen, super.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 15.08.2017 00:06:45 Gelesen: 579834# 216 @  
@ 10Parale [#215]
@ BD [#132]

Lieber 10 Parale,

Du zeigst uns hier ein Superstück der Schweizer Philatelie, ganz klar. Grosse Blockstücke von Kantonalmarken sind grosse Seltenheiten. Ich werde das Stück irgendwann gerne einmal besprechen, ich kenne es.

Wenn wir nach der Liste Schubert vorgehen, so finden wir diese Marke aber nicht auf seiner Liste. Mit einem Katalogwert von nur 90 Mark (ungestempelt) erreichte die Senf Nr. 5 die Mindestlimite von 100 Mark knapp nicht, um auf die Liste aufgenommen zu werden.

Bernd zeigte uns, dass gemäss Studie Schubert 1049 Marken fand, die im Senf mit Mark 100 oder höher bewertet wurden. Unsere schöne Genfer Marke schafft es also nicht einmal unter die "Top 1000"! - Aber im grossen Bogenteil ist sie dennoch sehr teuer.

Ich werde dies auch an anderen Beispielen zeigen können.

Doch vorerst möchte ich Euch zumindest die Top 30 der Liste Schubert fertig vorstellen.

Aber nicht mehr heute.

Zu Deiner Frage betreffend Zinsen: Ich möchte Auktionsergebnisse und Katalogpreise aus ganz verschiedenen Jahren miteinander vergleichen. Im Zeitverlauf gibt es aber eine Geldentwertung (wenigstens galt dies für die Jahre 1900-2010). Ein Schweizer Franken 1960 hat klar mehr Wert als ein Schweizer Franken 2000. Um einen Vergleich anzustellen, können (auch) Zinssätze als Aufrechnung in Betracht gezogen werden. Wie würdest Du vorgehen?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.08.2017 22:42:03 Gelesen: 579665# 217 @  
Nachtrag zu [#196]

1913 war die "Waadt 4" 2500 Mark wert. 2500 Mark entsprachen 1913 CHF 3'086 (vgl. Beitrag 214). Rechnen wir den Wert 1913 in den Wert Ende XX. Jahrhundert um (Ende 1999) oder nehmen wir das Jahr 2010, so müssen wir den Wert irgendwie vergleichbar machen.

Nehmen wir den Landesindex der Konsumentenpreise (= LIK) der Schweiz. Zum Glück finden wir offizielle Zahlen. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/preise/landesindex-konsumentenpreise.gnpdetail . Wir finden Zahlen für 1914-2016, und, separat 1899-1913. Damit lässt sich arbeiten.

Am 1.1.1900 stand der Index (1914) bei 84.3
am 31.12.1999 stand der Index (1914) bei 952.2
Das ist eine Steigerung von 1129.5 %
das ist pro Jahr eine Verzinsung von 2.154 % pro Jahr.

Natürlich verlief in der Schweiz die wirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung der LIK nicht linear. Wenn wir es genau nehmen, sollten wir das XX. Jahrhundert in 6 Perioden teilen (mein Vorschlag):

1900-1914 = moderate Steigerung des LKI (ca. 1 %) = 15 Jahre
1915-1920 = Kriegsfolgen. Böse Preissteigerungen (ca. 14.5 %) = 6 Jahre
1921-1935 = Nachkriegszeit und Weltwirtschaftskrise; Preissenkungen (ca. - 3.5 %) = 15 Jahre
1936-1970 = Nach-Weltwirtschaftskrise und Nachkriegs-Wirtschaftswunder (ca. 3 %) = 35 Jahre
1971-1992 = Wirtschafts-Überhitzung und geopolitische Krisen, Währungskrisen (ca. 4 %) = 22 Jahre
1993-1999 = Ende Hochzinspolitik (ca. 1.5 %) = 7 Jahre.

Seit 2000 können wir ergänzen: Tiefzinspolitik!

Die risikolosen Zinsen in der Schweiz lagen in diesen 100 Jahren höher. Auch hierzu bestehen verlässliche Zahlenreihen der Schweizerischen Nationalbank. Die "Zinssätze für Spareinlagen" werden seit 1907 geliefert. Für die Jahre 1900-1906 verwende ich die Zahlen: "Rendite von Obligationen der Eidgenossenschaft". Diese liegen fast immer höher als die
"Zinssätze für Spareinlagen". Wurden am 1.1.1900 so CHF 1000 angelegt, so vermehrte sich theoretisch der Betrag bis 31.12.1999 auf CHF 26'823. Das gibt eine jährliche Durchschnittsrendite von 3.344 %. In den Jahren 1921-1935 wurden gute Zinsen bezahlt (zwischen 2.98 - 4.55 %), sodass Leute mit Geld doppelt profitieren konnten (da gleichzeitig sinkender LIK!). Für die Zeit 1936-1999 lagen dann die Zinsen für Spareinlagen gesamthaft UNTER der Entwicklung des LIK. Mit (sicheren) Schweizer Obligationen liess sich aber auch für diese Zeit eine ansehliche Rendite erzielen (4.15 % p.a.), die deutlich über der Zunahme des LIK lag.

Zu allen Zahlenreihen lassen sich Einwände finden. Man kann auch weitere Kennzahlen zu Rate ziehen, wie die Wirtschaftsleistung eines Landes (pro Kopf), aber wir müssen es uns nicht zu schwer machen.

Da die Zinsen auch in den Jahren 1921-1935 hoch lagen, halte ich es für vertretbar, für das GANZE Jahrhundert nur eine einzige Zahl zu verwenden. p = 3 (also 3 % pro Jahr) soll meine Berechnungsbasis sein. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Für das XXI. Jahrhundert nehme ich (per heute) 4 Promille.

Dies bedeutet nun also, dass unsere Briefmarke "Waadt 4" wie folgt bewertet wird:

1913: CHF 3'086
1999: CHF 39'210
2010: CHF 40'970
oder 2016: CHF 41'963

Der Katalogwert der "Waadt 4" lag bei Euro 35'000 (Michel 2010). 2010 war der Euro noch hoch bewertet gegenüber dem Schweizer Franken 1.2806. Das heisst die Euro 35'000 ergaben CHF 44'821 (Ende 2010).

Damit können wir feststellen: die "Waadt 4" notiert "heute" (2010) 9.4 % höher als vor (rund) hundert Jahren (Senf 1913) und zählt damit zu den GEWINNERN der letzten 100 Jahre.

Notiz am Rande: Der Euro-Kurs ist heute deutlich tiefer: CHF 1.1054 per Juli 2017. Stieg der Michel-Kurs bis 2016? Wir könnten die Vergleiche auch auf 2016 aktualisieren, nur fehlen mir dazu die aktuellen Michel-Kataloge.

Ich hoffe, meine Berechnungen seien verständlich und überzeugend.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.08.2017 23:02:10 Gelesen: 579655# 218 @  
@ Heinz 7 [#217]

Wenn also im Katalog
Senf 1913 ein (Mark)-Betrag von 2'500 steht
dann ist bei Michel 2010 eine (Euro)-Betrag von Euro 31'993 notwendig, um die Geldentwertung bis 2010 zu kompensieren.

=> Der Faktor (nominal) ist also 12.8

Die Marken, die diesen Faktor übertreffen, haben im Wert ZUGELEGT, die Marken, die ihn nicht erreichen, haben im Wert VERLOREN. Es ist interessant, die Unterschiede bei den Marken der Liste Schubert zu sehen.

Nehmen wir die "Blaue Mauritius", (= die beste Marke nach Schubert): Beitrag 117
Senf 1913: Mk. 25'000
Michel 2010: Euro 625'000 (gestempelt)
Faktor 25

= klarer Gewinner!

Ich hoffe, alles sei verständlich und klar.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.08.2017 23:44:41 Gelesen: 579638# 219 @  
@ Heinz 7 [#218]

Nach so viel "Theorie" zum Abschluss noch ein konkretes Portrait. Die folgende Marke wurde bei Schubert an 24. Stelle klassiert (zusammen mit 5 anderen Marken). Es ist erfreulicherweise wieder eine Marke aus Europa:

1851. Österreich, Zeitungsmarke. 6 Kreuzer zinnoberrot. Senf Nr. 14. Wert: Mark 2'000 (für *)



Diese Michel Nr. 9 wurde 2010 wie folgt bewertet: Euro 40'000 (für *).

Sie erreicht also "unseren" Bewertungsfaktor 20 und zählt damit zu den Gewinnern der letzten hundert Jahre!

Diese gezeigte Marke ist aber etwas Besonderes: Es ist ein gestempeltes Stück! Davon sind NOCH weniger bekannt, als von den ungebrauchten, und der Katalogwert beträgt sogar Euro 100'000 (Senf 1913: -.- (nicht bewertet)). Das Stück wurde 2011 vom Hause Schwanke angeboten (333. Auktion), Los 135. Angeblich gibt es nur 7 gebrauchte Marken der Michel Nr. 9 und im Text ist vermerkt:

"Das Stück zeigt den typisch "engen" Schnitt, der bei allen bekannt gewordenen sieben gebrauchten Exemplaren auftritt".

Wir haben es hier also mit einer Weltrarität zu tun! Es wäre spannend, zu wissen, welches Resultat das Los erreichte. Wer weiss es?

Heinz
 
merkuria Am: 15.08.2017 23:52:58 Gelesen: 579632# 220 @  
@ Heinz 7 [#219]

Das Ergebnis bei Schwanke war 68'000 Euro!

Gruss
Jacques

https://www.philasearch.com/de/auction_results_table.html?set_anbieter=9255&set_auktion=84
 
Heinz 7 Am: 16.08.2017 12:55:10 Gelesen: 579543# 221 @  
@ merkuria [#220]

Lieber Jacques,

besten Dank für Deine Ergänzung. Wenn ich das richtig sehe, war dies der Zuschlagpreis, zu dem ja wohl noch ca. 20 % (?) Provision kamen. Damit wären wir bei Euro 81'600, also mehr als 80% des Katalogwertes.

Es gibt viele Briefmarkensammler, die rechnen für ihr Sammelgebiet mit 20 % des Katalogpreises, manchmal noch weniger. Es mag für sie interessant sein, dass für einige Gebiete (oder für besondere Raritäten) solches "Kleinrechnen" nicht zum Ziel führt. Man kriegt NICHTS, aber auch GAR NICHTS, wenn man nur so wenig bezahlen will. Viele Sammler zahlen darum gerne 60, 80 oder auch 100 % des Katalogpreises, wenn sie dafür Material ihres Sammelgebietes tatsächlich erhalten.

Das gilt insbesondere für Ganzsachen, die nach wie vor zum Teil lächerlich (unter-) bewertet sind in den Katalogen.

Dass andererseits bei vielen "traditionellen Sammelgebieten" eigentlich eine sehr kräftige Katalog-Korrektur (nach unten!) angezeigt wäre, sei aber auch erwähnt!

Wie gesagt - das Studium des Briefmarkenmarktes ist nicht eine Sache, die "so nebenbei" in kurzer Zeit erledigt werden kann, sondern braucht viel Zeit und Erfahrung.

Liebe Grüsse

Heinz
 
10Parale Am: 16.08.2017 22:47:22 Gelesen: 579456# 222 @  
@ Heinz 7 [#216]

"Ein Schweizer Franken 1960 hat klar mehr Wert als ein Schweizer Franken 2000. Um einen Vergleich anzustellen, können (auch) Zinssätze als Aufrechnung in Betracht gezogen werden. Wie würdest Du vorgehen?"

Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt, die uns hier in aktuell 222 Beiträgen vorgestellt wurden und mit Spannung erwartet noch vorgestellt werden nehmen bei der Katalog-Bewertung meiner Ansicht nach eine absolute Sonderstellung ein. Eine Berechnung zur Ermittlung eines realen periodischen Wertzuwachses bzw. einer realen Wertminderung nach einem nationalen nichtlinearen LIK (dein genialer Beitrag #217) und nach periodisch schwanken Zinssätzen bis hin zu Minuszinsen in jüngster Zeit macht die Sache sinnvoll. Mein ganzer Respekt vor dieser Leistung!

Im Jahr 1893 gab es 116 Briefmarken und Ganzsachen, die damals mit einem Wert von größer = 400 Reichsmark angesetzt wurden (Quelle: Deutsche Briefmarken Zeitung Ausgabe Juni 1893, Autor: Lindenberg - rezitiert von Müller-Mark in Reflexionen über Philatelie)

Interessant dabei: Die One Penny orange Mauritius und ein ungebrauchter Ganzsachenumschlag von Finnland zu 20 Kop. wurde jeweils mit dem Höchstwert von 5.000 Mark bewertet.

All diese Briefmarken und Ganzsachen (insgesamt sind es 1274 Preise über 60 Mark, die von Lindenberg auf Basis des Senf Kataloges untersucht wurden) könnte man nun ebenfalls mit den kohärenten Algorithmen auf den realen Wert heute umrechnen. Ich überlasse es den Computern!

Interessant ist ebenfalls, dass man sich schon damals, gute 50 Jahre nach Herausgabe der ersten Briefmarke Gedanken über Preisansätze machte. Müller-Mark rezitiert in seinem Buch weiterhin die Gedanken von "Altmeister Lindenberg" - ich erlaube Lindenberg zu zitieren:

"Im Jahr 1863 waren die Preise, die man in Zeitungen und Katalogen anführte, stets Lagerpreise, d.h. man konnte die betreffenden Sachen zu den angeführten Preisen auch tatsächlich kaufen. Heute (1893) dagegen ist die bei weitem größte Mehrzahl aller Preise lediglich nominell, selbst die größten Händler sind nicht in der Lage, das, was sie in ihren Katalogen mit Preisen versehen, stets zu liefern und das Briefmarkensammeln gehört nachgerade immer mehr zu den Sammelgebieten, auf welchen sich eine Vollständigkeit unter keinen Umständen erzielen läßt, auf welchen gewisse Marken absolut aus dem Handelsverkehr verschwinden, und auf welchen es also unmöglich ist, den Wert gewisser Stücke, und sei es auch nur annähernder Schätzwert, festzustellen"


Dieser Text, 1893 verfasst, hat es tatsächlich in sich. Lindenberg hielt es also faktisch nicht für möglich, den Wert seltenster Marken und Ganzsachen auch nur annähernd festzustellen. Seiner Ansicht nach waren diese Raritäten dazu verdammt, vom Handelsverkehr zu verschwinden. War ja auch ein logischer Gedanke und wenn man mal den Geldbeutel des Otto-Normal-Sammlers betrachtet (zu denen auch ich gehöre), sind die Marken aus diesem Thread für uns ja wirklich verschwunden. Allerdings tauchen sie hin und wieder vereinzelt auf Auktionen auf und werden dem Sammlermarkt tatsächlich zum Kauf angeboten. Jedes einzelne Ergebnis solch einer Auktion ist eine wertvolle Information für uns Sammler und führt zum Studium des Briefmarkenmarktes. Ich würde deshalb deine Frage, wie ich vorgehe, folgendermaßen beantworten: ich lasse den Markt sprechen. Ich hoffe nur auch eines Tages den Markt genauer studieren zu können als jetzt.

Noch ein Hinweis zu Österreich Michel Nr. 9, der zinnober Merkur: Michel Online Katalog * 75.000 Euro, gestempelt: 150.000 Euro

Im Jahr 1942 stand er bei Michel auf Rang 1 (in Europa) mit 40.000 Mark.

Liebe Grüße

10Parale
 
Heinz 7 Am: 17.08.2017 12:40:57 Gelesen: 579343# 223 @  
@ 10Parale [#222]

Vielen Dank für die Anerkennung ("genialer Beitrag"). Ich habe mir viele Stunden den Kopf zerbrochen (auch schon in früheren Jahren), welcher Ansatz denn wohl der Beste sei und mir die Daten zusammengesucht, bin aber selber mit dem Ergebnis meiner Studien sehr zufrieden. Ich denke, der Ansatz:

1. Umrechnung des Wertes x in CHF
2. Aufrechnung des Wertes x mit Verzinsungsfaktor p=3 (3 %) für 1900-1999 bzw. p=0.4 (4 %o) für die Jahre 2000-2016 ist einfach und richtig (für die Schweiz).

Ich kenne die Studie von Altmeister Lindenberg sehr gut und habe diese Fleissleistung an anderem Orte auch bereits gewürdigt. Sie zeigt auch tatsächlich Interessantes & Erstaunliches. Trotzdem möchte und kann ich im Moment nicht vertieft darauf eingehen, weil:

a) die Jahre 1890-1905 sind Daten-mässig meines Wissens auf deutlich "dünnerem Eis", als die Jahre danach. Ich wüsste zur Zeit nicht, wie ich die Jahre 1890-1900 bewerten und aufrechnen sollte. Ich habe weder abgesicherte Umrechnungskurse (Fremdwährungen) noch Zinssätze "greifbar"
b) Lindenberg stützte sich bei seinen Arbeiten auf den Senf 1893, die zweite Ausgabe dieses Kataloges! Darin waren noch einige Unsicherheiten MEHR enthalten als im gleichen Katalog 20 Jahre später!

Ein wichtiges Problem ist die Zuteilung von Katalogpreisen für sehr seltene Marken, besonders bei Unikaten. Wie soll diese Marke bewertet werden? Nehmen wir als Beispiel die Marke der 81 Parale mit rotem Stempel (Beitrag [#124]). Diese Marke ist meines Wissens erst dreimal verkauft worden (2 x via Auktion) in den letzten 159 Jahren seit ihrer Herstellung! Wenn nun bei diesen Gelegenheiten der Wettbewerb nicht so heftig war, dann wurde die Marke vielleicht zu günstig verkauft? - Anderes Beispiel: wenn eine Marke EINMAL sehr teuer bezahlt wurde, bei späteren Verkäufen dann aber nur noch (deutlich) weniger einbrachte, sollte dann der Katalogpreis auf das neue Niveau gesenkt werden? - Diffizile Frage! - Viele Kataloghersteller "glätten" die Ergebnisse etwas aus; generelle Aussagen sind aber fast unmöglich.

"Der Markt" ist also grundsätzlich sicher der einzig "legitime" Bewertungsmass-Stab, nur gibt es zeitweise für bestimmte Gebiete über längere Zeitspannen keine (neuen) Marktdaten. Dann ist die Kunst gefragt, trotzdem eine einigermassen gerechte Wertfindung festzulegen. Gewisse Raritätenhändler oder Auktionatoren konnten dies meisterhaft! Sehr oft wurden die "allgemein akzeptierten Wert-Schätzungen" an konkreten Auktionen dann verblüffend gut bestätigt.

Im XX. Jahrhundert hatten die Philatelisten immerhin drei wirklich gute Gelegenheiten, das allgemeine Preisgefüge wieder einmal weltweit zu vergleichen, als die drei gewaltigen weltweiten Sammlungen von Ferrary, Caspary und Burrus versteigert wurden. Seither gab es aber keine solchen gleichzeitigen Anlässe mehr, und wir müssen uns mit mehr Einzelverkäufen ein Gesamtbild bauen (viele Mosaik-Steinchen ergeben auch wieder ein Gesamtbild).

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.08.2017 23:08:23 Gelesen: 579266# 224 @  
@ 10Parale [#222]

Lieber Freund,

anhand einer Rarität will ich die Schwierigkeit aufzeigen, einen fairen ("richtigen") Katalogwert zu finden. Nehmen wir dazu die folgende Marke:

Postmeistermarke Mount Lebanon, Louisiana, 5 Cents rotbraun.



Diese Marke ist ein Unikat! Bis heute kennt man nur dieses eine Exemplar (auf Brief).

Die Marke war bereits im XIX. Jahrhundert bekannt, war bei Senf 1912/1913 aber nicht aufgelistet (damals waren nur 70 Marken katalogisiert, Senf 1-61, 63-71. Scott listete 2000 fast doppelt so viele: 137 verschiedene Hauptnummern auf, Scott 1-143, mit 6 Lücken).

Der legendäre Sammler Ferrary besass auch diese Marke! Sie wurde am 14.6.1922 angeboten, vermutlich das allererste Mal. Es war die 4. Ferrary-Auktion, Los 50. Ohne Startpreis, ohne Schätzpreis.

Die Marke (bzw. der Brief) wurde zu Francs 13'500 verkauft, dazu kamen 17.5 % Zuschlag = FRF 15'862.50. Ich kenne den genauen Umrechnungskurs vom 14.6.1922 nicht (FRF in CHF), darum behelfe ich mir mit der Angabe (gemäss Resultatliste): 1 GB£ = 50.90 FRF und erhalte also als Resultat = GB£ 311,64. (Die Umrechnung von 0,64 GB£ in Shilling und Pence erspare ich mir). Im Juni 1922 war der Kurs des GB£ zu Schweizer Franken 1 GB£ = CHF 23.355. Damit errechnen wir einen Wert von CHF 7278.36. Bis 31.12.1922 erhöhte sich der Betrag um CHF 118.88 (Verzinsung um 3 %, 196 Tage). Damit ergibt sich ein "theoretisch richtiger" Katalogwert von CHF 7'397 Ende 1922. So weit, so gut. Per Ende 1999 wären dann daraus CHF 72'031 geworden.

Erst 34 Jahre später wurde der Brief wieder verkauft (3. Caspary-Auktion, Los 287). Der Katalogwert betrug damals offenbar US$ 3'500 (Scott No. 60 X 1). Der Brief wurde immerhin zu US$ 5'500 verkauft. Die Auktionsfirma (H.R. Harmer, New York) verlangte damals kein Aufgeld zum Zuschlagpreis.

Machen wir unsere Rechnung aufs Neue. Ein US$ galt im März 1956 CHF 4.285. Daraus errechnen wir einen Kaufpreis von CHF 23567.50. 6.3.1956 bis 31.12.1956 ergab dies Zinsen von CHF 577.40, Ende 1956 war der Brief theoretisch also CHF 24'145 wert. Hochgerechnet auf Ende 1999 erhalten wir einen theoretischen Katalogwert von CHF 86'065.

Im LIFE-Artikel war der Brief übrigens erwähnt, und mit US$ 5'000 bewertet (1954), erstaunlich nahe am tatsächlichen Verkaufspreis rund 2 Jahre später.

Erst 43 Jahre später, am 28.9.1999 kam die Sammlung Kilbourne zum Verkauf, bei R.A. Siegel (Sale 815). Das Los erzielte einen horrenden Preis von US$ 350'000 + 10 % = US$ 385'000 und löste so meines Wissens den berühmten "Livingston"-Brief als teuerste Einheit aller Zeiten der Konföderierten Staaten ab. Im Scott Katalog "2000" war der Brief damals noch mit US$ 100'000 katalogisiert; die Kilbourne-Auktion war nach dem Redaktionsschluss dieses Kataloges.

Der US$ war damals bewertet mit 1 US$ = CHF 1.5246, daraus errechnen wir einen Kaufpreis von CHF 586'971 (per 28.9.1999). CHF 4'500 rechnen wir dazu (bis 31.12.) und erhalten so CHF 591'471.

Dieser dritte bekannte, echte Markt-Wert liegt also viel höher als derjenige von 1922 oder 1956!

1922: CHF 72'031
1956: CHF 86'065
1999: CHF 591'471 (alle Werte aufgerechnet per 31.12.1999)

Am 19.11.2009 wurde dieser Brief wieder verkauft (Spink Shreves New York). Der Erlös war "nur" US$ 220'000 + 15 % Aufgeld (20 % für die ersten US$ 2000) = US$ 253'100 (nach meiner Berechnung). Der US$ hatte nochmals kräftig an Wert verloren (1 US$ = CHF 1.0123). Wir errechnen also einen Kaufpreis von CHF 256'213 (November 2009), das sind nur noch 43.3 % des Preises 10 Jahre früher.

Welcher Katalogwert war also korrekt von 1900 bis heute? Die US$ 100'000 im Scott 2000 schienen vielleicht eher hoch, wurden dann aber nahezu Makulatur, spielten beim Verkauf der Sammlung Kilbourne keine Rolle mehr.

Wir haben meines Wissens in 110 Jahren nur 4 x einen Marktwert feststellen können.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.08.2017 14:37:26 Gelesen: 579220# 225 @  
@ 10Parale [#222]

150'000 Euro! Und das für eine einzelne, lose (gestempelte) Briefmarke! Das ist schon eine "Hausnummer"! Gut möglich, dass damit die Frage nach "EUROPA's Teuersten" entschieden ist! Zumindest, was die aktuelle Einschätzung der Michel-Redaktion betrifft.

Der "Streit", wer denn Europa's Teuerste ist, tobt schon während Generationen und wird NICHT einheitlich gesehen!

Anfangs XX. Jahrhundert schien die Sache klar zu sein; Schubert und Haas setzten Rumäniens 81-Parale Marke zuoberst auf die Liste (siehe Beitrag [#124] und [#169].

Später entwickelten sich andere alte Europäer im Wert stärker, sodass der in Beitrag 219-221 gezeigte "Merkur zinnoberrot" plötzlich die Nase vorn hatte, oder auch andere, auf die ich später noch eingehen werde.

Anfangs des XX. Jahrhunderts wurden die Farbfehldrucke noch nicht sooo gewaltig hoch bewertet, wie es später der Fall war. Nimmt man diese Farbfehldrucke bei der "Europa-Wahl" hinzu, wird man kaum um die Baden 9 Kreuzer grün (siehe Beitrag [#5], [#159] + [#152]) oder den Schweden 3 Skilling-gelb-Fehldruck (siehe Beitrag 173) herumkommen. Aber es gibt noch weitere, sehr interessante und sehr seltene Fehldrucke, die wir bisher noch nicht besprochen haben.

Wir haben also noch einen weiten Weg vor uns, und sind immer noch dabei, uns zuerst ein "Grundwissen" anzueignen.

Lektion 1: Teuerste reguläre Marken Europas und der Welt (im Laufe der Zeit, seit 1900 - heute)
Lektion 2: Teuerste Abarten Europas und der Welt
Lektion 3: zusätzlich: Teuerste Einheiten Europas und der Welt (z.B. Viererblocks oder Paare, insbesondere Kehrdruck-Paare)
Lektion 4: zusätzlich: Teuerste Briefe Europas und der Welt
Lektionen 5 ff: zusätzlich: Teure Spezialitäten: Ersttag-Briefe, seltene Stempel, Destinationen, Frankatur-Kombinationen....

Für einen Abschluss als "Bachelor der Philatelie" müssen wir mindestens die ersten beiden Lektionen noch fertig studieren. Wer dann noch weiterlesen mag, der schafft es dann vielleicht auch zum "Master"?

All diejenigen, denen es jetzt schon schwindelig ist vor den vielen grossen Zahlen, sei folgende Erkenntnis in Erinnerung gerufen.

DIE TEUERSTE BRIEFMARKE DER WELT WAR UND IST DIE BRITISH GUIANA, 1856, ONE CENT (siehe Beitrag 2, 7-9, 14-16, 149).
DIE DREI BESTEN BRIEFE sind (meines Erachtens)

Mauritius, Post-Office-Buntfrankatur (Beitrag 164+165)
Hawaii, Dawson Brief, Bunt- und Misch-Frankatur der 1. Ausgabe (Beitrag 161+162, 167+168)
Rumänien, Bunt-Frankatur 1. Ausgabe, inkl. 81 Parale-Wert (Beitrag 169)

Mit diesem Wissen werden Sie schon den schönsten Small-Talk über Briefmarken mit Bravour bestehen! Würzen Sie das Ganze mit Erfahrungen zum eigenen Sammelgebiet, und sie können ganze Abende füllen mit interessanten Gesprächen.

Viel Vergnügen wünscht

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.08.2017 18:23:47 Gelesen: 579163# 226 @  
@ BD [#2]

Ich möchte bei unserem Streifzug durch die teuersten Marken nach der Liste Schubert eine weitere Marke vorstellen, die 1912 und 1913 mit 2000 Mark klassiert war (im Katalog Senf) und damit immerhin Platz 24 aller Marken weltweit erreichte, zusammen mit 5 anderen Marken. Ich gebe gerne zu, dass ich die Marke aus den USA nicht wirklich kannte.

Ich habe vor mehr als 25 Jahren eine ähnliche Studie (Wertvergleich der teuersten Marken weltweit über die Jahre) schon einmal gemacht, mich dabei aber auf die Liste Haas 1905 abgestützt (vgl Beitrag [#149]), nicht auf die Liste Schubert 1913. Die 50 bestplatzierten bei Haas kenne ich alle, die meisten ziemlich genau. Die Schubert Nr. 24.6 aber ist bei Haas nicht gelistet und ist mir in den letzten 20 Jahren nie speziell aufgefallen. Darum musste ich mich nun selber auf die Suche begeben.

Ich denke, ich habe die Marke gefunden! Sie sieht jedenfalls so aus, wie Abb. 8 in Beitrag [#2].



Ich werde noch nachprüfen, ob Senf 1913 noch mehr sagt zu dieser Marke (vielleicht meint Senf ja doch eine andere Marke, z.B. in einer anderen Farbe?). Bis auf Weiteres nehme ich aber an, es handelt sich bei dem gefunden Stück um die gesuchte Nr. 24.6 gemäss Liste Schubert.

Anbei die Losbeschreibung: Siegel-Auktion 1125 vom 5.5.2016, Los 838:
"(1c) Dull Blue, Franklin Carrier (LO1). Large margins to clear, detailed impression, trace of letters from a red cancel at bottom right and top right, few thin spots".

Die ungebraucht wirkende Marke trägt offenbar leichte Spuren eines Stempels und wird darum gelistet als "gestempelt". Das ist die teurere Variante (siehe Schubert).

Der Preis 2016 ist nun aber eine Riesenenttäuschung für einen Sammler von 1913: Katalogwert 2016 nur US$ 8'000, und Price realized nur US$ 1800 plus Aufgeld.

Damit hat diese Marke dramatisch an Wert verloren in den letzten 100 Jahren. Vielleicht wurden davon grössere Bestände nach 1913 gefunden? Ich weiss nicht, wie häufig diese Marke heute ist (wie viele Stücke sind bekannt?). An der besagten Auktion kamen nämlich offenbar gleich 5 verschiedene Exemplare dieser Marke zum Verkauf: 4 gestempelt, 1 ungebraucht. Die Resultate der anderen Lose waren aber auch nicht erheblich anders: Los 839: $ 2300, Los 840: $ 1900, Los 841: $ 3500, Los 842: $ 2300.

Dies wäre dann wohl die Marke, die am meisten an Wert eingebüsst hat seit 1912, seit wir unsere Studie hier ausbreiten.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
LK Am: 19.08.2017 20:22:44 Gelesen: 579147# 227 @  
@ Heinz 7 [#226]

Hallo Heinz,

erstmal ein Lob für dein Engagement.

Bei dieser Marke irrst du leider.

Die abgebildete Marke ist nicht die aus der Liste von Schubert.

Dieser meint die Nr. 1 , 1 Cent orangebraun von der bis heute nur 3 gestempelte Stücke existieren.

Die Marke wurde umgehend zurückgezogen, da sie starke Ähnlichkeit in Druck und Farbe mit Mi 4 der Unionsausgaben hatte.

Die von dir gezeigte Marke ist die Nr. 2 in Farbänderung 1 Cent dunkelblau, und die ist nicht wirklich selten ( Auflage über 300.000 )

Derzeit wird die Nr. 2 (*) mit 5000 €, * mit 8000€ und gestempelt mit 5000 € bewertet.

Entsprechend sind die Auktionserlöse von Siegel nicht ungewöhnlich, ich habe für mein ungebrauchtes Exemplar mit Attest Jakubek nur DM 1200 ( 1989 ) gezahlt.

Zudem ist die Marke mit Vorsicht zu betrachten, da am 2.4.1875 ein ungezähnter Neudruck aufgelegt wurde der nur 50 € wertet.

Dieser unterscheidet sich nicht im Druck, sonder nur in der Papierfarbe Orginal auf lilarosa, ND auf rosa.

Bei der von mir gezeigten Marke soll es sich um ein Essay der sehr seltenen Nr. 1 handeln ( Quelle Kelleher Auktion USA )



Beste Grüße

LK
 
Heinz 7 Am: 20.08.2017 16:07:24 Gelesen: 579045# 228 @  
@ LK [#227]

Hallo LK,

Du hast natürlich recht! Zum Glück habe ich vorsichtig geschrieben, dass ich mir nicht sicher sei, ob die gezeigte Marke wirklich die "teure" sei, gemäss Schubert (Senf) Nr. 03 I (gestempelt). Im Katalog "Senf 1913" habe ich heute nachsehen können; da steht als Farbe der Marke "braunrot". Die in Beitrag [#226] gezeigte Marke in Farbe blau (Senf Vereinigte Staaten Nr. 3) war nur mit Mark 200 bewertet, nicht mit Mark 2000!

Ich war gestern den ganzen Tag unterwegs und hatte keinen Zugriff auf meine Kataloge und übrige Literatur.

Im Katalog "Michel; Valuable Tsamps of the World / Wertvolle Briefmarken aus aller Welt" von 2010 finde ich die Carrier-Marke der USA nicht.

Im Katalog: "Scott; 2000; Classic Specialized Catalogue of stamps & covers 1849-1940" folgen die Carriers' stamps im hinteren Teil der USA-Sektion. Die Franklin Marke in blau wird breit aufgelistet (Seite 27), aber keine Marke mit gleicher Zeichnung braunrot! Das wundert mich.

Wo ist denn diese alte Senf Nr. 03 I (braunrot) katalogisiert? Ich suche weiter.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.08.2017 17:42:05 Gelesen: 579025# 229 @  
@ LK [#227]

Deine Information ist sehr interessant:

"Dieser meint die Nr. 1 = 1 Cent orangebraun von der bis heute nur 3 gestempelte Stücke existieren.

Die Marke wurde umgehend zurückgezogen, da sie starke Ähnlichkeit in Druck und Farbe mit Mi 4 der Unionsausgaben hatte."

Woher hast Du diese Information? Wie ist die Scott Nr. der alten Senf 03 I braunrot?

Caspary hatte sicherlich eine der besten US-Sammlung mit "Carriers and Locals" aller Zeiten (wenn nicht gar "die beste"). Der Auktionskatalog 1957 ("Carriers and Locals", H.R.Harmer Inc., New York, sales 1069, 1070, 1071, 1072) umfasste 1046 Lose! Doch auch hier kann ich keine braunrote Franklin-Marke gestempelt finden! Los 1 und 2 waren zwei ähnliche Lose, ein Einzelstück und ein Sechserblock, aber ungestempelt:



Katalog-Beschreibung: "1 c orange on wove paper, trial color plate proof (L01aTC4), in horiz. block of 6. Excellent color (...). Unlisted as block and believed to be the only one in existence."

Das Resultat dafür reisst uns jetzt nicht von den Stühlen, nur US$ 170 ist als price realized vermerkt.

Derselbe Block kam 42 Jahre später wieder zum Verkauf: Siegel sale 817: "the David Golden collection of United States Carriers & Locals". Aus diesem Auktionskatalog stammt auch das obige Foto mit der Losbeschreibung (Los 10):

"(1c) Franklin Carrier, Orange Trial Color Plate Proof on Wove (LO1TC4a). Positions 12-14/22-24, block of six, large margins to just in at left, folded horizontally between top and bottom rows, slight bend thru bottom row

FRESH AND VERY FINE APPEARANCE. THE LARGEST RECORDED MULTIPLE OF THE RARE ORANGE TRIAL COLOR PROOF.

Ex Worthington, Caspary and Middendorf".

Wenn die Marke Senf 03 I (1913) als "Trial Color Plate Proof" identifiziert wurde, dann verstehe ich, dass der "proof" in den Standard-Katalogen nicht aufgeführt wurde. (Er hätte dann wohl auch nicht in den Senf 1913 gehört, meine ich). Dann ist aber erstaunlich, dass es von dem "Ding" drei GESTEMPELTE Exemplare geben soll. Proofs kamen nicht zur Ausgabe, sollten also gestempelt auch nicht vorkommen.

Schwierig - wer weiss mehr?

Übrigens auch bei Siegel erreichte dieser Sechserblock kein sehr hohes Ergebnis: US$ 3'000 war offenbar der Zuschlagspreis.

Heinz
 
BD Am: 20.08.2017 17:56:56 Gelesen: 579015# 230 @  
Hallo Heinz,

anbei Auszug Michel-Spezial USA 1992.

Beste Grüße Bernd


 
LK Am: 20.08.2017 18:31:45 Gelesen: 579002# 231 @  
@ Heinz 7 [#229]

Hallo,

BD hat die Quelle in seinem Posting schon genannt.

Die Orginale dieser Marke sind bis heute nur in 3 gestempelten Exemplaren bekannt.

Eines davon soll sich im Nationalen Postmuseum in Washington DC befinden, auch die anderen 2 sind in den letzten Jahrzehnten nicht gehandelt worden.

Auch von dieser Marke gibt es Neudrucke die von abgeschliffener Platte hergestellt wurden, und dazu zähle ich auch den von dir gezeigten 6er Block.

Dieser präsentiert sich im Gegensatz zu deiner gezeigten Nr. 2 im verschwommenen Druck auf weißem Papier, Orginal bräunlichweiß im sauberen Stichtiefdruck.

Vergleich bitte mal nur die Ornamente und das Mittelstück, (ohne Schraffur) die Nr.2 wurde von der gleichen Platte gedruckt, nur in Farbänderung.

Der erzielte Auktionserlös sagt eigentlich schon alles aus.

In jeder besseren USA Sammlung befindet sich solch ein Neudruck. Über die Auflage ist nichts bekannt.

Beste Grüße

LK
 
Heinz 7 Am: 20.08.2017 21:36:19 Gelesen: 578971# 232 @  
@ BD [#230]
@ LK [#231]

Vielen Dank, Bernd und LK,

die Nummer 24.6 der Liste Schubert ist damit auch vorgestellt. Ich möchte als Zwischenbilanz aufzeigen, welche Nummern (Schubert) in welchem Beitrag behandelt wurden. Die ersten 29 Nummern haben wir mehr oder weniger gezeigt in Wort und Bild.

Wir haben gesehen, dass drei äusserst seltene und teure Marken auf der Liste Schubert leider fehlen, aus den bekannten Gründen. Sie sind unten auf der beiliegenden Liste aufgeführt.



Die nächsten 7 Tage werde ich nur wenig Zeit finden, um an der Studie weiter zu arbeiten. Ich komme aber spätestens im September gerne mit Ergänzungen zurück.

Freundliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.08.2017 13:44:09 Gelesen: 578911# 233 @  
Lieber LK,

Dein Hinweis: "Eines davon soll sich im Nationalen Postmuseum in Washington DC befinden" ist offenbar zielführend, denn ich fand folgenden Hinweis:

"Benjamin Miller had an abundance of the early stamps called carrier stamps. Used in cities in the mid-1800s, carrier stamps paid for mail delivery or pick-up. At the time, this was a special service; letters were normally carried only between post offices, not street addresses.

The original 1851 Franklin carrier stamps were not used for long. Easily confused with a Franklin postage stamp, they were replaced within two months by stamps with an eagle design. These Eagle carriers were used for several years, making them less rare. Starting in 1875, the Post Office made special printings of both stamps for collectors. Miller collected those later stamps, too.

Miller album page with 1-cent Franklin carrier stamps"


Dazu muss man wissen: Benjamin Miller hatte eine grossartige USA-Sammlung, die er der New York Public Library vermachte. Offenbar gelangte diese Sammlung dann ins Nationale Postmuseum in Washington DC ("Smithsonian National Postal Museum"). In dieser Miller Sammlung ist offenbar die 1 Cent-Franklin Carrier Marke braunrot enthalten, auf Brief. Das Bild ist geschützt und so klein, dass man nichts Genaueres erkennen kann.

Es wäre nun schön, wenn wir finden, wo denn die anderen zwei Exemplare dieser Marke einst waren (oder: heute sind).

Wenn die Marke wirklich nur 3 x bekannt ist, und ein Exemplar ist im Museum, dann ist ihr heutiger Katalogwert sicher sehr hoch. Seltsam dünkt mich allerdings, dass sie im Scott 2000-Katalog nicht zu finden ist! (Scott; 2000; Classic Specialized Catalogue of stamps & covers 1849-1940). Oder habe ich sie übersehen? Hat jemand einen Scott USA-Specialised und findet die Marke mit Bewertung?).

Anbei der Link zur Ausstellung der Miller-Sammlung:

https://arago.si.edu/exhibit_238.html

Miller hatte übrigens das zweite Stück der "1 Cent blue 1867-1868, Z grill (Scott 85 A)", vgl. Beitrag [#103]!

... und - auch interessant - ein Teil der Miller-Sammlung wurde offenbar aus dem Museum gestohlen!

LK, Dein Beitrag [#231] wird im nächsten "Update" meiner Übersichtsliste (siehe Beitrag [#232]) vermerkt. Ich habe die Liste schon erstellt, als ich Deinen Beitrag gestern entdeckte.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.08.2017 13:49:03 Gelesen: 578909# 234 @  
@ Heinz 7 [#233]

https://arago.si.edu/record_174019_img_2.html

Anbei die Seite mit der schlichten Scott Nummer LO1 (gemäss Museums-Beschreibung). Aber: stimmt das? Ist LO1 nicht die blaue Marke?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.08.2017 23:32:50 Gelesen: 578853# 235 @  
@ Heinz 7 [#234]

Zurück auf Feld 1!

Die vermeintliche 1 Cent Carrier-Marke braunrot ist mitnichten die gesuchte Marke!



Dies ist der Brief aus der Miller-Sammlung (siehe Beitrag [#233]). Die Marke links auf dem Brief ist braunrot, ja, aber es ist die Washington 3 Cent-Marke!

Damit haben wir (ich) keine einzige gültige Marke je gesehen. Was mir zudem sehr zu denken gibt: auch im Scott USA specialized catalogue war und ist die Marke offenbar NICHT verzeichnet. Ich habe alte und neue Scott Speciliazed Catalogues konsultiert!

Was bedeutet das?

Im Senf 1912 und 1913 war die Marke gelistet mit 2000 Mark. Dieselbe Notierung finden wir im Senf 1915. Im Senf 1921 ist anstatt einer Preisangabe ein "-.-" vermerkt. Im Senf 1925 ist eine interessante Notiz angebracht: "Nr. 03 I ist vermutlich Probedruck, gestempelt ist nur ein Stück davon bekannt." Im Senf 1929 ist die 03 I. gar nicht mehr aufgeführt.

Nun möchte ich wissen:

a) worauf gründet Michel seine Anmerkungen?
b) was hält Scott von dieser Ausgabe? Warum wird sie im Katalog nicht gelistet?

Solange ich keine Zusatzinformationen habe, setze ich ein grosses Fragezeichen hinter diese Marke. Weiterführende Hinweise nehme ich gerne entgegen.

Grüsse
Heinz

[Redaktioneller Hinweis: Bitte in Beitrag [#330] lesen !]
 
Heinz 7 Am: 22.08.2017 23:09:06 Gelesen: 578782# 236 @  
@ 10Parale [#215]

Einzelne Präzisierungen zu Deinem Beitrag.

Obwohl der Block seit dem XIX. Jahrhundert bekannt ist (er wurde 1893 in der Sammlung Reich-Langhans an der Internationalen Briefmarken-Ausstellung Zürich beschrieben), ist er in den letzten 124 Jahren doch nur sehr selten (einzeln) verkauft worden, öffentlich schon gar nicht. Dank Herrn Toni Abele wissen wir seit 1958-1961 viel über die Geschichte (auch) dieser Schweiz-Rarität. In der Artikelserie "A propos Altschweiz" wurde der Zwanzigerblock der Zumstein Nr. 6 (Michel Nr. Genf 4) beschrieben. Er zierte manch eine grosse Sammlung, die aber gleich mehrfach von Händlern "en bloc" eingekauft wurden (kein Einzelverkauf via Auktion). Die Sammlungen Avery und Duveen beinhalteten diesen Block.

Vermutlich zum ersten Mal kam dieser Block ALS EINZELLOS an eine Auktion im April 2012. Bei Corinphila wurde die Sammlung von Silvain Wyler verkauft (ein Teil davon). Sammlung "Seebueb". Auktion 175 vom 28.4.2012. Los 5014.



Dieser Block wurde zu CHF 270'000 angeboten und verkauft (plus Zuschlag). Einzeln kostet diese Marke nur Euro 1900 (Michel 2010), CHF 3000 (Händlerkatalog Schweiz 2017) CHF 2800 (Zumstein 2013).

Es ist der zweitgrösste Block, weil Ferrary hatte gar einen Originalbogen mit 100 Stück. Dieser ist heute im Postmuseum (Bern, nicht Genf).

Freundliche Grüsse
Heinz

Heinz
 
10Parale Am: 23.08.2017 16:46:18 Gelesen: 578741# 237 @  
@ Heinz 7 [#236]

Vielen Dank, dass du diesen wunderschönen Block der Zumstein Nr. 6 hier noch einmal in seiner Provenzienz und Geschichte erläuterst.

Man bedenke:

Der Kanton Zürich, Brasilien und der Kanton Genf folgten 1843 mit der Einführung der Briefmarken als erste Länder (Kantone-Stadtgebiete) dem englischen Vorbild (abgesehen von privaten und halbamtlichen Ausgaben der USA - 1842). Die Eidgenossenschaft folgte 1849/50.

1845 folgte der Kanton Basel mit dem berühmten Dübli.

1899 folgte Dahomey als letztes Land im 19. Jahrhundert mit der Einführung von Briefmarken.

Dabei habe ich gelesen, dass die Genfer zunächst gar nicht so einverstanden waren mit der Einführung der Vorauszahlung des Portos. In seinem Buch "DIE ENSTEHUNG DER BRIEFMARKE" (1985 erschienen im MONDO Verlag) schreibt Traugott Haefeli-Meylan, dass, - um die Bevölkerung Genfs die Akzeptanz der Briefmarke zu erleichtern -, diese 1844 zu 4 Rappen die halbe Marke und 8 Rappen die ganze Marke verkauft wurden. Dieser Abschnitt des Buches ist sehr interessant zu lesen. Obwohl die Kantone Genf und Zürich auch mit dem Aussehen der ersten Stempel den Engländern nacheiferten, war von Anfang an ein Einheitstarif wie in England nicht vorgesehen.

Auf Seite 132 kommt dann ein kleiner Abschnitt, den ich hier einmal zitieren möchte, weil ich ihn inhaltlich nicht verstehe, jedoch unter Umständen ein wichtiger Hinweis auf unser Thema in diesem Thread:

"Es dürfte den Laien interessieren, dass 1979 diese Zettelchen (Anmerkung: Briefmarken) von 10 Rappen und weniger, gestempelt und von guter Qualität im Briefmarkenhandel ab 300 die schwarze Penny, 20.000 die Zürich vier, 50.000 die Doppelgenf und 12.000 die Baslertaube verkauft wurden (in Gold konvertiert und dies noch vor der Hausse des Edelmetalles)."

Gibt es eine Konvertierung der Märkte in Gold? Kann man dies auch auf Briefmarken ansetzen und von welcher Einheit spricht der Autor? Für mich ein Rätsel.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 29.08.2017 23:26:29 Gelesen: 578285# 238 @  
@ 10Parale [#237]

Lieber 10 Parale,

ich habe dieses hübsche Buch auch, und ich habe die angegebene Stelle nachgelesen. Ich muss sagen, ich verstehe hier den Autoren auch nicht richtig.

Vermutlich wollte er sagen, wie teuer diese vier Briefmarken damals (1979) waren (das Buch erschien aber erst 1985). Möglicherweise waren dies die damals aktuellen Katalogpreise in Schweizer Franken. Da die Gold-Umwandlungspflicht für Banknoten für die Nationalbank damals aber schon längere Zeit nicht mehr bestand, macht für mich diese Aussage keinen rechten Sinn.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.08.2017 23:07:18 Gelesen: 578150# 239 @  
@ Heinz 7 [#206]

In Beitrag [#206], [#211] und [#213] haben wir die teuerste Marke aus Grossbritannien kennengelernt (gemäss Katalog Senf). Nun stelle ich die nächste Marke vor, die 1912/1913 mit Mark 1'800 bewertet war (Senf Nr. 69). Bei Schubert erreichte diese Marke Platz 30.

1 Pound braunviolett der Ausgabe 1882/83.

Im Michel-Katalog von 2010 finde ich diese Marke auch als Mi Nr. 69 mit einem Katalogwert von Euro 60'000 für Variante a (weisses Papier). Variante b (bläuliches Papier) ist bewertet mit Euro 50'000. Diese Marke ist bei Senf 1912/1913 bewertet mit Mark 1'200 (Senf Nr. 69 a) und landete auf Platz 50 der Liste Schubert.

1878 kam eine bildgleiche Marke heraus mit einem anderen Wasserzeichen (Senf Nr. 50). Sie ist bewertet Senf 1912/1913 mit Mark 800 = Platz 80 bei Schubert. Michel Nr. 50 ist bewertet mit Euro 40'000 ungebraucht.

Anbei ein Foto dieser Marke



Dieses Foto stammt aus dem Buch "Bolaffi 1998-Tutti i record della stagione filatelica". Auf Seite 95 ist ein Verkauf bei Spink, London, erwähnt, als diese Marke verkauft wurde. Gemäss Umrechnung Bolaffi erreichte die Marke einen Endpreis von US$ 26'370 (Umrechnungskurs von 1998 beachten). Das "passt" einigermassen zum Michelpreis von Euro 40'000 (2010) bzw. US$ 27'500 (Scott 2000 für Scott no. 75).

Diese Marken haben sich also in den letzten 100 Jahren gut entwickelt.

Schöne Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 31.08.2017 22:53:32 Gelesen: 578006# 240 @  
@ Heinz 7 [#239]

Gestern habe ich die Michel Nr. 50 gezeigt. Heute folgt die Michel Nr. 69y, die noch höher bewertet ist (siehe oben).



Anm 11.6.2007 wurde in New York die Sammlung "Great Britain" von William H. Gross verkauft. Gross war ein gern gesehener Käufer bei diversen Auktionshäusern; er hat sich über viele Jahre grosse Mengen an Raritäten zusammengekauft, die er aber in den letzten 10 Jahren zum Teil wieder verkaufte. So auch im Juni 2007 bei Shreves Philatelic Galleries, Inc., New York.

Ich habe die Losbeschreibung (Los 141) gleich dazu gescannt. Diese Marke hatte damals offenbar einen Katalogwert von GB£ 80'000, also noch deutlich mehr als bei Michel (69y im Jahr 2010 = Euro 50'000).

Es wäre nun interessant, zu sehen, welchen Preis das Los 2007 erzielte. Ich habe leider keine Ergebnisliste.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.09.2017 19:09:39 Gelesen: 577859# 241 @  
@ Heinz 7 [#124]

Wenn ich heute die 27 Parale-Marke vorstelle, dann habe ich dafür gleich mehrere Gründe. Zwar ist die "kleine Schwester" der weltbekannten 81-Parale-Marke (Nr. 4 bei Schubert, Nr. 6 bei Haas) bei Schubert bloss auf Platz 57 zu finden, aber das liegt daran, dass Senf die Marke 1912/1913 ungebraucht nicht bewertete (Angabe: "-.-"). Gestempelt/lose ist die Marke nicht ganz so selten wie die 81 Parale-Marke, aber ungestempelt gibt es nur sehr wenige Stück davon. Fritz Heimbüchler listet nur 14 davon auf, aber mindestens ein Stück davon ist unerreichbar für Sammler (da im Museum) und andere sind schon lange nicht mehr auf dem Markt erschienen.

Im Verlaufe der Jahrzehnte haben diverse Kataloge die Michel Nr. 1 ungebraucht sogar höher bewertet als die 81 Parale-Marke, was für "ungebraucht" durchaus nachvollziehbar ist. Nimmt man aber die gestempelten Marken hinzu, so ist die 81 Parale-Marke die seltenste der 1. Ausgabe von Rumänien.

Das schönste Stück dieser faszinierenden Marke war in den Sammlungen Caspary und Tomasini/Künzi und wurde im November 2006 für stolze Euro 130'000 plus Zuschlag verkauft. Bereits an der Caspary-Auktion (19.11.1957 in New York) hatte die Marke ein sehr hohes Ergebnis erreicht.



Was ist nun der richtige Katalogpreis? Bei Michel 2010 war die 27 Parale-Marke mit nur Euro 35'000 bewertet, ein Wert, der am Markt bereits mehrfach und klar übertroffen wurde. Im Handbuch 3 von Heimbüchler (2007) wurde eine Bewertung von Euro 50'000 genannt.

Bei Haas rangiert die 27 Parale Marke übrigens auf Platz 18 der Welt. So oder so - sie gehört ohne Frage zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.09.2017 21:35:58 Gelesen: 577831# 242 @  
@ Heinz 7 [#241]

Was gibt es Besseres als eine Rumänien Nummer 1?

Na klar! ZWEI Rumänien Nummern 1! - Und wenn sie dann als Paar noch im Kehrdruck zusammenhängen, so haben wir eine höchstkarätige Weltrarität vor uns!

Ich habe an anderem Orte schon erwähnt, dass die Erstausgabe von Rumänien in kleinen 32-er-Bogen gedruckt wurde: 4 Reihen zu 8 Marken. Im Thema "Rumänien für Sammler" habe ich gezeigt, wie der Bogen bedruckt wurde; es entstanden beim Druck pro Bogen 8 Kehrdruck-Paare.

Von allen hergestellten Marken ist nur ein einziges Paar gestempelt übriggeblieben:



Hier eine der ganz wenigen Farb-Fotos, das existiert. Die Marke (das Paar) wurde im LIFE-Artikel (siehe Beitrag 155) auch abgebildet.

Das Kehrdruck-Paar war ein Star an der Auktion bei Ferrary! Von weit mehr als 10'000 Losen erreichte Los 501 der 2. Auktion (13.10.1921) das 29. höchste Ergebnis. Die Francs Français 46'000, die damals erzielt wurden, haben einen Wert von rund CHF 300'000 per heute (genauere Ausrechnung folgt).

Auch bei der HIND-Auktion 1935 erreichte dieses Paar ein Top-Resultat.

Diese Welt-Rarität ist aber seit 67 Jahren verschollen! Letztmals wurde sie 1950 in London ausgestellt (in der Royal Philatelic Society), danach ward sie nie mehr gesehen.

Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.09.2017 15:15:31 Gelesen: 577711# 243 @  
@ Heinz 7 [#242]

Die 27 Parale-Marke (Michel Nr. 1) wurde erst spät katalogisiert. Während die Werte zu 54, 81 und 108 Parale schon ab 1863 in den Briefmarken-Katalogen erschienen (Mount Brown), war die 27 Parale Marke damals noch unbekannt. Erst 1869, also volle 11 Jahre nach dem Erscheinen der Marken, wurde die Existenz dieser Marke mit der Veröffentlichung einer Schrift über die Briefmarken der Moldau (Autor: Legrand) und mit der Aufnahme in die Kataloge (Moens) auch bestätigt.

Der oben gezeigte, einmalige Kehrdruck wurde erst 1895 entdeckt und war gemäss Handbuch Heimbüchler 1994 (Seite 276/277, Nr. 4) 1904 "in London". Ob an einer Auktion, oder an einer Ausstellung, wird nicht erwähnt. Jedenfalls fand die Marke ihren Weg in die grösste Sammlung aller Zeiten: Philipp La Renotière von Ferrary besass auch dieses Unikat!

An der 2. Auktion seiner riesigen Sammlung am 13.-15.10.1921 kam als Los 501 das oben gezeigte Kehrdruckpaar in Paris zur Versteigerung: Gilbert, Paris.

Es war kein Katalogwert angegeben, auch kein Schätzpreis. Diese Auktion war eine in diesem Umfang noch nie dagewesene Möglichkeit für die Philatelisten, die Wertverhältnisse unter den Raritäten festzustellen/vom Markt bestimmen zu lassen.

Im Senf Katalog 1913 war die Existenz des KD-Paares vermerkt (unbewertet); ich kann mich nicht erinnern, je in einem Briefmarken-Katalog 1895-1921 eine Bewertung für dieses Kehrdruck-Paar gesehen zu haben. Es muss also eine riesige Spannung geherrscht haben unter der Philatelisten der damaligen Zeit.

Los 501 wurde zugeschlagen für FF 46'000 am 15.10.1921, dazu kamen 17.5 % Zuschlag "Government Surtax". Gemäss Umrechnungstabelle der Ergebnisliste (aus dem Werk von G.S.F. Napier, London, 1925) stand der FF zum britischen Pfund wie folgt:

"Francs per £: 53.20". Wir errechnen also einen Kaufpreis von GB£ 1015.98 (die Umrechnung in Shilling und Pence wird an dieser Stelle vernachlässigt). Das Pfund wertete damals (Oktober 1921) mit CHF 21.165 , wir errechnen also einen Kaufpreis von CHF 21'503 (per 15.10.1921) oder CHF 21'638 (per 30.12.1921).

Ende Jahrhundert (31.12.1999) entsprach dieses Ergebnis einem Wert von CHF 217'030. Ende 2016 liegt der entsprechende Wert bei CHF 232'070. (Den in Beitrag 242 genannten Wert ("rund CHF 300'000") korrigiere ich hiermit ausdrücklich, er basierte auf einer älteren Berechnung mit leicht anderen Parametern).

Ein Katalogpreis für dieses KD-Paar müsste also liegen bei ca. GB£ 1'000 seit 1922. Per heute (Ende 2016) wäre ein Katalogpreis von CHF 232'000 "richtig", wenn wir davon ausgehen, dass der Verkaufspreis "Ferrary 1921" der einzig richtige war. Dazu später noch ein paar Gedanken.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.09.2017 20:07:28 Gelesen: 577559# 244 @  
@ Heinz 7 [#243]

Dieser Mann war ein Philatelie-Titan! Es war Arthur Hind



Über ihn ist viel geschrieben worden, es ist interessant, dies nachzulesen. Wichtig für uns ist, dass er einer der grossen Philatelisten war, der eine der beeindruckendsten Sammlungen weltweit zusammentragen konnte. Ähnlich wie Ferrary sammelte er offenbar "ganze Welt" und brachte es auf erstaunliche Resultate. Vor allem seine USA-Sammlung war grossartig. Bierman schrieb (1990): "Hind's United States collection was the most complete in the world, (...). The Hind exhibit of rarities was shown at Monte Carlo 1928, where he won the Grand Trophy for his display. (...). This exhibit was then, and probably will be forever, the most complete collection of United States rarities shown by one man at philatelic exhibit". (siehe: "The world's greatest stamp collectors", Stanley M. Bierman, 1990).

Eine andere ganz starke Sektion war seine Mauritius-Sammlung, doch davon spreche ich ein anderes Mal. Heute möchte ich den Verkauf "unseres" Rumänien-Nr.1-Kehrdruckes kurz besprechen.

Hind starb 1933, 77-jährig. Der Börsencrash im Oktober 1929, der die Weltwirtschaftskrise einleitete, hatte auch üble Folgen für den Briefmarkenmarkt. Viele Raritäten verloren enorm an Wert und erreichten an Auktionen nur noch Preise, die zum Teil deutlich unter den Preisen der Zwanziger-Jahre lagen. Es gibt mehrere Autoren, die diese Entwicklung ausführlich kommentierten.

Hinds wunderbare Sammlung wurde in mehreren Teilen verkauft. Sein USA-Teil kam zuerst zum Verkauf, im November 1933 bei Phillips & Kennett (1653 Lose). Doch der Verkauf brachte deutlich weniger ein, als von den Erben erhofft. So wurde den Auktionatoren, die den zweiten Katalog bereits vorbereitet hatten (u.a. mit 398 Losen Mauritius!), die Einlieferung wieder entzogen. Henry Harmer hatte erreicht, dass ihm die Restsammlung übergeben wurde. 1934 und 1935 konnte Harmer in London in elf Auktionen die Hind-Sammlung anbieten. Es wurde ein weiterer Höhepunkt der Philateliegeschichte.

Der Rumänien-Teil wurde in nur 55 Losen verkauft am 29.1.1935 (8. Hind-Auktion, Sales 729-730 H.R. Harmer, London, 28./29.1.1935). Los 380 war das einmalige 27-Parale-Kehrdruck-Paar.

Wir haben gesehen, dass Hind 1921 GB£ 1'016 bezahlen musste. Wenn wir die schwierige wirtschaftliche Zeit berücksichtigen, hätte mich ein tieferes Resultat 1935 nicht erstaunt. Doch die List of prices realised zeigt:

GB£ 1,000 - also praktisch dasselbe Ergebnis wie 1921 (in GB-Pounds)! Dazu muss aber bemerkt werden, dass 14 Jahre nach 1921 das britische Pfund deutlich schwächer war. Dennoch würde ich das Ergebnis als unter den Umständen recht gut bezeichnen.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.09.2017 14:27:20 Gelesen: 577256# 245 @  
@ Heinz 7 [#244]

Liebe Leser,

ich denke, dass dieses Thema hier mir geholfen hat, es immerhin auf Platz 4 der "beliebtesten Mitglieder" von Philaseiten zu schaffen. Besten Dank den Leserinnen und Lesern, die mir ihre Stimme gegeben haben! Anerkennung tut wohl, das gebe ich offen zu. Wenn ich sehe, dass mein letzter Beitrag in den letzten 41 Stunden 298 x gelesen wurde, dann ist die Zahl von rund 20 "Fans" aber auch nicht sooo gewaltig, als dass ich nun mit stolzgeschwellter Brust durch die Strassen wandeln würde! Die meisten Leser sind eben doch eher zurückhaltend, denn nur rund 120 Teilnehmer an der Umfrage von Richard sind eigentlich ziemlich wenig, wenn wir ehrlich sind.

Eine Äusserung hat mir besonders Freude gemacht: "Heinz 7: Der Denker, der Logiker, der Analyst, zeigt, wie modern die Philatelie sein kann, er macht die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt lebendig, so dass man geistig davon Besitz ergreift." - Schön! Richtig! Genau so geht es mit. Ich bin kein Maurice Burrus, kein Arthur Hind oder kein Erivan Haub, aber meine Begeisterung für die Raritäten ist vermutlich genau so gross, wie bei den Genannten. Und darum finde ich solche "Spielchen" sehr anregend, WIE ich meine Millionen für die Philatelie denn einsetzen würde, WENN ich sie denn hätte...

Dass dies nicht "Sandkasten-Spiele" oder lose Träumereien bleiben müssen, das möchte ich aber herausstreichen. Wer sich wirklich engagiert, und auch einmal die Geldbörse zückt, wenn die Gelegenheit günstig ist, der wird erstaunt feststellen, dass viele (realistisch gesteckte) Ziele tatsächlich erreicht oder sogar übertroffen werden können! Man darf sich aber nicht beim ersten Fehlschlag gleich entmutigen lassen.

Zurück zum Thema -

Obwohl ich "Lektion 1" (= Grundwissen: welches waren anfangs XX. JH. die besten Briefmarken der Welt?) ja noch nicht abgeschlossen habe, habe ich mir aus gegebenem Anlass Gedanken gemacht zum Wert des Rumänien Nr. 1-Kehrdruck-Paares (Beitrag [#242] bis [#244]). Auf andere Kehrdruck-Paare (anderer Länder) werde ich gerne zurückkommen, da ist noch viel Wichtiges festzustellen.

Dazwischen aber folgende Frage. Kann ein Kauf zum Katalogwert ein "Schnäppchen" sein? - Meine Antwort: JA, DURCHAUS!

Wir haben gesehen, dass die Mi. Rumänien Nr. 1 KD kaum je gehandelt wurde und zu allem Überfluss auch noch seit 67 Jahren verschollen ist! Einen Katalogwert festzusetzen ist also sehr schwierig. Ich habe gezeigt, dass 1922 der Katalogwert wohl bei GB£ 1'000 oder bei CHF 22'000 hätten angesetzt werden müssen. Obwohl rein rechnerisch der Wert 1935 (bei der Hind-Auktion) in Schweizer Franken nicht erreicht wurde, hätte ich den Katalogwert 1935 sicher nicht gesenkt. Gründe:

- äussert schwieriges wirtschaftliches Umfeld, 1935,
- Rumänien-Kehrdruck-Paar mit sehr gutem Resultat, im Vergleich zu anderen Raritäten der Hind-Auktion

Die CHF 22'000 von 1922 sind nach meinem Ansatz heute (Ende 2016) CHF 232'000 wert, somit wäre dies wohl "der richtige Katalogwert". Ich bin jedoch der Überzeugung, dass das Kehrdruck-Paar in den letzten 15 Jahren TEURER verkauft worden wäre!

WENN - HÄTTE - WÄRE... das sind alles Gedanken-Spiele! Aber überlegen wir uns, wie wir reagieren, wenn

a) das Kehrdruckpaar morgen wieder entdeckt wird
b) einem Auktionshaus zum Verkauf angeboten wird
c) uns der Auktionator fragt, welchen Schätzpreis er denn einsetzen soll?

Vermutlich sind wir dann mit CHF 232'000 zu tief! Betrachten wir, was aus anderen Spitzenraritäten geworden ist (in den letzten 100 Jahren). Manche haben an Wert deutlich stärker zugelegt, als in unserer Modellrechnung.

Wie sieht das mit Rumänien aus?

- Das teuerste Stück der Rumänien-Philatelie wurde 2006 zu mehr als CHF 700'000 gehandelt (dazu mehr später).
- Der beste Brief von Rumänien (im Museum, vgl. Beitrag [#169]) hat meines Erachtens einen Wert von mindestens CHF 2'500'000.

Dann müsste das legendäre, einzigartige und weltbekannte Kehrdruckpaar an einer Auktion auch einen gewaltigen Preis erzielen. Vielleicht CHF 400'000? Oder CHF 500'000? Vielleicht noch mehr? Rumänien war in den letzten 15 Jahren ein Sammelgebiet mit sehr guter Nachfrage nach den wirklich guten Stücken. Ich bin darum überzeugt, dass mehr als ein Sammler liebend gerne CHF 232'000 bezahlen würde, könnte er das Stück dafür übernehmen!

Heinz
 
bayern klassisch Am: 05.09.2017 15:25:09 Gelesen: 577221# 246 @  
Hallo Heinz,

ich lese deine Beiträge (nicht nur unter diesem Thread) stets mit großer Freude und Interesse und freue mich, dass du ein Sternchen bekommen hast.

Die Anzahl der für dich abgegebenen Stimmen ist nicht ausschlaggebend - hier lesen zahllose Sammler mit, die deine Beiträge genauso toll und lehrreich finden, wie ich - nur geben die allermeisten halt keine Stimme ab.

Wichtig ist doch, dass man sein Wissen teilt und das machst du hiermit in vorzüglicher Weise - wenn es dann noch einen Stern obendrauf gibt, ist das doch nur umso besser.

Also: Bitte weiter machen mit dieser tollen Serie, jedes mal ein Highlight für mich.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gerhard Am: 05.09.2017 15:27:50 Gelesen: 577219# 247 @  
@ bayern klassisch [#246]

Das kann ich nur unterstreichen: Das ist der Geist!

Mphg
und Glückwunsch an Heinz
Gerhard
 
Heinz 7 Am: 06.09.2017 19:46:23 Gelesen: 577053# 248 @  
@ bayern klassisch [#246]

Lieber Ralph,

vielen Dank für Dein Lob. Ich fühle mich geehrt, und das tut mir auch gut, das gebe ich gerne zu. Es ist auch eine sehr schöne Motivation, weiterzumachen. Denn wenn all die Beiträge ungelesen/unbeachtet/ungeschätzt verpuffen würden, und es gäbe keine positiven Reaktionen, dann würde ich mir schon überlegen, ob ich die vielen Stunden nicht besser woanders einsetze. Ich kann die Arbeiten ja auch für mich ganz alleine machen und die Erkenntnisse für mich "horten", aber ich halte es eher mit der Ansicht: "geteilte Freude ist doppelte Freude" (wie auch das Gegenteil: "geteiltes Leid ist halbes Leid").

Ganz generell möchte ich zusätzlich sagen, dass "die Konsumenten" gut daran tun, nicht alles als Selbstverständlichkeit zu beziehen, sondern hin und wieder hinzustehen und "danke" zu sagen oder ein Lob auszusprechen. Es ist leider eine Tatsache, dass viel Freiwilligenarbeit (gerade in den Vereinen) ohne jeden Dank an die "Macher" konsumiert wird. Viele Freiwillige geben darum ihre Tätigkeit rasch wieder auf - weil es an Anerkennung und Wertschätzung fehlt. -

Auch darum finde ich Richards Umfragen gut und motivierend: Es gibt "feedback". Es wäre schön, wenn mehr Leserinnen und Leser sich dann auch daran beteiligen würden.

@ Gerhard [#247]

Danke!

Doch zurück zum Thema.

Die seltsame Carrier-Marke lässt mir keine Ruhe (Schubert-Liste 24.6 - siehe Beiträge 226 bis 235). Ich habe nun wichtige Zusatzinformationen!

In der alten Fachzeitschrift "Illustriertes Briefmarken-Journal" habe ich den Entdeckungsbericht von Theodor Haas gefunden (XXII. Jahrgang, Heft Nr. 3, vom 2.2.1895; Seite 44-46).







Ich schätzte Theodor Haas sehr, vgl. [#149], und sein Aufsatz ist interessant. Aber - genau genommen - haben wir noch immer kein Bild je gesehen von der braunroten MARKE! Offenbar wurde die Marke erstmals in der US-Zeitschrift "American Journal of Philately" erwähnt (10.8.1869). Diese wirklich alte Zeitschrift habe ich leider nicht zur Einsicht bereit.

Tiffany, auf den sich Haas bezieht, schreibt offenbar auch nur etwas von Probedruck, aber Haas sah ein Exemplar mit (Teil-) Stempel (NEW Y)ORK.

Ist dieses Exemplar irgend wann einmal abgebildet worden? Ich muss sagen: das gänzliche Fehlen in den US-Katalogen macht mich sehr vorsichtig; ich glaube noch nicht, dass es eine gültige braunrote Carrier-Marke USA 1851 je gegeben hat. Eventuell sah Haas eine Fälschung?

Interessant auch, was Haas 10 Jahre später in seinem Handbuch "Lehrbuch" zu dieser Marke schreibt (Seite 468):

"(...) Marken, deren Charakter bis zur Stunde nicht aufgeklärt ist, trotzdem sie schon in den sechziger Jahren bekannt war(...)"

"(...) sie (...) dürfte das einzig gebrauchte Stück sein, das man kennt" (Anm.: seine 1895 besprochene "Neuentdeckung").

"Nach Jahren (...) verkaufte der Sammler die Marke für etwa 60-80 Mark an die Firma Gebrüder Senf, in deren Geschäftssammlung sie sich noch heute befindet."

Oh weia! Denkbar ist, dass Senf eine Fälschung hatte, die sie 1912 / 1913 - als Unikat! - keck mit 2000 Mark bewerteten (siehe Beitrag [#2]). Warum Senf dann 1929 die Marke im Katalog NICHT mehr aufführte, ist eine wichtige Frage. Meine Fragen in Beitrag [#235] sind also drängender denn je.

Ich hoffe, dass sich US-Spezialisten dieser "Geschichte" einmal annehmen können.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 06.09.2017 20:12:43 Gelesen: 577037# 249 @  
@ Heinz 7 [#248]

Lieber Heinz,

von US - Marken habe ich leider keine Ahnung, aber ich habe mir den Text, den hier lobenswerterweise eingestellt hast, gelesen. Dort steht, dass es eine Eilboten - Marke wäre (Express würden wir heute dazu sagen).

Ich kann mir das nicht vorstellen. In jedem mir bekannten Land damals, also um 1850 ff war die Gebühr bzw. der Expresslohn hoch und 1 Cent wären ein Witz für einen Eilboten gewesen.

Wenn es diese Marke so kaum einmal gegeben hätte/hat, dann hatte sie ganz sicher nichts mit der Eilbestellung zu tun, die ich mir in den USA damals eh kaum vorstellen kann. Ich lasse mich aber gerne korrigieren.

Köhler zeigt gerade in seinem neuesten Katalog ein paar Bomben der Sammlung von Erivan Haub in einem Sonderkatalog. Wäre es nicht sinnvoll, dort mal wegen dieser Marke anzufragen? Sicher kann Herr Louis oder andere, fähige Mitarbeiter dort nachforschen, was es mit dieser Marke auf sich hat.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
olli0816 Am: 06.09.2017 20:47:18 Gelesen: 577022# 250 @  
Hallo Heinz,

ich denke, dass es heute kaum mehr auflösbar ist, ob diese Marke echt herausgegeben wurde und tatsächlich für den Gebrauch der Beförderung verwendet wurde. Wenn man sich den Artikel durchliest, sind da lauter Annahmen. Wenn dort z.B. berichtet wird, dass es keine Aufzeichnungen zu der Marke bei der Herausgabe gibt, dann ist das kein so positiver Hinweis. Auch die sagenhafte Auflage von 300.000 Stück (woher kommt diese Zahl?) und das es davon kaum Marken gibt, lässt viele Fragen offen. Bei gut angelegten Betrug schafft man i.d.R. Argumente, die so absurd sind, dass die Leute wieder anfangen, es zu glauben. Und wenn man sich schon damals die Summen anschaut, die sehr vermögende Sammler bereit waren zu zahlen, dann ist die Versuchung sicher groß gewesen, da mal etwas zu "entwerfen".

Andererseits kann es tatsächlich ein Probedruck sein, der versehentlich oder weniger versehentlich mit der Post befördert wurde. Niemand wird es heute heraus bekommen, da es äußerst unwahrscheinlich ist, das Unterlagen auftauchen. Unabhängig davon ist es ein schönes Stück Zeitgeschichte aus den Anfangstagen der Briefmarken und passt zum "Wilden Westen", auch wenn es der Osten der USA war. Sehr faszinierende Geschichte. Das ist ähnlich wie bei der 1 Cent British Guyana: Da ist die Meinung auch dahingehend, dass die in der Form verfälscht ist. Trotzdem ist sie viele Millionen wert.

Zu den Abstimmungen:

Ich muß zugeben, dass ich meistens auch nicht abstimme. Ist mir nicht so wichtig und es ist im Grunde doch so, dass es viele Leute gibt, die hier Beiträge schreiben oder anderweitige Aktivitäten an den Tag legen. Je nach Zeit und Aktivität gibt es Leute, die nur wenige oder einen Beitrag schreiben, aber trotzdem zu dem Forum beitragen. Mir fehlt z.B. die Zeit, dass ich viel schreibe und ich denke, gerade Leute, die berufstätig sind, können nicht so viel schreiben. Ich schätze dein Thema z.B. sehr, aber ich finde auch andere Beiträge sehr interessant. Daneben gibt es Beiträge, die außerhalb meiner Interessensgebiete liegen, die aber sicher insgesamt auch sehr hochwertig in ihrem Gebiet sind. Da ich diese Schreiber kaum wahrnehme, täte ich ihnen unrecht, wenn ich sie bei einer solchen Befragung nicht berücksichtigen würde, wenn sie sehr viel interessantes zu ihren Gebieten beitragen. Von daher bin ich lieber fair und enthalte mich. Sei aber sicher, dass ich das Thema hier öfters lese, von daher sehe es von meiner Seite als positive Bestätigung.

Grüße
Oliver
 
Heinz 7 Am: 07.09.2017 22:54:01 Gelesen: 576856# 251 @  
@ bayern klassisch [#249]

Ralph, ich nehme an, dass auch Leute von "Köhler" die Philaseiten lesen. Von daher hoffe ich gerne auf eine Antwort aus Wiesbaden. Sie haben/kennen ja Leute, die sich mit USA besonders gut auskennen. Ich kann natürlich auch noch gezielt nachfragen.

Ich habe zu den Carrier-Marken schon andere Erklärungen gelesen. Die 1 Cent war eine Entschädigung für den Transport vom Postamt nach hause, aber keine Eilzustellung. Ohne Carrier-Marke musste der Empfänger den Brief auf dem Postamt abholen. Hauslieferung gab es nur mit der Extra-Taxe.

@ olli0816 [#250]

Hallo Oliver,

danke für Deine Überlegungen, die ich zum Teil teile.

- Mir scheint auch die Variante, dass es sich um einen Probedruck handelt, die wahrscheinlichste. Immerhin kennt ja Scott die (ungebrauchten) Probedrucke. Ob dann ein echter oder ein gefälschter Stempel auf die Briefmarke kam, lässt sich heute kaum mehr ermitteln.

- Nicht einverstanden bin ich mit der Behauptung, die British Guiana 1856, 1 Cent, sei verfälscht. diese Marke wurde x-mal mit den besten Methoden untersucht, und sie gilt als echt. Punkt. Wer das nicht glaubt, soll mit seiner Meinung selig werden. Die Mehrheit der Philatelisten vertraut den Forschern, die sagten: "echt, keine Verfälschung feststellber."

- Lesen/Bewerten: Ich kann natürlich auch nicht alles lesen und würdigen, das auf Philaseiten geschrieben wird. Ich habe damit aber kein Problem. Gerne lese ich einige Themen nach, die mich ansprechen, oder ich sehr mir an, was gewisse Sammler geschrieben haben. Wenn es mir dann gefällt, was der Andere schreibt, erhält er vermutlich bei Richards nächster Rundfrage eine Stimme von mir, mit Begründung. So einfach ist das. Die Schreiber sehen dann, dass jemand ihre Beiträge mochte und ist motiviert, weiter zu schreiben. Wenn hingegen die Beiträge einfach so ohne Reaktion(en) verpuffen, dann muss der Schreiber ja annehmen, dass das Thema wenig interessiert oder die Beiträge nicht gefallen. Vermutlich hat er dann irgendwann wenig Motivation, noch weiter zu schreiben (ausser, er/sie macht das nur für sich selber).

Ich freue mich natürlich, wenn Du dieses Thema hier schätzest und werde bald daran weiter schreiben. Danke für Deine Aufmunterung!

Heinz
 
olli0816 Am: 08.09.2017 09:12:21 Gelesen: 576792# 252 @  
@ Heinz 7 [#251]

Zur British Guyana möchte ich - ob Fälschung oder nicht - keine große Diskussion auslösen. Ich werde es nicht bestimmen können. Tatsache ist, dass es Diskussionen dazu seid den 20er-Jahren gibt. Ich habe aber weder die 1 Cent noch die 4 Cent jemals live gesehen und selbst wenn, dann werde ich zu keinem Ergebnis kommen.

Ich habe einen Link, der dir gefallen könnte:

http://stampforgeries.com/forged-stamps-of-british-guiana-1850-1860/

Wie der Link richtig aussagt, werden dort alle Fälschungen der klassischen Marken aus British Guyana gezeigt. Aber auch Originale und das in einer sehr guten Auflösung. Falls dir mal eine British Guyana 1 Cent angeboten wird, kannst Du da nachschauen ob die Original ist :). Ich mag das Gebiet selber sehr gerne und besitze ein paar Briefe aus der alten Zeit mit dem schönen Schiffsmotiv.

Grüße
Oliver
 
Heinz 7 Am: 08.09.2017 18:09:35 Gelesen: 576715# 253 @  
@ olli0816 [#252]

Lieber Oliver,

ich habe sowohl die One Cent als auch die 4 Cents Marke 1856 schon von eigenem Auge gesehen, zuletzt in New York 2015, masse mir aber kein eigenes Urteil über echt oder falsch an. Das überlasse ich den vielen Spezialisten, die dieses Gebiet schon seit mehr als 130 Jahren sammeln / gesammelt haben. Meines Wissens haben frühe erstklassige Kenner die Frage definitiv entschieden, und daran halten sich nicht nur die Katalogherausgeber, sondern auch die führenden Raritätensammler und Auktionatoren.

Natürlich gibt es bei so berühmten Marken (und vor allem auch bei Unikaten) immer auch Zweifler und Neider, die alles in Frage stellen. Auch bei anderen Kunstwerken gibt es immer wieder Verschwörungstheorien, so soll z.B. die "Mona Lisa" aus dem Louvre nicht echt sein, und ähnlicher Unsinn.

Ich will nun aber nicht alle Zweifler in einen Topf werfen oder ihnen unlautere Motive unterstellen, sicher gab es ernsthafte Philatelisten, die berechtigte Fragen stellten zu der so berühmten Marke. Daraufhin hat man die Fragen geklärt. Und damit soll es nun gut sein, das ist meine Meinung. Ich verweise auf die Fachliteratur zu British Guiana.

Ich weiss nicht, wie viele Fälschungen es auf dem Gebiet "British Guiana" gibt, ich weiss dies aber z.B. zum Gebiet "Rumänien". Im ersten Sachbuch zur ersten Ausgabe stellte der Autor z.B. je 5 Typen vor der Michel Nummern 2, 3 und 4! Dabei gab und gibt es von jeder dieser Marke definitiv nur EINEN Typ, nämlich die Urmarke! Alle anderen 4 "Marken" (Typen) waren Fälschungen! Die Pioniere der Philatelie mussten viel lernen, bevor sie (man) es besser wussten.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.09.2017 21:45:02 Gelesen: 576268# 254 @  
@ BD [#2]

Es freut mich sehr, heute eine klassische Schönheit vorstellen zu dürfen: Die Réunion Nummer 1!

13 GB+British Commonwealth: 1, 2.1, 2.2, 10.2, 10.3, 18.1, 18.2, 18.3, 24.1, 24.2, 24.3, 30, 31.1
8 Europa: 4, 10.1, 10.5, 18.4, 23, 24.4, 24.5, 31.2
11 USA+Hawaii: 5, 6.1, 6.2, 6.3, 9, 10.4, 10.6, 10.7, 10.8, 18.5, 24.6

Unter den ersten 32 Marken der Liste Schubert finden wir zwar einige europäische Marken, aber EIN Gebiet wird sicher schmerzlich vermisst:

LA GRANDE NATION ET SON EMPIRE

Frankreich war im XIX. Jahrhundert eine bedeutende Weltmacht und hatte unzählige Kolonien, das "Empire" war 1900 flächenmässig die drittgrösste Weltmacht. Das Mutterland umfasste "nur" 536 Tausend qkm, aber der "Aussenbesitz" belief sich auf rund 12'000 T qkm (Quelle: "Bibliothek des allg. und praktischen Wissens" von Emanuel Müller-Baden, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin (etc.), 1920, Band 3, Teil 2, Seite 42).

Keine Briefmarke aus Frankreich oder seinen Kolonien schaffte es unter die ersten 32 bei Schubert. Auf Platz 33 sind nun aber (endlich!) 3 Marken anzutreffen: Frankreichs Nr. 6 und zwei Marken der Insel Réunion.

Réunion liegt knapp 700 km östlich von Madagaskar und ist nur rund 200 km vom weltberühmten Mauritius entfernt! 1852 erschienen die ersten Ausgaben dieser Insel: zwei Werte (15 und 30 Cents).

Im Senf 1912/1913 waren beide Marken gleich bewertet: mit 1500 Mark (für ungebraucht). 2010 gibt es Bewertungsunterschiede im Michel:

Nr. 1 = 15 Centimes = 38'000 (*) bzw. 30'000 (gest.)
Nr. 2 = 30 Centimes = 32'000 (*) bzw. 30'000 (gest.)



Ein besonders schönes Exemplar der Réunion Nr. 1 wurde am 19.5.2010 bei Spink in New York verkauft. Bei einem Katalogwert von US$36'000 (?-2010, ich habe nur Scott 2000, dort US$ 30'000) war der Zuschlagpreis von nur US$ 21'550 (ohne Zuschlag) für ein qualitativ sehr gutes Exemplar kein überragend hohes Resultat.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.09.2017 22:19:32 Gelesen: 576259# 255 @  
@ Heinz 7 [#254]

Im Auktionskatalog 2010 steht, völlig zu Recht: "One of the World's Rarest Classic Stamps" (siehe [#254])

Dass beide Marken Réunion (Nr. 1+2) sowohl ungestempelt als auch gestempelt sehr selten sind, hat sie in der Liste Haas (1905) noch weiter nach vorne gebracht, als bei Schubert.

1912/1913 waren beide Marken bei Senf ungestempelt mit 1500 Mark, gestempelt mit 1200 Mark bewertet. Die Bewertungen im Michel 2010 habe ich im Beitrag [#253] erwähnt. Es gibt diese Marke also nicht billig!

Theodor Haas, siehe [#149], wählte bekanntlich den Ansatz, die BILLIGERE Variante bei seiner Beurteilung heranzuziehen. Ist also eine Marke z.B. nur ungebraucht sehr teuer, so kann es sein, dass sie wohl in der Bewertung Schubert weit oben erscheint, nicht aber bei Haas!

Konsultieren wir nun also die Liste Haas, dann finden wir unsere Réunion-Marken wirklich sehr weit oben auf der Liste der "seltensten" (siehe sein Handbuch, Seite 477 ff):

14. Réunion 1851, 30 C. schwarz
15. Réunion 1851, 15 C. schwarz

Bei Haas sind diese Marken also noch deutlich besser bewertet als bei Schubert/Senf!



Anbei zeige ich eine Nummer 2 (30 Centimes) aus der Sammlung Maurice Burrus, die 1964 versteigert wurde. Burrus konnte (auch mit Réunion!) glänzen mit:

- Los 879: 15 c. ungebraucht, Schätzpreis (=SP) GB£ 650
- Los 880: 15 c. auf Brief, SP GB£ 1,200
- Los 881: 30 c. ungebraucht, SP GB£ 1,000 => siehe Abbildung
- Los 882: 30 c. ungebraucht, SP GB£ 400
- Los 883: 30 c. auf Brief, SP GB£ 400
- Los 884: 30 c. auf Brief, SP GB£ 1,500
- Los 885: 30 c. auf Brief, SP GB£ 40 => siehe Abbildung

Zum letzten Los muss gesagt werden, dass die Marke repariert war und nicht zum Brief gehört ("... sur petit enveloppe, à laquelle il le t. n'appartient pas.").

Mit 7 Marken der Nummern 1+2 kann die Sammlung Burrus aber sicherlich beeindrucken. Ich versuche noch, die tatsächlich erzielten Preise zu eruieren.

Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.09.2017 23:25:08 Gelesen: 576244# 256 @  
@ Heinz 7 [#254]

Die Nummer 1 von Réunion ist selten
die Nummer 2 von Réunion ist selten

Ein Brief, der die Nummer 1 und 2 von Réunion trägt, ist eine Weltrarität!

In Caspary's legendärer Sammlung war folgender Brief zu sehen:



Los 1278 von Auktion 18-21.11.1957 (sales 1123-1126) (11. Caspary-Auktion) zeigt Réunion Nr. 1+2 auf einem kleinen Brief von St. André (Réunion) nach Nantes (Frankreich).

Dieser Brief, ohne Schätzpreis im Katalog, erzielte respektable US$ 3'000 im Jahr 1957.

Dies ist (geldwertbereinigt) vermutlich mehr als 2004, als der Brief meines Wissens wieder angeboten wurde, (Boule/Harmer New York in Monaco), dann aber nur US$ 46'000 erreichte (+15 % = US$ 52'900). Nach "Bolaffi" entsprach dies damals einem Wert von Euro 43'008.

Der Schätzpreis bei Boule/Harmer lag bei US$ 60-80'000, wurde aber, wie gezeigt, nicht erreicht. Der Käufer hat ein Spitzenstück erworben zu einem günstigen Preis. Der Brief ist mehr wert als Euro 43'000 (2004), das ist meine Meinung.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.09.2017 21:04:04 Gelesen: 576073# 257 @  
Nachtrag zu [#256]

Ich hätte gestern gerne ein schönes Bild eingestellt eines Briefes mit Réunion 1+2, aber den Caspary-Brief habe ich noch nicht besser gefunden.

Anbei aber ein ähnlicher Brief:



David Feldman bot im April 2015 viele Raritäten an in einem "Private Treaty"-Katalog "Treasures of Philately". Auf Seite 200 fand ich diesen interessantes Brief, gestempelt: "St. André, Ile de la Réunion, 23. Aout 1852". Der Brief ging nach Nantes, mit zwei Ankunftsstempeln: "Colonies Fra. / Marseille / 25 Nov. 52" (in rot, Briefvorderseite) und "Nantes 26 Nov. 52" (schwarz, Briefrückseite). Offenbar benötigte der Brief mehr als drei Monate für seine Reise. Den Tax-Stempel "35" finden wir auch auf dem Caspary-Brief.

Leider wissen wir nicht, wieviel der Brief kosten sollte (Angabe: "Price on request"). Aber eine Angabe ist für uns sehr interessant: "A stunning combination first issue franking, (...), one of only five recorded first issue combinations covers recorded".

Damit haben wir also 2 der 5 bekannten Briefe hier gesehen.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.09.2017 22:15:28 Gelesen: 576049# 258 @  
@ Heinz 7 [#256]

Nun ist meine Grobschätzung fehlgeschlagen. Die US$ 3'000 von 1957 sind geldwertbereinigt auch nicht mehr, als der Erlös im Jahr 2004.

Konkret sieht das so aus:

Nach meiner Umrechnungsmethodik erhalte ich folgende Werte

21.11.1957 = Resultat US$ 3'000, kein Aufgeld (!)
Umrechnungskurs Schweiz. Nationalbank, US$ Nov. 1957 = 4.284 (bestätigt durch PR-Liste des Auktionshauses: CHF 4.28)
= CHF 12'852 bzw. CHF 12'894 per 31.12.1957

Diese CHF 12'894 werden bei p=3 (3 Prozent Jahresverzinsung) CHF 44'622 per Ende 1999 (42 Jahre später). Rechnen wir weiter bis Ende 2016 (mit p=0.4, also 4 Promille) erhalten wir 31.12.2016 einen Wert von CHF 47'756.

Das ist, zu meiner Überraschung, sogar WENIGER als die von Bolaffi genannten Euro 43'008 (2004) für den Verkauf bei Boule, Monaco.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.09.2017 18:47:36 Gelesen: 575667# 259 @  
@ 10Parale [#222]

Aus gegebenem Anlass mache ich heute einen kleinen "Exkurs" und verlasse das Gebiet der berühmtesten & wertvollsten Briefmarken der Welt "im engeren Sinn".

Der "Anlass" ist der Versand der Auktionskataloge von Köhler zur Herbstauktion. Da sind schöne Angebote dabei! In einem Spezialkatalog wird "Lübeck" angeboten. "Was hat nun Lübeck in dieser Rubrik verloren?" wird manch ein Leser fragen, zu Recht, denn die teuerste Marke ist bereits für Euro 3000 zu haben (Michel-Katalog 2010: Lübeck Nr. 2, 1859, 1 Schilling orange, ungebraucht).

Ganz abgesehen davon, dass es sensationelle Briefe gibt, die (aus verschiedenen Gründen) hohe fünfstellige Beträge kosten, möchte ich heute an die "Schwester der Briefmarke" erinnern.

Ja! Neben den seit jeher heiss geliebten Briefmarken gibt es noch weitere Postwertzeichen, die GLEICHWERTIG zu den Briefmarken existieren und ihre Daseinsberechtigung voll und ganz haben, aber dennoch von vielen Sammlern kaum wahrgenommen (beachtet) werden! - DIE GANZSACHEN!

Wir haben zum Glück in diesem Forum einige Freunde der Ganzsachen, und ich empfehle allen Lesern die Lektüre dieser Themen.

Und - wichtig! - die Ganzsachen waren auch einmal sehr beliebt und hoch bewertet! Die frühen Philatelisten haben sich mit Eifer auch ihrer Erforschung gewidmet, bevor die Ganzsache anfangs des XX. Jahrhunderts dann mehr und mehr in Vergessenheit geriet.

10 Parale hat im Beitrag 222 auf die Studie Lindenberg hingewiesen und den Senf-Katalog 1893. Er schreibt:

"Im Jahr 1893 gab es 116 Briefmarken und Ganzsachen, die damals mit einem Wert von größer = 400 Reichsmark angesetzt wurden (Quelle: Deutsche Briefmarken Zeitung Ausgabe Juni 1893, Autor: Lindenberg - rezitiert von Müller-Mark in Reflexionen über Philatelie)"

Im Senf Katalog 1893 (dem zweiten, den es gab; 1892 erst
mals herausgegeben) finden wir für Lübeck folgende Notierungen: (Auswahl:)

Senf Nr. 1 - 1/2 Schilling lila: 25 Mark (ungestempelt/gestempelt)
Senf Nr. 2 - 1 Schilling rotgelb: 20 Mark (ungestempelt/gestempelt)
Senf Nr. 3a - 2 1/2 Schilling rotbraun: 125 Mark (gestempelt); 50 Mark (ungest.)

1913 (20 Jahre später) waren die entsprechenden Bewertungen bei:

Senf Nr. 1 - 1/2 Schilling lila: 75/85 Mark (ungestempelt/gestempelt)
Senf Nr. 2 - 1 Schilling rotgelb: 70/80 Mark (ungestempelt/gestempelt)
Senf Nr. 3a - 2 1/2 Schilling rotbraun: 325 Mark (gestempelt); 45 Mark (ungest.)

DIESE KATALOGNOTIERUNGEN wurden aber BEI WEITEM in den Schatten gestellt von folgenden Bewertungen (Auswahl/Senf 1893):

Ganzsache Nr. 1a: 1/2 Schilling grün, kl. Form. 125 Mark (ungebr./gebr.)
Ganzsache Nr. 1b: 1/2 Schilling grün, gr. Form. 150/200 Mark (ungebr./gebr.)
Ganzsache Nr. 2b: 1 Schilling gelbrot, gr. Form. 20/200 Mark (ungebr./gebr.)
... usw....
Ganzsache Nr. 5a: 4 Schilling hellbraun, kl. Form. 250/200 Mark (ungebr./gebr.)
Ganzsache Nr. 5b: 4 Schilling hellbraun, gr. Form. 300/300 Mark (ungebr./gebr.)

Diese Ganzsachen wurden also sehrsehr hoch bewertet. Sie sind aber auch sehrsehr selten!

Heute (Ende Monat) ergibt sich die Möglichkeit, ein paar dieser Rosinen zu picken. Ein Beispiel:



Los 9692 Köhler - (30.9.2017): "Umschlag 1/2 Schilling grün im Grossformat mit Ringstempel "L" und nebengesetztem Doppelkreisstempel "LUEBECK 31/12" als Ortsbrief gebraucht (...) und einzig bekanntes gebrauchtes Exemplar dieses auch in ungebrauchter Erhaltung schon seltenen Umschlages (...)"

Mit anderen Worten: Eine absolute WELTRARITÄT.

Ich bin nun wirklich gespannt, wo der Zuschlagpreis sein wird. Schätzpreis: Euro 5000. Andere, ebenfalls SELTENE Umschläge, sind für lächerliche Euro 100/250/300/500/800 zu haben (Schätzpreise).

Wenn die schöne Schwester der Briefmarke (eben: die Ganzsache!) von mutigen Prinzen einmal aus dem Dornröschenschlaf wach-geküsst wird, könnten wir hier "Preisraketen" erwarten wie zu den besten Zeiten der Philatelie! - Verdient hätten sie es, die Ganzsachen!

Wir dürfen gespannt sein!

Heinz
 
Cantus Am: 17.09.2017 12:00:27 Gelesen: 575458# 260 @  
@ Heinz 7 [#259]

Hallo Heinz,

ich schaue selten in dieses Thema, denn Briefmarken interessieren mich naturgemäß eher weniger, aber im Anschluss an deinen Beitrag möchte ich doch noch etwas zum Besten geben. Es handelt sich dabei um ein Randgebiet, weder Ganzsache noch Briefmarke, sondern in entsprechenden Handbüchern als "ganzsachenähnliche Formulare" beschrieben.

Vor mehr als einem Jahrzehnt suchte ein in diesem philatelistischen Teilgebiet bedeutender Schweizer Sammler weltweit nach Abbildungen bestimmter echt gelaufener mehrsprachiger österreichischer Postbegleitadressen, die zwar im Handbuch von Ing.Franz Schneiderbauer sämtlich gelistet und im österreichischen ANK-Ganzsachenkatalog in ungebrauchter Form nun auch abgebildet sind, die aber in gebrauchter Form nirgends aufzutreiben waren. Ziel dieser Suche war die Herausgabe mehrerer Handbücher, die sich ausschließlich mit der österreichischen Fracht- und Paketpost befassen.

Bei einzelnen Sammlern in den USA konnte er gesuchte Einzelstücke bekommen, aber auch ich konnte mit mehreren Exemplaren aushelfen. Sie stammen sämtlich aus einem Posten sogenannter Katastrophenpost, den ich zuvor bei Schwanke in Hamburg ersteigert hatte. Alle diese Stücke haben seitliche mehr oder minder deutliche Brandspuren, wurden sie doch im Rahmen eines Zeppelinabsturzes gefunden und sichergestellt. Bis heute wurden meines Wissens keine weiteren dieser Exemplare irgendwo angeboten, es dürfte sich dabei also ebenfalls um sogennnte Weltraritäten handeln. Mangels allgemeiner Nachfrage und wenig Fachwissens um diesen - für mich jedoch bedeutenden - Teilbereich der österreichischen Philatelie dürften mögliche zukünftige Angebote entweder im unteren Finanzsektor oder nur in irgendwelchen Posten veröffentlicht werden, sehr zu meinem Vorteil, denn so dürfte das allgemeine Erwerbsinteresse in überschaubarem Rahmen bleiben.

Nicht jede Weltrarität bedingt also auch gleich einen hohen Preis, sondern es bedarf auch noch des gleichzeitigen Wunsches mehrerer vermögender Sammler, so ein Einzelstück unbedingt besitzen zu wollen.

Viele Grüße
Ingo
 
Heinz 7 Am: 18.09.2017 10:58:08 Gelesen: 575258# 261 @  
@ Cantus [#260]

Lieber Ingo,

ich weiss, dass ich das Thema "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" etwas dehne, wenn ich nun plötzlich von Ganzsachen schreibe [#259]. Meine Absicht war dabei, das Augenmerk der Leser auf diesen FASZINIERENDEN und (den Briefmarken) GLEICHWERTIGEN Aspekt der Philatelie zu lenken, denn die Ganzsache ist - ohne Frage - ein Postwertzeichen wie die Briefmarke auch!

Ganzsachen waren im XIX. Jahrhundert sehr beliebt und erreichten oft sehr hohe Preise, die denen für Briefmarken nicht nachstanden! 10 Parale hat die Studie von Lindenberg angesprochen, der einen frühen Senf-Katalog analysiert hatte und dabei sehr viele sehr teure Ganzsachen auflistete. Anfangs des XX. Jahrhunderts gerieten dann die Ganzsachen mehr und mehr in Vergessenheit und wurden von vielen Sammlern, Händlern, Auktionatoren, stark vernachlässigt, wenn nicht gar vergessen. Dies hatte natürlich auch einen Einfluss auf die Preise, die heute, vereinfacht gesagt, für Ganzsachen in der Regel sehr tief sind. Zum Glück wurde wenigstens bei den Briefmarkenausstellungen die Sparte "Ganzsachen" mit einer eigenen Klasse immer am Leben gehalten und ein paar Sammler haben so einer noch stärkeren Vernachlässigung der Ganzsachen entgegen gewirkt.

Ich werde in Zukunft unter DIESEM Thema generell nicht vertieft auf Ganzsachen eingehen. In Beitrag [#191] habe ich skizziert, wie ich dieses Thema gerne (weiter) bearbeiten würde. Wenn dabei gelegentlich auch Ganzsachen besprochen werden, dann soll das zum Thema einen direkten Bezug haben (wie - meines Erachtens - in Beitrag [#259]). Oder wenn ich hohe Resultate kommentiere, die Briefe mit Ganzsachen-AUSSCHNITTEN, erreichten! (Es ist ja seltsam, dass die GSA bei den Briefmarkensammlern sehr beliebt sind, sobald sie "als Briefmarke" verwendet wurden! (= Ausschnitt auf einen Brief geklebt anstelle einer Briefmarke)).

Wenn die Leser die "berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" kennen, so können sie erst einen relativ KLEINEN TEIL der Verkaufserfolge ohne Weiteres verstehen. VIELE ANDERE Aspekte haben ebenfalls einen gewaltigen Einfluss auf die Preise von philatelistischen Stücken (Briefmarken/Briefen, usw.). Beispiele für teure Stücke:

a) eine an sich nicht-wertvolle Marke (als Einzelstück) erreicht als grössere Einheit einen sehr hohen Preis
b) eine an sich nicht-wertvolle Marke (als Einzelstück) erreicht auf Brief einen sehr hohen Preis
c) eine an sich nicht-wertvolle Marke (als Einzelstück) erreicht als besondere Frankatur einen sehr hohen Preis
d) eine an sich nicht-wertvolle Marke (als Einzelstück) erreicht wegen ihrer Abstempelung einen sehr hohen Preis
e) eine an sich nicht-wertvolle Marke (als Einzelstück) erreicht wegen ihrer postalischen Verwendung einen sehr hohen Preis (interessant unter dem Aspekt "postal history")
f) u.s.w. die Liste lässt sich noch verlängern...

Unter Buchstabe e) können wir wohl auch Katastrophen-Post auflisten! Es ist in der Tat faszinierend, wenn von einem Zeppelin-Unfall noch Poststücke übrigblieben (oder von Schiffs-Unglücken); solche ansonsten absolut gewöhnlichen Briefe können so plötzlich enorm rar/gefragt/teuer sein!

Mit deiner Bemerkung ganz am Ende hast Du völlig recht! - Dies kann aber für Sammler auch eine sehr lohnende Herausforderung sein, die Gebiete zu entdecken (und zu sammeln), die rar und wertvoll sind, zur Zeit aber sehr günstig zu haben sind. Ganzsachen gehören - in weiten Teilen - heute ganz sicher dazu. Wenn ich mit meinem Beitrag bei einigen Lesern diese Erkenntnis schärfen konnte, dann habe ich mein Ziel erreicht.

Heinz
 
Cantus Am: 18.09.2017 11:29:40 Gelesen: 575242# 262 @  
@ Heinz 7 [#261]

Lieber Heinz,

dem ist nichts hnzuzufügen. Ich hätte hier auch niemals einen Beitrag gebracht, wenn du nicht das Thema Ganzsachen angeschnitten hättest. Alles, was du geschrieben hast, ist mir längst bekannt und bewusst. Bleibe hier also am besten bei den Briefmarken, über die Wertigkeit von und die Nachfrage nach Ganzsachen und ganzsachenähnlichen Formularen kann dann gerne an anderer Stelle und von tatsächlichen Sammlern dieser Teilbereiche der Philatelie diskutiert werden.

Viele Grüße
Ingo
 
Setubal Am: 18.09.2017 11:46:05 Gelesen: 575236# 263 @  
Hallo ins Form,

ich möchte hier mal einen Brief plazieren, bei dem die Seltenheit der Marke nicht das Ausschlag gebende ist. Es ist eine One Penny black - die 1. Marke der Welt.

Nun kommt diese Marke auf Briefen innerhalb Englands doch recht "häufig" vor.

Ich zeige sie hier auf einem bezahlten Brief ins Ausland.



Der materielle Wert des gesamten Beleges ergibt sich hier aus der seltenen Destination.

Rolf-Dieter
 
Heinz 7 Am: 18.09.2017 21:10:47 Gelesen: 575135# 264 @  
@ Cantus [#262]

Lieber Ingo,

einverstanden; ich werde hier (in diesem Thread) nur ausnahmsweise über Ganzsachen schreiben (und nur wenn ein Bezug zum Thema besteht) und sonst das Thema den "tatsächlichen Sammlern" von Ganzsachen überlassen.

Ich zähle mich übrigens auch zu diesen "tatsächlichen Sammlern", wie Du ja weisst; siehe mein 2013 gestartetes Thema: "Ganzsachen Rumäniens". Auch Ganzsachen der Schweiz sammle ich.

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.09.2017 21:24:45 Gelesen: 575123# 265 @  
@ Setubal [#263]

Guten Abend Rolf-Dieter

Danke für Deinen Beitrag. Du zeigst uns einen Brief, der aus folgenden Gründen interessant ist:

seltene Marke? - Nein
selten auf Brief? - nein

Also muss es etwas anderes sein.
Auslandbrief, nur teilweise voraus-bezahlt
Schiffspost 1841.

Ich kenne mich zuwenig aus, bei diesen Briefen, ob die Destination Funchal/Madeira aus England so selten ist, dass Sammler dafür wirklich hohe Preise bezahlen. Kannst Du uns sagen, was der Brief gekostet hat?

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.09.2017 22:36:45 Gelesen: 575094# 266 @  
In Beitrag [#254] habe ich festgestellt, dass Frankreichs am höchsten bewertete Marke bei Schubert (bzw. Senf 1912/1913) erst auf Platz 33 erscheint.

33.04 Frankreich, 1849, 1 Franc rotorange, ungebraucht: Senf 1912 / 1913 = 1'500 Mark.

Im neuen Michel (neu, naja, 2010...) ist diese Marke bewertet mit Euro 70'000 (Michel Nr. 6a = orangerot, *).



Diese Marke hat sich in den letzten 100 Jahren also gut entwickelt.

RICHTIG teuer wird es, wenn diese frühen Ausgaben in Kehrdruckpaaren vorliegen! Gemäss Michel-Katalog 2010 ist die Nr. 6aK mit Euro 250'000 bewertet.

Ich habe in Beitrag [#47] einen solchen (oder ähnlichen) Kehrdruck-Viererblock gezeigt, dort aber die Nummer Yvert No. 7d. Ich möchte die Nummern korrekt auseinanderhalten, und mit Bildern in Farbe zeigen, habe aber im Moment die entsprechenden Kataloge nicht zur Hand.

Darum vorerst nur die lose Marke, orangerot...

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Setubal Am: 19.09.2017 10:00:47 Gelesen: 574987# 267 @  
Hallo Heinz,

sicherlich hast Du Verständnis dafür, dass ich den von mir gezahlten Preis nicht schreibe.

Ein paar Beiträge zurück ging es um die generelle Aussage, dass sich der Wert einer an sich nicht seltenen Marke dann steigern kann, wenn bestimmte Zusatzmerkmale es hergeben.

Mit dem von mir gezeigten Brief wollte ich ein Beispiel zeigen.

Die One Penny black allein als Marke setze ich mal (willkürlich) mit 100 an.
Auf Brief, schon nicht mehr so häufig, innerhalb Englands (willkürlich) mit 250 - 500.
Auf Brief ins Ausland mit einem (willkürlichen) Wert bei 5.000.
Ich weiß von einem Sammlerfreund, dass er eine One Penny black auf Brief nach Mexico, für 50.000 angeboten bekam.

Auch wenn meine "Zahlen" willkürlich sind, geben sie ein grobes Beispiel, wie sich der Wert steigert.

Bei allen Angaben von Preisen (Zahlen) ist aber jedes mal darauf zu achten, ob überhaupt jemand bereit ist, den genannten Preis zu zahlen!

Rolf-Dieter
 
Heinz 7 Am: 19.09.2017 12:35:16 Gelesen: 574936# 268 @  
@ Setubal [#267]

Hallo Rolf-Dieter,

ja, natürlich habe ich Verständnis, wenn Du den Ankaufspreis nicht bekanntgeben willst.

Ich gehe einig mit Dir, dass solche seltenen Verwendung den Wert eines Briefes schnell sehr stark erhöhen. Dein Beispiel ist sicher geeignet, um dies klar zu zeigen: Ein One-Penny-Black Brief wird durch die seltene Postroute/-beförderung heraufkatapultiert von, sagen wir (als Grössenordnung): Euro 500 auf Euro 10'000.

Du hast aber sicher auch Verständnis, dass unter diesem Thema Dein Brief es nicht unter die "wertvollsten Briefmarken der Welt" schafft (das ist der Titel dieses Themas). In Beitrag [#191] habe ich skizziert, wie ich dieses Thema gerne (weiter) bearbeiten würde. Dabei werde ich (auch) einige Auktionsresultate vorstellen, die exorbitant hoch waren. Ich werde VERSUCHEN, das zu kommentieren und ggf. Erklärungen dafür zu finden.

Sobald ein philatelistisches Stück extrem teuer ist OHNE dass die zugrundeliegende Briefmarke eine teure Welt-Rarität ist, wird der Kreis der Interessenten, die sich für dieses Stück interessieren, sehr viel kleiner. Die Preise sind dann teils sehr starken Schwankungen unterworfen: es ist, wie Du schreibst: es braucht immer mindestens einen oder vielmehr ZWEI Sammler, die einen hohen Preis für ein Stück zu zahlen bereit sind.

Ich gratuliere Dir zu dem seltenen Stück und zu Deiner Sammlung Portugal! Du hast uns - fleissig! - viel davon gezeigt. Danke.

Heinz
 
Setubal Am: 19.09.2017 13:16:44 Gelesen: 574913# 269 @  
Hallo Heinz,

(mit einem verschmitzten Lächeln)

der Titel lautet: Die berühmtesten und wertvollsten Marken

und ich habe den Beitrag aus 2 Gründen gebracht:

Die Berühmtheit der Marke und die Wertmäßigkeit in Abhängigkeit zu anderen wertbestimmenden Punkten.

Rolf-Dieter
 
Heinz 7 Am: 19.09.2017 14:09:48 Gelesen: 574879# 270 @  
@ Setubal [#269]

Prima!

Richard hat das Thema ja auch so angefangen, mit der One Penny Black! Sie ist nicht nur berühmt, sie ist auch wunderschön!

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.09.2017 20:44:19 Gelesen: 574567# 271 @  
@ Heinz 7 [#266]

Die teuerste Marke von Frankreich war 1912/1913 die 1 Franc-Marke aus der ersten Ausgabe 1849/1850. Der 1 Franc-Wert gibt es in zwei Farben:

nach Michel:

6a) orangerot
6b) fahlrot (1.1.1849)
7a) karmin
7b) braunkarmin (1.12.1849)

nach Zumstein:

6) orangerot
6a) ziegelrot
6b) zinnober (Vervelle)
7) karmin
7a) braunkarmin

nach Yvert & Tellier:

6) carmin foncé
6a) carmin claire
6b) carmin brun
7) vermillon (vif)
7a) rouge terne



Dieser Ausschnitt aus dem Auktionskatalog Ivy & Mader Philatelic Auctions, Inc., USA-West Caldwell (21.11.1998) zeigt die karmin-Variante, die deutlich tiefer katalogisiert ist (Euro 10'000 = Michel 2010). Los 38+39.

Los 48 ist anbei gezeigt:



Michel Nr. 6a hatte einen Katalogwert von Euro 70'000 (Michel 2010)
Michel Nr. 6b hatte einen Katalogwert von Euro 40'000

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.09.2017 21:29:34 Gelesen: 574551# 272 @  
@ Heinz 7 [#271]

Nicht restlos klar ist mir Los 49:



Scheinbar ist die Variante "vervelle" bei Michel nicht katalogisiert (siehe aber Zumstein).

Die Lose hatten einen Schätzpreis von
US$ 10'000 (Los 38)
US$ 10'000 (Los 39)
US$ 42'500 (Los 48)
US$ 22'000 (Los 49)

Das sind grosse Unterschiede, die genaue Kenntnisse der Nuancen voraussetzten.

2003 gab es eine phantastische Frankreich-Auktion, die neue Massstäbe setzte. Zwei Lose waren sehr aufschlussreich, um die Unterschiede der Farben zu zeigen.



Die Auktion war der Verkauf der Sammlung "La Fayette" (Spink/Behr, Paris, 17.11.2003).

Darin waren zwei "Super-Lose"

Heinz
 
Koban Am: 20.09.2017 22:32:19 Gelesen: 574538# 273 @  
@ Heinz 7 [#272]

Die "Vervelle" ist im Michel unter römisch I, gleich im Anschluss an die Erstausgabe katalogisiert. Die Marke wurde nicht offiziell ausgegeben.

Kehrdrucke der seltenen Mi 6 (Yv 7), siehe [#47] und [#266], sind nur zwei bekannt. Zum einen in dem bereits von Dir in [#47] gezeigten Viererblock, zum anderen in einem Dreierstreifen auf Brief. Von der "Vervelle" gibt es nur einen Kehrdruck.

Gruß,
Koban
 
Heinz 7 Am: 21.09.2017 00:26:24 Gelesen: 574508# 274 @  
@ Heinz 7 [#272]

Los 83 der Sammlung "La Fayette" (2003) wurde beschrieben als Yvert & Tellier Nr. 7f = Vermillon pâle dit vervelle; tête-bêche dans un bloc de quatre.



Das war das berühmte Los der Auktion Ferrary (11. Auktion/Los 59), das damals eines der höchsten Ergebnisse erzielte, das vierthöchste, um genau zu sein.

Dieser Block galt lange Zeit (zu Recht) als wertvollstes Stück der französischen Philatelie!

Aber 1924 ist nicht 2003. (Doch davon später).

Los 83 erreichte 2003 folgendes Ergebnis:

Estimate: Euro 325'000 - 425'000
Zuschlag: Euro 460'000
Aufpreis: 10 bzw. 15 % (gestaffelt) = Euro 511'000 plus Mehrwertsteuer = ca. Euro 520'996
(eigene Berechnungen. Bolaffi weist etwas andere Werte aus).

Der Euro galt damals 1.5587 zum Schweizer Franken. Das ergibt CHF 812'076 (17.11.2003). Ende Jahr entspricht dies CHF 812'464. Mit 4 Promille verzinst ergibt das Ende 2016 = CHF 855'741.

Dieses Ergebnis war 33 % höher als dasjenige von Ferrary 1924!

Rechnen wir nach:

Resultat 19.11.1924 = Francs 200'500 + Zuschlag 19.5 % = FF 239'597.50
Umrechnungskurs Franc zum GB£ = 87.55 = GB£ 2736.69
Umrechnung in CHF = (Kurs 23.852) = CHF 65'275.53 (19.11.1924)
Ende Jahr (1924) = CHF 65'499
Ende 1999 = CHF 601'210
Ende 2016 = CHF 643'428.

Wir folgern daraus:

a) Dieser Kehrdruck-Viererblock ist schon seit 100 Jahren sehr wertvoll/teuer.
b) es gibt Briefmarken/philatelistische Einheiten, die sich noch stärker positiv entwickelt haben; heute steht dieser Block nicht mehr auf "Platz vier der Welt" (wie bei der Ferrary-Auktion 1922-1925).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.09.2017 21:39:42 Gelesen: 574282# 275 @  
@ Koban [#273]

Gemäss Studie Schubert gibt es unter den 100 teuersten Marken 2 Notierungen zu Frankreich:

33.4. Ausgabe 1849/50, Senf Nr. 6, ungebraucht
80.4. Zeitungs-Stempel-Marken 1868, Senf Nr. 032 IV. 5 Cents blau, ungebraucht.

Die 1 Franc-Marke (Senf Nr. 6 = Yvert Nr. 7 = Michel Nr. 6) habe ich in Beitrag 266, 271, 272 und 274 vorgestellt, und dabei nicht nur die Einzelmarke gezeigt, sondern auch die sehr seltenen Kehrdruck-Paare (Tête-bêche). In Beitrag [#272] konnte ich das wertvollste Stück der französischen Philatelie 1900-1931 vorstellen.

Warum 1931? - Nun, damals wurde ein (unregelmässiger) Grossblock von 22 Marken der 1 Franc vermillon gefunden.

NNNNNN
NNNNNN
NNNNKN
NNNN--

Die 17. Marke dieses Bogens stand auf dem Kopf! (mit "K" markiert, "N" für "normalstehend").

Der Raritätenhändler Georges Behr trennte noch im selben Jahr 1931 diesen Grossblock auf in

1 Achterblock
1 Viererblock
5 Paare.

Position 10+11+16+17 bildete einen Viererblock mit einem Tête-bêche-Kehrdruck. Dieses Super-Stück kam in die Sammlung Théodore Champion, später Ballat, Robert Gill, Duane Hilmer und ... La Fayette (= vermutlich Steven Walske).



Auf den ersten Blick können wir kaum einen Unterschied feststellen zwischen dem TB-VB der Yvert Nr. 7d ("vermillon vif"), Los 50, und dem TB-VB der Yvert Nr. 7f ("vermillon pâle; vervelle") Los 83, den ich in Beitrag [#274] vorgestellt habe. Der YT 7d-TB VB hat eine leicht defekte Ecke rechts-oben.

Los 50 wurde dennoch bedeutend höher eingeschätzt als Los 83: mit Euro 600'000-800'000! Und der Zuschlag war auch beeindruckend: nach Bolaffi waren es US$ 1'025'000, Endpreis damit US$ 1'178'750 oder Euro 1'004'413

(Ich vermute, dass Bolaffi hier einen Fehler machte; der Zuschlag war gestaffelt (15 % und 10 %). Fraglich ist auch, ob der Zuschlag in $ erfolgte, wie Bolaffi vermuten lässt; die Auktion war aber in Paris und die Schätzpreise waren in Euro. Leider habe ich keine offizielle Ergebnisliste).

Wie auch immer: Der 1931 gefundene "vermillon vif"-Block ist massiv höher bewertet als der "vermillon pâle/vervelle"-TB-Viererblock. Warum?

Nach Koban gibt es 2 TB-Paare der "vermillon vif" aber nur einen der "vermillon pâle/vervelle". Dennoch ist der "vemillon vif"-Kehrdruck viel teurer? Das macht irgendwie keinen Sinn.

Studieren wir den Auktionskatalog SPINK/BEHR:

Los 50: es ist nicht vermerkt, wie viele TB-KD-Paare (oder grössere Einheiten) bekannt sind
Los 83: hier ist vermerkt: "one of the five vermilion tête-bêche known", also "einer von fünf". Die fünf scheinen sich aber auf alle Yvert & Tellier Nr. 7 zu beziehen, also 7f, 7d, etc.

Koban kennt offenbar immerhin 3 davon.

Auch das Buch "Encyclopedia of rare and famous stamps/Vol. 2/The Biographies" (Leon N. Williams, 1997) klärt die Frage nicht: auf Seite 75+76 sind nur genau die zwei Stücke beschrieben, die jetzt auch besprochen werden (die zwei TB-VB).

schwierig.

Ich muss zu einem vorläufigen Ende kommen. Der TB-Viererblock "vermillon vif" (ursprünglich aus dem Fund 1931) gilt heute als das wertvollste Stück der Philatelie Frankreichs!

Die einzige (aber m.E. schlüssige) Erklärung für den grossen Wert-Unterschied sehe ich im Hinweis von Koban:

"Die "Vervelle" ist im Michel unter römisch I, gleich im Anschluss an die Erstausgabe katalogisiert. Die Marke wurde nicht offiziell ausgegeben."

Heinz
 
Koban Am: 22.09.2017 23:41:51 Gelesen: 574256# 276 @  
Hallo Heinz,

die Variante "vermillon vif" ist ungebraucht die seltenste und teuerste Nuance der Mi 6 (Yv 7). In vergleichbarer Erhaltung, ungebraucht ohne Gummi (der Vervelle-Bogen war ungummiert), wertet eine "vermillion vif" etwa das zweieinhalbfache der "Vervelle". Der Vervelle-Bogen wurde 1892 im Nachlaß eines hochrangigen Postmitarbeiters gefunden. Der später nach seinem Käufer benannte Bogen enthielt den Kehrdruck aus Los 83.

"One of the five vermilion tête-bêche known" sowie auch meine Zählung(drei) beziehen sich auf sämtliche Nuancen von Mi 6(Yv 7) incl. Vervelle.

Gruß,
Koban
 
Heinz 7 Am: 23.09.2017 16:12:01 Gelesen: 574109# 277 @  
@ Koban [#276]

Hallo Koban,

danke für die kurze Nachricht. Sie bringt mich allerdings kaum weiter.

Vielleicht möchten die Leser noch genauer Bescheid wissen. Darum meine Ergänzungen:

Yvert & Tellier (1995) listet im "gewöhnlichen" Katalog (Tome 1 des Weltkataloges) vier Farbnuancen auf:
YT 7 = vermillon
YT 7a = vermillon vif
YT 7b = vermillon terne
YT 7c = vermillon pâle (Vervelle)

Die Tête-Bêche Paare (oder grössere Einheiten) erhalten dann folgende (zusätzliche) Nummern

YT 7d = TB der vermillon vif
YT 7e = TB der vermillon terne
YT 7f = TB der vermillon pâle (Vervelle)

Tête-Bêche Paare der (Grundmarke) "vermillon" (YT 7) gibt es offenbar nicht, sondern nur der Grundmarken 7a,7b,7c. Die Bewertungen der TB- zeigen, dass vier verschiedene TB unterschieden werden können:

YT 7d * FF 1.65 Mio. (Katalog 1995, Französische Francs)
YT 7d gest. FF 1.2 Mio.
YT 7e gest. FF 1.0 Mio.
YT 7f * FF 1.3 Mio.

Die 7e * oder die 7f gestempelt gibt es offenbar nicht. Bei der 7f (bzw. der 7c) macht das Sinn, weil die Marke ja nie offiziell verausgabt wurde. Es wurde einst ein Bogenteil von 139 Marken gefunden.

Nach dem Auktions-Katalog von Spink/Behr gibt es nur 5 TB-Paare von allen - danke für Deine Bestätigung -) YT Nummern 7. Du kennst offenbar einen Brief mit Dreierstreifen; vielleicht zeigst Du ihn uns und/oder sagst uns, welche Nummer er hat (YT 7d oder 7e?). In welcher Sammlung war er? Wenn wir ferner wüssten, von welcher Art es ZWEI TB gibt, dann wären wir auch weiter in unseren Erkenntnissen.

Beim Spezialkatalog "Cérès" ist es noch etwas detaillierter, dort gibt es sechs "Varianten" (gemäss Katalog 1991)

C 7 = vermillon
C 7a = vermillon vif
C 7d = vermillon foncé
C 7e = vermillon orangé
C 7B = vermillon terne
C 7C = vermillon pâle (Vervelle)

Doch bringt uns dies in Bezug auf Kenntnisse über die TB-Paare auch nicht weiter.

Es wäre schön, wenn wir am Ende alle 5 TB der Yvert Nr. 7 (Michel Nr. 6) kennen würden.

Schöne Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.09.2017 16:39:55 Gelesen: 574098# 278 @  
Liebe Leser,

ich habe in meinem "Vorgehensplan" zu diesem Thema geschrieben, dass ich später auch die Studie von LIFE 1954 besprechen möchte, siehe [#155].

Wenn wir uns jetzt aktuell aber so vertieft haben in die "Teuerste Frankreichs" wollen wir vielleicht bereits heute vorausschauen in das Jahr 1954, als die "world's rarest stamps" grossformatig und farbig vorgestellt wurden. Und - besonders interessant - auch mit Preisangaben!

Ich habe einzelne dieser LIFE 1954-Rangierungen bereits bekanntgegeben; nun suchen wir doch unseren französischen Spitzenreiter!

Dazu noch ein Wort zur Erinnerung: Im LIFE-Artikel werden die meisten ganz grossen Raritäten seiner Zeit aufgelistet, aber nicht unterschieden nach

- Einzelmarken
- Einheiten
- Briefe oder lose
... sondern alles miteinander!

Dennoch ist die Studie natürlich hochinteressant.

Anbei nun unser "Star" aus Frankreich, wir finden ihn tatsächlich:



Wir lesen: "18 - France, 1849, vermilion block, with tête-bêche pair, Champion.

Es ist dies unzweifelhaft "unser" TB-Viererblock, der bei Spink/Behr 2003 als Los Nr. 50 verkauft wurde, vgl. [#275].

Wie wir sehen, war das Stück 1954 bewertet mit US$ 17'500. Dies war 1954 ein sehr hoher Betrag und erreichte im "Kabinett" von LIFE 1954 Platz 16.

Unmittelbar hinter dem "Blue Boy" den wir schon kennen gelernt haben, siehe Beitrag [#100], der damals mit US$ 18'000 bewertet wurde!

Das passt!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.09.2017 17:51:24 Gelesen: 574084# 279 @  
Tête-bêche der 1. Ausgabe, Nummer 3

In Beitrag [#278] sprach ich den Wunsch aus, dass wir alle 5 TB-Paare der 1. Ausgabe von Frankreich kennen. Anbei ist Nummer 3!



Dieses (dunkle!) Exemplar der 1 Franc-Marke ist nicht etwa die braunkarmine Variante (Yvert No. 6), sondern es ist auch eine YT Nr. 7 - und damit unser drittes Exemplar!

Genau genommen ist es die Yvert Nr. 7d. Auch dieser Dreierstreifen stammt aus einer weit grösseren Einheit! In den Dreissigerjahren des XX. Jahrhunderts existierte ein gestempelter, unregelmässiger 32-er-Block der Yvert 7d, dieser wurde dann aufgeteilt (zerschnitten) und aus den Positionen 17-19 des alten Blockes entstand der Dreierstreifen.

Auch dieses Spitzenstück kam in die Sammlung Steven Walske ("La Fayette") und wurde ebenfalls am 17.11.2003 verkauft, ebenfalls zu einem sehr hohen Preis (Los 80). Im Katalog war sie als YT Nr. 7d angeschrieben, aber das müsste wohl 7e sein, siehe @ Heinz 7 [#277], YT 7e = TB der vermillon terne.

Die Ceres-Nummer im Auktions-Katalog (Spink/Behr) stimmt.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Koban Am: 23.09.2017 20:31:16 Gelesen: 574041# 280 @  
Die aktuellsten Daten, die ich auf die Schnelle finden konnte, stammen aus dem Spink/Maury aus 2016. Dieser Katalog listet zusätzlich zu den Farben vermillon, vermillon vif, vermillon terne und vermillon fonce noch die Nuance rouge brun.

Zu den Kehrdrucken finden sich dort die folgenden Angaben (etwas gekürzt und übersetzt):

S/M 7a vermillon vif - ein ungebrauchter Kehrdruck im Viererblock(Beitrag [#275]), ein gestempelter, defekter Dreierstreifen auf Brieffragment! (Nicht auf Brief wie ich fälschlich schrieb.)
S/M 7b vermillon terne - ein gestempelter Kehrdruck im Dreierstreifen (Beitrag [#279]), ein gestempelter Kehrdruck auf Brief
S/M 7d rouge brun - ein gestempelter Kehrdruck auf Brief
Vervelle - ein ungebrauchter Kehrdruck im Viererblock(Beitrag [#274])

Gruß,
Koban
 
Heinz 7 Am: 24.09.2017 12:34:51 Gelesen: 573936# 281 @  
@ Koban [#280]

Also sechs, und nicht fünf. Danke.

Ich habe drei weitere berühmte Sammlungen konsultiert, aber bis jetzt kein weiteres TB-Paar der Yvert & T. Nr. 7 entdeckt. Ich werde die Augen offenhalten und bin für Hinweise dankbar.

Ich möchte eine weitere Marke der Liste Schubert 1913 vorstellen.

Auf Platz 33.3. stand im Senf 1912/1913 die folgende Marke:



1874/1879 gab es die Erstausgabe von Dominica (British West Indies): Der Kopf der Königin erschien in 6 Werten von 1/2 Penny bis zu 1 Shilling (=Senf 1-6).

1886 gab es eine Aufbrauchsausgabe der 1. Ausgabe. Der Wert der 6 Pence-Marke (=Senf Nr. 5) wurde überdruckt mit einem neuen Wert: "HALF PENNY". Gleichzeitig wurde die 1 Shilling-Marke (=Senf Nr. 6) überdruckt mit dem neuen Wert: "ONE PENNY". Die Aushilfsausgaben bekamen die Senf-Nummern 12 und 13.

Nun gab es einige wenige Stücke, da erhielt die 6-Pence-Grundmarke den Überdruck von "ONE PENNY" (statt "HALF PENNY"). Insgesamt ein Bogen (zu 60 Stück) wurde so überdruckt. Ursprünglich wurden 12 davon verkauft (gemäss Donna O'Keefe). Was mit den übrigen 48 Stück passierte, war ihr unklar (1985, Buch: "Linn's Philatelic Gems II"). Jedenfalls gelangten einige Stücke zur Verwendung, "versehentlich", gemäss Senf-Katalog 1913.

Im Katalog Senf 1913 war nur die *-Variante bewertet, mit hohen 1500 Mark. Das oben gezeigte Stück ist aber gestempelt. 1985 lagen die Katalogwerte für die Stücke offenbar bei US$ 27'500 (*) bzw. US$ 19'000 (gest.).

Im Michel-"Valuable Stamps"-Katalog 2010 ist diese Abart nicht aufgeführt (da Fehldruck).

Bei Scott lagen die Katalogwerte 2000 bei:

Nr. 14: *: US$ 25'000, gest. US$ 15'000 (also offenbar tiefer als ca. 15 Jahre früher!)

Das oben gezeigte Stück wurde verkauft bei Matthew Bennett, am 24.6.2001 in New York, offenbar für US$ 11'000 (10 % inkl. Aufgeld).

Insgesamt scheint diese Marke also anfangs des XX. Jahrhunderts mehr wert gewesen zu sein als hundert Jahre später (kaufkraftbereinigt).

Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.09.2017 22:38:38 Gelesen: 573378# 282 @  
Ich habe meine Absichten für dieses faszinierende Thema in den Beiträgen [#191] und [#225] dargelegt. Zu der Frage, wie weit wir denn unser "1. Kapitel" schon bearbeitet haben, kann ich die folgende Aufstellung zeigen.



Ich möchte alle Marken, die bei Schubert ÜBER 1000 Mark notierten, zeigen. Das sind 57 Marken (vgl. Beitrag [#2]). Dazu kennen wir MINDESTENS 10 Marken, die den Wert mit Sicherheit AUCH überschritten hätten, wenn sie denn im Senf 1912 bewertet worden wären.

Von diesen 67 Marken haben wir 52 schon (mindestens kurz) besprochen (siehe Spalte G). Das heisst, 15 fehlen noch. Ich werde sie nach und nach noch besprechen.

Danach können wir uns ganz dem 2. Kapitel widmen! Ich freue mich jetzt schon.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.10.2017 12:27:38 Gelesen: 572906# 283 @  
@ Heinz 7 [#282]

Die Dienstmarke "I.R. Official" von Grossbritannien hat uns bereits beschäftigt (siehe Liste Schubert 24.2, Philaseiten-Beitrag [#206], [#211], [#213].

Senf katalogisierte 1912/1913 zwei offenbar weitgehend identische Marken unter zwei Nummern:

Dienst Nummer 47: 1 Pound braunviolett (Nr. 85) 2000.- / 1600.- (1885)
Dienst Nummer 51: 1 Pound braunviolett (Nr. 98) 1500.- / 1200.- (1891/92)

Die Grundmarken (Nr. 85 bzw. 98) unterscheiden sich durch ihr Wasserzeichen. Nr. 98 (1890) wurde dabei als "Fehldruck" bezeichnet.

Rund 100 Jahre später sieht das bei Michel ähnlich aus:

Dienst Nummer 47: 1 £ braunlila (Nr. 85) 30000.- / 16000.- (1885)
Dienst Nummer 51: 1 £ braunlila (Nr. 98) 40000.- / 25000.- (1890)

Nr. 85: Wasserzeichen 11 (dreimal)
Nr. 98: Wasserzeichen 10

In der Weltklasse-Sammlung von William Gross waren BEIDE Marken enthalten (siehe Auktionskatalog Shreves, New York: 11.6.2007). Los 205 zeigt eine Dienstmarke mit dem Wasserzeichen mit den drei Kronen (= Wz. 11 nach Michel), Los 206 zeigt die Dienstmarke mit dem Wz. Reichsapfel (= Wz. 10 nach Michel).



Beide Lose wurden hoch geschätzt, aber die genauen Verkaufspreise kenne ich nicht.

Es ist jedem Sammler überlassen, ob er diese Marken als zwei "verschiedene" zählen will, oder nicht. Wenn man geringfügige Variationen nicht separat zählt, dann hätte man für die Liste der "berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" auch nur eine Position aufführen sollen. Aber wenn eine neue Hauptnummer vergeben wird für eine bildgleiche Marke in derselben Farbe, dann hat der Katalogherausgeber eine Entscheidung getroffen, die grosses Gewicht hat.

Hinweis: Nicht immer (und nicht bei allen Katalogherausgebern) führ(t)en aber Unterschiede im Wasserzeichen zu neuen Hauptnummern!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.10.2017 23:55:33 Gelesen: 572628# 284 @  
@ Heinz 7 [#282]

Wenn wir unsere bisherigen "Kandidaten" betrachten, fällt auf, dass "der fünfte Kontinent" bis jetzt nicht vertreten ist!

Westaustralien als australischer Teilstaat (diese mit eigenen Marken!) waren im XIX. Jahrhundert natürlich ebenfalls bekannt und beliebt. Aber offenbar war doch keine der Marken ganz so teuer, dass es unter die "Top-Fifty-Seven" gereicht hätte.

Dass der sehr seltene kopfstehende Schwan aus West-Australien (siehe @ Heinz 7 [#71]) von Senf 1912 nicht bewertet wurde, davon habe ich mich eigenhändig vergewissert (anhand Katalog Senf 1913). Diese Abart hätte sonst die Hürde von 1100 Mark sicher geschafft (1913).

Somit verbleibt als einzige Marke die Neuseeland 1 Shilling-Marke von 1856 (Senf Nr. 6), Kolonialdruck (nicht: Londoner Druck), ohne Wasserzeichen, die ungebraucht mit hohen 1500 Mark bewertet war (1913). Gestempelt war die Marke nur mit 85 Mark bewertet.

Heute (2010) steht die Marke bei Michel wie folgt:

Michel Nr. 6: 1 Sh. grün auf blau: * Euro 25'000 - gest. Euro 4'600.

Wir haben andere Marken kennen gelernt, die sich in den letzten 100 Jahren noch positiver entwickelt haben, aber ein "nomineller Faktor" von 16.67 ist ja auch nicht schlecht. (Ich werde diese Werte später untereinander vergleichen).

In allen 14 Katalogen "Bolaffi 1992-2005" wird diese Marke nur einmal aufgelistet:



Sie wurde im Jahr 2000 bei Spink verkauft und brachte als Endpreis Euro 11'925 ein (Berechnungen von Bolaffi). Das ist nicht riesig viel, vielleicht liegt das daran, dass die Marke keine breiten Ränder hat. Die Marke wurde auch erstaunlich tief geschätzt (Startpreis).

Bei Schubert erhielt diese Marke die Position 33.08 siehe BD [#2]

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.10.2017 21:57:44 Gelesen: 571685# 285 @  
@ Heinz 7 [#282]

Die Briefmarke gemäss Liste Schubert 33.11, Spanien, 1854/55, 1 Real, hellblau auf bläulichem Papier, Senf (1913) Nr. 30 b, hat mich stark beschäftigt!



Anbei sehen wir das schöne/seltene Stück. Das Foto stammt aus dem Auktionskatalog: Afinsa, Madrid, Auktion 17.11.1998; es ist Los 30. Hilfreich ist auch, dass Afinsa die Katalogisierung der wichtigen (Welt-) Kataloge aufführt.

Aus Senf Nr. 30 wurde also Michel Nr. 27y. Im Raritäten-Katalog "Michel, Valuable stamps of the world" von 2010 ist die Marke aufgelistet.

Den aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass ich ein wenig "geschummelt" habe. Oben zeige ich nämlich ein zweifellos gestempeltes Stück, auf Rang 33 der Liste Schubert schaffte es aber die UNGEBRAUCHTE Marke. Die Katalognotierungen 1913 waren klar: *: 1500 Mark, gest.: 375 Mark.

Dass ich uns allen nun keine UNGEBRAUCHTE Marke zeigen kann, hängt damit zusammen, dass ich bis heute noch keine FINDEN konnte! Auch in den grössten Spanien-Sammlungen sucht man die Marke ungebraucht vergebens!

Beispiele gefällig?

1) Maurice Burrus, Balasse 1963: Los 250-254: 5 Lose mit Yvert Nrn. 33, aber nur gestempelte Marken
2) Ramon Ruiz de Arcaute, Luder & Edelmann 1928: Los 2873: Galvez Nr. 34: Marke gestempelt
3) Arthur Hind, Harmer London 1935: Los 280-282: zwei Einzelmarken und ein Wert auf Brief, keine ungebrauchte Marke
4) Alfred Caspary, Harmer New York 1958: Los 526-528: 3 Lose mit Scott Nrn. 33, aber keine ungebrauchte Marke
5) Alfred Lichtenstein, Harmer New York 1966: Los 222: gebrauchte Marke
6) Josiah K. Lilly, Siegel 1967: keine 1 Real "pale blue"
7) "Sarah" Collectio, Corinphila 1999: Los 4292: gebrauchte Marke

Wir bitte? Hatte denn KEINER dieser Sammlung diese Marke ungebraucht?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.10.2017 22:37:30 Gelesen: 571658# 286 @  
@ Heinz 7 [#285]

Die Spanien-Marke Senf Nr. 30 b, die 1913 mit 1500 Mark bewertet wurde (ungebraucht) ist schwer zu finden! In 7 grossen Spanien-Sammlungen war die Marke nicht enthalten!

Natürlich fragen wir auch nach Ferrary. Der Grossmeister hatte tatsächlich diese Marke in seiner Sammlung und unsere Pupillen weiten sich, wenn wir Los 177 der 8. Ferrary Auktion sehen (108. Auktion Gilbert, Paris, 1923)



Wir lesen die knappe Losbeschreibung:

"* 177 - Idem (= Espagne). 1 R. bleu pâle apparemment neuf, photo pl. 5"

Das passt also! Aufgeregt konsultieren wir die Ergebnisliste und - sind enttäuscht. Die Marke wurde NICHT verkauft, sondern (soweit ersichtlich: als EINZIGES Los dieser Auktion) zurückgezogen. Vermutlich, weil die Marke nicht echt war.

Das heisst also nichts anderes, als dass ich weiter eine Sammlung SUCHE, die diese Marke UNGEBRAUCHT enthielt!

Die deutschen Philatelisten werden nun neun Jahre zurückblättern, denn auch Köhler hatte (2008) eine grosse Spanien-Auktion im Angebot.



Tatsächlich prangt da eine wundervolle Einheit der Michel 27y vom Titelbild - aber: wieder GESTEMPELT!

Wir sehen die grösste bekannte Einheit (Los 610) und die Lose 606-609 sind ebenfalls Michel Nrn. 27y. Los 606+607 sind fast nicht erkennbar gestempelt (ganz schwach); vielleicht hielt man sie (früher?) für ungebraucht?

Fazit: 9 wichtige Spanien-Auktionen - und KEINE ungestempelte Marke (Michel Nr 27y) dabei ... Freunde, im Moment muss ich aufgeben ... ich weiss nicht, wo weitersuchen.

Aber was sagen denn die Kataloge dazu?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.10.2017 23:00:59 Gelesen: 571646# 287 @  
@ Heinz 7 [#285] und [#286]

Die Marke, die im Senf 1913 ungebraucht mit 1500 Mark notiert war (Senf Nr. 30 b) ist bei Michel nun die Katalognummer 27 y. Im Raritäten-Katalog "Michel, Valuable stamps of the world" von 2010 finden wir folgende Notierungen:

*: -.-
gest.: Euro 7'500

Das bringt uns nun vor neue Rätsel. Warum ist die Marke ungebraucht nicht (mehr) bewertet, und wie entwickelte sich das Ganze?

Die Schweizer Zumstein-Europa-Kataloge kann ich Jahr für Jahr konsultieren und finde Erstaunliches für die Nr. 30a:

Zumstein 1959: *: CHF 25'000 (!), gest.: CHF 2'200
Zumstein 1978: *: CHF 50'000, gest. CHF 12'500

Also sehr hohe Bewertungen!

1979 setzte Zumstein dann die Marke für * auf: -.- (unbewertet). Warum wohl? Die gestempelte Marke kletterte weiter auf CHF 18'000 (1981), bevor sie dann drastisch zurückgestuft wurde: 1995/96 (letze Ausgabe Zumstein Europa):

*: -.-, gest. CHF 9'500.

Auch hier weiss ich nicht, was hinter diesen Entscheiden steckt. Bei Michel sieht es irgendwie ähnlich aus:

Michel 1989/90: (27y): * DM 60'000, gest. 15'500
Michel 2010: *: -.-, gest. 7'500

Der Scott-Katalog (USA) zeigt uns was folgt (No. 33):

1971: *: US$ 15'000, gest. US$ 3'600
2000: *: leer (keine Notierung), gest. US$ 6'250.

Vielleicht sind die Katalogherausgeber zur Erkenntnis gelangt, dass es gar keine ungebrauchten Exemplare dieser Marke mehr gibt?

Wir werden weiter forschen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.10.2017 23:14:29 Gelesen: 571643# 288 @  
@ Heinz 7 [#287]

Oft hilft ein Studium der Spezial-Kataloge, die es (auch für Spanien) gibt. Einen "Edifil"-Katalog habe ich leider nicht, doch vielleicht hilft ein alter GALVEZ-Katalog (Madrid, 1923):



Catalogo de los Sellos de Correos Telegrafos y Fiscales con sus Pruebas y Ensayos de Espana y Colonias - 1923

Auf Seite 11 finden wir

als Nummer 34: 1 R. azul claro: *: 15.000.- gest: 2.750
und auf Seite 13 wird sogar ein Preis für Paare angegeben: "Parejas, Nuevas: 40.000.-".

Offenbar ging man damals wirklich davon aus, dass diese Marke ungebraucht existiert, sogar im Paar!

Vielleicht kann uns ein Spanien-Sammler hier weiterhelfen. Oder ein neuerer Edifil-Katalog.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.10.2017 18:57:56 Gelesen: 570867# 289 @  
@ Heinz 7 [#285]

In Beitrag [#285] - [#288] hat uns Spanien Senf Nr. 30 b / Michel Nr. 27 y beschäftigt. Spanien hat aber auch eine weitere Marke auf Rang 33 der Liste Schubert: Senf Nr. 68 I. von 1865.

Ich habe diese Marke bereits vorgestellt, aber in einem anderen thread (als ich am 1.5.2016 das Thema "Kopfstehende Marken oder Rahmen" eröffnete).



1865 gab Spanien bereits die 11. Ausgabe heraus (Spanien damals in der Regel: eine Ausgabe pro Jahr). Wiederum wurde Königin Isabella gezeigt; 5 Werte ungezähnt (2 Cuartos bis 2 Reales), Senf Nr. 61-65 und, dieselben Marken gezähnt, aber sogar sechs Werte (Senf Nr. 66-71). Heute haben die Marken die Nummern: Michel 61-66 (Nr. 62 entfällt) und 67-72.

Der Wert zu 12 Cuartos (blau/rosa) existiert mit kopfstehendem Rahmen. Der gezähnte Wert ist dabei sehr wertvoll: Senf 1913: Mark 1500!

Diese Marke ist heute nicht mehr ganz so wertvoll wie rund hundert Jahre zuvor. Im Michel Katalog 2010 ist diese Abart bewertet mit "nur" Euro 15'000; dies ist eine kleinere Wertentwicklung als vergleichbare Raritäten.

Das beiliegende Exemplar wurde verkauft 1999



Das Resultat bei Corinphila 1999 (Mai) war immerhin CHF 20'000 + 15 % = CHF 23'000. Damals war der Schweizer Franken gegenüber dem Euro noch nicht so stark, aber immerhin wurde damals der Katalogwert durch das tatsächliche Markt-Ergebnis (fast) voll bestätigt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.10.2017 22:46:01 Gelesen: 570641# 290 @  
@ Heinz 7 [#282] und [#283]

Die Postmeistermarken der USA haben uns schon mehrfach beschäftigt, und nun tun sie es gleich wieder! Und zwar gleich doppelt! Oder sogar vierfach?

Nun, ich habe nicht irgendwelches (philatelistisches) Fieber, sondern stehe vor der nicht so leichten Aufgabe, uns die Raritäten 33.13 und 33.14 der Liste Schubert vorzustellen. Ich will dies jeweils nicht ohne Erläuterungen dazu "erledigen", denn schliesslich möchten wir die philatelistischen Raritäten der Welt richtig kennen- und schätzen lernen.

Im Katalog Senf 1913 ist katalogisiert:

Vereinigte Staaten von Amerika; Lokalmarken
Baltimore. 1846.

Senf Nr. 2: 5 Cents schwarz: *: -.- / gest. Mark 1500
Senf Nr. 2a: bläulich: *: -.- / gest. Mark 1500
Senf Nr. 3: 10 Cents schwarz: -.- / -.-
Senf Nr. 3a: bläulich: -.- / -.-

Die a-Marken sind Marken auf bläulichem Papier, die anderen sind auf weissem Papier.

Die Postmeistermarken aus Baltimore waren sehr lange Zeit unbekannt! Erst 1895 entdeckte man die ersten Exemplare, fast 50 Jahre nach ihrer Verwendung! In den Jahren 1895-1910 wurden dann einige Exemplare der 5 Cent und der 10 Cent-Marke gefunden und zum Teil teuer verkauft.

Im Senf-Katalog 1913 sind nur die 5 Cents-Marken bewertet. Wie viele Exemplare damals bekannt waren, weiss ich nicht, aber es waren nur wenige. Um 1910 war auch klar, dass die 10 Cents-Marke noch seltener ist als die 5 Cents-Marke.

Anbei ein Bild des vielleicht schönsten 5 Cents-Briefes auf blauem Papier



Im Verkauf von Christie's New York vom 12.10.1989 (Weill Brothers' Stock United States Postmasters' Provisionals) wurde dieser Brief wie folgt beschrieben:

"extremely fine- The finest known example of the five-Cent on bluish paper. (...). No. 16 in the Hayes census".

Der Brief wurde trotzdem nur auf US$ 12-15'000 geschätzt. Den erzielten Preis versuche ich noch herauszufinden.

Warum ist dieser Brief nicht teurer? - Sehen wir uns den Michel-Katalog an (2010). Wir sehen Erstaunliches:

Im Katalog Michel 2010 ist katalogisiert:

Vereinigte Staaten von Amerika; Postmeistermarken
Baltimore (Md.) 1845.

Senf Nr. 1: 5 Cents schwarz auf weiss: *: leer / gest. Euro 6'000
Senf Nr. 2: 5 Cents schwarz auf bläulich: *: Euro 70'000 / gest. Euro 6'000
Senf Nr. 3: 10 Cents schwarz auf weiss: *: leer / -.-
Senf Nr. 4: 10 Cents schwarz auf bläulich: *: leer / Euro 70'000

Wir sehen, dass die 5 Cents Marken im Vergleich zu 1913 sehr tief bewertet sind! Und wir sehen, dass ungebraucht offenbar nur die 5 Cents auf bläulich existiert.

Aus anderen Quellen weiss ich, dass die 10 Cents-Marke äusserst selten ist! Es gibt nur 7 Exemplare!

... auf weissem Papier: 5 Briefe
... auf bläulichem Papier: 1 Brief und 1 Fragment

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.10.2017 23:03:20 Gelesen: 570623# 291 @  
@ Heinz 7 [#290]

Anbei die selbe Marke noch auf weissem Papier. Auch hier als Exemplar auf Brief



Dieses Prachtstück ziert heute die Sammlung Erivan Haub und ist in dem wunderbaren Buch über seine Sammlung "Postmasters' Provisionals; The "Erivan" Collection" (2016) auf Seite 28 abgebildet.

Welche(n) Preis(e) dieser Brief in den letzten 170 Jahren erzielte, ist eine schwierige Frage. Aber vielleicht finden wir Antworten?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.10.2017 20:24:36 Gelesen: 570171# 292 @  
@ BD [#2]

Position 33.15 bei Schubert ist von einer weiteren USA-Marke belegt. Hier ein schönes Bild davon von einer Auktion vom 2.3.2011 von Robert Siegel, New York: Sale 1005: The New Amsterdam Collection of City Despatch Post.



Aus der Auktionbeschreibung lesen wir, dass diese Marke wirklich sehr selten ist. Es soll nur ca. 10 Stück davon geben.

"Sale Number 1005, Lot Number 216, 1842-46 United States City Despatch PostU.S. City Despatch Post, New York N.Y., 3c Black on Rosy Buff Unsurfaced (6LB2), U.S. City Despatch Post, New York N.Y., 3c Black on Rosy Buff Unsurfaced (6LB2)U.S. City Despatch Post, New York N.Y., 3c Black on Rosy Buff Unsurfaced (6LB2). Position 21R, unused (no gum as always), large even margins, without any thins, beautiful impression on bright paper, certificate notes "tiny gum soiling in the margins at top right and bottom left" but this is of absolutely no significance

EXTREMELY FINE. THE FINEST OF THE APPROXIMATELY TEN KNOWN EXAMPLES OF THE 3-CENT ON ROSY BUFF PAPER."

Die heutige Scott Nr. 6LB2 ist allem Anschein nach die Senf Nr. 8 (von 1913). Damals war die Marke ungebraucht mit 1500 Mark bewertet. Die Farbe "bräunl'gelb" passt meines Wissens zur Marke Scott 6LB2. Die Marke existiert auch in anderen Farben:

Senf 9a = blau
Senf 9b = blaugrau
Senf 10a = grün
Senf 10b = bl'grünl.
Die Nummern 9 und 10 sind - sofern sie denn 1913 bewertet waren - deutlich tiefer notiert als die seltene Nummer 8.

Alles gut also? Aufgabe gelöst? - Nun, da gibt es ein grosses Fragezeichen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.10.2017 20:57:20 Gelesen: 570155# 293 @  
@ Heinz 7 [#292]

Die oben gezeigte Marke ist äusserst selten und war schon vor 100 Jahren sehr teuer. Wir erwarten also einen hohen Katalogpreis auch heute. - Und sind überrascht.

Die Marke hatte 2010 oder 2011 gemäss Auktionskatalog nur einen Katalogwert von US$ 2'500. (Die Marke erzielte übrigens einen Zuschlagpreis von US$ 4'500). Im Katalog Scott 2000 ist sogar nur ein Katalogwert von US$ 1'250 genannt! Das ist natürlich weit unter unseren Erwartungen!

Was ist denn da passiert? - Eine mögliche Erklärung könnte sein:

1913 wurde die Marke bei Senf zusammen mit den anderen Postmeistermarken der USA aufgelistet, als eine von 20 Marken (siehe Katalog Seiten 1246+1247). Heute allerdings figuriert diese Marke NICHT mehr unter den Postmeistermarken, sondern "irgendwo hinten"

Siegel klassiert die Marke wie folgt:

U.S. Stamps
Back-of-Book
Carriers, Locals and Independent Mails

Im schönen Buch "Postmasters' Provisional Stamps" von John N. Luff von 1937 stellt dieser berühmte Philatelist Postmaster-Marken aus 23 Städten vor. New York ist auch darunter, aber nur eine andere Marke zu 5 Cents (Bildnis George Washington). Folglich hatten die grossen US-Postmaster-Sammler keinen Grund mehr, diese Marke zu suchen.

Die "Verbannung" der Marke in den hinteren Teil des Kataloges hatte ganz offensichtlich einen sehr starken Einfluss auf ihre Beliebtheit/ihren Wert!

Einen weiteren Hinweis gibt uns Michel. In diesem Katalog (Valuable Stamps of the World 2010) werden die grünen und blauen bildgleichen Marken katalogisiert als Nr. 2,3,4 und 5. Eine Marke bräunlichgelb wird hier NICHT erwähnt. Aber etwas weiter unten steht ganz klein: "Essay: schwarz auf rosa". Ist damit diese Marke Scott 6LB2 gemeint? Ich weiss es nicht. Seltsam ist es aber, dass eine Marke mit der Farbe "rosy buff" bei Michel sonst nicht gelistet ist.

Das wäre dann meine nächste Frage an einen US-Spezialisten.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.10.2017 23:42:36 Gelesen: 569017# 294 @  
@ Heinz 7 [#282]

Mit Victoria, Baton Rouge und Livingston haben wir bereits drei verschiedene Marken der Konföderierten Staaten von Amerika kennen gelernt. Als 16. Marke mit einem Katalogwert von 1500 Mark (im Senf 1913) schafft es mit Spartanburg sogar eine vierte Marke auf die Liste der Teuersten 1913.

Im Senf 1913 waren vermerkt
Nr. 63: 5 Cents schwarz: Katalogwert 500 Mark
Nr. 63a: 5 Cents schwarz auf bläulich: KW 1'500 Mark

Das Bild zeigt eine Marke mit schmaler Ziffer. Andere, spätere Kataloge zeigen aber, dass die Nr. 63a wohl eine Marke mit breiter/fetter Ziffer ist. Der Katalog Scott erteilt zwei Nummern:

78X1 für die schmale Ziffer
78X2 für die breite Ziffer: black on bluish

...aber wir finden gar eine dritte Marke
78X3 für die breite Ziffer: black on brown.

Diese Marke war im Senf noch nicht erwähnt. Aber im Michel 2010 finden wir diese drei Marken ebenfalls. Die Marke Michel 2a Spartanburg ist dabei "unsere" Senf Nr. 63a.



Diese Abbildung habe ich bei Siegel gefunden. Der Text zur Auktion ist aufschlussreich:

"Sale 869, Datum: 15. November 2003"

Spartanburg S.C., 5c Black on Bluish (78X2). Cut to shape, part of stamp missing (most likely prior to use), tied by neat "Paid" cancel, "Spartanburg S.C. Sep. 2, 1861" double-circle datestamp on cover to "Company IE Spartan Rifles, 5th Palmetto Regt. So. Sar. Volunteers, Col. M. Jenkins Commander, Tudor Hall Near Manassas Junction Virginia", missing top flap

THIS IS THE ONLY RECORDED EXAMPLE OF THE 5-CENT SPARTANBURG PROVISIONAL ON BLUISH PAPER, ON OR OFF COVER.
 
Heinz 7 Am: 25.10.2017 00:17:19 Gelesen: 569011# 295 @  
@ Heinz 7 [#294]

Gemäss obiger Auktionsbeschreibung ist diese Marke also ein Unikat! Ich habe eine 5 Cents schwarz auf bläulich in mehreren Spezialauktionen CSA gesucht, aber nicht gefunden, bis auf...

1956 Caspary
Sale 3, no. 989-991, 5.-7. März 1956; Los 459

Das Bild zeigt zweifelsfrei dieselbe Marke! Im Auktionskatalog von Harmer, New York steht:

"The stamp is defective at bottom but excessively rare".

Gemäss Ergebnisliste erzielte der Brief ein Verkaufsresultat von US$ 380. Das ist nun nicht besonders viel.

Sehen wir uns die Katalogpreise an.

Scott 2000: 78X2 = gestempelt: US$ 4'000; on cover: US$ 15'000
Michel 2010: 2a = gestempelt: Euro 5'000; auf Brief: Euro 18'000.

Wenn die Marke wirklich ein Unikat ist, so wird uns der tiefe Preis erstaunen.

Folglich ist auch das Auktionsresultat bei Siegel keine Überraschung:
Auktion 869 vom 15.11.2003; Katalogpreis: US$ 15'000 - Zuschlagpreis: US$ 9'500. Dazu kamen vermutlich noch Provisionen.

Als Fazit können wir sagen:

Die Marke Senf 63a (1913) ist wirklich ausserordentlich selten, aber sie hat sich preislich unterdurchschnittlich und enttäuschend entwickelt in den letzten 100 Jahren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.10.2017 22:21:21 Gelesen: 568829# 296 @  
@ Heinz 7 [#294]

Ich habe oben erwähnt, dass von Spartanburg neben einer Postmeister Marke mit schmaler Ziffer und einer mit breiter Ziffer auf bläulichem Papier auch eine dritte Marke existiert auf braunem Papier (Michel Nr. 2b, Scott No. 78X3). Diese war 1913 im Katalog Senf nicht aufgeführt.

Gerne zeige ich nun diese Scott 78X3. Auch diese Marke ist angeblich ein Unikat, so wie offenbar auch die Scott 78X2! Die Marke ziert die phantastische Sammlung von Herrn Erivan Haub



Herr Haub vermerkt richtig, dass die Marke 1956 in der Caspary-Sammlung war! Sale 3 Caspary = Harmer Sale 989-991, Los 460. Dort erzielte der Brief US$ 525, also etwas mehr als die 78X2 (an derselben Auktion), aber auch nicht riesig viel.

Interessant sind sicher die neueren Katalogwerte:
Scott 2000 = 78X3 = US$ 4'000, on cover = US$ 18'000
Michel 2010 = 2b = Euro 5'000, auf Brief = Euro 20'000

Also leicht höher als die oben gezeigte Marke auf bläulichem Papier (Beitrag 294-295). Das ist nachvollziehbar, denn die bläuliche Variante ist doch arg beschädigt.

Allerdings ist auch der "braune" Brief nicht fehlerlos! Im Harmer-Katalog 1956 sieht man gut, dass der Brief am oberen Rand, oberhalb des Stempels, eine grössere Fehlstelle hatte (Briefteil ausgerissen). Dies wurde in der Zwischenzeit repariert, man sieht das auch am Foto oben: da wurde ein Briefteil ergänzt und der obere Teil des linken Stempels "Spartanburg" nachgezeichnet.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.10.2017 22:50:41 Gelesen: 568635# 297 @  
@ Heinz 7 [#88]

Die Toskana 3 Lire Weltrarität habe ich in Beitrag 88 bereits gezeigt. Dass ich nun nachdopple, hat seinen Grund.

Im Senf 1912 (und 1913) ist nur die gestempelte Variante mit einem Katalogwert angegeben: Mark 1400. Das ist etwas schade, denn die Marke gibt es in ganz wenigen Exemplaren auch ungebraucht! Senf konnte oder wollte sie aber vor rund 100 Jahren nicht bewerten.

Im Michel-Katalog 2010 habe wir zum Glück beide Notierungen:
Gestempelt: Euro 70‘000
Ungestempelt: gar Euro 160‘000.

Das sind sehr stolze Werte und sie platzieren die Toskana 3 Lire heute noch weiter vorne als 1912/1913.

Im Auktionskatalog zur Burrus-Sammlung (1./2.12.1964) suchen wir vergeblich eine 3 Lire Marke ungebraucht! Aber Burrus hatte auch diese Weltrarität in seiner Sammlung, wie das Buch von Giulio Bolaffi zeigt („The Stamps of Maurice Burrus; Old Italian States“, ca. 1956).



Diese Exemplare sind sehr schön, weit überdurchschnittlich. Die 3 Lire ist meist angeschnitten. Ich nehme an, die 3 Lire ungebraucht wurde separat verkauft und fehlte darum in der Robson Lowe-Auktion.

Sehr interessant ist auch, dass im Handbuch von Paul Kohl („Kohl Briefmarken-Handbuch und Grosser Katalog; 10. Jubiläums-Ausgabe, 1915“) beide Varianten bewertet waren:

Gestempelt: Mark 1500 (= 107 % von Senf 1912)
Ungestempelt: Mark 4500. Diesen Wert sollten wir uns merken, wir können ihn meines Erachtens als Richtgrösse heranziehen. Mit 4'500 Mark wäre die Marke auf der Liste Schubert ganz weit vorne platziert gewesen; nur 5 Marken waren bei Schubert noch höher bewertet!

Heinz
 
10Parale Am: 28.10.2017 22:09:32 Gelesen: 568300# 298 @  
@ Heinz 7 [#185] und [#131]
@ BD [#132]

Am Stand der philatelistischen Bibliothek Hamburg in Sindelfingen - von Frau Schwanke gut gepflegt - fand ich folgenden Auktionskatalog:

GUIDO CRAVERI "HARMERS AUCTIONS SA" "HAWAIIAN MISSIONARIES", LUGANO, Saturday 4 June 1994

Es fanden demnach in Lugano am 4. Juni 1994 und in New York nachfolgend vom 16. - 19. May Auktionen statt, ausschließlich mit Raritäten aus Hawai.

Der Katalog gibt eine etwas andere Aufstellung der noch vorhandenen Exemplare wie in #131. Diese Aufstellung "Census" beruht auf einen John K. Bash, welche durch Geoffrey Brewster noch einmal ein Update erfuhr. Demnach gibt es insgesamt 173 Missionaries.

Mir fällt auf, dass es von der Scott Nr. 1 (2 Cents) exakt 1 ungebrauchtes Stück geben soll, ebenso nur 1 Exemplar auf Brief.

Hier die Aufstellung:

Nr. 1 Total: 15 Stück
Nr. 2 Total: 55 Stück
Nr. 3 Total: 60 Stück
Nr. 4 Total: 43 Stück

Summe: 173 Stück
 

Differenz zu deiner Aufstellung in #131: Nr. 1 = 0 Nr. 2 = -6 Nr. 3 = -10 Nr. 4 = -8

Ich zeige hier Katalog Nr. 101 - eine 2 Cents Marke Michel Nr. 1, die an der Auktion in Lugano (eine von 35 Auktionslosen) für 200.000 Schweizer Franken angeboten wurde. Ob ein Zuschlag erzielt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Marke ist gestempelt. Weshalb dieser exorbitante Ausruf?

Wo ist die ungebrauchte Michel Nr. 1, sie müsste doch die teuerste aller Marken sein?

Von der Michel Nr. 4, die exorbitant selten ist (da in zwei Typen auftretend, gibt es wie Heinzz uns auch schildert) nur 7 gestempelte Stück der Michel Nr. 4 Typ II., werden in dem hier abgebildeten Katalog 11 Stück (Typ I und II) angeboten, die teuerste mit einem Ausruf von 40.000 Schweizer Franken.

Die Hawaian Missionaries sind sicherlich eine Highlight der Upper Class Philately und damit auch der Forschung. Da ich sie mir in diesem Leben nicht leisten kann, freue ich mich, sie im Katalog zu studieren.

Liebe Grüße

10Parale


 

Heinz 7 Am: 29.10.2017 12:11:04 Gelesen: 568189# 299 @  
@ 10Parale [#298]
@ Heinz 7 [#131]
@ Heinz 7 [#282]

Lieber 10 Parale,

Du lässt Dich auch von den klassischen Hawaii-Marken Nrn. 1-4 begeistern, gleich wie ich! Hawaii Nr. 1-4 ist aber auch etwas vom Besten, das es gibt!

Ich habe in meiner Übersicht (Beitrag [#282]) die Hawaii Nr. 1 aufgenommen unter den "fehlenden Marken" (bei Schubert nicht bewertet) und habe dies auch etwas kommentiert. In der Tabelle (Beitrag 282) fehlt allerdings der Hinweis auf Beitrag [#131] und [#133], [#134], [#136], als ich genau über die Hawaii Two Cents einiges beschrieb, das auch Dich heute beschäftigt.

Im Juni 2017, als ich Beitrag [#131] schrieb, wussten wir noch nicht, welche Tabelle Bernd uns in Beitrag [#2] vorgestellt hat. Bernd hat in Beitrag [#132] dann Aufklärung gebracht. Wir wissen seither, warum die Hawaii Nr. 1 nicht ganz weit oben auf der Liste der Teuersten (bei Schubert) erschienen ist. Die Hawaii Nr. 1 ungebraucht gehört aber zu den "Top Ten" der Teuersten. Ein Katalogwert von Euro 700'000 (Michel 2010) ist ja auch sehr beachtlich!

Anlässlich der Burrus-Auktionen 1962-1967 erzielte die Marke auch einen Rekordpreis; ich meine mich an den realisierten Preis zu erinnern: US$ 41'000. Das tönt heute nach "wenig", war damals aber ein sehr hohes Resultat (und wurde als Rekorderlös gefeiert).

Bei einer generellen Besprechung der BURRUS-Auktionsresultate werde ich auf dieses Verkaufsergebnis zurückkommen. (Dies kommt aber erst in einem späteren Kapitel bei meinem "Lehrgang" durch unser "Studium" "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" vor). :-)

Eine letzte Ergänzung zu Deiner Frage: "Weshalb dieser exorbitante Ausruf?" (zur Hawaii Two Cents gestempelt). Nun - Eine Marke, die einen Katalogwert von Euro 300'000 hat, darf schon einmal hoch ausgerufen werden. Ich werde nachsehen, ob ich herausfinde, ob das Los damals (1994) verkauft wurde und zu welchem Preis.

Schöne Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.10.2017 22:47:24 Gelesen: 568053# 300 @  
Liebe Alle,

in den letzten Wochen und Monaten konnte ich viele Beiträge zu unserem wunderschönen Thema schreiben, uns so erreichen wir heute Beitrag 300! Das freut mich sehr, und ist zugleich Anlass, wieder einmal eine Übersicht einzublenden.



Wir sehen also, dass nicht mehr viel fehlt, und wir haben unser erstes grosses Ziel erreicht, und die ersten 57 Positionen unserer Liste besprochen (plus ein paar zusätzliche). Einzelne Marken sollten/werden wir noch etwas ausführlicher besprechen und vielleicht können wir auch die Fragezeichen, die aufgetaucht sind, später noch auflösen.

Bei unserem "Studium" der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt, sind wir aber noch lange nicht am Ende, sondern wir wollen noch viele zusätzliche Aspekte und Veränderungen nach 1913 kennen lernen, wie bereits angekündigt.

Ich wünsche allen eine gute neue Woche!
Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.11.2017 00:11:38 Gelesen: 566557# 301 @  
@ Heinz 7 [#300]

Nach meinen Auslandferien freue ich mich, eine weitere spannende Entdeckung vorstellen zu können. Wie in Beitrag 300 gezeigt, habe ich mich in letzter Zeit meist an meinen "Lehrplan" gehalten, und eine Marke nach der anderen aus der Liste Schubert 1913 gezeigt.

Heute möchte ich aus gegebenem Anlass einen "neuen Star" vorstellen, der meines Erachtens aber zu Recht unter dieser Rubrik "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" erscheint. Er FEHLTE aber auf der Liste Schubert 1913. Warum?

Nach Informationen aus "Philatelic Gems II" von Donna O'Keefe, 1985, Linn's Stamp News, Amos Press Inc., USA-Sidney Ohio, Seite 127-128 gab es schon 1880 Gerüchte um eine alte russische Briefmarke, die sogar älter sein soll als die erste russische Marke von 1858 (der Michel Nr. 1): Staatswappen im Oval, mit Mantel und Krone (1.1.1858 (gemäss Michel 1999/2000) oder 10.12.1857 (gemäss Michel 2010). Es soll in der georgischen Hauptstadt Tiflis schon 4 Monate zuvor eine 6 Kopeken-Marke herausgegeben worden sein.

1889 schrieb der damals weltbekannte belgische Händler Moens dem Postmeister von Tiflis, welcher ihm die Herausgabe einer solchen Marke 1857 bestätigte. Allerdings war kein Stück davon mehr zu finden, und so erschien erst 1924 die erste Abbildung dieser Marke in eime Artikel von K.K. Schmidt. 1930 sei die Marke dann erstmals ausgestellt worden, an der IPOSTA 1930 in Berlin.

Offenbar wurde also 1857 eine Lokalmarke in Tiflis (Russland) herausgegeben. (Wir kennen das auch von anderen Ländern als Russland!). Da aber 4 Monate später schon die russische Post mit eigenen Marken nachzog, war die Tiflis-Marke nur kurz in Gebrauch; sie wurde 1858 zurückgezogen. Nach O'Keefe gab es (1985) weniger als 6 Stück ("less then a half dozen copies"). Drei davon stammen aus der Sammlung von Agathon Fabergé, dem berühmten russischen Sammler.



Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.11.2017 00:44:58 Gelesen: 566552# 302 @  
@ Heinz 7 [#301]

Der oben gezeigte Nachdruck eines Auktionskataloges des Auktionshauses Harmer's ist für uns höchst interessant. Sale 1152-1153 vom 20./21.11.1939 fängt an mit einem Paukenschlag, denn zu Beginn der Sammlung AGATHON FABERGE RUSSIA kommen tatsächlich drei Marken zur Versteigerung:

Tiflis, Nov. 1857, 6 Kopeken weiss.

Ohne grossen Kommentar werden die drei ungebrauchten Marken angeboten und zwei davon gemäss Ergebnisliste auch verkauft (Los 1+2). Spätestens von da an sollten wir erwarten können, dass die Briefmarke in den Weltkatalogen auch aufgelistet wird.

Doch wir suchen weitgehend vergeblich.

Im Michel-Raritäten Katalog 2010 ist die Marke nicht enthalten*. Aber im Michel Europa-Katalog Ost 1999/2000 finden wir auf Seite 997 folgenden Eintrag:

"Stadtpostmarken.
Tiflis
1857, 20. Juni. Stadtpostmarke für Tiflis. Farbloser Prägedruck."

Die Marke ist aber nicht bewertet (Angabe: "-.-"). Darum fehlt die Marke wohl auch im Raritäten-Katalog 2010.

Donna O'Keefe bewertete die Marke mit US$ "7,250 plus" und bezog sich dabei offenbar auf den Verkauf eines Exemplares bei Siegel: ex Stibbe coll., sold 1971, for US$ 7'250.

Sehr spannend war nun die Ankündigung von Spink, London, dass se wieder eine solche Briefmarke verkaufen wollen: The Philatelic Collector's series sale 17026; October 25+26, 2017. Los 1677.

Wir lesen da:

"(x) Russia
1857 Tiflis Local
6k. embossed in colourless relief on thick white paper, unused without gum, margins all round, generally fine and sharp embossing; a few very minor surface marks. A superb and wonderful recently discovered World Rarity which had remained unrecognised in an old Oppens album in New Zealand for the last 100 years or so. The first stamp of Russia and one of only six recorded genuine examples, two of which are in institutional collections. With R.P.S. Certificate (2016). Photo"



Schätzpreis war - satte GB£ 70'000!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.11.2017 00:58:54 Gelesen: 566551# 303 @  
@ Heinz 7 [#302]

Die angebotene Marke ist also eine Neuentdeckung! Und das heute, 2017! Spink listet auf, wo die 5 anderen Exemplare auftauchten, und wir sehen, dass zwei Exemplare in Museen untergebracht sind; die Nummern 4 und 5 nach der Zählung von Spink. Die Nummer 5 muss dabei wohl das Exemplar sein, dass an der IPOSTA 1930 von Schmidt ausgestellt wurde (Berliner Postmuseum), die Nummer 4 ist angeblich im Smithsonian Institute.

Die Nummern 1-3 sind die Exemplare, die wir bereits 1939 bei Fabergé fanden. Das neu entdeckte Exemplar wird bei Spink als Nummer 6 gelistet.

Das Stück wurde für beeindruckende GB£ 165'000 verkauft; dazu kommen vermutlich noch Aufgelder etc. von 20 % (?), darum wird auf der Homepage bei Spink ein Preis von GB£ 198'000 genannt.

Damit hat die Marke, 160 Jahre nach ihrer Verausgabung, wohl die höchste Beachtung gefunden, die ihr je zuteil wurde!

Man darf gespannt sein, ob die Kataloge die Marke in Zukunft nun bewerten werden, und wie hoch.

Heinz
 
marc123 Am: 17.11.2017 18:43:03 Gelesen: 565217# 304 @  
@ Heinz 7 [#202]

Bilder von den sechs ungebrauchten Einzelmarken und dem Paar der Sherwin-Ausgabe und deren Proenienzen.



Provenienz: Sammlung Ph. la Renotiere v. Ferrary 2 (M.G. Gilbert 12.10.1921, Los 423).
Sammlung Louise Boyd Dale/Alfred F. Lichtenstein Sale 1 (H.R. Harmer 21.10.1968, Los 85).
Sammlung Hiroyuki Kanai (Feldman 03.11.1993, Los 201).



Provenienz: Sammlung Ph. la Renotiere v. Ferrary 6 (M.G. Gilbert 23.04.1923, Los 353).
Sammlung A. Hind Sale 4 (Phillips & Kennett 31.03-10.04.1934, Los 355); (H.R. Harmer 11.-14.06.1934, Los 383).
Sammlung A. H. Caspary Sale 12 (H.R. Harmer 24-26.02. 1958, Los 702).
Sammlung J.K. Lilly Session 2 (R. Siegel, 15.03.1967, Los 1054).
Sammlung Hiroyuki Kanai (Feldman 03.11.1993, Los 202).




Sammlung A. Hind Sale 4 (Phillips & Kennett 31.03-10.04.1934, Los 356).
Sammlung, König Karol von Rumänien (erwähnt bei der "Chartwell" Sammlung).
Sammlung "Chartwell" (Spink 28.06.2011, Los 109.




Sammlung Louise Boyd Dale/Alfred F. Lichtenstein Sale 6 (H.R. Harmer 29.09.1969, Los 119).



Sammlung Royal Philatelic Collection (Courtney N., The Queens's Stamps (London 2004), 92).



Sammlung H.P. Manus (Plumridge & Co 10.03.1933, 93).



Sammlung A. Hind Sale 4 (Phillips & Kennett 31.03-10.04.1934, Los 357).

Interessant ist, dass bei sämtlichen Aufzählungen die beiden Letztgenannten fehlen. Diese scheinen in Vergessenheit geraten zu sein.

Liebe Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 17.11.2017 20:24:06 Gelesen: 565167# 305 @  
@ marc123 [#304]

Lieber Marc,

ich gratuliere zu dieser interessanten Zusammenstellung!

Zum Exemplar "Manus" steht im Auktionskatalog: "apparently *, very rare, but repaired". Vielleicht bestätigte sich die Vermutung nicht, dass das Stück ungestempelt ist? - Das wäre eine Erklärung.

Zum Deinem letzten Exemplar "Hind" kann ich noch nicht viel sagen. Hind wurde zwar angeboten im Katalog von Phillip & Kennett, definitiv verkauft aber bei H.R. Harmer in London! Im Auktionskatalog (Sales 684-687) ist aber nur eine Marke ungebraucht angeboten (Los 383) (bei Dir als zweite Abbildung gezeigt). Warum Harmer "nur" eine Marke anbietet, wenn die Sammlung angeblich zwei enthielt, ist mir nicht klar.

Vielleicht steht etwas in den britischen Fachblättern? Manus und Hind waren beide in den Dreissigerjahren.

Liebe Grüsse
Heinz
 
marc123 Am: 17.11.2017 23:15:33 Gelesen: 565104# 306 @  
@ Heinz 7 [#305]

Lieber Heinz,

vielen Dank.

Die Abbildung vom "Manus" Exemplar reicht nicht aus um da mehr zu erfahren. Es kann aber sein dass du recht hast, dass das Stück nicht ungestempelt ist. Eine Möglichkeit wäre eine entfernte Federentwertung. Zu den "Hind" Exemplaren, es sind bei der ersten Auktion drei gewesen (Bei mir 2,3 und 7). Ich dachte vielleicht an ein Sammellos, aber da kommt im Katalog keines in Frage, außer ich habe etwas übersehen. Die beiden sind qualitativ wesentlich schlechter als das das bei der zweiten Auktion angeboten wurde.

Britische Fachblätter aus dieser Zeit habe ich leider nicht.

Dass einige ungebraucht Exemplare in Vergessenheit geraten sind, könnte z.B. der Auktionskatalog von Feldman (1993, 119) zum Los 202 beweisen. Hier wird erwähnt, dass nur zwei ungebrauchte Einzelstücke bekannt sind. Das Gleiche schreibt Kanai (Classic Mauritius. The locally printed postage stamps 1847-59 (London 1981), 111.). Dass Herr Kanai die Auktionskataloge der großen Sammlungen nicht gekannt haben soll würde mich allerdings verwundern. Vielleicht hatte er Zweifel an der Echtheit anderer Stücke?

Liebe Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 18.11.2017 23:51:11 Gelesen: 564828# 307 @  
@ marc123 [#306]

Lieber Marc,

Arthur Hind war ein "Titan" unter den Briefmarkensammlern! Zu Recht wird er zu den "grössten" gezählt; seine Sammlung war märchenhaft!



Als seine Erben nach seinem Tod die Sammlung verkauften, war die Zeit eine sehr unsichere! Die damalige Wirtschaftskrise gilt meines Wissens als schlimmste der letzten 150 Jahre!

1933 durften Charles J. Phillips und William C. Kennett den ersten Teil der Super-Sammlung in New York verkaufen (siehe Auktionskatalog vom 20.-24.11.1933). Der Teil USA wurde in 1653 Losen verkauft.

Obwohl das Ergebnis der Auktion nach Carlrichard Brühl nicht schlecht war, waren die Erben mit dem Ergebnis unzufrieden. Henry R. Harmer nutzte die Chance und bot der Erbengemeinschaft an, die übrigen Teile der Sammlung über SEINE Auktionsfirma in Europa zu verkaufen! Zur Freude des Briten nahmen die Erben das Angebot an, und die Riesen-Sammlung wurde "über den Teich" nach London verschifft, wo am 1.5.1934 der erste Teil der (Rest-) Sammlung zur Auktion kam! H.R. Harmer hatte einen riesigen Prestige-Erfolg errungen!

Phillips/Kennett hatten den Auktionskatalog zur zweiten Auktion bereits gedruckt!



Sie planten einen "Monster-sale" an 9 Tagen (31.3.-10.4.1934 (ohne 1./8.4.1934)) mit 3506 Losen "British Empire", aber der Verkauf in New York fand nie statt!

Es ist nun höchst erstaunlich, dass das Angebot nicht (genau) dasselbe war! Dies sehen wir gut am Beispiel von Mauritius.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.11.2017 00:21:58 Gelesen: 564817# 308 @  
@ Heinz 7 [#307]
@ marc123 [#304]
@ Heinz 7 [#202]

Der Mauritius-Teil war sicherlich einer der Höhepunkte der Hind-Sammlung. Im Auktionskatalog von Phillips & Kennett umfasste das Angebot die Lose 1399-1796! Der klassische (älteste) Teil war in schwindelerregender Dichte und Qualität vorhanden.

Marc schreibt nun von ZWEI Losen 356 und 357, welche "unsere" seltene UNGEBRAUCHTE Mauritius-Marke der Sherwin-Ausgabe beinhalten. Tatsächlich finden wir auf der ca. 30. Fototafel die gesuchten Lose.



Ich schreibe "ca.", weil die Fototafeln waren lose in einem separaten Fototeil enthalten.

Um genau zu sein, müssten wir von "Fotos" 355, 356 und 357 sprechen, nicht von den "Losen". Natürlich waren nicht ALLE Lose abgebildet (in diesen frühen Jahren war dies noch nicht üblich), sondern es galt:

Los 1592 war abgebildet = Foto 355
Los 1593 war abgebildet = Foto 356
Los 1594 war abgebildet = Foto 357.

Sehen wir uns den Text an:

Titel: "Oct. 1859. The Large Fillet"

Los 1592: 2d. dark blue (No. 5), superb unused, gum (Photo 355)
Los 1593: 2d. dark blue (No. 2), unused, close on right (Photo 356)
Los 1594: 2d. dark blue (No. 6), used, close on 3 sides (Photo 357)

Es ist kein Zweifel: CP boten ZWEI ungebrauchte 2 Pence-Marken an! Das ist auch am Katalogwert erkennbar, der für Los 1592 und 1593 bei jeweils stolzen US$ 4'000 lagen. Los 1594 hatte einen Katalogwert von US$ 400. Ich zeige diese dritte Marke nur zu Vergleichszwecken. Interessant: auch bei Foto 357 sieht man nicht eindeutig, ob die Marke einen Stempel trägt oder ob sie ungestempelt ist!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.11.2017 00:42:32 Gelesen: 564804# 309 @  
@ Heinz 7 [#307]
@ Heinz 7 [#308]
@ marc123 [#304]

Der Verkauf in New York fand nie statt, die Kataloge waren umsonst gedruckt worden! Doch wenige Wochen später bot H.R. Harmer in London (fast) dieselbe Sammlung in London an, an seiner eigenen Auktion (sales 684-687, 11.-14.6.1934, "fourth portion" der Hind-sales).

Wir suchen unsere Mauritius-Marken, Sherwin-Ausgabe und sehen Erstaunliches:



Titel: "October 1859 / Large Fillet / S.G. 30" (S.G. steht für den Katalog: "Stanley Gibbons")

Los 383: "2d. DEEP BLUE (No. 5), unused with part gum, large margins all round and superb (see photo, plate XIX)"

Los 384 war dann dieselbe Marke, aber gestempelt. Bei Phillips & Kennett war Los 384 Foto 364.

WARUM bei H.R. Harmer London die zweite ungebrauchte 2 Pence Marke aus der Sammlung Hind fehlte, weiss ich nicht! Marc hat eine höchst interessante Entdeckung gemacht!

Liebe Grüsse und gute Nacht!
Heinz
 
marc123 Am: 19.11.2017 22:17:07 Gelesen: 564520# 310 @  
@ Heinz 7 [#309]

Lieber Heinz,

vielen Dank für diese aufwendige und interessante Recherche. Ich glaube du hast genauso viel Freude an diesem Thema wie ich. Ich gebe dir absolut recht, die Begriffe "Lose" und Fotos zu unterscheiden. Die letzte Marke würde ich nun nicht mehr mit in die Aufzählung nehmen oder zumindest mit Fragezeichen. Ich glaube auch eher der Katalogbeschreibung dass sie gestempelt ist als der Fototafel auf der sie ungebraucht aussieht. Noch eine Überlegung zum "Manus" Stück. Die Marke ist unten stark angeschnitten. Es ist möglich, dass sich an der abgeschnittenen Stelle ein kleiner Teilabschlag eines Stempels befand der durch abschneiden des Markenteils "entfernt" wurde. Dies ist nicht auszuschließen und man kann dann über den Begriff ungebraucht streiten.

Noch etwas trauriges zum Paar. Dieses wurde laut Rudge (2006, 50) getrennt "severed after 1993". Im Mauritius Pricing Guide to Classic von David Feldman, der sich im Anhang der "Rarities of the World, Autumm 2006" befindet steht "The unique pair, sold in 1993, since severed into two singles & rejoined".

Weist du oder sonst jemand etwas mehr darüber?

Liebe Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 20.11.2017 23:12:58 Gelesen: 564177# 311 @  
@ marc123 [#310]

Lieber Marc,

ich habe Los 1594 (Hind) nur aus Vergleichsgründen gezeigt, weiss aber, dass sie "gebraucht" ist, und damit keine grosse Seltenheit.

Los 1593 wurde in London 1934 vielleicht als "nicht echt" enttarnt (Los 1592+1594 sehen anders aus, finde ich!). Vielleicht war DAS der Grund, warum Harmer das Los 1593 NICHT in seine Auktion aufnahm? Grosses Fragezeichen.

Ob beim Manus-Stück Deine "Erklärungs-Variante" zutrifft, wissen wir beide nicht, denkbar wäre es aber!

Dass der Käufer des Sherwin *-Paares dieses GETRENNT hat, war eine Riesen-Dummheit; der Kerl hat mit diesem Scherenschnitt auch gleich ein paar zehntausend Euro Wert vernichtet! Ich zitiere aus dem Auktionskatalog David Feldman (1993): "The most valuable item of Mauritius outside the Post Office issue." (Aber NUR das Paar, NICHT die Einzelmarken). Unglaublich, dass dies im späten XX. Jahrhundert noch vorkam; anfangs XX. Jahrhundert war es noch keine Seltenheit, aber "heute" sollte man meinen, die Leute seien besser informiert und hätten aus Schaden gelernt. Naja, wir können es beide nicht ändern!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.11.2017 23:41:55 Gelesen: 564164# 312 @  
@ Heinz 7 [#300]

Auf Platz 50 der Liste Schubert stehen 7 Marken mit einem Katalogwert von 1200 Mark. Davon ist eine von Britisch-Zentralafrika.

Der Senf-Katalog katalogisierte wie folgt:

Britisch-Nyassaland
Neue Ausgabe. Wappen mit zwei Negern zu den Seiten; Steindruck, ausser 1 P. sämtl. Werte zweifarb. (Mittelstück schwarz).
1896. Grosses Format u. Wz. seitwärts
Nr. 41: 25 Pounds gelbgrün: * 1200, gest. -.-

Die Marke fehlt in vielen wichtigen British Empire-Sammlungen. Der grosse Sammler Alfred Lichtenstein (bzw. seine Tochter Louise Boyd-Dale) aber konnten diese Marke vorweisen, wie auch die Senf Nr. 30, 39 und 40).



Im Auktionskatalog von Harmers New York Inc. vom 14.3.1991, sale no. 2867 finden wir diese hübsche Serie.

Los 31 (nicht im Bild) = Senf Nr. 29 (10 £)
Los 32 = Senf Nr. 30 (25 £, blaugrün, 1895, ohne Wasserzeichen)
Los 33 = Senf Nr. 39 (1 £, 1896)
Los 34 = Senf Nr. 40 (10 £, 1896)
Los 35 = Senf Nr. 41 (25 £, 1896)

Die Marken haben heute keinen sehr beeindruckenden Katalogwert mehr. (Michel Rarities, 2010):

Michel Nr. 41 = Euro 12'000

Die anderen 4 Werte: Euro 5000, 9500, 1000, 5500 für Mi. 29+30+39+40.

Damit hat sich British Central Africa eindeutig weniger positiv entwickelt als andere Weltraritäten der Jahre 1912/1913.

Auch den erzielten Preis an der Auktion in New York 1991 kann ich melden. Es waren US$ 8'000.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.11.2017 20:29:57 Gelesen: 563586# 313 @  
@ Heinz 7 [#109]
@ merkuria [#112]

Bereits im September 2016 haben wir die 1 Shilling-Marke von Neuschottland (Nova Scotia) kennengelernt, noch bevor wir uns systematisch der Liste Schubert gewidmet haben. Dort ist die Briefmarke gleich zweimal unter den ersten 59 Positionen vertreten.

Senf 1912:

33. Senf 4b: 1 Shilling d'lila: Mark 1'500
50. Senf 4a: 1 Shilling d'violett: Mark 1'200

Wie sieht die Katalogisierung in Deutschland 98 Jahre später aus?

Michel 2010:

Michel 4b: 1 Shilling purpur auf bläulich (1856): Euro 20'000
Michel 4a: 1 Shilling mattviolett auf bläulich (1851): Euro 28'000

Zehn Jahre zuvor galt bei Scott (2000):

Scott 6: 1 shilling reddish pur (1857): US$ 14'500
Scott 6b: 1 shilling deep purple: US$ 15'000
Scott 7: 1 shilling deep violet: US$ 18'500

Ein Sammler, der die Nummern 6+7 ungebraucht hatte, war William Gross. Am 19.11.2009 wurde bei Spink in New York ein Teil seiner Sammlung(en) verkauft:



Los 329: No. 6 "reddish violet"



Los 331: No. 7 "dull violet"

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.11.2017 22:09:32 Gelesen: 563547# 314 @  
@ Heinz 7 [#312]

Ich habe das Bild in Beitrag 312 mit 600 dpi eingestellt, bin aber mit der Qualität der Abbildung nicht zufrieden. Nun habe ich das Bild noch mit 300 dpi gescannt, und hoffe, es wirke besser.



Freundliche Grüsse
Heinz
 
merkuria Am: 23.11.2017 00:38:53 Gelesen: 563473# 315 @  
@ Heinz 7 [#312]

Von drei dieser Ausgaben kann ich neuere Auktionsergebnisse mit Abbildungen beisteuern:



Mi Nr. 28 (1 £, 1895 ohne WZ)

An der Siegel Auktion vom April 2013 wurde für ein ungebrauchtes Stück 700 US$ + Aufgeld bezahlt.



Mi Nr. 29 (10 £ 1895 ohne WZ)

An der Status International Auktion vom Oktober 2017 in Sydney/Australien wurde ein ungebrauchtes Stück mit Attest für 7‘000 A$ (ca. 4500 €) + Aufgeld verkauft.



Mi Nr. 39 (1 £, 1896 mit WZ)

An der Siegel Auktion vom April 2013 wurde für ein ungebrauchtes Stück 700 US$ + Aufgeld bezahlt.

Grüsse
Jacques
 
Heinz 7 Am: 25.11.2017 12:40:52 Gelesen: 562885# 316 @  
@ Heinz 7 [#88] und [#297]

Die teuerste Marke von Italien haben wir bereits kennengelernt (Toskana 1860, 3 Lire, siehe Beitrag [#88] und [#297]). Im Buch von Giulio Bolaffi: "I Francobolli di Maurice Burrus; Antichi Stati Italiani" wird aber eine andere Marke in den Vordergrund geschoben.

Italienische Staaten, Neapel, 1860, Michel Nr. 9: Weisses Savoyer-Kreuz als Mittelstück, 1/2 Tornese blau.



Nach Bolaffi gilt zu diesem Stück:

Tavola XIV - no. 48: "è un pezzo fra i piu classici ed interessanti che esistano al mondo. / "This is one of the most classic and interesting items in existence"

Natürlich hat diese Marke meine Aufmerksamkeit geweckt und ich wollte mehr darüber wissen.

Die Jahre 1840-1860 (die ersten "zwanzig Briefmarkenjahre") waren politisch höchst unruhige Zeiten! 1848 erklärte eine italienische Freiheitsbewegung den herrschenden Österreichern den Krieg. 1859 gelang es, mit französischer Hilfe, die Österreicher zu besiegen. Nord- und Mittelitalien waren nun weitgehend geeint. Giuseppe Garibaldi beschloss, den Sieg Viktor Emmanuels zu nutzen und auch Süditalien von der Fremdherrschaft zu befreien. 1860 gelang es Garibaldi in vier Monaten ganz Sizilien und Neapel zu befreien!

Diese historisch wichtigen Ereignisse hatten auch Einfuss auf die Philatelie. Neapel, das 1858 als Königreich eine hübsche erste Briefmarkenserie herausgegeben hatte (Mi Nr. 1-7) erhielt eine provisorische neue Regierung (unter Garibaldi).

Garibaldi wollte seine politischen Ideen kommunizieren und halbierte die Posttaxen für Drucksachen auf die Hälfte! Das Porto für Zeitungen wurde reduziert von 1/2 Grano auf 1/2 Tornese. Die Farbe der Michel Nr. 1 (mattlilarosa) wurde geändert auf blau. Die neue Marke wurde herausgegeben am 6.11.1860, die Auflage betrug angeblich nur 100 Stück (!) = Michel Nr. 8.



Natürlich gefiel Garibaldi die Zeichnung des Wappen von Bourbon nicht! Das befreite Neapel sollte nicht an die alte Herrschaft erinnert werden. Die Marke (Druckplatte) wurde also nochmals verändert; der Mittelteil wurde ersetzt durch ein weisses Savoyer Kreuz. Am 6. Dezember 1860 erschienen die neuen Marken. Wieder nur 100 Stück !

Kein Wunder also, dass diese zwei Marken sehr selten sind, vor allem in ungebrauchtem Zustand. Das oben gezeigte Paar ist eines der teuersten philatelistischen Stücke von Italien!

Moment - wir sprechen in diesem Thema bis jetzt nur von Briefmarken, also Einzelmarken, nicht von Paaren, etc. - Wie sieht es also aus für EINZELMARKEN?

Leider weiss ich nicht, wie viele Stücke der Michel Nr. 8 und Michel Nr. 9 heute noch bekannt sind (Leon N. Williams erzählt von einem spektakulären / vielleicht auch tragischen Ereignis, als eine Putzfrau mehrere dieser Marken vernichtet hat).

Zu Vergleichszwecken zeige ich anbei auch die Michel Nr. 1 (1858: Währung Grano):



Die Katalog-Situation war / ist wie folgt:

1912

Senf Nr. 1: 1858 Dreiteiliges Wappen rosa, Grano, * Mark 20, gest. 9
Senf Nr. 8: 1860 Dreiteiliges Wappen blau, Tornese, * Mark 1200, gest. 400
Senf Nr. 9: 1860 Savoyer Kreuz, Tornese, * Mark 600, gest. 120

2010

Michel Nr. 1: 1858 Dreiteiliges Wappen rosa, Grano, * Euro 1'200, gest. 250
Michel Nr. 8: 1860 Dreiteiliges Wappen blau, Tornese, * Euro 200'000, gest. 12'000
Michel Nr. 9: 1860 Savoyer Kreuz, Tornese, * Euro 35'000, gest. 4'500, (*) 11'000

Wir trauen unseren Augen kaum: die Michel Nr. 8 ist bewertet mit 200'000 Euro! Das ist eine der spektakulärsten Werte-Entwicklungen seit 1912.

Zur Differenz zwischen Katalogwert und tatsächlich erzielten Preisen ist aber gerade zu DIESER Marke viel zu sagen... Nur soviel: bei Christoph Gärtner blieb diese Marke unverkauft, obwohl sie zu nur 33'000 Euro ausgerufen wurde (Juni 2016)! Ein repariertes Stück wurde zu höchst bescheidenen Euro 2'900 zugeschlagen (Juni 2017).

Im Moment scheint die Marke also nur wenig Interessenten zu finden...

Ein Wort noch in eigener Sache: dies ist mein 200. Beitrag zu diesem Thema, darum habe ich mir eine "schöne Geschichte" / Marke dafür aufgespart und der Beitrag ist noch länger geworden, als sonst üblich...

Ich mache gerne weiter... Mit diesem wunderbaren Thema, und allgemein auf Philaseiten. Danke an Richard & sein Team für diese Plattform.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.12.2017 20:19:02 Gelesen: 561252# 317 @  
@ Heinz 7 [#316]

Mit meinem 201. Beitrag zu diesem wunderbaren Thema stelle ich Ihnen FAST eine Weltrarität vor:



Dies ist der 80 Parale Wert der 2. Ausgabe des Fürstentums Moldau, Michel Nr. 7. Der Wert erschien im November 1858. Der Wert ist ungebraucht seltener als gestempelt.

Da DIESE Marke aber auf weissem Papier gedruckt ist, und nicht auf bläulichem, ist die Marke "nur" selten, aber eben KEINE Weltrarität. Die gezeigte Marke ist Michel Nr. 7ay, mit einem Katalogwert von Euro 600 (Michel 2010). Auf bläulichem Papier ist die Michel Nr. 7ax mit Euro 12'000 (2010) bewertet.

Fritz Heimbüchler schreibt in seinem ersten Handbuch (1994) zur Nr. 7ax was folgt:

"Im Gegensatz zu den Werten zu 5 und 40 Parale druckte man die 80 Parale von Anfang an auf weissem oder schwach gelblichweissem Papier. (...). Die ersten 8 Auflagen hindurch gelang es, für die 80 Parale das Papier einigermassen konstant zu halten, das heisst auf weisses oder gelbliches Papier zu begrenzen. Bei der 9. Lieferung am 1.4.1861 kam jedoch plötzlich für die 80 Parale kräftig lilabläuliches Papier zum Einsatz." (siehe Seite 172).

Eigentlich sind Euro 12'000 für eine so seltene Marke nicht einmal extrem viel. Es sind nämlich erstaunlich wenige ungebrauchte Exemplare bekannt. Wieviel? Genau will dies niemand sagen. "Weniger als zehn" scheint zu stimmen, vielleicht sind es auch nur 5 oder 6?

Um den Unterschied zwischen weissem und bläulichem Papier zu zeigen, habe ich ein Exemplar des 40 Parale-Wertes gescannt (Michel Nr. 5x bläulich, 5y weisses Papier). Von Auge sieht man klare Unterschiede. Auf dem Foto scheint es mir weniger deutlich. Aber vielleicht hilft die Abbildung totzdem.



In grössten und ganz wichtigen Rumänien-Sammlungen FEHLTE die Nr. 7ax ungebraucht! Nicht so bei Gross-Meister Alfred Caspary! Er konnte gleich ZWEI Mal diese Rarität vorweisen (siehe Lose 390+391 der Auktion vom 19.11.1957).

In der Liste Schubert erschien diese Marke als Senf Nr. 7a auf Rang 50 (6. Marke) mit einem Katalogwert von 1'200 Mark (1912/1913).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.12.2017 21:13:02 Gelesen: 561237# 318 @  
@ Heinz 7 [#300]

Mit Beitrag [#317] haben wir die ersten 57 Briefmarken der Liste Schubert kennen gelernt (siehe Beitrag [#2]) plus 13 weitere.

Zwar wäre zu der einen oder anderen Rarität noch Wichtiges zu sagen/nachzutragen, aber gleichwohl ist die nachfolgende "Bestandesaufnahme" wohl hilfreich.



Damit ist also das erste Kapitel unseres "Lehrganges" geschrieben. Ich werde gerne noch ein paar Ergänzungen anbringen, mich ansonsten dann aber dem "Kapitel 2" zuwenden. Ich finde das spannend und freue mich darauf!

Liebe Grüsse
Heinz
 
bayern klassisch Am: 04.12.2017 11:48:44 Gelesen: 561194# 319 @  
@ Heinz 7 [#316]

Hallo Heinz,

ich habe leider eben erst deinen tollen Beitrag gelesen - klasse!

Ist das richtig, dass die halbierten Taxen für Drucksachen nochmals halbiert (also geviertelt) wurden?

Zum Preis: Die großen italienischen Sammler geben sehr hohe Beträge aus für Marken (und Briefe), die qualitativ sehr gut bis sensationell sind - weit höhere, als hiesige Sammler, die ja auch schon enorme Preis für Raritäten bezahlen.

Wenn aber, selbst eine Weltrarität wie diese hier, die Marke stark repariert ist, dann kauft sie keiner mehr südlich der Alpen und der Markt bricht ein. Daher erklärt sich der äußerst niedrige Zuschlagpreis vermutlich leicht. In Toppzustand wäre sicher ein ganz andere Preiskategorie anvisiert worden.

Vielen Dank für deine Mühewaltung hier und die tollen und stets interessanten Beiträge - einmalig!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 04.12.2017 20:19:16 Gelesen: 561151# 320 @  
@ Heinz 7 [#318]

Danke, Ralph!

Ich habe etwas vorschnell die Erledigung von "Kapitel 1" bei unserem "Lehrgang" bekanntgegeben. Zwar sind alle Marken über 1'100 Mark (1913) gemäss Senf vorgestellt, aber ich wollte die Liste ja um ein paar fehlende Grossraritäten ergänzen (siehe Liste Beitrag 318), und da habe ich noch zwei Lücken.

Dabei habe ich die Postmeistermarke von Boscawen 1846 zum Zeigen vorgesehen. Sie war schon 1912 bekannt (siehe Senf 1913, Seite 1246, Senf Nr. 4) aber nicht bewertet (darum: bei Schubert nicht auf der Liste!). Bei Ferrary erreichte der Brief hohe Aufmerksamkeit; er galt, zu Recht, als Unikat! An der 3. Ferrary-Auktion kam der Brief als Los 556 am 7.4.1922 zum Verkauf, und war fast in Originalgrösse abgebildet. Der Brief wurde sehr teuer! Er schmückte dann die Sammlungen von Arthur Hind, heute ist er Bestandteil der Mega-Sammlung von Erivan Haub.



Der Brief mit der (ungestempelten) Marke Boscawen hat einen Katalogwert von Euro 250'000 (Michel 2010).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.12.2017 22:19:33 Gelesen: 561063# 321 @  
@ Heinz 7 [#320]

Die USA-Postmeister-Ausgaben nehmen unter den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt eine Schlüsselstellung ein. Rekap:

5. St. Louis
6.(2.) Millbury
10.(6.) Brattleboro
33.(13+14.) Baltimore (5 Cents)
33.(15.) New York

Wir wissen auch, dass gleich mehrere Marken im Senf 1912/1913 nicht bewertet waren. Da sie aber sehr selten und beliebt sind, habe ich die Liste "Schubert" um folgende Postmeistermarken erweitert:

- Alexandria, sämisch
- Alexandria, blau
- Baltimore (10 Cents)
- Boscawen
- Lockport

Einzelne dieser Postmeistermarken gelten heute als UNIKATE!
Es sind die Alexandria (blau), Boscawen + Lockport!



Alle drei Unikate sind heute in der "Triple A"-Sammlung von Erivan Haub!

Hochachtung!

Bei Senf wurde die Lockport katalogiesiert als (US-Postmeister-Marke) Nr. 6
Bei Michel war sie 2010 mit Euro 300'000 bewertet.
Bei Scott erhielt sie die Nummer 6X1

Heinz
 
bignell Am: 08.12.2017 11:08:00 Gelesen: 560998# 322 @  
Bei Feldman wurden wieder viele seltene Stücke versteigert, z.B. Mauritius. [1]

Dieser nette Brief ist unter Los 80015 aber noch zu erwerben:



Lg, harald

[1] https://www.davidfeldman.com/de/kauf-bei-einer-auktion/lose-durchsuchen/aucP/2017-december-british-empire-gbp/browse/1/20480/all/all/all/all/all/all/all/all/all/
 
Heinz 7 Am: 10.12.2017 11:27:20 Gelesen: 560851# 323 @  
@ Heinz 7 [#191]

Ich habe im Juli bereits angekündigt, dass ich es nicht dabei bewenden lassen will, die ersten 50 Briefmarken der Liste Schubert 1913 in Wort und Bild darzustellen, sondern ich möchte diese Liste auch mit derjenigen von Theodor Haas vergleichen und Unterschiede und gegebenenfalls Neuentdeckungen (?) besprechen. Theodor Haas habe ich in diesem Thema bereits vorgestellt, siehe

@ Heinz 7 [#149]

und auch sein grossartiges "Lehrbuch der Briefmarkenkunde"

http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=1899.

Es ist schön, diese Studie (nochmals) zu machen! Ich habe vor rund 30 Jahren diese Studie von Haas bereits analysiert und sie hat mir massgeblich dabei geholfen, mich für das Sammelgebiet "Rumänien" zu entscheiden! Nun kommt noch der Vergleich mit Schubert 1913 hinzu, das ist sicherlich spannend.

Wir wissen, dass Haas einen anderen Ansatz wählte, als Schubert. Schubert nahm den HÖHEREN Katalogwert einer Marke, wenn sie beide Notierungen hatte (für ungebraucht oder gestempelt). Haas hingegen beachtete nur den TIEFEREN Wert der Marke. War also eine Marke ungebraucht sehr teuer, gestempelt aber billig, dann kam sie bei Schubert auf die Liste, bei Haas aber nicht!

Beispiel: Württemberg 1859, Wappenzeichnung, ohne Seidenfaden. Senf Nr. 13. 6 Kreuzer grün:

ungestempelt: 1000 Mark
gestempelt: nur 4 Mark!



Anbei ein Foto von Los 217 aus der 2. Boker-Auktion vom 7.12.1985, als eine 6 Kreuzer ohne Seidenfaden verkauft wurde (Michel Nr. 13).

Bei Schubert schaffte es diese Marke damit auf Platz 58 (mit etlichen anderen Marken "ex aequo"). Bei Haas kam diese Marke nicht in Betracht! Er suchte und listete NUR die wirklich SELTENEN Marken!

Die Württemberg Nr. 13 hat sich in den letzten 100 Jahren nicht so prächtig entwickelt. 1912 war sie bewertet mit 1000 Mark (!), Michel 2010 bewertet sie "nur" mit Euro 12'000, Andere Weltraritäten haben sich da stärker entwickelt.

Es kann natürlich sein, dass in den letzten 100 Jahren es sich herausstellte, dass die Marke weniger selten ist, als 1912/1913 angenommen (Entdeckung weiterer Exemplare?). Bei anderen Raritäten hat sich Altdeutschland meines Wissens gut entwickelt 1912 / 2010.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.12.2017 12:45:02 Gelesen: 560835# 324 @  
@ Heinz 7 [#323]

Nun, wie sah denn Haas die Besten? Seite 477-478 gibt Auskunft:

1. British Guiana, 1856, 1 Cent karminrot

bei Schubert NICHT gelistet (da im Senf 1912 unbewertet), aber in diesem Thema ausführlich vorgestellt: siehe Beiträge 3-7-9-15-149-185-195-250-251-252-253 (siehe Übersicht Beitrag 300)

2. British Guiana, 1856, 1 Cent karminrot

bei Schubert ebenfalls auf Platz 2! (2.1.)

3. Hawaii 1851, 2 Cents hellblau

bei Schubert NICHT gelistet (da im Senf 1912 unbewertet), aber in diesem Thema ausführlich vorgestellt in 16 Beiträgen (!) (siehe Übersicht Beitrag 300)

4. Mauritius 1847, Post Office, 2 P. blau

bei Schubert auf Platz 1

5. Mauritius 1847, Post Office, 1 P. rot

bei Schubert auf Platz 2! (2.2.)

6. Rumänien 1858, 81 Para blau auf bläulich

bei Schubert auf Platz 4. Anbei nochmals das Bild des schönsten Exemplares dieser Marke. Vollrandig, und das einzige Exemplar mit rotem Stempel



"Le plus bel exemplaire connu du timbre classique le plus rare d'Europe" schwärmte der "Briefmarken-König" René Berlingin; einst selber Besitzer dieser Weltrarität.

7. Britisch Guiana 1856, 4 C. blau

bei Schubert auf Platz 18.2.

8. Hawaii 1852, 13 C. hellblau (H.I. & U.S.)

bei Schubert auf Platz 6.1

9. Hawaii 1852, 5 C. hellblau

bei Schubert auf Platz 9

10. Canada 1851, 12 Pence schwarz

bei Schubert auf Platz 31.1.

Wir können also zufrieden feststellen, dass wir die Grossraritäten anfangs des XX. Jahrhunderts gut kennen, falls wir dieses Thema aufmerksam verfolgt haben.

Ganz zufrieden zurücklehnen wollen wir uns aber doch nicht! Wir wollen noch etwas tiefer graben und ZUSÄTZLICHE wichtige Erkenntnisse gewinnen. Doch dazu benötige ich noch etwas Vorbereitungszeit.

Herzliche Grüsse
zum 2. Advent
Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.12.2017 20:55:18 Gelesen: 560725# 325 @  
@ Heinz 7 [#324]

Bauen wir unsere Liste "HAAS 1905" noch etwas aus.

11. Hawaii 1852, 13 C. hellblau (Hawaiian Postage)

bekannt! bei Schubert auf Platz 10.4.

12. Toscana 1860, 3 Lire gelb

bekannt! bei Schubert auf Platz 49.

13. British Guiana 1850, 4 C. gelb

bekannt! bei Schubert auf Platz 18.1.

14. Réunion 1851, 30 C. schwarz

bekannt! bei Schubert auf Platz 33.10.

15. Réunion 1851, 15 C. schwarz

bekannt! bei Schubert auf Platz 33.9.

16. Oesterreich 1856, Zeitungsmarke zinnoberrot

bekannt! bei Schubert auf Platz 24.4.

17. Britisch Guiana 1850, 8 C. grün

bekannt! bei Schubert auf Platz 24.1.

18. Rumänien 1858, 27 Para schwarz auf rosa

bekannt! bei Schubert auf Platz 57. Wäre die UNGEBRAUCHTE Marke im Senf 1912 bewertet gewesen, wäre die Marke auch bei Schubert deutlich weiter vorne platziert gewesen.

19. Rumänien 1858, 108 Para schwarz auf rosa

bekannt! bei Schubert auf Platz 10.5.

20. Natal 1857, 9 Pence blau

Dies ist die erste Marke, die wir in den Beiträgen 1-323 noch nicht vorgestellt haben. Sie hatte einen Katalogwert von 1000 Mark (Senf 1912/1913) und ist damit bei Schubert auf Platz 58.8. platziert. (Wir haben "nur" Platz 1 - 58.2. gezeigt).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.12.2017 21:26:13 Gelesen: 560719# 326 @  
@ Heinz 7 [#325]

Die Briefmarke von Natal, 1857, 9 Pence blau, wird in Europa nur selten gezeigt und angeboten. Im Büchlein "Linn's Philatelic Gems 2" von Donna O'Keefe (1985) wird diese Marke vorgestellt (Seite 110-111).



The "Invisible Rarity" nennt die Autorin die Marke, weil die Prägung auf dem blauen Papier wirklich kaum sichtbar ist!

Interessant ist, was zu den Preisen steht (geschrieben 1985): Die Preise für die erste Ausgabe (4 Werte) schwanken zwischen US$ 600 und US$ 7'500, alle für die GESTEMPELTE Marke.

"The only mint example is the 9d blue. It was sold for US$ 75'000 at the March 29, 1984 auction conducted by the Colonial Stamp Company of Los Angeles".

Im Senf Katalog 1913 waren die vier Werte Natal 1-4 wie folgt bewertet:

Senf 1: 3 Pence rosa: 60 Mark
Senf 2: 6 Pence grün: 175 Mark
Senf 3: 9 Pence blau: 1000 Mark
Senf 4: 1 Shilling blassbraun: 400 Mark

Alle Marken waren nur gestempelt bewertet, in der Spalte "ungebraucht" steht ein "-". Also entweder gibt es diese Variante nicht oder es war Senf nicht möglich, sie zu bewerten.

Ob diese Marke ungebraucht ein Unikat ist, möchte ich noch verifizieren! Jedenfalls ist es gut, dass wir sie noch kennengelernt haben. Sie verdient es sicher, in diesem Thema besprochen zu werden.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.12.2017 23:10:48 Gelesen: 560698# 327 @  
@ Heinz 7 [#326]

Dass ich das Gesuchte so schnell finde, macht mich zufrieden.

Am 25./26.3.2004 fand in London eine Auktion statt bei Spink London (Sale Africa-4001). "British Africa, featuring the estate of the late William Frazer". Los 544 zeigt uns, was wir suchen:



Dies ist die 1857-61 Ausgabe von Natal 9d. blue (Scott no. 3, Stanley Gibbons no. 6)

In der Losbeschreibung steht, dass es nur zwei ungebrauchte Exemplare gäbe! Es ist das einzige in privaten Händen, da das andere in der königlichen Sammlung ist!

Im grossen Buch der königlichen Sammlung habe ich den Hinweis auf die 9d. blue unused gesehen, und die Marke ist auch abgebildet (schwarz-weiss).

Also, ganz klar: Die Marke ist ungebraucht eine Weltrarität! Sie wurde geschätzt von Spink auf GB£ 28'000-30'000. Der Zuschlag war dann aber tiefer, bei nur GB£ 20'000. Dazu kamen 15 % Aufgeld = GB£ 23'000.

Eine Frage bleibt noch. O'Keefe schrieb, die Briefmarke habe 1984 an einer Auktion US$ 75'000 erbracht. Den Auktionskatalog March 29, 1984 / Colonial Stamp Company, Los Angeles, habe ich nicht und kann ihn nicht einsehen. Die Fotos scheinen aber überein zu stimmen (siehe oben, Beitrag 326). Im Auktionskatalog Spink 2004 wurde unter "Provenance" auf einen Verkauf 1984 aber NICHT hingewiesen.

Im Katalog Michel 2010 ist die Marke ungebraucht nicht bewertet. Nachdem aber Verkäufe 1956, 1982, 1985 und 1991 (und 1984?) offenbar stattfanden, finde ich dies schade. Auch Scott und Stanley Gibbons bewerten die Marke nicht. Warum eigentlich nicht?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.12.2017 23:18:25 Gelesen: 560654# 328 @  
@ Heinz 7 [#318]

Bevor ich auf der Liste "HAAS 1905" noch etwas tiefer gehe (ich habe die Nummern 1-20 kurz vorgestellt und wir haben gesehen: mit Ausnahme der NATAL-Marke waren alles "alte Bekannte") möchte, nein MUSS ich noch etwas Wichtiges ergänzen:

UNSERE LISTE (Beitrag 318) MUSS NOCH UM WICHTIGES ERGÄNZT WERDEN!

Die Auflösung dieser überraschenden Erkenntnis finden wir auf Seite 480-482 im Lehrbuch von Haas. Ich zitiere:

"Unter die oben nicht mitgezählten Marken gehören auch Fehldrucke, die besonders behandelt werden sollen. (...). Fehler im Aufdruck, deren Zahl ja Legion ist, werden nicht berücksichtigt; (...)"

Danach bietet Haas eine Liste von 40 Fehldrucken! Und die beinhaltet nun doch einige Überraschungen!

In Deutschland kennen fast alle Philatelisten die Baden 1851 9 Kreuzer grün statt rosa. In diesem Thema haben wir diesen sehr seltenen Fehldruck in den Beiträgen 5, 59 + 152 behandelt. Die Marke erzielte schon gewaltige Preise und gehört darum ohne Zweifel zu den berühmtesten und wertvollsten Marken der Welt.

Auf Seite 481 finden wir den "Baden-Fehldruck" auch tatsächlich. Bei Schubert stand sie auf Platz 10.1. Bei Schubert trafen wir keinen teureren Fehldruck an. Aber bei Haas 1905 ist die Baden 1851 9 Kreuzer grün statt rosa nicht auf dem Spitzenplatz sondern nur auf Platz DREI!

Viele Leser werden nun vermuten: klar, auf Platz 1 steht der berühmte Schweden 3 Skilling Farbfehler (gelb statt grün), die bereits mehrfach für Rekordpreise besorgt war (siehe Beiträge 173+174). Aber NEIN... Es ist NICHT dieses Unikat, dieser einmalige Fehldruck...

Ich möchte die Spannung nicht weiter erhöhen, sondern stelle Ihnen hiermit den "seltensten Fehldruck" gemäss Haas 1905 (Seite 480-482) vor:



Die 2 Reales Marke wurde ebenfalls 1851 gedruckt. Die normale Marke ist die Senf Nr. 8 / Michel Nr. 8 und hat die Farbe "ziegelrot" oder "orangerot". Es gibt nun aber diese Marke auch in blau! siehe oben.

"Im Buch Encyclopaedia of rare and famous stamps" von Leon N. Williams (1993) wird die Marke breit besprochen. Sie wurde schon 1868 entdeckt und gelangte 1868 in die Sammlung von Westoby. 1884 kaufte Thomas K. Tapling den grössten Teil der Westoby-Sammlung und kam so in den Besitz dieser Marke, die damals noch als Unikat galt.

Noch im XIX. Jahrhundert tauchten aber zwei weitere Exemplare auf. Beide gelangten "natürlich" in die Sammlung von "Briefmarkenkönig" Ferrary.

Tapling verstarb jung, 1891. Er hat seine atemberaubende Sammlung dem britischen Museum vermacht, sie ist also nicht mehr käuflich zu erwerben. Sie ist heute in der British Library London.

Die oben gezeigte Marke ist nicht etwa ungestempelt, sondern der Stempel wurde weitgehend entfernt. Dies geschah, als man die Briefmarke zu Prüfzwecken kochte!

Die übrigen zwei Exemplare werde ich bei Gelegenheit auch noch besprechen/vorstellen.

Im Katalog Michel Raritäten 2010 ist der Fehldruck Spanien 8 F bewertet mit Euro 150'000. Im Senf 1912/1913 war sie auch katalogisiert, aber nicht bewertet (Angabe "-"). Darum FEHLT diese Marke in der Liste Schubert 1913!

Wir machten also eine gewichtige "Neuentdeckung" bei unserer Entdeckungsreise durch die weite Welt der Philatelie!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.12.2017 17:42:21 Gelesen: 560137# 329 @  
@ bignell [#322]

Lieber Harald,

ich habe dieses Angebot bei Feldman auch gesehen. Dieses Mal blieb dieser seltene und schöne Brief unverkauft.

Es gibt aber mehrere solche frühen Briefe, die als Marken-Kombinationen sehr selten waren und die bei den Sammlern sehr beliebt sind (Buntfrankaturen). Vergleichbare Stücke sind vielleicht frühere Grossbritannien-Kombi-Briefe, vgl. z.B. Heinz 7 [#39].

Mauritius SG no. 7 und 9 kombiniert ist extrem selten. An der Kanai-Auktion am 3.11.1993 wurde genau dieser Brief angeboten und damals auch verkauft. Der Ausruf lag dort allerdings deutlich tiefer: "nur" CHF 120'000. Zuschlag war dann bei CHF 140'000 + 15 % Aufgeld = CHF 161'000.

Obwohl dieses Ergebnis nun schon 24 Jahre zurückliegt, war nun die "Hürde" für einen neuen Verkauf offenbar zu hoch. Der "Estimate"-Preis bei David Feldman 2017 war nun aber auch sehr ambitioniert: GB£ 300'000-400'000! Wir wissen nicht, wie tief ein Unterbieter gehen durfte, um das Los dennoch zu erhalten; vorerst wurde der Brief jedenfalls als unverkauft gemeldet.

Zweifellos ist dies eines der Spitzenstücke der Mauritius-Philatelie.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.12.2017 00:10:46 Gelesen: 559547# 330 @  
@ Heinz 7 [#235]

Achtung, nun wird es spannend!

BETRIFFT US CARRIER, 1 CENT BRAUNROT

Vielleicht als "vorgezogenes Weihnachtsgeschenk" habe ich eine Abbildung unserer gesuchten Marke gefunden! Zur Erinnerung: wir haben schon Einiges über diese Marke gelesen, aber GESEHEN haben wir (ich) noch nie ein echtes Stück! Darum war ich heute sehr überrascht, als ich folgendes Auktions-Angebot erblickte:



Diese Abbildung in Farbe erschien 1920, als die 10. Auktion der Firma "Marken- und Ganzsachenhaus G.m.b.H., Berlin" angekündigt wurde. Diese fand am 22.-27.11.1920 statt in Berlin.

Im Auktionskatalog wird die Marke wortreich vorgestellt. Der englische Text ist noch ausführlicher, als der deutsche, darum an dieser Stelle die gesamte Losbeschreibung:



Was ist davon zu halten? Haben wir das lang gesuchte Stück gefunden?

Oder vielleicht doch nicht? - Halten wir fest:

a) Angeboten wurde das Stück von Herrn Rudolf Siegel 1920. 1926 wurde Rudolf Siegel wegen Betrug verurteilt (siehe: Carlrichrad Brühl, "Geschichte der Philatelie")

b) die gemäss Beschreibung erwähnte deutliche Abstempelung "NEW YORK" ist auf den Fotos NICHT erkennbar (Farbfoto, siehe oben, oder schwarzweiss-Foto Seite 343).

c) seltsam ist auch, dass Siegel die Marke einerseits anpreist: "worth several thousand dollars!", dann aber im Katalog doch ganz schlicht um ein Gebot bittet ("Please make a reasonable bid!")

d) ein Jahr später nimmt Senf die Marke gestempelt aus der Bewertung, siehe Anmerkungen im Beitrag 235:

"Im Senf 1912 und 1913 war die Marke gelistet mit 2000 Mark. Dieselbe Notierung finden wir im Senf 1915. Im Senf 1921 ist anstatt einer Preisangabe ein "-.-" vermerkt. Im Senf 1925 ist eine interessante Notiz angebracht: "Nr. 03 I ist vermutlich Probedruck, gestempelt ist nur ein Stück davon bekannt." Im Senf 1929 ist die 03 I. gar nicht mehr aufgeführt."

Also - Viel Lärm um nichts? Ich gehe aufgrund meiner Informationen davon aus, dass diese Marke echt gestempelt NICHT existiert. Dass wäre auch eine Erklärung, warum sie bei Scott im Katalog nicht aufgeführt ist.

Schöne Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.01.2018 23:35:27 Gelesen: 556806# 331 @  
@ Heinz 7 [#318]

Im Jahr 2017 haben wir ca. 70 (!) Marken kennen gelernt, die entweder gestempelt oder ungebraucht 1912/1913 sehr hoch bewertet waren oder die bestimmt einen sehr hohen Katalogwert aufgewiesen hätten, wären sie denn 1912/1913 von Senf bewertet worden!

Die Leser dieses Themas wissen, dass wenige Jahre vor Schubert der Philatelist Theodor Haas eine ähnliche Studie publiziert hatte, dabei aber etwas anders vorging. Haas nahm die günstigere Variante (gestempelt oder ungebraucht) und erstellte darauf seine Liste "Die hundert seltensten Marken nach ihrem Seltenheitsgrade geordnet". Die 20 ersten Marken dieser Liste habe ich Ihnen bereits vorgestellt. Ich habe darauf hingewiesen, dass Haas danach auch die 40 seltensten Fehldrucke auflistete. Diese Liste haben wir erst in Bruchstücken kennengelernt, und sicher ist es spannend, zu sehen, ob weitere Neuentdeckungen zur Liste Schubert gemacht werden können.

Die Antwort ist: JA!

Auf Platz 1 der zweiten Liste Haas ist die Spanien 1851, 2 Reales blau statt ziegelrot (siehe
@ Heinz 7 [#328])

Heute möchte ich den Fehldruck auf Platz 2 vorstellen, es ist die Österreich 1867, 3 Kreuzer rot statt grün.



Es gibt diese Marke gemäss Beschreibung Auktionskatalog (1995) nur dreimal! Sie kam am 12.4.1995 zur Auktion bei Christie's in Zürich (Sammlung Gary Ryan). Los 2232 hatte einen Schätzpreis von CHF 65'000 - CHF 80'000.

Der Hammer fiel dann aber bereits bei CHF 55'000. Dazu kamen noch 15 % Provision, total also CHF 63'250.

Ich meine, mich erinnern zu können, dass in den letzten 20 Jahren ein anderes Exemplar dieser Weltrarität einen noch deutlich höheren Preis erzielte!

Natürlich fragen wir nun, warum denn die Marke auf der Liste Schubert fehlte. Die Antwort ist einfach: dieser Fehldruck war im Senf 1912/1913 nicht aufgelistet! Das erstaunt uns jetzt aber, denn Haas schrieb ja sein Lehrbuch einige Jahre FRÜHER (1905), also hätte den Katalog-Herausgebern dieser Fehldruck bekannt sein müssen.

Im Katalog Ferchenbauer (1974, 2. Auflage, Seite 180) wird erwähnt, dass es diese Marke 5 x gäbe: 3 x gestempelt, 1 x als Fragment und 1 x auf Brief.

Den heutigen Katalogwert kenne ich nicht. Im Michel Raritätenkatalog von 2010 war die Nr. 36 F (Fehlfarbe: rot statt grün) mit stolzen Euro 100'000 bewertet.

Übrigens kann die Marke auch von Ungarn reklamiert werden. Die Marke wurde nämlich in Nagy Beckerek gestempelt.

Diese Marke ist es also sicherlich wert, dass wir ihr unsere Beachtung schenken!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.01.2018 00:09:38 Gelesen: 556777# 332 @  
@ Heinz 7 [#331]

Wichtige Ergänzung

Paul Kohl schrieb in seinem Briefmarken-Handbuch von 1915 (10. Auflage) Folgendes:

(Seite 934)

"Den sogenannten Fehldruck 3 K. rot halte ich für eine Fälschung, hergestellt aus der echten 5 K. rot."

Wenn die Gebrüder Senf dieselbe Meinung hatten, wäre dies eine Erklärung für das Fehlen dieser Marke (dieses Fehldruckes) im Katalog 1912 und 1913 von Senf. Auch Yvert & Tellier katalogisierten in ihrem Catalogue (Jahr 1916) die 3 K. rot nicht.

Ferchenbauer schrieb rund 60 Jahre später zu dieser Marke (Spezialkatalog 1974/2. Auflage):

"In einer der ersten Platten des 5-Kreuzer-Wertes (in Type Ia) war kurze Zeit irrtümlich ein Stöckel mit der Wertangabe "3 Kr." eingefügt, wodurch der Farbenfehldruck 3 Kr. rot entstand von dem einige Stücke unbemerkt zur Verwendung gelangten."

... und ...

"Der Fehldruck wurde in Südungarn verwendet".

Ich denke, diese Zusatzinformation ist interessant. Vielleicht kennt ein Österreich/Ungarn-Kenner den Zeitpunkt, als der Fehldruck als solcher (und nicht als Fälschung) allgemein anerkannt wurde.

Gute Nacht!
Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.01.2018 00:42:12 Gelesen: 556767# 333 @  
@ Heinz 7 [#331]

Zu Weihnachten hat mich das Auktionshaus Gärtner mit einem Buch beschenkt, das mir grosse Freude bereitet. Ich habe es nun konsultiert und sehe mit Freude, dass ich eine willkommene Ergänzung anbringen kann. Im Buch "Sammlung Peter Zgonc; Die Briefmarken von Österreich & Lombardei-Venetien 1850 - 1867" finden wir nämlich ein weiteres Exemplar der oben gezeigten Weltrarität.



Auf Seite 105 des Buches ist das einzige Exemplar gezeigt, das auf einem Fragment erhalten geblieben ist, in sehr guter Erhaltung. Die Marke trägt den ungarischen Stempel "DETTA 4/10". Ferchenbauer, der Autor dieses Buches, schreibt zu dieser Marke, dass (nun, 2017) 6 Exemplare bekannt sind; gegenüber seinem Kenntnisstand von 1974 ist also ein zweiter Brief bekannt geworden. Alle 6 Exemplare wurden in Ungarn gestempelt!

Damit kennen wir nun schon 2 von 6 dieser Marken und ich weiss, dass ich mindestens einen der Briefe auch irgendwo schon gesehen habe! Aber vor dem Schlafengehen suche ich diesen nicht mehr! Ich bin noch berufstätig, und brauche nun meinen Schlaf.

Gute Nacht!

Heinz
 
bayern klassisch Am: 05.01.2018 07:08:21 Gelesen: 556713# 334 @  
@ Heinz 7 [#333]

Hallo Heinz,

weil ich dich in diesem Jahr noch gar nicht gelobt habe, hole ich das hiermit nach: Deine Beiträge sind klasse und allein dieser Thread ist es wert, eigentlich im Printmedienbereich veröffentlicht zu werden.

Zu der 3 Nkr. / 5 Nkr. Marke: Den Brief zu sehen wäre sehr aufschlußreich, sähe man dann nämlich, ob sie als 3 Neukreuzer- oder 5 Neukreuzermarke tatsächlich verwendet worden ist.

Also schlug Farbe die Nominale, oder die Nominale die Farbe? Ich denke, dass die Farbe die Nominale schlug, wie wohl bei den allermeisten Farbfehldrucken.

Bitte weiterforschen und den Brief finden - ich drücke dir die Daumen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Martin de Matin Am: 05.01.2018 10:32:37 Gelesen: 556671# 335 @  
@ Heinz 7 [#333]

Da ich die Beiträge schon seit längerer Zeit verfolge, und seit Ende 2017 Mitglied bin, möchte hiermit einen kleinen Beitrag zum Fehldruck 3 Kr. hinzufügen.

Das Titelstück der 144. Corinphila Auktion 2005 (Sammlung Anton & Elisabeth Jerger) war ein Brief des Fehldrucks. Auf Seite 93 ist dieser auch abgebildet. Auf der Seite 92 sind die anderen 5 (2 davon in Farbe) abgebildet.

Im Moment ist es mir noch nicht möglich Abbildungen davon zu zeigen.

Martin
 
Heinz 7 Am: 05.01.2018 14:30:51 Gelesen: 556602# 336 @  
@ bayern klassisch [#334]

Lieber Ralph,

Dir alles Gute zum Neuen Jahr! Vielen Dank für die lobenden Worte, die mich anspornen, meine Bemühungen fortzusetzen.

@ Martin de Matin [#335]

Besten Dank für den Hinweis. Dies hat mir den Suchaufwand erspart!

Ich konnte in meiner etwas ausgedehnten Mittagspause mir den gewünschten Auktionskatalog gleich kurz ansehen. Martin hat alles korrekt zusammengefasst!



Der Auktionskatalog zeigt auf zwei Seiten alles Wichtige auf zu unserem Stück:

Es gibt sechs Marken dieses Farbfehldruckes

25.8.1867 = Brief von Köbanya nach Wien
8.9.1867 = Brief von Köbanya nach Wien
24.9.1867 = loses Stück mit Stempel Brukenau
1.10.1867 = loses Stück mit Stempel N. Becskerek
2.10.1867 = loses Stück mit Stempel N. Becskerek
4.10.1867 = Fragment mit Stempel Detta

Das Stück aus der Sammlung Jerger ist also das zweite der obigen Aufstellung. Der Brief 25.8.1867 ist aus derselben Korrespondenz. Er ist heute im Ungarischen Briefmarken-Museum in Budapest.

Mit dem obigen Stück haben wir also bereits die Hälfte des Weltbestandes in Bild gesehen:

Nr. 2 = Beitrag 336, Sammlung Jerger
Nr. 4 = Beitrag 331, Sammlung Ryan
Nr. 6 = Beitrag 333, Sammlung Zgonc

Mehr später.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
bayern klassisch Am: 05.01.2018 14:55:25 Gelesen: 556591# 337 @  
@ Heinz 7 [#336]

Hallo Heinz,

danke fürs Auflisten - beide Marken wurden also als Brief, nicht als Drucksache, zu 5 Neukreuzer anerkannt von der Post. Sehr interessant. Solch einen Brief hätte ich auch gerne, aber da werden wohl die Kosten ein bisserl zu hoch für mich sein. :-)

Schönes WE und liebe Grüsse,
Ralph
 
wuerttemberger Am: 05.01.2018 15:26:41 Gelesen: 556572# 338 @  
@ Heinz 7 [#336]

Mir stellt sich spontan die Frage, ob beim Druck des 3 Kreuzer Bogens versehentlich die falsche Farbe genommen wurde, oder ob sich ein 3 Kreuzer Klischee in einen 5 Kreuzer Bogen geschmuggelt hat. Letzteres würde nur funktionieren, wenn der Bogen aus Einzelklischees zusammengesetzt wurde.

Gruß

wuerttemberger
 
Heinz 7 Am: 06.01.2018 00:03:33 Gelesen: 556389# 339 @  
@ wuerttemberger [#338]

Herr Dr. Ulrich Ferchenbauer schreibt seit Jahrzehnten, dass der 3 Kreuzer-Farbfehldruck rot statt grün durch das Einsetzen eines falschen Klischees erfolgte (3 Kreuzer statt 5 Kreuzer). Man könnte also, streng genommen, von einem "Wertzeichenfehldruck" statt von einem "Farbfehldruck" sprechen. Aber weil sich ein Betrachter einer Marke wohl immer zuerst am Nominalwert der Marke orientiert, hat sich diese Bezeichnung "Farbfehldruck" eingebürgert.

Freundliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.01.2018 00:45:19 Gelesen: 556374# 340 @  
@ bayern klassisch [#337]

Lieber Ralph,

in diesem Fall hast Du recht. Dieser einmalige Brief würde teuer. Sehr teuer sogar!

Ich denke, es ist gerechtfertigt, hier von einem einmaligen Brief zu sprechen. Es gibt zwar zwei davon (gemäss Dr. Ferchenbauer/Auktionskatalog 2005 Corinphila), aber ein sehr ähnlicher Brief ist seit 1997 im ungarischen Briefmarken-Museum in Budapest und damit für Sammler nicht käuflich. Corinphila hat auch diesen Brief im Auktionskatalog abgebildet (kleines Bild).



Als die Jerger-Sammlung versteigert wurde, gab es einige hohe Ergebnisse für schöne Stücke und Raritäten. Das höchste Ergebnis wurde erzielt - für den Köbanya-Brief 8.9.1867 mit dem Farbfehldruck! (siehe Abbildung 336).

Wir wissen, dass eine EINZELMARKE 1995 rund CHF 63'000 kostete (siehe Beitrag von Heinz 7 [#331]). Zweifellos ist ein Brief natürlich mehr wert, als eine (beschädigte) Einzelmarke. Corinphila ging dann aber doch relativ "vorsichtig" in die Auktion und setzte einen Ausrufpreis an von "nur" CHF 85'000.

Die Auktion brachte dann aber ein sehr beeindruckendes Ergebnis! Das Los wurde auf CHF 500'000 hochgeboten. Dazu kamen noch 18 % Aufgeld = CHF 590'000.

Das Auktionshaus war zu Recht stolz auf dieses Ergebnis und bezeichnete dies als "Weltrekord", was für eine Rarität der österreichisch-ungarischen Philatelie meines Wissens auch stimmte.

Gemäss Auktionskatalog wurden die beiden "KÖBANYA"-Briefe erst in den Jahren 1939-1945 gefunden (kriegsbedingte Dachbodenräumung). Ob ihr Finder die Briefe bereits teuer verkaufen konnte, weiss ich nicht. Aber 2005 dürfte ein neues Kapitel für diesen Fehldruck geschrieben worden sein, denn Marken/Briefe mit einem Kauf-Wert von über einer halben Million Schweizer Franken sind nun wirklich selten.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 06.01.2018 07:57:55 Gelesen: 556310# 341 @  
@ Heinz 7 [#340]

Hallo Heinz,

danke für das beeindruckende Hintergrundwissen zu diesen beiden Briefen. Fast 600.000 € sind wirklich sehr viel Geld, aber der Brief ist schön und einen besseren mit dieser Marke wird man nicht finden. Wohl dem, der so viel Geld hat, sich solch eine Bombe leisten zu können.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 07.01.2018 12:47:04 Gelesen: 555500# 342 @  
@ Heinz 7 [#285] und [#318]

Auf der Liste Schubert haben wir auf Position 33.11 die Spanien Senf Nr. 30 b kennengelernt: 1854/55: Wappenschild auf weissem Grunde, hellblau auf bläulichem Papier. Die Marke hat in den Katalogen der Welt/Spezialkatalogen folgende Nummern erhalten:

Michel 27y
Yvert & Tellier 33
Stanley Gibbons 39
Scott 33
Edifil 34 A
Galvez 34

Die Marke wurde im Senf-Katalog 1911 - 1913 unverändert* bewertet wie folgt:

ungebraucht: Mark 1500
gestempelt: Mark 375

*den Katalog 1912 habe ich nicht vorliegen, aber 1911 und 1913, es ist unwahrscheinlich, dass 1912 andere Preise galten.

Es scheint nun aber so, dass die Marke ungebraucht echt nicht vorkommt. Das Exemplar aus der Ferrary-Sammlung hatte vermutlich eine (entfernte) Tintenstrich-Entwertung und wurde vom Verkauf zurückgenommen, vgl. Beitrag Heinz 7 [#286] und Thema: "Spanien: Hintergründe zur Mi. 27 y".

Ich wiederhole zwar den Hinweis, dass der Spezialkatalog Galvez (17. Aufage/1923) die ungebrauchte Marke auch bewertete (siehe Seite 11) und sogar eine Bewertung für ein ungebrauchtes Paar aufführte (Seite 13), aber wir haben keine Hinweise, dass diese Stücke heute tatsächlich noch existieren.

Mehrere Kataloge haben die Bewertung für ungebraucht ersetzt durch die Angabe -.- Leider fand ich in der Berner Briefmarkenzeitung 1977-1979 keine Hinweise, warum z.B. Zumstein die Bewertung von CHF 50'000 (!/Katalog 1978) auf: -.- (unbewertet) heruntersetzte. Die BBZ ist das Hausblatt der Briefmarken-Firma Zumstein.

So müssen wir wohl diese Marke bis auf Weiteres (sprich: neuen Erkenntnissen)aus der Liste Schubert 1912 herausstreichen. Mit dem Preis für gestempelt fällt die Marke auf der Liste weit zurück.

Dass die Marke aber (auch gestempelt) sehr selten ist und führende Philatelisten dazu brachte, sie als "seltenste Briefmarke von Spanien" zu bezeichnen, sei hier nochmals festgehalten. Warum sie trotz des geringen Vorkommens "nur" einen Katalogwert von Euro 7'500 hat (gemäss Michel Raritäten 2010), ist bestimmt weitgehend damit zu erklären, dass die Marke von vielen nur als Abart der Michel Nr. 27w betrachtet wird: 1 Real schwarzblau auf dünnem weissem Papier. (Katalogwert * Euro 3500, gest. Euro 350). Viele Spanien-Sammler begnügen sich vermutlich mit dem Besitz einer 1 Real-Marke schwarzblau auf weissem Papier und "MÜSSEN" die Nr. 27y nicht unbedingt dazukaufen.

Vielen Dank an alle meine Helfer (EdgarR, saintex und ein FRPSL-Spaniensammler) sowie an die "Fans", die Interesse an dieser Studie zeigten!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.01.2018 00:25:27 Gelesen: 551634# 343 @  
@ Heinz 7 [#318] und [#328]

Am 12.12.17 habe ich in Aussicht gestellt, dass ich mich in die Liste "Haas 1905" vertiefen wolle. Nun sind 5 Wochen vergangen, und ich möchte gerne ein weiteres Mosaik-Steinchen dazufügen zu unserem Gesamtbild "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt".

Haas listet ab Seite 481 die 40 "seltensten Fehldrucke" auf. Rekapitulieren wir, was wir schon wissen:

1. Spanien 1851, 2 Reales blau statt ziegelrot: siehe Beitrag 328
2. Oesterreich 1867, 3 Kreuzer rot statt grün: siehe Beiträge 331-341
3. Baden, I. Ausgabe, 9 Kreuzer grün statt rosa: siehe Beiträge 5, 59, 152 + 204

Ich habe schon erwähnt, dass nur der drittplatzierte Baden-Fehldruck es auf die Liste "Schubert 1912" schaffte (siehe dort - Position 10.1).

Neben den drei Erstplatzierten haben wir auch schon die Nummer 4 der Liste Fehldrucke (Haas 1905) kennen gelernt: es ist Westaustralien 1854, 4 Pence blau, mit kopfstehendem Schwan in der Mitte. Ich habe diesen Fehldruck in Beitrag 71 vorgestellt.

@ Heinz 7 [#71]

Auch diese Marke ist mit nur 12 bekannten Stücken extrem selten. Sie war im Senf 1912 zwar erwähnt (Senf 1913: Seite 1280), aber sie war nicht bewertet und fand darum keine Aufnahme in die Liste Schubert. Was die Marke aktuell "bringt", wird sich bald zeigen, denn in der Sammlung "Besançon" ist auch ein Exemplar enthalten. Der 1. Teil dieser Sammlung "Australische Staaten & Commonwealth of Australia 1850-1950" kam am 23.11.2017 in Zürich zur Versteigerung. Auf die Fortsetzung darf man gespannt sein!

Australien & Neuseeland haben uns bis jetzt nicht besonders beschäftigt. Ich weiss nicht mehr genau, ob ich schon erwähnt habe, dass auf der Liste "Schubert 1912" Australien & Neuseeland nur ein einziges Mal erwähnt waren unter den ersten 101 Marken seiner Liste: Neuseeland, 1856, 1 Shilling grün (siehe Beitrag 284); Position 33.8.

@ Heinz 7 [#284]



Anbei nun noch ein Ausschnitt aus der Broschüre Vorschau. Das Exemplar soll "possibliy the finest in private hands" sein, schrieb der Auktionator 2017.

Mit dieser Ergänzung "Inverted Swan" haben wir nun also doch ein zweites Top-Stück von "Down under" gefunden!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.01.2018 20:16:31 Gelesen: 551248# 344 @  
@ Heinz 7 [#343]

Ich kann sogar ein weiteres sehr seltenes Stück von Australien/Neuseeland vermelden!

Während der oben gezeigte "Inverted Swan" weit bekannt ist, gibt es einen weiteren Fehldruck vom australischen Staat "South Australia". Er ist bei Haas 1905 sehr hoch bewertet und schaffte es auf Platz 5 seiner Liste der 40 "seltensten Fehldrucke"

Bei Haas heisst es:

5. Süd-Australien 1870, 4 P. blau (ohne Aufdruck 3 Pence).

Im Senf Katalog 1913 war die Marke erwähnt, war aber nicht bewertet (Senf Nr. 29 I). Darum erscheint die Marke nicht auf der Liste Schubert 1912.

Rund 100 Jahre später ist die Marke bei Michel katalogisiert als Nr. 36 F (fehlender Aufdruck).

Ich habe zwei Exemplare dieser Marke gefunden.



Am 28.11.1962 wurde dieses Los bei Robson Lowe, London, verkauft; es stammt aus der weltberühmten Sammlung von Maurice Burrus. Die schwarzweiss-Abbildung ist grösser, als die farbige, darum zeige ich hier beide.



Bei Burrus war das Stück nicht hoch bewertet, obwohl ähnliche Stücke schon hohe Preise erzielt hatten.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.01.2018 20:34:59 Gelesen: 551235# 345 @  
@ Heinz 7 [#344]

Im Buch "Linn's Philatelic Gems 1" von Donna O'Keefe, 1987, wird ein ungebrauchtes Exemplar der Marke mit fehlendem Überdruck gezeigt:



Es stammt aus der Sammlung von Alfred Caspary, H.R. Harmer Limited, 6.-9.10.1958, London, Los 449, Scott no. 44b. Der Verkaufserlös betrug immerhin GB£ 750, das waren damals mehr als CHF 9'000 (1958).

Im Buch von O'Keefe ist ein sehr interessanter Vermerk bezüglich Seltenheit zu finden: "Fewer than 12 of these stamps are known to exist". Also: "weniger als 12 Exemplare"; die Aufteilung auf ungebraucht / gestempelt ist nicht erfolgt.

Im Michel-Katalog 2010 ist die Marke wie folgt bewertet:

36 F *: Euro 25'000.
36 F gest.: Euro 14'000.

Bei Linn (1987) war die Marke bewertet ("today" - vermutlich Scott 1987 -): US$ 22'500 unused und US$ 16'000 used.

Verglichen mit den Fehldrucken 1-4 der Liste Haas 1905 ist der "South Australia missing surcharge"-Fehldruck heute nicht mehr so hoch bewertet wie vor rund 100 Jahren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.01.2018 23:51:45 Gelesen: 546112# 346 @  
@ Heinz 7 [#343]

Haas listet 1905 bekanntlich zwei verschiedene Tabellen auf: "die hundert seltensten Marken" und "die vierzig seltensten Fehldrucke". Von der zweiten Liste haben wir die Plätze 1-5 bereits kennengelernt, aber wir kennen sogar noch mehr!

Platz 6: Sachsen 1851, 1/2 Neugroschen blau (statt grau):

Richtig! Bei Schubert 1912 ist diese Marke auf Rang 23 und bei uns besprachen wir das Stück ausführlich in Beitrag [#203] und [#204]!

@ Heinz 7 [#203]

Platz 7: Vereinigte Staaten 1869, 30 Cents mit verkehrtem Mittelstück.

Auch diese Marke kennen wir bereits! Sie ist bei Schubert auf Platz 18.5 und wurde besprochen und gezeigt in Beitrag [#170], 201 und 204

@ Heinz 7 [#201]

Platz 8: Kap der Guten Hoffnung 1861, 1 P. blau, sogenannter Holzschnitt

Über diesen Farbfehldruck (blau statt rot!) habe ich viel geschrieben in Beitrag 181+204. In der Liste Schubert fanden wir diese Marke auf Platz 33.6.

@ Heinz 7 [#181]

Damit muss ich für heute aufhören. Ich werde unsere Tabelle aufdatieren, denn immerhin haben wir jetzt unsere Kenntnisse erweitert auf die Marken der Liste:

Schubert 1-57
Haas 1-20
Haas Abarten 1-9

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.01.2018 23:52:23 Gelesen: 545276# 347 @  
@ Heinz 7 [#346]

Platz 9 auf der Liste "Haas 1905 Abarten" bereitet uns Kopfzerbrechen.

"Spanien 1876, 25 M. blau und rosa, Rahmen kopfstehend" (siehe Seite 481)

Wir suchen bei 1876, finden aber eine Ausgabe "König Alfons XII.", aber einen Wert zu 25 M. finden wir nicht, und schon gar keinen Kopfsteher. Ab 1872 gibt es keine Milésimas mehr ("M").

Die aufmerksamen Leser erinnern sich aber an die Marke 33.12 der Liste Schubert: Spanien, 1865, 12 Cuartos blau/rosa. DIESE Marke gibt es mit kopfstehendem Rahmen!

ungezähnt = Senf Nr. 62 I: Preis *: -.- (keine Angaben)
gezähnt = Senf Nr. 68 I: Preis *: Mark 1500

Rund 100 Jahre später haben die Marken die Michel Nummern 63 I (geschnitten) und 69 I (gezähnt), wobei die gezähnte Variante die teurere ist (2006).

Und wenn wir weiter suchen, finden wir die Senf Nr. 85: Isabella nach links im Doppeleinrund, mit farbiger Umschrift, gezähnt. Und gleich darunter: Senf Nr. 85 I: "Fehldr. mit kopfstehend. Rahmen". Es MUSS aber die Abart sein, die bei Haas so hoch eingeschätzt wurde! Haas hat vermutlich einen "Zahlendreher" geschrieben: "1876" statt "1867". Die Marke ist bei Senf (1913+1911) nicht bewertet ("-.-"), also war sie es vermutlich auch 1912 nicht und fehlte darum in der Liste Schubert 1912. Im Michel (2006) hat die Abart die Nummer 88 III, sie wird nun aber nicht als "kopfstehender Rahmen" bezeichnet, sondern als "kopfstehendes Mittelstück".

Die Abart gleicht der Michel Nr. 69 I etwas, ist aber zweifellos eine andere Marke. Wir haben also eine NEUE Marke, die es verdient, auf unsere Liste der "berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" aufgenommen zu werden!

Gerne suche ich dazu noch eine Abbildung, aber das ist nicht so einfach.

Einen Hinweis zum Wert um das Jahr 1912 habe ich aber noch gefunden!

Im Kohl Briefmarken-Handbuch und Grosser Katalog, 10. Ausgabe von 1915, finden wir alle diese drei Marken wieder, und diesmal alle bewertet:

Kohl 63 I (1865, ungezähnt): *: 600 Mark
Kohl 69 I (1865, gezähnt): *: 1500 Mark (also wie Senf 1912!)
Kohl 86 (1867, gezähnt): *: 2400 Mark

Dieser Preis ist (bzw. war) sehr hoch und hätte bei Schubert Platz 19 bedeutet!

Also: Champagnerkorken dürfen knallen! Wir haben eine weitere "ganz teure" Marke (Abart) gefunden zur Zeit, als unserer Studie startet (1912). Ich hoffe, ich finde ein schönes Bild davon.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.01.2018 11:48:02 Gelesen: 544817# 348 @  
@ Heinz 7 [#347]

Liebe Leser,

gestern schrieb ich

"Champagnerkorken dürfen knallen!"

weil ich mich freute eine weitere "Superbriefmarke" (bzw. eine Abart) gefunden zu haben, die zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt gezählt werden dürfen: Die Spanien Michel Nr. 88 III von 1867.

"Meine" Leser wissen, dass ich jeweils versuche, die besprochenen Briefmarken auch nachzuweisen mit Bild und Provenienz: Also, in welcher namhaften Sammlung war DIESE Briefmarke vorhanden? - Wenn möglich mit Bild und Verkaufspreis. Nun, gelegentlich benötigt dies ganz schön Recherchier-Arbeit, und nicht immer kann ich die Zeit dafür aufwenden.

Die Michel Nr. 88 III kann ich im Moment noch nicht so vorstellen, wie ich es mir wünsche. Aber ich zeige in der Zwischenzeit einmal die Michel Nr. 88, die normale Marke. Sie hatte 2010 einen Katalogwert von Euro 250. Aber die Abart: (der kopfstehende Rahmen oder das kopfstehende Mittelstück) = 88 III ist die gesuchte Marke (Katalogwert: Michel 2010: Euro 20'000). Mit etwas Phantasie können wir uns das aber vorstellen.



Heute (aber wirklich erst heute!) ist mir aber etwas anderes ins Auge gestochen: unser schönes Thema hat heute nämlich klammheimlich die Hürde von 100'000 Lese-Klicks überstiegen! Wenn das kein Grund zur Feier ist! Ich bin beeindruckt! Gestern spät, um 23:52 Uhr habe ich Beitrag [#347] ins Netz gestellt, heute, 11 Uhr 11, weniger als 12 Stunden später sehe ich:

Beitrag gelesen 437 Mal
Total bei 100'183.
Ich finde das sensationell!



Na, das muss doch gefeiert werden!



Vielen Dank dem Team Philaseiten, welches das alles erst möglich machen!

Heinz
 
bayern klassisch Am: 27.01.2018 14:07:26 Gelesen: 544687# 349 @  
Hallo Heinz,

Glückwunsch zu Sechssteller! Das kann weiß Gott nicht jeder für sich reklamieren.

Bitte weitermachen - vielleicht wird es gar siebenstellig? Ausschließen kann man nichts.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
merkuria Am: 28.01.2018 10:41:37 Gelesen: 543848# 350 @  
@ Heinz 7 [#348]

Spanien verausgabte am 1. Juli 1867 eine Freimarkenausgabe zu 25 Milésimas mit dem Bildnis von Königin Isabella II nach links (Mi Nr. 88). Von dieser Ausgabe sind uns kopfstehende Mittelstücke bekannt (Mi Nr. 88 III).



An der Christoph Gärtner Weltraritäten-Auktion vom 30. Mai 2016 während der World Stamp Show in New York wurde unter Los Nr. 624 ein solches Stück in fehlerhaftem Zustand angeboten, blieb jedoch unverkauft [1]

Der Losbeschrieb von Gärtner beinhaltet folgende Informationen:

1867: Königin Isabella II, 25 M. blau/rosa, KOPFSTEHENDES MITTELSTÜCK, sehr feines Exemplar mit Nummern-Strichstempel "1". Von dieser Abart sind bis heute lediglich 3 Stücke bekannt. Ein ähnliches Exemplar, aus der - Tapling-Collection - (ebenfalls fehlerhaft), befindet sich heute im British Postal Museum. (Abgebildet im Handbuch "Rare Stamps" von L.N. und M. Williams, 1967). Die Marke zählt somit zu den bedeutenden Welt-Raritäten. Einschränkungen in der Qualität sind daher nicht sehr relevant. Fotoatteste Comex, Brettl/Schmitt. (Edifil 95ei) Preis 19'000 €

Bei den vorliegenden Angaben bleiben doch einige Fragen offen:

Existieren nur 3 gestempelte Exemplare oder gibt es auch ungebrauchte Exemplare?

Angesichts der angeblichen Existenz von nur 3 Exemplaren erscheint mir eine Michel-Bewertung von 20‘000 € doch eher bescheiden. Im Michel 2006 stand die Bewertung sogar noch bei 12‘000 € !

Grüsse aus der Schweiz
Jacques

[1] http://www.stampcircuit.com/zh-hans/stamp-Auction/auktionshaus-christoph-g%C3%A4rtner-gmbh-co-kg/6883379/lot-624-spanien-auktionshaus
 
Heinz 7 Am: 30.01.2018 00:03:03 Gelesen: 542513# 351 @  
@ merkuria [#350]

Lieber Jacques,

besten Dank für das gute Foto und die neue Info, die allerdings auch Fragen aufwirft, die Du ja auch schon gestellt hast:

Michel katalogisiert die Marke nur ungestempelt:
88 III: 2010: *: Euro 20'000
88 III: 2006: *: Euro 12'000

Scott katalogisiert die Marke nur gestempelt:
96a: 2000: gest. US$ 13'000 ("frame inverted")

Zumstein hingegen katalogisiert die Marke in beiden Erhaltungen!
85 I: 1992: *: -.- gest. CHF 21'000.

Den Spanien-Spezialkatalog Galvez 1923 habe ich in die Bibliothek zurückgebracht und kann ihn im Moment nicht konsultieren; vgl. @ Heinz 7 [#288].

Wir wissen also nicht, wie viele Exemplare es gibt und ob gebraucht oder ungebraucht. Die Beschreibung bei "Gärtner" ist auch nicht erschöpfend. Viele Abklärungen konnte ich noch nicht treffen, aber folgende Aussage kann gemacht werden:

An all diesen wichtigen Auktionen wurden grosse SPANIEN-Sammlungen versteigert. Es kam dabei aber nach meinen Feststellungen KEINE 1867 25 M. mit kopfstehendem Rahmen zum Verkauf!

Corinphila, Zürich, 18.5.1999 (113. Auktion)
Luder-Edelmann, Zürich, 27.2.-3.3.1928 (8. Auktion)
Robert A. Siegel, New York, 20.11.1967 (323. Auktion)
H.R. Harmer, Inc., New York, 5.-9.12.1966 (Sales 1735-1739)
H.R. Harmer, Inc., New York, 24.-27.3.1958 (Sales 1162-1165)
H.R. Harmer, London, 25.-26.3.1935 (Sales 747-748)

Natürlich habe ich auch die legendäre Ferrary-Auktion(en) konsultiert. Und ich gewann eine wichtige Erkenntnis:

Dank dem sehr wertvollen Index von Napier sah ich, dass das Ferrary-Material über 5 Auktionen verteilt war (ohne Kolonien; sonst noch mehr). Der Hauptteil kam an der 5. Auktion zum Verkauf (Lose 136-217), aber auch später finden sich Spanien-Lose. Ausgerechnet das allerletzte Spanien-Los des Napier-Index zeigt uns das Gesuchte!



Los 664 der 14. Auktion ist also die gesuchte Abart, und zwar gleich zweifach, leider aber ohne Foto. Der Auktionator hielt die Marken offenbar für Verfälschungen (siehe Text), und entsprechend schlecht wurden die Marken angeboten und verkauft für lumpige FF 500 (26. November 1925).

Der Auktionator schreibt, dass er noch nie ein echtes Exemplar dieser Marke gesehen habe!

Ich fürchte, diese Abart macht uns noch einiges Kopfzerbrechen!

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 31.01.2018 21:25:07 Gelesen: 540944# 352 @  
@ merkuria [#350]

Ja, ich habe auch dieses Buch!

In der Beschreibung des "Gärtner"-Loses steht ein Hinweis, der mich hellhörig machte: "Abgebildet im Handbuch "Rare Stamps" von L.N. und M. Williams, 1967".

Ich wusste, dass ich dieses Buch der Gebrüder Williams auch schon hatte, und nach kurzem Suchen fand ich den Band auch; hier die deutsche Ausgabe!



Auf dem Umschlag dieses Buches sind sechs Marken gezeigt, die wir vermutlich nicht unbedingt erwartet hätten: neben einer Weltrarität wie der Hawaii 2 Cents-Marke auch mehrere, doch eher unbekannte, nicht wirklich sehr teure Briefmarken werden hier gezeigt, scheinbar wahllos. Für uns ist natürlich heute die fünfte Marke von Interesse, es ist ganz offenbar wirklich die gesuchte Spanien 1867, 25 M. mit verkehrtem Rahmen!

Höchst gespannt suchen wir im Buch nähere Angaben zu dieser Marke. Und werden enttäuscht! Das kleinformatige, 124 Seiten starke Buch geizt nicht mit Abbildungen; 168 sind durchnummeriert, zum Teil füllen sie ganze Seiten - aber der Text dazu ist dann oft sehr knapp! Und im Falle der 6 Marken auf dem Umschlag sind diese nicht einmal alle im Buch beschrieben!

Das Buch gibt uns zwar das Bild eines weiteren Exemplares der seltenen Abart, aber keine weiteren Informationen! Schade!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.02.2018 23:00:35 Gelesen: 535349# 353 @  
Bei unserem "Spanien-Rätsel" (oben) bin ich noch nicht fündig geworden, das heisst, ich kann zur Michel Nr. 88 III nichts weiteres (wichtiges) aussagen.

Darum knüpfe ich an bei Beitrag

@ Heinz 7 [#325]
@ Heinz 7 [#328]

Hier habe ich aufgehört, die "erste" Liste von Haas vorzustellen und zu kommentieren. Wir haben erst Platz 1-20 kennen gelernt, und sicher interessieren uns auch noch die nächstfolgenden!

Auf Platz 1-20 bei Haas war noch keine Schweizer Marke dabei. Wir wissen aber, bei Schubert erreichten folgende zwei Schweizer die Plätze:

Schweiz Bundespost Nr. 1 (sog. "Waadt 4") 1849: Rang 18 (18.4.)
Schweiz Genf Nr. 1 (sog. "Doppelgenf") 1843: Rang 31 (31.2.)

Beide Marken waren 1912 ungestempelt deutlich teurer als gestempelt. Beide Marken sind aber auch gestempelt selten, und darum schafften es beide Marken auch weit nach vorne auf der Liste Haas (der ja die günstigere Variante zur Beurteilung heranzog!).

Bai Haas 1905 finden wir unsere zwei Schweizer einträchtig zusammen:

Platz 21: Genf 1843, 5+5 C. gelbgrün
Platz 22: Sogenannte Waadt 1849, 4 C. schwarz und rot.



Anbei ein schönes Exemplar der "Waadt 4" aus der Sammlung Alfred Lichtenstein/Louise Boyd Dale

Damit ist (war) also auch die Schweiz weit vorne vertreten, und dies gleich zweimal!

Dass heute ANDERE Marken als die beiden oben genannten als "die seltensten/teuersten" der Schweiz gelten, wissen viele Schweiz-Sammler. Auch in Bern können wir diese bald bestaunen, denn zum 175-Jahr Jubiläum organisiert das Museum für Kommunikation eine Ausstellung der Sonderklasse. Die Tore zur Ausstellung öffnen anfangs März 2018, also exakt 175 Jahre nach der Herausgabe der "Zürich 4" und "Zürich 6".

Soviel Info noch zusätzlich:

Die Zürich 4 schaffte es auf Platz 50 (50.7.) bei Schubert 1912 bzw. auf Platz 47 bei Haas 1905.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.02.2018 00:00:39 Gelesen: 533984# 354 @  
@ Heinz 7 [#347]
@ merkuria [#350]
@ Heinz 7 [#351]

Jacques konnte uns schon eine schöne Farbfoto zeigen der Spanien Mi Nr. 88 III. Ich habe weitere Spanien-Sammlungen inspiziert, ob sie wohl diese seltene Abart enthielten.

Nun bin ich fündig geworden!

In der Sammlung von Charles Lathrop Pack, einem der "ganz Grossen" in der Philatelie der ersten Hälfte des XX. Jahrhunderts, war ein gestempeltes Exemplar zu entdecken! Los 596 der Auktion 6.-8.12.1944 bei Harmer, Rooke & Co., New York, sales 237-242, ist wie folgt beschrieben:

"1867, 25m de e. blue and rose. Frame inverted. repaired at left but fine appearance and of the greates rarity (See Photo, plate 25)(96a)"



Der Katalogwert der Marke damals war stolze US$ 2500 (1944).

Leider weiss ich nicht, ob die Marke damals verkauft wurde, und ggf. zu welchem Preis. Aber wir wollen zufrieden sein, dass wir ein zweites Stück gefunden haben. Wir suchen weiter.

Im Katalog M. Galvez, Madrid, 1923 ist diese Abart übrigend katalogisiert: Galvez 94i: 25 m. azul y rosa: centro invertido: ungebraucht: Ptas. 15'000, gestempelt: Ptas: 2'500.

Im Vergleich dazu: Galvez 8e: 1851, 2 Reales: azul: * Ptas. 60'000, gest. 35'000 (1923)
Galvez 34: 1854, 1 Real: azul claro: * Ptas. 15'000, gest. 2'750 (1923)
Galvez 69m: 1865, 12 Cuartos: azul y rosa; Error Marco invertido: * Ptas. 11'000, gest. 1'500 (1923).

Das sind interessante Werte, die wir uns merken wollen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.02.2018 16:04:13 Gelesen: 533200# 355 @  
@ Heinz 7 [#353]

Es hat mir grossen Spass gemacht, als ich in rascher Folge die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt vorstellen konnte, nach der Liste Schubert (1912) und Haas (1905). Im Moment ist das Ganze etwas ins Stocken geraten. Meinen "Vorgehensplan" habe ich nicht vergessen; und es gibt also noch sehr viel zu tun (zu forschen und zu schreiben), aber mein Alltag lässt mir nicht genügend Freizeit, um die dazu nötigen Stunden für dieses Thema aufzuwenden.

Gleichwohl will ich natürlich nicht "aufgeben"... -

Eine "drängende Frage" möchte ich darum heute schon beantworten, obwohl ich die Marke in meinem "Lehrplan" erst später vorstellen wollte. Ein lieber Freund aber BRAUCHT nun eine Antwort, und gerne will ich meinen Beitrag dazu leisten.

WELCHES IST EIGENTLICH DIE WERTVOLLSTE BRIEFMARKE DER SCHWEIZ?

Wir sahen, dass Schubert die Zumstein Nr. 9 (= Waadt 4) von 1849 ungebraucht zuoberst sah (Platz 18.4) mit einem damaligen Wert von 2'500 Goldmark. Haas (1905), der die günstigere Variante (ungebraucht ODER gestempelt) auflistete, nannte die Zumstein Nr. 3 (= Doppelgenf) von 1843 als seltenste Marke. Diese war im Senf 1913 übrigens mit 650 Mark bewertet (gestempelt; ungestempelt 1600 Mark); interessanterweise gleich hoch wie die Waadt 4 (gestempelt/1913: Mark 650).

Die grosse Frage: "GILT DIES HEUTE, mehr als 100 Jahre später, IMMER NOCH?" dürfen wir verneinen. Heute gehört eine andere Briefmarke auf den Thron der wertvollsten Schweizer Marke:



1850-1852 kamen die ersten Briefmarken des neuen Bundesstaates heraus:

Zumstein Nr. 13: 2.5 Rappen Orts-Post
Zumstein Nr. 14: 2.5 Rappen Poste Locale
Zumstein Nr. 15: 5 Rappen Rayon I. dunkelblau/rot
Zumstein Nr. 16: 10 Rappen Rayon II. gelb/rot
Zumstein Nr. 17: 5 Rappen Rayon I. hellblau/rot
Zumstein Nr. 18: 15 Rappen Rayon III. ziegelrot
Zumstein Nr. 19: 15 Centimes Rayon III. ziegelrot
Zumstein Nr. 20: 15 Rappen Rayon III. ziegelrot, grosse Wertziffer

Das Besondere daran ist, dass die ersten 5 Marken mit oder ohne Kreuzeinfassung existieren. Zuerst wurde die Marke mit einer KE hergestellt, doch dann wurde angeordnet, dass diese zu entfernen sei. Die Nr. 14 ist seltener OHNE KE, bei den späteren Marken 16+17 ist es umgekehrt, da gibt es fast keine Exemplare MIT Kreuzeinfassung!

Und diese 16 I und 17 I sind nun wirklich extrem selten und teuer!

Sehen wir uns die aktuellen Katalogpreise an (Schweizer Briefmarken Katalog 2017 (Sz. BM-Händler-Verband) dann sehen wir:

17 I: CHF 275'000 (gestempelt; es gibt keine ungebrauchten)
16 I: CHF 220'000 (gestempelt; es gibt keine ungebrauchten)
14 II: CHF 35'000 (gestempelt, ungebraucht ohne Bewertung, Katalog sagt "Marke kommt praktisch nicht vor")
13 II: CHF 3'800 (gestempelt, ungestempelt: CHF 10'000)
13 I: CHF 2'300 (gestempelt, ungestempelt: CHF 5'000)
14 I: CHF 2'100 (gestempelt, ungestempelt: CHF 4'400)
15 I: CHF 1'800 (gestempelt, ungestempelt: CHF 8'500)
19: CHF 1'500 (gestempelt, ungestempelt: CHF 26'000)
18: CHF 1'000 (gestempelt, ungestempelt: CHF 29'000)
15 II: CHF 750 (gestempelt, ungestempelt: CHF 2'500)
20: CHF 200 (gestempelt, ungestempelt: CHF 3'500)
16 II: CHF 200 (gestempelt, ungestempelt: CHF 1'300)
17 II: CHF 200 (gestempelt, ungestempelt: CHF 800)

Die hellblaue 5 Rappen-Marke ist also der "neue König".

Anbei eines der schönsten Exemplare, aus dem Postmuseum.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.02.2018 16:30:14 Gelesen: 533184# 356 @  
@ Heinz 7 [#355]

Die Zumstein Nr. 17 I ist heute also wesentlich höher bewertet als die Nr. 3 (Doppelgenf) oder die Nr. 9 (Waadt 4).

Schweizer Briefmarken Katalog 2017 (Sz.BM-Händler-Verband):

Nr. 3 *: CHF 100'000
Nr. 9 *: CHF 70'000
Nr. 17 I gest: CHF 275'000

Das ist nun relativ deutlich! Warum sich die Nr. 9 (Waadt 4) trotz ihrer grossen Seltenheit markant schwächer entwickelt hat, als die zwei anderen Marken kann ich nicht begründen.

Im Senf 1913 waren die zwei Rayon-Marken (siehe oben) auch aufgelistet, allerdings mit nur tiefen (bzw. sehr tiefen) Katalogwerten:

Zumstein Nr. 16 I: 10 Rappen Rayon II. gelb/rot = Senf 8 I: gestempelt: 400 Mark
Zumstein Nr. 17 II: 5 Rappen Rayon I. hellblau/rot = Senf 9 I: gestempelt: nur 80 Mark !

Diese Marke war vor hundert Jahren also sehr tief bewertet. Eine Erklärung dürfte sein, dass damals viele Sammler die Differenz zwischen "mit Kreuzeinfassung"/"ohne Kreuzeinfassung" nicht beachteten.

Eine Entwicklung von 80 (Mark 1912) auf 275'000 (CHF 2017) dürfte ganz-ganz weit in der Spitzengruppe ALLER Briefmarken weltweit anzusiedeln sein (siehe Anmerkung). Wer also 1912 beim Händler eine SOLCHE Briefmarke gekauft hat, hat das grosse Los gezogen!

Anmerkung: das ist also Faktor 3'437.5 (!!)
im Gegensatz zur Waadt 4 *: Faktor 28
oder zur Doppelgenf *: Faktor 62.5
 

Herzliche Grüsse
Heinz
 

Heinz 7 Am: 06.03.2018 22:26:34 Gelesen: 531883# 357 @  
@ Heinz 7 [#355]

Ich habe im Februar gezeigt, dass zwei Schweizer Marken im Verlauf der letzten hundert Jahre einen sehr steilen Aufstieg schafften: Von einer moderat bewerteten Briefmarke 1912 schafften es die Zumstein Nr. 16 I und 17 I sehr weit nach oben auf der Liste der wertvollsten Marken.

Bei Michel wurden die Rayon II und die Rayon I hellblau mit Kreuzeinfassung unter der Nummer 8 I und 9 I katalogisiert. Die Katalogwerte in CHF habe ich oben genannt. Wie stand der Michel 2010?

Rayon II/KE: Euro 110'000
Rayon I hellblau/KE: Euro 170'000.

Ganz aktuelle Katalogwerte kann ich im Moment nicht liefern. 2010 war der Euro noch deutlich mehr wert als der Schweizer Franken. Aber wir sehen auch an den Michel-Notierungen, dass diese Schweiz-Marken extrem teuer sind.

Die Rayon I hellblau/KE haben wir oben gezeigt, nun fehlt noch die Rayon II:



Anbei eine Abbildung aus dem Büchlein von O'Keefe: "Philatelic Gems 1" (1987). Es sind keine ungebrauchten Marken dieser seltenen Variante bekannt, aber auf dem Bild kommt die Kreuzeinfassung schön zum Ausdruck.

Aber auch in Farbe kann ich diese Rarität zeigen.



In der Sammlung Sylvain Wyler war die Rayon II/KE gleich drei Mal enthalten, davon 2 Mal lose und einmal auf Briefstück! "Ganz grosses Kino" also. Die Beschreibung durch den Sammler ersehen wir aus dem Scan. Nicht erwähnt ist die recht starke Druckfarben-Verschiebung auf beiden Marken; beide Kreuzeinfassungen sind nach unten verschoben. Der Rotdruck musste genau zum Schwarzdruck passen, damit das Schweizer Kreuz optimal herausgehoben wurde.

Heinz
 
merkuria Am: 10.03.2018 11:53:18 Gelesen: 531608# 358 @  
Heute möchte ich die wohl teuerste Briefmarke aus Grossbritannien vorstellen. Dabei handelt es sich um die One Penny rot gezähnt mit vier farbigen Eckbuchstaben (Mi Nr. 16) mit der 1863 datierten Druckplatten Nr. 77.

Marken von der Platte 77 wurden nie am Postschalter verkauft, da die schlechte Qualität der Platte nicht den Anforderungen für einen guten Druck entsprachen. Die Druckplatte 77 wurde vernichtet, ebenso die bereits in unbekannter Anzahl gedruckten Marken. Trotzdem gelangte eine unbekannte Anzahl dieser Marken in den Gebrauch. Gemäss Literatur sind uns bis heute 6 gestempelte Exemplare bekannt geworden, ein Exemplar davon befindet sich im britischen Postmuseum.


Auf der rechten Abbildung zeige ich den Standort der Plattennummer 77 auf der Marke

Den höchsten je erzielten Preis für eine einzelne englische Briefmarke löste Stanley Gibbons 2012 mit einem Exemplar dieser unverausgabten Plate 77 Marke. Diese wechselte damals für 550‘000 GB£ (zu der Zeit ca. 680‘000 €) den Besitzer und ging nach Australien!

Stanley Gibbons verkaufte 2016 ein weiteres Exemplar dieser Unverausgabten an einen nicht benannten britischen Sammler für 495‘000 GB£ (zu der Zeit ca. 640‘000 €). Dies ist der zweithöchste Preis der je für eine einzelne englische Briefmarke bezahlt wurde!

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 11.03.2018 16:31:26 Gelesen: 531537# 359 @  
@ merkuria [#358]

Die Michel Nr. 16 von Grossbritannien ist im Katalog "Michel - Valuable Stamps of the World - Wertvolle Briefmarken aus aller Welt" von 2010 (1. Ausgabe) NICHT aufgeführt!

Wie ist das möglich? Gehört die oben genannte Marke nun in dieses Thema oder nicht? Die Antwort ist nicht eindeutig.

Ich will das gerne erläutern.

Die gezeigte Briefmarke (die Grundmarke) hatte (vor 18 Jahren) einen Katalogwert von Deutsche Mark 12.00 ungestempelt und DM 2.25 gestempelt. (Michel-Katalog 2000/2001, sorry, etwas in die Jahre gekommen). Sie wurde ab 1858 gedruckt, und zwar zig-millionenfach. Es gab viele Druckplatten dieser Marke, meines Wissens wurden 160 Druckplatten von Perkins & Bacon erstellt (Plates 69-228). 9 dieser Platten wurden nicht oder kaum verwendet, aus unterschiedlichen Gründen, die 151 anderen können voneinander unterschieden werden (!) und werden in englischen Spezialkatalogen sogar katalogisiert.

Platte 77 wurde nicht akzeptiert (und zerstört?). Doch einige Bogen davon wurden produziert und ein paar wenige Stück fanden schliesslich sogar den Weg in die Postzirkulation.

Nach meinen Kenntnissen gibt es neun registrierte Marken von Plate 77: vier ungebrauchte und fünf gebrauchte. (Jacques schreibt von sechs gestempelten).

Spezialsammler von England lassen sich diese seltene Abart offenbar sehr viel kosten, wie gezeigt in Beitrag 358. Die genannten zwei Resultate waren mir bisher nicht bekannt. Verrückt. Das einzige Verkaufsergebnis einer 1d Plate 77 der neueren Zeit sind die US$ 75'000, welche am 11.3.1987 bezahlt wurden für ein Exemplar der Isleham-collection (Auktion Christie's Robson Lowe, New York). Der Auktionator begnügte sich damals noch mit 10% Aufgeld, der Verkaufspreis war also US$ 82'500.

Ich nehme die oben genannten Ergebnisse 2012 und 2016 zur Kenntnis und bin gerne bereit, diese Marke als eine der wertvollsten der Welt zu "akzeptieren". Allerdings finde ich, es ist nötig, wenn wir weiterhin unterscheiden:

a) offizielle Marken, die sehr selten sind: in jedem Fall (egal ob gestempelt / ungestempelt)
b) offizielle Marken, die sehr selten und teuer sind: entweder gestempelt oder ungestempelt
c) offizielle Marken, die nur als besondere Abart selten sind

usw. Wir können dann auch noch die inoffiziellen Briefmarken nennen.
z.B.
d) nicht verausgabte Briefmarken
e) versehentliche Fehldrucke
f) Versuchsdrucke/Probedrucke.

Die 1 Penny rot gezähnt, Plate 77 gehört in die Kategorie c).

Nach Meinung von Sir Edward Bacon könnten die Marken der Plate 77 auch "trials" sein, "printed before plate 77 was rejected". Dann gehört die Marke in Kategorie f)

Ich habe in den letzten Monaten vor allem Briefmarken der Kategorie a) (=Liste Haas, 1905) und b) (=Liste Schubert, 1912) besprochen, siehe z.B. @ Heinz 7 [#318]. Ich werde mit diesen Studien noch fortfahren (ich habe mich zuerst auf die "Grundlagen" (= Raritäten im Jahr 1905 bzw. 1912) konzentrieren wollen, nicht ohne dabei zu vergleichen, wie diese "alten Raritäten" sich heute, rund 100 Jahre später, behaupten konnten).

Wie ich mich den Briefmarken der übrigen Kategorien c) - f) ... widmen kann und soll, muss ich im Moment noch offen lassen. Die nicht verausgabten Marken (d) werden von uns ja bereits in einem speziellen Thema behandelt.

Heinz
 
Koban Am: 11.03.2018 18:00:08 Gelesen: 531518# 360 @  
Weiteres zur Platte 77 findet sich hier:

http://pennyreds.co.uk/Plate-77-

Gruß,
Koban
 
merkuria Am: 11.03.2018 18:49:18 Gelesen: 531499# 361 @  
@ Heinz 7 [#359]

Sicher wollte ich hier keine Durchmischung der einzelnen Markenkategorien a) bis f) verursachen. Mir ist bewusst, dass die Plate 77 Marke eigentlich zur Kategorie d) gehört, nämlich zu den Unverausgabten.

Mit der Platte 77 wurde eine nicht bekannte Zahl Bögen gedruckt, welche bei der Kontrolle als nicht den Qualitätsansprüchen genügend abqualifiziert wurden. Die Platten sowie die gedruckten Bogen wurden aus diesen Gründen anschliessend vernichtet, weshalb sie zu den Unverausgabten zu zählen sind. Es muss angenommen werden, dass bei diesem Prozess eine nicht bekannte Anzahl dieser Drucke entwendet und als Frankaturware verwendet wurden.

Ich habe diese Ausgabe eigentlich nur aus einem Grund in diesem Thread vorgestellt: Die Plate 77 Marke weist seit 2012 mit 550‘000 GB£ den höchsten je erzielten Preis für eine einzelne englische Briefmarke aus.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 11.03.2018 23:32:00 Gelesen: 531464# 362 @  
@ Koban [#360]

Hallo Koban, Dein Link führt ins Leere, leider.

@ merkuria [#361]

Ist schon okay! Ich finde es auch interessant, hier die superteuren Marken (auch) zu zeigen, vor allem, wenn wir den Verkaufspreis/-ort benennen können. Dein Beitrag war berechtigt - "wertvollste Briefmarken der Welt". Es ist mir aber hoffentlich gelungen, die Problematik aufzuzeigen, welche diesem Thema hier innewohnt; wir sollten versuchen, die Kategorien getrennt zu halten, oder zumindest sauber zu bezeichnen, damit das Ganze nicht unübersichtlich wird.

Ich werde die Briefmarken der Kategorien c) - f) vorerst nur sehr ausnahmsweise in DIESEM Thema hier besprechen.

Gute neue Woche!

Grüsse
Heinz
 
Koban Am: 12.03.2018 00:06:51 Gelesen: 531458# 363 @  
@ Heinz 7 [#362]

Der Unterstrich erscheint trotz copy/paste und korrektem Link in der Vorschau, im Beitrag um einen _ zu kurz. Mir ist schleierhaft woran das liegt.

Im Zweifel über Google:

one penny red plate number 77

Erstes Suchergebnis. Es lohnt sich.

Gruß,
Koban
 
Heinz 7 Am: 12.03.2018 14:57:05 Gelesen: 531388# 364 @  
@ Koban [#363]

Ich habe "http://pennyreds.co.uk/Plate-77-"; nachgelesen, und das ist sehr interessant! Der Autor spricht dort von nur 8 Exemplaren (4 ungebraucht, 4 gestempelt), und stellt die 8 auch gleich in Wort und Bild vor, plus eine weitere, die beim Erdbeben 1906 San Francisco verloren ging.

Das Exemplar aus der Isleham-Sammlung (siehe Heinz 7 [#359]) ist da auch gezeigt. Es ist offenbar das Stück, das 25 Jahre später so teuer verkauft wurde! (GB£ 550'000 / 2012; gegenüber US$ 82'500 / 1987).



Einen Kommentar erlaube ich mir.

Ich bin nicht ganz so euphorisch über den Wert dieser Briefmarke.

Eine Briefmarke, die gleich aussieht wie tausend andere, ist meines Erachtens nicht gleich begehrenswert, wie z.B. eine Hawaii 2 Cents-Marke (gestempelt). (vgl. Heinz 7 [#136]). Trotzdem soll sie wesentlich teurer sein? - Aber dazu kann ja jeder seine eigene Meinung haben!

Heinz
 
buzones Am: 16.03.2018 15:42:10 Gelesen: 530956# 365 @  
Gerade kam eine Email vom Auktionshaus Burda (Prag) bei mir an, die mir mitteilt, dass die seltenste tschechoslowakische Briefmarke bei ihnen in der Auktion #56 (11.03.2018) zum Rekordpreis von 9.300.000 CZK (= 372.000 EUR!) zugeschlagen wurde! Respekt!

Es handelt sich um eine ungebrauchte Marke zu 4 Kronen im Breitformat auf Faserpapier mit kopfstehendem Aufdruck POŠTA ČESKOSLOVENSKÁ 1919.



Und dazu noch die Original-Losbeschreibung (auf Englisch): „ THE RAREST CZECHOSLOVAK STAMP / Pof.50b FP, Coat of arms 4 K light green on GRANITE PAPER WITH INVERTED BLACK OVEPRINT POŠTA ČESKOSLOVENSKÁ 1919; wide format, excellent centering, overprint type II; superb piece with original gum, lightly hinged, cat. by estimation 7.000.000 CZK, certificates Vrba 2017, Gilbert, Karásek, Pittermann + copy of certificate František Beneš 1992, exp. Šula, Mrňák, Tribuna and Lešetický; THE RAREST AND MOST VALUABLE CZECHOSLOVAK STAMP, THE GEM OF WHOLE CZECHOSLOVAK PHILATELY, unique piece, the only one example recorded, in 1928 sold in public auction in Brno (famous auction Přehnálek for 31.900Kč), after 1945 placed in Postal museum in Prague, exhibited on world stamp shows PRAGA 1968, PRAGA 1978 and PRAGA 1988; in 1990´s bought by Mr. Ludvík Pytlíček as the most important acquisition of his magnificent collection of Czechoslovakia, after 90 years is this elusive and famous stamp in public offer!!!, GREAT EUROPEAN RARITY!

Ich finde, die Marke gehört auch in diesen Thread! ;-)
 
Heinz 7 Am: 16.03.2018 17:52:58 Gelesen: 530934# 366 @  
@ buzones [#365]

Lieber Kollege,

Danke für den Beitrag und die Anregung "die Marke gehört auch in diesen Thread".

Ich komme mir ein bisschen vor wie ein Professor im Lesesaal. Er hat einen Vorgehensplan und trifft auch auf interessierte Studenten! Er freut sich darüber und sieht, wie das Interesse am Thema steigt und sich immer neue Studenten anschliessen.

Über die Fragen der Studenten, die noch "mehr" wissen wollen zu dem Thema oder selber interessante Kenntnisse haben, freut er sich einerseits, weiss aber auch, dass dies nun in seinem "Lehrplan" zeitlich nicht hineinpasst. Was tun, also?

Erstmals "Dankeschön sagen" (das wäre geschafft!). Doch gerne möchte ich mich zu dieser Marke auch ein wenig äussern, möchte dazu eine "Gewichtung" abgeben und sie wenn möglich sogar einreihen in eine (noch nicht bestehende!) "Liste der Besten".

Um dies alles fundiert machen zu können, müssen wir aber erst die Grundlagen abschliessen, und da sind wir noch nicht ganz so weit. Die Liste "Schubert 1912" ist abgearbeitet ("Pflichtfach"), aber bei der Liste "Haas 1905" bin ich noch nicht ganz durch! Gerade GESTERN habe ich wieder daran gearbeitet (Vorbereitung für einen neuen Beitrag)!

Du siehst also: wir "tummeln" uns noch anfangs des 20. Jahrhunderts herum, wollen da unsere Erkenntnisse noch abschliessen, bevor wir dann aufbrechen und sehen, was sich seit 1912 alles verändert hat. Dazu gehört natürlich: Welche Werte sind NEU DAZUGEKOMMEN?

Deine vorgestellte Marke hat Jahrgang 1919, kann also in meinem "Lehrplan" noch gar nicht vorgekommen sein! Einverstanden? Aber ich komme darauf zurück. Versprochen!

Heinz
 
buzones Am: 16.03.2018 18:47:03 Gelesen: 530917# 367 @  
Lieber Kollege,

ich entschuldige mich hiermit auf's Äußerste dafür, dass ich den Lehrplan durcheinander gebracht habe! Es war meinerseits ein "Spontanposting": Email gelesen und kurz danach in's Forum geschaut, wo mir der vorliegede Thread in's Auge sprang. Ich dachte: "Passt doch gut!" und hab's eingestellt, ohne mich mit den Präliminarien näher zu befassen. *ascheaufmeinhauptstreu*

Also: Mein unqualifizierter Beitrag darf gerne gelöscht werden – mittlerweile hat er auch im "Nachbar-Thread" der kopfstehenden Überdrucke ein Zuhause gefunden.

Ralf
 
10Parale Am: 16.03.2018 19:26:12 Gelesen: 530912# 368 @  
@ buzones [#367]

Da ich wie viele Philatelisten (Hobby-, Profi und sonstige Spezies des Homo collectus) gerade eine Reise nach Prag plane, wo dieses Jahr die Praga 2018 stattfindet (August), habe ich diesen Beitrag von Ihnen mit größtem Interesse verschlungen.

Ein paar wenigen tschechischen Freunden (keine Philatelisten!), die ich neu hinzugewonnen habe, kann ich endlich erzählen, dass auch ihr Land von philatelistischen Preziosen gesegnet ist. Soviel von meiner Seite zu der vereinigenden Kraft dieses Threads "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt", der bestimmt ein außerordentliches Lehrbuch darstellt, Heinz 7 sei es gedankt.

Er mag mir auch dieses "Spontanposting" verzeihen, aber buzones Beitrag war es wert.

10Parale
 
bayern klassisch Am: 16.03.2018 19:46:25 Gelesen: 530908# 369 @  
Liebe Freunde,

ich würde kein Posting von buzones löschen, kein einziges, nicht mal spontan. ;-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Heinz 7 Am: 16.03.2018 20:01:21 Gelesen: 530898# 370 @  
@ buzones [#367]

Nein, um Himmels Willen - da wurde ich (wirklich?) ganz falsch verstanden!

Erstens: ich habe nie gesagt, Dein Beitrag sei unqualifiziert oder passe nicht in dieses Thema
zweitens: ich sage doch, ich freue mich über Deinen Beitrag!
drittens: mein Beitrag als "Professor im Lesesaal" ist doch augenzwinkernd gemeint, ist dies nicht ersichtlich?

Also: Schwamm drüber! Bitte nicht Dinge hineininterpretieren, die ich nie gesagt habe.

Ich werde vermutlich früher oder später auf diese Marke zurückkommen, möchte aber zuerst die Liste "Haas 1905" beenden. Ich habe (von anderen Lesern) schon den Wunsch gehört, ich solle meinem "roten Faden" weiter folgen. Das mache ich gerne, ausser, es werde nicht mehr gewünscht.

Okay?

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.03.2018 21:49:44 Gelesen: 530871# 371 @  
@ Heinz 7 [#318]

Es ist eine Weile her, seit ich die letzte Tabelle zeigte. Damals zeigte ich die erstplatzierten Stücke der Studie Schubert 1912.

Nun möchte ich anschliessen mit den besten Stücken der Listen Haas 1905. Die meisten Stücke kennen wir natürlich schon, aber es sind doch ein paar neue dabei. Und - das sei nochmals gesagt - der Ansatz Haas war ein anderer, als der Ansatz Schubert!

Haas listete NUR die Marken, die AUF JEDEN FALL selten sind (gebraucht UND ungebraucht).

Schubert aber listete die Marken mit den höchsten Katalognotierungen (gebraucht ODER ungebraucht).

Ein Extremfall, der den Unterschied der zwei Listen zeigt, ist die Württemberg Senf Nr. 13: 1859 Wappen, 6 Kreuzer grün, Marke ohne Seidenfaden.

Ungebraucht hatte die Marke einen stolzen Wert von 1000 Goldmark gestempelt aber listet die Marke nur mit 4 Mark!

Auf der Liste Schubert erreicht die Marke also den respektablen 58. Platz (Position 58.17); für Haas spielte die Marke aber absolut keine Rolle!

Wir haben zuerst die Liste Schubert kennengelernt, ich schlage nun aber vor, die Liste Haas 1905 an den Anfang der Studie zu setzen: DIESE MARKEN sind wirklich absolute Briefmarken-Raritäten.

Ein weiterer interessanter Ansatz bei Haas ist, dass er unterscheided zwischen normalen (verausgabten) staatlichen Marken und Fehldrucken, die irrtümlich entstanden.

Die Liste zeigt nun die ersten 24 Marken (zwei Dutzend) und ein Dutzend Fehldrucke. Bis heute habe ich 22 von 24 und 10 von 12 Fehldrucken vorgestellt. Die noch fehlenden Stücke werde ich nachliefern.



In Spalte 3 sehen wir den Querverweis auf die Liste Schubert 1912. Wir finden immerhin 8 Marken bei Haas, die bei Schubert aus den bekannten Gründen nicht gelistet wurden (i.d.R.: keine Preisangaben bei Senf).

Ich habe aber darauf hingewiesen, dass auch die Liste Haas nicht perfekt ist: gewisse Marken wurden weggelassen. Für unserer Thema "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" möchte ich sie aber wenn möglich auch in Betracht ziehen, zumindest teilweise.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.03.2018 22:05:56 Gelesen: 530867# 372 @  
@ Heinz 7 [#371]

Ich habe auf obiger Liste auch den Katalogwert festgehalten, obwohl er im Buch Haas nicht genannt wurde. Die Studien Haas/Schubert lagen zeitlich nicht sehr weit auseinander. Um das Ganze nicht noch komplexer zu machen, habe ich nun denselben Katalogwert verwendet: beidesmal: Senf 1912 (oder 1913).

Auch Haas dürfte sich 1905 weitgehend am (damaligen) Senf orientiert haben.

Was zeigen uns die Listen Haas?

Hoch im Kurs standen die britischen Kolonien British Guiana und Mauritius, sowie Hawaii. Die Europäer sind nur vereinzelt vertreten, doch bei den seltensten Fehldrucken sind sie gut vertreten (und das, obwohl der Schweden Tre Skilling Error fehlte!).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.03.2018 22:40:44 Gelesen: 530858# 373 @  
@ Heinz 7 [#371]

Auf der Liste Haas 1905 steht auf Platz 23:

British Guiana, 1856, 4 Cents karmin (Senf Nr. 10)



Die Marke werden viele Philatelisten kennen, weil die Senf Nr. 9 die weltbekannte "ONE CENT BRITISH GUIANA 1856" gleich aussieht (siehe z.B. Beitrag 9)

Es wundert mich etwas, dass diese Marke bei Haas es auf Platz 23 schaffte. Sie hatte bei Senf 1912/1913 einen Katalogwert von (nur) Goldmark 500 (gestempelt). Ungestempelt ist die Marke viel seltener (zwei Stück bekannt?) und war (und ist) unbewertet in den Katalogen Senf (1912) und Michel (2010). Bei Schubert kam die Marke nicht unter die ersten hundert Plätze; dafür waren mind. 750 Goldmark erforderlich.

Im Michel 2010 hat die Senf Nr. 10 = Michel Nr. 10 einen Katalogwert von Euro 11'000.

An der Auktion von David Feldman wurden diese Preise aber pulverisiert (Juni 2014)

Los 60073 gest. Exemplar - Ausruf: Euro 4'000 - PR: Euro 40'000
Los 60074 gest. Exemplar - Ausruf: Euro 3'000 - PR: Euro 48'000
Los 60075 gest. Exemplar - Ausruf: Euro 3'000 - PR: Euro 40'000
Los 60076 gest. Exemplar - Ausruf: Euro 3'000 - PR: Euro 50'000

Das sind doch erstaunliche Ergebnisse, vor allem, wenn gleich alle vier Stücke weit über Katalog verkauft wurden.

British Guiana ist eben immer wieder ein Magnet für kaufkräftige Sammler!

Heinz
 
Schwämmchen² Am: 17.03.2018 00:41:27 Gelesen: 530842# 374 @  
In chinesischen Philatelie gibt es grob geschätzt ca. 200 Einzelmarken mit einem Handelswert über 10.000.- EUR, denke hier haben die Chinesen auch einen Rekord aufgestellt.

bspw diese unscheinbare Marke (verkauft in China 2017) ca. 21.000.- EUR (Ost China 1942, Yang EC265). Drei Exemplare existieren (zwei davon in Privathänden).


 
Heinz 7 Am: 17.03.2018 13:08:04 Gelesen: 530788# 375 @  
@ Schwämmchen² [#374]

Lieber Roman,

danke für Deinen Beitrag. Ich habe diese Marke noch nie gesehen (oder kann mich nicht daran erinnern).

Es ist korrekt, dass China Ende 20. Jahrhundert/anfangs 21. Jahrhundert enorm zugelegt hat mit teuren Briefmarken. Auch Jacques hat in diesem Thema davon schon einige ganz teure Stücke vorgestellt.

Ich kenne mich da nicht sehr gut aus und kann dazu nur wenig sagen. Es dünkt mich aber, dass im Bereich, den Du nennst (Wert > Euro 10'000) auch die USA unglaublich viele Marken hat. Vielleicht noch mehr als China? - Sicherlich ein Hauptgrund dafür ist in der Tatsache zu finden, dass in diesen zwei Ländern heute die grösste Anzahl an Millionären wohnen. Dass einige von ihnen ihr Geld auch für Briefmarken ausgeben, ist wohl für die Philatelie weltweit eine gute Sache.

Dass die Sammler (und auch die Briefmarken) aus Europa hier vielleicht etwas in den Hintergrund rücken, ist vermutlich auch eine Folge davon.

Den höchsten Preis für eine chinesische Marke vor rund hundert Jahren war übrigens vermutlich 250 Goldmark (Senf 1913), also doch deutlich unter den Werten der damals Teuersten. (Ohne Gewähr, wäre noch zu verifizieren). Die Marke dazu kennen wir schon:

Senf Nr. 33 I. Kaiserlich Chinesische Post, Wertaufdruck. 1 Dollar auf 3 Cents. Abart: "mit fetterem Aufdruck". Ich nehme an, das ist die heutige Michel Nr. 33 I: "chinesischer Aufdruck schmal" mit einem imposanten Katalogwert von Euro 340'000 (Michel 2010).



Ich erlaube mir, anbei das Foto aus Beitrag 28 nochmals zu zeigen - siehe: merkuria [#28], Jacques hat dazu das Wichtigste schon geschrieben.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
buzones Am: 17.03.2018 20:15:48 Gelesen: 530735# 376 @  
@ Heinz 7 [#370]

Lieber Heinz,

nur keine Aufregung: Ich hab's nicht so ernst gemeint wie du es nicht gemeint hattest – oder so.

Alles gut und weiterhin viel Spaß mit diesem interessanten Thread!

Beste Philagrüße
Ralf
 
Heinz 7 Am: 18.03.2018 08:55:34 Gelesen: 530675# 377 @  
@ buzones [#376]

Sehr gut!

Ich sehe, Du bist Mitglied der ARGE Spanien. Ich möchte Dich auf die teils ungeklärten Fragen hinweisen zu den Spanien Marken Michel Nr. 85 I und 30 b und 68 I. Wenn Du uns (mir) dazu weitere Angaben machen könntest, würde ich mich sehr darüber freuen.

In Beitrag [#318] und [#371] siehst Du, in welchen Beiträgen diese Marken bisher behandelt wurden.

Insbesondere folgende Fragen interessieren:

a) wie viele Stücke der jeweiligen Marke gibt es nach heutigem Wissen?
b) gibt es bekannte Marktpreise zu diesen Stücken?
c) wie sind die alten und die neuen Katalogpreise dieser Marken? (* / g)

Vielleicht kannst Du und Deine ARGE-Kollegen diesen Fragen gelegentlich nachgehen. Das wäre super!

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.03.2018 16:27:03 Gelesen: 530629# 378 @  
@ Heinz 7 [#371]
@ Heinz 7 [#48]

Auf der Übersicht "Haas 1905" fehlt der Hinweis, dass ich die Marke

USA, 1869, Senf Nr. 38 III. 15 Cents, Fehldruck mit kopfstehendem Mittelstück

bereits in Wort und Bild vorgestellt habe, siehe Beitrag 48. Anbei nochmals das Bild dazu.



Bei Senf 1913 war die Marke bewertet wie folgt:

*: -.-
gest: 750 Goldmark

Sie schaffte es damit auf Platz 92.09 der Liste Schubert. Bei Haas war sie auf Platz 11 der Fehldrucke.

Das Exemplar, das ich im November 2015 zeigte, war postfrisch oder ungebraucht, und damit noch wertvoller als die gestempelten Exemplare.

Die Marke steht also seit über 100 Jahren in der Reihe der wertvollsten Briefmarken der Welt!

Liebe Grüsse
Heinz
 
buzones Am: 18.03.2018 20:46:15 Gelesen: 530581# 379 @  
@ Heinz 7 [#377]

Lieber Heinz,

als "Spanier vom Dienst" in (fast) allen deutschen Foren bin ich natürlich der richtige Ansprechpartner für ein solches Ansinnen! ;-)

Zuerst einmal habe ich mich gewundert, welches denn die "Spanien Marken Michel Nr. 85 I und 30 b und 68 I" sein sollen, habe aber dann gesehen, dass es sich um Senf-Nummern handelt, die ich in einem meiner alten Senf-Scharteken dann auch gefunden habe. Ich möchte die Liste gerne noch um den Fehldruck der 2 Reales blau von 1851 ergänzen (Senf 8a), da hierzu vor kurzem eine kleine Monografie des leider jüngst verstorbenen José-María Sempere erschienen ist, die den neuesten Stand der Forschung referiert.

Ich muss dich/euch allerdings um etwas Geduld bitten, denn nach längerer Krankheit (mit relativ viel Zeit für die Philatelie) nehme ich ab morgen wieder am Arbeitsleben teil und werde daher meine "Forenpräsenzfrequenz" herunterfahren müssen; auch die Zeit für entsprechende Recherchen wird wieder knapper.

Man scheue sich auch nicht, mich ggf. an mein hier gegebenes Versprechen zu erinnern - ich nehme es nicht übel! :-)

Also hier nochmal die Liste der zu bearbetenden Marken (inkl. Konkordanz Michel/Edifil):

1851 - 2 Reales blau (Senf #8a / Michel #8F / Edifil 8ec)
1854 - 1 Real hellblau (Senf #30b / Michel #27y / Edifil #34A)
1865 - 12 Cuartos gezähnt kopfstehender Rahmen (Senf 68I / Michel #69I / Edifil #76ea)
1867 - 25 Mils.de Escudo kopfstehender Rahmen (Senf 85I / Michel #88 III / Edifil #95ei)

Eigentlich gehört ja auch noch die Senf #34a / Michel #34F / Edifil (1855 2 Reales grünlichblau) mit in die Liste. Und warum fehlt die geschnittene 12 Cuartos von 1865 mit ebenfalls kopfsthendem Rahmen? Nun ja, wenn ihr wollt, kann man das ergänzen.

Beste Philagrüße & saludos filatélicos
Ralf
 
Heinz 7 Am: 19.03.2018 19:11:43 Gelesen: 530530# 380 @  
@ buzones [#379]

Lieber Ralf,

danke für das Angebot.

Senf Nr. 8a habe ich bereits vorgestellt, ziemlich ausführlich, siehe [#328].

Bei Senf 30b fragen wir uns, ob es überhaupt ungebrauchte Marken gibt? (Tendenz, meines Wissens: nein!)

Zu 68I und 85I interessieren uns die Anzahl Exemplare */gest.

Der von Dir genannte Fehldruck 34a (Senf) ist sowohl bei Haas, als auch bei Schubert, gelistet. Allerdings nicht in den ganz vorderen Rängen:

Spanien 1855, 2 Reales grünblau statt braunviolett:

- bei Haas 1905: erst auf Platz 30 der Liste Fehldrucke
- bei Schubert 1912: erst auf Platz 126.30 mit einem Katalogwert von 500 Goldmark

Noch deutlicher ist es bei der Senf Nr. 62I = Spanien 1865, 12 Cuartos blau/rosa, ungezähnt. Fehldruck: mit kopfstehendem Rahmen:

Mit einem Katalogwert von "nur" 160 Goldmark verschwindet diese Marke in den Tiefen der Tabelle Schubert. Bei Haas ist nur die gezähnte Abart gelistet: auf Platz 38 der Fehldrucke.

Ich schlage darum vor, diese zwei Marken vorerst nicht weiter zu behandeln, sonst wird unsere Liste uferlos.

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.03.2018 00:16:47 Gelesen: 530461# 381 @  
@ Heinz 7 [#371]

Eine - so meine ich: interessante - Analyse zeigt uns:

Platz 25 der Liste Haas 1905 war bei Senf 1912/13 bewertet mit: -.- / 500 GM
Platz 26 der Liste Haas 1905 war bei Senf 1912/13 bewertet mit: 800 / 450 GM
Platz 27 der Liste Haas 1905 war bei Senf 1912/13 bewertet mit: 600 / 600 GM
Platz 28 der Liste Haas 1905 war bei Senf 1912/13 bewertet mit: 750 / 400 GM
Platz 29 der Liste Haas 1905 war bei Senf 1912/13 bewertet mit: 500 / 350 GM
Platz 30 der Liste Haas 1905 war bei Senf 1912/13 bewertet mit: 1200 / -.- GM oder -.- / -.-
Pl. 31: 2500 / 500 GM
Pl. 32: 850 / 500 GM
Pl. 33: 750 / 500 GM
Pl. 34: 800 / 500 GM
Pl. 35: 3000 / 400 GM
Pl. 36: 3000 / 400 GM
Pl. 37: 1000 / 500 GM
Pl. 38: 800 / 500 GM
Pl. 39: 400 / 375 GM
Pl. 40: -.- / 400 GM oder 1000 / 500
Pl. 41: 1500 / 375 GM
Pl. 42: 750 / 500 GM
Pl. 43: -.- / 400 GM
Pl. 44: 1200 / 350 GM
Pl. 45: 300 / 300 GM
Pl. 46: 1200 / 400 GM
Pl. 47: 1200 / 300 GM oder 1000 / 350
Pl. 48: 300 / 325 GM
Pl. 49: 500 / 375 GM
Pl. 50: 280 / 300 GM

Wir sehen also: Alle Marken (ausser Platz 30) haben den unteren Katalogwert zwischen 280-600 Goldmark (Senf 1913, meist wie Senf 1912). Wir können daraus ableiten, dass die Marken auf Platz 1-24 also einen Katalogwert von MEHR ALS 600 GOLDMARK haben sollten, um zu Recht auf den vorderen Plätzen bei Haas (1905) zu stehen.

Betrachten wir die Liste in Beitrag 371, dann sehen wir, dass ALLE Marken auf Platz 1-22 mit mindestens 650 Goldmark bewertet sind [#371]. Platz 23+24 fallen hingegen unter diese Grenze.

Ich habe mich daher entschlossen, meine "Grund-Liste" 1 (die "alten sowohl-als-auch RARITÄTEN"; ungebraucht UND gestempelt) vorerst auf 22 Positionen zu beschränken. Dazu kommen natürlich noch die Fehldrucke! Und ich möchte auch die Marken ergänzen, die auf der Liste Haas 1905 fehlten, aber bereits 1912 mindestens den Wert von 650 Goldmark hatten (z.B. ein paar US-Postmeistermarken).

Die Marke auf Platz 30 bei Haas 1905 werde ich später noch besprechen.

Die 650 Goldmark (1912) sind also das "Eintritts-Ticket" für meine erste (überarbeitete) Liste!

Heinz
 
Martin de Matin Am: 22.03.2018 08:53:19 Gelesen: 530410# 382 @  
@ Heinz 7 [#287]

Hallo Heinz,

in Bezug auf Spanien Mi 27y 1 Real blau auf bläulichen Papier ungebraucht bin ich endlich fündig geworden. Ich konnte mich nur daran erinnern das ich ein Exemplar gesehen hatte, das nach der gestempelten Einheit von Köhler versteigert wurde.

In meinen Auktionskatalogen fand ich sie nicht, aber im Auktionsarchiv der Firma Gärtner fand ich das gesuchte Stück. Bei der 28. Auktion im Juni wurde sie unter Losnummer 8961 für 15.000 Euro angeboten und für 13.500 Euro zugeschlagen.

In der Losbeschreibung wird gesagt das 4 Exemplare existieren einschlieslich dem Ferrary-Exemplar. Die angebotene Marke hat einen kleinen reparierten Einriss rechts und wurde von Galvez, E. Diena und Thier signiert und hat jeweils eine Expertise von J.F.Brun und Pascal Scheller. Das angebotene Stück ist wohl nicht das Ferray-Exemplar, es hat einen anderen Schnittverlauf.

Leider habe ich den Auktionskatalog nicht mehr, und kann kein Bild davon zeigen.

Martin
 
Heinz 7 Am: 22.03.2018 12:35:37 Gelesen: 530388# 383 @  
@ Martin de Matin [#382]
@ Heinz 7 [#286]
@ Heinz 7 [#342]

Hallo Martin,

Deine Hinweise / Dein Beitrag bringt uns nun echt weiter, vielen Dank dafür!



Gärtner zeigt in seinem Auktionskatalog (28. Auktion) ein wunderbares Bild dieser ungebrauchten Marke, das ich hier gerne kopiert habe. Gemäss Katalogbeschreibung ist das Stück mehrfach signiert (u.a. auch von Altmeister Galvez!). Wir dürfen also davon ausgehen, dass dieses Stück echt ist und als ungebraucht gilt, das bestätigen ja auch die zwei Atteste von Jean-François Brun (2014) und von Pascal Scheller, Paris (2011). Ich habe also dazugelernt, und korrigiere meine Vermutung in Beitrag [#342].

Spannend wäre es jetzt, zu wissen, warum z.B. Zumstein (Bern) die Bewertung von CHF 50'000 (!/Katalog 1978, also vor 40 Jahren!) auf: -.- (unbewertet) heruntersetzte.

Gärtner schreibt in der Losbezeichnung u.a. "... of which only four are recorded in unused condition (including one in the Ferrary collection)". Da meines Wissens das Ferrary-Stück (das ich in Beitrag [#286] gezeigt habe) nicht als "ungebraucht" gelten darf (-> entfernte Tintenentwertung), bleiben offenbar nur noch 3 Exemplare übrig!

Umso erstaunlicher ist, dass diese Rarität bei der Gärtner-Auktion nicht einmal den moderaten Ausruf von Euro 15'000 erreichte, sondern zu nur Euro 13'500 zugeschlagen wurde. Vielleicht, weil es nur eine Farbnuance ist zu anderen 1 Real-Marken (ebenfalls blau)? Nun - der Käufer bei Gärtner dürfte sich gefreut haben! Er hat eine grosse Rarität günstig erwerben können.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.03.2018 22:20:12 Gelesen: 529410# 384 @  
@ Heinz 7 [#371]

Ich möchte den Fehldruck vorstellen, der bei Haas 1905 auf Platz 12 landete.



1901 gab es eine Ausgabe zu der Panamerikanischen Ausstellung, bestehend aus 6 Werten von 1, 2, 4, 5, 8 und 10 Cents. Die normale Ausgabe ist häufig, aber es wurde auch eine spektakuläre Abart festgestellt: Stücke mit kopfstehendem Mittelstück!

Heute kennen wir Kopfsteher der Werte zu 1 Cent (Senf 138 K, Scott 294a), zu 2 Cents (Senf 139 K, Scott 295a) und zu 4 Cents (Senf 140 K, Senf 296a). Gemäss Auktionskatalog wurden von der 2 Cents 200 Stück (ein Bogen) hergestellt, und 1989 bestanden davon noch 155 ungebrauchte und 3 gebrauchte Marken; 42 wurden vermutlich vernichtet oder gingen verloren.

Von der 4 Cents-Marke wurden offenbar 400 Stück hergestellt, und zwar offenbar absichtlich! 194 Stück wurden dann wieder vernichtet, aber 206 Stück kamen zu den Sammlern.

Es ist daher logisch, dass die 2 Cents-Marke einen höheren Katalogwert hat (US$ 37'500 / Scott 2000) als die 4 Cents-Marke (US$ 21'000/Scott 2000). Die 1 Cent-Marke ist etwas günstiger zu haben (US$ 15'000); genaue Zahlen über den Bestand liegen mir nicht vor.

Oben ist einer der seltenen Viererblocks angeboten: Auktion Christie's New York 12.10.1989, Los 263.

Im Katalog Senf 1913 wurden diese Marken nicht bewertet. Jacques und ich haben die Kopfsteher (1 Cent, 2 Cents) im Thema "Kopfstehende Marken oder Rahmen" behandelt Beiträge 8, 57 + 59.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.03.2018 23:01:32 Gelesen: 529400# 385 @  
@ Heinz 7 [#384]

Wie oben erwähnt, ist eigentlich der 2 Cents-Wert noch etwas seltener als der 4 Cents-Wert, dennoch wurde er bei Haas 1905 erst auf Platz 16 gelistet auf Seite 481/482 (Fehldrucke).



Dieser prächtige Viererblock kam ebenfalls zum Verkauf an der Auktion Christie's New York 12.10.1989, Los 262. Es ist derselbe Block, den Jacques (merkuria) im Beitrag 59 zum Thema "Kopfstehende Marken oder Rahmen" ergänzt hat. Wir haben im Juni 2016 die beiden existierenden Viererblocks dieses Fehldruckes vorgestellt (Beitrag 57+59).

Der 1 Cent-Wert kopfstehend der 1901 Pan-American Issue schaffte es bei Haas 1905 nicht auf die Liste der 40 seltensten Fehldrucke.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 29.03.2018 17:20:47 Gelesen: 529297# 386 @  
@ Heinz 7 [#385]
@ Heinz 7 [#384]

Hallo Heinz,

ich hätte noch ein paar Ergänzungen zu den 3 Pan-American Marken mit kopfstehenden Mittelstück.

Zur 1 cent: Im Auktionskatalog der 804. Robert Siegel Auktion (Sammlung Zoellner) wird im Los 505 geschrieben, das in ihren Levi-Aufzeichnungen ungebraucht 13 Viererblocks, 1 Sechserblock und 1 Zwanzigerblock aufgeführt sind; teilweise wurde diese schon zertrennt. Wie viele Einzelstücke bekannt sind wird nicht gesagt.

Im Siegel-Census sind 55 gestempelte Exemplare abgebildet.

Zur 2 cent: Im Siegel-Census sind 7 gestempelte Exemplare abgebildet (alle haben mehr oder minder starke Mängel)

Zur 4 cent: Bei der 818 Robert Siegel wurden unter Los 1002 eine ohne und unter Los 1003 eine Marke mit Aufdruck "Specimen" angeboten. Es wird in der Losbeschreibung gesagt das ein unbekannter Anteil der nicht vernichteten Marken den Aufdruck "Specimen" erhielten. Des weiteren steht darin das ein grosser Teil der Marken ohne Aufdruck Gummimängel oder andere Mängel haben, da diese auf einer Papierunterlage montiert waren.

Nur zur Info für USA-Interessierte im Siegel-Census von Siegel Auction Galleries sind einige USA-Seltenheiten mit ihren bekannten Exemplaren abgebildet (es sind auch einige Marken von anderen Länder aufgeführt z.B. Kanada 12 Pence schwarz mit Bildnis von Königin Viktoria)

Martin
 
Heinz 7 Am: 30.03.2018 01:00:25 Gelesen: 529244# 387 @  
@ Martin de Matin [#386]

Lieber Martin,

vielen Dank für diese Informationen! Auf der Siegel-Seite habe ich diese verschiedenen Zählungen von Raritäten auch schon gesehen; das ist eine hervorragende Quelle der Information! Für das Sammelgebiet USA finden wir hier eine grossartige Datenbasis. Bei den internationalen Raritäten hingegen hat Siegel deutlich weniger notiert.

Bei der Aufbereitung der zwei oben genannten Kopfsteher habe ich vergessen, die Infos von Siegel abzufragen. Du hast dies nun nachgeholt. Besten Dank!

Die relativ grossen Stückzahlen, die von der 1 Cent-Marke noch existieren, machen es verständlich, dass sie nicht mit der 2 Cents und der 4 Cents-Marke mithalten können. Das wusste vermutlich schon Haas, immerhin hat er die 1 Cent-Marke nicht unter den besten 40 Fehldrucken erwähnt.

Ich werde die 1 Cent-Marke grundsätzlich nicht weiter verfolgen/beschreiben, weil sie nicht zum Kreis der "Besten" gehört.

Bei Haas haben wir bei den normalen Marken eine Wertgrenze von 650 Goldmark festgelegt (Werte gemäss Senf 1912/1913) (siehe @ Heinz 7 [#381]). Denselben Masstab will ich auch bei den Fehldrucken anwenden. Darum "muss" ich bei den Fehldrucken noch ein paar wenige Marken vorstellen, bevor wir die erste Liste der wertvollsten (1905-1913) komplett haben. Aber es werden nicht mehr viele sein. Soviel vorweg: von den Fehldrucken auf Platz 21-30 der Liste Haas 1905 hatten ALLE einen Katalogwert zwischen GM 350-600. Aber nicht ÜBER 600 Goldmark, keiner hat also unsere Grenze erreicht. Ich will daher auf diese Fehldrucke 21-30 nicht detailliert eintreten.

Das Ganze ist aber nicht ganz einfach, weil einzelne Marken im Senf 1913 nicht bewertet waren oder gar nicht aufgeführt waren, offenbar.

Ich melde mich gerne wieder, wenn ich einen weiteren Fehldruck vorstellen kann.

EINE "Notlösung" habe ich übrigens noch gefunden: falls eine Marke (genannt von Haas 1905) im Senf 1913 nicht bewertet (oder nicht einmal katalogisiert) ist, kann ich mir in ein paar Fällen aushelfen mit dem Katalog Yvert & Tellier, Amiens/Paris (Frankreich), der mir mit dem Jahrgang 1916 vorliegt. Hier finde ich z.B. die Preisnotizen für die 1901-USA-Kopfsteher! (Bei Senf 1913 sind sie alle nicht bewertet).

YT 138a = 1 Cent, centre renversé: Wert FF 500
YT 193a = 2 Cents, centre renversé: Wert FF 1250
YT 140a = 4 Cents, centre renversé: Wert FF 1500

Ich denke, dies sind gute "Ersatzwerte". Der Französische Francs galt nicht gleichviel wie eine Goldmark, aber umgerechnet übertreffen die 2c und die 4c-Marke die Grenze von 650 GM, während die 1c-Marke darunter bleibt! Das passt also genau zu unserem Bild, das wir uns zu dieser Zeit (1905/1912, Haas/Schubert) gebildet haben.

Gute Nacht!
Heinz
 
Heinz 7 Am: 31.03.2018 23:44:40 Gelesen: 529176# 388 @  
@ Heinz 7 [#371]

In Beitrag [#371] habe ich aufgeführt, dass ich den Fehldruck: Kap der Guten Hoffnung 1861, sog. Holzschnitt, 4 Pence rot (statt blau) in Beitrag [#181] vorgestellt habe.

Ich war da allerdings sehr knapp, und habe den Fehldruck nur beiläufig erwähnt, denn zur Hauptsache stellte ich ja den anderen Fehldruck vor: Kap der Guten Hoffnung 1861, sog. Holzschnitt, 1 Penny blau (statt rot). Die Marken/Fehldrucke sind ähnlich wie Geschwister: beide enstanden, indem ein falsches Klischee eingesetzt wurde.

Dies wird wohl am besten ersichtlich, wenn wir uns ein Bild vor Augen führen.



Diese im Erscheinungsbild etwas primitive Marke (ein berühmtes "Kap-Dreieck") wird hier im Viererblock gezeigt. Die 2. Marke ist aber keine 1 Penny Marke, wie die erste, dritte und vierte Marke des Viererblocks, sondern da steht klar und deutlich: "FOUR PENCE".

Diese Marke entstand also in der Absicht eine One-Penny-Marke zu drucken. Genau genommen sollten wir also nicht von einem Farbfehldruck sprechen, sondern von einem "Wertstufen-Fehldruck".

Diese Abart ist sehr spektakulär. Weil sie gleichzeitig auch sehr selten ist, hat sie es früh schon weit gebracht:

13. auf der Liste der 40 seltensten Fehldrucke bei Haas 1905.

Die Marke erreichte im Senf 1913 einen Katalogwert von 2000 Goldmark (Senf 6b, gestempelt; ungestempelt: -.-), vermutlich gleich wie im Senf 1912. Damit erreichte die Marke bei Schuberts "kombinierter Liste" Platz 24.3 (und war damit noch höher bewertet als der hellblaue Fehldruck Senf 5b, der es "nur" auf 1500 Goldmark und Platz 33.6 schaffte. Haas hingegen hatte den hellblauen Fehldruck höher eingeschätzt (Platz 8 der Liste Fehldrucke)).

Es ist klar, dass im Viererblock, zusammen mit regulären Marken, der Fehldruck einen noch viel höheren Wert hat, als alleine (isoliert, als Einzelstück).

Der Viererblock war ein Top-Stück von folgenden berühmten Kap-Sammlungen:

- Ferrary (1921)
- Riesco
- Stevenson (1950)
- D'Arcy Hall (1962)
- Maria de la Queillerie (1970)
- Sir Maxwell Joseph (1982), Los 897 (obiges Foto ist aus diesem Katalog)
- "Maximus" = Lee; (1989) Los 414

Auf die Resultate, die dieses "Hammerstück" erzielte, werde ich später noch zurückkommen.

Im Michel gilt heute der rote Fehldruck (4 Pence-Marke) auch (deutlich) mehr als der blaue (1 Penny-Marke)!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.04.2018 00:24:15 Gelesen: 528698# 389 @  
@ Heinz 7 [#371]

Wir haben bisher

22 "normale" Marken der Liste Haas (1905) als sehr selten und sehr wertvoll kennengelernt, dazu
13 Fehldrucke.

Damit sind wir aber noch nicht ganz am Ende unseres Grundlagen-Wissens. Auf Platz 14 der zweiten Liste Haas steht eine eher unbekannte Marke:

Finnland 1891, 3 R. 50 Kop. gelb und schwarz (statt grau und schwarz). Wir kontrollieren (Senf 1913), ob der Fehldruck die Grenze von 650 Goldmark auch erreicht. Zwar finden wir die Marke katalogisiert (Senf Nr. 46a), aber die Preisnotierung ist wenig aussagefähig: -.- und -.-

Wie helfen wir uns weiter?

Yvert & Tellier 1916 ist auch keine wirkliche Hilfe. Auch hier ist der "Erreur" katalogisiert (YT 47a), auch hier aber ohne Preis!

Aber es gibt doch einen wertvollen Hinweis im berühmten "Kohl Handbuch", das ja bekanntlich 1915 in 10. Auflage erschien. Das kommt uns nun sehr gelegen, denn damit liegen wir nur um 3 Jahre neben "Schubert", der den Katalog "Senf 1912" verwendete. Und Kohl bewertet nun diesen Fehldruck tatsächlich!

Kohl Finnland 46 I: -.- 1350.- (1915).

Und ich habe eine weitere Bestätigung, dass die Marke die von uns gesetzte Wert-Grenze von 650 Goldmark 1912 wirklich überschritt im ERSTEN Katalog von Hugo Michel gefunden: 1910 gab er einen dünnen Katalog "Europa" heraus, wir finden darin

Michel Finnland 46 a: -.- 1000.- (1910).

Also gehört diese Marke mit auf unsere Liste!

Anbei noch ein Foto dieser Marke



Dies ist ein Bild des Loses 271 der 6. Auktion Ferrary 25.-27.4.1923. Der Text ist klar: "Finlande 1891. Erreur 3 R. 50 noir et jaune, ex. superbe, (Photo pl. 9)". Aus Platzgründen war die Marke liegend statt stehend abgebildet; ich habe sie hier aufgestellt, darum ist die Losnummer senkrecht.

Ferrary also besass diesen Fehldruck! Die Marke war sogar ungebraucht, dies scheint die noch teurere Variante gewesen zu sein. Natürlich interessiert uns der Verkaufserlös dieses Loses (1923). Es waren immerhin 4'500 Francs + 17.5 % Aufgeld = FF 5287.50; die Bewertung dieses Resultates muss ich später vornehmen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.04.2018 22:36:53 Gelesen: 527750# 390 @  
@ Heinz 7 [#389]

Ich bin ja "zur Zeit" immer noch damit beschäftigt, die "historische Ausgangslage" zu klären, sprich die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt vorzustellen DES JAHRES 1912 (Liste Schubert) bzw. des Jahres 1905 (Haas). Das meiste ist "geschafft", einzelne wenige Ergänzungen fehlen aber noch.

Aus aktuellem Anlass aber möchte ich heute zwei Marken vorstellen, die wenige Jahre NACH unserem Startjahr 1912 herausgegeben wurden: 1915!

Bekanntlich hatte das Deutsche Reich Ende des XIX. Jahrhunderts einige Besetzungen hauptsächlich in Afrika durchgeführt und damit ein ebenfalls imposantes Kolonialreich gegründet. Ende dex XIX. Jahrhunderts war Deutschland eine grosse Kolonialmacht: Nach Bevölkerung hinter England und Russland an dritter Stelle, nach Fläche hinter England, Russland, Frankreich und der Türkei an fünfter Stelle.

Als im 1. Weltkrieg die Länder sich gegeneinander erhoben kamen auch gewisse Kolonien unter Druck. Die Besitzungen in Togo beispielsweise wurden von Franzosen und Briten überrannt und besetzt. Beide Besetzer überdruckten deutsche Marken von "TOGO" aus den Jahren 1900/1909. Diese Überdruck-Marken aus den Jahren 1914 und 1915 sind zum Teil extrem selten!

Die 1-Mark-dunkelrot Grundmarke Nr. 16 (mit einem Katalogwert von gerade einmal 4 Euro) wurde von den Briten 100 x überdruckt (mit weitem Zeilenabstand) bzw. 40 x mit engem Zeilenabstand: "TOGO Anglo-French Occupation". Die Franzosen hingegen waren in ihrer Auflage noch bedeutend kleiner: von der 1-Mark Marke wurde nur ein einziges Stück (!) überdruckt mit dem Aufdruck "TOGO Occupation franco-anglaise". Katalog Nr. Togo/Französische Besetzung/Mi Nr. 16.

Dieses Unikat klebt zusammen mit vier anderen Briefmarken auf einem Brieffragment. Die ebenfalls vorhandene 5-Mark-Marke (Mi Nr. 19) hatte eine Auflage von auch nur 3 Stück! Einzig der 5-Pfennig-Wert hatte eine etwas grössere Auflage von 1000 Stück.



Das Spitzstück der Sammlung Zgonc 2018 stammte aus der Sammlung Marquess of Bute (1959) Anbei ein Bildausschnitt des damaligen Auktionskataloges von Robson Lowe, London.



Das einmalige Stück mit den Nummern 16+19+3 x 9 kam diese Tage zur Auktion. Das Stück war geschätzt/ausgerufen zu Euro 250'000. Es wurde verkauft am 7.4.2018 in Ludwigsburg durch das Auktionshaus Christoph Gärtner für Euro 370'000 (plus Zuschlag).

Damit gehört dieses Brieffragment aus dem 20. Jahrhunderts sicher zu Recht in dieses Thema: Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.04.2018 19:04:04 Gelesen: 525335# 391 @  
@ Heinz 7 [#381]

Ich wollte noch eine schwierige Marke näher kommentieren, dies war mir aber einige Tage lang nicht möglich. Umso mehr möchte ich jetzt diese "Pendenz" endlich schliessen.

Ich habe bereits erwähnt, dass die Briten in ihren afrikanischen Kolonien zum Teil Briefmarken mit sehr hohen Nominalwerten herausgaben. Im Katalog "Senf 1913" finden wir so unter anderem: (Werte höher als 2 brit. Pfund):

Seite 147:
Britisch-Nyassaland
(bis 1907 Britisch-Zentralafrika genannt)

Freimarken

1891
Senf Nr. 13 + 14: Werte zu 5 und zu 10 Pfund !

1895
Senf Nr. 29, 30: Werte zu 10 und zu 25 Pfund !

1896
Senf Nr. 40, 41: Werte zu 10 und zu 25 Pfund !

1897
Senf Nr. 52: Wert zu 10 Pfund

1903
Senf Nr. 68: Wert zu 10 Pfund

1908
Senf Nr. 81: Werte zu 10 Pfund

Die Marken Senf 30 und 41 sind gestempelt nicht bewertet, ungestempelt ist es nur die Nr. 41. Ob sie allerdings seltener ist, als die Nummer 30, wissen wir nicht.

Ich habe nun zwei alte Stanley Gibbons-Kataloge zu Rate gezogen: Ausgabe 1906-07 und 1932.

Im Katalog von 1906/07 sind alle diese Marken aufgeführt, aber nur z.T. bewertet!

1891 - SG no. 16: 130 Shillings
... no. 17: 250 Shillings

1895 - SG no. 30: unbewertet
... no. 31: unbewertet

1896 - SG no. 41: unbewertet
... no. 42: unbewertet

1897 - SG. no. 52: unbewertet

1903-03 - SG. no. 67: GB£ 12

1908: noch nicht gelistet

Das bringt uns in den Erkenntnissen nun noch nicht wirklich weiter. Vergleichen wir mit Katalog 1932

1891 - SG no. 16: GB£ 14
... no. 17: GB£ 25

1895 - SG no. no. 30: GB£ 50
... no. 31: GB£ 100

1896 - SG no. 41: GB£ 50
... no. 42: GB£ 120

1897 - SG. no. 52: GB£ 55

1903-03 - SG. no. 67: GB£ 55

1908 - SG. no. 82: GB£ 60

Wir haben also einmal eine komplette Bewertung aller 9 Marken. Dabei fällt auf, dass 1932 waren die zwei Marken mit dem Nennwert 25 £ die am höchsten bewerteten, wobei die Ausgabe 1896 die Nase noch vorne hat: GB£ 120. Die Ausgabe 1895 hatte "nur" GB£ 100 Katalogwert.

Auch ein Blick in den verehrten Katalog von Paul Kohl 1915 hilft uns. Die einzigen zwei Marken aus dieser Reihe von 9 extrahohen Marken (Nennwert) mit einem Katalogwert von mehr als 750 Reichsmark sind die 25-Pfund-Marken von 1895 und 1896

Kohl Nr. 30 (1895) = RM 1600
Kohl Nr. 41 (1897) = RM 1500

Kohl bewertete also die Ausgabe 1895 höher als die von 1896 (nach Kohl: 1897).

Es ist aus heutiger Sicht schwierig, zu entscheiden, welche Briefmarke denn damals nun die wertvollere war. Salomonisch geurteilt würden wir vielleicht zum Schluss kommen: beide waren gleich viel Wert und gehörten damals schon auf die Liste der besten.

Wir haben bereits gesehen, dass Schubert sie 1912 auf den 50. Platz setzte (die Marke 1896). Haas kam zu einem ähnlichen Schluss, bei ihm wurde die Marke 1896 im Jahr 1905 auf Platz 30 der Hauptliste geführt.

Wir sollten diese Marke also auf unserer "Startliste" dabei haben! Die Marke 1896 hatte ein Wasserzeichen, die Marke 1895 hatte keines. Sonst sehen die Marken meines Wissens gleich aus. Ich habe sie bereits gezeigt in Beitrag 314.

Schlussfolgerung (ganz knapp): Aus Haas' Hauptliste sollten wir neben Platz 1-22 also unbedingt auch Platz 30 dazu nehmen! Sonst lassen wir eine Marke aus, die um 1912 herum zu den wertvollsten Marken der Welt gehörte!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.06.2018 22:33:06 Gelesen: 507189# 392 @  
@ Heinz 7 [#71]
@ Heinz 7 [#343]

Ich habe die berühmteste Briefmarke von Australien schon ausführlich vorgestellt und auch angekündigt, dass nun ein besonders schönes Exemplar dieses Fehldruckes verkauft werden soll.

Nun ist die Auktion erfolgt, bei Corinphila in Zürich, und das gute Stück ist auch tatsächlich stark umworben worden! Gemäss Auktionskatalog sind zur Zeit nur 14 Exemplare bekannt, von denen 50 % in Museen untergebracht sind und damit für Sammler unerreichbar sind!



Los 3517 war meines Erachtens zu Recht mit einem hohen Schätzpreis angeboten: CHF 100'000! Ein etwas älterer Katalogwert (2010) lag bei Euro 90'000 (Michel, vgl. Beitrag 71).

Nach Angaben des Auktionshauses wurde die Briefmarke nun aber sogar erst bei CHF 260'000 zugeschlagen! Dazu kommen noch 21 % Provision, also ein Totalpreis von klar mehr als CHF 300'000. Das ist sicher ein respektables Ergebnis!

Zur Erinnerung: bei Haas 1905 kam diese Marke auf Rang vier der wertvollsten Abarten.

@ Heinz 7 [#371]

Die Marke zählt also seit mindestens 113 Jahren zu den wertvollsten Marken der Welt und gehört zu Recht in diesem Kapitel besprochen.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
bayern klassisch Am: 02.06.2018 07:51:02 Gelesen: 506922# 393 @  
@ Heinz 7 [#392]

Hallo Heinz,

danke fürs Weitermachen und mit dieser Granate sowieso.

Bei Standardware geht es stark nach unten, aber bei den Highlights der Branche stark nach oben, wie man hier gut sehen kann.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 02.06.2018 17:56:32 Gelesen: 506681# 394 @  
@ bayern klassisch [#393]
@ Heinz 7 [#375]

Lieber Ralph,

danke für Deine Aufmunterung! Ich mache sehr gerne weiter, bei diesem spannenden Thema und ich habe eigentlich noch viele Beiträge "im Köcher", aber das braucht alles seine Zeit, und die hatte ich im Mai schlicht und einfach nicht. Aber - aufgeschoben ist nicht aufgehoben, versprochen!

Du sprichst ein Thema an, dass alle "Vereinsleute" stark beschäftigt. - Einerseits: Die unspektakuläre Standard-Sammlung erzielt kaum mehr anständige Preise (vieles ist nahezu "wertlos" geworden) und die Vereinsmitglieder sind frustriert, andererseits muss der engagierte Sammler für die Spitzenstücke manchmal heute NOCH MEHR zahlen, als früher, und die Auktionatoren vermelden Rekordergebnisse. - All dies macht die Philatelie NOCH anspruchsvoller als früher schon! Aber ich persönlich freue mich (letztlich), wenn ein wichtiger Anteil der Philatelie noch immer (oder wieder neu) gute bis sehr gute Preise bringt. Denn dies ist für das Gesamt-Hobby doch sehr förderlich.

Aus aktuellem Anlass komme ich auf eine Marke zurück, die hier auch schon besprochen wurde: Die "beste Marke Chinas", wie sie (vereinfachend) auch schon bezeichnet wurde.

@ merkuria [#28]

Ein weiteres Exemplar dieser gar nicht SOOOO seltenen Marke wurde diese Tage in Zürich verkauft. Los 2398 "Small Dollar 1897". Siehe Beiträge [#28] und [#375]



Es gibt nur sehr wenige Marken mit einem NOCH höheren Katalogwert, als diese China-Rarität. Trotzdem braucht es eine Portion Mut, um für eine Marke einen STARTPREIS von CHF 300'000 festzusetzen !

Nun - mindestens zwei Leute liessen sich davon nicht abschrecken und haben diesen Betrag zahlen wollen, ja sogar DEUTLICH MEHR ! Der Hammer fiel nämlich erst bei CHF 500'000. Dazu kommen 21 % Kommission.

Ein stolzer Preis!

Heinz
 
bayern klassisch Am: 02.06.2018 19:12:18 Gelesen: 506649# 395 @  
@ Heinz 7 [#394]

Lieber Heinz,

ganz ehrlich - als ich anfing, Briefmarken zu sammeln, gab es die Firma "Marken-Paul" und eine andere wie "Universum Briefmarken" oder so ähnlich. Die hatten Lots mit "100 Marken alle Welt", oder "1000 Marken alle Welt", in denen auch chinesische Marken waren, teils auch mit Aufdrucken, wie hier.

Ich weiß ja nicht, wann die große Seltenheit dieser Katalognummer erkannt wurde, aber wenn ich mein Jugendalbum noch hätte und die steckte darinnen, würde ich nicht im Traum an über 600.000 Euro brutto denken.

Ich wette, dass es vielen Sammlern wie mir geht und dass die jetzt, wenn sie ihr Jugendalbum noch haben, nach deinem Posting nachschauen, ob sich nicht vielleicht doch so ein Stück damals in ihre Sammlung verirrt hat.

Schön, dass du noch viele Pfeile im Köcher hast - dein "Fanclub" liest sehr gerne mit!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 24.06.2018 14:37:37 Gelesen: 498789# 396 @  
@ bayern klassisch [#395]

Wir haben bei unserem Streifzug durch die Geschichte der Philatelie und ihrer Raritäten schon mehrfach gesehen, dass in vielen Fällen die ungebrauchte Briefmarke seltener ist (war) als die gebrauchte. Dieses "Gesetz" wurde in späteren Jahrzehnten aufgeweicht, wenn nicht gar ausser Kraft gesetzt, weil die Sammler den Stempeln und noch mehr den ganzen Briefen verstärkt Beachtung schenkten. Somit rückten auch Frankatur-Kombinationen, Leitwege, Destinationen u.a.m. in den Vordergrund und Sammler waren neu bereit, sehr hohe Preise zu bezahlen für gestempelte Marken.

Das macht die ganze Studie über die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt nicht einfacher. Aber keine Angst, ich "kapituliere" nicht angesichts der Komplexität der Aufgabe, und versuche, trotzdem einen gültigen Massstab zu zeigen über die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt. Ich werde also versuchen, auch besonders interessante und wertvolle Briefe darzustellen. Ich habe dies ja auch bisher schon "ein bisschen" gemacht und Euch die meines Erachtens wertvollsten drei Briefe der Philatelie vorgestellt

@ Heinz 7 [#164]
@ Heinz 7 [#167]
@ Heinz 7 [#169]

Mauritius, Hawaii und Rumänien - Buntfrankaturen! - Ich denke, es gibt sehr starke Argumente, diese drei Briefe "auf das Podest der Besten" zu stellen.

Aus gegebenem Anlass möchte ich heute aber zurückkehren zu den losen Marken, welche anfangs XX. Jahrhundert von den meisten Sammlern noch am eifrigsten gesammelt wurden.

1909 kam eine atemberaubende Sammlung auf den Markt, die bei Ventom, Bull & Cooper verauktioniert wurde:



453 Lose mit nur ungebrauchten europäischen Briefmarken, dabei viele Raritäten - das weckt doch unser Interesse! Das Herz hüpft vor Freude, wenn wir dann noch eine Fototafel entdecken, welche 23 ausgewählte Lose zeigt



Ich bin sicher, die treuen Leser dieses Themas werden die eine oder andere Briefmarke wiedererkennen. Schweiz, Toskana, Spanien ... da haben wir einiges besprochen! Andere Raritäten Europas vermissen wir: zum Beispiel Fürstentum Moldau (Rumänien) oder Grossbritannien. Zwei Wochen später gab es bereits die nächste Auktion, als die Teile "Great Britain and British Colonies in Asia and Africa" von Robert Reid verkauft wurden. Die Briten werden also noch folgen.

Ich frage nun die Leser: Aufgrund der Fototafel der 299. Auktion: Welche Marken erzielten wohl die höchsten Preise? Ich habe die Ergebnisliste und kann das Rätsel lösen. Danach können wir die Reid Auktionen 2, 3, 4 und 5 auch ein wenig studieren und untersuchen, ob "neue" (bisher nicht bekannte) Raritäten höhere Preise erzielten als die Top-Resultate der Auktion 299 "Europa" vom 18.2.1909.

Ich bin gespannt auf Eure Einschätzung.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 24.06.2018 14:42:43 Gelesen: 498786# 397 @  
@ Heinz 7 [#396]

Lieber Heinz,

ich tippe auf die Trinacria unten mittig in der letzten Reihe.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 24.06.2018 15:56:37 Gelesen: 498769# 398 @  
@ bayern klassisch [#397]

Sehr gut! Prüfen wir den Vorschlag:

Neapel, 1860, Senf Nr. 8, (auch Michel Nr. 8), hatte 1912 (1913) einen Katalogwert von Senf 1200 RM für ungebraucht. Da die Marke gestempelt aber "nur" RM 400 notiert war, schaffte es die Neapel 1860, Senf Nr. 8 bei Haas nur auf die Position 46 (Liste 1/ohne Fehldrucke) und blieb unter der von mir festgesetzten Limite von RM 650, um definitiv zur ERSTEN Auswahl der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt zu zählen.

Aber, wie gesehen: in der Sammlung Reid waren nur ungebrauchte Marken enthalten, und als solche ist sie natürlich sehr selten. Sie schaffte es bei Schubert (zusammen mit 6 anderen Marken) auf Platz 50, siehe BD [#132]

Los 245 der Auktion 1908 wurde als etwas schadhaft beschrieben ("a little rubbed on face, but extremely rare"). Vielleicht war das der Grund, dass der Erlös des Loses etwas tief lag - nur GB£ 14.

Wenn ich das anhand der Karte mit den Währungswerten umrechne (siehe Heinz 7 [#214], hier wiederholt) ...



... erhalte ich einen Verkaufswert von lediglich 174 Goldmark, wenn ich richtig gerechnet habe. Das sind nur ca. 15 % des Katalogwertes Senf 1912. Damit war die Trinacria hellblau kein Spitzenreiter dieser Auktion. Wir haben drei andere Marken auf den Podestplätzen!

Danke für den Tipp!

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.06.2018 09:47:43 Gelesen: 498715# 399 @  
@ Heinz 7 [#398]

Da schon 53 Leser den Beitrag [#398] angeklickst haben, möchte ich eine Korrektur dazu nicht in Beitrag [#398] hineinschummeln (Korrektur-Modus), sondern offiziell einen Nachtrag anbringen:

Die GB£ 14 Verkaufserlös entsprachen zur Zeit der Gültigkeit dieser "Münzenkarte" rund 286 Goldmark (nicht 174, wie oben falsch ausgerechnet). Ich bitte um Verzeihung. 1 Britisches Pfund galt damals ca. 20 Mark 40 Pfennig.

Das waren aber auch nur ca. 24 % des Katalogwertes von Senf 1912. Damit wurde die Trinacria 1860 an dieser Auktion 1908 zu einem tiefen Preis verkauft.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.06.2018 23:04:38 Gelesen: 498603# 400 @  
@ Heinz 7 [#396]
@ bayern klassisch [#397]

Drei Lose schafften 1909 einen Verkaufserlös von GB£ 30 und mehr. Das waren immerhin 612 Goldmark.

Toskana 3 Lire (Senf Nr. 23): GB£ 36 = GM 734 (5. Reihe, 2. Marke)
Schweiz 1849, 4 Centimes (Senf Nr. 1): GB£ 36 = GM 734 (4. Reihe, 2. Marke)
Schweiz/Genf 1843. 5+5 Centimes (Senf Nr. 1): GB£ 30 = GM 612 (2. Reihe, 2. Marke)

Die Marken waren bei Haas auf der Liste auf Platz 12, 22 und 21.

EIN Los blieb unverkauft, das auch gute Chancen gehabt hätte, einen guten Preis zu erzielen: Los 350: Spanien, 1851, 2 Reales blue, The error. Very fine. - Die Losbeschreibung lässt uns aufhorchen: "This stamp was obtained by the Vendor from a gentleman who purchased it at the time of issue, in Spain, in a pair, with other values, which he unfortunately severed". Wenn der Gentleman wirklich den Farbfehldruck vom anderen Wert (6 Reales) abgetrennt hat, hat er eine der weltweit grössten Raritäten entwertet.

Die zwei 2 Reales Spanien 1851 ziegelrot (Senf Nr. 8) erzielten GB£ 21 und 20 (die Lose 348+349), das waren (bei einem Katalogwert von 800 GM (Senf 1913, für ungebraucht)) immerhin 428 GM bzw. 408 GM. Die blaue Marke war diejenige in der Mitte (3. Reihe).

Schöne Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.06.2018 00:05:18 Gelesen: 498563# 401 @  
@ Heinz 7 [#396]

Kaum war die erste Reid-Auktion vorüber, folgte schon die zweite. Wiederum zierte eine Fototafel den Auktionskatalog. Davon zeige ich anbei die ersten vier Reihen mit ein paar Raritäten aus Grossbritannien und den British Colonies.



Die Marke im Zentrum erreichte ein hohes Verkaufsresultat: volle GB£ 60! Das waren umgerechnet 1224 Goldmark!

Grossbritannien, Dienstmarke "I.R. OFFICIAL" zweizeilig, 1885, Senf Nr. 47: KW: * 2000 / gest. 1600 GM.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass Haas diese Marken nicht in seine Liste aufnahm. (Beiträge [#205] [#211] und [#213]). Das ist eigentlich schade, denn so fehlt diese anerkannt sehr wertvolle Marke.

Wir können dies bei unseren Betrachtungen 100 Jahre später korrigieren und diese Marke in unsere Liste der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken aufnehmen. Bei der Studie Schubert schaffte sie es immerhin auf Platz 24 (ungebraucht)! Sie ist aber gemäss Katalog auch gestempelt sehr selten und verdient darum unsere Beachtung.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.06.2018 19:55:54 Gelesen: 498149# 402 @  
@ Heinz 7 [#396]

Ventom, Bill & Cooper (London) konnte am 18./19.3.1909 bereits die dritte Portion der Robert Reid - Sammlung zur Versteigerung bringen. 453+440+410 Lose nur ungebrauchte Lose (Einzelmarken und Lots) wurden angeboten. Einige Marken sind wiederum auf einer Fototafel wiedergegeben. Diese Fototafel ist 109 Jahre alt!

Die dritte Portion war gewidmet: British North America, British West Indies and the remainder of the British Colonies in Africa, also Liberia.



Newfoundland Senf Nr. 9 zeigte schon 1912/1913 zwei Varianten:

9a - rotorange
9b - ziegelrot

im Katalog Michel 2010 finden wir:

9a - zinnober (1857)
9b - orange (1860).

Gestempelt schaffte es diese Marken 1912 nicht in den Kreis der "berühmtesten und wertvollsten Briefmarken" (Limite: Goldmark 650, siehe @ Heinz 7 [#381]; Katalogwert 1913: Senf 9a: GM 400, Senf 9b: GM 500), aber ungebraucht sind diese Marken sehr wertvoll: GM 1000 für 9b (Senf nicht bewertet: 9a; gemäss Handbuch Kohl (1915) aber ca. 10 % teurer).

Genau diese zwei Marken schafften bei Reid nun hohe Verkaufserlöse:

Los 170: 1857 - scarlet-vermilion = GB£ 54 (siehe 2.Reihe / 3. Marke)
Los 173: 1860 - orange-vermilion = GB£ 50 (siehe 2.Reihe / 5. Marke)

Wir errechnen also Verkaufserlöse von Goldmark 1102 bzw. GM 1020. Das sind sehr hohe Werte.

Ein weiteres Los konnte mit diesen Erlösen mithalten:

Canada, 1851, Senf Nr. 6: 12 Pence schwarz. Siehe Beitrag 108.

Diese Marke gilt grundsätzlich als noch wertvoller als die Marken von Neufundland: bei Haas ist sie stolze Nummer zehn!

Sie erzielte bei der Reid-Auktion ebenfalls den Erlös von GB£ 50. Los 143.

Diese Marke scheint sehr schön zu sein und es sind keine Fehler beschrieben. Der Käufer hat diese Weltrarität 1909 also (meines Erachtens) nicht zu teuer bezahlt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.06.2018 23:02:18 Gelesen: 495812# 403 @  
@ Heinz 7 [#396]

Ich habe bereits mehrfach gesagt, welches Ziel ich mit meiner Artikel-Serie verfolge, und manchmal denke ich, ich sollte bei meinen Studien einmal zügig fortfahren... Ich befinde mich bei meinen Studien ja immer noch am Ausgangspunkt, bei der Grundliste der wertvollsten Briefmarken 1912. Das "Skelett" meiner Arbeit sind die zwei Studien Haas (1905) und Schubert (1912). Ich möchte aber die bestehenden Listen nicht einfach abschreiben, sondern ich verifiziere und kommentiere die Liste Haas auch. Haas hat leider einige Marken nicht berücksichtigt; die versuche ich nicht zu übersehen! Ich versuche, Haas 1905 zu ergänzen!

Ich habe vor ein paar Tagen über eine Auktion von 1909 berichtet, weil die Erkenntnisse aus dem Studium des Kataloges uns hilft, die Situation besser zu kennen, welche vor hundert Jahren galt. Das klärt zwar Fragen, aber es kann auch neue Fragen hervorbringen, wie ich anbei zeigen möchte.

Es gibt sehr wenige Möglichkeiten, eine wichtige Auktion von 1909 zu analysieren. Oben habe ich 7 Resultate zeigen können von Losen, die hohe Resultate erzielten.

Nun will ich aber nicht nur die Resultate vermelden, die gerade "passen", sondern auch Resultate vorstellen, die uns Kopfzerbrechen machen.

In der vierten Reid-Auktion wurde nämlich ein unerwartetes Spitzenresultat erzielt!

Zuerst ein Wort zu Robert Reid. Ich kenne diesen Sammler nicht, doch in Wikipedia habe ich einen Artikel gefunden, der passen könnte [1].



Vielleicht ist dies der Sammler, dessen Sammlung 1909 bei Ventom, Bull & Cooper 1909 in fünf Sessionen versteigert wurde? Gut möglich… 1909 war Robert Treshie Reid 63 Jahre alt; vielleicht hat er sich damals von seiner Sammlung getrennt? –

Also: ohne Gewähr, aber vielleicht war dieser edle Sir der Sammler mit den vielen schönen ungebrauchten Raritäten!

Heinz

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Reid,_1._Earl_of_Loreburn
 
Heinz 7 Am: 30.06.2018 23:53:18 Gelesen: 495801# 404 @  
@ Heinz 7 [#403]

Los 33 der 4. Auktion Reid erzielte das äusserst hohe Resultat von GB£ 80!



GB£ 80 waren Goldmark 1632, und das war 1909 richtig viel Geld!

Wir wissen, dass 650 Goldmark nötig waren, um unter die wertvollsten Marken 1912 vordringen zu können (gestempelt oder ungestempelt). Wir wissen aber auch, dass diese Wertgrenze von einigen Marken MEHR übertroffen wurde, wenn die seltenere Variante zur Auswahl stand. Schubert hat gezeigt, dass dann der Preis auf 1'100 Mark gesetzt werden kann, und wir haben trotzdem noch eine Auswahl von 57 Marken!

Bei Reid (4. Auktion) wurde nun auch die Grenze von 1100 Goldmark klar übertroffen! Nun interessiert uns natürlich, welche Marke dieses hohe Resultat erzielen konnte.



Der vierte Auktionskatalog hatte sogar zwei Fototafeln, und darauf ist auch Los 33 abgebildet. Die 2. Marke der 2. Zeile ist Los 33!

New South Wales, 1853, 8 Pence gelb, Senf Nr. 9 (auch Michel Nr. 9). Anbei zeige ich auch ein Foto in Farbe einer ähnlichen Marke:



Los 3075 der Corinphila-Auktion 31.5.2018 war ebenfalls eine 8 d. orange-yellow. Sie trägt die unglaubliche Nummer 80 nach Katalog Stanley Gibbons (NSW wird bei SG äusserst detailliert katalogisiert)!

Wir kennen diese schöne Marke bisher nicht in unserem Thema, und wenn wir den Katalog Senf konsultieren, wissen wir auch, warum: Senf Nr. 9 wurde nur mit GM 600 katalogisiert (*), gestempelt nur mit GM 100. Damit schaffte es diese Marken nicht auf vordere Plätze, weder bei Haas, noch bei Schubert.

Warum aber erzielte diese Marke einen sooo hohen Preis 1909?

Ich kann es nicht sagen. War es eine unverständliche Bieterschlacht zweier ehrgeiziger Sammler? Dieses hohe Resultat kommt für mich völlig überraschend. Im Katalog Yvert & Tellier (1916) war sie ungebraucht unbewertet. Im Katalog Stanley-Gibbons 1906-07 ist sie auch unbewertet. Kohl bewertete die ungebrauchte Marke 1915 auch mit GM 600.

Heute ist die Marke nicht besonders hoch bewertet. Michel 2010 notierte nur Euro 5'500 (für ungebraucht), gemäss Auktionskatalog Corinphila wertet Stanley Gibbons (2018?) die Marke * mit GB£ 13'000. An der Auktion in Zürich erzielte das Los CHF 14'000 + 21 %.

Ich versuche weitere Hinweise zu finden, ob die Marke 1912 in den Katalogen unterbewertet war. Vielleicht findet sich auch ein aufschlussreicher Kommentar in einer Zeitschrift des Jahres 1909, als dieses hohe Ergebnis sicher grosses Aufsehen erregte.

Ohne weitere Information können wir annehmen, dass das Resultat 1909 ein "einmaliger Ausreisser gegen oben" war. Er fand offenbar keine Berücksichtigung in den Katalogisierungen der Jahre nach 1909.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 01.07.2018 08:08:44 Gelesen: 495735# 405 @  
@ Heinz 7 [#404]

Hallo Heinz,

damals waren privilegierte Sammler, und nur um einen solchen kann es sich bei Reid handeln, mit ihrem Wissen den Katalogherstellern weit voraus. Irgendwann bekamen diese dann mit, was Sache war und holten die Informationen mit der nächsten Auflage ihrer Kataloge nach, d. h. vermeldeten neue, stark abweichende Katalogpreise.

Heute gilt für die meisten Sammler, dass ein Kataloghersteller die Preise macht und die Sammler darauf ihre Lehren zu ziehen versuchen. Damals stellten die Spitzensammler Fakten fest, die dann später in die Kataloge - mehr oder weniger stark gefiltert - Einzug hielten.

Es mag durchaus sein, dass 1909 von dieser Marke nur ganz wenige Stücke verfügbar waren, aber in den Jahren danach noch das ein oder andere Stück, vlt. sogar ein größeres Blockstück auftauchte, welches dann zerschnitten wurde und die größeren Sammler dieses Gebietes befriedigte. Dass dies am Preis und Katalogpreis nicht spurlos vorüber gehen konnte, liegt auf der Hand.

Auch gibt es Fälle, da müssen wir gar nicht so weit wie nach NSW (New South Wales) gehen, wo Randstücke äußerst selten sind, weil man diese auf der Post regelmäßig abgeschnitten hatte und daher ein Sammler von Randstückmarken oder gar Bogeneckenmarken viele Hundert Prozent über dem bezahlte, was sonst gangbar gewesen wäre.

Oder eine Sammlung mit etlichen Stücken einer seltenen Marke galt als untergegangen (Überflutung, Unwetter, Brand, Absturz usw.) und tauchte dann doch wieder auf.

Ich finde deine Arbeit sehr bewunderswert, aber ich bezweifle, dass man alle (Hinter-)Gründe für sprunghaft gestiegene, oder gefallene Preise einzelner Marken über 100 Jahre später wird aufdecken könnten. Du machst es schon richtig: Vorstellen, was man an Marken und Preisen, gfl. an Tatsachen in der Peripherie eruieren kann und daraus eine hoch interessante Geschichte zu erzählen. Daher bin ich sehr gespannt, was da noch alles kommt, wissend, oder zumindest ahnend, dass es noch viel Interessantes werden wird.

Dein treuer Leser,
Ralph
 
Martin de Matin Am: 01.07.2018 08:24:42 Gelesen: 495732# 406 @  
@ Heinz 7 [#404]

Hallo Heinz,

zur 8 Pence gelb hätte ich noch ein paar Anmerkungen.

In meinem Gibbons Preis-Katalog von 1920 wird diese Marke selbst gestempelt mit 9 Pfund in der billigsten Farbe bewertet, somit auch einer der teuersten Marken von Neu Süd Wales; ungebraucht aber in jeder Farbe ohne Preisangabe.

In der Manwood-Collection, die 1995 bei Siegel versteigert wurde war nur eine ungebrauchte 8 Pence enthalten, aber von den teuren ungebrauchten Michelnummer 1 bis 3 gesamt mehr als 35 Exemplare. Das von dir vorgestellte Exemplar bei Corinphila war das Stück aus der Manwood-Collection Los 4440, und wurde damals mit 2.600 Dollar zugeschlagen.

Nun zum Klassiker Ferrary bei dem eine grössere Anzahl vorhanden war.

- 3. Auktion 6Stück (dabei 1 Paar) Los 141 Zuschlag 2500 Fr.
- 4. Auktion 1Stück Los 397 Zuschlag 2100 Fr.
- 4. Auktion 2Stück Los 398 Zuschlag 1900 Fr.
-10. Auktion 1Stück Los 311 Zuschlag 8100 Fr.
-10. Auktion 6Stück (6er Block) Los 312 Zuschlag 47500 Fr.
 

Zu beachten ist, das bei den Losen 141 und 398 die Beschreibung einzelner Marken als "offenbar ungebraucht" lautet. Es ist auch noch auffällig alle Marken bis auf eine aus Los 398 und dem 6er Block die Farbe orange hatten. Die Blockeinheit und die Einzelmarke waren als gelborange beschrieben. Die damals bei Gibbons genannte Farbe mattgelb war nicht vorhanden.

Nach meinen subjektiven Beobachtungen wird die ungebrauchte 8Pence extrem selten angeboten. Es würde mich auch noch intersessieren ob es den 6er Block heute noch gibt.

Martin
 

Heinz 7 Am: 01.07.2018 10:53:22 Gelesen: 495703# 407 @  
@ bayern klassisch [#405]
@ Martin de Matin [#406]

Freunde, das macht echt Spass so!

Herzlichen Dank, dass Ihr Euch da gleich mit so guten Beiträgen einschaltet. Das ist sehr interessant.

Ralph - ich bin einverstanden mit Dir. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass wir 1912 uns nicht mehr in den Gründerjahren der Philatelie befinden, sondern schon sehr viel Wissen sich angesammelt hatte. Dutzende, hunderte hoch talentierter Sammler hatten damals schon die Marken erforscht, und ihr Wissen floss zusammen in Kompetenzzentren, die phantastische Arbeit leisteten. Die Katalogherausgeber waren damals äusserst kenntnisreiche Philatelisten, die eng mit den führenden Sammlern zusammenarbeiteten. Ein Blick in zeitgenössische Literatur zeigt uns das immer wieder (vgl. dazu auch Beitrag: Literatur).

Natürlich müssen wir auch akzeptieren, dass gewisse Marktpreise damals wie heute zwar real waren/sind, aber trotzdem als "nicht angemessen" bezeichnet werden müssen. Und - wenn die Kataloghersteller bei den "Achterbahnfahrten" nicht jede Laune des Marktes mitmachen, dann ist dies nur zu loben. Es ist (war) die noble (aber schwierige) Aufgabe für sie, zu erkennen, welche Preisentwicklungen nachvollziehbare Gründe hatte, und welche schlicht einer momentanen Laune entsprangen. Oder einem Zufall.

Martin - super, dass Du die Ferrary-Sales schon analysiert hast!

Los 141 der dritten Auktion brachte nur FFR 2'500 ein, obwohl da offenbar 6 Exemplare (davon sogar ein Paar) enthalten waren. Im 3. Katalog sind 2 der 6 Marken im Foto gezeigt



Aufgrund des Rand-Verlaufes nehme ich an, dass beide nicht aus der Reid-Sammlung stammen. 2.500 FFR für sechs Marken (davon ein Paar) ist natürlich nicht sehr viel. Aber in Kontrast dazu steht Los 311 der 10. Auktion!



Diese Marke brachte nun immerhin FRF 8.100 ein! Also rund 20 x soviel wie eine Marke aus Los 141/3.Auktion ! Das ist schwer nachzuvollziehen. An den Rändern der Marke kann es ncht gelegen haben, denn auch diese 8 Pence Marke (Los 311) ist sehr eng geschnitten/beschnitten.

Zur Farbfrage ist auch noch einiges zu sagen.

Gemäss Stanley Gibbons (Katalog 1906/07) gab es zwei Nuancen:

no. 75: 8d. yellow
no. 76: 8d. orange

dazu noch Abarten:

"no leaves right of "SOUTH"": no. 77
"no lines in corners over "P" and "E" of "POSTAGE"": no. 78.

Dies ist also EIN Grund für die hohen Nummern bei Stanley Gibbons; er verteilte oft Hauptnummern auch für Abarten ("varieties"), was meines Erachtens klar abzulehnen ist: Das deutsche System (Senf) war eindeutig besser: Abarten und Nuancen erhalten z.B. (Buchstaben-) Zusätze, aber keine eigenen Hauptnummern).

Bei Senf 1912 war nur die gelbe Variante notiert, aber dafür wurde nach Papieren unterschieden: Papier grau (= 9a) oder Papier bläulich (= 9b). Die Abart (ohne das dreiblättrige Ornament rechts von SOUTH) war auch bei Senf erwähnt: 9 I.

Moens hingegen hatte schon 1882 die zwei Nummern vergeben: no. 67 für gelb ("jaune"), no. 68 für orange. Leider waren im Kataloge 1882/83 aber beide Nummern unbewertet.

Paul Kohl nannte in seinem grossartigen Briefmarkenhandbuch folgende Varianten:

Nr. 16: gelb
Nr. 16b: orange
und DREI Abarten (Nr. 16 I. - 16 II. - 16 III.

(Fortsetzung folgt)
Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.07.2018 11:16:33 Gelesen: 495691# 408 @  
@ Heinz 7 [#407]
@ Heinz 7 [#404]

Ich habe in Beitrag [#404] eine äusserst schöne New South Wales, SG no. 80 gezeigt. Dank der Auflösung der aussergewöhnlichen "Besançon"-Sammlung kann ich nun auch ein SG no. 79 ungebraucht zeigen!



Am 23.11.2017 kam in Zürich bei Corinphila Los 6071 zum Verkauf mit folgender Beschreibung:

"1853 (May): Laureated 8 d. dull yellow on medium blued paper, unused example with four margins, in a fine fresh shade, without gum. Couple of little spots in lower panel not detracting from the fine appearance of this extremely scarce stamp. Cert. RPSL (1951) Gi = £ 13'000."

Wir sehen also, die Marke ist gleich bewertet (SG) wie die no. 80. Und sie erzielte einen hohen Preis: erst bei CHF 22'000 fiel der Hammer, dazu kamen 20 % Aufgeld.

Es scheint also so, dass die 8 Pence sehr begehrt ist und die Katalogpreise eher zu tief liegen als zu hoch.

Spannend. Am besten wäre, wir wüssten, wie viele Exemplare es von dieser Marke ungefähr noch gibt, dann könnten wir besser die erzielten Preise würdigen.

Wer weiss Genaues?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.07.2018 21:58:08 Gelesen: 495526# 409 @  
@ Heinz 7 [#404]
@ Heinz 7 [#408]

Wer "New South Wales" hört und wissen will, wer denn die beste Sammlung davon hatte, wird um einen Namen nicht herumkommen: Charles Lathrop Pack.



Wer kennt diesen distungierten Herrn nicht?

Sorry - Wenn Sie jetzt sagen: "ich kenne ihn nicht", dann sage ich, das ist eine ähnliche "Unterlassung", als wenn ein Fussball-Liebhaber Franz Beckenbauer nicht kennt!

Nun - mit Vergleichen soll man vorsichtig sein, und ich will keinesfalls eine "Majestätbeleidigung" begehen... Charles Lathrop Pack war ein Sammler, der 1937 starb (80-jährig); heute aber ist er weit herum vergessen. Stanley Bierman, der grosse Philatelie-Kenner und extraordinäre Literatur-Liebhaber (er besass eine der grössten Sammlungen aller Zeiten von Auktionskatalogen) hat in seinem sehr guten Werk (2 Bände) "The world's greatest stamp collectors" und "More of the world's greatest stamp collectors" von 1990 für mich unbegreiflich C.L.Pack nicht berücksichtigt, weder in Band 1, noch im 2. Band (obwohl er im 1. Band - korrekt - anmerkt, dass C.L. Pack wohl auch zu den "greatest" zählen dürfte). - Nun - Carlrichard Brühl vermerkte auf Seite 167 (zum Kapitel "Die grossen Sammler") zumindest den Namen von Pack, auch wenn er ihm dann letztlich doch kein eigens Kapitel widmet.

Charles Lathrop Pack war einer der fünf reichsten Männer Amerikas vor dem 1. Weltkrieg (gemäss Wikipedia). Er besass phantastische Briefmarken-Sammlungen verschiedener Länder und holte an Ausstellungen hohe Auszeichnungen. Er schrieb ein Buch über die Briefmarken von Victoria; dafür erhielt er die Crawford Medaille 1923 und die Lindenberg Medaille 1926. Er war einer der ersten Unterzeichner der "Roll of Distinguished Philatelists" (1921). Gemäss Portrait von Butler (1990) besass Pack wichtige Sammlungen zu

- Canada
- British North America
- Cape of Good Hope
- New Zealand
- New South Wales
- Victoria
- Argentina
- Brazil
- Uruguay

Die Auktionskataloge zu den Auflösungen der Pack-Sammlungen des Hauses Harmer, Rooke & Co., New York, sind Schmuckstücke für jede Bibliothek.

2197+1752+1134+705+1470+1067 Lose beinhalteten die 6 Auktionskataloge 1944-1949, also nicht weniger als 8325 Lose!

New South Wales wurde angeboten an der

1. Auktion (13.12.1944) Lose 967-1333
2. Auktion (12.4.1945) Lose 840-1317
5. Auktion (11.3.1947) Lose 24-728
6. Auktion (16.2.1949) Lose 101-335.

Ich habe nun wirklich erwartet, in dieser grandiosen Sammlung ein paar ungebrauchte 8 Pence-Marken 1853 anzutreffen (Scott Nrn. 20) - aber Fehlanzeige! Nur Los 533 der 5. Auktion war ungebraucht - und dieses Stück war repariert! Text: "8p orange. Good appearance but repaired.". Ich staune! Oder habe ich etwas übersehen?

Also DIESE Marke (8 Pence 1853) muss ungebraucht wirklich sehr selten sein! Ich möchte das weiter untersuchen.

schönen Abend
Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.07.2018 15:08:18 Gelesen: 491514# 410 @  
@ Heinz 7 [#108]

Es kommt selten vor, dass eine Briefmarke einen Katalogwert von GB£ 100'000 aufweist. Dies ist bei der Canada 1851, 12 Pence, laid paper, der Fall.

Wenn dann noch eines der schönsten bekannten Exemplare dieser Marke verkauft wird, schaut die philatelistisch interessierte Öffentlichkeit gebannt zu und alle fragen sich, zu welchem Preis das Los wohl zugeschlagen wird.



Der Käufer bezahlte für das gute Stück GB£ 90'000 + 20 % Aufgeld + 5 % Steuern, d.h. klar mehr als den vollen Katalogwert.

Dies ist ein weiterer schöner Erfolgsausweis für die Marke, die bei Haas an 10. Stelle gelistet war (1. Tabelle/reguläre Marken) und bei Schubert auf Platz 31.

Anbei die Details der Losbeschreibung (Spink London)

"Auction: 18010 - British North America, The David Pitts Collection
Lot: 9 (x) Canada
The Pence Issues 1851 Laid paper
12d. black, a spectacular used example in an intense deep colour and with full strong detailed impression on bright paper indicating that this was quite probably from an early impression of the plate, large to exceptionally large margins giving a well-balanced appearance and neatly cancelled with a single clear strike of the seven-ring target postmark.

An extraordinarily attractive and exceptionally fine example of this iconic classic high value rarity. One of the most desired stamps of the British Empire, this outstanding example having always been considered the finest known used example.

Balasse (1980) and Philatelic Foundation (1983) Certificates.

Sc. 3; S.G. 4, £100,000. Photo

Note: A total of just 51,000 stamps were printed, a mere 255 impressions of the plate of 200 subjects. The stamp proved unpopular and only a miniscule 1,450 were sold, the balance being returned to the Post Office and subsequently destroyed

provenance:
Hart
Barclay
Consul Weinberger
Schneider

Subject to 5% tax on Hammer Price in addition to 20% VAT on Buyer’s Premium. Sold for £90,000"

Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.07.2018 17:33:20 Gelesen: 485507# 411 @  
@ Heinz 7 [#410]

Bei unseren Betrachtungen haben wir gesehen, dass im XIX. Jahrhundert die Ganzsachen unter den Postwertzeichen neben den Briefmarken keineswegs nachstanden, sondern dass es darunter unzählige auch sehr teure Stücke gab. Während die Briefmarken auch heute noch sehr beliebt und hoch bezahlt sind, haben sich die Ganzsachen viel weniger stark entwickelt und heute ist nur "eine handvoll" noch in der absoluten preislichen TOP-LIGA. Unzählige Ganzsachen sind heute unterbewertet, sehr rar, philatelistische Preziosen - und sehr günstig zu kaufen! Kluge Philatelisten kümmern sich darum besonders intensiv um diese Postwertzeichen; die "ungeliebten Schwestern" der Briefmarke, wie sie einmal treffend bezeichnet wurden.

Eine der WENIGEN Ganzsachen, die seit über 100 Jahren auch preislich mit den wertvollsten Briefmarken der Welt mithalten kann, ist die Postmeister-Ausgabe von Annapolis. Von Postmeister-Ausgaben haben wir schon einiges gelesen: Neben den vielen Postmeister-Marken wurden auch einige Ganzsachen ausgegeben, u.a. der Briefumschlag zu 5 Cents.



Dieser Umschlag ist meines Wissens nur zweimal bekannt. Und, wenn ich das richtig im Kopf habe, wurde das gezeigte Stück in den vergangenen 123 Jahren nur ein einziges Mal öffentlich verkauft (an einer Auktion). 2018 wird dies das zweite Mal erfolgen!

Der Preis dafür soll mindestens US$ 300'000 sein! Damit ist diese Ganzsache auf "Augenhöhe" mit den teuersten Briefmarken der Welt...

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.07.2018 18:03:39 Gelesen: 485484# 412 @  
@ Heinz 7 [#411]

Ich sehe schon, dass der eine oder andere Leser erstaunt die Augenbraue hochzieht und bemerkt: "Der Heinz schreibt am Thema vorbei..."; darum noch kurz eine "Rechtfertigung":

Die Ganzsache ist wie die Briefmarke ein Postwertzeichen. Wenn unser Thema also "Die berühmtesten und wertvollsten Postwertzeichen der Welt" heissen würde, so würden sich alle Leser (vielleicht ?/hoffentlich !) über meinen neuen Beitrag freuen, aber VIELE würden zu DIESEM Thema vielleicht auch gar nichts lesen, denn mit dem Begriff "Postwertzeichen" können heutzutage viele Leute gar nichts anfangen, während das Thema "Briefmarke" doch noch viele Leute zumindest interessiert.

Die Ganzsache ist also "fast dasselbe" wie die Briefmarke. Sie wurden in den früheren Katalogen auch nebeneinander aufgelistet, wurden genauso eifrig gesammelt, waren (Ende XIX. Jahrhundert) ähnlich im Preisgefüge und hatten ihren festen Platz in der Philatelie.

Viele gute Exponate bei Ausstellungssammlungen schliessen Ganzsachen mit ein. Einige Ganzsachen erhielten auch Zusatzfrankaturen (Briefmarken wurden zu Ganzsachen hinzugeklebt); eine strikte Trennung zwischen Briefmarke und Ganzsache ist dann also gar nicht möglich und macht vor allem auch nur wenig Sinn (meines Erachtens).

Da, wie erwähnt, heute aber auch nur noch sehr wenige Ganzsachen mit den hochbezahltesten Briefmarken "mithalten" können, werde ich in dieser Rubrik nur selten auf solche Stücke eingehen und hoffe, die Leser sehen dies als Bereicherung.

Nun aber zurück zu der Weltrarität Annapolis - Briefumschlag 5 Cents rot.

Das oben gezeigte Stück ist gemäss Auktionsankündigung eines von nur zwei bekannten Stücken dieser Rarität. Es wurde 2012 letztmals angeboten an der (Briefmarken-) Auktion von R.A. Siegel: Sale 1020 — The Frelinghuysen Collection, Part One, Sale Date — Wednesday, 28 March, 2012.

Beschreibung:

"Annapolis, Maryland, 5c Carmine Red on White entire (2XU1). Complete and sharp impression of "POST OFFICE/ANNAPOLIS MD." Eagle and Shield negative circular handstamp with equally clear "5" and "PAID" handstamps impressed separately in same shade of Carmine Red ink, sharp strike of blue "Annapolis Md. 20 Mar." (1846 or 1847) circular datestamp on white envelope (120 x 71 mm) addressed to "Chas. S. Carstairs, Care of John Latour & Co., No. 261 South Front St., Phila. Penna.", manuscript check mark at center of envelope

EXTREMELY FINE. ONE OF TWO RECORDED EXAMPLES OF THE ANNAPOLIS, MARYLAND, POSTMASTER'S PROVISIONAL. ONE OF THE RAREST OF ALL UNITED STATES POSTAGE ISSUES AND OFFERED AT AUCTION FOR THE FIRST TIME SINCE ITS DISCOVERY 117 YEARS AGO."

Das Stück wurde 2012 angeboten mit einem Schätzpreis von US£ 200'000-300'000; bei einem Katalogwert von US$ 300'000. Der Zuschlag erfolgte dann aber erst bei US$ 550'000.

2018, am 3. Oktober, kann dasselbe Auktionshaus (Siegel) diesen Brief wieder anbieten. Der Schätzpreis liegt bei US$ 300'000 bis 400'000.

Wann wird wohl der Hammer fallen? Wir dürfen gespannt sein!

Heinz
 
bayern klassisch Am: 28.07.2018 18:14:39 Gelesen: 485478# 413 @  
@ Heinz 7 [#412]

Hallo Heinz,

ich sehe auch keine sinnvolle Trennung zwischen Briefmarken und Ganzsachen - beide lassen sich noch in zahlreiche Untergruppen aufdividieren, ohne dass ihr identitätsstiftender Charakter dadurch tangiert würde.

Die von dir gezeigte Ganzsache ist schon optisch ein Genuß - um wie viel mehr muss sie das erst sein, wenn man dergleichen sammelt und nach Jahrzehnten solch eine Pretiose endlich angeboten bekommt? Da spielt das Geld, wenn man es hat, wohl keine große Rolle mehr.

Ich könnte mir daher vorstellen, dass beim Zuschlag vorne eine 6 stehen könnte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 29.07.2018 18:24:13 Gelesen: 484974# 414 @  
@ Heinz 7 [#411]

Den Philatelisten, die sich wundern, dass der oben gezeigte Brief angeblich über 100 Jahre nie öffentlich verkauft wurde, kann ich versichern: Ich habe mich auch gewundert. Denn ich kenne diese Ganzsache und weiss, dass sie in berühmten Sammlungen enthalten war!

Wieder zuhause kann ich meine Bibliothek konsultieren. Und ich kann vermelden:



Dieser Brief mit Stempel 8. April ist DER ANDERE der zwei bekannten ANNAPOLIS-Ganzsachen! Er gleicht dem anderen Umschlag nicht "wie ein Ei dem anderen", aber doch ausserordentlich stark! 1895 entdeckte ein Briefmarkenhändler zwei dieser Umschläge, beide an dieselbe Adresse (Charles S. Carstairs, John Latour & Company, Philadelphia). Der eine ist gestempelt 20. März (1846 oder 1847), der andere 8. April (1846 oder 1847). Wichtig ist auch: die zwei Umschläge haben unterschiedliche Formate (112 x 71 mm bez. 120 x 71 mm)!

Die beiden Neuentdeckungen 1895 wurden verkauft an die Philatelisten W. A. Castle (20.3.) und Ferrary (8.4.). Das Exemplar 20.3. ging über in die Sammlung des Earl of Crawford und verschwand dann sehr lange von der Bildfläche. Noch im Jahre 1989 schrieb Christie's in einem Auktionskatalog:

"The March 20 cover has virtually disappeared from philately. It was owned by W.A. Castle, a collector in New York City (...) and was later exhibited by the Earl of Crawford at the 1906 International in London, according to Robson Lowe".

Wenige Jahre später muss der vermisste Umschlag wieder aufgetaucht sein, (nachdem er vielleicht 83 Jahre lang "untergetaucht" war), denn 2012 konnte Siegel das Exemplar aus der Sammlung Frelinghuysen verkaufen (siehe Beitrag 411+412).

Der Umschlag 8.4.1846 hingegen sorgte in den letzten knapp 100 Jahren verschiedentlich für grosses Aufsehen.

Mehr davon später.

Heute konnte ich immerhin den zweiten Umschlag, die zweite dieser phantastischen US-Postmaster-Raritäten, zeigen!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 31.07.2018 08:42:08 Gelesen: 484319# 415 @  
@ Heinz 7 [#414]

Der Umschlag von Annapolis war früh schon (und immer schon, seit seiner Entdeckung 1895) ein heissbegehrter Star. Wie viel Briefmarkenkönig Ferrary dafür bezahlen musste, ist meines Wissens nicht bekannt (er kaufte in als erster vom Briefmarkenhändler Burger). Rund ein Vierteljahrhundert war er im Besitz des Sammlers mit der grössten je bekannten Sammlung.

Am 5.4.1922 kam an der dritten Ferrary-Auktion diese Rarität zum Verkauf. Es war Los 537, beschrieben als "seule piece connue" (einzig bekanntes Exemplar) und war auf Fototafel 14 abgebildet. Man darf nicht sagen, de Beschreibung war falsch, denn der Umschlag vom 20.3. (Beitrag 411) hat ja ein anderes Format (120 x 71 mm), aber besser wäre gewesen, man hätte gesagt, dass nur ein weiteres Exemplar in leicht anderem Format bekannt sei. Ferrarys Ganzsache hat(te) die Masse 112 x 71 mm, was aber im Auktionskatalog von 1922 nicht erwähnt wurde.

Die Ferrary-Auktion zog die meisten der ganz grossen Sammler an, und damals gab es einige wohlhabende Amerikaner, die diese US-Rarität natürlich begehrten. Wie so oft war auch bei diesem Los Arthur Hind schliesslich der Käufer des Loses.

Interessant an den Ferrary-Auktionen ist sicherlich, dass meines Wissens ALLE Lose ohne Katalogwerte oder Schätzpreise angeboten wurden! Einige der Lose waren zum ersten Mal öffentlich an einer Auktion (so eben auch diese ANNAPOLIS-Ganzsache) und die Sammler mussten einen Wert erst finden.

Los 537 wurde zu einem Betrag von 26'000 Franz. Francs zugeschlagen, dies entsprach einem Gegenwert von CHF 14'375 (inkl. Aufgeld). Das war ein sehr hoher Wert und brachte diese Ganzsache auf Platz 50 aller Ferrary-Lose. Es war dies auch der höchste Preis für eine Ganzsache, auf den Plätzen 1-49 waren alles Briefmarken (einzelne oder Einheiten) oder Briefe.

Diese ANNAPOLIS-Ganzsache war auch bei späteren Verkäufen immer teuer...

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.09.2018 18:43:02 Gelesen: 471452# 416 @  
@ 10Parale [#222]

Vor rund einem Jahr haben wir über Österreichs Superstar gesprochen, die Zeitungsmarke 1856 mit Merkurkopf, zinnoberrot. Die Marke war von Theodor Haas 1905 auf Platz 16 der (regulären) Marken der Welt platziert, als 3. Marke von Europa. Der Blick in den (für uns wohl wichtigsten) Katalog für diese Zeit (Gebrüder Senf) zeigt uns einen Katalogwert von 2000 Goldmark für die Senf Nr. 14 (ungestempelt/1911). Wir haben auch gesehen, dass diese Marke als Ausnahme gestempelt noch teurer ist, als ungebraucht. 1911 wollte sich Senf nicht festlegen, und notierte beim Preis "-.-". Auch Kohl legte sich nicht fest (weder im "Illustrierten Briefmarken Normal-Katalog 1913 - Herausgabe 1912, noch im 10. Handbuch, 1914). Hugo Michel aber legte keck seinen ersten Europa-Katalog vor und bewertete Österreich Nr. 9 dabei wie folgt:

ungest: GM 1500
gestempelt: GM 5000 (!)

Interessant ist auch, dass im 19. Jahrhundert Senf hier konkreter war: Wir finden für die Zeitungsmarke Nr. 4 folgende Notierungen:

ungest: GM 2000
gestempelt: GM 4000

Warum er später die konkrete Bewertung für gestempelt wegliess, wissen wir im Moment nicht. Unbestritten war beim "Merkur zinnober" also immer schon die gestempelte Variante teuer als die ungestempelte.

Österreich hat aber zwei weitere teure Zeitungsmarken: Merkur gelb und Merkur rosa (beide 1851), sie sind ungebraucht höher bewertet als gestempelt, wobei für Marken mit Gummi erstaunliche Preisaufschläge vermerkt sind gegenüber Marken ohne Gummi.

Das hier gezeigte Angebot erregt nun sicher unsere Aufmerksamkeit:



LOS Nr. I Gelber Merkur, 1856, ANK Nr. 7 I b BRAUNORANGE, 6 kr, ungebraucht mit VOLLEM ORIGINALGUMMI

Sassone 250.000, Michel nur 2 Stück bekannt, ANK -.-, Ferchenbauer -.-.

Eines der seltensten Stücke der österreichischen und internationalen Philatelie und unikaler Glanzpunkt der großen Merkur- oder Klassiksammlung in herausragender Erhaltung. Ausführliche Atteste von Alberto Diena (1968), Fiecchi (1968), Botacchi (2014), Dr. Avi (2017), Steiner (2018) und Dr. Ferchenbauer (2018). Gelbe Merkure in ungebrauchter Erhaltung mit vollen Rändern und vollem Originalgummi sind äußerste Raritäten. Das vorliegende Stück ist in dieser Farbnuance das besterhaltene, wobei lt. MICHEL Katalog 2017 überhaupt nur 2 (!) Stück bekannt sind.

Wir reiben uns erstaunt die Augen: Sassone wertet diese Farbabart mit Euro 250'000? Es gibt nur zwei Stück dieser Marke?

Ist das eine Marke, die wir bisher vergessen haben? Da lohnt sich ein genaueres Hinsehen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.09.2018 19:42:08 Gelesen: 471423# 417 @  
@ Heinz 7 [#416]

Nein - Wir haben die Marke nicht vergessen, bei unserer Betrachtung der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt.

Ich habe vorgeschlagen, dass wir zuerst die Grundlagen kennenlernen, wie sie um 1910 galten. Und da sind die Grundlagen eindeutig.

Bei Haas wird der gelbe Merkur nicht erwähnt (1905) und ein Blick in den Senf 1911 zeigt uns auch, warum. Da wird die Marke nur bewertet wie folgt:

Senf Nr. 12: ungestempelt: 300 Goldmark - gestempelt: 200 Goldmark.

Das reichte nicht auf Spitzenplätze in den Listen Haas oder Schubert. Auch in anderen (späteren) Übersichten erscheint die Marke (meines Wissens) nie "ganz weit oben".

Warum ist denn eine solche Katalogbewertung (Sassone) möglich?

Lesen wir die Losbeschreibung der gezeigten Marke, so sehen wir: es ist eine Farbnuance; es ist nicht die Marke "gelb", sondern es ist braunorange.

Konsultieren wir einen Michel-Katalog, dann sehen wir Erstaunliches:

Österreich Nr. 7: (6 Kr) gelb, braunorange war 2010 bewertet mit Euro 35'000 (ohne Gummi), ungebraucht (mit Gummi) finden wir wieder eine "-.-" (im Katalog 2000/2001) waren beide Preise noch vermerkt (letzter Katalog mit DM-Bewertung):

*: DM 46'000
(*): DM 28'000

Das sind sicher respektable Werte,aber GANZ nach vorne reichen solche Bewertungen eben nicht. Somit kann man sagen: der "gelbe Merkur" sollte hier gar nicht besprochen werden.

Es ist immer eine heikle Frage, wie detailliert wir ohnehin seltene Marken noch unterscheiden sollen. Macht es Sinn, Grossraritäten noch nach Farbunterschieden oder anderen Unterscheidungsmerkmalen zu unterscheiden? Beispiele?

Zürich 4: Wir können 5 Typen unterscheiden
Hawaii-Missionaries: unterschiedliche Typen!
Mauritius 1850-Ausgabe: unterschiedliche Druck-Stati
u.s.w.

Wenn nun Sassone diese Farbnuance mit schwindelerregenden Euro 250'000 bewertet, wage ich es, die Sammler zu ermahnen, auch andere Kataloge heranzuziehen. Michel ist hier weniger "euphorisch" als Sassone. Ob es allerdings korrekt ist, "gelb, braunorange" in einer Zeile gleich zu bewerten, ist eine andere Frage.

Paul Kohl bewertete 1914 "gelb" sogar höher als "orange". Der Spezialkatalog von Ferchenbauer sah keine grossen Unterschiede:

Nr. 7: gelb = 60.000 Schilling
Nr. 7: dunkelgelb = 75.000 Schilling
Nr. 7: braunorange = 100.000 Schilling

Das sind alte Werte aus dem Ferchenbauer 1974, allerdings für gestempelte Werte:

Ungebraucht ohne Gummi war nur "gelb" bewertet (ÖS 125.000), mit Gummi stehen alle Bewertungen sowieso nur -.-

Wenn natürlich eine Farbnuance ungebraucht mit Gummi nur in 2 Exemplaren bekannt ist (siehe Losbeschreibung), ist ein Extra-Zuschlag schon angemessen.

Aber übertreibt Sassone hier nicht?

Ansichtssache.

Es gibt aber einen ANDEREN guten Grund, dem "Gelben Merkur" in unserem schönen Thema ein paar Zeilen zu widmen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.09.2018 20:59:10 Gelesen: 471389# 418 @  
@ Heinz 7 [#416]

2008 war für Philatelisten ein wunderbares Jahr! Der königliche Sammlungsfund von Fort Belvedere brachte das älteste Briefmarken-Album der Welt zutage, das höchstwahrscheinlich 1854 entstand. Es war ein handgemachtes, einmaliges Briefmarkenalbum! Das erste GEDRUCKTE Briefmarken-Vordruckalbum kam bekanntlich "erst" 1862 heraus.

Noch sensationeller als das Album war allerdings der INHALT des Albums. Es beinhaltete Briefmarken der ganzen Welt von 1850-1854. Einige waren in einer sensationellen Qualität, da sie vermutlich mehr als 150 Jahre weitgehend ohne Lichteinfluss konserviert worden waren. Das Album stammte aus dem Königshaus von Queen Victoria.

Corinphila, Zürich, durfte im Jahr 2008 einige Seiten aus diesem sensationellen Briefmarken-Album versteigern. An der 155. Auktion (16.10.2008) wurde unter anderem folgendes Los angeboten:

2114: (6 Kreuzer / 30 Centesimi) sattgelb, Type Ib, sogenannter "Gelber Merkur" im ungebrauchten waagrechten Paar mit vollem Originalgummi (...)



Ausruf war stolze CHF 125'000.

Das Los war aber auch wunderschön und heiss-begehrt. Ungebrauchte Paare der Michel Nr. 7 waren bislang unbekannt!

Der Hammer fiel erst bei CHF 220'000! Dazu kam ein Aufgeld von damals 19.5 %, der Preis lag also bei CHF 262'900.

Das ist ein sehr hoher Betrag, und also haben wir doch einen guten Grund, diese seltene Briefmarke (Michel Nr. 7) in dieser Rubtik zu besprechen.

Wir dürfen nun gespannt sein, welchen Preis der "gelbe Merkur" braunorange (siehe Beitrag 416) erzielen wird. Er ist für diese Briefmarke aussergewöhnlich schön geschnitten (vollrandig); das ist wirklich eine grosse Ausnahme.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.09.2018 21:35:02 Gelesen: 471037# 419 @  
@ Heinz 7 [#416]

Okay, ich gebe es zu: die Briefmarken-Kunde ist nicht ganz einfach! Da will ich uns generell die "berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" vorstellen, und gemäss Vorgehensplan mich wirklich an die Top-Stücke halten - und dann schweife ich doch wieder ab und bespreche auch Marken, die "auf den ersten Blick" nicht in dieses Kapitel gehören.

Stimmt schon, aber andererseits will ich die Leser doch auch auf Super-Stücke aufmerksam machen, die zwar "auf der Liste" nicht "ganz oben" rangieren, aber dann doch ganz exorbitante Preise erreichen. Zu recht? - Ganz generelle Aussagen sind kaum möglich, es kommt auf den Einzelfall an.

Ein gelber Merkur im postfrischen Paar [#418] verdient aber ganz bestimmt unsere Aufmerksamkeit, und selbst eine Einzelmarke kann hochinteressant sein (siehe die Farbnuance in [#416]. Ja sogar eine gestempelte Einzelmarke wie diese hier sollten wir beachten:



Dieses prächtige Stück stammt aus der Sammlung Zgonc und ist eine grosse Rarität. Bei einem Katalogwert von "nur" Euro 10'000 (Michel 2010) überrascht diese Aussage vielleicht (unsere Massstäbe sind hoch), aber: Sammler, aufgepasst!

DIESE Marke hat einen Teil-Stempelabschlag von VICENZA! Und Vicenza liegt nicht in Österreich, sondern in der Lombardei-Venetien! Dort waren diese Zeitungsmarken auch gültig. Solche Verwendungen sind aber äusserst selten.

Wer also das Glück hat, ein solches Stück zu besitzen, hat MEHR als "nur" eine Michel Nr. 7 gestempelt, er hat eine wertvolle Rarität!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.09.2018 16:22:47 Gelesen: 468281# 420 @  
@ Richard [#546]

Wir Philatelisten machen bei unserer Arbeit oft denselben (Schönheits-) Fehler: Anstatt unsere Studien zeitig mit einem Aufsatz abzuschliessen, und unser Wissen zusammenzufassen, tüfteln wir ewig an den letzten ungelösten Fragen herum! Wir sind Möchtegern-Perfektionisten und sehen nicht, dass wir mit unserem Zaudern und WeiterinsDetailforschen auch viele Sympathien verspielen: Freunde, die gerne unsere Kenntnisse kennengelernt hätten, wenden sich enttäuscht ab, weil sie nicht ewig warten können oder wollen.

Ich möchte nicht meine Leser länger warten lassen auf die "letzten Erkenntnisse" meiner Studien und riskiere nun eine erneute Standort-Bestimmung. Vielleicht (wahrscheinlich) sind die Erkenntnisse nicht komplett und vielleicht würde ich gerne später die eine oder andere Ergänzung anbringen, aber ich habe mich entschlossen, heute das Kapitel 1 meiner Studie abzuschliessen.

Welches waren die wertvollsten Briefmarken vor 106 Jahren (=1912)? Leser dieser Rubrik wissen, dass ich anhand zweier Studien des frühen XX. Jahrhunderts (Schubet 1912 und Haas 1905) diese Frage gerne beantworten möchte. Wir haben auch gesehen, dass die Studie Haas für meine Fragstellung die konkreteren Ergebnisse liefert als die Fleissarbeit Schubert (1912). Noch besser aber ist, wir verbinden die zweiten Studien miteinander - und ergänzen sie sogar! Nichts weniger habe ich versucht. Und komme nun zu einem ersten Abschluss.

Zur Erinnerung: Haas listete die Marken und die Fehldrucke auf, die sehr selten sind (gestempelt oder ungestempelt); Schubert hingegen schrieb alle hohen Katalognotierungen aus dem Senf 1912 ab. Viele dieser Marken wurden in den letzten Jahren in Wort und Bild vorgestellt.

Ich habe die ersten 22 Marken der Liste Haas aus seinem Buch von 1905 (Seite 477+478) vorgestellt. Doch schon seine Nummer 23 erreicht den Wert von 650 Goldmark nicht mehr, und dies wurde aus guten Gründen einmal als unterster Wert bestimmt, den eine Marke erreichen müsste, um hier noch Berücksichtigung zu finden.

Haas schloss eine zweite Liste an: "die vierzig seltensten Fehldrucke". Aus dieser Liste können wir 18 Fehldrucke zu unseren regulären Marken hinzuzählen - und kommen so auf 40 Briefmarken!

Schubert hat uns aber Hinweise gegeben auf weitere teure Briefmarken und unsere Studien haben ergeben, dass viele Marken auf der Liste Haas fehlen. Er hat die Gründe dafür selber genannt: er wollte z.B. keine "Lokalmarken" auf seine Liste aufnehmen. Wir haben nun aber gesehen, dass gerade auf diesem Gebiet sehr viele sehr wertvolle Stücke existieren. Wenn wir diese Lokal-Marken mitnehmen, und unsere Betrachtung also auf ALLE wertvollen Postwertzeichen ausweiten, so komme ich (heute) auf 76 Postwertzeichen!

Ich kann heute die Liste dazu nicht posten, das werde ich baldmöglich nachholen. Aber die Zusammensetzung sei verraten:

Die 76 wertvollsten PWZ teilen sich auf auf
75 Briefmarken und
1 Ganzsache (siehe Beitrag [#411] bis [#415]).

Die 76 PWZ waren wie folgt auf die Welt verteilt:

26 Nordamerika
21 Europa
13 Mittel- und Südamerika
10 Afrika
4 Asien
2 Australien

52 Briefmarken
23 Fehldrucke von Briefmarken
1 Ganzsache

Das sind teils ganz neue Zahlen, das ist mir bewusst. Vor hundert Jahren waren die Postmeister-Marken der USA und der Confederate States sehr hoch bewertet (durchaus begründet!); Haas hat diese Marken weggelassen.

Welche Länder hatten denn die meisten wertvollen?

1.) 12 - USA-Postmeistermarken
2.) 7 - Confederate States of America
3.) 5 - Britisch Guiana und 5 - USA 1869-1901 (alles Fehldrucke!)
5.) 4 - Rumänien und 4 - Hawaii
7.) 3 - Afghanistan
(Summe 40)
Sonst hatte kein Land mehr als 2 Marken, die übrigen 35 Briefmarken verteilen sich auf 26 Länder.

Deutschland ist mit zwei Farbfehldrucken enthalten (Baden und Sachsen).

Wir verzeichnen also mehr sehr wertvolle Marken per 1912, als erwartet. Und nach 1912 kamen ja noch einige dazu. Ein paar der 76 ersten Marken sind heute nicht mehr in der Spitzengruppe, dafür kamen andere / neue hinzu. Wir können also auch in Zukunft noch einiges weiter studieren.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 23.09.2018 16:31:47 Gelesen: 468270# 421 @  
@ Heinz 7 [#420]

Hallo Heinz,

toll recherchiert - da hätte ich den Anteil Europas doch deutlich höher eingeschätzt, wohl auf das Niveau der Vereinigten Staaten von Amerika (VSA).

So lernt man durch dich immer wieder (sehr gerne!) dazu.

Danke für alles - Spitzenbeiträge durch die Bank, klasse!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 24.09.2018 20:33:43 Gelesen: 466936# 422 @  
@ bayern klassisch [#421]

Lieber Ralph,

es ehrt mich sehr, wenn Du, als ausgewiesener Vollblut-Philatelist, meine Beiträge lobst. Ganz herzlichen Dank dafür! Es ist mir Ansporn, meine Versuche fortzusetzen, dieses komplexe Thema weiter zu bearbeiten.

Wie oben erwähnt, ist die unten gezeigte Tabelle nicht "in Stein gemeisselt". Ich habe zwar in stundenlangen Studien die Tabellen von Haas und Schubert ausgewertet und wenn nötig Zusatz-Informationen gesucht, aber ich weiss, dass die untenstehende Auswertung auch Fragen zulässt. Ich hoffe, die meisten davon befriedigend beantworten (oder lösen) zu können. Andererseits bin ich auch gerne bereit, die Tabelle zu überarbeiten und später gegebenenfalls neu aufzulegen. Wichtig scheint mir, einmal eine Ausgangslage zu haben, von der aus wir fortschreiten können. Ich betrachte gerne die Folgejahre und erkunde, welche Veränderungen z.B. die nächsten 20 Jahre (1912-1932) brachten...

Ich freue mich auch darauf, z.B. den Beitrag von Ralf (buzones) aufzunehmen und zu überlegen, wie wohl "die teuerste Marke der Tschechoslowakei" sich zu den bisherigen Raritäten verhält (siehe sein Beitrag [#365]). Ein "Höhepunkt der neuen Erkenntnisse" wird sein, wenn wir die Ferrary-Auktionserlöse studieren - werden "neue Sterne geboren" und andere "Sterne" werden vielleicht verglühen? - Für immer? - oder haben sie später ein "Comebeack?"

Anbei also die 76 teuersten per 1912.





Ich habe die Liste aufgebaut, wie die Marken im Senf Katalog 1913 erscheinen würden. In Spalte H sehen wir die Seite im "Senf".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.09.2018 22:02:27 Gelesen: 466833# 423 @  
@ Heinz 7 [#422]

Am schönsten war, wenn eine Marke bei Haas gelistet war und diese im Senf-Katalog 1912 (oder 1913) bewertet war sowohl für ungebraucht wie auch für gestempelt. In vielen Fällen aber dies aber nicht gegeben! Oft fehl(t)en die Preise, und oft suchen wir eine teure Marke (nach Schubert/Senf) auf der Liste Haas vergeblich.

Mehrere der teuren Marken blieben im Senf unbewertet (bzw. "-.-"), doch gelegentlich fand ich in anderen Katalogen konkrete Hinweise. So konnte ich verschiedene Marken in meine Tabelle aufnehmen oder aus guten Grund daraus streichen.

Am meisten Lücken weist meine Tabelle zweifellos auf bei dem Thema Ganzsachen! Diese spielten zwar im XIX. Jahrhundert eine sehr wichtige Rolle, doch wurden sie anfangs XX. Jahrhundert mehr und mehr von den Sammlern und Händlern vernachlässigt. Mit schlimmen Konsequenzen für ihren Wert! Wir wissen, dass ca. 1890 die Ganzsachen in vielen Fällen durchaus ebenbürtig zu den Briefmarken waren (ihr Wert), Altmeister Lindenberg hat dazu eine interessante Studie geschrieben. Daraus sieht man, dass damals ein grosser Teil der teuersten Postwertzeichen nicht Briefmarken, sondern eben GANZSACHEN waren!

Ich habe auf meiner Liste 1912 der Postwertzeichen aber nur eine einzige Ganzsache aufgenommen, die Super-Rarität von Annapolis (US Postmeister-Marke 1846, siehe Beiträge 411-415). Zweifellos standen auch 1912 noch viele Ganzsachen mit sehr hohen Bewertungen in den Katalogen. Ich will aber in dieser Studie nur Wertzeichen aufnehmen, die auch im 20. Jahrhundert noch sehr hohe Preise erzielten. Ganz weglassen möchte ich aber die Ganzsachen sicher nicht! Darum nenne ich die obige Liste auch "Die wertvollsten Postwertzeichen" und nicht "Die wertvollsten Briefmarken", obwohl Richard vor 9 Jahren nur die "Briefmarken" in den Titel des Themas nahm. Wie schon verschiedentlich erwähnt, spielen die Ganzsachen aber in diesem Thema nur eine kleine Nebenrolle. Aber meines Erachtens eine wichtige!

Eine Frage an meine geehrte Leserschaft.

Was tun, wenn eine seltene Marke bei Haas UND bei Schubert fehlt? - Und wenn auch zeitnahe andere Kataloge keine verlässliche Informationen geben?

Ein Beispiel ist Bermuda, die ersten Postmeister-Ausgaben 1848 - 1860, siehe z.B. [#49].

Diese Marken scheinen in allen Katalogen bis mind. 1910 unbewertet zu sein (wenn sie denn überhaupt aufgeführt wurden!). Offenbar fanden auch schlichtweg keine oder fast keine Transaktionen mit solchen Marken statt; es konnte sich also Preise für diese Marken gar nicht erst bilden.

Mit einem Seufzer habe ich darum diese wunderschönen Briefmarken in meiner "Auswertung 1912" weggelassen. Ich verspreche aber, dass diese Marken später viel Aufsehen erregten und sehr sehr teuer bezahlt wurden und also SPÄTER die Aufnahme in "unsere Liste" mit Bravour schafften!

Ein anderer wichtiger Entscheid war gefordert!

Die Schweden 3 Skilling bco. gelb gilt heute für VIELE als wertvollste Marke der Welt



Hier sehen wir den Auktionskatalog von David Feldman, als die Marke 1996 versteigert wurde.

In diesem Fall scheint mir die Lage anders, als bei den Bermuda-Marken. Bei der Tre Skilling Banco wissen wir nämlich, dass die Marke schon 1894 für den sehr hohen Preis von GB£ 400 verkauft wurde! Konsequenterweise hätte die Marke dann auch in die Kataloge gehört - mit Preisangabe.

Warum all die Kataloge den berühmten Schweden-Fehldruck aber ignorierten, wissen wir heute nicht. Er fehlt bei Senf (und damit in der Studie Schubert). Und auch auf der Liste von Philatelie-Grossmeister Haas suchen wir den Fehldruck vergebens (er hätte meines Erachtens damals unter die "Top Five" gehört).

Dies scheinen mir Fehler gewesen zu sein. Darum habe ich die Marke auf meine Liste aufgenommen.

Wir werden das Vergnügen haben, zu prüfen, wann die Schweden 3 Skilling gelb aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst wurde. Heute steht die Marke ohne Frage ganz ganz weit oben auf den (aktuellen) Listen.

Der Startpreis der Marke 1996 dieser Marke war eine MILLION SCHWEIZER FRANKEN !

Heinz
 
bayern klassisch Am: 24.09.2018 22:30:18 Gelesen: 466812# 424 @  
@ Heinz 7 [#423]

Lieber Heinz,

die 3 Skilling galt lange Jahre als fälschungsgefährdet, weil sie angeblich farbverfälscht sein sollte. Ich kenne leider nicht den neuesten Stand der Analyse - vlt. hat man sie daher weggelassen, um keiner Fälschung den Weg ins Goldene Buch der Philatelie zu ebnen?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 25.09.2018 23:01:35 Gelesen: 466330# 425 @  
@ bayern klassisch [#424]

Du hast recht, dass der Farbfehldruck angezweifelt wurde. 1974 wurde die Marke im Ehrenhof der "Stockholmia 1974" ausgestellt. Damals baten 9 schwedische Experten, die Marke genau untersuchen zu dürfen, was dann auch erlaubt wurde. 1975 kam Professor Diego Carlström "and others" zum Schluss, dass der Fehldruck echt ist.

Diese Info habe ich aus dem oben gezeigten Katalog.

Die Marke hat x-mal sehr hohe Preise erzielt. Seit 43 Jahren sind wohl auch die Kritiker und Zweifler verstummt. Wie die Situation um 1910 war, wissen wir heute wohl zu wenig.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 26.09.2018 11:11:24 Gelesen: 466218# 426 @  
@ Heinz 7 [#425]

Lieber Heinz,

danke für die profunde Auskunft mit den Daten - so genau hätte ich das nicht machen können.

Selbst als ich noch Jungsammler war, gab es Stimmen, dass sie evtl. nicht echt sein könnte und da reden wir von den 1970er Jahren.

Es mag durchaus sein, dass schon weit früher Zweifel geäußert wurden und sich dadurch der potentielle Wert/Preis nach unten verändert haben könnte.

Wenn sie aber echt ist (ich habe sie mal in natura gesehen, weiß aber nicht mehr wo und wann das war), dann ist sie sicher die Krone der Klassikphilatelie, obwohl es ja von jedem Farbenfehldruck mindestens einen ganzen Bogen gegeben haben muss, also das Auftauchen weiterer Exemplare nicht auszuschließen ist, wohingegen andere Weltraritäten in so geringer Stückzahl gedruckt bzw. in hoher Stückzahl zurückgezogen und vernichtet wurden, dass diese Befürchtung weniger besteht.

Liebe Grüsse und vielen Dank für dein sensationelles Engagement in diesem interessanten und wichtigen Bereich der Philatelie,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 27.09.2018 23:07:43 Gelesen: 466117# 427 @  
@ Heinz 7 [#422]

Im Thema "Vom Nutzen philatelistischer Literatur" habe ich die wohl wichtigsten Eckdaten zu den Maury-Katalogen gegeben, welche im 19. Jahrhundert für Frankreich die führende Stellung einnahmen (1870 bis Ende des XIX. JHs).

Ich habe einen der letzten Kataloge von Arthur Maury (er starb 1907), und zwar die Ausgabe 1904. Diese ist besonders interessant, weil sie fast gleichzeitig herauskam wie das phantastische Lehrbuch von Theodor Haas. Haas schrieb 1905 bekanntlich eine Einschätzung der seltensten Marken.

Schön am Katalog Maury ist, dass einige Briefmarken bewertet wurden, die im Katalog der Gebrüder Senf (Leipzig) nicht bewertet wurden! So können wir Quervergleiche ziehen!

@ Heinz 7 [#371]

Haas setzte auf die ersten 6 Plätze:(siehe unten, Vergleich mit Maury)

1) Guyane Anglaise - 1856 - 1 cent rouge - Maury No. 9a: Wert 10'000 (nur gestempelt im Katalog) (Seite 209)
2) Guyane Anglaise - 1850-51 - 2 cents rose - Maury No. 0: Wert 6'000 (nur gestempelt im Katalog) (Seite 209)
3) Hawaii 1851 - 2 cents bleu - Maury no. 1: Wert 8'000 (nur gestempelt im Katalog) (Seite 218)
4) Maurice 1847 - 2 pence bleu - Maury no. 7: Wert 18'000 (ungestempelt) bzw. 15'000 (gestempelt) (Seite 282)
5) Maurice 1847 - 1 penny rouge - Maury no. 6: Wert 20'000 (ungestempelt) bzw. 10'000 (gestempelt) (Seite 282)
6) Roumanie 1858 - 81 parale bleu - Maury no. 3: Wert 10'000 (ungestempelt) bzw. 6'000 (gestempelt) (Seite 364)

Man sieht hier also interessante andere Ansätze als bei Senf, mit der blauen Mauritius als der teuersten Marke der Welt.

Bei den teuren Postmeister-Marken der USA hat Arthur Maury aber auch nur sehr lückenhaft informieren können; die meisten dieser Raritäten waren unbewertet oder überhaupt nicht katalogisiert.

Noch ein Wort zur seltsamen Nummerierung bei Maury. Arthur Maury gab seinen ersten kompletten Katalog schon sehr früh heraus (1865). Vermutlich war dort British Guiana 2 Cents gar noch nicht bekannt, darum erhielt der 4 Cent-Wert bei Maury die Nummer 1. Als dann später die 2 Cents bekannt wurde, gab Maury ihr offenbar die Nummer Null, damit die 4 Cents weiterhin die Nummer 1 bleiben konnte. Bei Mauritius war die Ausgabe von 1848 nummeriert mit 1-5, die Ausgabe 1847 (Post Office) aber mit Nummer 6+7.

Wir wissen auch von anderen Katalogen, dass eine einmal gewählte Katalognummer sehr oft - trotz neuen Erkenntnissen! - nie korrigiert wurde/wird!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.09.2018 19:42:20 Gelesen: 466057# 428 @  
@ Heinz 7 [#427]

Ich kann etwas bestätigen, das ich gestern erst vermutet habe.

Die Maury Nr. 0 von British Guiana (der 2 Cents Wert) wurde gemäss Literatur erst 1877 bekannt.

Das mag damit zusammenhängen, dass am 1.7.1850 das erste Postbüro eröffnet wurde, damals aber nur Briefporti von 4, 8 oder 12 Cents fällig waren (abhängig von der Distanz). (Quelle: "The Postage Stamps and postal history of British Guiana" von Townsend & Howe, 1970, Seite 406). Gemäss Tabelle kam die 2 Cents Wertstufe erst am 1.3.1851 hinzu ("City Post in Georgetown (short-lived)".

Townsend & Howe schreiben denn auch (Seite 19): "The values of the stamps which came into use on 1st July 1850 were 4 cents, 8 cents and 12 cents".

Eigentlich ist es dann auch logisch, dass die Kataloge diese Werte als Nummern 1,2,3 aufführen! Maury tat das auch, was also völlig richtig war und ist.

Was aber offenbar lange Zeit unbekannt war: (siehe Seite 19):

"A further duty (2 cents) came into use on 1st March 1851 as is shown by the notice which appeared in the Royal Gazette on 22nd February 1851 (...)".

Weiter lesen wir (Seite 20): "In the British Guiana Philatelic Journal of December 1921, Mr A.D. Ferguson stated that the first copy of the 2 cents circular was found by Mr N.R.McKinnon in 1877. It was therefore 26 years before an example was discovered."

Also - alles klar! Maury gab seinen ersten Katalog bereits 1865 heraus und notierte die Werte 4, 8 und 12 Cents korrekt mit den Nummern 1, 2 und 3. Der 2 Cents Wert hätte dann eigentlich die Nummer vier erhalten sollen, aber er war damals noch nicht bekannt/gesehen. Erst 26 Jahre nach der Ausgabe wurde die Marke entdeckt! Maury hatte die Nummer 4 dann aber längst an die Folgeausgabe: 1852 Segelschiff im Hochrechteck, 1 Cent, vergeben!

Offenbar wollte Maury dann 1877 nicht die Katalogisierung korrigieren, seine Nummern 4-44 (1852-1876) hätten alle eine Nummer "aufrücken" sollen. Stattdessen vergab Maury der neu-bekannten 2 Cents-Marke die Nummer Null und stellte sie an den Anfang des Landes.

Nicht ganz korrekt, aber verständlich. Andere Kataloge (wie Senf) nahmen die 2 Cents auch an den Anfang, was streng genommen nicht korrekt ist; nur die Nummer 4 ist "sauber".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.09.2018 20:10:38 Gelesen: 466047# 429 @  
@ Heinz 7 [#428]

Ich möchte hier einen der extrem seltenen Werte noch zeigen:



1877 wurden 4 Exemplare dieser Marke erstmals gefunden, 26 Jahre nach ihrer Herausgabe! Alle vier Marken wurden von McKinnon gekauft. In den nächsten 10 Jahren wechselte diese Marke dann 8 Mal den Besitzer! (Quelle: "Encyclopedia of rare and famous stamps", by Leon N. William, 1997).

Neben diesen vier aufgetauchten Exemplaren wurden dann noch drei Briefe bekannt, die alle aber nicht als Einzelfrankatur (City-Post) eingesetzt wurden, sondern immer im Paar, dies ergab das normale Briefporto von 4 Cents.

Die drei Briefe kamen ans Tageslicht:

1888: Brief von Demerara, 24. Oktober 1851
1896: Brief von Demerara, 5. August 1851 (der berühmte Miss Rose, Blankenburg-Brief) = Geschenk an die Kirche!
1897: Brief von Demerara, 26. November 1851

In den Beiträgen [#46] und [#151] habe ich zwei Briefe bereits gezeigt.

Seit nunmehr 120 Jahren ist meines Wissens die Anzahl der bekannten Stücke nicht grösser geworden: es gibt nur 7 Stück: 3 Briefe und 4 Einzelmarken (alle gebraucht (Unterschrift/Initiale des Postmeisters bzw. eines Postbeamten)).

Theodor Haas setzte diese Marke 1905 wie erwähnt auf Platz 2.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.10.2018 20:45:14 Gelesen: 465242# 430 @  
@ Heinz 7 [#429]

Einen tollen Fund habe ich in meiner Zeitschriften – Bibliothek gemacht. Von der Zeitschrift „Le Timbre-Poste“ schreibt Prof. Carlrichard Brühl: „(…) das von J.-B. Moens verlegte „Le Timbre-Poste“ (…) das ohne jeden Zweifel die führende philatelistische Zeitschrift des 19. Jahrhunderts gewesen ist“ (siehe Brühl, Seite 772)

In der Ausgabe Mai 1878 (16. Jahrgang, No. 185) auf Seite 38 fand ich den Hinweis auf die neuentdeckte British Guiana 2 Cents, schwarz auf rosa! Redakteur Louis Hanciau schreibt nicht eben begeistert über die Neuentdeckung. Im Gegenteil, er warnt die Sammler vor solchen Neuentdeckungen!



Im grossen „Catalogue prix-courant de timbre-poste, enveloppes, (…) etc. par J. – B. Moens, sixième édition » von 1883 ( ?) ist die Marke aber sauber katalogisiert (Seite 398) als (vermutlich neue) Nr. 1 von Guyane Anglaise. Dass die Marke erst 1871 herauskam, war Moens noch nicht bekannt, er listete die Marke zusammen mit den anderen 3 Werten (4, 8 und 12 Cents) im Jahre 1870 aus.

Es ist sehr nützlich, wenn man "den Stand des Wissens" im Nachhinein rekonstruieren kann!

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.10.2018 10:08:42 Gelesen: 465063# 431 @  
@ Heinz 7 [#411]

Ganzsache gut verkauft!



Die Postmeister-Ausgabe von Annapolis (Umschlag) ist fraglos eine Pretiose ersten Ranges in der Welt der Philatelie. Als eine der ganz wenigen Ganzsachen konnte dieses Postwertzeichen wertmässig mithalten mit den teuersten Briefmarken der Welt. Meines Wissens ist dies seit ca. 100 Jahren die wertvollste Ganzsache der Welt.

Dieser Umschlag existiert nur zweimal, wobei die Formate der beiden unterschiedlich sind und darum auch als "zwei Unikate" angesehen werden können. Beide Umschläge wurden erst 1895 entdeckt und wanderten sofort in berühmte Sammlungen. In den letzten 123 Jahren kamen die beiden Postwertzeichen nur selten auf den Markt. Der oben gezeigte Umschlag ([#411]) wurde jetzt erst zum zweiten Mal an einer Auktion öffentlich angeboten! Im 19./20. Jahrhundert war der Umschlag offenbar nie öffentlich zum Kauf angeboten, sondern wurde immer privat verkauft (gemäss Informationen Auktionskatalog)!

Gestern war es wieder soweit. In New York wurde die Ganzsache angeboten und verkauft.

Schätzpreis: US$ 300'000
Zuschlagpreis: US$ 390'000 + 18% Zuschlag = US$ 460'200

Das ist natürlich ein stolzer Preis. Es sei aber daran erinnert, dass an der Auktion im Jahre 2012 (als der Umschlag das erste Mal an einer Auktion war!) die Ganzsache noch deutlich teurer wurde: der Zuschlag war damals erst bei US$ 550'000, vgl.

@ Heinz 7 [#412]

Die Ganzsache war lange Zeit "von der Bildfläche verschwunden" (siehe Informationen von Christie's 1989)

@ Heinz 7 [#414]

Offenbar ruhte der Brief lange Zeit bei einem Raritätenhändler. Senator Peter Frelinghuysen hatte ihn dann gekauft. 2012 mochte Erivan Haub ihn nicht kaufen, aber vielleicht war er der Unterbieter? - - Nun, gestern gab es einen neuen Preis dafür.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.10.2018 23:58:23 Gelesen: 463599# 432 @  
@ Heinz 7 [#136]

Wir wissen, dass die Hawaii 2 Cents eine der wertvollsten B. der Welt ist. Bei Haas gelang erreichte sie 1905 Platz 3. Die Marke ist wirklich sehr selten, wie folgende Übersicht zeigt:

15 Exemplare, davon

- 1 ungebraucht
- 1 Brief mit Zusatzfrankatur (siehe [#167] und [#168]
- 1 Fragment, zusammen mit 13-Cents-Marke
- 12 gestempelte Exemplare, davon offenbar sogar 5 in Museen (*)

(* Auskunft gemäss Auktionskatalog).

Wenn die ungebrauchte 2 Cents-Marke zum Verkauf kommt, dann ist das schon eine grosse Sache, denn in den 167 Jahren seit 1851 war die Marke offenbar erst bei sieben Sammlern (*). An öffentlichen Auktionen war das gute Stück erst das fünfte Mal

- 1921 (ex Sammlung Ferrary)
- 1963 (ex Sammlung Burrus)
- 1995 (ex Sammlung "Honolulu Advertiser")
- 1997 Auktion Ivy & Mader, Pacific 1997
- 2018 (ex Sammlung William Gross)

Die ersten drei Verkaufsergebnisse habe ich in Beitrag 136 schon genannt. Der Preis 1997 ist mir nicht bekannt.



Nun wurde das Los geschätzt zu US$ 500'000 - 750'000. Der Zuschlag erfolgte dann bei US$ 525'000, dazu kommen die üblichen Gebühren (m.W. 18 % = US$ 619'500).

Der Preis war also tiefer als 1995.

Gute Nacht!
Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.11.2018 17:23:40 Gelesen: 457196# 433 @  
@ Heinz 7 [#355]

Nachdem ich in Beitrag 355 die HEUTE wertvollste Briefmarke der Schweiz benannt habe, wagen wir auch eine Betrachtung zu den wertvollsten BRIEFEN der Schweiz. Einige Kandidaten für diese Bezeichnung haben wir bereits oben vorgestellt:

Beitrag 79: Brief mit zwei Züri 4 (8. April 1847)
Beitrag 86: Brief mit Rayon II mit Kreuzeinfassung
Beitrag 91: Brief mit Basler Taube und Frankreich-Frankatur
Beitrag 118: Brief mit Mischfrankatur Basler Taube (Paar) und Rayon II ("Renan-Brief")

Mit dieser Aufzählung sind wir aber noch nicht am Ende! Es gibt mehrere andere Briefe, die sich in den gleichen Grössenordnung aufhalten. Ich werde versuchen, diese nach und nach zu zeigen.

@ Richard [#546]

Richard hat bei der Einführung in das Thema auch die Basler Taube 1845 genannt. Diese Marke ist wirklich eine der berühmtesten und beliebtesten weltweit. Aber ganz so selten ist sie nicht, was sich natürlich auf den Preis auswirkt(e). Wir sahen, dass im Senf-Katalog 1913 die Basler Taube nicht extrem hoch bewertet war: CHF 300 ungestempelt, CHF 150 gestempelt. Das war zu wenig, um in den Studien Haas (1905) und Schubert (1912) auf den vorderen Plätzen zu landen.

Es gibt aber Briefe, die sehr teuer bezahlt wurden. Besonders Briefe, die nicht (nur) eine Einzelfrankatur aufweisen, sondern eine aussergewöhnliche Frankatur aufweisen, wie

- ein Paar (oder zwei Basler Tauben)
- eine Mischfrankatur mit einer anderen Marke (siehe oben)

wurden/werden regelmässig sehr teuer bezahlt.

Der nachfolgende gezeigte Brief ist nun sicher ein besonders Aufsehen erregendes Stück:



Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.11.2018 17:50:58 Gelesen: 457177# 434 @  
@ Heinz 7 [#433]

Bei diesem Brief von 1850 zählen wir nicht weniger als 6 Basler Tauben! Die Basler Taube wurde grundsätzlich für den Kanton Basel herausgegeben; bei diesem Brief aber wurde ein Brief über die Kantonsgrenze (bis nach Kreuzlingen, Kanton Thurgau) versandt. Und dafür wurden 15 Rappen gefordert, die nicht mit Schweizer Bundesmarken, sondern mit alten Basler Tauben bezahlt wurden!

Dieser einmalige Brief war schon früh bekannt. Er war Teil der Georg Koch Sammlung, welche ab Juni 1908 in Paris versteigert wurde!

1908 - das liegt zeitlich nahe bei unseren "Studiengrundlagen" (Senf 1912 oder 1913). Es ist also bestimmt interessant, zu wissen, wie viel der Brief 1908 denn kostete.

Ich habe einen Nachdruck der Verkaufskataloge von Gilbert & Köhler, welche auch Preisnotizen enthält. An der ersten Auktion wurde als Los 854 tatsächlich der oben gezeigte Brief verkauft. Die handschriftliche Notiz deutet darauf hin, dass der Verkaufspreis FRF 1140 betrug. Und damit war dieser Brief tatsächlich ziemlich teuer.

Laut unabhängiger Quelle erzielte das Los einen Verkaufspreis von FRF 1254 (laut Zeitschrift "Echo de la Timbrologie, Amiens, 15.6.1908); das sieht wirklich nach Hammerpreis von FRF 1140 + 10 % Provision aus.

Es gibt nicht viele Lose, die 1908 bei den Koch-Auktionen einen vierstelligen Zuschlagpreis erzielten!

Heute kann man diesen Brief im Postmuseum in Bern bewundern.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.11.2018 18:35:41 Gelesen: 457135# 435 @  
@ Heinz 7 [#214]

In Beitrag 214 habe ich gezeigt, dass um 1908 der Wert des Französischen Franc gleich lag wie der des Schweizer Frankens. Zwanzig FRF oder CHF galten damals = 16 Mark und 20 Pfennige.

Einen hohen Verkaufserlös erzielte Los 274 = "Mercure rouge foncé". Gemäss Notiz wurden FRF 1540 erzielt (vermutlich netto; +10 % = FRF 1694 brutto?). Ich habe schon erwähnt, dass der zinnoberrote Merkur (1856) einen Katalogwert von Mark 2000 hatte (ungestempelt) (Senf 1913).



Die Abbildung im Nachdruck des Kataloges ist nicht sehr deutlich, aber es scheint, dass die Marke ungebraucht war. Leider fehlt aber (im Textteil) das Zeichen "*" vor der Los-Nummer, das üblicherweise für ungebrauchte Lose angebracht wurde.

Aus diesen Vergleichen können wir aber sicher festhalten, dass 1908 der "Basler Taube-Brief mit den 6 Exemplaren" zwar teuer war, heute aber wohl noch bedeutend teurer wäre. Doch ist er käuflich nicht mehr zu bekommen. Gemäss Buch von Bach/Winterstein ist der Brief seit 1973 im Museum in Bern.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.11.2018 23:59:03 Gelesen: 456307# 436 @  
@ Heinz 7 [#435]

Hand aufs Herz: Wer kann die "richtigen" Preise für die Altschweiz-Marken benennen? Ich habe grosse Mühe, eine korrekte Tabelle auswendig aufzusagen, obwohl ich ja schon viele Jahre Interesse habe an den Schweiz-Pretiosen und obwohl ich die Auktionsergebnisse immer wieder mit grossem Interesse verfolge.

Um eine aktuelle Tabelle erstellen zu können, behelfe ich mir mit dem Schweizer Briefmarken Katalog 2018 des Schweizer Briefmarken-Händler-Verbandes. Die Briefmarken 1843-1852, Zumstein Nr. 1-20 werden betrachtet. Wir verzeichnen dazu aber nicht "nur" 20 Preis-Notierungen, sondern ganze 36, da verschiedene Marken in zwei Varianten existieren; mit oder ohne Kreuzeinfassung oder ein paar wenige Abarten werden auch bewertet (z.B. verkehrt geschnittene Doppelgenf). Auch eine Ganzsache wird ausführlich bewertet; der Briefumschlag Genf, 1846, in drei Formaten, und dazu noch der Ausschnitt des Briefumschlages, als Marke verwendet (Zumstein Nr. 07; 1849).

Interessant an den Notierungen des SBK sind auch die Preise für Paare! Einzelne Marken sind im Paar extrem selten und die Paar-Preise schnellen in die Höhe.

Leider aber gibt der Katalog kein vollständiges Bild ab. Einzelne Preise fehlen; das macht Sinn bei Varianten, die NICHT EXISTIEREN (z.B. Doppelgenf als Paar auf Brief). Bei der Poste Locale ohne Kreuzeinfassung (ZSt. 14 II) aber fehlt ein Preis für "ungebraucht", weil "diese Marke kommt ungebraucht praktisch nicht vor". Ganzganz wenige Stücke gibt es aber. In der Iwan Bally-Sammlung waren gleich zwei Stücke enthalten (davon 1 auf Brief, unentwertet geblieben).



Nun, wir wollen nicht jammern, sondern die vorhandenen Informationen studieren. Immerhin haben wir 155 (von 216 theoretisch möglichen) Preise(n) vorgefunden.

Soviel vorweg: In 30 (von 36) Fällen haben wir Preisnotierungen für ungebrauchte Marken/Ganzsachen, in 6 Fällen haben wir nur Preise für gestempelt. In 28 der 30 Fälle ist "ungebraucht" teuerer als "gebraucht" (z.T. deutlich!) - nur 07 und 1 W sind ungebraucht weniger teuer als gestempelt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.11.2018 01:08:06 Gelesen: 456290# 437 @  
@ Heinz 7 [#436]

Drei Preise des SBK 2018 (von 155, siehe oben) sind moderat, nur je CHF 200.



Die Zumstein Nrn. 16 II, 17 II und 20, alle gestempelt mit CHF 200 bewertet, sind in vielen Schweiz-Sammlungen die einzigen Schweiz-Marken der Jahre 1843-1852.

Die Bewertungen auf Brief sind für diese drei Marken je CHF 400, die Bewertung je für ein Paar gestempelt ist je CHF 500.

Damit sind die neun tiefsten Preise genannt (Platz 147-155). Platz 102-146 sind eingenommen von Marken-Varianten mit Preisen von CHF 600 bis CHF 4'900. Aber 101 Preisnotierungen sind CHF 5'000 oder höher - darum wird die Luft für Schweiz-Klassik-Sammler, die ALLE Varianten suchen, extrem dünn.

Platz 48-101: Preise CHF 5'000 bis CHF 45'000
Platz 33-47: Preise CHF 50'000 bis CHF 80'000
Platz 22-32: Preise TCHF 100 bis TCHF 170

Das heisst also, dass nicht weniger als 21 Preise CHF 200'000 oder höher sind. (!!) Unter anderem ist ein Paar der Basler Taube auf Brief bewertet mit CHF 220'000.

Auf dem Spitenplatz stehen zwei Brief-Notierungen:

17 I - Rayon I hellblau, mit Kreuzeinfassung: siehe [#355]

Auf Brief ist diese Marke notiert mit CHF 550'000.

Denselben Ansatz verwendet SBK für ein Paar auf Brief der Nr. 11 (sog. "Neuenburg").



Ich kenne nur diesen einen Brief mit einem Paar der Nummer 11. Daneben gibt es noch einen Brief mit sogar DREI Marken Nummer 11. Beide "Neuenburg"- Briefe sind heute in der Sammlung von Joseph Hackmey.

Ah ja, der Katalogwert für diese 20 Marken (36 Nummern) in allen Varianten (= 155 Preise) beläuft sich auf CHF 10'054'300.

Da reicht nicht einmal ein Lotto-Haupttreffer.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.11.2018 21:19:55 Gelesen: 455995# 438 @  
@ Heinz 7 [#437]

Im gestrigen Beitrag habe ich den SBK 2018 unter die Lupe genommen und festgestellt, dass nicht weniger als 32 Preise notiert sind von CHF 100'000 und mehr für Briefmarken der Schweiz 1843-1852, sofern auch Briefe und Paare mit berücksichtigt werden!

Am höchsten bewertet sind im SBK:

Brief Einzelfrankatur der Zumstein Nr. 17 I
Brief Paar der Zumstein Nr. 11

Auf Platz drei steht mit Katalogwert CHF 450'000
die Doppelgenf, verkehrt geschnitten, senkrecht, auf Brief



Der hier gezeigte Brief ist wirklich eine Augenweide! Er schmückte die Sammlung "Helveticus", die 1991 und 1992 verkauft wurde. Das Los erzielte einen Preis von CHF 286'000 (nach Angabe David Feldman 2000).

Es gibt nur sehr wenige senkrecht zusammenhängende (halbe) Doppelgenfs! Hier hängen zwei linke Hälften zusammen, und das auf Brief. Man könnte diese Einheit auch als Paar der Zumstein 4L bezeichnen, aber Abart der Zumstein Nr. 3 tönt vielleicht NOCH besser ?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.11.2018 22:19:00 Gelesen: 455978# 439 @  
@ Heinz 7 [#87]

Vor über 2 Jahren habe ich die Rayon II mit vollständiger Kreuzeinfassung auf Brief vorgestellt. Ich kann im Moment nicht sagen, von welchem Druckstein diese Marke (ex Alma Lee) kam: A3 oder A1.

Der SBK 2018 unterscheidet spitzfindig nach diesen beiden Drucksteinen und kommt so auf astronomische Katalogwerte:

Zumstein Nr. 16 I (Michel Nr. 8 I), Stein A1: lose CHF 220'000, auf Brief CHF 440'000
Zumstein Nr. 16 I (Michel Nr. 8 I), Stein A3: lose CHF 170'000, auf Brief CHF 360'000.

Damit nimmt diese Marke in der Reihenfolge des SBK 2018 die folgenden Plätze ein:

Platz 4: CHF 440'000 = 16 I - A1 auf Brief
Platz 8: CHF 360'000 = 16 I - A3 auf Brief
Platz 15: CHF 220'000 = 16 I - A1 lose (ex aequo mit anderen Raritäten)
Platz 22: CHF 170'000 = 16 I - A3 lose.

Gemäss SBK 2018 gibt es immerhin "ca." 17 Stück von Stein A1 und "ca." 26 Stück vom Stein A3.

Es gibt deutlich seltenere Weltraritäten, die im Preis deutlich tiefer stehen.



Im Mai 2016 habe ich einen Brief mit einer 16 I von Grandson nach Aubonne gezeigt. Anbei zeige ich einen Brief mit einer 16 I von Grandson nach Aubonne. Es ist aber nicht derselbe Brief wie in Beitrag 87! Das lässt sich ohne Schwierigkeiten bestätigen. Beide Briefe kommen aus derselben Korrespondenz "Charbonnier"

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.11.2018 20:54:42 Gelesen: 455745# 440 @  
@ Heinz 7 [#437]

In obigem Beitrag 437 habe ich die zwei höchstbewerteten Briefe im SBK 2018 vorgestellt, dabei allerdings erst ein Bild gezeigt. Nun möchte ich auch einen der ganz raren Briefe mit einer 17 I zeigen. Auch dieser Brief war dieses Jahr in Bern zu sehen, an der phantastischen Ausstellung "Extrem" zum 175 Jahre-Jubiläum der ersten Schweizer Briefmarken



Ein Katalogwert von CHF 550'000 macht klar, warum sich nur ganz wenige Sammler einen solchen Brief je leisten konnten.

Aber nicht einmal "alles Geld der Welt" garantiert, dass man einen solchen Brief einmal in die eigene Sammlung aufnehmen kann - manchmal kommt so ein Brief während eines Sammlerlebens einfach nie auf den Markt oder man verpasst ihn.

Dieser Brief schmückte übrigens die Sammlung von Alfred Caspary (1877-1955) und erreichte einen guten Preis an der Auktion von H.R. Harmer, New York am 18.11.1957: US$ 7'500 (Los 231). Wie dieser Preis (1957) einzuordnen ist, möchte ich auch einmal ausführlich besprechen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.11.2018 21:30:28 Gelesen: 455732# 441 @  
@ Heinz 7 [#440]

Eine Bewertung von CHF 420'000 reichte im SBK 2018 nur auf Platz 5! Vier andere Briefe werden NOCH höher bewertet (siehe Beiträge 433-439).



Ein Paar der "Waadt 4" auf Brief ist natürlich extrem selten. Aber Toni Abele gelang es, immerhin vier Briefe (oder Briefvorderseiten) davon nachzuweisen ("A propos Altschweiz" Artikelserie in der Schweizer Briefmarken-Zeitung Mai 1958 bis Mai 1961).

Im Sonderdruck werden die vier Briefe (plus zwei Fragmente) auf den Seiten 66-70 vorgestellt. Der oben gezeigte Brief von Genève nach Cointrin war bei Abele Paar Nr. 4. Er zierte einst die Sammlung von Alfred Lichtenstein

Ich konnte dieses Stück 2018 gleich dreimal bewundern:

in Bern: Ausstellung "Extrem"
in Lugano: Wettbewerbsausstellung
in Prag: Wettbewerbsausstellung.

In Prag gewann der stolze Besitzer u.a. mit diesem Traumstück den Grand Prix.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.11.2018 19:29:56 Gelesen: 455504# 442 @  
@ Heinz 7 [#433]

Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich realisierte, dass die Schweiz 1843-1852 (Nrn. 1-20) in nicht weniger als 32 Fällen sechsstellig bewertet wurde im SBK 2018! Klar - die Berücksichtigung auch von Paaren bläht diese Tabelle natürlich gewaltig auf, denn rund 60% der Notierungen sind für Paare. Ganz genau sind es:

9 Paare auf Brief
6 Paare ungebraucht
5 Paare gestempelt
7 Briefe mit Einzelmarken
4 Marken gestempelt
1 Marke ungestempelt

Ich habe dabei die Doppelgenf verkehrt geschnitten senkrecht neu als Paar gezählt: Paar der halben Doppelgenf links oder rechts, siehe [#438].

Es wundert uns vielleicht, dass nur 1 Marke ungebraucht in dieser Tabelle erscheint, jedoch vier gestempelte. Dabei wissen wir, dass in der Regel die ungebrauchten Marken seltener sind als die gestempelten. Aber, gewisse Raritäten gibt es einfach nicht ungebraucht (16 I, 17 I) oder wurden im SBK 2018 nicht bewertet (siehe [#436])

Die einzige ungestempelte Marke, die es so hoch schaffte, ist die Doppelgenf (Nummer 3), welche ich schon mehrfach vorgestellt habe, u.a. [#156] und [#208]).



Ich wiederhole, dass bei Haas 1905 und Schubert 1912 die Doppelgenf noch hinter der "Waadt 4" (= Nummer 9) lag, aber heute steht die Waadt 4 nur noch bei 75% vom Wert der Doppelgenf (ungestempelt).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.11.2018 20:14:58 Gelesen: 455491# 443 @  
@ Heinz 7 [#79]

Ein Paar der Zürich 4 habe ich im Mai 2016 gezeigt; es war dies eine Zürich 4 mit senkrechten Unterdrucklinien.

Wie oben gezeigt, ist ein Brief mit einem Paar 1 W mit CHF 400'000 bewertet, dies reicht (ex aequo mit einem anderen Paar auf Brief) für Platz 6.

Heute zeige ich ein weiteres Paar Zürich 4 auf Brief:



Dieser wunderbare Brief war in den Sammlungen Mirabaud und Caspary.

Aber, gehört dieser Brief hier vorgestellt?

Es IST ein Paar der Zürich 4. Aber sie hat SENKRECHTE Unterdrucklinien, ist also eine 1 S. Im SBK 2018 sind dafür keine Preise notiert - fehlt einfach!

Es gibt meines Wissens genau gleich viele Briefe der 1 S wie der 1 W, je drei.

Nehmen wir an, der SBK habe die 1 S nicht wirklich vergessen, sondern habe für BEIDE Varianten die gleiche Bewertung vorgesehen: CHF 400'000 für ein Paar auf Brief.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 09.11.2018 20:34:21 Gelesen: 455486# 444 @  
@ Heinz 7 [#443]

Hallo Heinz,

was für ein Brief ! Ja, wenn man die Provenienz liest, ahnt man, warum man den nicht selbst im Album hat. :-)

Danke fürs Zeigen dieser Briefbomben, die wir uns leider nicht real leisten werden können, aber die wir hier auch sehr gerne via Forum betrachten, weil sie Schönheit und Seltenheit kombinieren.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Lohengrin Am: 10.11.2018 14:00:32 Gelesen: 455305# 445 @  
@ merkuria [#358]

Von der One Penny Red mit der Plattennummer 77 existieren 11 anerkannte Stücke, davon 3 Marken auf dem berühmten Brief von Victor Hugo von 1865. Die 1 Penny, SG 43, wurde von 1858-79 in hoher Stückzahl mit sehr vielen verschiedenen Platten gedruckt. Die Platte 77 hat eine komplizierte Geschichte, die man unter http://1dplate77.com und im FFE journal 18, 2015, Seite 5-21 nachlesen kann. Der Eigentümer des V. Hugo Briefs ist der englische Pharmakologe Abed H. Najjar, Buchautor und Philatelie-Experte. Er hat die bislang bedeutendste forensische wissenschaftliche Untersuchung seines Objekts in der Philatelie eingeleitet mit dem Ergebnis: die 3 Marken mit P77 und der Brief sind echt und damit eines der bedeutendsten und wertvollsten Stücke der Welt-Philatelie. Michel bewertet die Einzelmarke mit 500.000 Euro. Der Wert des Briefes jedoch geht über den Markenwert weit hinaus.

Victor Hugo befand sich von 1855-71 im Exil auf der Kanal-Insel Guernsey. Von hier hat er am 27.11.1865 den besagten Brief an seinen Verleger in Brüssel gesendet. Der Postweg ist sehr kompliziert, aber heute im Detail aufgeklärt. A. Najjar hat 2006 den Brief zur Begutachtung an die Royal Philatelic Society London (RPSL) gegeben. Das 1. Gutachten der RPSL hat den Brief zunächst als nicht echt bewertet, sich jedoch im 2. Gutachten von Oktober 2006 korrigiert und mit überzeugender Begründung den Brief und die Marken als echt erklärt (Die Druckerei Perkins, Bacon & Co sebst hatte die Platte 73 durch die "cut and paste" Methode auf 77 geändert, indem die 3 durch die 7 ersetzt wurde).

Eine 2. weitere Begutachtung durch die Philatelic Foundation NY, USA, erklärte im November 2007 den Brief als Fälschung. Daraufhin hat der Eigentümer eine sehr ausführliche und aufwendige wissenschaftliche Untersuchungsserie durch die führenden Labore für forensische Untersuchungen eingeleitet. Unter anderem konnten mit sehr präzisen Punktanalysen durch micro Raman und Röntgen micro Fluoreszenz die zweite 7 und deren Umgebung auf Retuschierung und Pigmente untersucht werden. (Der zur Untersuchung verwendete Laserstrahl ist auf 2 micro meter fokussiert und erlaubt äußerst präzise Messungen). Die Marken stellten sich als echt heraus, dabei wurde eine Anzahl der unterschiedlichsten Methoden, darunter Mikroskopieverfahren etc. zur Papierfaserstruktur vorgenommen. Damit wurde dann insgesamt die Wertung des RPSL bestätigt. Einzelheiten zur Analyse sollten in der Original-Literatur nachgelesen werden.

Natürlich wurde auch eine Anzahl von Marken mit gefälschten Plattennummern, vorrangig die Verfälschung von Nummer 177 durch Eliminierung der 1 zu 77 gefunden. Ich habe den V.H. Brief in meinem Artikel im chemischen Journal "ChemTexts" von Springer science in der neuen Ausgabe 2018,4:18 wegen seiner großen Bedeutung diskutiert.

Udo Groß


 
Heinz 7 Am: 10.11.2018 21:50:27 Gelesen: 455205# 446 @  
@ Lohengrin [#445]

Besten Dank, Udo, für diesen interessanten Beitrag.

Ich fahre fort bei meiner Vorstellung der höchsten Notierungen Schweiz (SBK 2018)

@ Heinz 7 [#442]

Zusammen mit dem Paar der Zürich 4 steht auf dem sechsten Platz im Katalog das Paar der Basler Taube. Ich freue mich, das wohl schönste Exemplar zeigen zu können:



Es handelt sich dabei meines Wissens um den einzig bekannten Brief aus Basel heraus; nach Riehen, Nachbargemeinde aus der Zeit 1845-1848, der Zeit der Kantonalpost. Weitere BT-Paare sind aus der Zeit der Bundespost (ab 1850) bekannt; mindestens 2 senkrechte Paare sind in den letzten 20 Jahren "gesehen worden".

@ bayern klassisch [#444]

Lieber Ralph,

ein Katalogwert von CHF 400'000 ist gewaltig - und erlaubt einem "gewöhlichen Sammler" nicht, selbst an einen Kauf eines solchen Stückes zu denken. Nur finanziell sehr verwöhnte Sammler können da mittun. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns nicht trotzdem an solchen Raritäten freuen können. Da bin ich einmal mehr ganz Deiner Meinung.

Heinz
 
Philipp Harder Am: 10.11.2018 22:13:36 Gelesen: 455194# 447 @  
@ Lohengrin [#445]

Der Link funktioniert nicht mehr. Herrn Najjars neue Homepage ist http://victorhugocover.com/

Die Diskussion über den Victor Hugo Brief ist eine spannende Sache. Leider veröffentlicht Herr Najjar nur Gutachten, die keine Hinweise auf eine Verfälschung liefern.

Ausführlich: http://www.stampboards.com/viewtopic.php?f=13&t=8808

Die ganze Diskussion geht über 10 Jahre und 64 Seiten:

"From the Expert Committee Report (by Chris Harman, the Chairman) in the July-August 2017 edition of The London Philatelist: In last year’s report to the AGM, I reported on the July-August 2015 edition of The London Philatelist, which saw the publication of the Committee’s analysis and conclusion on the notorious three 1864 1d rose-reds with the plate number seemingly reading “77” on a large piece from Guernsey to Brussels.

A certificate had been issued in 2006 stating that the stamps were faked from stamps from Plate 73. I also referred to the fact that we were prevented from stating in that article that we had seen the piece again in 2014 after it had been subjected to various forensic analyses.

At the time of the last AGM we fully expected a further article to be published in The Collectors Club Philatelist detailing our own further forensic analysis during this second examination. The results reinforced the Committee’s opinion that the stamps were faked.

Regrettably, having seen the proposed article, the owner again refused permission for the CCP article to be published. An example of selective science if ever there was one."

"From the RSSL [sic] report it can be seen that the stamps have been soaked and the aluminium from the alum is missing in the areas where there was no ink (the white areas on the stamp). Aluminium is present in the areas where it has been protected by the ink. The exception is the second seven where the aluminium has been severely reduced.

To remove the aluminium, you have to remove the ink that covers it. Therefore the ink that is present now is not the original ink. Therefore the stamps have been tampered with and the stamps are fake plate 77 made by a forger."
 
Heinz 7 Am: 13.11.2018 23:09:16 Gelesen: 454371# 448 @  
@ Heinz 7 [#442]

Die Briefmarke "Poste Locale" von Genf von 1851 mit dem seltsamen Namen "Neuenburg" ist eine schöne, seltene Schweizer Briefmarke aus der Übergangsperiode (1849-1851), Zumstein Nr. 11. Die Marke hat 2018 folgenden Katalogwert (Schweizer Briefmarken Katalog 2018 des Händler-Verbandes):

ungebraucht: CHF 13'500
gestempelt: CHF 5'400
auf Brief: CHF 10'000

Wir haben oben bereits gesehen, dass diese Marke IM PAAR extrem hoch bewertet wird.

ungebraucht: CHF 300'000 (Platz 9 in der Tabelle)
gestempelt: CHF 300'000 (Platz 9 in der Tabelle)
auf Brief: CHF 550'000 (Platz 1 in der Tabelle) !

Der Faktor (von Einzelmarke zu Paar) beträgt also 22.2 - 55.6 - 55; das ist sehr ungewöhnlich (sehr hoch!).

Paare der "Neuenburg" sind extrem selten. Meines Wissens gibt es davon:

ungebraucht: 3 Paare (2 waagrechte/1 senkrechtes); davon eines im Postmuseum
gebraucht: 3 Paare
Brief: 1 Exemplar (siehe [#437]



Das hier gezeigte Exemplar fand seinen Weg in die Sammlung von Ivan Bally. Ursprünglich waren BEIDE waagrechten ungebrauchten Paare in den Sammlungen von Henry J. Duveen (USA) und Alfred F. Lichtenstein (USA).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.11.2018 23:39:54 Gelesen: 454015# 449 @  
@ Heinz 7 [#448]

Etwa 1958 schrieb A. Abele in der SBZ einen weiteren Artikel in der "Schweizer Briefmarken Zeitung" zum Thema "A propos Altschweiz". Er stellte dabei grösste Raritäten der Schweizer Philatelie vor.

Mehr als hundert Jahre nach der Verausgabung der ersten Kantonal- und Bundesmarken wussten die Sammler zum Teil erst recht wenig über viele Fragen, welche die Sammler damals schon bewegten. Wieviel Exemplare einer Rarität x existieren? Welche Preise wurden dafür bezahlt? Toni Abele schrieb seine Artikel mit viel Witz und Spannung, verärgerte auch ab und zu einen Raritätenhändler, wenn er kritische Fragen stellte oder spitze Bemerkungen anbrachte - alles anonym. Ernst Müller, beispielsweise, hat in der "Schweizer Briefmarken Zeitung" verlangt, dass dieser anonyme Schreiber sein wahres Ich preisgibt. Die Leser der SBZ aber liebten den Unbekannten, der viel Neues ans Tageslicht brachte!

So wussten vor rund 60 Jahren nur sehr wenige Sammler über die Existenz von vielen Raritäten. Die Paare der sogenannten "Neuenburg" wurden von A. Abele alle vorgestellt, u.a. auch dieses einzigartige vertikale ungebrauchte Paar.



Abele hatte dieses Stück in einem Inserat der Basler Briefmarkenhändlerin Charlotte Hassel in der SBZ von 1953 entdeckt. Er schrieb dazu: "Ein glorious piece, welches m.W. bis heute noch nie in der Literatur erwähnt wurde."

Heute habe ich dieses Stück wieder gefunden! - Leider nicht in echt, aber in einem Auktionskatalog. Ich suchte eigentlich ein ungebrauchtes Paar der Nr. 9 ("Waadt 4") - ich fand bisher keines! - aber ich bin über das senkrechte Paar der Nr. 11 "gestolpert": Es zierte die Sammlung von Maurice Burrus, die im April 1964 verkauft wurde ("Burrus Switzerland", Sale 2411-2416 von Robson Lowe Ltd., London, in Zusammenarbeit mit Urs Peter Kaufmann, Marken Müller AG, Basel). Auf Seite 41, als Los 400, wurde das Paar angeboten, ausgezeichnet mit einem Schätzpreis von immerhin CHF 27'000 (1964!).

Für Sammler ist das toll, wenn ein lange "vermisstes" Stück wieder auftaucht. Es ist schön, wenn man den Weg einer Rarität weit zurückverfolgen kann.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.11.2018 21:00:43 Gelesen: 453202# 450 @  
@ Heinz 7 [#440]
@ Heinz 7 [#437]
@ Heinz 7 [#355]

Schnäppchen gefällig?

Wir haben gesehen, dass die Rayon I hellblau MIT Kreuzeinfassung sehrsehr teuer ist (ich habe sie in Beitrag [#355] nicht ohne Grund als "DIE WERTVOLLSTE BRIEFMARKE DER SCHWEIZ?" bezeichnet). Aktuell ist sie bewertet mit

*: keine Bewertung (existiert nicht ungebraucht)
gestempelt: CHF 275'000
Brief: CHF 550'000

(SBK 2018 = Schweizer Briefmarken Katalog 2018).

"Sind denn diese Katalogpreise durch den Markt auch bestätigt?" - diese Frage ist berechtigt. Nun dauert es manchmal viele Jahre, bis Weltraritäten wieder gehandelt werden, und oft werden früher erzielte Preise nicht mehr erreicht. Manchmal werden sie aber auch bestätigt oder sogar übertroffen - alles ist möglich!

Nun, die Schweiz-Notierungen sind aktuell (2018) sicher sehr hoch und werden an Auktionen nur ausnahmsweise noch voll bestätigt. Hingegen sind deutlich tiefere effektiv erzielte Preise nichts Ungewöhnliches.



Am 28.4.2012 wurde ein loses Exemplar der Zumstein Nr. 17 I verkauft. Der Zuschlag lag bei lediglich CHF 75'000 + 20% = CHF 90'000. Das ist - verglichen mit dem Katalogwert - nicht viel, denn das Exemplar ist optisch ja sehr schön. - Aber - okay, das Stück hat leichte Mängel.

Dennoch hat der Käufer einen günstigen Kauf gemacht.

Dass dieselbe Marke aber auch schon "ganz andere Preise" erzielt hat, können wir an der Ergebnisliste sehen: 24.3.1990. Los Nr. 1 war der Brief mit der schönsten 17 I auf Brief



Dieser Brief wurde 1990 zum Preis von CHF 420'000 zugeschlagen! 15 % Aufgeld dazu ergibt CHF 483'000. Das ist nun jetzt nahe beim Katalogwert vom SBK 2018!

Das Festsetzen von Katalogpreisen ist schwierig und erfordert viel Kenntnisse und auch eine gewisse Unabhängigkeit. Wie mit Marktpreisschwankungen umgegangen werden soll, darüber könnte man ganze Bücher schreiben!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.11.2018 23:32:16 Gelesen: 452937# 451 @  
@ Heinz 7 [#422]

Weil nächstes Jahr 2019 ein philatelistscher Grossanlass in Schweden stattfindet, will ich einmal der Frage nachgehen, welches denn die teuersten schwedischen Marken sind.

Wir haben gesehen, dass keine ordentliche Briefmarke aus Schweden es unter die berühmtesten und teuersten der Welt schaffte. Nach der Studie Schubert müsste im Senf 1912 ein Katalogwert von mindestens 750 Mark stehen, um unter die ersten 100 Plätze zu kommen (Platz 92-101).

Wenn ich den Katalog Senf 1913 studiere (1912 habe ich nicht, aber 1913 ist in den meisten Fällen unverändert zu 1912) finde ich unter Schweden nur eine Marke mit Katalogwert über 250 Mark:

Senf Nr. 22 I.
1872 Zifferzeichnung
Fehldruck: Tretio Öre ziegelrot
*: 450 Mk. / gest.: 400 Mk.

Die berühmteste Marke: 3 Skilling gelb statt grün ist, wie früher schon erwähnt, im Senf-Katalog nicht aufgeführt, obwohl sie damals bekannt war (siehe auch Kohl Handbuch 1915).

Mit 450 Mark erreichte die Marke "Tretio Oere" mit Ziffer "20" 1912 Platz 168 (168-176) auf der Liste Schubert.



Bei Haas 1905 wurde dieser Fehldruck in der Liste der Fehldrucke auf Platz 27 klassiert.

Ich habe streng genommen also keinen Grund, diese Marke in diesem Thema breit zu besprechen. Die Marke ist auch heute nicht spektakulär hoch bewertet: Michel 2010: * Euro 10'000, gest. Euro 5'000.

Nach Donna O'Keefe (1985: Linn's: Philatelic Gems II) waren damals (1985) über 50 Exemplare des Tretio-Fehldruckes bekannt. Es gibt m.W. auch heute keine schwedische Briefmarke, die höher bewertet ist als Euro 10'000 (ausser der 3 Skilling Banco natürlich).

Schwedens Philatelie kennt aber trotzdem einige hochbezahlte philatelistische Stücke, nämlich Briefe mit seltenen Frankaturen. Mehr davon später.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.11.2018 22:16:20 Gelesen: 452836# 452 @  
@ Heinz 7 [#437]

Ich habe auf der Suche nach einem Paar der "Waadt 4" (1849) noch einen interessanten Beitrag zur "Neuenburg" (1851) gefunden.

Der Altschweiz-Raritätenhändler Gottfried Honegger hat schon 1987 in seinem Verkaufskatalog diesen seltenen Brief vorgestellt. Er schrieb dazu einen philatelistischen Aufsatz. Er listete dabei drei Briefe auf, die mit MEHR als einer "Neuenburg" frankiert waren:

Er erwähnte und zeigte dabei den Brief von Genf nach Lausanne vom 30.10.1851 mit zwei Stücken der Nr. 11. Honegger schrieb, es handle sich um zwei Einzelstücke! Im Ausstellungskatalog "EXTREM - 175 Jahre Schweizer Briefmarken; 2. März bis 8. Juli 2018" war der Brief aber "mit einem Paar" beschrieben!



Weiter erwähnte Honegger den Brief mit drei Marken, den ich oben (437)ebenfalls erwähnt habe. Er ging am 14. Oktober 1852 von Genève nach Bulle. Darüber hinaus erwähnt Honegger aber ein drittes Stück:

Brief mit zwei Neuenburg vom 14. Dezember 1852 mit roten eidgenössischen Rauten. Dieser Brief soll in der Sammlung von Seybold gewesen sein, die anfangs 20. Jahrhundert Aufsehen erregte. Danach sei dieser Brief aber nie mehr aufgetaucht. - Wenn dies auch für die letzten 30 Jahre (seit 1987) gilt, dann wäre dieser Brief seit mehr als 100 Jahre verschollen.

Dies macht den astronomisch hohen Katalogpreis für das Paar im SBK 2018 etwas verständlicher.

Heinz
 
Schwämmchen² Am: 22.11.2018 15:42:27 Gelesen: 452776# 453 @  
Marken aus China sind weiterhin die wertvollsten der Welt (über die Breite gesehen) und viele Gebiete steigen weiterhin ungebremst in Preis, da macht das Sammeln auch in monetärer Sicht riesigen Spaß! :D

Anbei ein Verkaufserlös von heute (China Guardian Auktion in Beijing).


 
Heinz 7 Am: 22.11.2018 17:43:26 Gelesen: 452758# 454 @  
@ Schwämmchen² [#453]
@ merkuria [#27]
@ merkuria [#28]
@ merkuria [#29]
@ merkuria [#32]
@ merkuria [#33]
@ merkuria [#34]
@ merkuria [#50]
@ merkuria [#54]

Unser Freund merkuria hat in vielen Beiträgen 2015 auf die Raritäten aus China hingewiesen und dabei einige unglaublichen Preise zeigen können. Wie sich die Situation da neu entwickelt hat (2015-2018), vermag ich nicht zu beurteilen. Euro 1,512 Mio. (siehe Bild) scheint mir aber tatsächlich "noch eine Schuhnummer grösser" zu sein!

Ich werde versuchen, nach und nach den Weg aufzuzeichnen von 1912 zu heute.

Was war am Anfang (1912) wertvoll? (diese Arbeit ist mehr oder weniger abgeschlossen)

Wie hat sich das Ganze entwickelt über die Jahrzehnte? Was kam dazu - was verlor an Wert? Dazu habe ich noch viele Beiträge "im Köcher" (bzw. im Kopf)…

Ich versuche auch immer wieder auf Tagesaktualitäten einzugehen. Danke für Deinen Beitrag!

Freundliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.11.2018 22:10:49 Gelesen: 452719# 455 @  
@ Heinz 7 [#442]

Wir haben gesehen, dass die "Waadt 4" als Paar auf Brief sehrsehr hoch bewertet ist (CHF 420'000, Rang 5 unserer Liste SBK 2018).

Solche Briefe mit Paaren sind extrem selten; ich habe lange suchen müssen, bis ich einen fand. Im Ausstellungskatalog 2018 Bern ("Extrem") fand ich einen solchen Brief.



Auch lose ist ein Paar sehr teuer (CHF 230'000 Katalogwert, ungestempelt gar CHF 280'000).

Damit nehmen diese drei Raritäten die Plätze 5, 11 und 13 ein.

Vergessen wir nicht: Auch die Einzelmarke ist (ungebraucht) sehr selten und teuer: KW CHF 70'000. Diese Marke galt schon 1912 als sehr wertvoll und schaffte es in die Liste der wertvollsten Marken weltweit 1912 (Listen Schubert und Haas). 1912 galt sie gar als wertvollste Marke der Schweiz. Diese Auszeichnung hat sie aber schon längere Zeit klar verloren. Mit CHF 70'000 (*) erreicht sie nur 25.5 % der teuersten Marke der Schweiz (17 I, gest. = CHF 275'000, Katalog 2018 SBK), siehe Beitrag [#450].

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.11.2018 22:26:24 Gelesen: 452596# 456 @  
@ Heinz 7 [#442]

Auf der Suche nach einem ungebrauchten Paar der Zumstein Nr. 9: Waadt 4 bin ich zwar noch nicht fündig geworden, dafür fand ich etwas anderes, das gar nicht auf der Liste ist.

Der Katalog SBK 2018 listet 6 ungebrauchte Paare aus den Nummern 1 - 19, die mit über CHF 100'000 bewertet sind. Aber das folgende Paar ist dabei NICHT enthalten:



Ja, das ist tatsächlich eine Doppelgenf im ungebrauchten Paar! Wir wissen, dass eine Einzelmarke mit CHF 100'000 bewertet ist. Aber ein Paar - ist gar nicht aufgeführt - warum wohl?

Wir wissen es nicht. Aber mit Sicherheit ist ein Paar der Doppelgenf MINDESTENS gleich wertvoll wie das wertvollste Paar der Schweiz, das wir bisher gesehen haben: Nr. 11 "Neuenburg" siehe

@ Heinz 7 [#448]
@ Heinz 7 [#449]

Also - alle, die vielleicht ein bisschen enttäuscht sind, dass ich Platz 11 der obigen Liste bisher nicht zeigen konnte, sind vielleicht zufrieden, diesen "neuen Superstar" unter den Schweizer Raritäten kennen zu lernen.

Übrigens: Er war in der Sammlung von Sylvain Wyler.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.11.2018 12:02:01 Gelesen: 451974# 457 @  
@ Heinz 7 [#451]

Ich habe in den letzten Tagen etwas über Schwedens teuerste Raritäten nachgedacht. Nach der Tre Skilling Banco gelb (einmaliger Farbfehldruck) kommt lange, lange nichts mehr.

Betrachten wir einen Katalog, der auch Briefpreise zeigt, dann finden wir doch auch teure Stücke. Ich habe einen Scott-Katalog 2000 gefunden, und wir finden Antworten auf unsere Fragen:

Fünfstellige US$-Katalognotierungen finden wir - Irrtum vorbehalten - nur bei zwei Marken:

Sweden 33a. Numerals - Fehldruck - TRETIO Öre anstatt TJUGO (Wertziffer 30 statt Bezeichung 20)

ungebraucht US$ 8'250
gebraucht US$ 5'750
aus Brief US$ 18'000.

(siehe auch Rubrik: "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt").

Eine einzige Marke, kann diesen Wert noch übertreffen: wir finden die Nr. 1:
1855, Wappen, 3 Skilling blaugrün.

ungebraucht US$ 7'250
gebraucht US$ 2'750
aus Brief US$ 35'000.

Ich habe oben bereits einen Brief mit gleich mehreren Marken der Schweden Nr. 1 auf Brief gezeigt. Dieser Brief ist also vermutlich die "Nummer 2" in Schwedens Top-Ranking der teuersten philatelistischen Einheiten.

Maurice Burrus hatte in seiner wunderbaren Sammlung gleich ZWEI Briefe mit je 4 x der Nummer 1 von Schweden. Anbei auch das Foto von Los 2.



Im Auktionskatalog von Edgar Mohrmann hatten die Lose 1 und 2 die höchsten Preise der Schweden-Sammlung von Burrus: je 32'000 Mark. Es wäre interessant, die damaligen Zuschlagpreise zu kennen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.11.2018 12:15:43 Gelesen: 451971# 458 @  
@ Heinz 7 [#451]
@ Heinz 7 [#457]

Ich möchte gerne etwas über die wertvollsten philatelistischen Einheiten sagen zum Land Schweden (neben dem weltberühmten TRE-SKILLING-BANCO-FARBFEHLDRUCK) und darum habe ich mich gefreut, dass mir dieser Katalog in die Hände kam:



Im Oktober 1998 gab es eine Auktion in Dänemark als folgender Brief angeboten wurde:



Wir sehen einen Brief von 1858 von Gefle via Ostende nach Sydney (Australien), freigemacht mit Marken der 1. Ausgabe von Schweden 1855:

2 x 6 Skilling Bco. grau
5 x 24 Skill. Bco. braunrot

Gemäss Losbeschreibung ist dies ein Unikat. Die fünf 24-Skilling-Marken sind zudem in zwei Farbnuancen. Der Auktionator beschrieb diesen Brief als

"The number one cover-gem of Swedish Philately"



Der Schätzpreis lag denn auch bei nicht unbescheidenen DKr. 1 Million. Das waren 1998 immerhin CHF 214'000 (Oktober 1998).

Wir haben also zumindest einen "Kandidaten" für den besten/teuersten Brief von Schweden.

Heinz
 
Ron Alexander Am: 05.12.2018 10:34:30 Gelesen: 450643# 459 @  
Schönen guten Morgen,

zwar keine Briefmarke aber ein interessanter Beleg!

Einstein-Brief für drei Millionen Dollar versteigert

Ein handgeschriebener Brief von Albert Einstein ist in New York für die Rekordsumme von 2,89 Millionen Dollar (2,55 Millionen Euro) versteigert worden. In dem Brief an den Philosophen Eric Gutkind bezweifelt der berühmte Physiker die Existenz Gottes. Das Auktionshaus Christie's sprach von einem Rekordpreis für einen handgeschriebenen Brief von Einstein.

In dem auf Deutsch verfassten Schreiben von 1954 führt Einstein aus, dass für ihn das Wort "Gott" nichts anderes als der Ausdruck der menschlichen Schwäche sei. Auch seine eigene, jüdische Religion bezeichnet er wie alle anderen Religionen als Aberglauben. Zuletzt war dieser Brief laut Christie's im Jahr 2008 für 404.000 Dollar an einen privaten Sammler verkauft worden.



Foto: REUTERS
Quelle: https://www.n-tv.de/der_tag/Mittwoch-der-5-Dezember-2018-article20755418.html
 
merkuria Am: 05.12.2018 14:01:27 Gelesen: 450620# 460 @  
@ Ron Alexander [#459]

Hallo Ron,

ich habe etwas nach diesem Brief geforscht und konnte eine bessere Abbildung des Umschlags finden. Auch habe ich eine Abbildung des Schreibens, welches ich allerdings in vier Teile zerlegen musste, um es lesbar zu machen! Der Inhalt des Schreibens ist fast interessanter als der Umschlag.




Reihenfolge zum Lesen: 1 - 2
....................................... 3 - 4



Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 05.12.2018 14:42:06 Gelesen: 450603# 461 @  
@ Ron Alexander [#459]
@ merkuria [#460]

Lieber Ron, lieber Jacques,

der erzielte Preis liegt zu Null Prozent bei der Briefmarke, sondern zu 100 % in der Sache begründet: Schreiben von Einstein, mit wichtigem Inhalt.

Ich registriere darum dieses Exemplar nicht unter den b.u.w.B. der Welt, wofür ich um Verständnis bitte.

Danke aber für die interessante Meldung!

Rekap:
Wert: (gemäss Price realized):
1. Briefmarke auf Brief: US$ 0.01
2. Briefinhalt: US$ 2'999'999.99

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.12.2018 21:36:24 Gelesen: 450549# 462 @  
@ Heinz 7 [#420]
@ Heinz 7 [#422]

Im September habe ich die 76 wertvollsten Portwertzeichen (1 Ganzsache und 75 Briefmarke) des Jahres 1912 in einer Übersicht gezeigt. Wir haben gesehen, dass einzelne, heute sehr teure Marken vor 106 Jahren noch nicht sehr hoch bewertet wurden.

Im November habe ich einen Exkurs in die Gegenwart gemacht und vor allem die Katalog-Notierungen von Schweizer Superraritäten studiert. Auch über Schwedens Top-Stücke habe ich mir einige Gedanken gemacht. Doch ich habe meinen "Fahrplan" durch die Geschichte nicht vergessen und möchte heute nochmals fragen, ob denn die Liste 1912 in Beitrag 422 komplett war.

1986 fand in Hamburg ein Auktion statt des legendären Auktionators Wolfgang Jakubek. Auf dem Titelblatt seiner 6. eigenen Auktion (zuvor war er lange Jahre erfolgreicher Auktionator beim Auktionshaus Edgar Mohrmann) prangte eine Schönheit, die unsere volle Aufmerksamkeit verdient.



1851, Cotton Reel, 2 Cents statt 12 Cents blau, auf vollständigem Faltbrief. Die "1" von "12" fehlt, also sieht es nach einer 2 Cents Marke aus. Ein unglaublich seltener Fehldruck - es ist nur dieses eine Stück bekannt.

Entsprechend hoch wurde der Brief dann auch gelobt und mit einem Startpreis von DM 150'000 ausgezeichnet. Das war vor 32 Jahren ein hoher Preis. Angeblich zierte dieses Unikat die Sammlungen von Ferrary und Burrus!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.12.2018 22:01:03 Gelesen: 450543# 463 @  
@ Heinz 7 [#462]

Wenn wir im Senf 1912 nachsehen, finden wir keinerlei Hinweise auf diesen Fehldruck. Und auch im Buch von Haas 1905 ist dieses Unikat nicht in den Listen der Besten enthalten. Darum FEHLT diese Abart in unseren Tabellen!

Ich habe mir nun die Auktionskataloge von Ferrary geschnappt und gesucht, ob dieses Unikat wirklich in der Sammlung von Ferrary war. Tatsächlich finden wir das Los!

Britisch Guiana wurde angeboten: (dank dem Index von Napier ist dies rasch festzustellen):

1. Auktion, Lose 32 - 55
2. Auktion, Lose 176 - 278
3. Auktion, Lose 287 - 295
10. Auktion, Lose 169 - 213
13. Auktion, Lose 86+87

Los 199 der 2. Auktion ist das gesuchte Los:

"Guyane Anglaise. 1850. Variété. 2 cents au lieu de 12 c. noir sur bleu pâle (E.D.W.) défectueux, obl. sur lettre".

Hier fehlte ein Hinweis auf die Einzigartigkeit dieser Marke. Sie wurde auch nicht abgebildet, obwohl die Auktion damals reich bebildert war (immerhin 21 Fototafeln(!) bei nur 634 Losen).

Der Fehldruck wurde 1921 auch sehr günstig verkauft. Der Zuschlag erfolgte bereits bei FFR 3'600.

Nun wissen wir also, dass dieser Fehldruck anfangs des XX. Jahrhunderts nicht oder kaum bekannt war und deshalb auch nicht hoch bewertet wurde. Eine grosse Wertschätzung erfuhr die Abart aber in dem bahnbrechenden Werk von Townsend & Howe von 1970; dort wurde der Brief bereits auf der ersten Farbfototafel gezeigt.

Ich werde später, bei der Besprechung der Auktionen Ferrary und Burrus, auf die Preisentwicklung zurückkommen. Aber wir sehen: die 2 Cents blau gehörte 1912 zu Recht NOCH NICHT auf die Liste der wertvollsten B. der Welt! Dieser Platz erkämpfte sie sich erst später!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 11:39:09 Gelesen: 450049# 464 @  
@ Heinz 7 [#422]

Meine treuen Leser wissen, dass ich die "Ausgangslage" (die wertvollsten Briefmarken der Welt im Jahre 1912) sehr sorgfältig dargestellt habe. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass uns noch die eine oder andere Marke fehlt, die eigentlich auch auf die Liste gehört hätte, aber das macht ja nichts; wir haben auch später noch die Möglichkeit, diese Marken zu besprechen.

@ Heinz 7 [#225]

In Beitrag [#225] habe ich aufgezählt, welche Aspekte wir zu einem umfassenden Bild der "wertvollsten" auch noch beachten sollten: Teuerste Einheiten Europas und der Welt (z.B. Viererblocks oder Paare, insbesondere Kehrdruck-Paare), teuerste Briefe Europas und der Welt, teure Spezialitäten: Ersttag-Briefe, seltene Stempel, Destinationen, Frankatur-Kombinationen ... - aber: Freunde! - DIESE Aufgabe ist - rückwirkend auf die Situation von vor 106 Jahren (1912) fast nicht zu bewältigen. Erstens fehlen dazu Katalogisierungen und es wurden auch nur vereinzelt Auktionsergebnisse von solchen Spezialitäten veröffentlicht. Wir könnten also, trotz redlicher Versuche, nur ein sehr rudimentäres Bild der Wert-Situation 1912 dieser "Extras" zusammen entwickeln.

Ich habe mich darum entschlossen, ab heute den nächsten ganz grossen Schritt zu wagen in der "Erkenntnisgewinnung" zu unserem wunderbaren Thema. Ich werde die Ferrary-Auktionen ab 1921 analysieren und zeigen, welche Lose hohe Ergebnisse erzielten. Unsere oben gewonnenen Kenntnisse, die wir den Arbeiten von Theodor Haas 1905 und Schubert 1913 und natürlich den Katalognotierungen von Senf (1912/1913) und anderen entnehmen, werden bestätigt, in Frage gestellt und erweitert.

Es wird spannend. Seid ihr bereit?

Weil wir ja schon sooo viel wissen, möchte ich nicht "hinten" anfangen und Platz 50 bis 1 vorstellen, und meine treuen Leser lange "zappeln" lassen, bis wir wirklich zu "den Besten von Ferrary" kommen. Ich meine, wir haben mehr davon, wenn wir bei den Teuersten beginnen, und dann auch unsere ganze Aufmerksamkeit den hinteren Rängen (abseits der Top Ten) widmen.

Einverstanden?

Es ist eine Situation, ein bisschen wie an Weihnachten. Man sitzt vor den Geschenken, sie sind alle noch eingepackt, und man ahnt bloss, was darin sein könnte. Gleichzeitig weiss man, dass es die SCHÖNSTEN, umfassendsten Weihnachten sein werden, unübertrefflich. Eine Situation, wie sie nie mehr vorkommen wird! - Warum?

Philipp La Renotière von Ferrary war der unbestritten grösste Briefmarkensammler aller Zeiten. Schluss. Punkt. Dass seine Sammlung ab 1921 verkauft wurde, war eine unvergleichliche Möglichkeit einer Vergleichsmöglichkeit Ganze Welt.



Heinz
 
Totalo-Flauti Am: 09.12.2018 12:14:40 Gelesen: 450028# 465 @  
Lieber Heinz,

Popcorn, Cola stehen bereit, der Eisverkäufer ist gerade wieder raus und der Platzanweiser schickt den letzten Dazugekommenen auf seinen Platz. Ich schaue gespannt auf die Bühne und kann es kaum erwarten, was sich hinter dem philatelistischen Vorhang verbirgt. Vielen Dank!

Mit lieben Sammlergrüßen

Totalo-Flauti.
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 12:51:26 Gelesen: 450007# 466 @  
@ Heinz 7 [#464]

Die erste und zweite Auktion 1921 Ferrary in Paris sorgten für grösste Aufmerksamkeit und manche Sensationsmeldungen. Das höchste Ergebnis aller Auktionen wurde aber an der 3. Auktion erzielt. Sie fand statt am 5. - 7. April 1922.

Es wurden an diesen drei Tagen nur 634 Lose versteigert. Viele Lose wurden mit Fotos vorgestellt, wir haben immerhin 20 Fototafeln zum Verkaufskatalog. Interessant war, dass keine Start- oder Schätzpreise und auch keine Katalogwerte angegeben wurden! Der Bieter musste also selber wissen, wie viel ihm ein Los wert sein soll.

Ökonomisch eine sehr interessante Situation: die Preisfindung erfolgte über den Markt, und nur über die damals vorliegenden Gebote. Es gab keine Verfälschungen über vielleicht zu hohe Ausruf-Preise (wie wir dies heute an Auktionen manchmal feststellen).

Zur Erinnerung.

Senf 1912 und Senf 1913 bewerten die Blaue Mauritius 2 Cents am höchsten mit 25'000 Mark. Am 14.8.2017 habe ich auf die Währungssituation anfangs des XX. Jahrhunderts hingewiesen

@ Heinz 7 [#214]

Die 25'000 Mark galten also ca. CHF 30'860 (Schweizer Franken). Der Französische Franc war einem Schweizer Franken 1912 gleichwertig! Die Kriegsjahre 1914-1918 brachten in einigen Ländern grosse Geldwert-Turbulenzen und Teuerungsschübe und die Geldwertstabilität der früheren Jahre ging verloren.

Los 295 erzielte im April 1922 dann ein sensationelles Ergebnis:

FF 300'000 wurde bezahlt für...



Dazu kam ein staatliches Aufgeld von 17.5 % (!). Ich errechnete also einen Kaufpreis von CHF 165'869. Meine Rechnung:

Gemäss PR-Liste galt das britische Pfund damals 48.15 FRF. Das ergibt also
FRF 352'500 = GB£ 7321

Gemäss Statistik der Schweiz. Nationalbank galt das Pfund im April 1922: 1 GB£ = CHF 22.657

Das war natürlich absolut schwindelerregend und war der Weltrekordpreis, der je für eine Briefmarke bezahlt wurde.

Das Unikat:

British Guiana, 1856, Segelschiff, 1 Cent schwarz auf karmin, Michel Nummer 9
setzte sich 1922 auf den Thron und konnte diesen bis heute immer wieder eindrücklich verteidigen.

Dies haben wir auf Philaseiten schon mehrfach erwähnt und ist - natürlich - von zahlreichen Autoren in der philatelistischen Literatur schon ausführlich beschrieben worden.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 09.12.2018 13:24:35 Gelesen: 449982# 467 @  
@ Heinz 7 [#466]

Lieber Heinz,

hier sitzt noch einer im Sessel und harrt deiner wundervollen Aufarbeitung - klasse und bitte weiter machen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 13:42:18 Gelesen: 449971# 468 @  
@ Heinz 7 [#466]

Es mag uns interessieren, was denn dieses Ergebnis in "heutigem Geld" wert ist.

Ich habe bereits Dutzende von Stunden mir den Kopf zerbrochen, wie wohl solche Resultate umgerechnet werden sollten. Schliesslich habe ich mich für eine "einfache" Lösung entschieden.

Ergebnisse des 20. Jahrhunderts werden umgerechnet in Schweizer Franken und danach verzinst mit 3 % pro Jahr bis 1.1.2000. Danach reduziert sich der Verzinsungs-Faktor auf 0,4 %.

Damit errechne ich

5.4.1922 = FRF 300'000 + 17.5 % = CHF 165'869
31.12.1922 = CHF 169'532
31.12.1999 = CHF 1'650'889
31.12.2018 = CHF 1'780'980

Daraus sehen wir:

Der Preis 1922 war damals schon viel wert.
Heute ist DIESE Marke noch deutlich mehr wert.
Bekanntlich erreichte sie bei Sotheby's am 17.6.2014 den Preis von sensationellen US$ 9,48 Mio.

Damit steht sie wieder weit vor allen anderen. So wie 1922.

Sie hat sich preislich nicht linear entwickelt, aber immer wieder die Spitzenposition erobert. Sie war 1922 die Königin und ist es heute wieder bzw. immer noch.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 13:44:34 Gelesen: 449970# 469 @  
@ Totalo-Flauti [#465]
@ bayern klassisch [#467]

Danke, danke, Freunde! Für heute soll (muss) es genug sein. Aber ich werde mich bemühen, die nächsten Tage fleissig weitere Ergebnisse liefern zu können!

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 22:53:47 Gelesen: 449710# 470 @  
@ Heinz 7 [#468]

Ich möchte mich entschuldigen.

Ich habe im obigen Beitrag den Zinssatz von 3 % für das 20. Jahrhundert verwendet. Das war sicherlich wohlüberlegt, aber vielleicht war es doch zu vorschnell.

Ich habe diese Frage mit einem Freund mehrere Male besprochen. Aufgrund unserer Arbeiten hatten wir uns nicht festlegen wollen, ob wir den Zinssatz bei 3 oder 3 1/4 Prozent festlegen wollen. Wir haben diese Frage nie definitiv entschieden. Auch 3 % war - bei beiden - anerkannt als "möglicher (korrekter) Wert".

Nun bin ich in meiner Arbeit vorgesprescht und habe die 3 % für meine Arbeit genannt. Kaum habe ich das getan, meldete sich mein Freund und sagte, er tendiere seit einigen Monaten doch eher zum höheren Wert (3 1/4 %). Er erläuterte mir seine Meinung und ich kann sie nachvollziehen.

Kurzum: Ich bin ein bisschen unglücklich, dass ich nicht Rücksprache genommen habe, mit ihm, bevor ich meinen Beitrag [#468] geschrieben habe. Heute Abend würde ich wohl der Empfehlung meines Freundes folgen, und ebenfalls 3.25 % als Aufrechnungswert einsetzen. Dieser Wert fasst die tatsächliche Situation in der Schweiz 1910-1999 vielleicht NOCH genauer zusammen, als der Wert von 3 Prozent.

Also, liebe Leser: bitte erlauben Sie mir, mich zum Start meiner Arbeit über die Aufrechnung der Preise heute noch zu korrigieren: ich will folgende Werte verwenden:

1.1.1910-31.12.1999: 3.25 %
1.1.2000-31.12.2018: 0.40 %.

Bitte denken Sie nicht, dieser Entscheid spielt keine Rolle! Sie bewirkt eine Erhöhung der Werte der Ferrary-Auktion um über 20 Prozent wie folgende Tabelle zeigt.

5.4.1922 = FRF 300'000 + 17.5 % = CHF 165'869
31.12.1922 = CHF 169'837
31.12.1999 = CHF 1'993'274
31.12.2018 = CHF 2'150'342.

Danke für das Verständnis.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.12.2018 23:34:52 Gelesen: 449294# 471 @  
@ Heinz 7 [#464]

Die Spannung war riesig. Viele der grossen Sammler waren persönlich erschienen oder liessen sich durch ihre Kommissionäre vertreten; die erste Auktion der fabelhaften Sammlung "Ferrary" stand vor der Türe, am 23. Juni 1921 kam die erste Portion zur Versteigerung!

In der philatelistischen Presse sagte man - zum Teil - ein Einbrechen der Preise voraus. Autoren fürchteten die schiere Menge an Grossraritäten in der Sammlung des "Briefmarken-Königs" könnten vom Markt nie geschluckt werden.

Monsieur Gilbert, der philatelistische Experte, liess sich aber nicht beirren und in der ersten Auktion wurde dem gierigen Publikum nur eine kleine Portion "zum Frass" vorgeworfen. Nur knappe 172 Lots aus der riesigen Sammlung wurden offeriert und nur ein Los war ein grösseres Los (Los 172: die gesamte Uruguay-Sammlung mit 2222 Marken), sonst wurden fast nur Einzellose angeboten, oder kleine Sätze (nur Los 63+124 umfasste mehr als 10 Marken neben Los 172).

Fred Melville, der Enthusiast, war natürlich auch an der Auktion dabei - Er schrieb nach der Auktion einen begeisterten Kommentar, z.B. im "Stamp Lover".

Die ersten 10 Lose waren Dreieck-Marken vom Kap der Guten Hoffnung. Los 9 stieg hoch und höher (mehr davon später). Dann kamen ein paar Lose Ceylon und Sizilien bevor Los 32 ausgerufen wurde:

"GUYANE ANGLAISE. 1850, 2 c. noir sur rose en paire verticale, obl. sur lettre entière, les plus beaux exemplaires connus de ce timbre, pièce rarissime. (Photo pl. 1.)"



Ich habe hier diesen Brief aus einem Auktionskatalog von 1989 kopiert.

Die Gebote starteten erst bei Francs 104'000! Das heisst, es lagen schon zu Beginn sehrsehr hohe Gebote vor. Doch die Gebote schraubten sich immer weiter in die Höhe. Und ... ja, auch FRF 200'000 wurde geboten ... nächstes Gebot: FRF 205'000, immer noch kein Zuschlag. FRF 208'000 ... aber noch einmal wurde das Gebot erhöht: FRF 210'000 bot der französische Sammler Maurice Burrus.

Dies war damals ein sensationeller Weltrekord.

Machen wir noch unsere Rechnung ins hier und jetzt (aufgerechnet mit 3.25 % im 20. Jahrhundert, siehe Beitrag 470):

23.6.1921: FRF 210'000 + 17.5 % Zuschlag = FRF 246'750 = GB£ 5'289 (Kurs damals 1 GB£ = FRF 46.65) = CHF 117'610 (Kurs damals 1 GB£ = CHF 22.235)
31.12.1921: CHF 119'595
31.12.1999: CHF 1'449'231
31.12.2018: CHF 1'563'429

Das mag nun viele überraschen! Kein Mauritius-Brief ist an zweiter Stelle, sondern eine weitere Rarität aus British Guiana!

Und der damals bezahlte Preis war brutal hoch. Aufgerechnet auf heute errechne ich einen Kaufpreis von CHF 1.56 Millionen Franken! Dieser Preis wurde vermutlich für dieses Stück nie wieder bezahlt, aber wir werden das noch verifizieren!

Die philatelistische Welt hatte ihre Sensation und alle waren begierig zu wissen, wie es weitergeht.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.12.2018 16:55:06 Gelesen: 449152# 472 @  
@ Heinz 7 [#464]

(Fortsetzung)

An der magischen Auktion im Juni 1921 folgten die hohen Zuschläge Schlag auf Schlag. Los 32 hatte einen Traum-Zuschlag erzielt, kurz darauf wurde Los 56 ausgerufen:

„Hawaii. 1851-52. 2 c. blau, probablement le plus bel exemplaire qui existe de ce timbre, à peine oblitéré en bleu. (Photo pl. 3.)



Interessant, dass die Marke als gestempelt beschrieben wurde! Später wurde die Marke als ungebraucht definiert, und als solche ist sie ein Unikat!

Die Marke erreichte von allen Ferrary-Losen das dritthöchste Ergebnis: FRF 156‘000! Dies war, umgerechnet: GB£ 3‘929 (FRF 183‘300) oder CHF 87‘367 oder US$ 14‘701.

Die Marke war 1911 im Senf nicht bewertet (-.-), jedoch 1913 im Senf mit 30‘000 Mark bewertet und überflügelte damit sogar die zwei Mauritius-Post-Office-Marken.

Rechnen wir die Ergebnisse 1921 wieder um in die heutige Zeit, so erhalten wir:

23.06.1921: CHF 87'367
31.12.1921: CHF 88'842
31.12.1999: CHF 1‘076‘572
31.12.2018: CHF 1‘161‘405

Käufer war wiederum Maurice Burrus!

Nehmen wir das Buch von Theodor Haas zur Hand („Lehrbuch der Briefmarkenkunde“) von 1905 dann sind wir beeindruckt:



Der hier gezeigte Scan ist ein Ausschnitt aus Seite 477, wo die 5 seltensten Marken genannt wurden. Und – es ist kaum zu glauben: Platz 1-3 bei Haas ist absolut identisch mit der Reihenfolge der tatsächlich erzielten Preisen 16 bzw. 17 Jahre später bei den Auktionen Ferrary!

Haas ist für seine gute Beobachtung/Einschätzung also sehr zu loben. Ich denke, das stellt auch Leipzig als philatelistischem Zentrum und der dort ansässigen Firma "Gebrüder Senf" ein gutes Zeugnis aus. Kataloge gab es auch in Belgien, Frankreich, Grossbritannien, USA, u.s.w., doch Senf war zweifellos einer der besten Ratgeber.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.12.2018 21:37:11 Gelesen: 449007# 473 @  
@ Heinz 7 [#472]

Das Los mit dem viertgrössten Preis hat - nominell gesehen - sogar einen höheren Zuschlag als die drittplatzierte Hawaii-Marke aus Beitrag 471. Aber der französische Francs verlor in den Jahren 1921-1924 dramatisch an Wert, sodass der Preis in Schweizer Franken tiefer war als beim Hawaii-Los fast dreieinhalb Jahre zuvor.

1. Auktion: FRF 156'000 + 17.5 % = FRF 183'300; 23.6.1921 = Wechselkurs 1 GB£ = 46.65 FRF, also GB£ 3'929 (oder US$ 14'701) = CHF 87'367
11. Auktion: FRF 200'500 +19.5 % = FRF 239'597.50; 19.11.1924 = Wechselkurs 1 GB£ = 87.55 FRF (!), also GB£ 2'737
(oder US$ 12'675) = CHF 65'276.

Welches Los erreichte denn 1924 diesen Super-Preis?

Die Ferrary-Auktionen fanden statt in Paris. Natürlich interessierten sich die einheimischen Sammler brennend für die Marken des Heimatlandes Frankreich. Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt! Erst an der 11. Auktion kamen die ersten Lose Frankreich zur Auktion: Lose 1-318 und 361, am 19./20.11.1924. (Die ganze Auktion umfasste 635 Lose, auch noch am 21.11.1924).

Die Lose fanden grossen Zuspruch und viele Preise waren sehr hoch.

Frankreichs Erstausgabe 1849 hat zwei verschiedene 1 Franc-Werte:
Yvert & Tellier No. 7f: vermillon pâle (dit: Vervelle)

Im Katalog von Y&T. von 1916 finden wir folgende Notierungen (für ungebrauchte Marken):

No. 7 - Vermillon vif = FRF 2'500
No. 7a - rouge terne = FRF 1'500
Nr. 7b - vervelle = FRF 750.

An der Ferrary-Auktion am 19.11.1924 wurde unter Los 59 angeboten:
"FRANCE. 1849. 1 F. vermillon (Vervelle) tète-bèche dans un bloc de 4, très jolie pièce unique, photo pl.3."


das Foto stammt aus dem Auktionskatalog vom 17.11.2003 (Spink Behr)

Das Los wurde irrsinnig teuer an der 11. Auktion.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.12.2018 22:24:01 Gelesen: 448991# 474 @  
@ Heinz 7 [#473]

Der Hammer fiel erst bei FRF 200'500! Dazu kam ein Aufgeld von nun 19.5 %, das ergab den stolzen Preis von FRF 239'597.50; oder GB£ 2'737 = US$ 12'675 = CHF 65'276.

Umgerechnet auf heute erhalten wir folgenden Wert in Schweizer Franken (heute)

31.12.1924 = CHF 65'518
31.12.1999 = CHF 721'299
31.12.2018 = CHF 778'136

Das ist natürlich ein gewaltiger Preis, der heute für dieses Stück immer noch bezahlt wird!

An der Auktion vom 17.11.2003 in Paris wurde das Los angeboten. Schätzpreis war Euro 325'000-425'000. Zuschlag war bei Euro 460'000 + 15 % Aufgeld = Euro 529'000 x 1.5587 = CHF 824'552.

(Ja, der Euro war vor 15 Jahren noch viel mehr wert als der Schweizer Franken).

Das heisst, der Preis 2003 lag zeitbereinigt ca. 6 % höher als 1924!

Früher galt dieser Kehrdruck-Viererblock als wertvollste Einheit von Frankreich. In der Losbeschreibung 1924 stand: "unique", doch 7 Jahre später wurde eine Rieseneinheit des Wertes "vervelle" gefunden, ein 22er-Block! Dieser wurde dann aufgeteilt. Wir habe an anderem Ort bereits über diese beliebte Rarität von Frankreich gesprochen.

Dass der Tête-bêche Viererblock an den Ferrary- "Festspielen" aber den vierten Platz erzielen konnte, war vermutlich für viele eine angenehme Überraschung. Der "Heimvorteil" hat hier bestimmt etwas mitgeholfen!

Käufer des Superstückes war übrigens: Arthur Hind!

Wir sehen also, dass sich Burrus und Hind die teuersten Stücke von Ferrary teilten:
Hind: Platz 1+4
Burrus: Platz 2+3.

Andere reiche Sammler waren vorher "ausgestiegen".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.12.2018 21:14:12 Gelesen: 448907# 475 @  
@ Heinz 7 [#464]

Mister Arthur Hind geht in Führung! 3:2 gegen Monsieur Maurice Burrus!

So könnte man die Auswertung der Top-Five-results der Ferrary-Auktionen plakativ überschreiben. Denn diese zwei Sammler teilten vor über hundert Jahren die teuersten Käufe aus dem Schatz von Ferrary unter sich auf! (siehe oben, Beiträge 464-474).

An der 3. Auktion wurde nicht nur die British Guiana, 1 Cent verkauft, sondern, am dritten Tag, am 7.4.1922, auch x Raritäten der Vereinigten Staaten. 114 Lose "Etats unis" kamen (unter anderem) zum Verkauf (Lose 458-571). Los 556 erreichte einen besonders hohen Verkaufs-Wert:

"556. Etas-unis. Boscawen. 5 c. bleu pâle sur papier mince jaunâtre, resté neuf sur lettre. La pièce a été expertisée et signée par M. John N. Luff au verso de l'enveloppe. Seule pièce connue. (Photo pl. 16.)"

Übersetzung: Vereinigte Staaten. 5 Cents blassblau auf dünnem gelblichen Papier, neu (ungebraucht) geblieben auf Brief. Das Stück wurde geprüft und signiert von Herrn John N. Luff auf der Rückseite des Briefumschlages. Einzig bekanntes Stück".



Hier zeige ich den Brief aus dem Buch/der Sammlung von Erivan Haub.

Der Preis für diese Rarität stieg und stieg an der Auktion immer weiter. Zwar war die Rarität bekannt, aber bis 1920 meines Wissens in keinem Katalog bewertet. 1922 kam dieses Unikat zum ersten Mal auf den Markt.

Welchen Wert hat solch ein Unikat? Der Markt hat in diesem Fall entschieden:
sehr viel! Erst bei FRF 105'000 fiel der Hammer

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.12.2018 21:57:51 Gelesen: 448897# 476 @  
@ Heinz 7 [#475]

FRF 105'000 am 7.4.1922 werden von mir hochgerechnet auf CHF Ende dieses Jahres 2018 wie folgt:

7.4.1922 = FRF 105'000 + +7.5% = FRF 123'375 = GB£ 2'562 = US$ 11'252 = CHF 58'054
31.12.1922 = CHF 59'432
31.12.1999 = CHF 697'517
31.12.2018 = CHF 752'481

Leon Norman Williams schrieb 1993 zu dieser Briefmarke, dass die Boscawen vielleicht die best bekannte Marke der US-Postmeistermarken ist. Postmeister Worcester Webster gab sie 1846 heraus. Seit 1865 ist der Brief in Sammlerhand:

1865 H. H. Lowrie erhielt die Marke (den Brief) von einem Postbeamten
1894 offerierte Lowrie den Brief einem bekannten US-Sammler: Hiram E. Deats. Dieser kannte die Briefmarke (verständlicherweise!) nicht, aber kaufte sie angeblich für US$ 5.00

Die Marke wurde John Luff vorgelegt, dem führenden Kenner der US-Klassiker, der die Marke in seinem Buch auch erwähnte.

1912 wurde Deats Sammlung verkauft an Warren H. Colson, der die Marke tauschte (Ferrary).

Und nun, 1922, erzielte der Brief einen sensationellen Preis. Die Nachfrage nach US-Raritäten war generell hoch, und viele der zuvor nicht bewerteten Raritäten erhielten erstmals ein "Preisschild".

Ich werde später zeigen, dass die "Boscawen" später nicht immer so extrem teuer wurde.

Im Katalog von Michel 2010 wurde sie bewertet mit "nur" Euro 250'000, das ist nur noch ein Bruchteil des Preises, den die Marke 1922 tatsächlich erzielte.

Nicht alle Briefmarken stiegen im Wert in den letzten rund 100 Jahren! Wenn es mir gelingt, zu zeigen, dass auch vor 100 Jahren schon durchaus stattliche Preise bezahlt wurden, dann freut mich das.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.12.2018 22:04:38 Gelesen: 448824# 477 @  
@ Heinz 7 [#464]

Heute möchte ich Ihnen das Los vorstellen, das an den Ferrary-Auktionen den sechsthöchsten Zuschlag erzielte. Dazu möchte ich Sie um etwas Phantasie bitten.

Kennen Sie Hubert Griebert? Ich auch nicht. Aber ich kenne Hugo Griebert, er war ein Philatelist erster Güte. Geboren 1867 war er anfangs XX. Jahrhundert ein Briefmarkensammler und -händler. Er erwarb sich höchste Anerkennung, vor allem durch seine Studien zu den Marken von Uruguay und Spanien. 1910 publizierte er "A study of the stamps of Uruguay", 10 Jahre später sein bahnbrechendes Werk "The Stamps of Spain 1850-1854". Griebert war eine Autorität auf seinen Sammelgebieten. Für sein Werk über Spanien wurde er als erster mit der Crawford Medal der Royal Philatelic Society London ausgezeichnet. 1921 wurde er auch als einer der ersten Philatelisten eingeladen, die (neu geschaffene) Roll of Distinguished Philatelists zu unterschreiben. Damit war er "im Olymp" der Briefmarkensammler angekommen. Grössere Ehre kann einem Sammler nicht zuteil werden. Hugo Griebert war damals 54 Jahre alt.

Im November 1922, ein Jahr später, kam es zur 5. Auktion des verstorbenen "Briefmarkenkönigs" Ferrary. Eine schöne Portion Spanien wurde angeboten - und Herr Hugo Griebert wusste, dass sich ihm eine Chance bot, die vielleicht einmalig war!

Ich habe bereits im Artikel "Farbfehldrucke" (Beitrag 2) darauf hingewiesen, dass Spanien 1851 einen Farbfehldruck "bekam". Siehe Beitrag 2:

"Einer der ganz seltenen und ganz teuren Farbfehldrucke ist die Marke von Spanien, 1851. Schon bei der zweiten Ausgabe von Spanien (Königin Isabella II mit Diadem im Oval; Michel Nr. 6-11) gab es einen Fehler. In die Druckplatte der 6 Reales blau (Michel 10 w) wurde versehentlich ein Klischee der 2 Reales eingesetzt. Normalerweise wurde die 2 Reales (Michel 8 w) orangerot gedruckt. Im 6 Reales-Bogen wurde nun das Klischee mit Nominale 2 Reales ebenfalls blau eingefärbt. Offenbar wurde der Fehler früh bemerkt, denn es sind bis heute nur ganz wenige dieses Farbfehldruckes bekannt geworden. (...). Von den heute bekannten drei Stück ist eines im Museum (British Library, Tapling Sammlung, siehe Beitrag 328 von Thema: "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt"). Eine weitere Marke hängt aber noch mit einer 6 Reales Marke zusammen, und ist darum besonders wertvoll!"

Genau DIESES Stück war in der Sammlung Ferrary!



Das Stück ist einmalig! Ein Fehldruck, der mit einer normalen Marke zusammenhängt, ist natürlich das Non-plus-Ultra. Verständlich, dass Hugo Griebert ein grosses Ziel hatte.
 
muemmel Am: 14.12.2018 22:39:31 Gelesen: 448816# 478 @  
Mannomann,

das ist ja mitunter spannender als ein Krimi.

Grüßle
Mümmel
 
Heinz 7 Am: 14.12.2018 22:42:33 Gelesen: 448814# 479 @  
@ Heinz 7 [#477]

Hugo Griebert wusste genau, dass dieses Los eine für ihn unvergleichbare Weltrarität war.

Erinnern wir uns: Haas setzte diesen Fehldruck 1905 kurzerhand an die Spitze ALLER Fehldrucke und Abarten! VOR dem Baden-Fehldruck, VOR der Schweden 3-Skilling-Marke! Nur drei Exemplare des Spanien-Fehldruckes waren bekannt, und eines davon war zudem in einem Museum "gefangen". Die 2 Reales-Marke im Paar mit einer normalen 6 Reales war zweifellos äusserst begehrenswert!

Griebert hatte an den Auktionen 1-4 sicherlich gesehen, dass die ambitionierten Sammler bereit waren äusserst hohe Preise für die Super-Raritäten auszulegen. An der fünften Auktion aber wollte er sich nicht von den Superreichen das Beste wegschnappen lassen.

Hugo Griebert bot gnadenlos mit. Wir wissen, dass im Senf-Katalog 1913 die höchste Notierung bei 30'000 Mark lag, oder ca. 40'000 Französischen Francs. In den Kriegsjahren 1914-1918 war der Briefmarken-Markt gestört, und jetzt, 1922 kam es zur ganz grossen "Neu-Orientierung".

Griebert musste feststellen, dass 40'000 Französische Francs nicht ausreichten. Auch 60'000 nicht, auch 80'000 nicht, ja sogar die Grenze von FRF 100'000 wurde einfach durchschlagen.

Ich kenne die finanziellen Ressourcen von Herrn H. Griebert nicht. Aber wenn ein Sammler bereit ist, ein so hohes Vermögen für ein Briefmarken-Los hinzugeben, dann können wir erahnen, wie wichtig Herrn Hugo Griebert die Erfüllung seines Wunsches war.

Hugo Griebert gab nicht nach. Und endlich, endlich: bei FRF 130'000 war Hugo Griebert alleine. Niemand bot mehr gegen ihn. Der Zuschlag war ihm. Er hatte das Wunderstück für seine Sammlung sichern können.

Umgerechnet in Preise von 2018 hatte ihn die Erfüllung seines Traumes annähernd 3/4 Millionen Schweizer Franken gekostet! (Die genaue Zahl werde ich nachliefern). - Verrückt, vielleicht... Aber ich bin sicher, Hugo Griebert hat seinen Kauf nicht bereut. Er hatte sich seinen Traum erfüllt.

Zwei Jahre später starb Hugo Griebert, 57-jährig.

Er hat seine Chance genutzt. Hut ab und Respekt, Mister Griebert. Die Spanien-Philatelie fand in Ihnen einen Enthusiasten und Grossmeister!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.12.2018 11:54:10 Gelesen: 448757# 480 @  
@ Heinz 7 [#464]

An der ersten Ferrary-Auktion wurden die Sammler ja so richtig heissgemacht auf das, was noch kommen sollte. Vier Monate später wurden die Sammler wieder eingeladen zum "Tanz". Neue, atemberaubende Raritäten warteten auf die Sammler. Rund dreimal so viele Lose wie bei der ersten Auktion kamen zum Verkauf; schön aufgeteilt auf drei Tage.

Kap der Guten Hoffnung - Sizilien - British Guyana - Hawaii - Mauritius - Rumänien - Schweiz - Toskana

Raritäten dieser "Triple A"-Briefmarkenländer kamen zum Verkauf. Der Auktionskatalog ist ein Kleinod; es ist dies eine der schönsten Auktionen für Raritätenliebhaber, die weltweit je stattgefunden hat. Ich empfehle jedem Sammler, sich einen Auktionskatlog zu kaufen; er war auch reichlich bebildert. Der Katalog wurde ja auch nachgedruckt. Die Originale sind etwas teurer. Sollten sie einmal für drei Jahre auf eine einsame Insel verbannt werden, empfehle ich Ihnen, diesen Katalog mitzunehmen.

Die Sammler stürzten sich auf das Material und es gab Höchstpreise dutzendfach. Allein an dieser 2. Auktion zähle ich mehr als 50 Marken/Einheiten/Briefe (Lose), die einen Zuschlag von FRF 8'000 oder mehr erreichten; die meisten davon waren Einzellose (nicht ganze Sammlungen oder Grosslose).

Ein Normal-Sammler konnte sich vielleicht ein oder zwei Lose sichern, wenn er seine Ersparnisse opferte. Die meisten von ihnen aber sind leer ausgegangen. Sicherlich werden die persönlich Anwesenden aber ein unvergessliches Erlebnis mit nach Hause genommen haben.
 
Heinz 7 Am: 15.12.2018 13:41:07 Gelesen: 448735# 481 @  
@ Heinz 7 [#464]

Natürlich ist das Jahr 1921 nur bedingt vergleichbar mit dem Jahr 1912, dem Ausgangspunkt unserer Betrachtungen, und FRF 8'000 des Jahres 1912 sind mehr wert als FRF 8'000 des kriegsgeschüttelten Frankreichs 1921. Aber es ist dennoch bemerkenswert, wie die Katalogpreise für Raritäten an den Auktionen von Ferrary bestätigt/übertroffen oder geradezu pulverisiert wurden. Wir erinnern uns, dass 1912 nur 17 Marken einen Katalogwert von 3000 Mark oder mehr aufwiesen. Vgl. @ BD [#2]

Wie erwähnt hatte Haas auch einige der nicht bewerteten Raritäten in seinen Studien mit berücksichtigt.

@ Heinz 7 [#371]

Es ist beeindruckend, wie genau die Einschätzungen von Haas an den Auktionen von Ferrary bestätigt wurden. Man könnte fast versucht sein, die Preisfindung 1921-1924 ausnahmsweise als "exakte Wissenschaft" anzusehen, was sie natürlich nicht ist. Dennoch war die Konstellation einmalig: Raritäten aller Welt wurden angeboten, unlimitiert, ohne Startvorgaben. Einzig die Sammlerschaft entschied das Preisgefüge!

An der Auktion vom 13.-15.10.1921 wurde Geschichte geschrieben. Ich werde diese denkwürdige Auktion noch einige Male erwähnen bei meiner Studie über die höchstbezahlten Marken der Ferrary-Auktionen.

Einen schwindelerregend hohen Preis erzielte das folgende Los:



Wir erkennen die Doppelgenf, bekanntlich die Nummer 21 auf der Liste Haas. Aber: hier ist die Doppelgenf ungebraucht nicht EINZELN, sondern gleich im SECHSERBLOCK.

Ich habe im November einige Überlegungen angestellt über EINHEITEN (PAARE) der alten Kantonalmarken der Schweiz, siehe @ Heinz 7 [#442] ff. Da haben wir gesehen, dass schon Paare sehr selten (und sehr teuer!) sind. Auch früher schon zahlten Sammler für wirkungsvolle Einheiten bisweilen Spitzenpreise.

Der Sechserblock der Doppelgenf erreichte einen Zuschlag von FRF 113'000. Die genaue Umrechnung hole ich nach, aber per 31.12.2018 werden wir nach meiner gewohnten Hochrechnung den Betrag von CHF 700'000 vermutlich übertreffen.

Beeindruckend! ... dieses Ergebnis reichte für den 7. Platz aller Ferrary-Lose. Auch die Schweiz hatte ein Top-Stück ganz vorne platzieren können!

Wer übrigens mehr lesen will zur edlen Doppelgenf, dem sei der kürzlich erschiene Artikel von Torsten Berndt empfohlen. Er hat aus aktuellem Anlass vor Kurzem einen sehr schönen Aufsatz geschrieben über die Schweizer Doppelgenf-Marke (siehe Deutsche Briefmarken-Zeitung).

https://www.deutsche-briefmarken-zeitung.de/2018/09/20/koenigin-der-schweizer-175-jahre-doppelgenf/

Ich wünsche allen Ihnen ein wunderschönes Wochenende
Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.12.2018 18:17:39 Gelesen: 448671# 482 @  
@ Heinz 7 [#464]

Auf Platz 8 folgt nun, von manch einem wohl schon schmerzlich vermisst ("wo sind sie denn?") die erste Mauritius-Marke von der berühmten Erstausgabe "Post Office".



Die 1 Penny-Marke orange ungebraucht! Gerne hätte ich Ihnen diese Marke in ihrer ganzen Pracht und in Farbe gezeigt, aber im Moment scheine ich kein Farb-Bild dieser Seltenheit zu haben.

Diese Marke gibt es ungebraucht nur zweimal! Gemäss Auktionskatalog 1993 (David Feldman) ist die andere Marke (Moens Nr. X) die anerkannt schönere. Ferrary besass die Moens Nr. VIII, die er am 15.2.1881 hatte kaufen können. Mehr als 40 Jahre war die Briefmarke in festen Händen, am 26.4.1923 wurde sie in Paris verkauft; an der 6. Ferrary-Auktion.

"* 340. MAURICE. 1847. Post-Office. 1 p. vermillon excessivement rare, neuf. (Photo pl. 11)."

Der Zuschlag erfolgte bei FRF 122'000 und damit war dies das achthöchste Resultat aller Ferrary-Lose!

Die Marke wurde gekauft vom Briefmarkenhändler Théodor Champion. Im Buch "Encyclopedia" von Williams wird erwähnt, er habe sie für seine eigene Sammlung gekauft. In den Sechziger-Jahre soll sie den Besitzer wieder gewechselt haben, aber offenbar weiss man nicht so genau, wer sie wann gekauft hat.

Wenn jemand genaue Details zum Verbleib dieser Marke weiss, bin ich froh um Hinweise. Ohne Gewähr würde ich sonst annehmen, dass sie seit 95 Jahren nicht mehr gesehen wurde.

Heinz
 
bignell Am: 17.12.2018 16:50:10 Gelesen: 448604# 483 @  
@ Heinz 7 [#482]

Hallo Heinz,

die Bilder in ihrer ganzen Pracht auf Wikipedia [1]

"Ungebrauchte Exemplare
Die Besitzer der vier ungebrauchten Blaue-Mauritius-Marken sind die folgenden:
Eine Marke befindet sich im Privatbesitz von Queen Elisabeth II. (Moens Nr. XXIV).
Eine Marke befindet sich im Museum voor Communicatie in Den Haag (Moens Nr. VI).
Eine Marke befindet sich in der British Library in London (Moens Nr. XIV).
Die vierte Marke (Moens Nr. III) befindet sich zusammen mit einer ungestempelten Roten Mauritius (Moens Nr. X) seit 1994 im Blue Penny Museum in Port Louis, der Hauptstadt von Mauritius. Neben den Original-Marken werden dort auch zwei Kopien der Roten und Blauen Mauritius ausgestellt. Um die Qualität der Originale zu erhalten, werden für den überwiegenden Teil der Öffnungszeiten nur die Kopien angeleuchtet. Die über 55 Minuten pro voller Stunde im Blue Penny Museum gezeigten Kopien sind die 1912 erstellten Neudrucke von der Originalplatte in vertauschten Farben (1 Penny blau und 2 Pence rot).
Die Besitzer der zwei ungebrauchten Rote-Mauritius-Marken sind die folgenden:
Eine Marke ist seit 1995 Privatbesitz eines Westeuropäers (Moens Nr. VIII).
Eine Marke ist im Besitz des Blue Penny Museums in Mauritius (Moens Nr. X)."


Lg, harald

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Rote_und_Blaue_Mauritius
 
Heinz 7 Am: 17.12.2018 19:30:08 Gelesen: 448574# 484 @  
@ bignell [#483]

Lieber Harald,

besten Dank für Deine Hinweise.

Ich habe schöne Fotos von fast allen Exemplaren der P.O. Mauritius. Ich habe auch die Mehrheit der 27 Exemplare schon im Original mit eigenen Augen gesehen. Aber die ex-Ferrary-Marke 1-Penny-Marke, die 1923 letztmals öffentlich verkauft wurde (meines Wissens), von DIESER Marke habe ich kein Farbfoto. Auch auf Wikipedia wird "die andere" ungebrauchte rote Mauritius gezeigt, die 1993 in Zürich verkauft wurde.

Der Wikipedia-Artikel zeigt sehr schön, wie "dramatisch" heute die Situation für Sammler aussieht: es gibt fast keine Post-Office-Marken mehr in Privathand! Ein Grossteil der Exemplare ist in Museen "gebunden".

Du sprichst die Sammlung der Queen von England an. Ich zeige die beiden "Wunder-Exemplare" aus dieser Sammlung anbei. Sie sind beide illustriert in dem "schönsten philatelistischen Buch der Welt", wie es schon oft genannt wurde: ein schwerer Mehr-Kilo-Wälzer (Grösse: 36 x 25 cm),



siehe: "vom Nutzen philatelistischer Literatur", Beitrag #67

Die 8. Farbfoto-Tafel in dem Buch zeigt ein paar Mauritius-Raritäten:



6 Raritäten werden gezeigt auf Plate VIII



Anbei sehen wir die zwei Post-Office-Marken:

Ein "Ball-Invitation-Brief" (wunderschön!!)

Die mit Abstand schönste Blaue Mauritius ungebraucht (wunderschön!!).

Die "blaue" hat der König (King Georg V.) im Januar 1904 für sehr viel Geld gekauft: GB£ 1450; damals ein Welt-Rekordpreis.

Bezüglich Qualität konnte Ferrary bei Mauritius mit den zwei königlichen Exemplaren nicht mithalten. Aber das ist "Jammern auf "unanständig" hohem Niveau".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.12.2018 21:38:00 Gelesen: 448543# 485 @  
@ Heinz 7 [#464]

Ich habe versucht, in der Vorweihnachtszeit pro Tag eine Nummer der Top-Ergebnisse zu präsentieren. Es ist 21 Uhr, ich muss mich beeilen, wenn ich heute Platz Nummer 9 noch zeigen möchte.

An der 7. Auktion (13.-15. Juni 1923) kamen viele verschiedene Länder zum Angebot. Die grössten Sektionen sind: 70 Lose Südaustralien waren im Angebot, 83 Lose USA, 55 Lose Tasmanien, 60 Lose Württemberg ... - welche Marke brachte das höchste Resultat?

Los 343 konnte die "Schallmauer" von FRF 100'000 auch durchstossen, wie schon 7 Lose an den Auktionen vorher...



Diese 2 Cents-Marke von Hawaii gilt als schönste der gestempelten Marken dieser Weltrarität. Theodor Haas hatte die Hawaii 2 Cents von allen Marken auf Platz 3 gesetzt.

Der Zuschlagpreis betrug FRF 109'000 + 17.5 % = FRF 128'075 = GB£ 1'762 oder US$ 8'120 = CHF 45'267.

Käufer war Theodore Champion, der die Marke für die eigene Sammlung kaufte.

Aufrechnung:

31.12.1923: CHF 46'068
31.12.1999: CHF 523'563
31.12.2018: CHF 564'917

Das ist bereits das neunte Los mit einem Zuschlag von klar über einer halben Million Schweizer Franken (Geldwert heute)!

Hawaii ist gleich zweimal in den "top ten" vertreten (Platz 3 und 9).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.12.2018 21:28:22 Gelesen: 448440# 486 @  
@ Heinz 7 [#464]

Vor 33 Jahren war eine Sternstunde für die deutsche Philatelie.

Am 16. März 1985 fand in Wiesbaden die erste Auktion statt zur Auflösung der Sammlung John R. Boker, Jr. - Es ist Zufall, dass gerde heute Richard ebenfalls auf diese Auktion hinweist!

siehe: Thema: Erivan Haub Sammlungen werden bei Köhler, Corinphila und Harmers versteigert -Auktionshaus Heinrich Köhler startet mit der 1. ERIVAN-Altdeutschland-Auktion am 8. Juni 2019

Am 16.3.1985 kam unter Los 5 eine Weltrarität zur Versteigerung. Anbei der Ausschnitt aus dem Auktionskatalog:



Wir sehen aus der Beschreibung des Auktionsloses u.a. auch den Hinweis auf die Ferrary-Auktion, wobei wir "voll im Thema" sind.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 18.12.2018 21:36:54 Gelesen: 448436# 487 @  
@ Heinz 7 [#486]

Lieber Heinz,

danke fürs Zeigen dieser Weltrarität - lange ists her.

Leider war die Beschreibung was die Postgeschichte angeht mal wieder schlecht - Provenienzangaben sind gut und richtig, aber wer den postalischen Zusammenhang weglässt bzw. nicht kennt, findet bei den Boker - Katalogen keine Hilfe. Schade - ich befürchte, dass das 2019ff auch nicht bei den Haubschen Katalogen anders werden wird.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 18.12.2018 22:15:51 Gelesen: 448425# 488 @  
@ Heinz 7 [#486]

Im Auktionstext Köhler 1985 (245. Auktion) lesen wir:

"Das vorliegende Los erzielte einen Preis von FRF 120'000."

Das stimmt! Auf der Liste der "Prices realised" des 8. Verkaufes von Ferrary (7.-9.11.1923) finden wir für Los 122 genau diesen Preis genannt: FRF 120'000. Dazu kamen 17.5% "Government surtax", der Gesamtpreis war also FRF 141'000. Dies allerdings 1923, nicht 1922, wie im Katalog von Köhler angegeben.

Der Text des Auktionsloses war für 1923 recht ausführlich, u.a. stand da:

"BADE. 1851. Erreur 9 kr. noir sur vert, très bel ex. obl. sur lettre entière, photo pl. 3. Ce timbre est un des 3 exemplaires connus (...)."

Umgerechnet in die Hauptwährungen 1923 erhalten wir einen Preis von:

GB£ 1'802 oder US$ 7'952 oder CHF 45'012 (7.11.1923)
weiter gerechnet ergibt das:
31.12.1923: CHF 45'227
31.12.1999: CHF 514'094
31.12.2018: CHF 554'604

Damit kam der weltberühmte Baden Fehldruck bei den Ferrary-Verkäufen auf Platz 10.

Theodor Haas sah diesen Fehldruck in seiner Tabelle der Fehldrucke 1905 auf Platz 3, wie wir oben gesehen haben.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.12.2018 22:36:49 Gelesen: 448419# 489 @  
@ Heinz 7 [#488]

Machen wir eine Rekapitulation (Ferrary-Auktionen):

1. Auktion: British Guyana 2 Cents und Hawaii 2 Cents ungebraucht auf Platz 2+3
2. Auktion: Schweiz Doppelgenf im Sechserblock auf Platz 7
3. Auktion: British Guyana One Cent auf Platz 1 und USA Postmeister Boscawen auf Platz 5
5. Auktion: Spanien-Fehldruck auf Platz 6
6. Auktion: Mauritius 1 Penny red auf Platz 8
7. Auktion: Hawaii 2 Cents gestempelt auf Platz 9
8. Auktion: Baden-Fehldruck auf Brief, auf Platz 10
11. Auktion: Frankreich: Tête-bêche-Viererblock auf Platz 4

Diese 10 Lose erzielten an den Ferrary Auktionen 1921-1924 alle ein Ergebnis von über 100'000 Französischen Francs. Wegen der starken Francs-Entwertung 1921-1924 ist die Reihenfolge in GB£/US$ oder eben CHF nicht absolut identisch mit der FRF-Reihe, aber ich habe die Umrechnungen ja meist mitgeliefert bzw. werde dies noch nachliefern.

Wir haben dabei unter anderem "abgedeckt" die Haas-Nummern 1-3+5 der regulären Liste und 1+3 der Abarten-Liste !

Wir sehen schon daraus, wie die philatelistische Welt jahrelang in Hochspannung gehalten wurde, bis diese unvergleichliche Sammlung schliesslich liqudiert war. Die ersten Auktionen waren vorbildlich und sammlerfreundlich "gestylt", später gab es mehr Sammellose. Die harsche Kritik von Carl-Richard Brühl an den Ferrary-Auktionen scheint mir also über weite Teile unzutreffend.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.12.2018 22:55:30 Gelesen: 448412# 490 @  
@ Heinz 7 [#486]

Ein Wort noch zu den Preisen des Baden-Fehldruckes.

Wir haben gesehen, dass 1923 ein sicherlich respektabler Preis in Paris erzielt wurde. 62 Jahre später aber wurde - für diese Rarität - ein weit höherer Preis erzielt; die DEM 2'300'000 galten damals als Weltrekord.

Diese Aufwärtsbewegung haben nicht alle Raritäten von 1912 (oder 1921-1924) mitgemacht. Und seither haben nur sehr wenige Stücke diesen Wert übertroffen.

Sicherlich wird die (philatelitisch interessierte) Welt im Sommer 2019 den Atem anhalten, wenn diese Super-Rarität aus Deutschland wieder unter den Hammer kommt:

1894: Ventom, Bull & Cooper, London
1923: Ferrary Auktion, Paris
1956: Caspary Auktion, New York
1985: Boker Auktion, Wiesbaden
2019: Haub Auktion, Wiesbaden

Heinz
 
merkuria Am: 02.01.2019 18:22:06 Gelesen: 446265# 491 @  
@ Schwämmchen² [#453]

Ganz schöne Rendite, wenn man das Ergebnis von 2014 anschaut!

https://www.philaseiten.de/beitrag/147156

Gruss
Jacques
 
Lohengrin Am: 25.02.2019 18:49:53 Gelesen: 436730# 492 @  
@ Philipp Harder [#447]

Philipp,

das Ende einer sehr langen Geschichte ist zu besprechen: GB 1d Red 1864 on Victor Hugo's cover showing a Number 77.

Mit einem statement der RPSL im London Philatelist im Januar 2019 haben sich Abed Najjar, Besitzer des V. Hugo Briefs und die RPSL geeinigt. Das bedeutet letztendlich, dass der Brief mit den 3 Marken echt ist.

"The two RPSL opinions of 2006 and 2014 stating the V. Hugo cover was faked returned and treated as void."
There are no Expert Certificates issued stating the piece, and the 3 stamps are anything other than fully genuine.

Wir können m.E. jetzt damit rechnen, dass dieses aus forensischer Sicht am besten und intensivsten wissenschaftlich untersuchte Glanzstück der Postgeschichte im Wortsinne "unter den Hammer" kommt.

Heinz könnte einige Überlegungen anstellen welcher Preis zu erwarten ist.

Udo Groß
 
Heinz 7 Am: 25.02.2019 21:25:33 Gelesen: 436669# 493 @  
@ Lohengrin [#445]

Guten Abend Udo,

mit grossem Interesse habe ich in no. 1462 des "London Philatelist" (Januar 2019) die neuesten Erklärungen zu den Befunden gelesen. Im "London Philatelist" wird von früheren Aussagen ("fake") nun Abstand genommen und frühere Zertifikate von 2006 und 2014 wurden zurückgezogen und für nichtig erklärt.

Ob nun der Brief mit den drei seltenen Marken tatsächlich zur Auktion kommt, bleibt abzuwarten.

Einen allfälligen Verkaufspreis dafür vorauszusagen, ist äusserst schwierig.

Du schreibst von "11 anerkannten Stücken", was auch vermutlich genau übereinstimmt mit meinen Informationen:

Linn's Philatelic Gems, Band 3, von Donna O'Keefe, nennt auf Seite 79+80 folgende Zahlen:

"Nine stamps from plate 77 have been recorded - four unused and five used". Später wird erwähnt, dass ein Stück, das H.J. Crocker gehörte, beim Erdbeben in San Francisco 1906 zerstört wurde.

Neun minus eins = 8 plus die drei Marken auf "deinem" Brief = 11 Stück; ist das die Rechnung? Ich fände es besser, wenn wir nur von 9 Einheiten sprechen:

1 Brief mit 3 Marken
4 ungebraucht
4 gebraucht (davon mind. 1 auf Fragment)

Zwei ungebrauchte Marken sind in der Royal Collection und in der Tapling Collection, beide in London, also ist die Zahl der allenfalls verfügbaren Stücke wirklich sehr gering.

Die zwei Stücke, die Jacques vorstellte, sind offenbar sehrsehr teuer verkauft worden, siehe [#358].

Natürlich darf man erwarten, dass der Brief Victor Hugo nun einen noch höheren Preis erzielt, aber wer weiss das schon? Die Tatsache, dass der Brief lange Zeit als "gefälscht" galt, könnte potentielle Käufer abschrecken, sodass ein gigantisch hoher Preis nicht "garantiert" ist.

Ein Raritätenhändler würde den Brief aber wohl kaum unter einem Preis von GB£ 1 Million anbieten.

Ich bin nun auch gespannt, was wir rund um diesen Brief noch erleben werden.

Heinz
 
merkuria Am: 25.02.2019 23:22:57 Gelesen: 436634# 494 @  
Vor wenigen Tagen wurde wieder einmal eine gestempelte Hepburn Marke bei Christoph Gärtner verkauft. Dabei handelt es sich um die linke obere Bogenecke mit sauberem Stempel auf Ausschnitt. Dieses Exemplar darf wohl als das attraktivste gestempelte Stück der bisher 5 bekannt gewordenen gestempelten Marken bezeichnet werden.



Abbildung 43. Christoph Gärtner Auktion vom 20.02.2019

Ich möchte diesen Verkauf zum Anlass nehmen, mir einige Gedanken zur Wertentwicklung dieser modernen Rarität zu machen!

Betrachtet man als Schweizer Investor den 2005 bezahlten Preis von 167‘130 € (zu der Zeit 259‘050 CHF) im Verhältnis zum jetzt bewilligten Preis von 113‘896 € (z.Zt. 129‘430 CHF), muss doch von einem Verlust von annähernd 50% ausgegangen werden!

Die drei zwischen 2018 und 2019 verkauften gestempelten Exemplare haben generell auch in € tiefere Erlöse erbracht, als bei ihren letzten Verkäufen im Zeitraum 2005-2009.

Hier eine kleine Übersicht der bislang bekannt gewordenen Verkäufe:



Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 27.02.2019 00:46:42 Gelesen: 436339# 495 @  
@ merkuria [#494]

Ich mache mir auch oft Gedanken zu den Wertentwicklungen, und verschiedene Marken haben tatsächlich an Wert verloren seit den "ganz goldenen" Zeiten, als Dutzende von sehr reichen Sammlern die Preise für Grossraritäten hochtrieben. Aber wir sollten die Wertentwicklung meines Erachtens schon nicht dramatisieren. Die Schweiz hat mit dem Schock an der Währungsfront in dem betrachteten Zeitraum eine wirtschaftlich schwierige Zeit erlebt, als der Euro zum Schweizer Franken rund einen Drittel an Wert verlor (von ca. 1.60 auf ca. 1.10), das darf man nicht einfach nur "den Briefmarken" zuschieben, das war Währungspolitik der Nationalbank. Das ganze Preisverhältnis Schweiz / Europa verschob sich damals massiv.

Ich erachte Euro 92'000 als einen guten Zuschlagpreis für die schöne gestempelte Marke (Nummer 3 bei Dir). Dass die Marke 2005 einen Zuschlagpreis von Euro 135'000 erzielte hat die Ausgangslage für einen Vergleich zu "heute" nun sehr hoch geschraubt: der Preis 2019 beträgt für dieselbe Marke also nur noch 68 % des Rekordpreises von 2005. Dennoch sollten wir Euro 92'000 Zuschlag meines Erachtens nun nicht als brutalen Absturz darstellen.

Und wenn wir das 2017-Ergebnis der ungebrauchten vergleichen, stellen wir sogar einen klaren Aufwärtstrend bei den Preisen für postfrische Marken fest (obwohl natürlich die Ecke Rechts-unten ein Spitzenstück war). Dass das nächste Verkaufsresultat für eine postfrische Marke wieder tiefer liegen wird, ist wohl zu erwarten.

Wir dürfen gespannt sein.
Heinz
 
marc123 Am: 28.02.2019 14:10:24 Gelesen: 436009# 496 @  
@ Heinz 7 [#484]

"Aber die ex-Ferrary-Marke 1-Penny-Marke, die 1923 letztmals öffentlich verkauft wurde (meines Wissens), von DIESER Marke habe ich kein Farbfoto."



Hallo Heinz,

hier ein Farbfoto der Marke Nr. VIII (aus: Museumsstiftung Post und Telekommunikation (Hrsg.) Die Blaue Mauritius. Das Treffen der Königinnen in Berlin, 2011, 206). Die Marke wird als geringfügig beschädigt beschrieben. Ich finde dass sie auf dem Foto stark oxidiert wirkt.

In diesem Buch sind 26 der 27 Marken in Farbe abgebildet. Allerdings frage ich mich ob man wirklich noch von 27 Marken sprechen soll. Von der nicht abgebildeten Marke (Nr. XXV) ist nur bekannt, dass Théodore Lemaire das Stück 1917 gekauft hat, es 1918 an einen unbekannten Sammler verkauft wurde und dass der Verbleib der Marke unbekannt ist. Es handelt sich um eine beschädigte blaue Mauritius, die 1917 in einer Kiste mit wertlosen Briefmarken entdeckt wurde. Die Marke ist heftig entwertet (Museumsstiftung Post und Telekommunikation (Hrsg.) Die Blaue Mauritius. Das Treffen der Königinnen in Berlin, 2011, 230). Daher die Frage ob man diese Marke wirklich noch mitzählen soll. Immerhin wird sie seit 100 Jahren nicht mehr erwähnt außer in den Aufzählungen, es existiert keine Abbildung und man weiß nicht was im Krieg mit ihr passiert sein kann und ob sie überhaupt echt ist.

Beste Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 28.02.2019 21:05:15 Gelesen: 435919# 497 @  
@ marc123 [#496]

Hallo Marc,

danke für das Foto.

Mit Deinen Überlegungen, ob eine Marke, die seit nun mehr als 100 Jahren nicht mehr gesehen wurde, noch als "existent" zu führen sei oder nicht, hast Du natürlich recht. Echt wird sie wohl gewesen sein, sonst hätte sie Th. Lemaire wohl nicht gekauft, aber ob sie tatsächlich die letzten 100 Jahre überlebt hat, ist wirklich eine Frage wert.

Im Buch von Williams (1997/Vol. 2) wird sie auf Seite 153 geführt als Nummer 22 (XXV), aber ohne Foto, wie Du ja schreibst.

Das Buch vom "Treffen der Königinnen" werde ich mir wohl auch einmal anschaffen müssen.

Es gibt viele Grossraritäten, die seit Jahrzehnten verschollen sind. Wann man die Stücke aus den Auflistungen nehmen sollte, wird natürlich sehr individuell beurteilt.

Heinz
 
10Parale Am: 01.03.2019 14:29:01 Gelesen: 435699# 498 @  
@ doktorstamp [#10]

Rund 65 Millionen Penny Blacks waren gedruckt. Die Zahl an sich bildet schon längst keine Seltenheit. Begehrt ist sie ohnehin. Aber bei dieser Marke um Geld dafür zu bekommen, muß man eine von Platte 11 postfrisch auf die Wiege stellen. Alles andere geht stark Berg hinab.

Die berühmtesten Briefmarken müssen ja nicht unbedingt die wertvollsten, die wertvollsten nicht unbedingt die berühmtesten Briefmarken der Welt sein. Beispiele dafür gibt es in dieser Beitragsreihe genug. Welcher Laie kennt schon die Hintergründe der Herstellung auf verschiedenen Platten.

"Begehrt" ist diese Marke, wie doktorstamp ausführt, allemal.

Ich weiß nicht, ob ich berechtigt bin ein neues Thema zu eröffnen, aber mich würde eine Chronologie der ersten Marken aller Länder dieser Welt sehr interessieren, um es mal meinen Bekannten und Freunden, die keine Philatelisten sind, nahe zu bringen.

Ich zeige hier noch einen sehr schönen Abschlag (rotes Malteserkreuz) auf einer One Penny Black, die am 12. September 1840 in Preston belegt ist. Der komplett erhaltene Brief war kürzlich bei einem großen deutschen Auktionshaus im Angebot und wurde mit 330 Euro verkauft. Wer den Markt beobachtet, merkt schnell, dass schöne Belege nur noch im 3-stelligen, seltene Platten im 4-stelligen Bereich zu haben sind.

Liebe Grüße

10Parale


 
briefmarkenwirbler24 Am: 02.03.2019 11:03:25 Gelesen: 435535# 499 @  
Hallo zusammen,

es wurden in diesem Thread ja bereits zahlreiche Stücke der Altschweiz-Philatelie vorgestellt, dieses Sammelgebiet ist nicht umsonst eines der beliebtesten unter den Sammlern, denn Material gibt es in Hülle und Fülle sowohl für den kleineren als auch für den großen Geldbeutel.

Heute zeige ich euch einen Brief, der zwar preistechnisch nicht mit den ganz großen Stücken mithalten kann, aber dennoch m.E. eines der schönsten Briefe der Altschweiz ist.

Dieser Beleg wurde am 19.09.1854 in Lausanne aufgegeben und nach Bombay in Indien adressiert, via Genf, Lyon, Marseille, Alexandrien und Suez. Das Franko von 1.10 Fr setzte sich zusammen für einen Brief aus dem 2.Briefkreis über Frankreich nach Indien gemäß Tarif vom 01.01.1852. Ab Alexandrien wurde das Porto vom Empfänger bar bezahlt (vorderseitig vermerkt mit 1 s.)

Bezüglich Qualität, Seltenheit und Attraktivität einer der seltensten Übersee-Briefe der Altschweiz-Epoche.

Der Brief erzielte auf der Rapp Auktion 2010 immerhin einen Zuschlag von 75.000 CHF.

Liebe Grüße

Kevin


 
Heinz 7 Am: 02.03.2019 22:43:05 Gelesen: 435356# 500 @  
@ 10Parale [#498]

Die Erste Marke der Welt ist natürlich eine der berühmtesten und sie erreichte ja auch schon "Wahnsinns-Resultate" an Auktionen. Allerdings nicht die Einzelmarke, sondern als Super-Frankatur oder in grossen Einheiten.



2007 wurde die grösste Einheit der Penny Black versteigert, die heute noch in Privathand ist. Ein 18er-Block, der Plate 1b. Der 18er-Block war Los Nr. 8. Der 6-er-Streifen, der exakt zum Block passt war Los Nr. 9.

Ursprünglich war dies ein 24-er-Block. Irgendwann wurde der Sechserstreifen abgetrennt, aber später fanden die beiden Einheiten wieder zusammen.

2007 wurden beide zusammen angeboten. Als Einzellose 8 und 9 und vereint als Los Nummer 10. Sie waren Teil der William H. Gross Sammlung, und wurde bei Shreves Philatelic Galleries Inc., New York verkauft.

Los 8+9 hatten einen Schätzpreis von US$ 400'000 und US$ 30'000. Zusammen (als Los 10) wurden sie dann zugeschlagen zum mehr als doppelten - der Hammer fiel bei genau US$ 1'000'000.

Damit reiht sich diese Einheit (der jetzige 18er-Block) in die Reihe auch der wertvollsten Marken ein (nicht nur der berühmtesten).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.03.2019 23:21:00 Gelesen: 435348# 501 @  
@ Heinz 7 [#489]

Ich habe vor zweieinhalb Monaten die Top-10-Resultate der Ferrary-Auktionen alle vorgestellt und gezeigt, dass die Listen von Schubert und Haas der Jahre 1912 und 1905 sehr zuverlässige Gradmesser waren, oder - mit anderen Worten - von den Ferrary-Auktionen weitgehend bestätigt wurden.

Damit ist aber die Geschichte noch nicht zu Ende, sondern ich betrachte gerne auch weitere Resultate der Ferrary-Auktionen und vergleiche sie mit den heutigen Werten und mit den Listen von Schubert und Haas.

An der 2. Auktion erzielte das folgende Los 506 ein hohes Resultat von FRF 29'000:



(hier ist dasselbe Los, die Abbildung ist aber aus einem Auktionskatalog von 1974)

Los 506 tauchte meines Wissens 1921 zum ersten Mal an einer Auktion auf. Es war ein kleines Briefstück mit den sehr seltenen Marken 81 Parale und 27 Parale, die einzeln bei Haas 1905 sehr weit vorne platziert waren:

6. Platz: Rumänien 1858, 81 Para blau auf bläulich
18. Platz: Rumänien 1858, 27 Para schwarz auf rosa

Bei Schubert schafften es die Marken gar auf Platz 4 und 57.

Das Resultat 1921 des Briefstückes mit BEIDEN Marken war also FRF 29'000 (plus Aufgeld), dies ergab ca. Platz 56 von allen Einzellosen bei Ferrary. Wir sehen also, dass es bei den Ferrary-Verkäufen eine Fülle von hohen Resultaten gab.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.03.2019 00:30:15 Gelesen: 435330# 502 @  
@ Heinz 7 [#501]

Die Rechnerei ist etwas tricky, aber ich denke, so passt es:

15.10.1921 = FRF 29'000 + 17.5 % = FRF 34'075 = GB£ 640.5075 = CHF 13'556
31.12.1921 = CHF 13'649
31.12.1999 = CHF 165'396
31.12.2018 = CHF 178'429

Das heisst aber nichts anderes, dass dieses Stück heute (bzw. 2011) wesentlich günstiger zu kaufen war, als 90 Jahre zuvor. An der Auktion vom 9.9.2011 in Zürich wurde das gute Stück (nun als Los 6028 der Auktion 171 Corinphila Zürich) nämlich für "nur" CHF 62'000 + 20 % = CHF 74'400 zugeschlagen.

Rund TCHF 75 statt rund TCHF 173 (2011), also ca. 57 % Wertverlust. Das mag überraschen.

Das gibt eine ganz neue Optik. Vielleicht sind die Top-Stücke von Rumänien heute einfach krass zu tief bewertet?

Ich jedenfalls habe ca. 1990 eine ähnliche Rechnung gemacht und bin damals zum Schluss gekommen, dass Rumäniens Weltraritäten damals (1990) verhältnismässig sehr günstig waren. Ich habe in den letzten 28 Jahren viel eingekauft. Seit 1990 ist das Preisniveau für Rumänien aber generell deutlich gestiegen.

Immerhin kann ich festhalten, dass einige meiner Briefmarken seit 100 Jahren immer den Preis hatten, den ich dafür selbst bezahlt habe. Das ist eine Feststellung, die mir natürlich gefällt.

Natürlich hatte ich vielleicht auch etwas Glück, dass sich Rumänien allgemein gut entwickelt hat, aber das ist meines Erachtens kein Zufall.

PS. Allerdings - bei anderen Sammelgebieten sieht meine Rechnung deutlich weniger "schön" aus, als bei Rumänien. Bei anderen Gebieten (z.B. Schweiz postfrisch) habe ich einiges Geld "verloren" (Wertverlust; heute könnte ich dieselbe Sammlung deutlich günstiger kaufen als vor 25 Jahren). Doch das will ich gar nicht so genau wissen.

Heinz
 
10Parale Am: 03.03.2019 17:09:03 Gelesen: 435129# 503 @  
@ Heinz 7 [#500]

Nun, ich bin sehr froh, dass die erste Briefmarke der Welt keine Rarität darstellt und für jeden Sammler und Bürger noch relativ günstig zu erwerben ist.

Wenn man bedenkt, dass die Marke sozusagen in einem Riesenbogen (240 Marken) hergestellt wurde, ist es nahezu verwunderlich, dass kein kompletter Bogen anscheinend überlebt hat.

So sind größere Einheiten, - wie Du sie in [#500] vorstellt -, tatsächlich berühmt und wertvoll zugleich. Das begeistert den Sammler.

Wie doctorstamp (#10) bereits ausführte, ist ja die 11. Platte die absolute Seltenheit, da Ihre Herstellung in eine Zeit fiel, als die schwarze Penny durch die rote Penny ersetzt wurde, aber leider noch keine schwarze Stempelfarbe vorhanden war.

700 Bögen sollen von der Platte 11 gedruckt worden sein, was eine Gesamtsumme von 240 x 700 = 168.000 Marken der Platte 11 bedeutet. Traugott Haefeli-Meylan berichtet in seinem Werk "Die Entstehung der Briefmarke", dass man schätzt, dass noch ca. 8 - 10 % der hergestellten Marken (vom Knochen bis zum Edelstück) vorhanden sind. Das hieße, - bezogen auf die Platte 11 -, dass es noch etwa mehr als 13.000 von diesen Marken gäbe.

Was die Preisentwicklung der einzelnen Marke betrifft, war die One Penny Black im Jahr 1900 etwa für 3 Pence zu kaufen. 1966 kostete solch eine Marke durchschnittlich 3 Pfund auf dem Markt (Quelle: RARE STAMPS, 1967 by George Weidenfeld and Nicolson Ltd.). Wer jetzt 2019 mal die Verkaufsplattformen durchstöbert, findet schnell, dass einzelne Marken in einigermaßen gutem Zustand schon 2- 3-stellige, manchmal sogar 4-stellige Beträge kosten (natürlich wieder je nach Platte etc.).

Was Einheiten betrifft, bietet ein Deutsches Auktionshaus in den nächsten Tagen einen 4-er Block an, der von der Royal Philatelic Society attestiert wurde und einen 5-stelligen Betrag kostet (im Ausruf!).

doctorstamp hat ihn erwähnt, und ich zeige ihn hier einmal. Ich fand eine Abbildung eines 9-er Block der Platte 11 mit der Plattennummer am Bogenrand.
Bis 1956 war dieser Bogen im Besitz von H.C.V. Adams. Wo er sich heute befindet, weiss ich nicht.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 08.03.2019 20:55:20 Gelesen: 434086# 504 @  
@ Heinz 7 [#502]

Was haben die Jahre 1908, 1921, 1933, 1955 und 1962 gemeinsam?

Richtig! In diesen Jahren wurden die Verkäufe der wohl grössten philatelistischen Sammlungen gestartet von "Titanen" unter den Briefmarkensammlern:

1908 Erard Le Roy d'Etiolles
1921 Philipp La Renotière von Ferrary
1933 Arthur Hind
1955 Alfred Caspary
1962 Maurice Burrus

Sie alle hatten märchenhafte Sammlungen "Ganze Welt", über die wir hunderte Beiträge schreiben könnten. Diese Auktionen setzten Massstäbe der Philatelie.

Ich habe die obige Reihe mit 1962 beendet. Gab es denn seither keine solchen Verkaufsserien mehr? - Hat die Welt seit mehr als 50 Jahren keine solchen Grossereignisse mehr erleben dürfen?

Nun, es gab 1970-2018 viele grossartige Sammlungsauflösungen - doch meistens betrafen sie nur einzelne oder wenige Länder. Eine Ausnahme finden wir bei British Commonwealth, für die wir grosse Verkaufsserien bewundern konnten (z.B. Bailie, Chartwell). Aber "ganze Welt"? - -

Joseph Hackmey kommt diesem Generalisten vielleicht noch am nächsten. Er hat schätzungsweise 2 Dutzend Länder auf Grossgold/Grand-Prix-Niveau formen können (sorry, Mister Hackmey, vermutlich sogar noch mehr...) aber seine Sammlungsverkäufe erstrecken sich auf mehr als 30 Jahre! Er hat viele Gebiete abgeschlossen, und neue eröffnet. Er hatte einen Grossteil seiner Sammlungen nacheinander, nicht gleichzeitig. Darum ist es schwieriger, sein "Gesamtwerk" zu würdigen.

Nun blüht uns 2019 offenbar ein neuer grandioser Meilenstein in der Philatelie: Erivan Haubs Sammlungen kommen zum Verkauf! Diese Tage erhielten viele Sammler die Köhler-Kataloge zur März-2019-Auktion. Darin sind auf vielen Farbseiten die ersten Verkäufe angekündigt der Sammlungen von Erivan Haub (ab Juni 2019).

Ich kenne den Umfang seiner Sammlungen nicht. Aber er sammelte viel ... und ... das Beste von Besten! Viele seiner Spitzenstücke figurieren unter den absoluten Top-Raritäten weltweit.

Vielleicht ist es also angezeigt, das Jahr 2019 in die denkwürdige Reihe der grössten Sammlungsauflösungen "ever" aufzunehmen?

Ich jedenfalls freue mich gewaltig auf die bevorstehenden Auktionen. Ich bin überzeugt, wir werden viele Überraschungen erleben. Und ich denke, es werden POSITIVE Überraschungen sein!

Heinz
 
briefmarkenwirbler24 Am: 08.03.2019 21:13:51 Gelesen: 434080# 505 @  
@ Heinz 7 [#504]

Hallo Heinz,

Ich kenne den Umfang seiner Sammlungen nicht.

Vielleicht ist es also angezeigt, das Jahr 2019 in die denkwürdige Reihe der grössten Sammlungsauflösungen "ever" aufzunehmen?

Du kannst das "Vielleicht" bedenkenlos streichen und der Verkauf seiner Sammlung(-en) wird sich definitiv in die Reihe der oben genannten Herrschaften einreihen und ich würde sogar behaupten, dass er einige von ihnen locker "überholen" wird. Während meiner Zeit im Hause Köhler konnte ich das ein oder andere Stück sehen und sei gewiss, es werden absolute Bomben zum Vorschein kommen!

Liebe Grüße

Kevin
 
Heinz 7 Am: 08.03.2019 22:04:04 Gelesen: 434065# 506 @  
@ Heinz 7 [#504]

Seit ich 2016 in New York die märchenhafte Sammlung „USA Postmeistermarken“ von Erivan Haub entdeckte, bin ich absolut begeistert über diese Sammlung. In dieser Sammlung ist eine unglaubliche Anzahl grösster Seltenheiten vertreten; atemlos fragt man sich, wie es möglich ist, so viele Unikate und extrem seltene Stücke in einer Sammlung anzuhäufen.

An den Ferrary-Auktionen erzielten 10 Lose ein Verkaufsresultat von mehr als 100‘000 Französischen Francs. Ich habe diese Stücke oben vorgestellt.

Auf Platz 13 der Rekordliste aller Ferrary-Verkäufe folgt ein Brief mit einer Marke aus Lockport (New York), also eine Postmeister-Marke der USA aus dem Jahr 1846. Man kennt bis heute nur diese EINE Marke. Man fand zwar einen Brief, der ursprünglich wohl sogar zwei Lockport-Marken trug, aber diese waren früh schon abgerissen worden. So ist das Unikum bis heute einzigartig geblieben.



Ende der 1890-er-Jahre kam diese Marke in die Sammlung von Ferrary. In den Listen von Haas und Schubert fehlte sie, aber 1922 kam die Marke zum ersten Mal zu der ihr gebührenden Ehre: An der 3. Ferrary-Auktion erzielte sie den schwindelerregenden Preis von FRF 75‘000. Das bedeutete Platz 13 in der Liste aller Einzellose!

Die Lockport-Briefmarke fand höchste Beachtung bei den Sammlern und zierte die grossartigen Sammlungen von Arthur H. Hind, Alfred Caspary, Josiah K. Lilly und John R. Boker.

Diese Marke fehlt in der Sammlung von Erivan Haub. 1989 hätte die Gelegenheit bestanden, sie zu kaufen; offenbar war ein anderer Käufer aber erfolgreich. Das obige Foto stammt aus dem Katalog von 1989 (Christie's Robson Lowe New York). Haub sammelte damals bereits Postmeistermarken der USA. Warum er die Gelegenheit nicht nutzte, wissen wir nicht. Am Preis kann es kaum gelegen haben. Aber auch ein "Briefmarkenkönig" verpasst einmal etwas.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.03.2019 22:26:19 Gelesen: 434058# 507 @  
@ Heinz 7 [#506]

In demselben Auktionskatalog ist auch ein weiterer Brief "Lockport" gezeigt, der aber arg beschädigt ist. Beide Marken sind abgerissen worden.

Dennoch ist der Brief natürlich sehr wichtig. Er beweist, dass in Lockport solche Marken zum Einsatz kamen. Andere Briefe aus dem Gebiet, ohne Marken, kosteten 5 Cents, wie aus handschriftlichen Notizen hervorgeht.



Dieser defekte Brief wertet also den oben gezeigten Lockport-Brief (Beitrag [#506]) auf.

Die Lockport-Postmeisterausgabe gehört seit 1922 zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.03.2019 23:10:09 Gelesen: 434047# 508 @  
@ Heinz 7 [#506]

Sorry, sorry !

Erivan Haub HATTE das Lockport-Unikum in seiner Sammlung!

Auf Seite 45 im Buch "Edition Spéciale" ist die Marke abgebildet, in ganzer Pracht!

Und auch der Brief mit den zwei Überbleibseln ist abgebildet im Buch: Seite 43.

Es wäre auch erstaunlich gewesen, wenn Haub diese Chance ungenutzt hätte verstreichen lassen: 1989 hatte er bereits sehr wichtige Stücke in seiner Postmeister-Sammlung - da hat er in New York bei Christie's gerne dazugekauft!

Heinz
 
10Parale Am: 09.03.2019 11:29:55 Gelesen: 434014# 509 @  
@ Heinz 7 [#102]

"Der Streifen war auch in der Angelo Lima-Sammlung Brasilien enthalten, die bei David Feldman versteigert wurde. Der Erlös (1993) für dieses eine Los war meines Wissens eine glatte Million Schweizer Franken (plus 15 % Aufgeld)."

"The Pack Strip", wie dieser einzigartig rare Dreierstreifen aus Brasilien heißt, wurde an einer Auktion in London 1963 für £ 8.250,-- versteigert.(Quelle: RARE STAMPS, 1967 by George Weidenfeld and Nicolson Ltd., Second Impression 1970, printed in Germany)

So, 30 Jahre später kostete der Fetzen Papier schon eine glatte Million Schweizer Franken. Was für eine unglaubliche Steigerung!

Danke an Martin de Matin, sein Beitrag über die Ochsenaugen Brasiliens in #20 in "Die ersten Briefmarken von 1840 - 1899" hat mich angeregt, noch einmal nachzuforschen.

Liebe Grüße
10Parale
 
Heinz 7 Am: 10.03.2019 18:14:35 Gelesen: 433960# 510 @  
@ Heinz 7 [#504]

Erivan Haub hat eine sensationelle Sammlung von US Postmeistermarken zusammengetragen (USA und Confederate States). Vielleicht "die beste aller Zeiten?". Viel Konkurrenz hat er jedenfalls zweifellos hinter sich gelassen... Allenfalls die Sammlung Alfred Caspary war gleich gut wie die von Erivan Haub. Es wäre eine interessante Arbeit, die zwei Sammlungen miteinander zu vergleichen. Ich masse mir noch kein abschliessendes Urteil an.

Ich weiss nur noch, wie ich 2016 in New York vor der Sammlung E.H. stand, und meinen Mund vor Staunen minutenlang nicht mehr zubekam.

Dass diese Sammlung nun zur Auktion kommt, ist ein "Ganz-Gross-Erlebnis" für uns Philatelisten.

Wenn wir nach Superlativen suchen, fällt uns natürlich auch die Sammlung Ferrary (1921 etc) ein und wir fragen uns, wie er denn mit den grossen Seltenheiten Postmeistermarken USA/CSA bestückt war?

In meiner (provisorischen) Rangliste von Ferrary finden wir "items" aus diesem Sammelgebiet auf.

...Platz 5 - Boscawen
Platz 13 - Lockport
Platz 16.1 - Alexandria
Platz 16.2 - Baltimore
Platz 21 - New Haven
Platz 50 - Annapolis
etc.

Boscawen, Unikum, habe ich bereits vorgestellt. @ Heinz 7 [#475], ebenso
Lockport, Unikum, @ Heinz 7 [#506]

Beide diese Stücke sind in der Sammlung Erivan Haub! Und sein Schmuckstück ist vielleicht der sensationelle "Blue Boy"?



Dieser Brief erregte 1981 grösste Aufmerksamkeit, als David Feldman den damalige Weltrekord-Preis von US$ 1'000'000 bekanntgab (Privat-Verkauf).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.03.2019 18:42:25 Gelesen: 433950# 511 @  
@ Heinz 7 [#510]

"The second top" steht zum "Blue Boy" im Buch:

"Bolaffi 1970-1990; Twenty Years of philatelic records"

1981 zahlte ein Sammler die Rekordsumme von 1 Million US-Dollars für das Unikum "Alexandria auf bläulichem Papier". Heute wissen wir, dass es Erivan Haub war.

1985 wurde dieses Resultat übertroffen. An den legendären "Boker-Sales" Altdeutschland wurde für den Brief Baden Fehldruck der Betrag von DM 2'300'000 bezahlt, dies wurde von Bolaffi 1994 umgerechnet in US$ 1'770'000.

Zum Verkauf 1985 vgl. Beitrag [#486]

Heute wissen wir, dass der Käufer des Baden-Fehldruckes auch Erivan Haub war! Er war denn im oben genannten Buch von Bolaffi auch auf Platz 1.

Wie war denn die Situation bei Ferrary bezüglich Postmeistermarken USA/CSA?

Nun, ich habe gezeigt, dass ein hohes Resultat auch für Alexandria erzielt wurde.

Aber - das war nicht der Blue Boy!

Nein! Dieses Unikum war NICHT in der Sammlung Ferrary und damit eine der wenigen Marken, die Ferrary nie bessas! Sie war erst 1907 entdeckt worden und wanderte sofort in die USA-Sammlung des Sammlers George H. Worthington.

Hinweis: in Caspary's Sammlung war sowohl der "Blue Boy" als auch das Lockport-Unikum!

Heinz
 
10Parale Am: 10.03.2019 20:37:31 Gelesen: 433931# 512 @  
@ Heinz 7 [#511]

Der Blue Boy beinhaltete eine romantische Liebesgeschichte, die es verdient hat, den Brief auch in dem Thread "Motiv Liebe" zu präsentieren.

Ich mache es daher kurz:

James Wallace Hooff und Jannett Brown waren ein Liebespaar und der James schrieb seiner Auserwählten ein paar Zeilen, denn die Auserwählte war zu Besuch bei
Verwandten in Richmond, Virginia. Da James und Jannett nicht wollten, dass etwas ans Tageslicht kam, schrieb er am Ende des Briefes: "Burn this letter".

Gott sei Dank hat sie es nicht gemacht, sonst hätte E.H. und der Rest der Welt niemals davon Nutzen ziehen können!

Ich hoffe, wenigsten einer meiner Lebensleistung an Liebesbriefen (hält sich in Grenzen) verfasster erlangt eines Tages ähnlichen Ruhm (Spass).

Kurz noch etwas zum weiteren Werdegang dieses Briefes, den Heinz7 ja schon nannte:

- Die Tochter von Jannett, Mrs. Fawcett, fand "Blue Boy" 1907 unter einem Stapel Briefen.
- Ein unbenannter Händler bot Mrs. Fawcett 3.000 $., war aber wohl nicht schnell genug, denn George H. Worthington kaufte den Brief für genau 3.000 $.
- 1922 landete Blue Boy in der Sammlung von Caspary.
- 1955 soll der Brief, - als ihn Caspary verkaufte -, 10.000 $ gebracht haben.
- 1967 wurde der Brief bei A. Siegel für 18.500 $ verkauft (Ex-Sammlung Josiah K.Lilly).

Quelle (RARE STAMPS: siehe Beitrag [#503])

10Parale
 
Heinz 7 Am: 13.03.2019 14:19:15 Gelesen: 433474# 513 @  
Unser Thema heisst "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt". Ich zeige nun einen Brief, der trägt eine recht unscheinbare Briefmarke (80 Centimes, Yvert no. 32b) auf einem Brief, der zwar nett aussieht, aber auch nicht unbedingt erahnen lässt, warum denn dieser Brief so teuer ist ?



Als ich den Brief mit Euro 75'000 ausgeschrieben sah, dachte ich mir, er bliebe wohl unverkauft. Aber nein, auf der Ergebnisliste von Behr "Auktion Drouot 18, mail auction 37" sehe ich ein Resultat von satten Euro 82'650.

Behr ist ein grosser Raritäten-Händler, der es nicht nötig hat, seine Schätze unter Wert zu verkaufen. Seit vielen Jahren kann das Haus immer wieder schöne Stücke anbieten, und die Preisliste ist "gehobener" als anderswo.

Nun aber zur "Auflösung" unserer Frage: warum ist dieser Brief so teuer?

Nun, es ist ein einmaliger Brief "Ballon Monté". Ein Mitarbeiter der Bank Rothschild hat 1870 während der Belagerung von Paris via Ballon monté einen Brief nach Mexiko gesandt! Kein Wunder, dass mit dieser Destination/Beförderungsart nur dieser eine Brief existiert.

Er ist übrigens nicht nach Mexiko geflogen, damit dies klar ist. Der Ballon ging auf europäischem Boden nieder und dieser Brief wurde via England (London) weiter geschickt.

Ballon monté-Briefe gibt es einige schöne/teure. Solche Briefe kosten dann auch gelegentlich sehr viel, wie hiermit gezeigt wird.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 13.03.2019 18:23:01 Gelesen: 433429# 514 @  
@ Heinz 7 [#513]

Hallo Heinz,

DAS ist ein Traum - ein teilfrankierter Ballonpostbrief bis 4 g nach Mexiko - dort für 2 Reales zum Empfänger. Super, das ist bei dieser Thematik wohl nicht mehr zu toppen, daher auch der Preis.

Danke fürs Zeigen dieser Bombe und liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 19.03.2019 22:27:57 Gelesen: 432739# 515 @  
@ Heinz 7 [#504]

Oben habe ich 5 Sammler genannt, die wohl mit gutem Grund zu den "grössten Sammlern aller Zeiten" gezählt werden dürfen. Ich denke, mit den neu bekannt gewordenen Angaben zu den Sammlungen von Erivan Haub dürfen wir die obige Liste getrost erweitern um eben diesen Sammler: Erivan Haub.

Nicht weniger als 30 Auktionen sind geplant, um seine zahlreichen Sammlungen aufzulösen! 8000 Lose soll das "Gesamtwertk" umfassen (siehe: "Thema: Erivan Haub Sammlungen werden bei Köhler, Corinphila und Harmers versteigert" / Beiträge 1 und 2 von Richard).

Wir dürfen also gespannt sein auf das, was kommt! Hoffen wir, dass einige lang vermisste Raritäten vielleicht wieder auftauchen 2019-2024. Das wird mit Sicherheit eine sehr informative Standortbestimmung des aktuellen Preisgefüges für einige Raritäten geben.

Die oben genannten Sammlungen Ferrary (etc.) waren gerade darum so spannend, weil innerhalb relativ kurzer Zeit riesige Sammlungen auf den Markt kamen mit zig- Weltraritäten. Welche Marken 2019-24 nun am eifrigsten beboten werden, und ob die zur Zeit gültigen Einschätzungen der Experten danach gross überarbeitet werden müssen, wird sich weisen.

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.03.2019 23:27:20 Gelesen: 432732# 516 @  
@ Heinz 7 [#510]

Als 1981 der "Blue Boy" für 1 Million Dollar verkauft wurde, bedeutete dies einen neuen Preisrekord. Hier ein Bild von der Albumseite, das ich 2016 in New York machen konnte:



Seither gilt bei vielen Sammlern dieser Brief als DAS Spitzenstück der USA-Philatelie und vielleicht sogar weltweit. Diese Meinung ist sicher nicht "falsch", wenn man sich den Preis vor Augen führt und im Bewusstsein, dass dieses Stück ein UNIKAT ist.

Aber es ist doch auch hilfreich zu wissen, dass diese Einschätzung seit 1981 ihre Berechtigung vielleicht wohl hat, aber ZUVOR unser "Wunderbrief" von ähnlich prächtigen Konkurrenten sogar noch übertroffen wurde:

10 Parale nennt die Verkaufsstationen des "Blue Boy" (siehe @ 10Parale [#512]). Knüpfen wir daran an, so sehen wir, dass sowohl bei Josiah Lilly (1967) als auch bei Alfred Caspary (1955) andere Lose noch teurer wurden als "Alexandria blau". Das gilt sogar allein für das Gebiet USA! Und "weltweit" gab es damals gleich mehrere Stücke, die damals höher eingeschätzt wurden, als der Blue Boy.

Ob also der USA-Blue Boy-Brief dieses Mal seine Konkurrenten (aus dem eigenen Lager/US-Postmeister-Ausgaben und weltweit) schlagen wird, ist eine Frage, die einige Spannung birgt.

Wir müssen uns vor Augen führen, dass der Brief in 173 Jahren erst das dritte Mal öffentlich versteigert wird! Er wurde erst 1907 (einundsechzigjährig!) entdeckt und dann ein paar Mal verkauft, aber meistens privat. An öffentlichen Auktionen war er erst bei

H.R. Harmer Inc., New York, 1955
Robert Siegel, New York, 1967.

52 Jahre sind seither vergangen.

Heinz
 
Koban Am: 20.03.2019 01:29:10 Gelesen: 432724# 517 @  
@ Heinz 7 [#513]

Nicht die Destination Mexiko macht diesen Ballonbrief zu einem Unikat (es gibt mehrere Briefe nach Mexiko), sondern die Verwendung einer ungezähnten(!) Mi 31.

Die Marke gehört zu einer sehr kleinen, für den Bankier Rothschild hergestellten, ungezähnten Auflage (émission Rothschild).

Dass es sich beim Absender F.MITJANS & CIE um einen "Mitarbeiter der Bank Rothschild" handeln soll, könnte eine übersetzungsbedingte (?) Verstümmelung sein.

Gruß,
Koban
 
Heinz 7 Am: 24.03.2019 20:19:18 Gelesen: 432271# 518 @  
@ Heinz 7 [#489]

Die zehn Top-Ergebnisse der Ferrary-Auktionen habe ich Ende 2018 vorgestellt.

Nach meiner Tabelle ist auf Platz 11 folgende Briefmarke:



Auktion 4 (14.-16.6.1922) Los 319

Hawaii Nr. 1, gestempelt

Obwohl im Auktionskatalog knapp und gnadenlos beschrieben als "défectueux" erreichte die Marke einen sehr hohen Zuschlag.

Wir wissen, dass Hawaii sehr beliebt war, damals. Schon Platz 3 und 9 sind belegt durch die Hawaii Nr. 1!

Die Nummer 1 gibt es heute nur noch 15 Mal:
1 x ungebraucht
1 x auf Brief
1 x auf Fragment
12 x gestempelt.

Mindestens 4 davon sind zudem in Museen, also ist die Auswahl für diese klassische Schönheit sehr klein.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 24.03.2019 21:39:53 Gelesen: 432250# 519 @  
@ Heinz 7 [#518]

Ich hätte noch ein paar Anmerkungen zu diesem Exemplar der Hawaii Nr.1.

Gemäß der Beschreibungen im Siegel-Census und den Angaben im Honululu Advertiserkatalog ist dieses Exemplar einer der am meisten durch die verschiedenen Sammlungen gewanderten Hawaii Nr. 1. Die Marke ist auf ein Stück Papier montiert und ist wohl unter dem Wort Two repariert, aber es ist die einzige Nr.1 mit mit einer Entwertung von gekreuzten Balken.

Interessant sind die Preisangaben im Burruskatalog:

Ferrary 1922: 8750 Dollar
Hind 1935: 7410 Dollar
Wilson 1943: 7200 Dollar
Harris 1954: 4750 Dollar

Der Schätzpreis bei Burrus war 7500 Dollar. Der Zuschlag 6750 Dollar.

Interessant ist der Preisabfall zwischen 1922 und 1954.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 26.03.2019 23:24:37 Gelesen: 432114# 520 @  
@ Martin de Matin [#519]

Lieber Martin,

es freut mich, dass auch Du Dich für Preisentwicklungen interessierst. Diese verlaufen sehr uneinheitlich.

Hawaii war 1912 hoch bewertet und die Resultate 1922 bestätigten die Katalogpreise oder übertrafen sie sogar. Hawaii wurde sehr teuer bezahlt. Die gezeigte Marke erzielte einen Preis von

GB£ 1847 oder US$ 8253 (meine Umrechnung).

Umgerechnet auf heute errechne ich einen Wert von sage und schreibe CHF 473'000 per 31.12.2018.

Wir haben gesehen, dass heute einzelne Marken die Preise von 1922 übertreffen, andere aber liegen z.T. auch deutlich darunter. Vermutlich war Hawaii 2 Cents gestempelt vor 97 Jahren auf dem Höhepunkt ihres Wertes. Du zeigst spätere Auktionsresultate. Der Katalogwert lag im Jahr 2010 bei Euro 300'000 (Michel).

Es war das erklärte Ziel meiner Arbeiten zu zeigen, dass

a) Die Briefmarken (Raritäten) schon vor (mehr als) 100 Jahren hohe Preise erzielten
b) einzelne Marken sich aufwärts, andere aber abwärts bewegten (preislich)

Nochmals sei auch gesagt, dass es natürlich eine Rolle spielt, wie die Wertentwicklung berechnet wird! Bleibt man im Dollar-Raum oder rechnet um in GB£? - Meine Methode mit Umrechnung in Schweizer Franken hat wichtige Vorteile, aber man MUSS das natürlich nicht so machen.

Die Marke ziert heute übrigens die Sammlung von Claes Anrup FRPSL aus Schweden!

Heinz
 
10Parale Am: 28.03.2019 12:38:07 Gelesen: 432004# 521 @  
@ Hornblower [#59]

In Stockholm wird in Kürze ein Baden Fehldruck versteigert.

Vielleicht für lange Zeit die letzte Chance.

10 Parale
 
Heinz 7 Am: 31.03.2019 17:55:30 Gelesen: 431748# 522 @  
@ 10Parale [#521]
@ Hornblower [#59]

Lieber 10 Parale,

Du weisst, dass in Stockholm nicht "irgend ein" Baden Fehldruck zur Auktion kommt, sondern DER Sensations-Brief, der 1985 den Rekordpreis von DM 2'300'000 erzielte?

siehe [#486]

Gemäss anerkannten Informationen gibt es von dieser Marke nur 4 Stück:

Brief Orschweier, 20.7.1851
Brief Ettenheim, 25.8.1851 (siehe Beitrag 486)
Fragment, gestempelt mit Ringstempel "2" von Achern (siehe Beitrag 59)
ungebrauchte Marke, 1991 verkauft bei David Feldman

Da der erste Brief bereits im XIX. Jahrhundert ins Reichspostmuseum Berlin gelangte sind nur noch drei Exemplare für Sammler erreichbar, wobei der Brief Ettenheim bestimmt das attraktivste Exemplar ist. Dieser Brief erzielte 1985 einen viel beachteten Weltrekord als teuerste philatelistische Einheit.

Der Ettenheim-Brief wurde seit seiner Entdeckung 1894 erst vier Mal an einer Auktion verkauft:

- 1894
- 1923
- 1956
- 1985

Er war, wie inzwischen bekannt wurde, ebenfalls in der Sammlung von Erivan Haub, dessen Sammlung nun in 30 Auktionen verkauft werden soll, siehe [#515].

Viele Philatelisten freuen sich auf diese Erivan Haub-Auktionen. Sie werden ein wichtiger neuer Masstab sein für einige der teuersten Marken der Welt.

Liebe Grüsse
Heinz
 
Martin de Matin Am: 31.03.2019 19:30:42 Gelesen: 431727# 523 @  
@ Heinz 7 [#522]

Hallo Heinz,

du führst in deiner Aufzählung auch einen ungebrauchten Fehldruck auf, der 1991 bei Feldmann versteigert wurde. Dieses Exemplar wurde am 9.6.1990 bei Joachim Erhard als Teil der Koch-Badensammlung versteigert. Der Ausruf war 12.000 DM, und soweit ich mich erinnere war der Zuschlag unter 50.000 DM. Allerdings wurde die Marke nicht als Fehldruck sondern als Probedruck beschrieben. Bei Feldmann wurde sie als hochgejubelter Fehldruck mit einem deutlichen sechsstelligen Preis angeboten. Sie war soweit ich mich erinnere mit einem gemeinsamen Attest/Gutachten von mehreren Prüfern versehen. So wurde aus einem Probeduck ein Fehldruck. Optisch entspricht die Marke auch nicht ganz den anderen Fehldrucken. Korrigiere mich falls ich mich bezüglich meiner Erinnerungen täusche.

Gruss
Martin
 
marc123 Am: 31.03.2019 20:45:15 Gelesen: 431707# 524 @  
@ Martin de Matin [#523]

Hallo Martin,

die ungebrauchte Marke wurde nach 1991 (verkauft für CHF 690000), noch einmal am 4. April 2008 bei Feldman in einem Spezialkatalog eigens für diese Marke angeboten. Schätzpreis 1-1,5 Millionen Euro. Verkauft für 1 314 500 Euro. Weiter wurde sie laut Katalog noch einmal 1997 "Pacific 97" verkauft. Erstmals verkauft auf einer Auktion in Berlin 1919 (Sammlung Trubsbach).

Die hellere Farbe und das verdunkelte Gummi durch die einige Zweifel aufkamen, werden laut Auktionskatalog dadurch erklärt, dass die Marke während der Bombardierung Berlins im zweiten Weltkrieg in einem feuerfesten Safe überlebte.

Atteste liegen bei von Calves (1995), J-R Brun (1995), Göbel (1992) und Heinz Georg Richter (1995). Interessant ist dass diese alle nach 1991 sind, das gemeinsame Attest wird 2008 nicht erwähnt.

In einem anderen Thema https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=12688&CP=0&F=1 Beitrag 31 hat Markus Pichl heute folgendes geschrieben: Welches Prüfungsergebnis würde heute bei einer Prüfung von Baden 4 F oder der Schweden 1 F herauskommen?

Marcus, es wäre sicher spannend und es würde mich sehr freuen hier Deine Meinung zu hören.

Liebe Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 01.04.2019 23:39:25 Gelesen: 431513# 525 @  
@ Martin de Matin [#523]

Lieber Martin,

es ist mir bekannt, dass die ungebrauchte Marke 1991 stark diskutiert wurde. Ich bin froh, dass Marc hierzu wertvolle ergänzende Information geben konnte, siehe [#524].

Offenbar gibt es doch ein paar Sammler, die von der Echtheit des ungebrauchten Exemplares überzeugt sind, denn sonst wären die bezahlten Preise kaum zustande gekommen. Ich erachte es als zulässig, das Exemplar als gültigen Fehldruck zu anerkennen. Es ist mir aber bewusst, dass es auch andere Meinungen gibt.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Hornblower Am: 02.04.2019 09:16:08 Gelesen: 431446# 526 @  
Hallo zusammen,

das ungebrauchte Stück verfügt über kein anerkanntes Attest eines Baden-Prüfers - warum wohl?

Ich habe mich lange und intensiv damit befasst und in den Rundschreiben der ArGe Baden auch darüber ausführlich geschrieben. Nach meiner Ansicht stammt das Stück von Julius Maus (1855-1934), der seinerzeit ein Originalklischee der 9-Kreuzer-Marke besaß und damit philatelistische Spielereien anfertigte, wie den "Simon-Brief" oder den "Maus-Bogen", um nur zwei zu nennen.

Was die angeblich gezahlten Preise anbelangt, sehe ich diese sehr kritisch, ich glaube sie offen gestanden nicht. Aber das ist meine Sicht der Dinge, die wohl auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Ich würde es daher auch nicht in dieser sehr verdienstvollen Liste führen.

Beste Grüße
Michael Ullrich
 
Hornblower Am: 02.04.2019 09:27:45 Gelesen: 431443# 527 @  
Ich habe meinen damaligen Beitrag gefunden und gebe ihn gern hier wieder, vielleicht interessiert es jemand ja:

Der „Trübsbach-Fehldruck“ sucht wieder einen Käufer

Seit seinem letzten Auftauchen auf dem internationalen Auktionsmarkt sind mehr als 10 Jahre ins Land gegangen, nun feiert er sein Comeback: das ungebrauchte Exemplar des Baden-Fehldrucks wird erneut von David Feldman in Genf auf seiner April Auktion 2008 angeboten.

In einer vorbildlichen Präsentation, die in dieser Form allgemein für Raritäten angemessen wäre, wird in englischer Sprache „The Unique Unused 1851 9 Kreuzer Error of Colour“ sehr professionell angeboten.

Neben einer allgemeinen Einführung wird vor allem der Hintergrund der ersten badischen Markenausgaben sehr detailliert beschrieben, auf die bekannten Exemplare des Fehldrucks eingegangen und dann die Geschichte des ungebrauchten Stücks geschildert. Selbst die Beschreibung des angeblichen „Simon-Fehldrucks“ fehlt nicht.

Eine solche Präsentation hat ihren Preis: zwischen 1 und 1,5 Mio. Euro soll die Marke erbringen – viel Geld für ein sehr umstrittenes Stück, das seit seinem ersten Auftauchen nach dem 1. Weltkrieg für viel Diskussionsstoff gesorgt hat.

Ausführlich hat sich in neuerer Zeit Wolfgang Maassen in seinem Buch „Echt oder falsch? – Fälschungen und Fälscher in der Philatelie“, Schwalmtal 2003 mit dem „Trübsbach-Stück“ beschäftigt. Dieser wertvolle Beitrag, der auch sehr umfangreiche Quellenangaben enthält, kann jedem, der sich mit dieser Marke beschäftigt, nur ans Herz gelegt werden!

Die Marke selbst hat ihren Namen von ihrem ersten bekannten Besitzer, dem Chemnitzer Fabrikanten Carl Julius Trübsbach, der seine herrliche Sammlung altdeutscher ungebrauchter Marken 1924 auf einer Berliner Ausstellung einer staunenden Öffentlichkeit präsentierte. Eines der Glanzstücke war ein ungebrauchtes Exemplar des bis dahin nur gestempelt bekannten Baden-Fehldrucks.

Er hatte die Marke 1919 auf einer Berliner Auktion erworben, wo sie ausdrücklich ohne Garantie für die Echtheit für 20.000 Mark angeboten worden war. Pikant wird die Sachlage aber dadurch, dass der Anbieter Rudolf Siegel hieß. Siegel, ein bekannter Händler und Auktionator, dessen Spezialgebiet die Klassik war, war auch Herausgeber der M.-und G.-Zeitung, die zahlreiche erstklassige Fachartikel aller klassischen Gebiete vorweisen konnte und Mitherausgeber des berühmten Kohl-Handbuchs. Leider entsprach sein Geschäftsgebaren nicht dem eines ehrlichen Kaufmanns. Durch Fälschungen und Reparaturen, die von Heinrich Köhler aufgedeckt wurden, ruinierte er seinen bis dahin guten Ruf. Seine Firma ging 1924/25 in Konkurs, was beinahe auch das Ende des Kohl-Handbuchs bedeutet hätte.

Aus dieser Quelle stammt nun das ominöse Stück, das nicht zuletzt deswegen schon bei seinem Auftauchen zu einem heftigen Schlagabtausch in der philatelistischen Fachpresse führte. Kritiker wie Carl Kolb warfen Trübsbach vor, dass die Marke nicht den blaugrünen Farbton des Fehldrucks, sondern den gelbgrünen der zweiten Auflage habe, und sie daher falsch sei. Allen bekannten Experten habe sie vorgelegen, keiner habe sie als echt attestieren wollen. Trübsbach, der ursprünglich selbst immer von einem gelbgrünen Stück gesprochen hatte, und erst, als er auf diesen Umstand aufmerksam gemacht wurde, behauptete, er hätte sich beim Studium des Kohl-Handbuchs vertan, seine Marke sei natürlich ebenfalls blaugrün, begründete die ausstehende Attestierung mit einem Fehlen von Vergleichsstücken. Daraufhin forderte Kolb ihn auf, die Marke Carl Lindenberg, dem Entdecker der Fehldrucke vorzulegen, was Trübsbach aber wohl nicht getan hat, zumindest ist ein solches Gutachten bis heute nie bekannt geworden.

Danach wurde es ruhig um das Stück. Am 2. Juni 1990 bietet es der Stuttgarter Auktionator Joachim Erhardt im Rahmen der 2. Versteigerung der Koch-Sammlung an und bezeichnet es als Probedruck. Dies wird durch zwei anerkannte Baden-Experten, Paul Würger und Josef Englert, bestätigt, die ebenfalls noch einmal ausdrücklich die andere Papierfarbe betonen, die angeblich auf einen Tresorbrand zurückzuführen sei. Diese Theorie vermag nicht recht zu überzeugen. Die Hitze, die bei einem das Papier verfärbenden Brand entsteht, muss doch auch die Gummierung zumindest zum Verlaufen bringen. Das Krakelee der Marke zeigt sich aber im Katalog makellos.

Das Stück wird für 12.500 DM zugeschlagen und taucht kurz danach, am 29. November 1991, erstmals bei David Feldman auf. Kurz zuvor hatte Normann Williams, ein bekannter englischer Philatelist, die Marke in einem Beitrag des Gibbons Stamp Monthly als echten Farbfehldruck bezeichnet.

Dies verfehlte offensichtlich nicht seine Wirkung, denn Feldman konnte stolz einen Zuschlag von 690.000 SFr vermelden. In der Folgezeit wurde es dann im Internet von amerikanischen Firmen mit Preisen von bis zu 2,5 Mio. $ offeriert, ohne aber einen Käufer zu finden.

In der neuen Losbeschreibung von Feldman werden nun jedoch einige Dinge behauptet, die so nicht unwidersprochen bleiben können. Dass das Stück seit seiner Entdeckung von niemandem in seiner Echtheit angezweifelt worden sei, wie im Text ausgeführt wird, wurde bereits oben widerlegt. Ganz im Gegenteil waren führende Experten zu allen Zeiten niemals von seiner Echtheit überzeugt. Dies geht allein schon aus der Tatsache hervor, dass kein maßgeblicher Experte ein entsprechendes klares und aussagefähiges Attest ausgestellt hat, was bei Raritäten dieser Größenordnung ansonsten selbstverständlich ist. Auch hat sich die Marke – von Trübsbach einmal abgesehen – noch nie in einer wirklich „großen“ Baden-Sammlung befunden, was am Geld sicherlich nicht liegen kann.

Auch die Aussage in der Losbeschreibung, dass es von Badens Erstausgabe keine Entwürfe gebe, und die Theorie, es handle sich bei diesem Stück um eine Art „Entwurf“ oder „vorläufige Ausgabe“ daher unlogisch und nicht haltbar sei, kann so nicht stehen bleiben. Von den ersten Marken Badens gibt es sehr wohl Entwürfe in Wasserfarben, die sich heute im Postwertzeichenarchiv befinden, in der Literatur beschrieben wurden und auch in Spezialkatalogen gelistet sind. Hier kann man ganz eindeutig sehen, dass ursprünglich geplant war, die 9 Kreuzer Marke in grüner Farbe auszugeben.

Daher gibt es in keiner Weise einen unwiderlegbaren Beweis („irrefutable fact“), dass es sich um den Fehldruck handelt.

Was ist es aber dann? Bevor wir zur Beantwortung dieser Frage kommen, muss noch ein anderes Stück besprochen werden, das vor 15 Jahren für Schlagzeilen sorgte und das Feldman ebenfalls aufführt, leider ohne jedoch die Pointe preiszugeben.

Es handelt sich dabei um den „Simon-Fehldruck“, der 1993 ebenfalls bei Erhardt in Stuttgart angeboten wurde. Seinen Namen hat das Stück von Siegfried Simon, dem Autor des ersten Baden-Handbuchs aus dem Jahr 1936 und seiner Zeit wohl führender Baden-Kenner.

Er hatte einen mit einer normalen blaugrünen 6 Kreuzer-Marke frankierten Brief, deren Marke rückseitig den Abdruck eines 9 Kreuzer-Werts aufwies. Drei deutsche Prüfer hatten in einem Attest die Echtheit bestätigt. Eine halbe Million DM sollte das Stück bringen. Im Vorfeld der Auktion wurden jedoch Bedenken vorgebracht, denn in einem alten Zeitungsartikel aus dem Jahr 1941 hatte Simon selbst dieses Stück beschrieben und als nachträglich angebrachten Abdruck eines noch vorhandenen Originalstempels der 9 Kreuzer bezeichnet. Angefertigt wurden diese Spielereien von einem badischen Sammler namens Maus, in dessen Besitz sich ein solches Klischee befunden hat. Der Baden-Prüfer Wolfram Seeger bestätigte dies später in einem ausführlichen Gutachten, in dem er auch auf andere, ihm bereits vorgelegte Stücke verwies.

Die Marke wurde von der Auktion zurückgezogen und verschwand sang- und klanglos in der Versenkung – die Pointe, die der Schweizer Katalog leider diskret verschweigt.

Im Abschnitt „The Known Examples“ wird im Gegenteil sogar beklagt, dass der „Simon-Fehldruck“, obwohl doch von drei Experten attestiert, nicht in den Katalogen, auch nicht im Spezial-Katalog von Peter Sem, aufgeführt sei. Der Grund dafür dürfte nach dem oben gesagten wohl verständlich sein.

Sem notiert in seiner letzten, 6. Auflage aus dem Jahr 2004 das ungebrauchte Stück auf S. 48, bezeichnet es dort jedoch als zweifelhaft. Der MICHEL-Deutschland-Spezial bewertete es zwischen 1993 und 1997 sogar mit 1 Mio. DM. Allerdings hat man die Katalogisierung mittlerweile wieder ersatzlos gestrichen, da es sich bei dem „ungebrauchten Stück um eine Druckprobe, Verfälschung oder ähnliches“ handele, wie die Redaktion lapidar mitteilte.

Und hier schließt sich nun auch wahrscheinlich der Kreis zum „Trübsbach-Fehldruck“, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die gleiche Art wie die „Mauss-Briefe“ bzw. der „Simon-Fehldruck“ entstand.

Rudolf Siegel wird es wohl gelungen sein, sich eines der vier erhalten gebliebenen Klischees zu verschaffen und mit diesem bedruckte er einen entsprechend großen Bogenrand einer grünen Baden-Marke. Unterstützt wird diese These auch vom breiten Rand der 9 Kreuzer-Marke, auf den richtigerweise die Beschreibung auch ausdrücklich verweist. Aufgrund des engen Abstandes der Originale zueinander ist ein solch breitrandiger Schnitt sehr selten, alle Fehldrucke (auch die echten!) sind jedoch weder angeschnitten oder lupenrandig – sehr ungewöhnlich für Badens geschnittene Marken.

All dies erklärt problemlos die korrekten Angaben aller vorliegender Atteste der meist französischsprachigen Gutachter, dass der „Trübsbach-Fehldruck“ ein echter Abdruck auf Originalpapier ist. Zweifellos handelt es sich schon aufgrund ihrer Geschichte um eine faszinierende und interessante Marke, die in einer entsprechenden Sammlung durchaus einen besonderen Platz einnehmen sollte. Ob allerdings eine Million Euro oder mehr für einen Neudruck – und um nichts anderes handelt es sich meiner Ansicht nach – zu erzielen ist, bleibt abzuwarten.

Gruß
Michael Ullrich
 
Martin de Matin Am: 02.04.2019 10:04:27 Gelesen: 431433# 528 @  
@ Hornblower [#527]

Nur zur Ergänzung deiner schönen Ausführung zeige ich die Losbeschreibung von dem Simonbrief von der Auktion 1993. Den Inhalt des dort aufgeführten Komitee-Attestes kenne ich nicht, wäre aber interessant zu wissen was die Prüfer damals dazu geschrieben haben. Auffällig ist der nahezu deckungsgleiche Druck der Vorderseite mit dem Druck auf der Rückseite.



Gruss
Martin
 
Hornblower Am: 02.04.2019 10:46:34 Gelesen: 431378# 529 @  
Hallo Martin,

ich habe die Atteste in Kopie vorliegen. Sie sind offen gestanden wenig aussagekräftig und wiederholen nur bereits Bekanntes, ohne wirklich zur Frage der Echtheit Stellung zu beziehen. Bis zum Beweis des Gegenteils bleibt das ungebrauchte Stück für mich ein Neudruck.

Beste Grüße
Michael
 
Heinz 7 Am: 17.05.2019 22:40:14 Gelesen: 424291# 530 @  
@ Heinz 7 [#486]

Wir haben auch an dieser Stelle bereits von den Erivan Haub-Sammlungen geschrieben, der ja gleich mehrere der wertvollsten Briefmarken/Briefe in seinen Sammlungen vorweisen kann.

Vor Kurzem ist eine wunderschöne Broschüre zu den Sammlungen Erivan Haub veröffentlicht worden und heute ist der erste Auktionskatalog E.H. eingetroffen.



Ein prachtvoller hartgebundener Katalog mit ca. 260 Seiten liegt nun vor mit sehr schönen Informationen zu den angebotenen Losen.

Es sind nur 323 Lose in dieser Auktion, das ist vom Umfang her kein sehr grosses Angebot. Aber viele der Lose gehören zum Besten, was Deutschlands Philatelie zu bieten hat.

Ich empfehle allen Liebhabern von Philatelie "Altdeutsche Staaten" diesen Katalog zu studieren.

Bereits Los 5 wird das wohl beste Stück bringen, den legendären Baden-Fehldruck. Der Startpreis ist mit Euro 800'000 angenehm bescheiden. Das Los wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verkauft, darauf kann man ohne grosses Risiko wetten.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 18.05.2019 16:17:08 Gelesen: 424121# 531 @  
@ Heinz 7 [#530]

Hallo Heinz,

danke für diese schöne Vorstellung - sehe ich genau so. Einmalige Sachen.

Zu dem weltbekannten Baden - Fehldruck: Es gibt wohl ein Duell zweier Sammler; einer aus Israel und einer aus Südbaden. Die werden es wohl unter sich ausmachen, wenn nicht ein "Investor" unbekannter Art sich noch einmischt, was für den Zuschlag durchaus noch bedeutend sein könnte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 25.05.2019 23:04:26 Gelesen: 422799# 532 @  
@ Heinz 7 [#347]

"Meine" Leser wissen, dass mir kaum eine Weltrarität so viel Kopfzerbrechen bereitet hat, die die Michel Nr. 88 III: Spanien, 1867, Königin Isabella II, 25 Mil.s mit kopfstehendem Mittelstück. Ich fand fast keine Information zu dieser Briefmarke, anfangs des XX. Jahrhundert noch so berühmt war!

(Siehe Beiträge 347-354).

Ich freue mich, nun ein besonders schönes Exemplar vorstellen zu können:



Es ist dies das schönste Stück, das ich je gesehen habe!

Diese Marke wird aktuell neu angeboten; bei Soler y Llach gibt es eine Auktion (28.5.2019). Los 150 ist diese Briefmarke, begleitet von zwei Attesten (eines: Enzo Diena, 1981).

Ich bin nun sehr gespannt, wie teuer dieses Stück wird. Der Ausruf liegt bei Euro 20'000, was dem Katalogwert von Michel 2010 entspricht.

Ich erinnere daran, dass diese Abart bei Haas es auf Platz 9 schaffte (Liste Abarten!). Heute kennt kaum ein Mensch mehr diese Marke!

Leider ist der Text im Auktionskatalog nicht sehr ausführlich und wir finden kaum zusätzlich interessante Informationen über diese äusserst seltene Marke. So weiss ich auch heute nicht, wie viele Exemplare dieser Abart aktuell bekannt sind.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.05.2019 08:31:52 Gelesen: 422182# 533 @  
@ Heinz 7 [#510]

Ich habe vor zweieinhalb Monaten einige Gedanken niedergeschrieben zur Erivan Haub-Sammlung USA (Postmeisterausgaben). Nun kommt es am 22.6.2019 zur ersten Auktion, und die Spannung steigt.

Wie erwartet rührt Köhler/Corinphila/H.R.Harmer nun in Stockholm fleissig die Werbetrommel. Völlig zu Recht, denn diese Auktionserie könnte ein neuer Meilenstein werden in der Geschichte der Philatelie.

Könnte ...

Am 22.6.2019 wird erst der Teil 1 der Auktionsserie zum Verkauf kommen. Los 1/Auktion 1 wird (wohl) das Sptzenstück sein, über welches schon viel geschrieben wurde, der "Blue Boy".



Die Ausgangslage ist gut.

- Viel Werbung weist auf den Schatz hin, der nun - zum ersten Mal seit Jahrzehnten - wieder zum Kauf angeboten wird.

- Die Auktion findet an einem würdigen Platz statt, im Collectors Club in New York (im Vereinshaus)

Sehr angenehm übrigens: Obwohl der Aufwand für diese Auktion gigantisch ist, begnügt sich der Auktionator H.R. Harmer mit 18 % Aufgeld. Das ist zwar für US-Verhältnisse nicht wenig (vor allem im historischen Vergleich - früher gab es in den USA meist KEIN Aufgeld für den Käufer/nur den Einlieferer - später waren es moderate 10%), hebt sich aber doch angenehm ab von den Europäern, die uns inzwischen alle 20% oder noch mehr zumuten. Aber das nur am Rande.

Der Blue Boy startet mit einem Limitpreis von US$ 1 Million. Es ist aber so, dass viele Leute erwarten, dass dieser Preis pulverisiert wird, und wir in ganz andere Sphären aufsteigen werden.

USA Postmeistermarken sind ein Sammelgebiet der Güteklasse "Triple A". Es gibt gleich mehrere Unikate für dieses Gebiet, sie sind schon seit mehr als 100 Jahren weltberühmt und in den USA leben nun einige Millionäre, die sich diesen Spass auch leisten können.

Ich nehme nun einmal an, dass sich auch einige andere Interessenten dafür interessieren dürften. Erinnern wir uns an früher: Ryohei Ishikawa, ein Japaner, hatte einst die beste USA-Sammlung weltweit (aber Klassisch USA, weitgehend ohne Postmeister-Marken). Vielleicht steigt nun ein superreicher Chinese ein? Oder ein Öl-Millionär aus Arabien? - Am Prestige des angebotenen Materials wird es jedenfalls nicht fehlen. Ein Grosskäufer kann sich nun (mit grossem Mitteleinsatz) "ganz oben" im philatelistischen Olymp platzieren.

Nehmen wir an, 4 oder 5 wirklich ambitionierte, potente Sammler ergreifen die Gelegenheit, um einzusteigen: Dann ist alles möglich.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.05.2019 09:11:07 Gelesen: 422164# 534 @  
@ Heinz 7 [#533]

Allerdings ist ein "Durchbruch" und ein voller Erfolg natürlich nicht garantiert. Der Blick in den Auktionskatalog zeigt, dass am 22.6. nur 10 Postmeistermarken der USA (und dazu 16 der Confederate States) angeboten werden. Das ist wenig, das ist sehr wenig. Ich könnte mir vorstellen, dass der eine oder andere ungeduldige Neueinsteiger gerne "die ganze Palette" vorgefunden hätte und sich gerne "am vollen Tisch" bedienen wollte. X grossartige Stücke und Schlüsselstücke für die USA sucht er jetzt noch vergeblich im Auktionskatalog, das wird erst später serviert.

Ich weiss nicht, ob "die Bombe zündet". Hoffen wir nicht, dass die erste Auktion ein "Rohrkrepierer" wird. Aber ich vermute, dass schlimmstenfalls auch der eine oder andere Händler "korrigierend eingreift", wenn die Sammler Zurückhaltung üben.

Dabei werden die Hürden extrem niedrig gelegt. Es ist klar, dass man einen BlueBoy nicht total-unter-Wert anbieten darf, aber genau DAS geschieht bei x anderen Losen! Da werden Gross-Raritäten für Preise angeboten, die im historischen Vergleich ein ungläubiges Staunen hervorrufen.

Beispiel gefällig?



Dieser Brief aus den USA würde ich wertmässig bei MINDESTENS US$ 250'000 ansetzen; es ist ein Postmasters' Provisional aus den Confederate States (Grove Hill, Alabama). Eine Beschreibung des Stückes werde ich gerne nachliefern. Dieser Brief wird als Los 58 angeboten.

Limitpreis?

Ich traue meinen Augen nicht: US$ 20'000.

Manch ein USA-Sammler wird nun glänzende Augen bekommen und vielleicht den eigenen Kontostand überprüfen. Manch ein "kleiner" Sammler wird hier mitbieten, das ist sicher.

(Hinweis: "kleiner" Sammler heisst hier NUR: Sammler mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten. Philatelistisch sind viele "kleine Sammler" grossartig!).

Wenn dann der Preis auf das Zehnfache steigt, hat der Auktionator seine Erfolgsmeldung, der kleine Sammler seinen Frust und der Kenner die Gewissheit, dass in der Philatelie die "wahren Werte" meist auch ihren Preis haben. Aber was ist, wenn der Brief für nur US$ 25'000 weggeht? Das wäre dann angesichts der Bedeutung dieses Stückes ein Desaster und ein Hinweis darauf, dass 2019 die USA-Sammler auf anderem Niveau sammeln, als noch vor 50, 80, oder 100 Jahren.

Wir werden sehen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.05.2019 11:28:00 Gelesen: 421771# 535 @  
@ Heinz 7 [#534]

Ich habe mich nun gestern mit meinem Beitrag [#534] vielleicht in die Nesseln gesetzt.

Wir sind fast alle "kleine Sammler", wenn es um den Erwerb der ganz teuren Weltraritäten geht. Das gilt für fast jeden, natürlich auch für mich. Wir können vielleicht einmal, wenn es hochkommt vielleicht auch "wenige" Male in einem langen Sammlerleben Euro 20'000 stemmen und ein wirklich sehr teures Stück für unsere Sammlung erwerben. Und damit sind wir bereits privilegiert, denn ein Grossteil der Sammler kann oder will nicht wirklich einen grossen Betrag für sein nicht-lebensnotwendiges Hobby Philatelie ausgeben / "opfern".

Aber es gab und gibt eben auch eine kleine Anzahl von Superreichen, welche die Leidenschaft aufbringen (und das Vermögen haben), hunderttausende und sogar Millionen zu investieren, um die teuersten Stücke der Philatelie zu kaufen. Sie sind dann (gemäss obiger Definition) dann die "grossen Sammler".

Das bezieht sich aber nur auf die finanziellen Möglichkeiten. Das ist überhaupt keine Wertung, ob "gut" oder "schlecht".

Ich weiss nicht, wie viele "(finanziell) grosse Sammler" es wirklich gibt. Vielleicht einen auf 10'000 Sammler? Verschwindend wenige, auf jeden Fall - und doch treten immer wieder neue auf - und doch treffen die vorausgesagten Preiseinbrüche kaum je ein in der Geschichte der Philatelie, wenn es darum geht, dass die Hinterlassenschaft eines wirklich sehr reicher Sammler neu verteilt wird!

Natürlich gibt es ständig Preisdellen nach unten, kräftige sogar, mehrere, immer wieder. Viele müssen auch als Preiskorrekturen früherer Preis-Exzesse (nach oben) betrachtet werden.

Doch erstaunlich oft brechen die Preise eben auch NICHT ein, wie von vielen Kennern vorausgesagt. Oftmals geht es nahtlos weiter, oftmals werden die teuren Stücke eben WIEDER teuer und ein historisch teures Stück erzielt wieder seinen horrend hohen Preis. So ist es in der Philatelie seit weit mehr als 100 Jahren.

Auch dies ist ein faszinierender Aspekt der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.06.2019 22:41:25 Gelesen: 420566# 536 @  
@ 10Parale

Im Thema "Rumänien für Sammler" hast du auf zwei sehr wertvolle Lose hingewiesen, die heute in Genf, bei David Feldman, zum Ausruf kamen.

Nun, die zwei teuersten Lose 20124 und 20131 wurden heute nicht verkauft. Sie waren (mit sechsstelligen Euro-Startpreisen) vielleicht doch ein "bisschen zu teuer".

Das höchste Ergebnis der Rumänien-Sammlung erzielte Los 20132 mit immerhin Euro 60'000.

Da ich hier nicht mitbot, konnte ich sogar ein Foto schiessen.



Die 81-Parale Marke ist leicht gestempelt, was hier kaum ersichtlich ist. Aber gestempelt ist die Marke bekanntlich ja noch seltener als ungebraucht.

Es ist dies wieder ein bemerkenswert hohes Ergebnis für diese klassische Schönheit, die bei Haas auf Platz sechs landete (= bestplatzierte europäische Marke).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.06.2019 21:01:13 Gelesen: 420339# 537 @  
@ Heinz 7 [#530]

Richard hat bereits darauf hingewiesen, dass der Baden Fehldruck verkauft wurde für (Zuschlag) Euro 1.26 Mio. - (siehe Thema Baden Fehldruck).

Das Ergebnis ist aus meiner Sicht erfreulich und "okay". Es ist eine Bestätigung, dass der Baden-Fehldruck immer schon teuer war und auch jetzt seinen Käufer fand (auf hohem Niveau).

Wäre er zum Ausrufpreis von Euro 800'000 nicht verkauft worden, das wäre etwas bedenklich gewesen. Dass es nun aber auch keinen neuen, sensationellen Weltrekord-Preis gab, musste wirklich auch erwartet werden. Der Baden-Fehldruck erzielte 1985 einen Rekordpreis - das lässt sich nicht "auf Knopfdruck" wiederholen.

Toll war aber, dass im ZDF ein sehr guter, stimmiger Beitrag gesendet wurde. Volle 2 Minuten zur besten Sendezeit! Das ist Gold wert für uns Philatelisten, weil es das Interesse der Allgemeinheit neu anfacht.

So wie die Ausstellung in Stockholm!

Und - wir dürfen uns freuen - es bleibt spannend!

Am 22.Juni 2019 wird in New York ein Ergebnis erzielt, das höher liegen wird als das Ergebnis, das heute erzielt wurde. Darauf würde ich wetten - der "Blue Boy" kommt zum Verkauf - eine USA-Rarität ersten Ranges siehe [#533].

Wir werden sehen.

Heinz
 
10Parale Am: 09.06.2019 15:10:03 Gelesen: 420271# 538 @  
@ Heinz 7 [#536]

Nun, die zwei teuersten Lose 20124 und 20131 wurden heute nicht verkauft. Sie waren (mit sechsstelligen Euro-Startpreisen) vielleicht doch ein "bisschen zu teuer".

Los 20124 zeigt einen von 3 existenten raren Briefen, der mit 27 Parale + 27 Parale frankiert und Stempel BAKEU / MOLDOVA vom 27.10. abgeschlagen wurde. Der Schätzpreis lag zwischen 120. - 140.000 Euro.

Vergleicht man diesen Ausruf mit dem aktuellen Ergebnis des Baden Fehldrucks (von dem es ja auch lt. Hornblower 3, laut anderen Meinungen 4 Stück geben soll - siehe Thread: Baden Fehldruck), ist der Ausruf meines Erachtens angemessen, wenn nicht sogar niedrig. Mich wundert es, dass niemand von den finanzstarken Sammlern auf diesen Brief bei Feldmann geboten hat.

Neben diesem Brief existiert ein weiterer im Berliner Postmuseum. Der dritte bekannte und alle weiteren (?) Briefe sind verschollen, denn sie gehörten zu der Sammlung König Karls, die seit 1950 leider verschwunden ist. Es wäre auch mal interessant Meinungen darüber zu hören, wohin diese Sammlung des Königs verschwunden sein könnte.

Liebe Grüße

10Parale
 
Heinz 7 Am: 11.06.2019 00:12:14 Gelesen: 420104# 539 @  
@ 10Parale [#538]

Heute sind meines Wissens 4 Marken bekannt der Baden 1851, 9 Berlin Kreuzer, schwarz auf grün

- zwei Briefe, beide entdeckt 1894. Einer davon wurde umgehend gekauft vom Reichspostmuseum Berlin
- ein Fragment, ebenfalls 1894 entdeckt, das dann recht hoch gehandelt wurde, bis es 1919 für mehr als 70 Jahre "von der Bildfläche verschwand" (1993 tauchte es wieder auf)
- ein ungebrauchtes Stück, das aber wegen einer Verfärbung einiges Kopfzerbrechen bereitete. Auch dieses Exemplar wurde früh entdeckt (m.W. bekannt seit 1919), verschwand dann aber auch 68 Jahre vom Markt.

(Details: siehe Thema: Baden Fehldruck)

Das heisst also, dass 1920-1985 nur der einzige Brief (Ettenheim 25 AUG 51) auf dem Markt war und dann als Weltrarität die bekannte Karriere machte:

- Ferrary-Auktion 1923 - dort erzielte der Brief das zehnthöchste Ergebnis aller Ferrary-Lose ("sauf erreurs & ommissions")
- Caspary-Auktion 1956 - auch dort erzielte der Brief ein Super-Resultat
- 1971 wurde das Stück ausgestellt von John Boker zum 75-Jahr-Jubiläum des Collector Clubs
- 1985 setzte Erivan Haub mit dem Weltrekord-Kauf des Stückes ein neues Ausrufezeichen.

Der Baden-Fehldruck spielt also in der allerhöchsten Liga.

Dasselbe kann man von dem wunderbaren Bakeu-Brief mit den zwei 27 Parale-Marken - bei aller Begeisterung für diese Rarität! - nicht sagen. DIESER Brief "spielt eine Liga tiefer", um bei diesem Bild zu bleiben. Wobei ein Mindestpreis von Euro 120'000 ja auch respektabel ist.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.06.2019 00:23:32 Gelesen: 420102# 540 @  
@ Heinz 7 [#539]

Ich weiss nicht, ob König Carol diesen Farbfehldruck je hatte, und von einem dritten (oder weiteren) Briefen ist mir nichts bekannt.

Zu dem Verbleib der König Carol - Sammlung nach 1950 wurden schon verschiedentlich Mutmassungen angestellt. Auch der Leiter der ARGE Rumänien hat darüber schon geschrieben. Leider weiss ich nicht mehr, in welcher Nummer der ARGE- Rundschreiben sein (letzter) Beitrag dazu war.

Es ist Mitternacht vorbei, ich kann nicht weiter suchen. Solche Recherchen erfordern oft mehr Zeit, als beabsichtigt.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.06.2019 19:14:26 Gelesen: 419565# 541 @  
@ Richard [#546]

Richard hat zu Recht bereits im allerersten Beitrag darauf hingewiesen, dass die Basler Taube zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt zählt. Sie ist bei Sammlern unglaublich beliebt und ist auch eine der weltweit bekanntesten Marken.

Richtig hohe Preise erzielt die lose Marke aber nur selten, und dies, weil es doch einige Stücke dieser Marken gibt. Richtig teuer wird es erst, wenn Einheiten (Paare) oder Briefe mit mehr als einer Basker Taube zum Verkauf kommen, dann spielt die Marke auch preislich "ganz oben" mit, siehe Beitrag

@ Heinz 7 [#433]
@ Heinz 7 [#434]
@ Heinz 7 [#446]

Heute aber wurde auch ein ungebrauchtes Stück verkauft, das uns Sammlern den Atem nimmt.



Die Marke ist die Variante "lebhaftblau" (SBK 8a) mit Originalgummi. Speziell sind die vier weissen Ränder, was äusserst selten ist für diese frühe Briefmarke der Schweiz. Die Marke stammt vom unteren Bogenrand (39. Marke des Vierziger-Bogens).

Der Katalogpreis (SBK 2018) ist für (*) CHF 25'000.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.06.2019 19:42:33 Gelesen: 419557# 542 @  
@ Heinz 7 [#541]

Als ich das Angebot sah, kam ich mir (ein bisschen) vor, wie im Kasino.

Wer kennt das? Wer hat sich schon einmal überlegt: "Jetzt nehme ich mein ganzes Bargeld und setze alles auf Rot"? Nichts oder doppelt? - ...

Also ich habe das noch nie gemacht. Das Risiko, alles zu verlieren, ist mir so unangenehm, dass ich der Versuchung widerstehe, den Versuch zu wagen, rasch an einen grossen Gewinn zu kommen.

Als ich aber die obige Marke ausgerufen sah zu US$ 15'000, da habe ich mir überlegt, die "Kriegskasse" zu leeren, um dieses Superstück vielleicht kaufen zu können. Träumen ist ja erlaubt.

Die Situation im Kasino ist:

a) wenn "rot" kommt, hat man den Einsatz zurück plus 100% (also 200 %)
b) wenn "schwarz" kommt, hat man nichts mehr (= 0 %).

Die Situation bei der Auktion ist:

a) wenn ich den Zuschlag erhalte, dann habe ich zwar meinen Einsatz weg, aber eine Marke, die mehr wert ist, als mein Einsatz - sagen wir: Wert = 200% des Einsatzes
b) wenn ich den Zuschlag NICHT erhalte: na, dann habe ich wenigstens mein Geld noch. (=100 %).

Also ist die Situation vor der Auktion deutlich angenehmer, als im Kasino - aber mindestens so spannend!

Nun - um es kurz zu machen:

Im Kasino ist die Wahrscheinlichkeit des Gewinns: 18:19

Und im Auktionshaus? - Keine Ahnung, wir wissen es nicht! Sind es 10%, oder 30% oder 50% oder sogar noch mehr? Nun, das kommt nun sehr darauf an, wie gut das Auktionshaus potentielle Käufer "aktivieren" konnte, hier ein Gebot abzugeben.

Machen wir es kurz ...

es ist nicht "rot" gekommen, ich habe nicht "gewonnen".

Der Preis (Zuschlag) kletterte von US$ 15'000 auf US$ 37'500. Also hat die Briefmarke einen recht guten Preis erzielt. Der Käufer hat zwar kein Schnäppchen gemacht, aber er dürfte mit dem Ergebnis trotzdem zufrieden sein, denn er hat eine wunderschöne ungebrauchte Briefmarke "Basler Taube".

Es kommt nicht sehr oft vor, dass eine teure Schweiz-Marke ihren Katalogwert so deutlich übertrifft.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 14.06.2019 20:15:46 Gelesen: 419545# 543 @  
@ Heinz 7 [#542]

Lieber Heinz,

das dürfte aber auch die schönste Taube sein, die es gibt - oder? Die ist wahrlich göttlich, da kann ich deinen Enthusiasmus gut nachvollziehen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
10Parale Am: 21.06.2019 21:29:13 Gelesen: 418618# 544 @  
@ Heinz 7 [#49]

Da zeige ich gerne noch das zweite auf Brief bekannte Exemplar der Postmeister-Marke von Bermuda, 2. Ausgabe von Postmeister Perod, 1853.

Wenn ich die Geschichte richtig gelesen habe, wurde diese Marke lose entdeckt und dann später auf den wiederentdeckten Original-Brief aufgeklebt, da die Abmessungen den Beweis erbrachten, dass die Marke zu dem Brief gehörte (Korrespondenz Hurst).

Der Brief wurde als Los 1002 am Mittwoch, den 16. Januar 1974 bei Robson Lowe Ltd. in London für für 7.500 £ ausgerufen, das Ergebnis kenne ich nicht, dürfte wohl auf Grund der Jahreszahl 1974 ähnlich hoch (GB£ 36´000) wie das von dir gezeigte 1ste Exemplar sein.

Ich zitiere mal aus dem Stanley Gibbons Katalog, was das Porto betraf:

"It is believed that the franking value of No´s 6/7 (Stanley Gibbons Nummer) was 1d, although this is not shown on the acutal stamps". Ein interessanter Hinweis, wie ich finde.

Liebe Grüße

10Parale


 
10Parale Am: 22.06.2019 11:09:16 Gelesen: 418563# 545 @  
@ 10Parale [#544]

Stanley Gibbons Nr. 168, 6d - grey-blue, emerald and light blue, zeigt Perot´s Post Office im Jahr 1848. Sie stammt aus einem wunderschönen Freimarken Satz von 1962, der einige schöne Gebäude auf der Hauptinsel der Bermudas zeigt.

In diesem Gebäude wurden diese seltenen, berühmten und wertvollen Briefe aus [#49] und [#544] auf den Weg gebracht.

Liebe Grüße

10Parale


 
Connaisseur Am: 23.06.2019 10:24:32 Gelesen: 418495# 546 @  
Blue Boy

Im Internet ist nichts zu finden. Auch nicht über Google USA.

Wer kennt den Zuschlag?
 
briefmarkenwirbler24 Am: 23.06.2019 12:19:56 Gelesen: 418429# 547 @  
@ Connaisseur [#546]

Der Brief wurde für den Ausrufspreis verkauft.

LG

Kevin
 
Connaisseur Am: 23.06.2019 15:12:45 Gelesen: 418401# 548 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#547]

Bedeutet für die Leser, die den Ausruf nicht kennen: Zuschlag 1 Million US-Dollar.
 
Heinz 7 Am: 23.06.2019 20:51:57 Gelesen: 418362# 549 @  
@ Heinz 7 [#533]
@ Connaisseur [#546]

Das Resultat von US$ 1.0 Millionen ist eine Enttäuschung, das sollte man nicht schönreden.

Offenbar ist das Gebiet "US Postmasters" zur Zeit kein Projekt von mindestens zwei sehr finanzkräftigen Sammlern. Das überrascht mich.

Auf die Fortsetzung der USA - Erivan-Auktionen darf man gespannt sein. Was geschieht mit den anderen Unikaten, mit den anderen Grossraritäten?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.06.2019 22:46:47 Gelesen: 418334# 550 @  
@ Heinz 7 [#49]
@ 10Parale [#544]

Diese Marke, die wir hier auf zwei sehr ähnlichen Briefen sehen, ist äusserst selten. Meines Wissens gibt es nur 5 Exemplare davon:

2 Briefe, die wir nun beide gesehen haben
1 Exemplar, ungebraucht
2 Exemplare, gestempelt.

Diese 5 Marken wurden vorgestellt von Leon N. Williams im Buch "Encyclopaedia of rare and famous stamps" Volume 2, 1997.

Damit ist die Perot's zweite Ausgabe von 1861 sogar noch seltener als Perot's erste Ausgabe von 1854.

Nun möchte ich die Frage klären, an welcher Stelle die Perot 1861 bei Haas und Schubert standen (1905 bzw. 1912). Die Antwort ist relativ einfach: beide Autoren führten die Briefmarke nicht auf, weil sie sie gar nicht kannten! Diese Marke wurde nämlich erst 1946 entdeckt, also 85 Jahre nachdem sie ein paar wenige Male in Einsatz kam. Diese Information stammt aus Vol. 1 des oben genannten Buches von Leon N. Williams (1993).

Auch in der Ferrary-Sammlung war diese Briefmarke aus diesem Grund nicht vorhanden.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.06.2019 14:33:51 Gelesen: 418189# 551 @  
@ Heinz 7 [#534]

Ich möchte da nach-haken.

Ich habe vor der Auktion ein paar kritische Fragen gestellt (siehe [#534]). So habe ich unter anderem auch Bedenken geäussert, dass eine Weltrarität wie die Grove Hill auf Brief für läppische US$ 20'000 ausgerufen wird. Ich habe geschrieben, dass ich den Preis für den Brief bei US$ 250'000 sehe.



Nun, was ist aus dem Stück geworden?

Der Hammer fiel bei US$ 110'000.

Ein Zuschlag von 550% des Ausrufes mag als Erfolg erscheinen; ich bin da anderer Meinung. Der Käufer hat einen relativ tiefen Preis bezahlen müssen.

Woran liegt das? Eine mögliche Erklärung steht oben. Wer "Heisshunger" anregen will, muss auch "den Tisch reichlich beladen", das fehlte meines Erachtens. Natürlich ist die Verunsicherung jetzt gross. Das Ergebnis der 1. Auktion wird in den USA für ein paar rote Köpfe sorgen, nehme ich an. Es ist nun abzuwarten, ob doch noch ein paar Sammler einsteigen, die erkennen, dass hier wertvolle Grossraritäten tief bewertet verfügbar sind. Vielleicht ändert auch das Auktionshaus seine Taktik und steigert den Gehalt der einzelnen Auktionen? Es genügt, wenn zwei oder drei oder vier "Tycoons" energisch eingreifen.

Den USA-Markt schätzte ich bisher als robust ein; aber nun bin auch ich sehr verunsichert.

Wir werden sehen, was Auktion 2 bringt.

Heinz
 
10Parale Am: 28.06.2019 21:45:34 Gelesen: 417888# 552 @  
@ Heinz7 [#555]

Die Firma Temple Bar Auctions Ltd. aus Brentford (UK) versteigerte vom 26. - 28. Juni 1989 die GEORGE ULRICH Bermuda Collection. Unter der Los-Nr. 14 kam eine von 3 bekannten Freimarken des Postmeisters W.B. Perot aus Hamilton zum Ausruf.

"1848 Perot at Hamilton 1 d black on bluish grey. SG01 Cw V01 very fine octagonal example (3 examples are recorded) ...." mit einem Zertifikat der Royal Philatelic Society. Das Stück stammt aus der Sammlung Amundsen. Der Ausruf war 40.000 / 45.000 £.

Von diesen runden Handstempel Marken sind insgesamt 11 Stück bekannt geworden.

1848 - 3 Exemplare
1949 - 2 Exemplare
1853 - 3 Exemplare
1854 - 2 Exemplare
1856 - 1 Exemplar

Bei Stanley Gibbons (2016) ist diese Marke mit 180.000 £ bewertet, die beiden Exemplare von 1854 stehen mit 400.000 £ am Höchsten im Kurs.

In der o.g. Auktion im Jahr 1989 wurden mit Los 15 - 17 weitere, spätere Postmeister Marken versteigert, darunter eine aus dem Besitz von König Carol von Rumänien.

Der Scan zeigt links die zum Ausruf gelangte, echte Marke und rechts eine Reproduktion.

Liebe Grüße

10Parale


 
Martin de Matin Am: 29.06.2019 18:00:01 Gelesen: 417851# 553 @  
@ 10Parale [#552] und [#544]

Als kleine Anmerkung zu den ersten Postmeisterausgaben von Bermuda, habe ich bei Daniel F. Kelleher Auktions in der Liste von dem Stokholmia 2019 privat treaty sale gesehen, das dort ein grosses Angebot dieser Marken war. Es wurde dort von den Marken aus deinem Beitrag [#552] ein loses Exemplar aus dem Jahr 1853 und ein Brief mit einer Marke von 1854 (ex Ferrary 5. Auktion Los 122 Zuschlag 30.000 FF) angeboten. Von diesen Postmeistermarken soll es nur zwei Briefe geben, einen mit einer Marke in schwarz und diesen mit der Marke in rot. Der hohe Preis für eine Marke von 1854 erklärt sich darin, das die zweite Marke sich in der Sammlung von Königin Elisabeth II: befindet.

Von der Marke aus Beitrag [#544] (SG Nr.6) wurde ein Exemplar auf weissen Papier und ein Exemplar auf blauen Papier angeboten. Des weiteren wurde ein Exemplar der SG Nr.7 (Postmeister von St. Georges) red on buff angeboten. Bis auf den Brief wurden alle verkauft, wobei keine Preise genannt wurden.

Gruss
Martin
 
merkuria Am: 04.07.2019 07:16:45 Gelesen: 417413# 554 @  
An der Cherrystone Auktion vom 10. Juli 2019 wird in New York die bedeutende US-Sammlung „The New Amsterdam Collection of U.S. Rarities“ versteigert. Unter Los Nr. 200 wird wieder einmal eine Inverted Jenny angeboten [1] . Es handelt sich dabei um die Nr. 27, welche letztmals an der Siegel Auktion vom 19. Mai 1990 für damals 115‘000 US$ den Besitzer wechselte [#93]. Die Marke ist von einem neuen, am 25. Februar 2019 erstellten Attest der Philatelic Foundation begleitet.



Das Stück wird zu 325‘000 US$ (ca. 290‘000 €) ausgerufen – auf das Ergebnis darf man gespannt sein!

Grüsse aus der Schweiz
Jacques

[1] https://www.cherrystoneauctions.com/_auction/results1.asp?auction=&country=The+Inverted+Jenny+%2D+position+27
 
Heinz 7 Am: 06.07.2019 18:22:32 Gelesen: 417198# 555 @  
@ 10Parale [#552]

Lieber Freund,

wenn sich jemand vom Thema "Rumänien" abwendet, weil es "zu teuer" ist, und er dann zu "Bermuda" wechselt, dann kommt er sinnbildlich "vom Regen in die Traufe".

Denn BEIDE Gebiete haben sehr, sehr teure Ausgaben, die sich Otto Normalsterblich nie im Leben leisten kann.

Also, zugegeben: Eine 81 Parale - Marke oder eine 5 Parale Erstauflage - das sind schon echte Herausfordrungen, welche die meisten Sammler nicht meistern können (oder wollen), aber wer sagt denn, dass man KOMPLETT sein müsse? - Ein posthistorisch interessierter Sammler kann das sowieso nicht, und auch bei den "klassischen Katalog-(Nur-Marken-) Sammlern" sind gewisse Gebiete praktisch nicht machbar, ausser man hat ein paar Tonnen Geld im Tresor, das man nicht für wichtigere Dinge im Leben benötigt.

Nun - Themawechsel: Wir wollen hier ja über die "berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" berichten -und dazu hat Bermuda EINIGES zu bieten.

Du hast in Deinem Beitrag super wichtige Informationen zu den teuren Ausgaben von Bermuda bereits gegeben. Darum nur ein paar Ergänzungen.



Anbei das Top-Stück der Bermuda-Philatelie.

Brief von Hamilton nach St. George's von 1854, mit einer roten Postmeister-Marke von Bermuda. Postmeistermarke Perot.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.07.2019 19:05:03 Gelesen: 417175# 556 @  
@ Heinz 7 [#555]

Von der Perot-Postmeister-Ausgabe gibt es nur 11 Stück! (Stand Wissen 1997). Und die 11 Stück verteilen sich sogar noch auf nicht weniger als fünf

ich wiederhole

FÜNF !

Stanley-Gibbons-Nummern!

Ich bin sonst kein Freund von zu feinen Unterteilungen, aber in diesem Fall gebe ich dem alten Stanley Gibbons recht, dass er die Marken unterschied, denn sie sind klar voneinander unterscheidbar:

O 1 = Jahr 1848, "black on bluish grey"
O 2 = Jahr 1849, "black on bluish grey"
O 3 = Jahr 1853, "red on thick white" (paper)
O 4 = Jahr 1854, "red on bluish wove"
O 5 = Jahr 1856, "red on bluish wove"

Diese Unterteilung schaffen auch Sammler, die sonst manchmal Unterschiede bei verschiedenen Ausgaben kaum herausfinden können (so wie ich).

Scott verteilte nur 3 Hauptnummern und behalf sich mit Unter-Nummern

X1 = black, bluish (1848)
X1a. = dated 1849
X2 = red, bluish (1856)
X2a. = dated 1854
X3 = red (1853).

Ich finde diese Lösung nicht optimal, denn warum kommt X3 nach X2, obgleich die Marke früher erschien? Und: warum erhält eine Papieränderung eine neue Nummer, nicht aber eine Jahreszahl-Änderung?

Unser gut alter Michel wählt einen Weg, der nicht schlecht ist: nur 2 Nummern:

I. 1 Penny schwarz (1848)
II. 1 Penny rot (1849)

Aber die Jahresangabe gibt Fragen auf. Dazu steht im Katalog:

"Die Jahreszahl wurde bis 1856 stets ausgewechselt".

Welche Katalogisierung man nun wählt, es bleibt dabei, die Marke ist unglaublich selten.

auf Brief - 2 Exemplare
auf Fragment - 1 Exemplar
gestempelt - 8 Exemplare

Das oben gezeigte Stück (Stanley Gibbons number 4) zierte einst die Sammlung von Ferrary und Maurcie Burrus, und erzielte an den Auktionen damals traumhafte Resultate.

Die O4 wurde 2008 im Stanley Gibbons auch mit nicht unbescheidenen GB£ 275'000 bewertet. (Gemäss 10 Parale ist der Katalogpreis nun (SG 2017) sogar bei GB£ 400'000, siehe oben.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.07.2019 12:24:00 Gelesen: 417007# 557 @  
@ Heinz 7 [#556]

Die Postmeister-Ausgabe von Perot wird besprochen im monumentalen Werk über Raritäten: "Encyclopaedia of rare and famous stamps" von Leon N. Williams, 1993. Damit wird deutlich, dass Ende XX. Jahrhundert diese Marke wirklich zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt zählte und zu Recht in diesem Thema besprochen wird.

Die Leser, welche meine Beiträge zu diesem Thema schon länger verfolgen, wissen, dass ich mich bemühe, aufzuzeigen, welchen Stellenwert die Briefmarken denn knapp 100 Jahre früher schon hatten. Ich beziehe mich auf die genialen Studien von Theodor Haas (1905) und Schubert (1912), auf die mich Bernd aufmerksam gemacht hat, siehe

BD [#2] und [#132].

Beide Autoren zogen hauptsächlich den damals sehr wichtigen Katalog "Senf" zu Rate. Bei beiden Autoren sucht man die erste Postmeister-Marke von Bermuda vergeblich.

Warum?

Nun, die Briefmarke wurde relativ spät entdeckt. Erst 1897 erfuhr die philatelistisch interessierte Öffentlichkeit von der Existenz dieser Briefmarke, also erst ein knappes halbes Jahrhundert nach der Herausgabe der Marke! In der Zeitschrift "Alfred Smith & Co.'s Monthly Circular" wurde die Briefmarke erstmals beschrieben. Alfred Smith war ein führender Briefmarken-Händler des XIX. Jahrhunderts.

Im Katalog von Senf 1911 FEHLTE die Marke noch im Katalog. Schubert verwendete den Katalog 1912, den habe ich leider nicht, kann also nicht nachsehen. Im "Senf 1913" wird aber die Marke erwähnt! (erstmals oder zum zweiten Mal). Sie ist allerdings nicht bewertet, und darum hat Schubert sie in seiner Studie sowieso nicht berücksichtigen können.



Das oben gezeigte Exemplar weckte nach der Beschreibung bei Alfred Smith natürlich das Interesse der grossen Sammler und ... einmal mehr machte der "Briefmarkenkönig" Ferrary das Rennen: der Brief floss in seine gigantische Sammlung. Gemäss vorliegenden Angaben (Williams) kam erst bei der Verauktionierung der Ferrary-Sammlung dieser Brief zum ersten Mal öffentlich auf den Markt (Ferrary hatte ihn vermutlich direkt gekauft, nicht an einer Auktion).

Bis 1922 wusste also niemand, was dieser Brief mit dieser einzigartigen Marke bei einer öffentlichen Auktion "bringen" würde. "Einzigartig" ist zwar nicht ganz korrekt, denn es gibt eine weitere Stanley Gibbons number 4, aber die ist in der königlichen Sammlung von Georg V / Queen Elizabeth, und also unverkäuflich.

Wie ich den Ausführungen von Leon N. Williams entnehme, waren bis 1917 überhaupt nur drei Stücke dieser Marke bekannt:

SG - no. 4 - der einmalige Brief (1897)
SG - no. 2 - ein Stück auf Fragment (1898)
SG - no. 2 - lose (1904)

1918 wurden dann gleich 5 Stück zusätzlich entdeckt (alle: lose), wovon zwei in die königliche Sammlung gingen. Eines ging an Caspary und eines an Arthur Hind.

Damit war der "Hunger" einiger der grössten Sammler gestillt, als im November 1922 die Ferrary-Auktion stattfand. Ein weiterer "ganz grosser" Sammler konnte sich damals "sein" Stück erobern.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.07.2019 14:08:04 Gelesen: 416973# 558 @  
@ Heinz 7 [#557]

Mein Beitrag 558 (recht ausführlich über die Lose Bermuda an der Auktion Ferrary) ist verloren gegangen in den unendlichen Weiten des Netzes.

Ich ärgere mich ... eine Dreiviertel-Stunde Arbeit futsch.

Sorry, ich versuche es irgendwann später wieder.

Heinz
 
10Parale Am: 07.07.2019 22:45:00 Gelesen: 416868# 559 @  
@ Heinz 7 [#558]

Ich ärgere mich ... eine Dreiviertel-Stunde Arbeit futsch.

Heinz 7, nicht ärgern lassen. Das habe ich auch schon einmal erlebt.

Beiträge [#556] und [#557] sind an und für sich schon ein Meisterwerk aus Meisterhand und wir alle können dankbar sein, dass Du uns solch wertvolle Informationen gibst.

Ich finde die Einteilung im Stanley Gibbons auch sehr gut, um die seltenen 11 Marken nach Jahreszahlen unterscheiden zu können.

Du schreibst nun, es gibt von diesen 11 Postmeistermarken aus Hamilton/Bermud Stanley Gibbons No. 01 - 05 nur 2 Exemplare auf Brief.

Nun fand ich 2 Abbildungen dieser Briefe (schwarz-weiss) und möchte sie hier auch zeigen. Diese Commonwealth Rarities befinden sich 01 (1848) auf der Rückseite eines Briefes und 04 (1854) aus der Korrespondenz B.Wilson Higgs Esq., St. Georges, ebenfalls auf der Rückseite des Briefes.

Das heißt, der Brief mit der Marke mit der Jahreszahl 1854 (04) war 1917 schon bekannt [#557] und Ferrary war der stolze Eigentümer.

Befindet sich der andere Brief in der königlichen Sammlung?

Ich freue mich schon auf deinen nächsten Beitrag.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 09.07.2019 22:31:40 Gelesen: 416384# 560 @  
@ 10Parale [#559]

Vielen Dank für das Lob. Es freut mich, wenn meine Beiträge Gefallen finden.

1917 bestand also die Situation, dass nur 3 Perot-Ausgaben/1. Ausgabe bekannt waren (eine rote, zwei schwarze Marken).

Ca. 1918 wurden fünf weitere Exemplare entdeckt(!):

2 x SG 0 1 - schwarz 1848
2 x SG 0 3 - rot 1853
1 x SG 0 5 - rot 1856

Welche 1922 an grosse Sammler verteilt wurden (vier davon, siehe Beitrag [#558]). Im November 1922 kamen dann die Ferrary-Stücke unter den Hammer. Die Stimmung war gespannt, nachdem die ersten vier Ferrary-Auktionen manch eine Überraschung gebracht hatten.

Die meisten Sammler dürften überrascht gewesen sein, als sie den Katalog zur 5. Auktion Ferrary studierten; gleich ZWEI Bermuda-Erstausgaben waren im Angebot!



Die Fototafel 3 zeigt nicht den ganzen Brief, aber doch einen grossen Teil davon. Ferrary wurde von einigen Sammlern kritisiert, weil er sich in der Regel mit den Briefmarken begnügte, und Briefe nicht besonders sammelte. Er soll auch Briefmarken von Briefen abgelöst haben, was heute verpönt ist. Aber wir sehen an vielen Beispielen, dass Ferrary auch einige Briefe besass und behielt und mitnichten alle Marken von der Briefunterlage löste.

Wir sehen am Foto, dass die Tinte auf der Marke 1922 verschmiert war, ein Zustand, der 1963 nicht mehr bestand.

Und wir sehen ferner, dass neben Los 122 (dem Brief) auch ein Los 121 (lose Marke, schwarz) angeboten wurde, Ferrary besass also BEIDE Varianten schwarz UND rot!

Arthur Hind kaufte Los 121 und Maurice Burrus war schliesslich der Käufer von Los 122 (dem Brief). Er hatte sich damit das beste der nunmehr 8 Exemplare gesichert. Nach vorliegenden Informationen zum ersten Mal bildeten sich an einer öffentlichen Auktion die Preise:

Zuschlag Los 121: FRF 15'500 + 17.5 %
Zuschlag Los 122: FRF 30'000 + 17.5 %

Diese Preise waren respektabel. GB£ 286 bzw. GB£ 553 waren 1922 viel Geld. Umgerechnet auf Werte von 2018 ergibt sich ca.

CHF 88'000 für die lose Marke
CHF 170'000 für den Brief.

Maurice Burrus hatte den Brief gekauft. 41 Jahre später wurde das Traumstück wieder verkauft, in London. Aus dem Katalog 1963 stammt das oben gezeigte Foto (Beitrag 555).

Los 122 erreichte Platz 58(*) aller Ferrary-Lose

(*)= diese Zahl ist "ohne Gewähr". Ich habe meine Studie vor ein paar Jahren gemacht und seither haben sich ein paar Daten geändert; ich müsste alles neu rechnen, was noch nicht geschehen ist. Grosse Verschiebungen in der Reihenfolge der teuersten Marken an den Ferrary-Auktionen sind aber nicht zu erwarten.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.07.2019 00:01:52 Gelesen: 416341# 561 @  
@ 10Parale [#552]

Temple Bar Auctions Limited, Guernsey, Great Britain, steht in der Liste der bekanntesten Auktionshäuser von Grossbritannien nicht in den obersten Zeilen. Für Grossbritannien finden wir mindestens ein Dutzend Namen, die bekannter sind und die in der Geschichte der Philatelie eine wichtigere Rolle spielten.

Du nennst nun aber die Auktion vom 26.-28. Juni 1989, die bei Temple Bar Auctions stattfand: tatsächlich wurde bei diesem weniger wichtigen Auktionshaus eine der ganz grossen Sammlungen BERMUDA verkauft: Die George Ulrich collection.



Nicht weniger als 1367 Lose umfasste die Auktion und sie enthielt, wie Du schreibst, auch einzelne der ganz grossen Weltraritäten der Postmaster Stamps 1848-1863.

Die Lose 14, 15, 16 und 17 sind alles Postmeister-Marken von Bermuda. Auf der Titelseite des Kataloges prangt eine Stanley Gibbons Nummer 0 1.

Temple Bar - Auktionskataloge finden wir nur in auserlesenen Bibliotheken. Charles Freeland, dessen Bestände im März 2017 bei Köhler verkauft wurden (ein Grossteil davon), hatte einige dieser Kataloge. In meiner Bibliothek habe ich aus Platzgründen nur den George Ulrich-Katalog. Er ist ein wichtiges Referenz-Werk für Bermuda-Sammler.

Heinz
 
marc123 Am: 10.07.2019 11:54:01 Gelesen: 416227# 562 @  
@ Heinz 7 [#556]

Lieber Heinz,

danke für Deine tollen Beiträge. Ich kenne mich mit dem Thema Bermuda nicht sonderlich aus, stelle mir trotzdem beim Lesen deiner Beiträge eine Frage. Du schreibst dass nur 11 Exemplare bekannt sind und diese verteilt auf die fünf Jahre (1848, 1849, 1853, 1854 und 1856). Bei dieser geringen Anzahl von Exemplaren halte ich es für durchaus denkbar, dass auch solche aus den Jahren 1850, 1851, 1852 und 1855 existiert haben, von denen kein Exemplar mehr erhalten blieb. Ich denke, dass sich aber auch schon andere diese Frage gestellt haben.
Hast Du darauf eine Antwort? Die Typologie von Stanley-Gibbons finde ich vielleicht etwas übertrieben. Würden mehr Exemplare existieren käme man dann auf acht Katalognummern. Ich habe den Michel von 2010 (Wertvolle Briefmarken aus aller Welt vorliegen). Hier werden mittlerweile drei Nummern vergeben und die Beschreibung hat sich auch etwas verändert:

I 1 Penny schwarz auf bläulich (1848/49)
II 1 Penny rot (1853)
III 1 Penny rot auf bläulich (1856)

Diese Beschreibung kommt der von Stanley-Gibbons näher, die von Dir gezeigte Michel-Typologie beinhaltet ja einen Fehler "rot 1849" entweder in der Jahreszahl oder der Farbe.

@ 10Parale [#559]

Befindet sich der andere Brief in der königlichen Sammlung?

Lieber 10Parale,

Der eben erwähnte Michel schreibt "Ein Brief mit einer beschädigten MiNr. I von 1848 wurde im Oktober 1999 für ca. 150 000 zugeschlagen." Das müsste der Brief sein, von dem Du redest. Gilt jetzt noch zu klären wo er versteigert wurde.

Liebe Grüße
Marc
 
merkuria Am: 14.07.2019 00:43:36 Gelesen: 415534# 563 @  
@ merkuria [#554]

An der Cherrystone Auktion vom 10. Juli 2019 wurde in New York die bedeutende US-Sammlung „The New Amsterdam Collection of U.S. Rarities“ versteigert. Unter Los Nr. 200 wurde wieder einmal eine Inverted Jenny angeboten. Es handelt sich dabei um die Nr. 27, welche letztmals an der Siegel Auktion vom 19. Mai 1990 für damals 115‘000 US$ den Besitzer wechselte. Die Marke ist von einem neuen, am 25. Februar 2019 erstellten Attest der Philatelic Foundation begleitet.



Das Exemplar Nr. 27 erfuhr mit einem Ausruf von 325‘000 US$ keine grossen Steigerungen und wurde zu 350‘000 US$ + Aufgeld zugeschlagen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf meine im Juni 2016 präsentierte Zusammenstellung der 100 existierenden Jenny-Kopfsteher [#93] zurückkommen. Nicht zuletzt dank der sehr ausführlichen Inverted Jenny-Datenbank [1] des US-Auktionshauses Siegel ist es uns heute möglich, alle letzten Verkäufe der einzelnen Nr. zu dokumentieren. Auf dieser Datenbank kann auch die Geschichte sowie frühere Besitzer der einzelnen Nr. eingesehen werden.

Wir können heute davon ausgehen, dass dem Handel derzeit 94 der 100 existierenden Exemplare zur Verfügung stehen. 5 Exemplare sind in Museen, 1 Exemplar ist noch immer verschollen (Nr. 66). Hier die bereinigte Übersicht mit den aktuellsten Bewegungen. Neuere Bewegungen zwischen 2016-2019 sind in rot notiert. In diesem Zeitraum haben 9 Exemplare ihren Besitzer gewechselt! Zusammen wurden dafür 3.9 Mio US$ + Aufgeld aufgewendet.






Grüsse aus der Schweiz
Jacques

[1] https://invertedjenny.com/salerecords
 
Heinz 7 Am: 15.07.2019 17:54:52 Gelesen: 415100# 564 @  
@ Heinz 7 [#549]

In Stockholm habe ich am 1.6.2019 mit einem Philatelisten, der den US-Markt besser kennt, als ich, gerätselt, welche Ergebnisse denn die erste Auktion "Haub" bringen wird. Wir beide waren sehr zuversichtlich, dass es hohe, ja sehr hohe Resultate geben wird.

Ich habe mich nicht "verstecken wollen", sondern habe klar geäussert, dass mehrere Resultate der Auktion vom 22.6.2019 schlecht gewesen seien. Mit solchen Aussagen macht man sich keine Freunde, besonders nicht beim Verkäufer, und darum tat mir mein Befund selber "weh". Nur zu gerne hätte ich über tolle, hohe Preise jubiliert und Vergleiche angestellt. Aber - der Erfolg blieb (bei einigen wichtigen Losen) aus, und das darf man wohl festhalten.

Dass der US-Markt aber nicht generell schwach ist, zeigen folgende, unglaublichen Resultate:

@ merkuria [#563]

Die "Inverted Jenny" spielte US$ 350'000 ein (plus 15 %), wie Jacques ausführlich zeigt.

Aber, bitte, wer kennt DIESE Marke?



Es ist eine Briefmarke aus dem Jahr 1867, die aber eine ganz seltene Abart ist: sie hat den "Z-Grill". Ich habe vor etwas mehr als drei Jahren die berühmteste Marke dieser "Z-Grills" schon kurz behandelt; der Wert zu 1 Cent erzielte vor einigen Jahren einen gigantisch hohen Preis.

@ Heinz 7 [#103]

Nun aber zum 15 Cents-Wert, den es gemäss Auktionsbeschreibung nur zweimal gibt.

Anbei die Katalogbeschreibung (Cherrystone New York)

"1867 Z. Grill - 15c black green One of Two Known
1867 15c black, Z.Grill, geometric cancel, centered to right, completely sound, one of only two known copies, with 1962 and 2019 Philatelic Foundation Certificates, ex-Eugene Costales. A tremendous United States and World Class rarity, ex-Schilling Collection, last offered in a 1975 Siegel Rarities sale (catalogued in the grade of extremely fine at $2,000,000 and $800,000 as VG-50 in the U.S. Specialized by Grade). This stamp is definitely a key to forming a complete U.S. stamp collection, equal in rarity to the famous Z.Grill 1c (In Scott catalogue of U. S. Stamps, the 15c Z.Grill is listed as 85F: it is one of the very few issues that does not bear a unique number but must share its numeral (85) with other stamps of different denominations. This anomaly arose because Scott created its system long before the Z pattern gained general recognition as a separate variety of Grill (which did not occur until the 1910s). Accordingly, Scott assigned capital letters to the Z.Grill denominations and inserted them into the catalogue after No.85 (the 3c D.Grill). The 1c Z.Grill appeared as 85A and the 2c through 15c Z.Grills were designated 85B through 85F. This expedient enabled Scott to retain the existing numbers for all subsequent stamps, beginning with the E.Grill issues (86-91)
O
Catalog #85F"

Diese Marke erzielte soeben den sensationellen Zuschlag von US$ 1'400'000, mit Zuschlag (15%) kostet die Marke also astronomische US$ 1'610'000.

Ich komme aus dem Staunen nicht mehr hinaus. Der "Blue Boy" bleibt bei einer Million fast liegen, die unscheinbare Scott 85F hingegen erzielt einen höheren Preis.

Der US-Markt ist also doch stark. Umso weniger verstehe ich das Resultat
z.B. für den Grove Hill - Brief [#551] oder eben für das Alexandria-Unikat.

Es scheint mir, als haben am 22.6.2019 einige Sammler nicht aufgepasst.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.07.2019 18:08:42 Gelesen: 415096# 565 @  
@ Heinz 7 [#564]

Auch nicht unbescheiden ist der Katalogwert für eine weitere Z-Grill-Marke von 1867: die 10 Cents green (Scott no. 85D): US$ 600'000 (nach Angabe im Auktionskatalog).



Die Marke gibt es immerhin 6 Mal, ein Exemplar ist im Museum, und von den verbliebenen 5 sei dies die schönste, sagt der Auktionskatalog (Los 70)

"1867 Z. Grill - 10c green The Finest Known Example
1867 10c green, Z.Grill, segmented cork cancel, well centered on crisp white paper, completely sound, ex-Laurence and Stryker, with 1958 and 2019 Philatelic Foundation certificates (the latter graded "VF-XF 85"). There are only six known copies of this stamp, one of which is in the Miller Collection. Only one other (ex-Ishikawa) is sound and this is by far the better centered of the two. A major philatelic rarity, one of only five existing examples available to collectors, this one not seen since 1958 (Siegel Census 85D-CAN-01), worthy of the finest collection (SMQ for FN-70 $520,000) (Scott catalogue value is for a well centered copy with faults)
O
Catalog #85D
Catalog Value $600,000"

An der jetzigen Auktion wollten mindestens zwei Sammler das Stück mit sehr viel Einsatz. Der Zuschlag erfolgte erst bei US$ 1'000'000. Dazu kommen 15 % Aufschlag.

Damit reiht sich auch diese weithin unbekannte Briefmarke unter die teuersten Stücke weltweit ein.

Es ist mir ein Rätsel, wie innerhalb derselben Stadt (New York) zwei Auktionen innerhalb von weniger als 30 Tagen so unterschiedliche Resultate ergeben können.

Vielleicht realisieren dies nun ein paar Freunde der US-Philatelie und sie "steigen" dann doch so richtig ein, wenn von Erivan Haub der ZWEIITE Teil der Sammlung kommt.

Ich bin sehr gespannt!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.07.2019 20:05:04 Gelesen: 415061# 566 @  
@ marc123 [#562]

Vielen Dank für die freundlichen Worte.

Bermuda 1. Issue Perot ist wahrlich eine "Knacknuss" für alle Raritäten-Sammler.

Während der oben gezeigte Brief

@ Heinz 7 [#555]

An mindestens 6 öffentlichen Auktionen sich bewähren musste, ist der zweite Brief meines Wissens deutlich seltener "im rauhen Wind" der öffentlichen Auktion ausgesetzt gewesen.

1848 wurde die Perot-Marke herausgegeben. Erst 130 Jahre später (!!) gelangte der anbei gezeigte Brief zum ersten Mal überhaupt auf eine öffentliche Auktion.

Der best bekannte grosse Sammler (Sir) Henry Tucker hatte eine phantastische Sammlung Bermuda. Er hatte zwei Perot-Erstausgaben, wobei sein Brief 1848 wohl als Glanzstück bezeichnet werden darf. Es ist die Stanley Gibbons No. 1.



Das Foto stammt aus einem gebundenen Band, darum ist das Foto nicht ganz gerade. Aber die Sammler waren begeistert, dass dieses Super-Stück ca. 50 Jahre nach seinem ersten Handwechsel erstmals an eine Auktion kam (1848-ca. 192x war der Brief in Familienbesitz der Brief-Empfänger-Familie (gemäss Leon N. Williams)).

Der Brief wurde in London versteigert, beim ehrwürdigen Auktionshaus H.R. Harmer, das damals zu den besten Auktionshäusern der Welt gehörte.
 
Heinz 7 Am: 15.07.2019 20:28:21 Gelesen: 415051# 567 @  
@ Heinz 7 [#566]

Los 58 der Auktion vom 17.10.1985 wurde mit starkem Herzklopfen der massgebenden Sammler dieser Zeit erwartet: der oben gezeigte Brief!



Los 1-57 waren vor allem frühere Briefe von Bermuda (1796-1850, ohne Briefmarken, teils mit den so schönen Handstempeln, welche von den Sammlern so geschätzt werden).

Los 58 war beschrieben wie folgt:

- einer von drei Exemplaren 1848
- einer von nur zwei bekannten Briefen
- gekauft von Tucker 1961 (Williams nennt Verkaufstermin 1960)

Die Briefmarke diente auch als Verschluss-Medium, und wurde darum beim Öffnen des Briefes beschädigt. Die Marke ist sorgfältig restauriert worden.

Der Ausruf bzw. Estimate lag bei GB£ 12'500 - GB£ 15'000.

Das mag für heutige Leser wenig scheinen, aber 1978 war das durchaus ein respektabler Preis.

Es blieb aber nicht beim Schätzpreis, sondern der Brief wurde auf GB£ 22'000 hochgesteigert (kein Aufgeld, wenn ich mich nicht irre. Die Auktionatoren bezogen damals in England meist nur eine Provision des Verkäufers).

Sehr interessant: Es gab an derselben Auktion jedoch 3 andere Lose, die noch teurer wurden! Die Tucker-Auktion war wirklich ein Gradmesser für die grössten Raritäten des Landes. Die Sammlung war so bedeutend, dass es sogar Platz hatte für einen zweiten Teil, welcher bei H.R. Harmer Inc. in New York zum Verkauf kam.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 15.07.2019 21:56:03 Gelesen: 415026# 568 @  
@ Heinz 7 [#564]

Interessant ist, dass das zweite Exemplar der 15 cent mit Z-grill (das schönere der zwei bekannten) 1998 bei der Zoellnerauktion einen Zuschlag von 190.000 Dollar hatte.

Gemäß Siegel-Census wurde dieses Stück 1986 für 100.000 Dollar und 1963 für 11.500 Dollar zugeschlagen. Ein stetiger extremer Aufwärtstrend.

@ Heinz 7 [#565]

Zu der 10 cent mit Z-Grill muss man sagen, das von den fünf in Sammlerhänden befindlichen Exemplaren nur zwei ohne Mängel sind, das oben gezeigte Stück und das Exemplar der Ishikawa-Sammlung, das schlechter zentriert ist (1993 mit dem Zuschlag von 46.000 Dollar). Die anderen haben dünne Stellen beziehungsweise fehlenden Eckzahn.

Vielleicht hat man sich bei den Haubstücken das falsche Auktionshaus ausgesucht, oder das Interesse an Postmeisterausgaben ist geringer, weil die Sammler die allgemeinen Marken bevorzugen. Die Zukunft wird es zeigen.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 16.07.2019 19:36:08 Gelesen: 414816# 569 @  
@ Martin de Matin [#568]

Danke, Martin, für diese interessanten Ergänzungen.

Ich kenne den Ishikawa-sale. Und ich kenne die Zoellner-Auktion. Aber mir war bei Ishikawa nicht bewusst, dass er eine 10 Cent mit Z-grill hatte. Ein Zuschlag von US$ 46'000 (1993) finde ich auch einigermassen "vernünftig" für eine so seltene Briefmarke. An der Auktion bei Cherrystone (2019, also nur 26 Jahre später) sausten nun aber einige Preise "ab durch die Decke". Das hat mich nun doch echt erstaunt. Der US-Markt ist aber immer wieder für Überraschungen gut.

Es ist ja auch undenkbar für ein anderes Land, dass eine Briefmarke, die es fast 100 x gibt, für so viele Exemplare schon so hohe Preise bezahlt wurden, wie für die kopfstehende Jenny, vgl. -> Inverted Jenny, siehe u.a. den Beitrag von Jacques,

@ merkuria [#563]

Wobei die Position 27 wirklich eines der schönsten Stücke ist.

Nochmals zu den Z.-Grill-Ausgaben.

In meinem Scott 2000-Katalog sind die Katalogwerte wie folgt:

85A = 1 Cent = US$ 935'000 (gestempelt)
85B = 2 Cente = US$ 5'350 (**), US$ 800 (gestempelt)
85C = 3 Cents = US$ 8'500 (**), US$ 2'250 (gestempelt)
85D = 10 Cents = US$ 90'000 (gestempelt)
85E = 12 Cents = US$ 7'000 (**), US$ 1'000 (gestempelt)
85F = 15 Cents = US$ 220'000 (gestempelt).

Von den 6 katalogisierten Marken sind also gleich 3 Weltraritäten.

85A = 2 Stück, wovon 1 im Museum (New York)
85D = 6 Stück, wovon 1 im Museum (New York)
85F = 2 Stück

Scott 2000 listete die 1 Cent-Marke also genau zum dem Auktionserlös, den das Stück zuvor erzielt hatte (US$ 850'000+10%). Es ist nun spannend, zu sehen, ob nun die Katalogwerte für die 85D und für die 85F hochschnellen. Für die 85F nun "einfach" US$ 1'610'000 anzusetzen (= 732 % des Katalogwertes von 2000) fände ich etwas "gewohnungsbedürftig".

Ob Scott die Preise auch gegen unten anpasst, wenn die Erlöse tief ausfallen, weiss ich nicht; ich nehme aber an: eher NEIN.

Früher haben meines Wissens einige massgebende Philatelisten die Katalogpreise in Diskussionen "ausgehandelt". Wenn nur der effektiv erzielte Marktpreis als Massstab herangezogen wird, kann dies zu Verzerrungen führen. Dieser kann "zu tief" ausfallen, aber er kann auch gegen oben ausreissen. Für beide Fälle gibt es zahllose Beispiele.

Zum Abschluss noch ein Blick auf ein Albumblatt "ex Ishikawa"



Ishikawa besass u.a. einen Viererblock der 2 Cents-Marke, einen 7-Streifen der 3 Cents-Marke, drei Exemplare der 12 Cents Marke und, wie Du sagst, ein Exemplar der 10 Cents-Marke.

Die Abbildungen stammen aus dem Buch "The United States Stamp 1847-1869; Ryohei Ishikawa Collection", ein grossformatiges Wunderwerk.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.07.2019 20:12:59 Gelesen: 414805# 570 @  
@ Heinz 7 [#567]

Dieser vornehme Herr war Sir Henry Tucker.



Ich bin fast sicher, dass es sich um den BRIEFMARKEN-SAMMLER handelt.

Er wurde 1903 geboren und starb 1986. Als 17-jähriger besuchte er Schulen in England, bevor er nach Bermuda zurückkehrte. Er gilt heute als "National hero" (Nationalheld). Siehe Royal Gazette und Wikipedia.

"Sir Henry Tucker - one of the Island's two most important leaders of the 20th Century"

http://www.royalgazette.com/article/20110616/ISLAND11/706149916/-1
https://en.wikipedia.org/wiki/Henry_Tucker_(Bermudian_politician)

Unsterblich hat er sich gemacht bei den Philatelisten durch das Zusammentragen der vermutlich besten Bermuda-Sammlung, die je existiert hat.

Leider habe ich den Harmer New York-Auktionskatalog nicht zur Hand, aber allein der Harmer London-Sale (siehe oben) zeigt, wie umfassend die Sammlung war. Die Auktion umfasste 581 Lose (London, ohne New York).

Los 58 haben wir oben besprochen. Los 59 war ein gebrauchtes Exemplar des Jahres 1853, in der Farbe rot = Stanley Gibbons Nummer O 3.



Auch von dieser Marke kennt man heute meines Wissens nur 3 Exemplare. Sie tauchte erstmals 1934 auf (das neunte und das zehnte Stück) und kam 1978 erst zum zweiten Mal in seiner Geschichte auf den Auktionsmarkt; Tucker hatte die Marke 1960 privat vom Vor-Sammler gekauft.

Warum diese Marke im Zuschlag höher geschätzt wurde, als Los 58 (immerhin ein Brief!), ist mir nicht klar. Jedenfalls sahen die Sammler 1978 dies ähnlich und die gezeigte Marke erzielte den stolzen Preis von GB£ 32'000, also satte GB£ 10'000 mehr als Los 58.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.07.2019 09:34:30 Gelesen: 414444# 571 @  
@ 10Parale [#559]

Danke für das Interesse, die Anerkennung und die Abbildungen.

Ich konnte nun also beide Briefe in ganzer Grösse in Farbe zeigen (Beiträge [#555] und [#566]). Beide Briefe befinden sich meines Wissens in Privathand, also nicht in der Sammlung von Queen Elizabeth. Sie hat zwar drei Postmeistermarken Perot 1. Ausgabe in ihrer Sammlung, aber alle drei Stücke sind lose Briefmarken. Die (meines Erachtens: besonders wertvollen) Briefe sind für ambitionierte Sammler mit adäquatem Bankkontostand erhältlich.

Beide Briefmarken sind übrigens auf der Rückseite des Briefes angebracht (Brief [#555] aufgeklappt), das war so vorgesehen (Vorschrift/?).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.07.2019 20:17:23 Gelesen: 414015# 572 @  
@ Heinz 7 [#49]

Ich habe oben gesagt, dass beim Verkauf der Sammlung "Bermuda" von Tucker im ersten Teil verschiedene sehr hohe Preise erzielt wurden. Natürlich wollen nun alle (?) wissen, welches denn das teuerste Lot der Auktion war, wenn nicht die weltberühmte Stanley Gibbons Nr. 1 auf Brief, die es nur auf Platz vier schaffte:

@ Heinz 7 [#567]

Los 58: Zuschlag = GB£ 22'000 - siehe Beitrag 566
Los 59: Zuschlag = GB£ 32'000 - siehe Beitrag 570
Los 60: Zuschlag = GB£ 36'000 - siehe Beitrag 572
Los 62: Zuschlag = GB£ 25'000 - folgt...

Nun, wir KENNEN diesen Brief schon (!), denn vor mehr als 3.5 Jahren stellte ich Ihnen einen Brief vor:



Es ist dies die Michel Nr. V = 1861 = Postmeistermarke von Perot: Runder Handstempel ohne Jahreszahl, mit Inschrift "HAMILTON".

Ich habe schon gesagt, dass es von dieser Marke meines Wissens nur 5 Exemplare gibt; 2 auf Brief, 3 lose (2 entwertet, 1 ungebraucht). Und, wirklich erstaunlich: die philatelistische Öffentlichkeit erfuhr erst 1946 von der Existenz dieser Briefmarke! (gemäss Leon N. Williams). 1948 wurden dann das zweite und das dritte Exemplar entdeckt, während Exemplar 4 und 5 erst 1967 und 1984 wirklich öffentlich bekannt wurden (so lese ich "The Biographies" von L.N. Williams, 1997).

Ich erwähnte im Dezember 2015 schon, dass dieser Brief 1978 GB£ 36'000 kostete. Was ich damals nicht sagte: es war der Spitzenpreis an der berühmten Tucker-Auktion Bermuda (sales 4141-4142).

GB£ 36'000 war 1978 ein sehr hoher Betrag. Ich sollte dies einmal näher aufzeigen.

Wer den zweiten existierenden Brief dieser Marke sehen will, der betrachte Beitrag von 10Parale [#544].

Vielleicht interessieren uns auch die Katalogpreise?

Stanley Gibbons 2008 bewertete die 2. Postmeistermarke von Perot (Nr. O6) mit
GB£ 100'000 ungebraucht bzw. GB£ 80'000 entwertet und bewertet damit die Marke wesentlich tiefer als SG no. O1-O5:

O1 = GB£ 130'000
O2 = GB£ 150'000
O3 = GB£ 110'000
O4 = GB£ 275'000
O5 = GB£ 170'000

Scott sieht das nicht ganz so deutlich:

Scott 2000:

X1 = US$ 115'000
X1a = US$ 135'000
X2 = US$ 175'000
X2a = US$ 225'000
X3 = US$ 145'000

X5 =Perot 1861= US$ 110'000

Michel 2010:

I: Euro 160'000
II: Euro 160'000
III: Euro 220'000

V: Euro 130'000 (entwertet; ungebraucht: -.-)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.07.2019 11:05:20 Gelesen: 413893# 573 @  
@ Heinz 7 [#567]

Heinz ?
Ja ?
Machst du das mit Absicht ?
Was denn ?
Du schreibst einen Aufsatz in mehreren Teilen und steigerst die Spannung, doch dann enthälst du mir das gute Ende der Geschichte vor! Ich warte vergeblich auf den letzten Teil der Geschichte!

Ja? Tue ich das? Also... NEIN, mit böser Absicht mache ich das sicher nicht!

Es ist richtig, beim vorliegenden Thema "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" versuche ich (auch) einem "roten Faden" zu folgen und gewisse Erkenntnisse in einem grösseren Kontext darzustellen. Dass ich dabei nicht in "x plus 3 Tagen" fertig werde, das liegt an der Komplexität der behandelten Materie und daran, dass ich als berufstätiger Mensch nur sehr eingeschränkt Zeit einsetzen kann für das schönste Hobby der Welt (die Philatelie). Zudem erfordern meine Beiträge - gerade zu diesem Thema - oft viel Zeit zur Recherche; ich kann also nur selten einfach ein Foto scannen und zwei Sätze dazu schreiben.

Zudem reagiere ich auf Aktualitäten. Wenn also ein Freund plötzlich das Thema "Bermuda" bespricht, dann steuere ich gerne mein Wissen dazu bei, oder wenn an einer Auktion besonders aufsehenerregende Resultate erzielt werden, kann ich dies manchmal auch ein wenig kommentieren. Und ansonsten? - Ich verspreche, immer wieder auf die noch offenen Fragen zurückkehren zu wollen und meine Leser nicht unnötig "zappeln" zu lassen.

Damit ich im aktuellen "Fall" (Bermuda, Tucker Auktion) meine Leser in rascher Abfolge alle Infos gebe, anbei nun die Vorstellung von Los 62 der Bermuda-Auktion von Sir Henry Tucker. Wie erwähnt erzielte dieses Los beachtliche GB£ 25'000 im Jahre 1978; und vor 41 Jahren war dies sehrsehr viel Geld.

Umgerechnet in Schweizer Franken, Stand Ende 2018 wären dies genau CHF 155'694... (sofern ich richtig gerechnet habe. Der Kaffee steht auf dem Tisch, wurde aber noch nicht eingenommen...)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.07.2019 12:20:00 Gelesen: 413882# 574 @  
@ Heinz 7 [#567]

Bermudas Postmeister-Ausgaben von Perot haben wir in den letzten Tagen recht gut kennen gelernt. 1848 gab er seine erste Serie heraus, 1861 folgte seine zweite.

Hamilton war aber nicht der einzige Ort in Bermuda, wo ein Postmeister Briefmarken herausgab. Dasselbe erfolgte auch in St. George, in welchem seit 1818 ein Postmeister eingesetzt war.

Vermutlich war es James Henry Thies, der 1860 eine Briefmarke herausgab, die aber kaum bekannt war. In der Zeitschrift "Stanley Gibbons' Monthly Journal" von Januar 1899 wurde eine Thies Marke besprochen (Major Evans), aber es bestanden damals Zweifel an dieser Ausgabe. Selbst im Standardwrk "The Postage Stamps of Bermuda" von H.R. Holmes, das 1932 herauskam, wurde die Marke zwar erwähnt, aber nicht detailliert besprochen.

Gemäss dem monumentalen Werk von Leon Norman Williams ("Encyclopaedia of rare and famous stamps" in zwei Bänden 1993/1997) sind aktuell nur 5 dieser Thies-Marke bekannt, wobei von einer Marke (Nummer 2) aber nicht einmal ein Foto existiert, und sie scheint seit 1899 verschollen. Von den restlichen vier Marken sind drei gestempelt und eine ist sogar auf Brief.



Über diesen Brief wusste Williams was folgt:

1860: Der Briefempfänger James Tatem in Hamilton (Bermuda) erhielt diese Marke (den Brief)
1929: Ein Verwandter von James Tatem fand diesen Brief
193(?): Major T. Charlton Henry, ein führender Philatelist dieser Jahre, kaufte diesen Brief
1960: Sir Henry Tucker kaufte den Brief von Charlton Henry
1978: der Brief erschien zum ersten Mal an einer Auktion! 118 Jahre nach der Herausgabe.

Die führenden Sammler wussten natürlich über die Bedeutung dieses Briefes, und der Auktionator setzte dementsprechend den Schätzpreis hoch an: GB£ 25'000 - GB£ 30'000. Das Los wurde zum Schätzpreis verkauft.

Das oben gezeigte Foto ist etwas unscharf links (scan aus einem gebundenen Auktionskatalog), aber da es im Moment das einzige Farbfoto ist, das ich kenne, zeige ich es so.

Ob der Preis von (umgerechnet auf heute) rund CHF 156'000 nochmals erreicht oder sogar übertroffen wurde, weiss ich nicht.

In den Katalogen steht die Marke wie folgt:

Michel IV (1860): Euro 95'000 (Katalog 2010)
Stanley Gibbons O7 (1860): GB£ 75'000 (Katalog 2008)
Scott X4 (1860): US$ 90'000 (Katalog 2000)

Brief-Bewertungen liegen mir nicht vor.

Übrigens: in der Ulrich Sammlung, die bei Temple Bar Auctions 1989 zum Verkauf kam, war AUCH eine Thies-Marke enthalten!

Heinz
 
10Parale Am: 21.07.2019 11:59:40 Gelesen: 413598# 575 @  
@ Heinz 7 [#574]

Es ist schon beeindruckend, mit welcher wissenschaftlichen Präzision du uns Hobby- und Berufsphilatelisten in Erstaunen über soviel bedeutende Informationen versetzt. Ich muss das erst einmal alles dreimal durchlesen und studieren. Von St. Georges habe ich auch schon schöne Stempel in meiner Sammlung.

Auch ich kann als berufstätiger Mensch wie so viele hier meine Zeit auch nur beschränkt für das Hobby einsetzen. Um so schöner, wenn ich dann ein paar wenige Stunden finde, um mich dem ganz hinzugeben.

[#571] "Sie (die Queen, Anmerkung des Verf.) hat zwar drei Postmeistermarken Perot 1. Ausgabe in ihrer Sammlung, aber alle drei Stücke sind lose Briefmarken."

Wer diese sehen will, schlage Seite 241 des Buches "The Queen´s Stamps" von Nicholas Courtney auf, dort sind sie farbig abgebildet.

[#574]

"Übrigens: in der Ulrich Sammlung, die bei Temple Bar Auctions 1989 zum Verkauf kam, war AUCH eine Thies-Marke enthalten!"

Da mir der Katalog auch vorliegt, zeige ich hier einmal die Losbeschreibung und den Ausrufpreis der Temple Bar Auciton 1989. In einem weiteren Beitrag zeige ich eine Abbildung dieser sehr wertvollen Postmeister Marke.


Bedeutend finde ich den Hinweis: "Ex Collection King Carol". Damit wäre wieder ein Bogen geschlagen zu unserer vielgeliebten Rumänien-Philatelie. Wie einige wissen, ist ja ein Großteil der "King Carol" -Sammlung verschwunden, als wären sie im Bermuda-Dreieck auf Nimmerwiedersehen verloren gegangen. Die Geschichten rund um verschollene Schiffe im Bermuda-Dreieck basieren auf keinerlei wissenschaftlichen Grundlagen, wie wir heute wissen. Allerdings scheinen im wirklichen Leben tatsächlich Dinge auf rätselhafte, unerklärliche Art zu verschwinden.

Wäre auch mal interessant, darüber zu spekulieren, wo denn die Sammlung des rumänischen Königs abgeblieben ist?

Liebe Grüße

10Parale


 
10Parale Am: 21.07.2019 12:13:07 Gelesen: 413594# 576 @  
@ 10Parale [#575]

Hier die Thies Marke siehe [#574]


 
Martin de Matin Am: 21.07.2019 14:36:35 Gelesen: 413561# 577 @  
@ 10Parale [#576]

Dieses Stück wurde wie in meinem Beitrag [#553] aufgeführt für 75.000 Dollar angeboten.

@ Heinz 7 [#572]
@ Heinz 7 [#574]

Ich hätte zu den Postmeistermarken von Bermuda eine kleine aber nicht unwichtige Frage. Sind die Postmeistermarken, insbesondere die Ausgaben mit der Inschrift "PAID AT", wirklich Briefmarken; und gibt es Unterlagen in Archiven, die die Ausgabe bestätigen?

Bei den ersten Postmeistermarken von Hamilton kann ich den Briefmarkenstatus ja akzeptieren, da dort wohl aus dem normalen Stempel von Hamilton die Tag und Monatsangaben entfernt wurden und handschriftlich one penny und Perot eingetragen wurden.

Nun zu den Ausgaben mit der Inschrift PAID AT von Hamilton und St. Georges. Hier eine Beispielabbildung (Los 84) aus der Morris H. Ludington Auktion bei Spink 1999.



Das oben gezeigte Stück stammt aus dem Jahr 1861, also aus dem Jahr der Verausgabung der zweiten Hamilton-Ausgabe. Ich sehe hier keinen Unterschied zu den Postmeister-ausgaben (meine Abbildung ist nur der Ausschnitt eines Briefes mit dem Stempel "PAID AT"). Der einzige Unterschied ist das Papier, aber dies ist bei den Postmeisterausgaben auch unterschiedlich, und die Federzugentwertung. Falls jemand meint das Stück aus Beitrag 576 hat ja einen Stempel, so sollte man bedenken, das es auch unfrankierte Briefe mit einem Stempel über den roten "PAID AT"-Stempel gibt. Federzugentwertung und Behauptungen Briefe in einer Korrespondenz gefunden zu haben sind noch lange kein Beweis für die Echtheit.

Eure Meinung dazu ist jetzt gefragt.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 22.07.2019 21:00:36 Gelesen: 413125# 578 @  
@ 10Parale [#575]

Besten Dank für die anerkennenden Worte.

@ Martin de Matin [#577]

Es ist tatsächlich so, dass die Briefmarken und die Handstempel sich sehr ähnlich sehen. Nach Information des Auktionskataloges von H.R. Harmer kann ich Folgendes bekanntgeben.

Seit 1818 durften die Postmeister die Erträge für Inland Post für sich behalten. 1842 wurde die Rate für einen nicht schweren Brief reduziert auf 1 Penny. Die Leute, die einen Brief aufgeben wollten, konnten diesen in einen Briefkasten einlegen, bitte mit dem Geld für die Beförderung.

Das klappte aber nur ungenügend. Die Anzahl der abgegebenen Briefe überstieg die Anzahl der eingegangenen Pence, darum machte der Postmeister William Bennet Perot eine Notmassnahme: er gab Briefmarken heraus.

"He produced them by utilising his datedtamp (PM4) with day and month slugs removed and endorsing them with "One Penny" an his signature".

Die Briefmarken mussten dann als Vorauszahlung angebracht werden; andere Briefe wurden (vermutlich) nicht mehr befördert (früher war es Pflicht, da man ja nicht wusste, wer den Brief bezahlt hatte, und wer nicht).

Normale Briefe mit solchen Datumstempeln sind nicht besonders teuer. In der Sammlung Tucker waren gleich 11 Stücke mit diesem Handstempel vorhanden, davon 10 von Hamilton:

Los 40: PM 4 Hamilton: 1842, Teil von Umschlag
Los 41: PM 4 Hamilton: 1847, single letter-sheet
Los 42: PM 4 Hamilton: 1849, letter
Los 43: PM 4 Hamilton: 1850, envelope
Los 44: PM 4 Hamilton: 1854, letter
Los 45: PM 4 Hamilton: 1855, mourning envelope
Los 46: PM 4 Hamilton: 1855, tender, (...) with strike of red PM4
Los 47: PM 4 Hamilton: 1859, front
Los 48: PM 4 Hamilton: 1859, letter
Los 49: PM 4 Hamilton: 1861, letter
Los 50: PM 4 Ireland Isle: 1842, wrapper

Die PM 4-Stempel von Hamilton erzielten Preise von nur GB£ 33 (Los 47) bis GB£ 360 (Los 44).

Die auf Extra Papier angefertigten Briefmarken sind wohl als solche zu akzeptieren. Es wurde das Datum entfernt und eine Unterschrift vom Postmeister wurde angebracht.

Der Poststempel PM 4 war aber nicht der einzige, der damals verwendet wurde. Du zeigst uns oben einen PM 2, dazu kann ich auch ein schönes Exemplar zeigen:



Dies war Los 14 der ersten Tucker Auktion mit Postmark 2 "Paid at Hamilton Bermuda". Solche PM 2-Stempel gab es auch von St. Georges und Ireland Isle.

Heinz
 
10Parale Am: 22.07.2019 21:11:46 Gelesen: 413118# 579 @  
@ Martin de Matin [#577]

Dann sag ich mal meine Meinung:

"sind die Postmeistermarken, insbesondere die Ausgaben mit der Inschrift "PAID AT", wirklich Briefmarken; und gibt es Unterlagen in Archiven, die die Ausgabe bestätigen?"

Kurz mal ein Rückblende: In Hamilton war Mr. Perot der Postmeister mit einem Jahresgehalt von £70. Die Einnahmen aus dem Briefverkehr standen ihm zusätzlich auf Grund eines Gesetzes zu. Das Problem war, in seinem hölzernen Briefkasten, der vor dem Haus stand, wurden bei der Leerung mehr Briefe als One Penny Münzen gefunden, so dass es im Prinzip ein Minusgeschäft war. Der Hobbygärtner Perot hatte nun einen freundlichen Nachbarn, den Chemiker Mr. J.B. Heyl. Dieser Chemiker hatte nun den Einfall, die tatsächlich bezahlte Post mit einem Label zu versehen, wie er es bereits aus Amerika kannte. Perot wärmte sich mit dem Gedanken an und formte nun aus dem eigentlichen Stempel eine Briefmarke, indem er den Monat und den Tag entfernte und nur das Jahr auf dem Label beließ. Dann schrieb er noch One Penny handschriftlich drauf und unterschrieb das Ganze. So kreierte er eine Art Bogen mit 12 Marken, die er auseinanderschnitt und bis Juni 1849 in schwarzer Tinte, dann mit roter Tinte beschriftete (HAMILTON _ BERMUDA).

Nun kommt in dem bereits genannten Buch THE QUEEN´s STAMPS von Courtney, woher ich diese Informationen beziehe, eine aufhellende Passage, ich zitiere:

"As Perot made the stamps, he did not see the need to further cancel them which meant that it was a long time before they were discovered, and even longer before they were recognised as genuine because no Act of the Legislature had confirmed the issue."

Das Buch führt weiter aus, dass Edward Denny Bacon´s Studien über die Bermuda Postmeistermarken dazu beitrugen, die Authentizität bzw. Echtheit der Marken zu bestätigen.

Aus diesem Grund halte ich diese Postmeistermarken natürlich für Briefmarken, mit dem einzigen Unterschied, dass ihre Existenz keinem staatlichen Auftrag entspringt, sondern der Notwendigkeit, - wie so oft im Leben -, dem Betrug einen Riegel vorzuschieben.

Ob eine Federzugentwertung wie in Beitrag [#572] gezeigt echt ist, steht mir allerdings nicht zu, dies zu beurteilen.

Liebe Grüße

10Parale
 
Heinz 7 Am: 22.07.2019 21:57:19 Gelesen: 413102# 580 @  
@ Heinz 7 [#578]

Bei der zweiten Perot-Ausgabe 1861 (Stanley Gibbons Nr. O6) sind wir uns vielleicht nicht sicher, ob es eine eigens geschaffene Briefmarke ist, oder ob es einfach ein PM2-Stempel ist, der, ausgeschnitten, auf einen Brief draufgesetzt wurde.

Es gibt zwei Briefe mit dieser Marke, siehe z.B. [#572]. Der Federstrich geht nicht auf den Brief über, so auch nicht beim anderen Brief und auch nicht bei den zwei losen Marken. Ich verstehe also sehr gut, dass Du fragst:

"... und gibt es Unterlagen in Archiven, die die Ausgabe bestätigen?"

Bei der Thies-Marke gibt es nur vier Abbildungen: 1 Brief mit Federzug-Entwertung (siehe [#574])
1 kleines Fragment, Marke ebenfalls mit Federzug-Entwertung
2 lose Marken mit dem Stempel "St. George"; eine davon gezeigt von

@ 10Parale [#576]

Auch hier sind die Fragen dieselben wir zur 2. Perot-Ausgabe.

Es gibt sogar ein weiteres Fragezeichen zu Bermuda-Postmeisterausgaben. Dazu nochmals ein Foto aus einem Auktionskatalog, den wir hier schon gezeigt haben:

@ Heinz 7 [#561]

Die Ulrich-Sammlung enthielt u.a. vier sehr interessante Lose, die alle auf der vierten Umschlag-Seite gezeigt wurden.



Los 13: eine Perot-Ausgabe von 1848 (Stanley Gibbons Nr. 1)
Los 15: eine Perot-Ausgabe von 1861 (Stanley Gibbons Nr. 6)
Los 16: eine Thies-Ausgabe von 1860 (Stanley Gibbons Nr. 7).

Aber was ist denn Los 14?

Die Auktionsbeschreibung sagt, es handle sich um eine Ausgabe 1862 "Ward Issue".

Robert Ward war Nachfolger von Perot als Postmeister. Ob er auch eine Postmeister-Marke herausgegeben hat, ist umstritten.

Leon N. Williams schreibt dazu: "There being no means of dating the blue pencil marking, these stamps were regarded with reserve because it is possible that each could have been cut out from an envelope of an overseas letter for which postage had been prepaid at Hamilton." (siehe: Leon Norman Williams: "Encyclopaedia of rare and famous stamps" Band 1, 1993, Seite 9). Auch das Auktionshaus Temple Bar sicherte sich ab, indem es zu Los 16 hinzu schrieb:

"probably a cut out from an envelope and posthumously cancelled in crayon".

Diese Marke ist generell nicht anerkannt. Sie ist meines Wissens auch nicht katalogisiert. Im Tucker-Auktionskatalog stand zu einer (anderen) Ward-Marke folgendes: (Los 61):

"As the status of these two known copies is still unresolved, this example is necessarily sold "as is".

Der Hammer fiel dann bereits bei GB£ 260, also mehr als 100 x weniger als bei Los 60 zuvor!

Temple Bar war da kühner, 11 Jahre später: IHR Los 16 wurde mit einem "Estimate" von GB£ 20'000-25'000 angepreist! Meines Wissens fand diese Marke aber keinen Käufer.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.07.2019 22:32:13 Gelesen: 413092# 581 @  
@ 10Parale [#544]

Du nennst eine Auktion von 1974; ich kann diesen Auktionskatalog hier ebenfalls zeigen:

Es war ein Robson Lowe, London, Sale



In 176 Losen wurde die Sammlung von M. H. Ludington angeboten.

Gleich die ersten beiden Lose waren die wertvollsten:

Los 1001: ein Fragment mit Perot-Ausgabe 1849 (Stanley Gibbons Nr. 02)
Los 1002: der eine "Miss Hurst" Perot 1861-Brief.

Deine Annahme, der oben genannte Brief habe 1974 einen ähnlichen Preis gekostet wie das Exemplar ex Sammlung Tucker (4 Jahre später), muss ich korrigieren: der Käufer musste nur GB£ 5'250 bezahlen, also nur 70 % vom estimate (GB£ 7'500). Sogar unverkauft blieb das Los 1001, das mit GB£ 10'000 geschätzt war.

4 Jahre später gabe es dann hohe Preise, wie ich oben zeigen konnte (4 Lose mit Ergebnissen von GB£ 22'000 bis GB£ 36'000).

So starke Schwankungen in den Resultaten sind manchmal kaum zu erklären.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.08.2019 23:25:58 Gelesen: 409852# 582 @  
@ Heinz 7 [#581]

Immerhin deutlich mehr als 3000 "hits" seit dem 22.7.2019 (= 19 Tage) zeigen, dass es doch ein paar Leser gibt, welche sich für das Thema interessieren. Also sehe ich mich ermutigt, weiter zu machen.

Wir haben gerade bei Bermuda gesehen (Beiträge ab [#552]), dass es Staaten gibt, wo es lange dauerte, bis seine grossen Briefmarken-Raritäten entdeckt wurden. Mein Rückblick auf die Studien von Haas (1905) und Schubert (1912) zeigt das ja auch: manch eine klassische Rarität der frühen Jahre, die wir schon besprochen haben, war vor über 100 Jahren noch nicht berühmt, obwohl damals schon das Briefmarkensammeln sehr populär war und damals schon ein "reifes" Hobby war (die ersten Briefmarken erschienen 1840), 1910 war das Briefmarkensammeln fest etabliert.

Umso erstaunlicher ist es, wenn wir feststellen, dass gewisse Raritäten fast nie auf dem "freien Markt" gehandelt werden. Ein ganz extremes Beispiel entdeckte ich vor wenigen Jahren, als 2010 eine wirkliche Weltrarität zum ersten Mal angeboten wurde:

1859 herausgekommen...
2010 zum ersten Mal an einer öffentlichen Auktion angeboten...
nach 151 Jahren...

eine Sensation!

Venezuela hat (wie andere Länder auch) ebenfalls einen Farbfehldruck, der extrem selten ist. Die allererste Ausgabe des Landes, 1859, umfasste nur wenige Wertstufen. Eine davon war die 1/2 Real, die in gelb oder orange gedruckt wurde.

Offenbar gab es auch einen Fehldruck in rot. Es ist gar nicht so klar, die Unterschiede zwischen "orange" und "rot" zu sehen, aber die Spezialisten können dies natürlich. In einem "Edition d'Or"-Band (Dr. Knut Heister-Sammlung, Venezuela, Band XVI), sind die Varianten nebeneinander gestellt.

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.08.2019 23:46:03 Gelesen: 409847# 583 @  
@ Heinz 7 [#582]

Die "Medio Real" rot statt gelb gibt es offenbar nur zwei Mal. Ein Exemplar zierte die Knut Heisters Sammlung.

Das gestempelte Exemplar ist zwar auch schon eine Weile bekannt, wurde aber offenbar erst 2010, also nach 151 Jahren, erstmals öffentlich (als Einzellos) versteigert!

Angeblich war das Stück zuvor schon in der Sammlung von Ferrary, wurde dort aber angeblich nicht einzeln angeboten. Möglicherweise war der Fehldruck im Sammellos 658 der 9. Auktion enthalten (alle diese Informationen entnehme ich dem Auktionskatalog: Investphila, Lugano, 15. Auktion, April 2010).

Danach kam das Stück in die Hände des weltbekannten Auktionators H.R. Harmer (der selber aber auch sammelte). Er stellte das Stück aus 1950 an der Weltausstellung in London. Die Harmer-Sammlung Venezuela wurde gesamthaft von einem anderen Sammler übernommen und kam schliesslich in die Hände des grossen Sammlers Gordon N. John.

2010 wurde ein weiterer Teil seiner grossartigen Sammlung verkauft.



Die Marke kam zum ersten Mal zum öffentlichen Auktions-Verkauf. Welcher Ausrufpreis ist hierfür anzusetzen? - Eine schwierige Frage.

Die philatelistische Leitung von Investphila wusste um die Wichtigkeit des Stückes und preiste das Stück hoch aus: Starting Price (in Euro): 150'000. Die Marke zierte auch die Titelseite des Auktionskataloges, obwohl die Sammlung auch sonst "allerhand" zu bieten hatte.

Doch bei dem Startpreis blieb es nicht. Der Fehldruck wurde gemäss Resultat-Liste verkauft für Euro 240'000 + 20 % = Euro 288'000.

Damit reiht sich die Marke ein unter die wertvollsten Briefmarken der Welt. Spät. Aber nicht zu spät für uns, damit wir diesem Fehldruck nicht ebenfalls unsere Aufmerksamkeit (und Bewunderung) schenken können.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 11.08.2019 07:38:45 Gelesen: 409761# 584 @  
@ Heinz 7 [#583]

Bei der 1. Sonderauktion am 7. April 2ß18 bei Christoph Gärtner wurde unter Los 581 ein Paar des Fehldrucks für 160.000 Euro angeboten. Dem Paar war ein Attest von Dr. Knut Heister aus dem Jahr 2015 beigefügt. Dort wird ein Unterrandmangel beschrieben, der klar ersichtlich ist. Im Attest werden auch die beiden anderen Stücke erwähnt.



Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 11.08.2019 10:43:07 Gelesen: 409672# 585 @  
@ Martin de Matin [#584]

Lieber Martin,

ich danke sehr für diesen Hinweis. Das Paar von Gärtner habe ich persönlich nicht gekannt. Den Auktionskatalog vom 7.4.2018 habe ich leider auch nicht erhalten.

Ich finde man sieht diesem Paar die Fehlfarbe deutlich an, auch ich erkenne hier ein "rot", während ich beim Stück in Beitrag 583 spontan eher an orange gedacht habe. Ich bin froh um diese Abbildung aus dem Katalog von Gärtner.

Farbvergleiche sind keine exakte Wissenschaft, und schon viele Philatelisten sind sich in die Haare geraten bei den Farbbestimmungen bzw. -zuteilungen. Ohne (Original-) Vergleichsmaterial und sehr viel Erfahrung geht es nicht.

Interessant ist auch, dass Gärtner das gestempelte Stück (Beitrag 583) als "defekt" bezeichnet. Im Auktionskatalog von Investphila, Lugano, sind keine solchen Bemerkungen zu lesen.

In Lugano kostete Los 745 Euro 240'000 + 20 % (eine Marke). In Bietingheim blieb das Paar zum Ausruf von Euro 160'000 unverkauft, obwohl ein Paar ja eigentlich teurer sein sollte, als eine Einzelmarke. Erfolg und Misserfolg liegen oft nahe beieinander.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.08.2019 10:57:05 Gelesen: 409661# 586 @  
@ Martin de Matin [#584]

Martin, Dein Hinweis hat mir keine Ruhe gelassen, und ich habe im Netz gesucht, und habe einen Volltreffer gelandet. Offenbar wurde das Paar erst 2015 gefunden, und von Prüfer Dr. Heister geprüft.

Ich lese von einem mir unbekannten Auktionshaus folgende Info (mit Bild!)

auf http://www.lauritz.com lesen wir:

'Rote Venezuela' - eine philatelistische Rarität bei Lauritz.com

Sie ist seltener als die ‚Blaue Mauritius‘ und die Entdeckung dieses Paares ist eine philatelistische Sensation: Nur vier Exemplare der ‚Roten Venezuela‘, einer Marke von 1861 im Wert von ½ Real, sind weltweit bekannt. Bis zum 4. August 2016 kann in den Online-Auktionen von Lauritz.com auf ein Paar dieser Raritäten geboten werden. Der Schätzpreis liegt bei 550.000 Euro.

>> Zur Auktion

Eine Marke von einem ½ Real hatte damals den Postwert eines venezolanischen Inlandsbriefs. Die Farbe war eigentlich Orange. Von dem roten Fehldruck sind insgesamt nur 4 Exemplare bekannt – das aktuell zur Auktion stehende Paar und zwei weitere Einzelmarken. Das macht die ‚Rote Venezuela‘ zu einer der seltensten Marke der Welt.

Im Jahr 2010 wurde eine der Einzelmarken bei einer Auktion in der Schweiz für 288.000 Euro versteigert. Das vorliegende Paar ist mit einem Schätzwert von 550.000 Euro angesetzt und steht jetzt bei uns zur Auktion.

Das Markenpaar ist erst kürzlich in einer Sammlung entdeckt worden. Es gibt zwar schon frühe Erwähnungen von Exemplaren der ½ Real-Marke in der Fehlfarbe Rot, sie sind aber in Vergessenheit geraten, bis zur Versteigerung der Einzelmarke vor sechs Jahren.

Die Existenz des jetzt zum Verkauf stehenden Markenpaares wurde erst mit der Vorlage für ein Gutachten durch Dr. Knut Heister, Experte der venezolanischen Philatelie, im Oktober 2015 bekannt: „Die Entdeckung ist eine echte Sensation, nicht nur für die venezolanische Philatelie – und für mich ist es etwas ganz besonderes, dass ich diese Weltrarität begutachten konnte“, so Heister.

Eine persönliche Begutachtung ist im Auktionshaus Lauritz.com Hamburg nach Absprache möglich. Kontakt: Tel (+49)40 1888290 oder hamburg@lauritz.com


Es gibt sogar einen Lokal-Fernsehen-Beitrag zu dieser Marke, wo wir auch Dr. Knut Heister sehen. Der Beitrag ist sehr interessant! Das Auktionshaus "Lauritz" ist übrigens nicht auf Briefmarken spezialisiert.

https://www.rtlnord.de/nachrichten/versteigerung-seltener-briefmarken-in-hamburg.html

Ein weiteres Briefmarken-Märchen: Mehr als 150 Jahre nach der Herausgabe wurde dieses Stück offenbar neu entdeckt. Zwar noch ohne "grosses Happy End" (= mega-Erlös bei Verkauf), aber doch eine grosse Rarität.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 01.09.2019 20:12:14 Gelesen: 405894# 587 @  
@ Heinz 7 [#518]

Wenn ich heute schon wieder eine Hawaii Nr. 1 zeige, dann ist das kein Versehen. Genau DIESE Marke wurde im Oktober 1921 verkauft an der zweiten Auktion Ferrary und sie erzielte ein hohes, ein sehr hohes Resultat!

Los 279 erzielte ein Ergebnis von 90'000 Französischen Francs! Dies war meines Wissens kaufkraftbereinigt das zwölfthöchste Ergebnis ALLER Ferrary-Lose



Die Marke hat einen roten Stempel, wie auf dem Foto erkennbar ist. Das Foto stammt aus dem Auktionskatalog von Siegel 1995 (sale 769), als "the Honolulu Advertiser collection" zum Verkauf kam.

Wer die Beiträge in diesem Thema sorgfältig gelesen hat, der stellt fest, dass nicht weniger als 4 x eine Hawaii Nummer 1 unter den höchsten Ergebnissen bei Ferrary erscheint:

Platz 3 = Hawaii Nr. 1 ungestempelt (Verkauf 1, Los 56)
Platz 9 = Hawaii Nr. 1 gestempelt (Verkauf 7, Los 343)
Platz 11 = Hawaii Nr. 1 gestempelt (Verkauf 4, Los 319)
Platz 12 = Hawaii Nr. 1 gestempelt (Verkauf 2, Los 279).

Haas hatte 1905 die Hawaii Nr. 1 auf Platz 3 der wertvollsten Marken der Welt gestellt. An den Auktionen bei Ferrary wurde diese Einschätzung voll bestätigt! Die Marke war stets heiss umkämpft.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.09.2019 23:15:19 Gelesen: 405797# 588 @  
@ Heinz 7 [#587]

Gestern habe ich das Einzellos gezeigt, welches das 12. höchste Resultat bei Ferrary erzielte.

@ Heinz 7 [#506]

Im März zeigte ich die Postmeistermarke aus Lockport, die den 13. Platz erzielte, aber Platz 14 habe ich meines Wissens noch nicht gezeigt.

Le voilà!



Mauritius, 2 Pence blau. Nicht die Post-Office-Ausgabe (1847), sondern die "Post-Paid" Ausgabe ab 1848. Diese wird unterteilt in "Erste Drucke", "Frühe Drucke" und "Spätere Drucke" (Michel). Die Briten nehmen es noch genauer

-earliest
-early
-intermediate
-worn
-latest impression.

Mit den Papieruntererschieden und der "PENOE-Abart" gibt das bei Stanley Gibbons nicht weniger als 23 Hauptnummern (8 x 1 Penny, 15 x 2 Pence).

(Michel hat dann nachgezogen und katalogisiert nun die 2 Pence Marke mit
4 I, 4 II, 4 III, 4 IV, 4 V.)

Lesen wir die Originalbeschreibung aus dem Auktionskatalog Ferrary 23.6.1921, Los 80:

"Maurice 1848-58. 2 p. bleu indigo, *, (nuance la plus foncée que l'on puisse rencontrer), première gravure, sur papier épais jaunâtre; ex. superbe".

Der Zuschlag erfolgte erst bei FRF 60'000. Damit liess diese Marke, die 2010 bei Michel mit nur Euro 47'000 bewertet war, 1921 viele andere Raritäten weit hinter sich (Michel Nr. 4 I,*). Sie erzielte 1921 kaufkraftbereinigt einen weit höheren Preis, als sie heute katalogisiert ist.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.09.2019 22:27:20 Gelesen: 405699# 589 @  
@ Heinz 7 [#588]

Gibt es ein schöneres Objekt für Schweiz - Philatelisten als diesen Bogenteil der Doppelgenf ungebraucht?



Rekapitulieren wir, was wir schon wissen:

Die Doppelgenf ist seit dem XIX. Jahrhundert eine heissbegehrte Briefmarke, die immer schon auch hoch bewertet war. Im Katalog Senf 1913 war sie bewertet mit 650 Mark (gestempelt) und sogar mit 1600 Mark (ungestempelt). Damit landete die Marke auf der Liste Schubert auf Platz 31. Wenige Jahre zuvor hatte Haas (1905) die Marke auf Platz 21 der seltensten Marken gesetzt.

Die Marke ist als Einzelstück schon äusserst begehrenswert. Als Dreierstreifen mit oberem Bogenrand hat diese Einheit natürlich noch einen tüchtigen Wert-Zuschlag verdient. Es ist zwar nicht die einzige Einheit der Doppelgenf - es gibt sogar einen Sechserblock und einen 6er+3x 1/2- Block davon - aber der vollständige Bogenrand macht dieses Stück zum vielleicht schönsten Stück der klassischen Schweiz-Philatelie.

Genau DIESES Schmuckstück kam an der 3. Auktion von Ferrary zum Angebot. Los 376 erreichte denn auch ein respektables Ergebnis von FRF 62'000. Damit erreichte dieses Los das 15.beste Ergebnis aller Ferrary-Einzellose.

Natürlich ist ein Vergleich zur oben gezeigten Mauritius-Rarität interessant; beide erreichten 1921 / 1922 fast dieselben Ergebnisse. Heute (bzw. Michel 2010) ist die Mauritius Post Paid mit nur Euro 47'000 bewertet, während schon das Einzelstück der Doppelgenf bei Euro 65'000 steht.

Die Schweiz-Rarität hat sich also preislich deutlich positiver entwickelt als die Mauritius Nr. 4 I*, die heute real tiefer bewertet ist als vor hundert Jahren.

Das Foto stammt übrigens aus dem Katalog der 1. "Helveticus"-Auktion 1991, als der Dreierstreifen wieder verkauft wurde. Bei einem Startpreis von CHF 250'000 stieg das gute Stück auf einen Zuschlag von CHF 480'000. Mit Aufgeld kostete das stolze Stück CHF 552'000.

Ein "richtiger Preis", scheint es mir. Zwar "eher hoch" (kein "Schnäppchen"), aber es ist auch ein Super-Stück!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.09.2019 22:12:46 Gelesen: 405624# 590 @  
Platz 16 aller Ferrary-Einzellose erzielte Los 536 der 3. Auktion vom 5.4.1922.



Wir kennen die Marke schon, aber Achtung, es ist nicht das blaue Unikum ("Blue Boy"), sondern eine Marke "black on buff", nach Michel: "schwarz auf hellchromgelb". Die Marke ist ebenfalls sehr selten, nach Leon Norman Williams kennen wir nur 6 Exemplare davon. Das Foto ist aus dem seinem Buch "Encyclopaedia of rare and famous stamps" (1997).

Der Zuschlag 1922 lag bei FRF 60'000 plus die 17.5% government surtax.

Im Auktionskatalog stand, dass (damals) nur 3 Exemplare bekannt waren, doch scheint dies (nach Williams) nicht zu stimmen; nach seinen Angaben müssten es vier gewesen sein. Nr. 5 wurde 1926 entdeckt, Nr. 6 vermutlich 1941.

Wir sehen also: die USA-Postmeistermarken waren sehr beliebt 1922. Sie erreichten

Platz 5 - Boscawen
Platz 13 - Lockport
Platz 16 - Alexandria

Heinz
 
Martin de Matin Am: 05.09.2019 16:01:25 Gelesen: 405565# 591 @  
@ Heinz 7 [#590]

Ich habe noch einige Informationen zu den Alexandria-Marken aus dem Siegel-Census. Dort werden drei Exemplare mit der Untertype 40 Ornamente im Kreis ausgeführt. Entdeckt wurden diese in den Jahren 1872, 1894 und 1926.

Das Ferrary-Stück gehört zur Untertype 39 Ornamente im Kreis. Diese wurden in den Jahren1879, 1908 und 1933 entdeckt. Das Stück von Ferray, ist das Exemplar aus dem Jahr 1879. Die Marke wurde damals Theodore J. Pickett auf einem Brief entdeckt und von diesem abgelöst. Sie wurde an L.W. Durbin verkauft, dessen Name auf der Rückseite verewigt wurde. Schon 1879 erwarb Ferrary die Marke.

Interessant ist es das gemäß dem Siegel-Census, sofern ich das richtig verstehe, der Brief noch existiert. er wurde zuletzt 9.9.2006 versteigert. Interessant ist auch, das die 1907 entdeckte blau Marke, die einzige von den Alexandria-Marke ist, die einen Entwertungsstempel direkt auf der Marke trägt. Die hellchromgelben sind entweder ohne Stempel bzw. nur mit geringen Spuren vom Stempel am Rand oder sie haben einen handschriftlichen Eintrag 45 oder 70 mit zwei Buchstaben davor.

Gruss
Martin
 
merkuria Am: 06.09.2019 22:21:10 Gelesen: 405451# 592 @  
Am 27. September 2019 wird an der 170. Spink Auktion [1] in New York unter Los Nr. 1 seit langer Zeit wieder einmal einer der 6 existierenden Viererblocks der Inverted Jenny angeboten! Bei diesem Viererblock handelt es sich um die Nr. 45-46 / 55-56 (siehe dazu Aufstellung [#563]).



Diese Einheit wurde 1991 letztes Mal öffentlich beim Auktionshaus Christies angeboten und erreichte damals einen Preis von 550‘000 US$ + Aufgeld. Seither wechselte das Stück jedoch mehrmals auf privater Basis seinen Besitzer.

Der Ausruf bei Spink ist auf 1‘000‘000 US$ festgelegt, das Aufgeld bei dieser Auktion beträgt 20%. Auf das Resultat dürfen wir gespannt sein.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques

[1] https://www.philasearch.com/de/i_9483_4501/6605_USA_Flugpostmarken/9483-A170-1.html?set_sprache=de&set_anbieter=9483&set_auktionnr=5262&row_nr=0&breadcrumbId=1567752723.7617
 
Heinz 7 Am: 07.09.2019 10:19:52 Gelesen: 405402# 593 @  
@ Martin de Matin [#591]

Lieber Martin,

Danke für Deine Ergänzung. Ich weiss, dass es von der Alexandria-Marke zwei Typen kennt, eine mit 39 Rosetten, die andere mit 40. Scott vergibt dafür aber nicht zwei Hauptnummern, sondern katalogisiert:

1X1: 5 c buff, Type I (40 Rosetten)
1X1a: 5 c buff, Type II (39 Rosetten)
1X2: 5 c blue, Type I (40 Rosetten)

Leon Norman Williams nennt 7 Exemplare:

I = 1X1, Brief, Marke ohne Entwertung, bekannt seit 1872
II = 1X1a, Einzelmarke, ungebraucht, Sammlung Ferrary
III = 1X1, Einzelmarke, gebraucht (No. 45), bekannt seit 1894
IV = 1X1a, Brief, Marke ohne Entwertung, bekannt seit 1908
V = 1X2, Brief, Marke gestempelt "PAID" - die blaue Marke!
VI = 1X1, Brief, Marke ohne Entwertung, bekannt seit 1926
VII = 1X1a, Brief, Marke gebraucht (on 70), bekannt seit 1941

Die Info zum Stück II wurde von Williams nicht erwähnt, und ist sehr interessant. Das Erwerbsjahr für Ferrary war mir nicht bekannt. Danke.

@ merkuria [#592]

Lieber Jacques

Danke für die Info. Wir wissen, dass für Viererblocks schon deutlich höhere Preise bezahlt wurden. Es wird also kaum bei diesem Ausruf bleiben. Aber: die Inverted Jenny ist vermutlich die "am stärksten überbewertete Marke der Welt", um dies etwas plakativ auszudrücken.

Aber wer sagt schon, was "richtig" ist? "Der Markt hat immer recht" - das ist zwar nicht meine Meinung, aber (wie sagte schon Fontane:) "das ist ein weites Feld, Luise..."

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.09.2019 11:02:43 Gelesen: 405388# 594 @  
@ Heinz 7 [#555]

Über das wohl unbestritten wertvollste Stück der Bermuda-Philatelie haben wir bereits einiges gesagt. Die Frage nach seinem Wert wurde dabei meines Wissens noch nicht breit erörtert.

Fest steht:

der Brief war 1922 teuer (Ferrary)
der Brief war 1963 teuer (Burrus)
der Brief war 1973 teuer (Tomasini)
der Brief war 1980 teuer (Auktion Siegel)
der Brief war 1991 teuer (Auktion Christie's Robson Lowe)
der Brief war 1996 teuer (Auktion Siegel)

Den Auktionskatalog 1991 zeige ich anbei.



Schätzpreis damals war GB£ 200'000. Der Zuschlag erfolgte etwas tiefer, GB£ 185'000 + Aufgeld (damals "angenehme" 10%) GB£ 18'500 = GB£ 203'500.

Bolaffi rechnete dies in seinem Werk "Bolaffi 1992 International" um in US$ 376'850, also fast denselben Wert wie der Genf-Dreierstreifen mit Bogenrand. siehe...

@ Heinz 7 [#589]

... der es auf US$ 394'290 brachte.

Ohne die Wertverluste von GB£ und US$ nun zu sehr zu studieren, können wir sicher festhalten, dass diese Preise wohl damals am höchsten waren. Eine Betrachtung in CHF ist spannend!

Das Genf-Los war 1991 das neunthöchste Ergebnis weltweit, der Bermuda-Brief das elf-höchste, nach Bolaffi.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.09.2019 23:07:50 Gelesen: 405160# 595 @  
@ Heinz 7 [#541]

Vor etwa 12 Wochen stellte ich in diesem Thema eine Basler Taube vor, wie wir sie uns schöner kaum vorstellen können. Die Basler Taube zählt zwar - als lose Marke - nicht zu den wertvollsten oder zu den seltensten Briefmarken der Welt, aber sie nimmt wegen ihrer Einmaligkeit eine Sonderstellung ein und gehört ohne Frage zu den berühmtesten Briefmarken der Welt.

Nun habe ich vor Kurzem darauf hingewiesen, dass die klassischen Schweiz-Marken in Einheiten meistens sehr teuer sind und viele Notierungen im sechsstelligen Bereich (Schweizer Franken) zu finden sind, vgl.

@ Heinz 7 [#442]

Einzelne Beispiele habe wir bereits kennengelernt, zuletzt die Doppelgenf im Dreierstreifen

@ Heinz 7 [#589]

Die Anhänger der Basler Taube mögen mir verzeihen, wenn ich in Beitrag 589 die Begeisterung für die Genfer-Einheit ganz unverhohlen zum Ausdruck brachte. Ich lasse mich ja durchaus auch von Basler Tauben begeistern! Aber - Hand auf's Herz; gibt es etwas Schöneres als eine Basler Taube?

Klar - ein Paar Basler Tauben!



Dieses atemberaubende Paar (weissrandig, links mit Bogenrand!) ist wohl das schönste der wenigen Paare, die "man" kaufen kann (2 Paare sind in Museen "eingeschlossen"). Im Jahre 2010 war es so weit, das Paar wurde bei Corinphila in Zürich angeboten.

Bei CHF 180'000 fiel der Hammer. Dazu kamen 20 % Aufgeld, in der Summe also CHF 216'000. Das entsprach praktisch dem damaligen Katalogpreis (SBK = CHF 220'000).

Solche "Punktlandungen" gibt es öfters, als man vielleicht denkt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.09.2019 10:48:13 Gelesen: 404597# 596 @  
@ Heinz 7 [#590]

Ex aequo mit Los 536, das ich in Beitrag 590 vorgestellt habe, erreichte auch Los 542 der dritten Auktion bei Ferrary 1922 den schwindelerregenden Betrag von FRF 60'000 Zuschlag. Eine weitere US-Postmeister-Rarität wurde sehr hoch beboten; es handelt sich um die Postmeistermarke von Baltimore, die 10 Cents Marke, auf weissem Papier.



Postmeister von Baltimore war 1845 James M. Buchanan. Er gab Briefmarken heraus zu 5 Cents und zu 10 Cents, der 10 Cents-Wert ist äusserst selten.

1922 kannte man meines Wissens erst

- 1 Stück auf Fragment, auf bläulichem Papier
- 3 Stück auf Brief, auf weissem Papier.

Bis 1997 kamen dann noch dazu

- 2 Stück auf Brief, auf weissem Papier
- 1 Stück auf Brief, auf bläulichem Papier

Das Stück von Ferrary war optisch nicht das schönste.

Die Marke wurde etwas unschön entwertet und die Adresse kräftig "korrigiert"/eingeschwärzt. Trotzdem wurde sie teuer bezahlt!

Im Senf 1913 war sie zwar aufgeführt, aber nicht bewertet. Auch auf der Liste Haas fehlte die Marke. Wir können sagen: Erst mit der Auktion 1922 legte "der Markt" fest, wie hoch denn diese Rarität bewertet wird.

Etwas salopp gesagt: Die Marke wurde 1922 nicht tiefer bewertet, als heute. Im Gegenteil.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 14.09.2019 13:10:47 Gelesen: 404560# 597 @  
@ Heinz 7 [#596]

Gemäß Siegel-Census wurde der Brief der 10 cent von Baltimore 1896 oder 1897 entdeckt. Im Jahr 1897 erwarb Ferrary den Brief für 3.000 Dollar. 2012 wurde der Brief bei Siegel mit 70.000 Dollar zugeschlagen.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 15.09.2019 21:42:08 Gelesen: 404406# 598 @  
@ Martin de Matin [#597]

Danke für die Info. US$ 70'000 (2012) ist nicht besonders viel und deutlich weniger als FRF 60'000 (1922). Ich werde später darauf zurückkommen.

Ich erwähnte bereits, dass der berühmte Farb-Fehldruck von Spanien von 1851 schon sehr früh in der philatelistischen Welt hohe Wellen schlug. Theodor Haas klassierte die Marke auf Platz 1 der Fehldrucke (der Baden-Fehldruck ist "nur" auf Platz drei). Er ist aber auch extrem selten! Im Katalog Senf ist er aufgeführt (Nr. 8a), aber nicht bewertet:"-.-".

Der Fehldruck wurde 1868 entdeckt; das erste Exemplar gelangte in die Sammlung Westoby und 1884 in die Sammlung Tapling, einem grossen Gegenspieler von Ferrary.

1899 kam es zu einem wichtigen Verkauf: das einzige Paar, bei welchem eine blaue 6 Reales-Marke mit einem Fehldruck 2 Reales-Marke zusammenhängt, kam in die Sammlung von Ferrary. Es ist dies das Schlüsselstück; es beweist, dass ein falsches Klischee (2 R) in einen Bogen 6 Reales eingelegt wurde.

Ich habe vor einigen Monaten über den Verkauf dieses einmaligen Paares berichtet.

@ Heinz 7 [#477]

Es kam an der 5. Auktion (Nov. 1922) zum Verkauf und erzielte ein sehrsehr hohes Ergebnis; das sechsthöchste aller Ferrary-Lose.

An der 8. Auktion (ein Jahr später) wurde nun das dritte bekannte Exemplar dieses Fehldruckes verkauft. Auch dieses war in der Sammlung Ferrary!



Dieses Stück erzielte einen schwindelerregenden Preis von 92'000 Francs. Dies bedeutet das 18. höchste Ergebnis aller Ferrary-Einzellose.

(Fortsetzung folgt).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.09.2019 23:18:07 Gelesen: 404392# 599 @  
@ Heinz 7 [#598]

Einige Leser werden mich sicher fragen, warum Los 166 der 8. Auktion hinter Los 536 und Los 542 der 3. Auktion aufgeführt wird, obwohl Los 166: Francs 92'000 erzielte, Los 536+542 aber "nur" Francs 60'000.

Dies liegt am markanten Preiszerfall, den der französische Francs in den Nachkriegsjahren erlitt.

Im April 1922 kostete ein GB£ noch FF 48.15
Im November 1923 kostete ein GB£ viel mehr, nämlich FF 78.25

Das heisst also, dass der 60'000 Francs (4/1922) = GB£ 1'246 Wert waren
92'000 Francs (11/1923) aber nur noch GB£ 1'176.

Ich habe alle meine Studien in der Währung Schweizer Franken durchgeführt. Die Wertentwicklung des Britischen Pfunds zum Schweizer Franken in dieser Zeit war unspektakulär. So errechnete ich einen höheren Realwert für die zwei Lose der 3. Auktion, die FF 60'000 erzielt hatten, als für das Los der 8. Auktion, das (nominell) deutlich mehr erzielt hatte (92'000), aber, wie erwähnt, in einer deutlich schwächeren Währung.

Heinz
 
merkuria Am: 28.09.2019 00:17:38 Gelesen: 402597# 600 @  
@ merkuria [#592]

Gestern ist die 171. Spink Auktion in New York über die philatelistische Bühne gegangen!

Wie bereits angekündigt, wurde unter Los Nr. 1 ein Viererblock der Inverted Jenny zum Ausruf von 1'000'000 US$ angeboten. Der Zuschlag erfolgte bei 1'740'000 US$ + 20% Aufgeld, was einen Endpreis von 2'088'000 US$ für den Käufer bedeutet!

An der gleichen Auktion wurde unter Los Nr. 101 auch ein einzelnes Stück der Inverted Jenny (Pos. Nr. 39) für 510'000 US$ + 20% Aufgeld verkauft.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 28.09.2019 12:48:43 Gelesen: 402498# 601 @  
@ merkuria [#600]

Ja, die "Jenny" ist einfach eine Ikone unter den Briefmarken. Nur ganz wenige können sich in Bezug auf den Marktwert mit ihr messen - Danke für den Hinweis!

@ BD [#132]

Die Briefmarken des British Commonwealth haben in den letzten Jahrzehnten zum Teil deutlich an Wert verloren. Zwar sind sie im (Katalog-) Wert meines Wissens nicht zurückgestuft worden (genauere Studien habe ich aber nicht auf breiter Front durchgeführt), aber der Wertverlust des Britischen Pfundes war so drastisch (im Vergleich zum Schweizer Franken), dass die Briefmarken aus Sicht der Schweiz an Wert verloren haben.

Ein Blick auf diese Karte zeigt dies deutlich.



Bernd hat uns gezeigt, dass im Katalog Senf 1912 gleich zwei Marken mit dem Wert von 3000 Mark ausgezeichnet waren (Studie Schubert). Damit schafften sie es auf Platz 10 der damaligen Rangliste, wie oben bereits besprochen.

Die Ceylon 4 Pence Marke gilt ungebraucht auch heute noch als eine der seltensten und wertvollsten Briefmarken der Welt



Ein Exemplar wurde vor Kurzem in Zürich angeboten und teuer verkauft. Der Startpreis von CHF 30'000 war günstig (Katalogpreis meines Wissens ca. GB£ 70'000); die Marke wurde dann aber erst bei CHF 65'000 zugeschlagen (plus die üblichen Provisionen).

Damit schafft es die Marke zwar nicht mehr auf Platz 10 weltweit, aber der Preis ist immerhin auch respektabel.

Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.10.2019 22:51:18 Gelesen: 397545# 602 @  
Liebe Leser,

es fehlt mir heute die Zeit zu prüfen, was wir über die Saar D 31 I bereits geschrieben haben. In den letzten Tagen haben wir im Thema "Nicht ausgegebene Briefmarken weltweit" einiges lesen können (siehe Beiträge 430, 452, 492, 510, 513). Jacques hat uns dort die Marke aus dem Saarland vorgestellt und die Frage gestellt, ob diese Marke in den Katalogen überbewertet sei.

Diese Frage ist meines Erachtens nicht eindeutig zu beantworten. Es ist aber Tatsache, dass diese Briefmarke schon hohe Preise erzielt hat.

1920 wurden Bayern-Briefmarken überdruckt mit dem Aufdruck "SARRE". Jedoch kamen die Marken (4 Werte A 31, B 31, C 31, D 31) nicht zum Verkauf an die Post-Schalter. Die Auflage betrug 1000 (A; 2 Pfg.), 4000 (B; 3 Pfg.), 11000 (C; 7.5 Pfg.) und 16 Stück (D; 20 Mark).

Warum die vierte Marke nur in einer Kleinstauflage von 16 Stück hergestellt wurde, weiss ich nicht.

1990 waren die vier nicht-verausgabten Briefmarken bewertet wie folgt (Zumstein 1990/91)
CHF 2500, CHF 225, CHF 75 und CHF 200'000. Also nur der höchste Wert zählt zu den wertvollsten Briefmarken der Welt; kein Wunder, wenn die Auflagezahlen beachtet werden.

Mit CHF 200'000 rangierte diese Briefmarke unter den höchstbewerteten Marken der Welt. Weltweite Vergleiche liefert uns Zumstein nicht, denn Zumstein-Kataloge gab es nur für Europa.

32 Jahre zuvor bewertete Zumstein diese Marke erst mit CHF 5'000 (Zumstein 1959). Aber wir dürfen nicht übersehen: CHF 5'000 war 1958/59 einer der höchsten Preise für Briefmarken. In den Jahren vor 1960 bis 1990 wurden viele Preise stark erhöht. Auch die Geldentwertung in diesen Jahren war recht gross und überdurchschnittlich, im Vergleich zum Durchschnitt des XX. Jahrhunderts.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.10.2019 23:25:58 Gelesen: 397533# 603 @  
@ Heinz 7 [#602]

Die Marke (Michel) Nr. D 31 ist ja sehr selten; die Auflage betrug nur 16 Exemplare. Ein Exemplar ragt aber unter allen 16 noch heraus, das berühmte Unikum mit dem kleinen "A" im Aufdruck.

Diese Marke wurde 1964 verkauft in Basel. Die unvergleichliche Sammlung von Dr. William A. Katz, Flushing, USA-New York, wurde von Robson Lowe in Zusammenarbeit mit Jacques Robineau (Paris) und Urs Peter Kaufmann (Basel) versteigert.



Auf Seite 34 wurde das einmalige Exemplar angeboten. Das Farbfoto stammt von der zweiten Umschlagsseite.



Los 259 erreichte einen sehr hohen Preis, nämlich CHF 25'000. Dazu kam ein Aufgeld von 10 %. Bei den nahezu gleichzeitig stattfindenden Burrus-Auktionen "Schweiz" und "Deutschland" waren zwar einige Preise noch markant höher, aber CHF 25'000 war doch aufsehenerregend. Das Ergebnis hatte bestimmt auch Einfluss auf die Katalog-Notierungen.

32 Jahre später wurde das Stück wieder verkauft

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.10.2019 23:48:35 Gelesen: 397526# 604 @  
@ Heinz 7 [#602]

Am 8. November 1996 konnte das berühmte Auktionshaus Kruschel ihre 41. Auktion durchführen. Das Paradestück war auf der Titelseite abgebildet.



Kruschel war damals bekannt für ausführliche Kommentare zu vielen seiner Auktionslose. Zu Los 293 gab er uns viel Information. Wir lesen u.a.

"Das Dr. Katz-Unikat. Deutschlands wertvollstes Einzelstück, mit DM 650'000 DM Katalogwert noch um 50'000 DM höher bewertet als die weltbekannte "Blaue Mauritius". Der Michelpreis stammt aus 1993. Danach nahm die Redaktion Unikate und solche Stücke, welche niemals angeboten werden, aus der Bewertung heraus (...)"

Welche Verkaufs-Transaktion für diese schwindelerregende Notierung gesorgt hatte, weiss ich heute nicht.

1996 wurde die Marke ausgerufen zu einem Startpreis vom DM 240'000, also "nur" 37% des letzten Katalogpreises.

Im Kruschel-Katalog zur 42. Auktion sind hinten die Resultate der 41. Auktion aufgeführt. Das Los 293 wurde nicht aufgeführt, also können wir festhalten, dass die Briefmarke 1996 nicht verkauft wurde.

Über Auktionsresultate dieser Marke Saar D 31 haben Jacques und ich berichtet im Thema "Nicht ausgegebene Briefmarken weltweit" (siehe Beiträge dort 430, 452, 492, 510, 513). Das "ganz hohe" Ergebnis, das einen Katalogwert von DM 650'000 (1993) rechtfertigte, haben wir noch nicht gefunden bzw. besprochen.

Heinz
 
merkuria Am: 20.10.2019 00:33:29 Gelesen: 397514# 605 @  
@ Heinz 7 [#602]

Warum die vierte Marke nur in einer Kleinstauflage von 16 Stück hergestellt wurde, weiss ich nicht

Siehe dazu

https://www.philaseiten.de/beitrag/196992

Gruss
Jacques
 
bayern klassisch Am: 20.10.2019 08:50:48 Gelesen: 397448# 606 @  
@ merkuria [#605]

Mir wurde mal von einem Insider gesagt, die 20 Mark wurde auf Weisung eines hohen französischen Offiziers dort überdruckt (Colonel = Oberst), aber mir ist der Name entfallen (auch schon 40 Jahre her, dass ich das aufgeschnappt hat).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Heinz 7 Am: 20.10.2019 14:24:43 Gelesen: 397380# 607 @  
@ Heinz 7 [#604]
@ merkuria [#605]
@ bayern klassisch [#606]

Danke, Jacques und Ralph !

Heute zeige ich Euch einen wichtigen Auktionskatalog



"Moment mal, hatten wir das nicht schon?" höre ich den einen oder anderen Leser fragen. Kruschel Raritäten, Saar-Katz-Unikum?

Ja, richtig, aber in Beitrag [#604] stellte ich die Auktion 1996 vor, jetzt bin ich 4 Jahre früher!

Am 6.11.1992 konnte Walter Kruschel an seiner 34. Auktion genau diese Marke schon einmal anbieten. Damals schrieb er im Auktionskatalog (Seite 69).

"Das Dr. Katz-Unikat. Deutschlands wertvollste Briefmarke mit der höchsten aller Notierungen im Michel-Katalog von 500 000,- DM."

Interessant auch:

"Die Marke war seit 1964 nicht mehr am Markt, weswegen der Michel-Preis nicht verändert wurde. Er wird jedoch gleich nach unserer Auktion unserem Ergebnis angepasst. (Siehe Schreiben der Michel-Redaktion vom 8.7.1992). Der Preis wird dann sehr wahrscheinlich 600 000,- oder mehr lauten. Im Vergleich dazu: Mauritius 2 Pence POST OFFICE gestempelt=600 000,-. (...)"

Walter Kruschel hat die Marke mit DM 380'000 ausgerufen und ein Schlussresultat schon vorausgesagt.

Gemäss Auktionskatalog Nr. 36 war der Zuschlag dann bei DEM 420'000. Selbst wenn das Aufgeld von 17 % dazugezählt wird (= Schlussresultat DEM 491'400) gab es meines Erachtens keinen Grund dafür, den Katalogwert der Marke weiter hinauf zu setzen, wie dies offenbar geschah.

Vorläufiges Fazit (aus meiner Sicht):

1) Der Katalogwert der Saarland D 31 war vor rund 30 Jahren äusserst hoch angesetzt worden (DM 500'000). Welche Resultate/Überlegungen dieser Notierung zugrundelagen, weiss ich nicht

2) Die Marke wurde teils als Unikat angepreist, was für die Abart "kurzes A" wohl zutreffen mag, aber genau genommen gibt es ein Dutzend Stück dieser Marke
Auflage: 16
./. verschollen: 4 (von Prüfer Dr. Dub nie gesehen)
= 12 Stück registriert (Kartei Dr. Dub)
./. 2 Stück gestempelt
= 10 Stück ungestempelt (keine postfrisch!), davon eine mit Abart "kurzes A".
(Diese Angaben entnehme ich dem Robson Lowe-Katalog "Katz Saar", siehe @ Heinz 7 [#604]) oder dem Auktionskatalog Kruschel 1992)

3) Walter Kruschel hat nachweislich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Marke verkaufsfördernd ins Zentrum des Interesses zu rücken (Fernsehen, Schreiben an Michel-Redaktion). Er hat das Unikat dann auch einmal offenbar teuer verkaufen können, 1992 (siehe oben)

4) der wahre Käufer ist (mir) nicht bekannt. Aber die Marke wurde vier Jahre später wieder angeboten und zu einem deutlich tieferen Ausruf NICHT verkauft.

siehe @ Heinz 7 [#604]

5) Michel hat die Katalog-Notierung angepasst:
D 31 * = Euro 150'000 (Michel 2010)

6) Die Sammler sollten klar unterschieden zwischen einer "normalen" D 31 und der D 31 I
(=Abart/Dr. Katz-Exemplar). Köhler schrieb dann auch zu seinem Los 2533 (367. Auktion): "Mi. ohne Brücksichtigung des einmaligen Aufdruckfehlers 160.000"

7) 2005 soll eine postfrische Marke doch auf dem Markt aufgetaucht sein.

8) Das Dr. Katz-Exemplar wurde 2019 verkauft von Heinrich Köhler zu lediglich Euro 55'000.

Zur Frage der "richtigen" Bewertung in den Katalogen können wir also viel diskutieren, vor allem bei Marken mit starken (Markt-) Preis-Schwankungen. Ich denke, die Briefmarkenkataloge sollten nicht auf jedes Markt-Resultat reagieren, weder nach oben, noch nach unten.

Nicht zuletzt darum scheinen mir langfristige Betrachtungen aufschlussreich.

So viel für heute,

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.10.2019 19:56:24 Gelesen: 397031# 608 @  
@ Heinz 7 [#607]

Ich habe das postfrische Exemplar gefunden!

2005 kam in Zürich, bei Corinphila, ebenfalls eine Saar D 31 zum Verkauf. Aber Überraschung, es war ein postfrisches Stück! Angeblich gibt es das ja nicht.

Nun vielleicht ist das eine der bisher nicht registrierten Marken? Doch nein, auch hier lesen wir im Corinphila-Katalog, dass das Stück Atteste hat von Herrn Dr. Dub (gleich zwei; 1959 und 1964), (dazu auch ein "neues" Attest von Herbert Ney) und das hier gezeigte Stück wurde auch schon an einer deutschen Auktion verkauft:

Larisch, München, Mai 1959

.

Das Stück habe 1959 DM 8'700 + Aufgeld gebracht ist im Katalog 2005 zu lesen. Corinphila schrieb, dass der Katalogwert bei Euro 150'000 lag für eine Marke mit Falz. Postfrisch = Liebhaberpreis.

Die Marke wurde zu nur CHF 85'000 ausgerufen (der Schweizer Franken war damals noch nicht so stark, wie heute). Dabei blieb es aber nicht, sondern der Hammer fiel erst bei CHF 150'000 (+18 % Aufgeld). Mit CHF 177'000 Endpreis gehört diese Marke also sicherlich zu den gut-bezahlten.

Gemäss Auktionskatalog sollen zwei postfrische Exemplare existieren, auch Corinphila schreibt von nur 12 registrierten Marken.

Diese Marke stammt angeblich von Feld 5 des überdruckten Bogenteils, bzw. Feld 1 der Überdruckplatte.

Es ist klar, dass nicht alle Marken gleich viel wert sind. Wie die Katalogpreise festzusetzen sind für die Varianten

Saar D 31 ** (2 Exemplare ?)
Saar D 31 * (7 Exemplare ?)
Saar D 31 I * (Aufdruck-Abart) (1 Exemplar)
Saar D 31 gestempelt (2 Exemplare ?)

ist sicher nicht ganz einfach zu entscheiden.

Heinz
 
marc123 Am: 28.10.2019 17:57:09 Gelesen: 395488# 609 @  
@ Heinz 7 [#60
@ merkuria [#605]

Warum die vierte Marke nur in einer Kleinstauflage von 16 Stück hergestellt wurde, weiss ich nicht.

@ bayern klassisch [#606]

Mir wurde mal von einem Insider gesagt, die 20 Mark wurde auf Weisung eines hohen französischen Offiziers dort überdruckt (Colonel = Oberst), aber mir ist der Name entfallen.

Hallo Heinz, Jacques und Ralph,

zur Beantwortung der Fragen, wieso nur 16 Exemplare und dem Namen des Offiziers kann ich etwas beitragen. Meine Informationen stammen aus der sehr detaillierten Losbeschreibung des Auktionshauses Schlegel (Sammlung Peter Zgonc, Deutsche Großraritäten, Sonderauktion 8. Februar 20019, 58-60, Los 21).

Das Auktionshaus zitiert hier Axel Braun, Mitteilungsblatt 50 Arge Saar. Auch das Attest von Herrn Braun ist abgebildet. Hier eine Zusammenfassung:

Der Oberbefehlshaber der französischen Truppen, Divisionsgeneral Wirbel hatte einen Neffen, der ihn bat, ihm einen Vierblock der 20 Mark-Bayern zu beschaffen. Der General wandte sich an das Postamt Saarbrücken, dieses wiederum an St. Ingbert, aber ohne Erfolg. Fündig wurde man in Homburg (das im bayrischen Teil lag). Das Postamt erhielt einen kompletten Bogen zu 20 Marken. Allerdings wurde kein Vierblock vom Postbeamten, sondern der obere Viererstreifen herausgetrennt.

Weiter wird darauf eingegangen, dass inzwischen die Bayernmarken des pfälzischen Teils Überdruckt wurden und in Erwartung an weitere Lieferungen des 20-Mark-Wertes, der restliche 16er-Block überdruckt wurde. Zu weiteren Überdrucken kam es aber nicht, da nach dem Überdruck der 10-Mark-Werte der Befehl erlassen wurde, keine weiteren Werte mehr mit Aufdruck zu versehen.

Zur Verwendung wird angegeben, dass die 16 Marken zum Teil für Interne Verrechnungszwecke verbraucht wurden, einige Marken gingen nach Homburg und St. Ingbert bzw. wurden an hochgestellte Persönlichkeiten abgegeben.

Interessant ist auch, dass heute noch 15 der 16 Marken existieren sollen. Eine Marke soll im April 1945 in Nordhausen durch den Angriff Amerikanischer Bomber zerstört worden sein (Schlegel 2019, 58-60).



Die beiden gestempelten Exemplare (Schlegel 2019, Los 21; Gärtner 2015, Los 14626

Es sollen nur zwei gestempelte Exemplare existieren. Beide sind abgestempelt: Rohrbach b. St. Ingbert, 10 Apr 20 5-6 Nm. Eines ist die Marke die wie oben erwähn aus der Sammlung Peter Zgonc stammt. Das zweite Exemplar wurde im Juni 2015 auf der 31. Auktion bei Christoph Gärtner angeboten.

Die Losbeschreibung bei Gärtner (2015, Rarities, 193) fällt etwas kürzer aus und entspricht im wesentlichen der von Schlegel mit Ausnahme einer interessanten Ergänzung: Hier wird erwähnt dass das angebotene Exemplar keine Knitterspuren aufweist was außergewöhnlich sein soll. Der Bogenteil war nach Abtrennung des Streifens (vor dem Überdruck) im Papierkorb gelandet und einem pflichtbewussten Beamten gerettet und geglättet worden.

Liebe Grüße
Marc
 
bayern klassisch Am: 28.10.2019 18:41:32 Gelesen: 395460# 610 @  
@ marc123 [#609]

Hallo Marc,

1A Recherche - wunderbar. Dann habe ich mir doch noch etwas als Jungsammler von der Saar behalten. Leider habe ich die Marke nicht, nur 1 mal gesehen, aber das muss bei den Preisen wohl auch reichen.

Liebe Grüsse und vielen Dank,
Ralph
 
marc123 Am: 29.10.2019 18:43:26 Gelesen: 395161# 611 @  
@ bayern klassisch [#610]

Danke Ralph für die lieben Worte.

Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht, wieso gerade diese Marke so teuer ist. Die bei Schlegel wurde für 250.000 ausgerufen, die bei Gärtner für 500.000. Ob die bei Schlegel verkauft wurde konnte ich nicht mehr im Internet finden, die bei Gärtner blieb unverkauft.

Dass die Marke selten ist, ist klar. Aber es gibt auch andere Marken, die genauso selten sind oder noch seltener und die werten weit weniger. Kann es am Sammelgebiet liegen? Als so begehrt halte ich es nicht? Was aber all die richtig teuren Marken gemeinsam haben ist, dass sie eine Geschichte/Legende(n) haben, die man gerne weitererzählt, ob sie nun stimmen oder nicht. Und genau das denke ich, macht sie so begehrenswert. Sei es ein Schuljunge der sie gefunden hat (3 Skilling), ein fast blinder Uhrmacher der sich geirrt hat, auch wenn die Geschichte nicht stimmt (Mauritius Post Office). Auch im Modernen gibt es Geschichten, z.B. die Gescheidle-Marke hat auch ihre Geschichte von der Familie des Postministers der sie verschickt hat.

Und genauso ist es mit unserer 20-Mark-Sarre. Sie hat neben ihrer Seltenheit eine erzählenswerte Geschichte/Legende.

Liebe Grüße
Marc
 
bayern klassisch Am: 29.10.2019 19:19:38 Gelesen: 395110# 612 @  
@ marc123 [#611]

Hallo Marc,

da hast du wohl den Nagel auf den Kopf getroffen.

Für solche Geschichte habe ich mal vor Jahren den Satz geprägt: Wenn es eine Fiktion gibt, ist die Realität nicht mehr so wichtig.

Wenn man sich einen Augenblick Zeit nimmt, den Spruch zu überprüfen, wird man sehen, dass er nicht ganz so falsch ist.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 06.11.2019 14:16:57 Gelesen: 393747# 613 @  
@ Heinz 7 [#442]

Ich habe vor einem Jahr auf die sehr teuren Briefmarken der Schweiz hingewiesen, vor allem, wenn sie im Paar verwendet wurden und/oder wenn sie noch auf dem Brief haften. So haben wir gesehen, dass z.B. die Basler Taube, die einzeln (lose, gestempelt) nicht besonders selten ist, in besonderer Erhaltung oder eben in Einheiten dann doch sehrsehr teuer wird.

In Beitrag

@ Heinz 7 [#446]

habe ich einen einmaligen Brief gezeigt von Basel nach Riehen. Riehen ist eine Vorortsgemeinde von Basel und darum benötigte der Sender zwei Basler Taube-Marken.

Nun kommt ein ganz ähnliches Stück in Gegenrichtung auf den Markt! In der legendären Erivan Haub-Sammlung kommt ein ebenfalls einmaliger Brief zum Verkauf:



Los 7015 - Corinphila, Zürich, Dezember 2019

Kleinhüningen war eine Basler Landsgemeinde (heute: Teil von Basel). Der hier gezeigte Brief musste damals ebenfalls mit zwei Basler Tauben freigemacht werden. Es ist dies meines Wissens der einzige Brief aus einer Vororts-Gemeinde 1845-1848 in die Stadt hinein. Er trägt allerdings keinen Stempel von Kleinhüningen, sondern von Basel. (Warum nicht ein Stempel von Kleinhüningen angebracht wurde, ist eine berechtigte Frage, die ich im Moment nicht beantworten kann).

Dieser Brief ist nach Angabe des Auktionshauses über 100 Jahre lang nicht mehr "öffentlich auf dem Markt" gewesen. Er ist mit CHF 150'000 nicht teuer angesetzt worden. Nach SBK hat der Brief einen Katalogwert von CHF 400'000.

Es ist dies sicherlich ein Spitzenstück der Schweiz-Philatelie. Auf den tatsächlichen Zuschlag dürfen wir gespannt sein.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.11.2019 21:42:26 Gelesen: 393475# 614 @  
@ Richard [#1]

Es ist selten, dass eine Briefmarke (oder allgemein: ein philatelistisches Objekt) einen Verkaufspreis von CHF 1'000'000 erzielt oder gar übertrifft. Diese Kategorie ist für die ganz grossen Raritäten weniger Prestige-Länder reserviert. Nur wenige Länder haben Stücke, die im "Club der Millionäre" mitspielen können.

Wir haben schon gesehen, dass Grossbritannien sehr teure Stücke hat, für welche Sammler Riesenbeträge bezahlten. Grosse Einheiten der Penny Back haben schon sehr hohe Preise erzielt, so der 18er-Block, den ich in Beitrag 500 zeigte.

@ Heinz 7 [#500]

Zusammen mit einem dazu passenden Sechserstreifen erzielte der 18er-Block US$ 1'000'000 (plus Aufgeld).

Es ist dies aber nicht das teuerste Ergebnis, dass ein Stück aus Grossbritannien je erzielte. Es gab noch ein viel, viel teureres.

Wir haben schon erwähnt, dass eine einzelne Penny Black nichts sehr Teures ist. Ungebraucht hat sie einen Katalogwert von Euro 3'800, gestempelt von nur Euro 200. Natürlich gibt es teure Spezialitäten, und dann ist der Katalogwert der Grundmarke plötzlich nicht mehr wichtig.

Eine Sonderstellung hat die Marke natürlich auch, weil die Penny Black die erste Briefmarke der Welt ist.

Ein Ersttag-Brief der Penny-Black kostete gemäss Katalog Stanley Gibbons, Specialised Stamp Catalogue, 7th edition (1983) GB£ 10'000. Ein Brief von May 1840 (25.-30.5.) hingegen ist nur GB£ 300 wert.
 
Heinz 7 Am: 07.11.2019 22:53:26 Gelesen: 393456# 615 @  
@ Heinz 7 [#614]

Ich weiss nicht, wie viele Ersttag-Briefe der Penny Black es gibt. Aber es gibt sogar einige ganz wenige Vor-Ersttag-Briefe!

Die Penny Black wurde am 1.5.1840 verkauft. Ganze 600'000 Stück kaufte das begeisterte Publikum. Als erster Verwendungstag war der 6.5. bestimmt.

Eine Mulready-Ganzsache (Ausgabe ebenfalls 1.5.1840) wurde umgedreht und mit einer Penny Black frankiert, bereits am 2.5.1840. Der Empfänger drehte die Ganzsache und sandte sie wieder weg, bereits am 4.5.1840, also ebenfalls vor dem richtigen Ersttag (Stempel "Morpeth May 4").



Der Stempel "PAID-2 MY 2/1840" von London bezeugt also einen einmaligen Brief, der 4 Tage vor dem offiziellen ersten Verwendungstag verwendet wurde.



Dieser Brief wurde am 23. März 1991 angeboten bei Harmers Auctions SA in Lugano.

Der Start war bei CHF 250'000.

Der Hammer fiel bei CHF 3'400'000. Das war damals Weltrekord.

Wahnsinn. Man kann natürlich sagen, das sei ein einmaliger "Ausreisser nach oben", vermutlich stimmt das auch, aber es ist auf jeden Fall eine unglaubliche Geschichte.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.12.2019 23:18:35 Gelesen: 388087# 616 @  
@ Heinz 7 [#613]

Der sehr seltene Brief mit dem Paar Basler Tauben brachte an der Erivan Haub-Auktion ein hohes, man darf sicher sagen: sogar ein sehr hohes Resultat ein. Vom Ausruf von CHF 150'000 stieg das Los auf einen Zuschlag von CHF 220'000. Plus Zuschlag.

Wir kennen damit immerhin fünf "high-class-Basler Taube-Briefe".

@ merkuria [#91]

Brief mit BT in Misch-Frankatur Frankreich/Ceres-Ausgabe

@ Heinz 7 [#118]

Der Gagnebin-Renan Brief mit Paar BT und Rayon II.

@ Heinz 7 [#433]

Der Brief mit den 6 Basler Tauben

@ Heinz 7 [#446]

Der Brief von Basel nach - Riehen mit dem Paar BT.

Alle diese 5 Briefe - von denen der Brief mit den 6 Exemplaren im Museum ist und darum unverkäuflich ist - haben einen Wert von mehr als CHF 250'000; das ist doch bemerkenswert. Darunter gibt es viele weitere sehr teure Briefe mit Basler Tauben (u.a. weitere Briefe mit einem Paar oder mit zwei Exemplaren).

Die Basler Taube gehört zu Recht zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt, auch wenn sie nicht besonders selten ist.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.12.2019 21:05:32 Gelesen: 388027# 617 @  
@ Heinz 7 [#440]

Ich habe schon darauf hingewiesen, dass die Rayon I hellblau mit vollständiger Kreuzeinfassung eine der wertvollsten Briefmarken der Schweiz (und damit auch von Europa und gar weltweit) ist. Dies gilt natürlich insbesondere für die wenigen Briefe, die überhaupt existieren; zwei oder sogar nur einer?

Ernst Müller, ein ganz grosser Briefmarkenhändler früherer Tage, bot 1970 einen Brief an aus der legendären Sammlung Dr. Leemann, Arlesheim. Im jetzigen Auktionskatalog (2019) wird dieser Brief aber in Zweifel gezogen:

so dass dieser zweite Brief aus der Sammlung Dr. Leemann aus heutiger Sicht zumindest als "zweifelhaft" beurteilt werden muss.

Ich nehme die Hinweise des Los-Beschreibers sehr ernst, doch achte ich Ernst Müller als hervorragenden Philatelisten, der ja auch Plattierungen zu den Rayon-Marken vorgenommen hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ernst Müller ein zweifelhaftes Stück ohne Kommentar angeboten hätte. Dass das Stück seit ca. 50 Jahren nicht mehr gesehen wurde (gemäss Corinphila) ist kein Grund, den Brief nun "abzuschreiben"; er könnte durchaus noch existieren. Wir kennen viele Weltraritäten, die jahrzehntelang nicht mehr gesehen wurden.

Nun - der Erivan Haub-Brief wurde für CHF 250'000 ausgerufen. Der Hammer fiel bei CHF 310'000 (plus 21 % Aufgeld). Dieser Preis ist aus meiner Sicht "gut".

Vom Rekordpreis, den dieser Brief einst erzielte, ist der jetzige Zuschlagspreis aber doch eine Stufe entfernt, wie der beiliegende Scan zeigt: 1990 wurde dieser Brief verkauft für CHF 420'000 + 15 %.



Erivan Haub musste für dieses Weltrarität also sehr tief in die Tasche greifen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.12.2019 13:56:49 Gelesen: 387976# 618 @  
@ Heinz 7 [#196]

Es gibt doch noch so etwas wie Gerechtigkeit!

Wer sich für die Seltenheiten der Schweiz interessiert hat sicher ebenfalls Mühe zu verstehen, warum die Waadt 4 ungebraucht in der Entwicklung des Katalogwertes eine weit schlechtere Entwicklung nahm als andere Schweiz-Grossraritäten. Bei Michel ist sie katalogisiert bei "Schweizerische Bundespost" 1849, Nr. 1, in den Schweizer Katalogen trägt sie die Nummer 9 (Zumstein, Händlerkatalog).

Wir wissen, dass die Marke vor über hundert Jahren sehr sehr beliebt und teuer war - bei Schubert war sie 1913 die teuerste Marke der Schweiz!, siehe [#196]. Und ich habe darauf hingewiesen, dass die Marke auch in ganz grossen Schweiz-Sammlungen fehlt(e)! Dies als Hinweis, WIE selten die Marke wirklich ist.

Nun wurde endlich wieder einmal ein schönes Stück angeboten, am 5.12.2019 in London.



Spink, Los 199 zeigt dieses Prachtexemplar mit regelmässigen Rändern. Die Beschreibung lautete:

"Switzerland; Transitional Period; Geneva
1849 4c. black and red, a very handsome example of this greatly coveted stamp with perfectly balanced margins and fresh appearance, part original gum; a superb and exhibition quality piece of the highest order. Verband Schweizer (1943), A. Diena (1972) and Rellstab (1987) Certificates. Sc. 2L 5; Zumstein 9, CHF 50,000; S.G. L1, £46,000. Photo"

Meines Wissens ist die Marke mit CHF 70'000 katalogisiert (nicht mit 50'000), aber das muss ich nachsehen.

Dass ein so seltenes und prächtiges Stück zu einem Schätzpreis von nur GB£ 7'000 - 9'000 auf den Markt geworfen wird, hat mich schon überrascht. Nun sehen wir aber das Ergebnis. Das ist eine ganz andere "Hausnummer"!; der Zuschlag war bei GB£ 55'000!

Recht so! Ehre, wem Ehre gebührt! Ich habe immer gesagt, die Marke sei von vielen Sammlern unterbewertet!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.12.2019 09:48:28 Gelesen: 387501# 619 @  
@ Heinz 7 [#618]

Die "Waadt 4" (Zumstein Nr. 9) ist eine grosse Rarität (besonders ungebraucht), die Waadt 5 hingegen ist aber nicht besonders selten oder wertvoll (Katalogwert Michel (2010) = 2'200 bzw. 1'600). Es gibt aber einen Brief, der ist sehr attraktiv, weil er ist mit nicht weniger als 7 Exemplaren dieser Marke frankiert!



Dieser einmalige Brief ist natürlich ein Blickfang für jede Sammlung. Aus dieser Zeit (1854) erwarten wir keine Lokalmarken mehr (Genf), sondern Bundesmarken (Rayon-Marken, ab 1854 auch "Strubel"-Marken). Genf - Paris kostete damals 35 Centimes, und dies wurde verklebt. Dieser Brief ist sehr wohl bekannt, und wurde schon im ersten Handbuch 1914 von Zumstein mit Bild gezeigt. Er zierte einst die Sammlung von Alfred Caspary.

Nun wurde der Brief wieder verkauft. Bei einem Ausruf von CHF 150'000 war die Nachfrage natürlich klein, und der Zuschlag erfolgte zum Startpreis.

Dies war das dritthöchste Ergebnis der ersten Erivan-Haub-Schweiz-Sammlung-Teil 1.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.12.2019 21:07:32 Gelesen: 387298# 620 @  
@ Heinz 7 [#619]

Die Confederate States hatten mehrere äusserst seltene Postmeister-Ausgaben, zum Teil sogar Unikate. Diese waren teils schon im XIX. Jahrhundert sehr teuer; zum Teil waren sie aber auch noch nicht richtig bekannt.

Die Briefmarke Scott 12 X 3 ist aus Beaumont, Texas, 10 Cents schwarz auf gelb, Grossformat. Sie war im Senf Katalog 1913 noch nicht bekannt (nur X 1 und X 2 = kleinere Formate). Im Juli 1923 wurde die Briefmarke von grossen Kenner George Walcott aber besprochen (Collectors Club Philatelist) und kam schliesslich in die weltberühmte Caspary-Sammlung.

1954 wurde die Marke (bzw. der Brief) im aufsehenerregendem Life-Artikel aufgelistet. 1956 kam der Brief in der 3. Caspary-Auktion zum Verkauf. Das Los 67 war auf Seite 30 des Kataloges abgebildet, und war auf der Farbfototafel (damals eine grosse Seltenheit in den USA). Der Zuschlag war dann, bei einem Katalogpreis von US$ 5'000, bei US$ 2'000. Bei der Josiah Lilly-Auktion elf Jahre später (Siegel sale 317, 1967) waren es dann schon US$ 9'000.



Ob dieses Stück 1994 oder später in die Haub-Sammlung gelangte, weiss ich nicht. Der Katalogwert betrug Euro 100'000 (Michel 2010) bzw. US$ 90'000 (Scott - Jahr unbekannt, Angabe aus Auktionskatalog entnommen).

Im Vorfeld zur Auktion wurde das Los breit besprochen (siehe Ankündigungsbuch) und auch im Auktionskatalog wurde der Brief sehr hoch gelobt. Trotzdem wurde er mit nur US$ 25'000 eingeschätzt.

Die Sammler rückten das Ganze nun aber in andere Dimensionen. Ein Brief der CSA, ein Unikat, mit einer so langen Geschichte sollte nicht bei US$ 25'000 "herumdümpeln".

Folgerichtig wurde er jetzt in New York höher verkauft. Der Zuschlag erfolgte bei US$ 210'000.

Das finde ich richtig. Mindestens zwei Sammler erkannten an, dass dieser Brief sehrsehr wertvoll ist.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.12.2019 19:30:37 Gelesen: 385852# 621 @  
@ Heinz 7 [#620]

Wenn eine Marke (oder eine philatelistische Einheit wie Paare, Briefe, usw.) CHF 100'000 oder mehr kostet, dann dürfen wir uns sicher überlegen, ob sie in der Rubrik "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" besprochen werden sollte. Anfangs Dezember erzielte das untenstehende Paar den atemberaubenden Zuschlag von US$ 145'000 bei der 2. Erivan Haub-Auktion in New York (siehe Los 62).



Was hat dieses Paar so teuer gemacht?

Es ist eine Marke: Goliad, Texas, 5c Black on gray, Type II, Postmaster "J.A. Clarke"

Wir haben bereits gesehen, dass die Confederate States (von Amerika) ebenfalls Postmaster Provisionals herausgaben. Es gab zahlreiche Ausgaben, und viele davon sind sehr selten. Goliad, Texas, gehört dabei nicht ganz "in die erste Reihe".

Ohne meine Spezialliteratur kann ich nichts ganz Genaues dazu sagen, aber wäre die Scott Nr. 29X6 eine normale Einzelmarke, so würden wir sie hier nicht besprechen. Aber, es ist ein Paar, und die linke Marke zeigt eine sehr markante Abart. Betrachten wir die Ortsbezeichnung: da steht anstatt "GOLIAD" versehentlich "GOILAD", und diese Abart ist natürlich sehr attraktiv (= Scott 29X6a).
 
Heinz 7 Am: 21.12.2019 19:50:37 Gelesen: 385842# 622 @  
@ Heinz 7 [#621]

Im Thema "Aus den Erivan Haub Auktionen" habe ich erwähnt, dass an der zweiten Erivan Haub-USA-Auktion drei Lose die magische Grenze von US$ 100'000 Zuschlag übertrafen. Dies ist, bei einem Ausruf von nur US$ 10'000, natürlich ein höchst spektakuläres Ergebnis!

Ich habe an anderem Orte schon darauf hingewiesen, dass Harmer New York einige Lose sehr tief ausgerufen hat. Ob die US$ 10'000 Ausruf also unrealistisch viel zu tief waren, möchte ich noch näher untersuchen.

Immerhin können wir den Wert des Stückes gut in Relation setzen zu anderen Gross-Raritäten. Das Paar hat nämlich einen Besitzernachweis der Spitzenklasse. Das Stück war nämlich in folgenden Sammlungen:

1) Philipp von Ferrary (Gilbert Sale 4, 1922)
2) Alfred H. Caspary (H.R. Harmer Sale 989, 1956)
3) Josiah K. Lilly (R.A. Siegel Sale 317, 1967)

Das sind alles Provenienzen der ersten Klasse! Dies hat den Vorteil, das wir schon mindestens drei historische Vergleichsmöglichkeiten haben. Dies ist wichtig für die Käufer von solchen Stücken und tragen das ihre dazu bei, dass solche Stücke immer wieder hoch beboten werden.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.12.2019 13:42:24 Gelesen: 385724# 623 @  
@ Heinz 7 [#621]

Athens, Baton Rouge, Beaumont, Bridgeville, Charleston, Danville, Emory, Fredericksburg, Goliad... dies sind die ersten neun Orte mit "Lokalmarken", welche der Senf Katalog 1913 auf Seite 547 auflistete zu den Marken der Konföderierten Staaten von Amerika. Die Auflistung geht weiter bis Seite 550 und nicht weniger als 38 Orte waren vor mehr als hundert Jahren den Philatelisten in Deutschland schon bekannt, denn damals hatte "JEDER" einen Senf-Katalog, dessen Auflage sehr hoch war.

Ich habe aber schon darauf hingewiesen, dass Senf die meisten dieser Briefmarken nicht bewertet hatte. Genau genommen sieht es so aus (nur Hauptnummern gelistet):

20 Marken hatten eine Bewertung für * und gest.
4 Marken hatten nur eine Bewertung für *
13 Marken hatten nur eine Bewertung für gest.
33 Marken hatten als Wertangabe aber nur "-.-"
Summe: 70, für die Senf Nummern 1-71, ohne Nr. 62 (dies war eine Ganzsache)

Es liegt in der Natur der Sache, dass vor allem bei den sehr seltenen Marken eine Schwierigkeit bestand, die Marken zu bewerten.

Goliad hatte 1913 als einziger Ort bei Senf gleich 6 Hauptnummern, aber alle waren in diesem Katalog unbewertet. Die oben gezeigte Marke hatte die Nummer Senf 19 (5 Cents, mit Namen des Postmeisters links und rechts), oder, um genau zu sein: 19a (da auf grauem Papier; 19b wurde für die Marke auf blauem Papier vergeben).

Hochinteressant ist nun das Studium des Kohl Handbuches, das bereits 1915 erschien (also fast zeitgleich). Es listete, wie Senf 1913, auch 4 Grundmarken, da aber verschiedene Papiere unterschiedliche Hauptnummern erhielten, listete Paul Kohl sogar 10 Marken zu Goliad. Zu unserer Freude werden auch 8 dieser Nummern bewertet (Preise für ungebrauchte Marken). Die Preise schwanken zwischen 2000 und 6000 Mark , waren also sehr hoch.

Anbei die Abbildung aus dem Kohl Briefmarken Handbuch, Jubiläums Ausgabe 10, (10. Auflage 1915), II. Teil, Seite 308.



Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.12.2019 14:31:31 Gelesen: 385707# 624 @  
@ Heinz 7 [#621]

Mit den Erkenntnissen aus Beitrag [#623] ist unsere Frage eigentlich schon beantwortet:

Ja, die Marke verdient es, unter die wertvollsten Briefmarken der Welt eingereiht zu werden!

Das gilt vielleicht nicht für jeden gestempelten Wert, wohl aber für die eine oder andere Marke ungebraucht - und auch für eine so spektakuläre Abart, wie wir sie hier vor uns haben. Super ist, dass bereits Paul Kohl auf diese Abart hinwies;

"GOILAD" statt "GOLIAD". Aber er bewertete diese Abart nicht.

Die "Stunde der Wahrheit" kam aber wenige Jahre später.

Als die monumentale Briefmarkensammlung von Ferrary verkauft wurde waren nicht weniger als 7 Lose bestückt mit Marken aus Goliad! Es waren die Lose 626 - 634 der dritten Auktion Ferrary (5. April 1921).

Die Katalog-Angabe im Auktionskatalog Harmer ist also nicht richtig, siehe [#622]; es war sale 3, 1921, nicht sale 4, 1922; ich habe das unbesehen abgeschrieben.

Aber, Hauptsache: wir finden unser Paar mit der spektakulären Abart. Es war Los 626.



Gross ist die Spannung, bevor wir die Resultat-Liste konsultieren. Zur Erinnerung: Gilbert machte in den Katalogen gar keine Angaben, weder Katalog- noch Schätz- und schon gar keine Limitpreise! Alles wurde den Sammlern überlassen.

Die Sammler boten sich hoch bis zu einem Ergebnis von 11'500 Francs (+ 17.5 % government surtax).

Das war kein extrem hohes Ergebnis. Die aufmerksamen Leser dieses Themas erinnern sich daran, dass 10 Einzellose an den Ferrary-Auktionen FRF 100'000 und mehr erreichten. Aber FRF 11'500 war durchaus ein hoher Wert, der, damals umgerechnet, immerhin etwas mehr als GB£ 280 oder CHF 6'358 bedeutete.

Damit schaffte es dieses Los wertmässig ca. auf Platz 124 aller Ferrary-Lose. (Ältere Studie, geringfügige Änderungen noch nicht berücksichtigt).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.12.2019 15:11:33 Gelesen: 385696# 625 @  
@ Heinz 7 [#624]

Ein weiterer "Meilenstein" in der Wertfindung der Raritäten dieser Welt waren die Auktionen der Sammlung Alfred Caspary. Er hatte vor allem eine USA-Sammlung, die ihresgleichen sucht. Der USA-Teil wurde in sechs Auktionen 1955-1957 verkauft. Und das waren sehr umfangreiche Auktionen, mit vielen Losen.

Die Confederate States waren bei Caspary sehr prominent vertreten. Ganze 10 Lose finden wir zu den Postmeistermarken von Goliad.

(Sale 989-991 am 5.-7.3.1956 in New York, H.R. Harmer Inc.: Lose 126-135 = Goliad)

Unser gesuchtes Paar ist Los 131 auf Seite 46 des Kataloges



Das Ergebnis lässt sich sehen: US$ 3'200 des Jahres 1956 war viel Geld.

Wir sehen also: vor vielen Jahren war dieses Briefmarken-Paar sehr teuer.

Die aktuelle Situation der Katalogwerte bringen hingegen eine Überraschung.

Michel listet - meines Erachtens: richtig! - nur vier Hauptnummern und katalogisiert die Papierabarten mit a,b,c-Nummern. Und da sind die Preise nicht besonders hoch. (Katalog 2010, Raritäten-Katalog).

gestempelt: zwischen Euro 8'500 und Euro 16'000
ungebraucht: nur Nr. 2a mit "-.-" angegeben (10 Cents, ohne Name des Postmeisters, auf weissem Papier)
auf Brief:
1) Euro 60'000
2) -.-
3) Euro 20'000 bzw. 22'000
4) Euro 30'000 bzw. 35'000

Der Fehler "GOILAD" ist ebenfalls bewertet! Mit nur Euro 16'000 für die Nummer 3 (5 Cents, mit Name des Postmeisters) und nur Euro 10'000 für die Nummer 4 (10 Cents, mit Name des Postmeisters). Das sind nun keine sehr hohen Werte.

Die Studie von US-Katalogen muss ich wohl auf das Jahr 2020 verschieben.

Wir sehen aber, dass nun im Dezember 2019 in New York ein sehr hoher Preis für das berühmte Paar bewilligt wurde.

Ich wünsche allen schöne Weihnachten!

Heinz
 
Martin de Matin Am: 22.12.2019 16:15:53 Gelesen: 385678# 626 @  
@ Heinz 7 [#625]

Um die Seltenheit der Goliad-Marken zu zeigen, gebe ich den Inhalt des Textes der Kilbourne-Auktion bei Siegel im Jahr 1999 sinngemäß wieder. Es wurde dort eine MiNr. 5c schwarz auf rosa auf Briefvorderseite für 45.000 Dollar versteigert. Es sind nur sieben Marken der MiNr. 1 bekannt (ein Brief (Tapling-Sammlung) und diese Briefvorderseite) und 4 Marken der MiNr. 2 (Ein Brief (Caspary/ Lilly)).

Von der MiNr. 4b sind 8 Stück (5 Briefe davon einmal Tapling) bekannt. Der Brief der 4b aus der Kilbourne-Sammlung bracht 30.000 Dollar (Schätzpreis 20.000-30.000 Dollar). Ein weiterer Brief der 4b aus der Argentum-Sammlung wurde 3 Monate vor der Kilbourne-Sammlung bei Siegel für 67.500 Dollar versteigert(Schätzpreis 7.500 Dollar).

Die Briefvorderseite der MiNr. 1 war der zwölfhöchste Zuschlag der 156 Lose umfassende Kilbourne-Sammlung der Postmeistermarken der Konförderierten Staaten. Die höchsten Preis erzielte das Mt. Lebanon-Unikat mit 350.000 Dollar.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 22.12.2019 20:28:38 Gelesen: 385632# 627 @  
@ Martin de Matin [#626]

Sehr schön, Martin! Danke! Ich habe den Auktionskatalog Kilbourne auch in meiner Bibliothek (Siegel, sale 815) und werde ihn gerne einmal studieren.

32 Jahre vor der Sammlung Kilbourne konnte Siegel die Auktion von Josiah K. Lilly verkaufen, die ebenfalls allergrösste Raritäten umfasste, u.a. auch "unser" Goliad-Paar. Es wurde als Los 308 angeboten.



Der Zuschlag erfolgte bei US$ 9'500. Ich weiss, das tönt nach "nicht viel", aber 1967 war dies doch ein respektabler Preis. Dieses Los liess damit viele anderer Raritäten hinter sich.

Unter Würdigung der obigen Beiträge wird man vielleicht dafür Verständnis aufbringen, dass ich den Ausruf des Erivan Haub-Loses 62 auf deutlich mehr als US$ 10'000 angesetzt hätte. US$ 10'000 sind 2019 massiv weniger als US$ 10'000 (oder 9'500) 1967. Aber: wir wissen, dass die Auktionatoren gerne grosse Preissteigerungen bekanntgeben. Auch in DIESEM Fall ging die Rechnung auf.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.12.2019 18:22:56 Gelesen: 385537# 628 @  
@ Heinz 7 [#627]

An den drei oben genannten Auktionen (Ferrary, Caspary, Lilly) erzielte das Goliad-Paar - sofern ich mich richtig erinnere - jeweils das höchste Ergebnis unter den Goliad-Losen. Wir sahen aber, dass auch einige andere interessante Goliad-Lose existieren.

Eine 5 Cent auf Brief ist auch begehrenswert. Martin erzählt uns davon.

@ Martin de Matin [#626]

Vermutlich habe ich eines der Lose nun gefunden. Den Kilbourne-Katalog habe ich mir noch nicht "vorgeknöpft".



An der Auktion Robert A. Siegel Auction Galleries, Inc.'s Sale 1022, March 28, 2012, wurde unter Los 1025 verkauft; ein Brief der 5 Cent, ohne Name des Postmeisters.

Die Beschreibung:

EXTREMELY FINE. ONLY EIGHT GOLIAD 5-CENT TYPE I PROVISIONAL STAMPS ARE KNOWN, INCLUDING ONE ON COVER IN THE BRITISH LIBRARY COLLECTION. THIS COVER-FRONT IS THE ONLY TYPE I "COVER" AVAILABLE TO COLLECTORS AND THE FINEST OF THE SEVEN KNOWN STAMPS IN PRIVATE HANDS. ONE OF THE GREATEST OF ALL CONFEDERATE PROVISIONAL RARITIES

Dieser Brief war auch in der Kilbourne-Sammlung. Das Los erzielte 2012 immerhin US$ 40'000 Zuschlag. Ein Grund mehr, diese Marke hier zu besprechen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.12.2019 22:09:20 Gelesen: 385379# 629 @  
@ Heinz 7 [#628]

Ich habe bereits einige Beiträge zu den Marken von Goliad geschrieben. Es hat mich weiter beschäftigt, wie selten diese Marke wirklich ist.

Im Siegel Census habe ich nun sehr interessante Details gefunden. Der Artikel stammt vom März 2012. Demnach gibt es nur 30 Marken/Briefe/Einheiten - und zwar von allen vier (Grund-) Marken zusammen!

Die Marken scheinen also wirklich äusserst selten zu sein.

5 Cents, Typ I: 8 Exemplare (Michel Nr. 1) ohne Name Postmeister
10 Cents, Typ I: 4 Exemplare (Michel Nr. 2) ohne Name Postmeister
5 Cents, Typ II: 4 Exemplare (Michel Nr. 3) mit Name Postmeister
10 Cents, Typ II: 14 Exemplare (Michel Nr. 4) mit Name Postmeister
 

Da auch noch Papierunterschiede vorkommen, listet Scott 9 Marken auf:
29X1 bis 29X9.

Im Scott Katalog 2000 sind leider nicht alle neun Marken bewertet.

Laut Census weisen 4 Marken den Fehldruck "GOILAD" auf, 27 Marken sind normal "GOLIAD" (beim Paar zähle ich beide Marken, darum Summe 31, nicht 30). Obwohl der Fehldruck also wesentlich seltener ist, ist er nicht wesentlich höher bewertet als die normale Marke.

Scott:

29X6 = US$ 7'000
29X6a (Goilad) = US$ 8'000
29X7 = US$ 5'000
29X7a (Goilad) = US$ 5'500
 

Auch Michel bewertet den Fehldruck 2010 nur unwesentlich höher (bei der 5 Cents-Marke) bzw. gleich hoch wie die Normalmarke (bei der 10 Cents-Marke)!

Die Wertfindung ist meines Erachtens nicht bzw. kaum nachvollziehbar. Die Qualitätsfrage spielt hier wohl eine zentrale Hauptrolle. Einige "Goliads" sind optisch nicht besonders attraktiv.

Caspary hate meines Wissens die grösste Anzahl von "Goliads" in seiner Sammlung. Das höchste Resultat beim Verkauf seiner Sammlung 1956 haben wir bereits gesehen (das einzige Paar (lose) mit den zwei 5 Cents-Marken, siehe oben, US$ 3'200). Das zweithöchste Ergebnis erzielte Los 133:



Eine Scott 29X7, das müsste wohl Michel 4a sein. Das Los kostete immerhin US$ 2'600

Wenn ich die Zählung Siegel richtig lese, gibt es aber von dieser Marke 10 Exemplare, wovon nicht weniger als 7 Briefe. Im Buch Edition Spéciale steht aber: 5 Briefe. Der oben gezeigte ist (nach dem Auktionskatalog Caspary) aber der schönste ("by far the finest of the very few existing"). Er zierte ebenfalls die Sammlung Erivan Haub, wurde bis jetzt aber noch nicht angeboten.

Heinz
 

merkuria Am: 26.12.2019 13:18:11 Gelesen: 385326# 630 @  
@ Heinz 7 [#629]

Als Ergänzung kann ich noch die Katalogpreise nach Scott 2010 liefern:

29X6 = US$ 10'000
29X6a (Goilad) = US$ 12'000
29X7 = US$ 12'000
29X7a (Goilad) = US$ 15'000
 

Schöne Grüsse
Jacques
 

Heinz 7 Am: 28.12.2019 11:35:51 Gelesen: 385218# 631 @  
@ Heinz 7 [#629]

Ich habe oben erwähnt, dass Goliad "nicht in die erste Reihe der Seltenheiten gehört". Ich muss das wohl - zumindest teilweise - revidieren.

Wir wissen wohl, dass die Sektion Goliad in den Sammlungen von Ferrary 7 Lose umfasste, bei Lilly 6 Lose, bei Caspary gar 10 Lose. Erivan Haub hatte auch 7 Goliad-Marken bzw.-Einheiten (inkl. das Paar). Was ich aber beim ersten Hinsehen übersah, war, dass sich diese Anzahl meist auf VERSCHIEDENE Marken verteilte, Marken, die mit guten Recht unterschieden werden können.

Unbestritten verschieden sind die vier Grundmarken:
5 Cents / 10 Cents
ohne Name des Postmeisters / mit Name des Postmeisters

Gemäss Census von Siegel 2012 verteilen sich die 30 bekannten Marken/Einheiten auf die 4 Grundmarken wie gezeigt in Beitrag 629. Aber damit ist die Klassifizierung noch nicht abgeschlossen. Man kann die Marken nämlich noch unterscheiden nach Papierfarbe, und - auch darüber schrieb ich schon - auch der markante Irrtum "GOILAD" statt GOLIAD rechtfertigt eine eigene Katalogisierung.

Und somit sind wir plötzlich auf 11 verschiedenen Nummern! In Anbetracht, dass nur 30 Marken bekannt sind, müssen also einzelne Nummern sehr selten sein! Und so ist es auch! Alle 11 Varianten gibt es gestempelt (total 19), von den 11 Varianten kommen 6 auf Brief vor (total 11 Briefe bzw. Brief-Vorderseiten).

Wenn ich den Census von Siegel korrekt umgesetzt habe, ergibt sich also:

Scott Nr - Nummer Siegel - Anzahl bekannte Stücke: gestempelt - Anzahl bekannte Stücke auf Brief:

29X1 - Mi. 1a - 2 gest. - 1 Brief
29X2 - Mi. 1c - 2 gest.
29X3 - Mi. 1b - 2 gest. - 1 Brief(Vorderseite)
29X4 - Mi. 2a - 2 gest.
29X5 - Mi. 2b - 1 gest. - 1 Brief
29X6 - Mi. 3a - 2 gest. und 1 Paar (29X6a / 29X6)
29X7 - Mi. 4a - 3 gest. - 5 Briefe
29X8 - Mi. 3b - nur 1 Brief bekannt
29X9 - Mi. 4b - 3 gest.
29X6a (Goilad) = siehe Zeile 29X6
29X7a (Goilad) = 1 gest. - 2 Briefe

total = 18 gest. Einzelmarken, 1 Paar gestempelt, 11 Briefe (dabei 3 x Marke ungebraucht/nicht entwertet).

Wir sehen also: bei spezialisierter Betrachtung gibt es gar mehrere Nummern, die nur ein einziges Mal vorkommen pro Erhaltung. Insbesondere Scott 29X8 (= 5 Cents auf dunkelblauem Papier/mit Name des Postmeisters) ist einmalig.

Da wundert es uns, dass diese Variante so tief bewertet ist:

Scott: -.-
Michel: Euro 16'000 gest. / auf Brief Euro 35'000.

lose scheint das Stück gar nicht zu existieren, ist aber trotzdem im Michel-Katalog mit Preisangabe. Seltsam bzw. unlogisch...

Nun wollen wir uns dieses einzige Stück 29X8 aber ansehen:



Wir stellen fest: es ist KEIN schönes Stück! Der Brief ist nicht schön, der Stempel auch nicht und die Marke ist stark repariert! Zudem scheinen einst zwei Marken auf dem Brief gewesen zu sein, wovon die rechte heute fehlt.

...aber es ist ein Unikat! Und - auf dunkelblau ist die Marke doch stark anders als auf grau; eine separate Katalogisierung ist also verständlich.

Die Marke fehlte in den meisten grossen CSA-Sammlungen. Sie war aber in der Sammlung von Bill Gross (einem anderen reichen Sammler des XXI. Jahrhunderts)... und: sie war in der Sammlung von Altmeister Ferrary: Los 628!

Hut ab vor seiner Sammlung (einmal mehr...).

Heinz
 
10Parale Am: 13.02.2020 19:30:45 Gelesen: 372184# 632 @  
@ Heinz 7 [#631]

Haben wir hier schon über Norwegen gesprochen?

In einem Katalog von Michel "VALUABLE STAMPS OF THE WORLD" fand ich eine Annonce des Auktionshauses F.C. MOLDENHAUER AS, wo ein Brief mit insgesamt 12 Marken der Norwegen Michel Nr. 1 (insgesamt 48 skilling = 12 x 8) von Bergen nach Königsberg für NOK 2.655.000 versteigert wurde. Das muss schon ein paar Jahre her sein und laut heutigem Umrechnungskurs wären das 264.468 Euro. Kein schlechter Deal!

Gestempelt wird der Löwe mit der Olafsaxt mit 100,-- Euro bewertet. Bei dem o.g. Brief sehe ich einen gestempelten 7-er-Streifen. Dafür ist der Auktionserlös des Briefes ja nahezu sensationell hoch, wie ich finde.

Heute fand ich in meinem Fundus diese Ganzsache Österreichs. Sie passt sehr gut zu diesem Thema auf Grund der rückseitigen Maschinenschrift bzw. deren Inhalt:

Vermutlich ein Briefmarkenhändler mit dem Firmennamen G. WEISS & Co. in Wien bietet am 29. Juli 1922 einem bekannten Händler im Elsass einen Sechserstreifen von Norwegen Nr. 1 in wundervoller Erhaltung zum Preis von 900 Fr. an.

Bleibt die Frage, ist dieser Sechserstreifen nun postfrisch oder gebraucht? Darüber äußert sich der Händler leider nicht. Ich behaupte nun einfach mal auf Grund der Preisvorstellung kann es sich eigentlich nur um einen postfrischen Sechserstreifen handeln. Interessant, dass der Michel Online Katalog die ungebrauchte Marke mit 4.000,-- Euro bewertet, der ältere Katalog mit 6.000,-- Euro ?

Vielleicht gibt es dazu weitere Informationen oder Auktionssichtungen. Heute fand ich im Worldwideweb kein Angebot einer Michel Nr. 1, so dass ich davon ausgehe, dass es eine seltene Marke ist im ungebrauchten Zustand. Was mag da heute ein Sechserstreifen wert sein?

Solche kleine Postkarten ohne großen Wert besitzen jedoch einen enormen Wert, wenn es um die Provenienzforschung geht, oder?

Liebe Grüße

10Parale


 
Martin de Matin Am: 13.02.2020 21:42:09 Gelesen: 372123# 633 @  
@ 10Parale [#632]

Ich zweifele sehr stark daran, das der Sechserstreifen ungebraucht war. In der IV. Ferrary-Auktion im Jahr 1922 wurde das einzige ungebrauchte Paar (Losnr. 570) das Ferrary hatte, grössere Einheit hatte er nicht, mit 800 Francs zugeschlagen.

Ich habe noch nichts grösseres als dieses Paar gesehen. Grössere Einheiten dieser Marke müssen sofern sie existieren sehr selten sein. Aber ein gestempelten Sechserstreifen ist bestimmt kein Massenproduckt, sondern eher sehr selten.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 14.02.2020 18:59:51 Gelesen: 371816# 634 @  
@ 10Parale [#632]

Guten Abend,

ich kann mich nicht erinnern, dass wir in diesem Thema Briefmarken von Norwegen besprochen haben. Aber es gibt schon ein paar Stücke, die bereits hohe Preise erzielten.

Die Nummer 1 ist ja an sich nicht besonders selten. Dementsprechend ist die Marke nur bewertet mit Euro 100 gestempelt bzw. Euro 6'000 für ungebraucht (Michel 2010). Die teuerste Marke (einzeln) von Norwegen ist wohl die Michel Nr. 17c (Dauermarke "Posthorn", Ausgabe 1874, 2 Skilling preussischblau); aber auch die ist nicht in der Spitzengruppe der europäischen Briefmarken mit einem Katalogwert von "nur" Euro 10'000 / 3'500 (*/gest.).

Die Michel Nr. 1 in Einheiten wird aber gelegentlich sehr teuer.

Die Firma F.C. Moldenhauer AS erlangte anfangs des XXI. Jahrhundert einige Aufmerksamkeit, da sie einige Male schöne Norwegen-Angebote verkaufen konnte und dafür auch hohe Resultate erzielte. Beim Suchen nach neueren Daten bin ich aber vorerst nicht fündig geworden, und prima vista scheint es mir, dass die oben genannte Firma 2014 mit der 73. Auktion ihren Betrieb einstellte. In den Jahren 2003-2010 hatte die Firma aber nachweislich ein paar teure Stücke verkaufen können.

Zur 69. Auktion 13.11.2010 habe ich mir sogar eine Notiz gemacht, dass die Auktion sehr wichtig war. Die Sammlung von Ragner B. Johannessen (oder Ragnar?) wurde verkauft, und sie enthielt wunderbare, teure Stücke.

Das mir am besten bekannte Stück ist aber der sensationelle 39-er-Block, der am 5.3.1981 in der Sammlung von Baron Rothschild zum Verkauf kam bei Phillips in London. Die Einheit wurde sehr teuer, kostete im Endpreis etwas über US$ 200'000. Meines Wissens gilt das Blockstück als "Kronjuwel der Philatelie von Norwegen"



Genauere Zahlen kann ich nachsehen. Ich habe den Katalog in meiner "Aussen-Bibliothek".

Der von dir erwähnte Brief mit 12 x der Nummer 1 ist natürlich von ähnlichem "Kaliber". Ein Brief mit einem 7er-Streifen und einem Fünferblock. Ich habe das Inserat, das du erwähnt hast, auch irgendwo gefunden und zeige es anbei. Leider ist das Bild ziemlich klein.



Gut möglich, dass dieser Brief dem 39-er-Block den "Spitzenplatz" streitig gemacht hat. Jedenfalls scheint der Brief ja wirklich sehr teuer verkauft worden zu sein.

@ Martin

Ich denke, Ferrary hat sich nicht besonders interessiert für Einheiten der Norwegen Nr. 1. Ich weiss, dass es Viererblocks gibt, aber wie gross die grösste Einheit ist, wäre noch abzuklären.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.02.2020 21:35:11 Gelesen: 371740# 635 @  
@ Heinz 7 [#634]

Es gibt in der Auktionsgeschichte eine hübsche Anzahl von beeindruckenden Norwegen-Spezialauktionen. Ein Katalog, der mir besonders gefällt, ist:

Ebel, Frankfurt am Main, 140. Auktion, 29.2.-3.3.1984.

Die Auktion dauerte 4 Tage und kann grob in 9 Teile eingeteilt werden. Mich interessiert der letzte Teil am meisten; am 3.3. wurde der Norwegen-Spezialteil "Per Fossum" versteigert: 205 Lose umfasste die Grand-Prix-Sammlung, welche Einar Lundström gehörte.

Auf der Titelseite war der Viererblock der Nummer 1 gezeigt.

Los 7002: 1855, 4 Skilling Landeswappen, Viererblock. Ungebraucht. "Einzig bekannter ungebrauchter Viererblock"



Das Stück wurde ausgerufen, nicht unbescheiden, zu DM 250'000. Damit war es das am zweithöchsten angesetzte Stück. Eine Resultatliste habe ich leider nicht.

Vermutlich genau dieses Stück fand später auch den Weg in eine Moldenhauer-Auktion: Am 14.11.2003 wurde das Stück wieder verkauft. Damals soll es NOK 1.5 erreicht haben (Hammerpreis; dazu kam noch die Kommission).

Somit kennen wir also

- eine sehr teure * Einheit: Viererblock [#635]
- eine sehr teure gestempelte Einheit: 39er-Block [#634]
- einen sehr teuren Brief: Mehrfachfrankatur (12 Stück) [#634].

Wenn ich weitere "Anwärter" auf den "Norwegen-Thron" entdecke, melde ich es.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.02.2020 10:14:58 Gelesen: 371255# 636 @  
@ 10Parale [#632]

Du erwähnst einen Sechserstreifen. Es muss sich meines Erachtens um einen gestempelten Streifen handeln. Ungestempelt sind bereits Paare selten und die grösste Einheit ungestempelt ist meines Wissens ein Viererblock (siehe Beitrag 635).

In der Super-Sammlung von Einar Lundström waren nicht weniger als 3 gestempelte Sechserstreifen der Nummer 1 enthalten! Los 7075 ist wunderbar gestempelt "Bergen". Die anderen beiden Streifen hatten einen sogenannten "Grill-Stempel" (Lose 7076 und 7077).



Alle drei Streifen hatten hohe Schätzpreise bei Ebel (1984):

Los 7075: DM 50'000
Los 7076: DM 27'500
Los 7077: DM 22'500

In der Auktion von 1984 waren immerhin 25 Lose mit einem Schätzpreis von DM 20'000 bis DM 300'000 (1984) vertreten. Ich kenne auswendig keine andere Norwegen-Sammlung, die mit noch mehr Gross-Raritäten gespickt war.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.02.2020 13:05:04 Gelesen: 371197# 637 @  
@ Heinz 7 [#634]

Vermutlich habe ich im obigen Beitrag sogar eines der seltenen Stücke gezeigt, das einst sogar die magische Grenze von US$ 500'000 überschritt (Kaufpreis).



Am 13.10.2001 wurde in Oslo der einmalige 39er-Block angeboten. Startpreis soll (umgerechnet) ein Betrag von US$ 150'860 gewesen sein.

Ein heftiges Bietergefecht scheint sich entzündet zu haben. Gemäss den mir vorliegenden Informationen erfolgte der Zuschlag erst beim fast Dreifachen des Startpreises:

US$ 434'290.

Dazu kamen 18 % Aufgeld = US$ 512'460.

Diese sehrsehr hohe Hürde haben wirklich noch nicht viele Marken/Briefe/phil. Einheiten überwunden. 2001 war der US$ noch mehr wert als der Euro. Rechnen wir ca 1.10, ergibt sich der beeindruckende Betrag von Euro 563'705.

Ich kenne "ohne Weiteres" nur ca. 30 Lose, die nominal mehr als US$ 500'000 kosteten. Wobei zum Beispiel die US$ 850'000 für die British Guyana One Cent 1856 aus dem Jahr 1980 natürlich viel mehr wert sind als US$ 850'000 des Jahres 2003.

Aber das ist eine andere Geschichte.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.02.2020 23:10:24 Gelesen: 370688# 638 @  
@ Heinz 7 [#635]

Es gibt eine erstaunliche Parallele zwischen Norwegen und Dänemark.

Norwegen Nr. 1 (blau) - 1855 - Katalogwert (*) Euro 6000
Dänemark Nr. 2 (blau) - 1851 - Katalogwert * Euro 7500 oder 3000 (Michel Nr. 2 I oder 2 II)

Also diese Stücke sind - einzeln ungebraucht - zwar selten und teuer, aber nicht SEHR selten und nicht SEHR teuer.

Als Viererblock sind beide Marken aber Preisraketen! Die Norwegen Nr. 1 brachte 2003 offenbar 1.5 Millionen Norwegische Kronen. Aber auch Dänemark Nr. 2 kann Ähnliches vorweisen:



Los 118 der Auktion Hoiland 26./27.4.2004 erzielte offenbar einen Zuschlag von mehr als US$ 290'000 + Aufgeld!

Solch hohe Preise sind selten und bemerkenswert. Die "Schallmauer" von US$ 250'000 können nur ausgewählte Stücke durchstossen. Spätestens seit heute wissen wir: alle skandinavischen Länder gehören dazu: Norwegen-Schweden-Finnland-Dänemark.

Heinz
 
marc123 Am: 19.02.2020 19:43:35 Gelesen: 369971# 639 @  
@ Heinz 7 [#634] und [#637]

Lieber Heinz,

der "Trondheim" Block wurde am 4 April 2008 bei David Feldman zum Schätzpreis von 1.000.000 - 1.500.000 Euro angeboten. Dies in einem eigens, nur diesen Block enthaltenden Auktionskatalog. Eine Ergebnisliste habe ich leider nicht.



Als Provenienz wird Pieter Ahl angegeben.

Im Katalog wird angegeben und Skizziert, dass die ersten Marken Norwegens in Bögen von 200 Stück gedruckt wurden, die mit Zwischenstegen aus vier Blöcken zu je 50 bestanden "Pane A-D". Der "Trondheim" Block stammt von Pane B und hat die Positionen 11-50.

Interessant ist auch, dass er in einer Lagerhalle der "Central Railroad Station" in Trondheim um ca. 1930 gefunden wurde. Der Block befand sich auf Dokumenten (parcel of documents) in die USA, die als die als unzustellbar zurückgesendet wurden.

Liebe Grüße
Marc
 
marc123 Am: 19.02.2020 19:51:07 Gelesen: 369969# 640 @  


Nicht ganz so Spektakulär, wie der "Trondheim" Block, aber auch wunderschön ist dieser Sechserstreifen (Position D31-36), der am 1 Juni 2019 in Stockholm (Sammlung Erivan) angeboten wurde.

Liebe Grüße
Marc
 
bovi11 Am: 19.02.2020 22:43:07 Gelesen: 369912# 641 @  
@ marc123 [#639]

Hier gibt es den ganzen Katalog zum Blättern:

https://issuu.com/davidfeldman/docs/norway

Leider auch ohne Ergebnis.
 
Heinz 7 Am: 19.02.2020 23:12:37 Gelesen: 369897# 642 @  
@ marc123 [#639]

Lieber Marc,

jetzt bist Du mir zuvorgekommen. Ich "ahnte" es, dass es Feldman war, der den Block nochmals anbot, habe den Katalog aber nicht finden können. Nun hast Du mir geholfen - et voilà!

Ich kann sogar etwas zum Ergebnis sagen. Gemäss List of Prices realized erzielte der Block folgendes Ergebnis:

Euro 1'434'000
CHF 2'284'362
US$ 2'255'682
GB£ 1'145'766

Zuschlag war bei Euro 1.2 Millionen, dazu kamen 19.5 % Provision.

Beeindruckend!

Herzliche Grüsse
Heinz
 
marc123 Am: 22.02.2020 15:36:35 Gelesen: 369236# 643 @  
@ Heinz 7 [#642]

Lieber Heinz,

ich habe meine Ergebnisliste jetzt wiedergefunden. Sie befand sich im Spezialkatalog des ungebrauchten Baden Fehldrucks, der am gleichen Tag verkauft wurde. Zwei Millionenbeträge am gleichen Tag. Das ist wirklich beeindruckend und verdient es gezeigt zu werden.

Liebe Grüße
Marc


 
marc123 Am: 24.02.2020 18:50:44 Gelesen: 368721# 644 @  
Toskana 4 Crazie "Inverted Tablet Value"



Eine weitere Marke die bei David Feldman einen Spezialkatalog erhielt und dort am 22 Mai 2010 als eine der größten Weltraritäten angeboten wurde ist die Toskana 4 Crazie "Inverted Value. Sie wird dort als wertvollste Marke Italiens angeboten und in den Club der "Treskilling Yellow", der "Inverted Swans" des "Baden Fehldrucks" usw. gehoben. Darüber kann man natürlich diskutieren. Ich glaube was diesem Unikat fehlt ist die Bekanntheit und die Legende. Sie hat aber so bekannte Vorbesitzer wie Arthur Hind und Maurice Burrus.

Leider ist das umgekehrte Tablet angeschnitten.



Rekonstruktion aus dem Spezialkatalog der Auktion, mit komplettem Tablet.





Als Vergleich, ein Brief mit der 4 Crazie, mit normalem Tablet.

Der Schätzpreis lag damals zwischen 400 000 und 600 000 Euro, bei einem Katalogwert (Sassone 2010, 14b) bei 1 Million Euro. Der Zuschlag ist mir nicht bekannt.

Liebe Grüße
Marc
 
marc123 Am: 24.02.2020 19:44:35 Gelesen: 368696# 645 @  
@ marc123 [#644]



In der 8. Hind-Auktion vom 28-29. Januar 1935 wurde die Marke unter Los Nr. 176 für 280 Pfund verkauft und war somit das viertteuerste Los dieser Auktion. Teurer verkauft wurden bei dieser Auktion für 1000 Pfund das vertikale Tete-Beche-Paar der 27 Parale von Rumänien, eine ungebrauchte 81 Parale (ex Ferrari) für 385 Pfund, sowie ein kompletter Bogen einer 40 r. von Portugiesisch Guinea von 1881, mit Abart, für 360 Pfund.

Liebe Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 11.03.2020 21:15:16 Gelesen: 364917# 646 @  
@ marc123 [#645]

Danke, Marc. Italien hat ja einige Grossraritäten - ich komme gerne darauf zurück. Aber das braucht Zeit, die ich im Moment nicht habe. Sorry. Ich kenne die Toskana 4 Crazie "Inverted Tablet Value", und sie ist sicher eine faszinierende Rarität. Aber: die Krone gebührt ihr (für Italien und ihre alten Staaten) meines Erachtens nicht.

Ich will aber mein geliebtes Thema "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" trotz Zeitknappheit nicht ganz vernachlässigen und melde aus aktuellem Anlass, dass eine Superrarität zur Zeit käuflich zu erwerben ist.

Ich spreche von einer völlig "neuen" Marke; sie spielte weder bei Haas (1905) noch bei Schubert (1912) eine Rolle. Sie erschien 1904, aber im Katalog Senf 1913 finde ich nur folgende Information:

062.I. Nicht zur Ausgabe gelangt: 6 Pence dunkellila (ohne Preis).

Diese Information scheint heute nicht mehr korrekt zu sein.



Ich zitiere aus dem meines Erachtens besten Buch über weltweite Raritäten: "Encyclopaedia of rare and famous stamps" by Leon N. Williams (1993, Vol. I). Seite 112:

"King Edward VII
The King Edward VII sixpence overprinted I.R./OFFICIAL is the most difficult to obtain of all normal British stamps; little more than a dozen examples are known othen than an almost complete sheet - 234 stamps - in the National Museum in London. (...) The stamp was issued on 14 March 1904, and on 14 May 1904 all the official stamps were ordered to be withdrawn."

Diese Marke wurde also, kaum war sie verausgabt, wieder zurückgezogen. Sie ist sehr selten.

Im Michel-Raritäten-Katalog finde ich die Nummer Dienst Nr. 59. Sie ist (oder war) ungestempelt bewertet mit nur Euro 140'000 (im Jahr 2010). Warum ich "nur" schreibe, werde ich noch erklären.
 
Heinz 7 Am: 11.03.2020 22:14:22 Gelesen: 364903# 647 @  
@ Heinz 7 [#646]

(Fortsetzung)

Im National Postal Museum in London existiert ein fast vollständiger Bogen: 234 von 240 Stück, ungebraucht. Ein Viererblock aus diesem Bogen finden wir in einem anderen Museum (in Dublin). Auch in der königlichen Sammlung der Queen finden wir die Marke, und zwar gleich im Paar (ungebraucht), zusammen mit einem gestempelten Stück. Es ist (mir) nicht ganz klar, ob die zwei Marken der Queen die Exemplare 239+240 des berühmten "ganzen Bogens" war.

Gemäss Information im Auktionskatalog "Shreves Philatelic Galleries, Inc., Addison, Texas ist die in Beitrag 646 gezeigte ungebrauchte Marke die EINZIGE, die nicht in einem Museum "angekettet" ist! Gebraucht gibt es angeblich nur ca. 6 Exemplare, und alle sind in schlechtem Zustand. Eine genaue Zahl der gestempelten Maken habe ich bei Williams aber nicht gefunden.

Hier der Text im Auktionskatalog 11. Juni 2007 in New York:



"das einzig bekannte Stück ungebraucht in privaten Händen". Die übrigen 240 *Stücke sind alle in Grossbritannien und Irland in Museen bzw. in der königlichen Sammlung.

Für eine Marke, die es offenbar nur in etwa 6 Exemplaren gibt, ist ein Katalogwert von Euro 100'000 (gestempelt) nicht sehr hoch. Fast unverständlich tief aber scheint er mir, wenn es wirklich nur ein "freies" ungestempeltes Stück gibt: Euro 140'000.

Das ungebrauchte Stück hat (nach Williams) folgenden Stammbaum:

- Entdeckung in einer spanischen Sammlung in der Schweiz. Der Finder hält sie für eine Fälschung (ca. 1940 ??)
- das Expert Committee of the Royal Philatelic Society London bestätigt die Marke (und den Aufdruck) aber als echt!
- ein Philatelist aus London kauft die Marke
- 26.3.1952: die Marke wird erstmals an einer Auktion angeboten (Robson Lowe, London). Zuschlag angeblich: GB£ 800. Käufer war Harry Nissen
- 27.11.1964: Auktion Harmer Rooke & Co., London: GB£ 3'200
- 27.10.1972: Auktion Stanley Gibbons, London: the Harrison-Cripps collection: Los 301: GB£ 10'000

Damit enden die Aufzeichnungen bei Williams, obwohl er sein (letztes) Buch erst 1993 (Vol.1) bzw. 1997 (Vol. 2) geschrieben hat.

Wir haben aber noch weitere/spätere Informationen.

(Fortsetzung folgt)
 
Heinz 7 Am: 11.03.2020 23:24:54 Gelesen: 364883# 648 @  
@ Heinz 7 [#647]

Am 11. Juni 2007 konnte Shreves in New York eine sehr Prestige-trächtige Auktion durchführen, oder genau genommen gleich zwei:

The William H. Gross Collection, Great Britain, Volume 1: Line Engraved Issues 1840-1841: 77 Lose
The William H. Gross Collection, Great Britain, Volume 2: Important Postage Stamps 1847-1929: 126 Lose

Los 209 zierte die Titelseite von Volume 2: "unsere" I.R. Official-Rarität wurde angeboten!

Das Foto in Beitrag [#647] habe ich aus diesem Katalog gescannt. Im Katalog wurde ein (Katalog?-) Preis von GB£ 135'000 aufgeführt.

Natürlich interessiert uns das Resultat. Es war erstaunlich: volle US$ 350'000 kostete die Marke; dazu kamen 15 % Aufgeld.

Ehrlich - ich kannte das Resultat nicht, als ich vor zwei Stunden schrieb, der Michel-Wert (2010) von Euro 140'000 sei für mich erstaunlich tief. Nun, nachdem ich das Ergebnis 2007 von New York kenne, bestätigt sich mein Eindruck: da war Michel zu "defensiv".

Ich habe einleitend geschrieben: "aus aktuellem Anlass" - und - ja: genau DIESE Marke kann man heute kaufen!



Obwohl in einem Auktionskatalog gezeigt, war die Marke zu einem Festpreis angeboten ("Vente à prix net"). Der Katalog ist schon einige Tage alt, also vielleicht ist das gute Stück auch schon verkauft? Der geforderte Preis wurde nicht genannt ("price on request"). Vielleicht wird er doch einmal bekannt? Oder das Stück wird nicht verkauft?

Übrigens:

Auch im Behr-Katalog steht, dass es ausser dem 234-er-Block (vgl. 647) noch ACHT ungestempelte Marken gibt. Wenn wir davon den Viererblock und das Paar abziehen, bleiben aber ZWEI Marken. Bei Shreves wie auch bei Behr steht aber: die angebotene Marke sei die EINZIGE in privaten Händen. - Ich komme damit also auf SIEBEN Stück, nicht auf ACHT.

Die Zahl: "6 gebrauchte" ist im Behr-Katalog genannt. Aber ungebraucht ist die Marke natürlich viel besser.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.03.2020 16:47:34 Gelesen: 364820# 649 @  
@ Heinz 7 [#646]

Eine interessante Ergänzung:

Gemäss Donna O'Keefe: "Linn's Philatelic Gems II", 1985, Amos Press
Seite 80+81 war die Situation etwas anders, als oben zitiert.

Gemäss O'Keefe wurde die oben gezeigte Marke Six Pence I.R. Official erst am 14.5.1904 herausgegeben und AM SELBEN TAG, wenige Stunden später, wieder zurückgezogen!

Gemäss O'Keefe war die Marke zu dieser Zeit (also ca. 1985, oder 1984) im Scott Catalog bewertet mit immerhin US$ 100'000 ungebraucht (kein Preis für gestempelt). Dieser Preis ist doch deutlich höher als die oben zitierte Notierung von Michel 2010 (nur Euro 140'000), und das, obwohl der Sensationsverkauf von 2007 [#648] ja dem Redaktionsteam Scott 1984 noch nicht vorliegen konnte, wohl aber dem Michel-Team, das die Preise für den Katalog 2010 festsetzte. Ich verstehe also nicht, warum die Marke bei Michel 2010 nicht höher bewertet war.

PS. Ich kann die Korrektheit der Gültigkeitsdauer der Briefmarke ohne Akten natürlich nicht beurteilen, aber jedenfalls ist die Marke sehr selten. Gesichert sind wohl:

1 Stück ungebraucht + 240 in Museen/der königl. Sammlung (234+4+2)
6 Stück gestempelt, davon (oder zusätzlich) 1 Stück in der königlichen Sammlung

Heinz
 
Martin de Matin Am: 12.03.2020 19:51:30 Gelesen: 364793# 650 @  
@ Heinz 7 [#646]
@ Heinz 7 [#648]
@ Heinz 7 [#649]

Ein paar Ergänzungen zu der Marke hätte ich noch. Das von dir gezeigte ungebrauchte Stück wurde auch am 19.5.2000 bei Stanley Gibbons Auctions als Los 135 angeboten, ich musste etwas suchen bis ich den Katalog gefunden hatte, aber ich konnte mich noch daran erinnern, das die Marke das Titelstück einer Auktion war. Der Schätzpreis lag bei 80.000 bis 100.000 Pfund bei einem Katalogwert von 100.000 Pfund.

Das interessante ist der Text zu diesem Los. Dort steht:

- Bogenteil zu 234 Stück im Post Office archives
- Viererblock im National Museum of Ireland
- Paar und Einzelstück in der Royal Collection
- und das angebotene Stück

Also müssen zwei ungebraucht Exemplaren existieren, die nicht aus dem Bogen stammen. Von den gebrauchten Stücken sollen demnach 6 Exemplare existieren

Im Kohl-Handbuch werden auch Aussagen über die Marke gemacht. Am 18.2. wurde der Druckauftrag erteilt, und am 10.3.1904 wurden diese an das Markenmagazin von Sommerset House abgeliefert. Von den 4 oder 5 damals bekannten gebrauchten Stücke sollen alle am 14.5.1904 verwendet worden sein, "also von dem Tage datieren, an dem alle Restbestände der Dienstmarken auf Grund ihres Einziehungsdekrets vom 12. Mai bereits in London verbrannt wurden". Es sollen Verwendungen der Dienstmarken auch nach dem 14.5. bis in den Juni vorkommen.

Also kann man meiner Meinung nach nicht unbedingt von einer offiziellen Verausgabung am 14.5. sprechen, und am gleichen Tag wieder zurückgezogen.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 12.03.2020 22:45:15 Gelesen: 364772# 651 @  
@ Martin de Matin [#650]

Ich habe das schöne Buch von John Wilson konsultiert: The Royal Philatelic Collection, 1952.

Die Alben stehen ja im Buckingham-Palace. Aber mit dem wunderbaren Buch habe ich auch Zugriff auf die Sammlung.

Im 2. Teil ist eine katalogmässige Auflistung des Grossbritannien-Teils. Dort finden wir auf Seite 47 die Ausgabe Officials 1902-04, 6d dull purple. Aufgelistet ist ein Paar und ein Fragment; zu beiden Stücken existiert ein Foto. Auf der Fototafel GB. 12 sehen wir:

Nr. 9 = 6d dull purple, marginal pair (ungebraucht)
Nr. 10 = ditto, 6d used on piece.

Das Stück hat einen klaren, schönen Stempel, vermutlich von London. Ist also definitiv kein ungebrauchtes Exemplar.

Das Problem ist, dass viele Anbieter nicht sauber recherchieren und wenn jemand einmal einen Fehler niederschreibt, wird das oft einfach immer wieder abgeschrieben.

Freundliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.03.2020 11:59:12 Gelesen: 364702# 652 @  
@ Heinz 7 [#647]

Harmer Rooke & Co. Ltd., London, war vor rund 50 Jahre ein weltweit führendes Haus im Philatelie-Markt. am 27.11.1964 konnten sie in London eine vielbeachtete Raritäten-Auktion durchführen.



An erster Stelle des Auktions-Kataloges stand unsere seltene I.R.Official Six Pence.

Gemäss Auktionskatalog 1964 war man damals noch nicht ganz sicher, ob die Marke am 14.5. oder am 12.5.1904 herausgegeben wurde. Harmer Rooke listete korrekt auf, dass in der Royal Collection ein ungebrauchtes Paar und eine gestempelte Marke existieren.

Der Schätzpreis war mit GB£ 3'000 angegeben, damals ein sehr hoher Betrag.

Ich freue mich, anhand der Liste "Prices realised" den Zuschlag verifizieren zu können.



Wir sehen für Los 22 einen Zuschlag von GB£ 3'200. Dazu kam KEIN Aufgeld. Das war damals für die meisten Britischen Häuser meines Wissens NICHT üblich. Das ist sicher bemerkenswert. Die Auktionsfirmen hatten viel kleinere Margen als heute.

Nicht alle Raritäten dieses Angebotes wurden tatsächlich verkauft, und Zuschläge unter "Estimate" gab es einige. Dass unser Los 22 über dem Schätzpreis zugeschlagen wurde zeigt, dass die Marke wirklich hoch geschätzt wurde.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.03.2020 23:17:22 Gelesen: 364667# 653 @  
@ Heinz 7 [#647]

Über den Sammler W.H. Harrison-Cripps konnte ich leider kaum etwas in Erfahrung bringen, aber ich weiss, dass er eine traumhafte Grossbritannien-Sammlung hatte. Sie wurde am 27.10.1972 in London verkauft, bei Stanley Gibbons Auctions (sale 5211).



Die Sammlung wurde in 346 Losen angeboten. Los 301 verdient unsere ganze Aufmerksamkeit: ja, richtig: wieder wurde unser einmaliges Stück I.R. Official 6 pence 1904 angeboten.

Diesmal lag der Schätzpreis bei GB£ 4'000. "It is believed that the above example is the only one in private hands". Die Beschreibung ist knapper als 8 Jahre zuvor bei Harmer Rooke, spricht von "only about 12 being known" und lässt dabei den Bogenteil von 234 Marken ganz aus.

Ich rekapituliere: 12 Marken - 4 im Museum in Dublin - 3 Stück in Royal Collection = Rest 5, d.h. 1 ungebrauchte und (Rest) demnach 4 gestempelte Marken. Das ist ziemlich dasselbe, was schon 1964 geschrieben wurde: "About four or five used examples are known to exist"; also etwa 4-5 gestempelte Marken. Das war also damals offenbar der Stand der Kenntnisse.

Diesmal war die Nachfrage nach der Marke noch höher als 1964. So wurde der Schätzpreis von GB£ 4'000 weit übertroffen. Sowieso schien die Auktion sehr gut gelaufen zu sein, denn die Ergebnisliste wurden 326 von 346 Losen verkauft. Für die Official-Rarität Los 301 fiel der Hammer erst bei GB£ 10'000, wie die Ergebnisliste wunderbar bestätigt.





Ich kann nur wiederholen, dass GB£ 10'000 heute nicht sehr viel Geld sind, 1972 aber doch sehr wohl. Eine Konvertierung in Schweizer Franken und eine Verzinsung bis Ende 2000 würde dies sehr schön bestätigen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.03.2020 11:12:50 Gelesen: 364632# 654 @  
@ Martin de Matin [#650]

Lieber Martin,

Du hast uns ja bereits auf den (mindestens) 4. öffentlichen Verkauf der Rarität I.R. Official 6 Pence hingewiesen: Stanley Gibbons Auctions konnte das Stück am 19.Mai 2000 anbieten!



In der Losbeschreibung ereignete sich nun vermutlich ein Fehler, der seither fleissig abgeschrieben wird.

Grundsätzlich ist es ja lobenswert, wenn die Auktionshäuser genau angeben, wieviele Stücke von einer Marke existieren. Stanley Gibbons Auctions machte dazu im Jahr 2000 folgende Angaben (übersetzt auf deutsch):

Blatt von 234 Stück und dazu 14 andere (8 ungebrauchte und 6 gestempelte). Von den 8 ungebrauchten sind 4 im Museum Dublin und 3 in der Royal Collection.

Das ist aber nachweislich falsch, denn das Einzelstück in der Royal Collection ist gestempelt, wie man sich leicht vergewissern kann; siehe [#651].

Aber der Katalog zum sale 5791 gibt einen anderen interessanten Hinweis:

"The above single was last offered for public auction almost thirty years ago in the "Harrison Cripps" sale held by Stanley Gibbons in October 1972 when it realised £10,000".

Also scheint dies wirklich erst die 4. Auktion gewesen zu sein.

- 26. 3.1952: Robson Lowe, London, Zuschlag angeblich: GB£ 800
- 27.11.1964: Auktion Harmer Rooke & Co., London: GB£ 3'200 => siehe Beitrag 652
- 27.10.1972: Auktion Stanley Gibbons, London: the Harrison-Cripps collection: Los 301: GB£ 10'000 => siehe Beitrag 653
- 19. 5.2000: Auktion Stanley Gibbons, London: Los 135 => Beitrag 654

Natürlich interessiert uns das Verkaufs-Ergebnis. Leider habe auch ich keine Ergebnisliste dieses Verkaufes.

Sehr interessant ist aber der Katalogpreis!

Die Marke wurde 1972 in London verkauft, und seither nicht mehr! Trotzdem stieg der Katalogwert auf GB£ 100'000? - Wer hat das festgesetzt? (Wir haben ja bei anderen Marken, die lange nicht auf dem Markt waren, das Problem, dass sie im Katalogwert nie erhöht wurden, wegen fehlender Marktdaten, z.B. Notierungen von Scott). - Aber das ist eine andere Geschichte.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.03.2020 11:34:47 Gelesen: 364625# 655 @  
@ Heinz 7 [#654]

Die Philatelisten, welche sich für Preise von Raritäten interessieren, sind froh, dass sie auf die Bücher von Bolaffi zurückgreifen können, der jedes Jahr eine Grosszahl von Auktionen auswertete und danach in einem Jahresband die Ergebnisse veröffentlichte.

"Bolaffi 2001 International, Tutti i record della stagione filatelica" (etwas ungelenk übersetzt auch deutsch: "Alle Rekorde der philatelischen Jahreszeit") hilft und auch in diesem Fall weiter!

Auf Seite 56 sind 8 Marken von Grossbritannien gezeigt mit den Verkaufsdetails. Und wir finden unsere I.R. Official Six Pence-Rarität!

Startpreis (nach Bolaffi): $ 126'880 / 158'600 (er rechnete also das GB£ um zu US$ 1.586)
Hammerpreis (nach Bolaffi): $ 126'880 (=> also Zuschlag zum unteren Estimate von GB£ 80'000)
Kaufpreis (nach Bolaffi): $ 145'920 (=> also Aufgeld von 15%).

Sehr schön! Übrigens errechnete Bolaffi auch den Endpreis in Euro und wies eine Zahl aus von Euro 160'510.

Das war für das Jahr 2000 (und das Buch 2001) nach der Auswertung von Bolaffi immerhin das siebthöchste Verkaufsergebnis.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 15.03.2020 15:05:06 Gelesen: 364602# 656 @  
@ Heinz 7 [#651]
@ Heinz 7 [#654]

"Das ist aber nachweislich falsch, denn das Einzelstück in der Royal Collection ist gestempelt, wie man sich leicht vergewissern kann; siehe [#651]."

Nachweislich falsch zu den Angaben im Auktionskatalog aus dem Jahr 2000 kann man nicht sagen, da zu diesem Zeitpunkt das Buch von Wilson mit der Beschreibung der königlichen Sammlung schon fast 50 Jahre alt war, und es ist unwahrscheinlich, das die Sammlung seit 1952 nicht erweitert wurde (ich erinnere mich, das irgendwann in den letzten 25 Jahren Dubletten (u.a. Kap-Holzschnitte) aus der königlichen Sammlung verkauft wurden, um andere Marken zu kaufen). Ein nachweisliches Ergebnis über den jetzigen Bestand der königlichen Sammlung, würde nur eine Nachfrage dort ergeben, oder eventuell eine Nachfrage bei Stanley Gibbons bezüglich deren Angaben im Auktionskatalog von 2000.

Im Auktionskatalog werden sechs gestempelte Exemplare angegeben, aber es wird nicht genannt wo sich diese Stücke befinden.

Einen wirklichen aktuellen Beweis für den tatsächlichen Bestand an ungebrauchten Marke haben wir nicht. Man kann den Angaben anderer vertrauen oder nicht. Ich sage deshalb auch nicht, das die Angaben im Gibbons-Auktionskatalog richtig oder falsch sind. In den letzten Jahre sind einige Stücke (z.B. ungebrauchtes Paar des gelben Merkurs, angeschnittener gestempelter Viererblock Sachsen Nr. 1) aufgetaucht die allgemein nicht bekannt waren. Es wäre also auch möglich,
dass eine 6 Pence, allgemein unerkannt, in die königliche Sammlung kam. Dies ist natürlich nur eine Spekulation, die ohne Aussage des Besitzers nicht bewiesen oder widerlegt werden kann.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 15.03.2020 21:56:20 Gelesen: 364565# 657 @  
@ Heinz 7 [#654]

Ich vermute, dass die Auktion Shreves Philatelic Galleries, Inc., New York, vom 11.6.2007 die fünfte Auktion war, an welcher die I.R. Official 1904 Six Pence versteigert wurde.



Den Katalog zum 6. Verkauf habe ich in Beitrag 648 gezeigt; das war zwar keine Auktion, sondern es war ein "Vente à prix net".

@ Martin de Matin [#656]

Natürlich gibt es keine 100 prozentige Sicherheit; aber es SCHEINT mir so, dass Stanley Gibbons Auctions 2000 einen Fehler machte. Harmer Rooke hat 1964 noch geschrieben: "there is a mint pair and a used single in the Royal Collection (...)" (was zutreffend ist). Durch den (mutmasslichen) Fehler von SGA 2000 wuchs die Zahl der bekannten ungebrauchten Stücke plötzlich von 241 auf 242 Stück, aber kein Mensch hat meines Wissens das 242. Stück je gesehen, und die Auktionatoren schreiben ja alle auch: das 241. Stück sei das einzige in "private hands". Also gehe ich weiter davon aus, dass es 241 Stücke gibt (234+4+2 in Museen/Royal Collection + unsere oben gezeigte Marke). Dass die Queen ein weiteres Exemplar dazu gekauft hat (nach 1952), halte ich für äusserst unwahrscheinlich.

Schade finde ich, dass nun Shreves 2007 und Behr 2020 die (so vermute ich: falsche) Information betreffend 242 ungebrauchten Stücken übernommen haben.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.04.2020 20:56:12 Gelesen: 361668# 658 @  
@ Heinz 7 [#657]

Am 13.1.1904 fand eine legendäre Auktion statt: Puttick & Simpson konnte eine blaue Mauritius (1847 Post Office Two Pence) versteigert werden.

Ende 1903 waren nur 9 blaue Mauritius bekannt plus 12 orange (1847 Post Office One Penny), gemäss "Philatelic Record", einer damals führenden Zeitschrift, siehe November 1903, Seite 204.



Dies ist die schönste bekannte blaue Maurius, ungebraucht, mit breiten Rändern. Hier ein scan aus dem Buch "Encyclopaedia of Rare and Famous Stamps" by L.N. Williams, Vol. 2 (1997) (Seite 148).

In derselben Zeitschrift wurde bereits in der Januar-Ausgabe über die Auktion berichtet



Der Startpreis war GB£ 500
der Zuschlag erfolgte erst bei GB£ 1'450
Käufer war der Prince of Wales (der spätere englische König Georg V.), Unterbieter war ein Vertreter des Berliner Reichspostmuseums.

Wichtig ist, zu wissen, dass der damalige Zuschlag einen Rekordpreis war. Carlrichard Brühl schreibt dazu (Band 1, Seite 215):

"Die Summe von £ 1450 blieb bis zu den Ferrary-Auktionen der höchste für eine einzelne Marke gezahlte Preis."

Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.04.2020 21:43:07 Gelesen: 361643# 659 @  
@ Heinz 7 [#658]

Dass eine Marke (oder ein Brief) zu Beginn des XX. Jahrhunderts einen Preis von GB£ 1'000 erreichte, war eine Sensation und ein äusserst seltenes Ereignis. GB£ 1'000 waren um 1920 ein Vermögen, ein schwindelerregender Betrag.

Unser Freund Ralf "buzones" hat in einem höchst interessanten Beitrag "Rumänien für Sammler" (Beitrag 799) einen Brief vorgestellt, der 2011 auf 20'000 Reichsmark geschätzt wurde. Ich habe zu dem Brief ein paar zusätzliche Informationen "geliefert" ("Rumänien für Sammler" (Beitrag 800-802)).



An der 62. Auktion von Gilbert, Paris, wurde der gezeigte Brief versteigert. Es ist ein Spitzenstück der Rumänien-Philatelie. Natürlich wurde er auch im Handbuch "Rumänien - Die Ochsenköpfe der Moldau 1852 - 1862" von Fritz Heimbüchler (1994) besprochen. Gemäss diesem Handbuch hat der oben gezeigte Brief an dieser Auktion den Preis von £ 1'130 erzielt!

Ich bin froh, den Auktionskatalog konsultieren zu können. Aber eine Ergebnisliste habe ich nicht. Der oben genannte Preis wäre ein Top-Ergebnis, vielleicht sogar das "zweithöchste ever".



Ich habe im Thema "Rumänien für Sammler" (Beitrag 802) gezeigt, dass der Brief 35 Jahre später wieder zur Auktion kam, wieder in London.



Details zu dieser Auktion habe ich in Beitrag 802 gezeigt ("Rumänien für Sammler").

Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.04.2020 22:39:40 Gelesen: 361626# 660 @  
@ Heinz 7 [#659]

1954 wurde der Farouk-Brief verkauft für GB£ 2'800. Bereits vier Jahre später wurde der Brief wieder angeboten!



Die schillernde Persönlichkeit Paul Singer betrieb für wenige Jahre das Auktionshaus Shanahan's Stamp Auctions Ltd., Dublin.

Die 70. Shanahan's Auktion fand statt am 5.7.1958
die 71. Auktion schon zwei Wochen später, am 19.7.1958

An diesen beiden Auktionen wurde eine märchenhafte Sammlung Rumänien angeboten:

82 Lose - 70. Auktion
130 Lose - 71. Auktion

Los 586 der Auktion 70 war das beste unter vielen ausserordentlich guten Stücken in der Sammlung: der Brief mit den drei 108 Parale-Marken (ein Paar und eine Einzelmarke).



Ob das Los zugeschlagen wurde, weiss ich nicht. Der Schätzpreis war bei GB£ 3'000.

Der Brief soll in die Sammlung von John Boker gewandert sein. Wann? Ich weiss es nicht. Meines Wissens wurde dieser Brief seit fast 62 Jahren nicht mehr öffentlich versteigert.

1996 wurde er ausgestellt anlässlich des Jubiläums 100 Jahre Collectors Club New York. Auf Seite 81 des Ausstellungs-Kataloges ist der Brief gezeigt. Aussteller war ein anonymer Sammler. Ich denke, ich kenne den damaligen Besitzer des Farouk Briefes, wie auch den Namen seines "Nachfolgers". Da die Informationen aber "inoffiziell" sind, möchte ich meine Kenntnisse nicht offenlegen.

Somit ist meines Wissens der Brief bis jetzt dreimal öffentlich angeboten worden: 1919 - 1954 und 1958. Er gehörte zu den teuersten Briefen des XX. Jahrhunderts.

Heinz
 
10Parale Am: 04.04.2020 16:33:59 Gelesen: 361403# 661 @  
@ Heinz 7 [#660]0

Ich lese ja mit großer Begeisterung mit und ich frage mich immer: wer hat solche seltenen, weltberühmten Briefe verfasst? Auch hier lohnen sich Recherchen.

Zufällig habe ich nun herausgefunden, dass vom Absender des später so genannten Farouk Briefes, Isaac Löbel in Galatz, ein weiterer wertvoller rumänischer Brief existiert, allerdings ist Isaac Löbel in Galatz dabei nicht Absender, sondern Empfänger.

Dieser Brief mit einer 108 Parale Marke und einem Stempel von Jassy/Moldova 28/10 (M1) wurde bei Corinphila in Zürich am 09. September 2011 (The Moldau Grand Prix International Collection Part II) für 45.000 CHF zugeschlagen.

Ungeachtet der philatelistischen Betrachtung sieht man, dass diese einmaligen Briefe einer geschäftlichen Korrespondenz entstammen. Die Verfasser haben meiner Ansicht nach in keiner Weise daran gedacht, welchen Wert diese Briefe eines Tages haben werden. Eine Genealogie von Isaak Löbel (1819 - 1883) findet man bei kurzer Recherche im Internet. Er wurde in Bukarest geboren und starb im Alter von 62 Jahren am 23. Mai 1883 in Wien. Es wäre nun (zumindest für mich) interessant, weitere Literatur über Geschichte dieser Familie und Ihre Handelsbeziehungen in Galatz zu finden.

Liebe Grüße

10Parale


 
22028 Am: 14.04.2020 08:02:41 Gelesen: 359805# 662 @  
Eventuell passend zu dem Thema:

H. R. Harmers [1] hat damit begonnen, bedeutende Auktionskataloge aus deren Geschichte zu digitalisieren, beginnend mit den legendären Sammlungen von Alfred H. Caspary, Alfred F. Lichtenstein und Louise Boyd Dale. Alle Kataloge sind im Volltext durchsuchbar und stehen zum kostenlosen Download zur Verfügung. Weitere Kataloge werden in den kommenden Monaten hinzugefügt.

[1] https://issuu.com/hrharmer
 
Heinz 7 Am: 16.04.2020 19:20:39 Gelesen: 359217# 663 @  
@ 22028 [#662]

Lieber Rainer,

dein Hinweis auf die neue Dienstleistung vom Auktionshaus Harmer New York streift unser Gebiet tatsächlich, da an den besagten Auktionen natürlich unzählige dieser berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt tatsächlich verkauft worden sind!

@ 10Parale [#661]

Lieber 10 Parale,

viele Rumänien-Sammlern wissen, dass die "Löbel"-Korrespondenz mehrere Super-Raritäten von Rumänien beinhaltete. Besonders der Fund der Bunt- und Mehrfachfrankaturen der ersten Ausgabe (!) erregte grosses Aufsehen; leider wurden die feuchten Briefe aber unsachgemäss getrocknet und das Papier nahm dabei grossen Schaden. Ein anschauliches Beispiel zeigte uns Fritz Heimbüchler in seinem 3. Handbuch 2007 (Seite 92). Mehrere der "Löbel"-Briefe sind seit langem verschollen.

Schönen Abend!

Heinz
 
22028 Am: 16.04.2020 20:07:09 Gelesen: 359197# 664 @  
David Feldman aus der Schweiz stellt 10 modere Raritäten vor.

https://www.davidfeldman.com/2020/04/top-10-modern-rarities/

Nicht weniger selten, die Mafeking Briefmarken.

https://www.davidfeldman.com/2020/04/the-postage-stamps-from-the-siege-of-mafeking/
 
Heinz 7 Am: 17.04.2020 12:15:02 Gelesen: 359039# 665 @  
@ 22028 [#664]

Guten Tag, Rainer

Ricky Verra vom Auktionshaus David Feldman zeigt uns seit gestern 10 Top-Raritäten "post World War II", also seit 1945. Er listet nicht weniger als 8 Marken aus China auf, dazu

Deutschland 2001: Audrey Hepburn
India 1948: Gandhi 10 R Service.

Die "Eintrittsschwelle", um auf die Liste zu kommen, liegt bei Euro 53'400; dies schafften - nach Ricky Verra - offenbar nur 10 Marken.

Es ist natürlich interessant, zu sehen, dass auf unseren Philaseiten mindestens 8 dieser 10 Raritäten schon besprochen wurden. Und - weil es hauptsächlich China-Marken sind - gebührt die Anerkennung hier unserem Freund Jacques, der sehr viel zu diesen "Preiskrachern" uns bereits mitgeteilt hat.

Siehe unser Thema: Beiträge 29 - 33 - 34 - 75 - 148 - 453 - 494
plus Beiträge im Thema "Unverausgabte": 135 - 154 - 155 - 230

Teils werden da auch andere Preise genannt. "Schwämmchen" hat uns ja auch überrascht vom Rekordpreis für die China Michael A 1027 (horizontal), den Ricky Verra nun nicht kennt/bestätigt (siehe Beitrag 453).

Jacques hat schon 2015 über China Nr. VI (1968) berichtet, die damals Euro 205'000 erreicht haben soll. Mit diesem Ergebnis wäre Platz 3 in der Ricky-Verra-Liste erreicht worden. Ricky Verra listet diese Marke nicht auf.

Wir wissen zudem, dass die Jahre 1900-1945 auch zahlreiche "Modern Top Rarities" aufweisen, welche die Euro 100'000-Grenze klar übertreffen:

USA - Inverted Jenny (viele Beiträge)
Saarland 1920 - 20 Mark (Beitrag 603 ff)
Togo-Raritäten
Grossbritannien 1904, Dienstmarke (Beitrag 646 etc.)
Tschechoslowakei 1919: Beitrag Ralf, Nr. 365
etc.

Aber das sprengt nun hier den Beitrag. Ricky Verra beschränkt sich auf die letzten 75 Jahre.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.04.2020 18:06:42 Gelesen: 358429# 666 @  
@ Heinz 7 [#646]
@ Martin de Matin [#650]

Wir haben vor etwa 5 Wochen die Super-Rarität aus Grossbritannien 1904, I.R. Official, Six Pence, studiert, und versucht, herauszufinden, wie viele Stücke von dieser Marke überhaupt noch verkauft werden können. Nominell gibt es zwar eine dreistellige Anzahl der Marken, aber ein Block von 234 (ungebraucht) ist in einem Museum zu bewundern; für Sammler gibt es nur eine handvoll Marken; wieviel genau, wissen wir nicht mit Sicherheit. Ungebraucht ist möglicherweise nur ein Stück erhältlich, und gestempelt sollen nur sechs überhaupt existieren; mindestens eines davon ist auch "fest gebunden", in der königlichen Sammlung.

@ Heinz 7 [#651]

Ich habe nun einen äusserst interessanten Auktionskatalog gefunden.



Am 21.11.1991 kam in London eine feine Sammlung britischer Marken zum Verkauf; das Spitzenstück zierte die Titelseite: "unsere" Grossbritannien 1904, I.R. Official, Six Pence! Diesmal gestempelt, und, was mir auffällt: ausserordentlich gut gezähnt.

Natürlich habe ich mit grossem Interesse den Text studiert (1991). Da wird auf den aufgetrennten Ganzbogen (240 Stück - Viererblock - Paar = 234 Stück/alle in Museen od. der königlichen Sammlung) verwiesen; daneben sollen nur ZWEI weitere Stück in Privathand existieren:

das Harrison-Cripps Exemplar ungebraucht (@ Heinz 7 [#653]) und
das vorliegende Stück gestempelt!



Die Beschreibung zu Los 169 geht also (auch) nicht darauf ein, wieviele gestempelte Exemplare denn gesamthaft existieren und wo sich diese denn befinden, sondern preist das nun verfügbare Stück als eines von zwei erhältlichen an.

Besonders interessant ist die Ergebnisliste.

Bei einem Ausruf (Schätzpreis) von immerhin GB£ 30'000-40'000 fiel der Hammer offenbar bei GB£ 30'000, denn die Price list nennt einen Erlös von £ 33'000 (bei 10 % Buyer's premium).

Es wäre interessant zu prüfen, ob GB£ 10'000 des Jahres 1972 oder GB£ 30'000 des Jahres 1991 mehr wert waren (z.B. umgerechnet zu den Tageskursen in CHF, und verzinst). Irgendwann möchte ich auch diese Aufgabe angehen.

Vorerst freue ich mich, diese Marke nun auch gestempelt gefunden zu haben.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.04.2020 00:30:24 Gelesen: 357618# 667 @  
@ merkuria [#592]
@ merkuria [#563]

Wir haben schon gelesen, dass die "Jenny inverted" extrem hoch bewertet ist, obwohl die Marke ja gar nicht so selten ist. Immerhin gibt es davon 76 Einzelstücke plus 6 Viererblocks (= 100 Marken). Nur wenige sind in Museen oder verschollen, mit anderen Worten: es gibt für Sammler relativ oft die Möglichkeit, eine Inverted Jenny zu kaufen - vorausgesetzt, man hat viel Geld.

Wir haben auch schon gelesen, dass der Viererblock der Positionen 87/88/97/98 einen Spitzenpreis von US$ 2'700'000 +10% = US$ 2'970'000 einbrachte, und dies bereits 2005 (Auktion bei Siegel). Die anderen 5 Viererblocks brachten es nie über einen Wert von US$ 1'000'000 (an öffentlichen Auktionen), bis...

...ja, bis Spink New York diesen Viererblock verkaufen durfte (Bild siehe oben, 592): am 27.9.2019. Er spielte US$ 1'450'000 ein, dazu kommen 20% Aufgeld = US$ 1'740'000.

Die anderen vier Viererblöcke sind alle seit 1991 nicht mehr auf dem Markt aufgetaucht. Damals erreichte der Block Pos. 81/82/91/92 US$ 650'000 + 10 % = US$ 715'000 bei Christie's (New York).

Die Preise für die sechs Viererblocks liegen also weit auseinander.



Hier noch einmal der Achterblock, aus dem der Viererblock 87/88/97/98 abstammt. Die ehemalige Achtereinheit wurde bekanntlich in der Colonel Green-Auktion ein letztes Mal angeboten, danach wurden die ersten vier Marken abgetrennt vom Viererblock und (später) in vier Einzelmarken aufgeteilt. Wenn wir genau hinschauen, haben wir den Eindruck, dass bereits 1944 eine Marke vom Achterblock abgetrennt war, und ja, so, war es denn auch: Position 85 war damals schon einzeln, und der Rest bildete einen Siebenerblock.

Diese Information ist dank der von Jacques erwähnten Internetseite von Siegel mit etwas Fleiss leicht zusammen zu tragen. Eine sensationelle Dokumentation!

Heinz
 
bignell Am: 24.04.2020 13:35:53 Gelesen: 357456# 668 @  
Liebe Freunde,

David Feldman hat wieder einige spektakuläre Stück in seiner Vorschau:

Mauritius Post paid: Sechserblock 1d earliest impression, Brief mit 1+2d early impressions

Aber auch zwei empfehlenswerte Artikel über Rumänien mit unter anderem dem "Large Journal" mit 8 x 5 Parale. [2] [3]

Liebe Grüße, harald

[1] https://www.davidfeldman.com/2020/04/the-mauritius-1848-59-post-paid-primitives/
[2] https://www.davidfeldman.com/2020/04/its-a-bull-market-for-romania/
[3] https://www.davidfeldman.com/2011/05/classic-romania/
 
Koban Am: 24.04.2020 18:04:28 Gelesen: 357400# 669 @  
Link [1] im Beitrag [#668] bitte nicht anklicken. Ihr bekommt nur schlechte Laune.

Gruß,
Koban
 
marc123 Am: 24.04.2020 18:30:25 Gelesen: 357388# 670 @  
@ Koban [#669]

Hallo Koban,

ich verstehe Deine schlechte Laune und hoffe, dass ich sie mit meinem Beitrag nicht verschlechtere.



Abbildung aus der Kanai Sammlung, Auktion von David Feldman (3.11.1994), Ausruf 80.000 SFr.

Ex. Hind, Ex. Burrus, Ex. Kanai

Traurige Grüße
Marc
 
marc123 Am: 24.04.2020 18:43:31 Gelesen: 357373# 671 @  
@ bignell [#668]

Danke fürs Zeigen.

Hier ein Link zum Mauritius Post Paid Teil [1].

Schade, dass einige Marken "some usual toning" haben.

Marc

[1] https://www.davidfeldman.com/dfsa-auctions/2020-spring-auctions/?soff_category=9901
 
bignell Am: 24.04.2020 19:47:44 Gelesen: 357350# 672 @  
@ Koban [#669]

Hallo Koban,

warum schlechte Laune? Ich freue mich, dass solche Stücke erhalten geblieben sind, wieviele davon sind vor 150 Jahren im Altpapier / Restmüll gelandet?

Liebe Grüße, harald
 
marc123 Am: 24.04.2020 20:26:01 Gelesen: 357334# 673 @  
@ bignell [#672]

Hallo Harald,

Vergleiche einmal das Bild von meinem Beitrag mit dem Sechserblock von Deinem Link (besonders die untere Reihe).

Liebe Grüße
Marc
 
Martin de Matin Am: 24.04.2020 21:02:17 Gelesen: 357315# 674 @  
@ marc123 [#673]

Sieht es nicht so aus als wären alle oder die meisten (eventuell Marken aus der Bogenrekonstruktion nicht alle) "One Penny"-Marken, die angeboten werden vom gleichen Schicksal betroffen.

Gruss
Martin
 
marc123 Am: 24.04.2020 21:09:58 Gelesen: 357309# 675 @  
@ Martin de Matin [#674]

Genau, so sieht es aus.

Gruß
Marc
 
10Parale Am: 24.04.2020 21:30:50 Gelesen: 357297# 676 @  
@ Martin de Matin [#674]

Ist das ein Ärztekongress hier? Warum nicht gleich Latein sprechen?

Könntet Ihr mal die Mitlesenden, Unwissenden wie mich aufklären, um was es hier geht? Klar, ein Sechserblock einer seltenen Mauritiusmarke mit immensem Preis.

Was für ein Schicksal betrifft die Marken?

Liebe Grüße

10Parale
 
bignell Am: 24.04.2020 21:36:43 Gelesen: 357288# 677 @  
@ marc123 [#673]

Hallo Marc,

verstehe. Woher kommt die Verfärbung?

Liebe Grüße, harald
 
Frankenjogger Am: 24.04.2020 21:38:19 Gelesen: 357287# 678 @  
@ 10Parale [#676]
@ bignell [#677]

Guckst du hier [1]!

Gruß, Klemens

[1] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=14168&CP=0&F=1#newmsg
 
Martin de Matin Am: 24.04.2020 22:14:28 Gelesen: 357252# 679 @  
@ 10Parale [#676]

Das in der Druckfarbe enthaltene Blei hat mit Schwefel aus der Umgebung der Marke eine Verbindung eingegangen, dadurch hat sich die orange Farbe zeileweise in braun verändert. Dies könnte vielleicht der Fall sein, wenn die Marke sich in den Abgassen eines Kohlekraftwerks ohne Rauchgasentschwefelung befand, oder die Marke war vielleicht in einem Album aus falschen Material (schwefelhaltigen Kunststoff?) untergebracht. Manche Beschreibung von Auktionslosen wird dies netterweise als oxidiert angegeben.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 25.04.2020 11:53:08 Gelesen: 357083# 680 @  
@ Heinz 7 [#181]

Die unvergleichliche Briefmarken-Sammlung der Königin von England hat eine lange Geschichte, die im Wesentlichen von drei Personen geprägt war:

- König Georg V.
- Edward Denny Bacon, Kurator der königlichen Sammlung (1913-1938)
- Sir John Wilson, Kurator der königlichen Sammlung (1938-1969)

Sie formten und prägten die Sammlung und erschlossen sie durch eine genaue Katalogisierung. Das unvergleichliche Werk erschien 1952



1953 wurde Elisabeth II. Königin von England und sie wurde damit auch Erbin der grössten Sammlung des British Empires, die je zusammengetragen wurde. Wie weit die Sammlung in den letzten 67 Jahren verändert wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Bekannt ist mir lediglich, dass zu sehr seltenen Gelegenheiten Neuakquisitionen gemacht wurden.

Gross war darum die Aufregung, als bekannt wurde, dass Teile ihrer Sammlung bei Spink, London, zum Verkauf angeboten wurden. Ich übersetze aus dem Vorwort des Kataloges (Autor: Charles Goodwyn, Keeper of the Royal Philatelic Collection):

"Die königliche Sammlung ist die weltweit umfassendste Sammlung von Grossbritannien und dem Commonwealth. Kürzlich hat die königliche Hoheit dem Kauf eines wertvollen Ersttagbriefes der One Penny Black zugestimmt. (....). Um diesen Ankauf zu finanzieren und um eine Reserve für den weiteren Ausbau der Kollektion zu schaffen, seien gewisse Dubletten und "surplus items" (="Zusatzstücke"?) aus der königlichen Sammlung durch Spink zu verkaufen.

Spink wies stolz darauf hin:

"Spink are privileged to have worked (...) to bring you, the collector, this auction catalogue. This is the first time that collectors have an opportunity of acquiring items with such a distinguished provenance. Thursday 17th May marks a unique and historic occasion in the annals of philately"



Der Verkauf war umfangmässig nicht sehr bedeutend und umfasste 192 Lose.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.04.2020 12:32:00 Gelesen: 357062# 681 @  
@ Heinz 7 [#680]

Die Auktion vom 17.5.2001 von Spink, London, bot für Sammler die Möglichkeit, Stücke aus der Sammlung der Queen zu erwerben. Die Aufmerksamkeit zahlreicher Philatelisten war also gross.



Die Auktion war in drei Teile gegliedert

Grossbritannien (94 Lose)
The Dominions and British Empire (61 Lose)
Egypt and Suez Canal (37 Lose)

Die (unteren) Schätzpreise lagen gesamthaft bei GB£ 293'300, das ist im Vergleich zu anderen wichtigen Auktionen eher wenig. Vier Lose waren geschätzt zu GB£ 10'000-12'000 (1 x) bzw. zu GB£ 18'000-20'000 (3 x), alle anderen Lose lagen darunter.

Nicht überraschend war, dass die Auktion ein grosser Erfolg wurde. Alle 192 Lose wurden verkauft, und das Gesamtergebnis lag bei
Hammerpreis: GB£ 644'290
Preis inkl. Aufgeld (15 %) also: GB£ 740'933.50

Nur 14 Lose wurden unterhalb des unteren Schätzpreises zugeschlagen (66.7 - 86.7 % des estimate), alle übrigen 178 Lose übertrafen den unteren Schätzpreis. 98 Lose erzielten gar mindestens das doppelte des unteren Schätzpreises.

Ein Star des Abends war ein Fehldruck vom Kap der Guten Hoffnung.



Los 127 der Auktion war ein 1861 "Woodblock", 1 Penny milchblau, Farbfehldruck im Paar mit 4 Pence Marke milchblau (=Normalmarke). Ich habe diese Marke in diesem Thema bereits vorgestellt (Michel Nr. 5 F). Sie gilt schon seit Ewigkeit als klassische Rarität und war bei Haas 1905 in der Liste der seltensten Fehldrucke auf Platz 8 platziert.

@ Heinz 7 [#181]

Der Fehldruck ist gestempelt nicht so selten wie ungebraucht, gilt aber als grosse Rarität und hatte zum Zeitpunkt der Auktion einen Katalogwert von GB£ 29'600 (Stanley Gibbons 13c, 14).

Die Schätzung für dieses Stück lag bei GB£ 18'000 bis GB£ 20'000.
Der Hammer fiel aber erst bei GB£ 65'000 (Endpreis also GB£ 74'750).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.04.2020 11:00:09 Gelesen: 356718# 682 @  
@ Heinz 7 [#681]

Das Ergebnis von GB£ 65'000 / 74'750 für Los 127 ist sicherlich beeindruckend und dürfte ein Rekordergebnis für diesen Fehldruck darstellen. Die Aussicht, ein so prominentes Stück aus der königlichen Sammlung zu erwerben, hat verkaufsfördernd gewirkt und der stolze neue Besitzer des Stückes hat die einmalige Provenienz des Stückes mit einer "Zusatzprämie" bezahlen müssen.

Es ist aber auch ein ausserordentliches Stück!

Im Buch von Sir John Wilson war diese Marke farbig abgebildet (siehe "plate VII" nach Seite 34)! Ich kann auf der Seite "British Africa", Seite 11-13, wo die Stücke von Cape of Good Hope aufgelistet sind, nur einen anderen Fehldruck 1 Penny blue 1861 Woodblock finden (Siehe Abbildung schwarzweiss, Tafel Brit. Africa, 2, item no. 4); ein Stück auf kleinem Fragment. Sicher ein schönes Stück, aber mit persönlich gefällt das lose Paar (1d+4d zusammenhängend!) besser, und ich hätte dieses Stück aus der königlichen Sammlung sicherlich nicht verkauft! Es sei denn, nach 1952 sei ein anderes (noch besseres) Stück zu der Sammlung gekommen.

Leider kann ich Herrn Charles Goodwyn, LLB, RDP, Hon. FRPSL, Keeper of the Royal Philatelic Collection 2001, nicht befragen.

Das führt uns zu der Frage, die ja auch von Martin schon angesprochen wurde:

@ Martin de Matin [#656]

Wie hat sich die königliche Sammlung seit 1952 verändert? Welche wichtigen Stücke kamen hinzu? Welche wurden der Sammlung entnommen? Ich kenne nur diesen einen Verkauf aus der Sammlung bei Spink vom 17.5.2001.

Interessante Fragen, finde ich.

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.04.2020 11:40:12 Gelesen: 356701# 683 @  
@ Heinz 7 [#682]

Wenn Charles Goodwyn, Keeper of the Royal Collection (2001), das atemberaubende "Woodblock"-Paar 1861 1d+4d hellblau zum Verkauf freigegeben hatte, musste er dafür ja gute Gründe haben. Angeblich sollten 2001 nur Dubletten und Zusatzstücke aus der königlichen Sammlung verkauft werden ("certain duplicate and surplus items").

Nebenbei: was ein "surplus item" sein soll, ist mir persönlich nicht klar.

Ich habe bereits erwähnt, dass die königliche Sammlung bis 1952 kein weiteres solches Paar (Fehldruck zusammenhängend mit Normalmarke) auswies.

Ich habe nun drei sehr wichtige Cape of Good Hope Sammlungen studiert und geprüft, ob in einer dieser Sammlungen vielleicht ein vergleichbares Stück angeboten wurde. Theoretisch hätte es (nach 1952) ja von Queen Elisabeth II gekauft werden können, und hätte damit dafür gesorgt, dass das wunderbare Stück, das 2001 verkauft wurde, tatsächlich nur noch "zweite Wahl" gewesen wäre.

Wir wissen, dass Alfred F. Lichtenstein und seine Tochter Louise Boyd Dale eine traumhafte Cape-Sammlung hatten, und wenn wir den Auktionskatalog studieren, der beim Verkauf ihrer Sammlung herauskam (Harmers of New York, 25./26. November 1989), dann finden wir tatsächlich atemberaubende Stücke, unter anderem auch 1861 Woodblock 1 Penny-blau Fehldrucke!

Nicht weniger als 5 (ja: fünf!) solcher Farbfehldrucke waren da vorhanden (Stanley Gibbons No. 13c: pale milky blue, One Penny Error of color):

- drei gestempelte Stücke
- ein Stück auf kleinem Fragment
- ein Paar, zusammenhängend mit Normalmarke 4 Pence

Das beste Stück sei anbei gezeigt.



Es hatte damals einen Katalogwert von GB£ 23'500+.

Die Auktion wurde in Washington durchgeführt. Los 336 erzielte ein Resultat von US$ 30'000.

Wenn wir das Stück mit jenem aus der Sammlung der Queen vergleichen, können wir feststellen, dass das Dale-Lichtensstein Paar nicht besser ist (Qualität). Es gab also meines Erachtens keinen Grund für die Queen, dieses Stück 1989 zu kaufen, obwohl es in euphorischen Worten beschrieben war:

"A MOST IMPRESSIVE SHOWPIECE SHOWING THE ERROR "IN SITU". UNBELIEVABLY RARE."

Die Frage also bleibt: warum hat Goodwyn Los 127 des Sales 1274 bei Spink freigegeben?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.04.2020 12:09:07 Gelesen: 356690# 684 @  
@ Heinz 7 [#681]

Es ist bereits fast 12 Uhr. Wieder habe ich stundenlang gesucht, und einige Erkenntnisse gewonnen:

a) die grossartige Sammlung von Ronald Lee ("Maximus" Grand Prix Collection, Sotheby's London, 7.9,1989) enthielt KEIN solches Paar, wie in Los 127 gezeigt

b) die Spitzensammlung von Sir Maxwell Joseph (Sotheby's London, 28./26.10.1982) enthielt KEIN solches Paar, wie in Los 127 gezeigt

c) die Grand Prix-Sammlung von Joseph Hackmey entält ein solches Paar, wie in Los 127 gezeigt: auf Seite 123 des Buches Edition d'Or (Band XXII) finden wir ein solches Paar:

"Milky blue, the ERROR se-tenant with normal 4d". Es ist ohne Zweifel ein anderes Paar als die oben gezeigten Exemplare.

Folgerung: Herr Hackmey war also offenbar nicht der Käufer bei Spink 2001.

... und: es gibt mindestens drei vergleichbarer Paare, wobei mir das Paar aus der Sammlung der Queen (bis 2001) das schönste zu sein scheint.

Genug für heute... Ich wüsste zu gerne, ob Charles Goodwyn hier eine "Kronjuwele" abgegeben hat, ohne dass die königliche Sammlung heute ein vergleichbares/besseres Stück beinhaltet.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 26.04.2020 13:26:00 Gelesen: 356657# 685 @  
@ Heinz 7 [#684]

In der Sammlung von Mrs. Ad Inhusophon (Spink 26.5.1999) waren sechs blaue Fehldrucke, davon ein ungebrauchtes Exemplar, aber kein Paar mit einer normalen Marke.

Gruss
Martin
 
marc123 Am: 26.04.2020 15:10:42 Gelesen: 356613# 686 @  
@ Heinz 7 [#684]

Lieber Heinz,



hier das Paar aus der Lady Hope Sammlung (Feldman, 19.11.2003, Los 20302). "internal faults, fresh appearance… Cert. RPS (1947)"

Weiter wird erwähnt, dass es sich um eines von 3 Paaren in Privater Hand handelt.

Estimate SFr. 15.000 - 20.000.

Liebe Grüße
Marc
 
marc123 Am: 26.04.2020 15:48:48 Gelesen: 356587# 687 @  
Hier noch eine Abbildung eines vierten Stückes, aus der "Besançon-Sammlung" (part I) Corinphila 231, 30.11.2018, Los 6086.



Hier wird auch erwähnt, dass es sich bei weitem um das feinste der drei (seit dem Verkauf des Stücks Ihrer Majestät Queeen Elisabeth II), vier bekannten Stücke handelt.

Ex Ferrary, Burrus, Solomon.

Ausruf 50000 (CHF) 45000 (Euro). Verkauft für 133100 CHF (incl. buyer's premium).

Liebe Grüße
Mar

@ Heinz 7 [#684]

Lieber Heinz,

welches ist das Stück von Joseph Hackmey? Wurde dieses verkauft oder befindet es sich noch in seinem Besitz?

Liebe Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 27.04.2020 13:15:36 Gelesen: 356390# 688 @  
@ marc123 [#687]

Hallo,

ich habe gestern noch ein viertes Paar gefunden, aus der Sammlung Maurice Burrus, Robson Lowe London, 27.11.1962, Los 109.



Schön, dass du dieses Exemplar uns in Farbe zeigen kannst, denn es ist ganz offenbar dieselbe Marke, und auch die Beschreibung stimmt überein: "ex Ferrary, ex Burrus".

Dass es "das feinste" Exemplar sein soll, wage ich zu bezweifeln, denn im Auktionskatalog Robson Lowe steht:

"...lightly cancelled but there are two tears in the error." Also zwei Risse in der 1d. - Marke. Für mich bleibt vorerst das Stück aus der königlichen Sammlung das Beste (meines Wissens). Der Preis 2018 war also sehrsehr hoch.

Zur Frage des "Hackmey"-Exemplares:

dieses stammt ohne Zweifel aus der Sammlung "Lady Hope" (David Feldman, 2003). Meines Wissens hat Joseph Hackmey seine Kap-Sammlung noch nicht wieder verkauft, sondern sie gehört nach wie vor zu seinem "Imperium" von ca. zwei Dutzend Weltklasse-Sammlungen ("zwei Dutzend" = grobe Schätzung meinerseits). Die Übersicht über seine Sammlungen zu wahren, ist aber schwierig; er hat bereits vieles wieder verkauft.

Heinz
 
marc123 Am: 27.04.2020 21:32:14 Gelesen: 356238# 689 @  
@ Heinz 7 [#688]

Hallo Heinz,

danke für die Antwort bezüglich des "Hackmey"-Exemplares",

@ Heinz 7 [#682]

"und ich hätte dieses Stück aus der königlichen Sammlung sicherlich nicht verkauft! Es sei denn, nach 1952 sei ein anderes (noch besseres) Stück zu der Sammlung gekommen."

@ Heinz 7 [#683]

"Wenn wir das Stück mit jenem aus der Sammlung der Queen vergleichen, können wir feststellen, dass das Dale-Lichtensstein Paar nicht besser ist (Qualität). Es gab also meines Erachtens keinen Grund für die Queen, dieses Stück 1989 zu kaufen, obwohl es in euphorischen Worten beschrieben war:

"A MOST IMPRESSIVE SHOWPIECE SHOWING THE ERROR "IN SITU". UNBELIEVABLY RARE."

Die Frage also bleibt: warum hat Goodwyn Los 127 des Sales 1274 bei Spink freigegeben?"


Ich habe mir ein paar Gedanken über Deine Interessante Frage gemacht.

Wie schon erwähnt ist es wohl das schönste der vier Exemplare Streiten ließe sich höchsten bei der Reihenfolge der Schönheit, über das ("Ferrary/ Burrus-Exemplar"). Die Risse von denen Du schreibst sind mittlerweile restauriert. Ich Zitiere "The error has two closed and restored Tears of no importance" (Corinpfila 231, 30.11.2018, S.50). Aber es ist bei diesem Exemplar nicht wichtig um die Frage zu klären, ob ob es schöner ist oder nicht, weil es ja 2018 verkauft wurde, also nach der Auktion von 2001.

Bleibt also die Frage zu beantworten ob sich 2001 ein besseres Exemplar in der Königlichen Sammlung befand (also ein uns unbekanntes fünftes Exemplar), weil wir die anderen drei ja aufgrund der Qualität und nach 2001 nachgewiesenen anderen Besitzer (bei 2 Exemplaren) ausschließen können.

Etwas hilfreiches habe ich im Buch von Nicholas Courtney, The Queen's Stamps. The AUTHORISED HISTORY of the ROYAL PHILATELIC COLLECTION, (Frome u. London 2004), 231. Allerdings verwirren mich diese Informationen auch etwas und es ist wie ich weiter unten geschrieben habe, nicht ganz einfach eine klare Schlussfolgerung zu ziehen.

Hier wird geschrieben dass es nur vier Exemplare dieser Paare gibt und dass das des Königs ohne Zweifel das schönste ist ("There are only four known examples of the error ONE PENNY blue and FOUR PENCE in se-tenant pair and the King's example was without doubt the finest").

Also scheint es laut diesem Buch kein fünftes Exemplar zu geben. Das Buch erschien 2004, da war das Paar aber schon verkauft. Wurde dieses Thema vom Autor vor der Auktion behandelt oder at er aus dem Buch von 1953 (Beitrag 680) die Informationen entnommen und sie nicht aktualisiert? Bei der Bedankung schreibt der Autor aber dass er Zutritt zur Royal Philatelic Collection hatte.

Auf der gleichen Seite steht, dass der der erste Besitzer W.W.Blest war und den Brief an Williame Averey verkaufte. Dessen Sammlung wurde 1909 an W.H. Peckitt gekauft der sie an Henry Duveen verkaufte.

Das Wort "Brief" stört mich. Ich denke dass das Paar auf einer dieser frühen Stationen abgelöst wurde? Leider ist es im Buch nicht abgebildet. Weiter ist, nachdem das Irrtümliche Austausch der beiden Druckstöcke beschrieben wird, zu lesen:"and it was these very stamps, on piece and cover, that the King was able to buy from Mrs Duveen and her son". Das Wort Brief "cover" bezieht sich hier aber auf einen anderen abgebildeten Brief mit dem Paar in der Farbe Vermillon.

Liebe Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 28.04.2020 14:46:49 Gelesen: 356046# 690 @  
@ Heinz 7 [#344]
@ Heinz 7 [#345]

Wir haben bei dem sehr seltenen Fehldruck für Südaustralien gerätselt, wie viele Exemplare es von dieser Abart denn gibt. "Weniger als zwölf" war eine Aussage 1987 (Im Buch "Linn's Philatelic Gems 1" von Donna O'Keefe).

Nun gibt es zu diesem Thema eine interessante Ergänzung. Bei Spink London kommt diese Marke zum Verkauf am 29.4.2020



South Australia
1868-79 Watermark Large Star, Perf. 11½-12½
"3-pence" on 4d. deep ultramarine with surcharge omitted

Die Marke hat einen Schätzpreis von GB£ 20'000-25'000. Das ist natürlich nicht "wenig", aber für einen so seltenen Fehldruck doch auch nicht sehr viel.

Gemäss Auktionskatalog gibt es 11 gebrauchte Stücke dieses Fehldruckes. Die Zahl der verfügbaren Stücke ist zudem reduziert, da 4 Exemplare in Museen/Institutionen untergebracht sind. Die ungebrauchten Exemplare sind nicht gezählt. Davon habe ich eines oben gezeigt.

Zitat: "Of the eleven used examples recorded, four reside in institution collections."

Weiter lesen wir zu dem Los:
"neatly cancelled by part Adelaide datestamp, fine. By far the finest example recorded of this iconic error. S.G. 68c."

Auf das tatsächliche Ergebnis dürfen wir also gespannt sein!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.04.2020 15:11:35 Gelesen: 356040# 691 @  
@ marc123 [#689]

Lieber Marc,

ich bin sehr zufrieden, dass Du mit uns Deine Überlegungen teilst. Es freut mich, dass wir zusammen die Erkenntnisse so trefflich vertiefen können!

Das Buch: "Nicholas Courtney, The Queen's Stamps" kenne ich nicht! Wenn er darin aber schreibt, es gäbe nur vier Paare dieses gesuchten Fehldruckes (1d/4d. hellblau), dann bestätigt dies ja unerwartet deutlich das bereits Gesagte.

Dass Henry Duveen das Paar aus der königlichen Sammlung besass, wusste ich bereits aus dem Buch von Wilson. Er hat sich ja auch zum Wachsen der Sammlung geäussert und einige Provenienzen angegeben (1952).

Henry Duveen hatte eine märchenhafte Sammlung. An der Ausstellung 1913 in New York war er einer der erfolgreichsten Aussteller, mit mehreren goldenen Auszeichnungen, u.a. für Mauritius und Grossbritannien.

Nach seinem Tod 1919 verkaufte seine Frau Mrs. Duveen die gewaltige Sammlung via Charles J. Phillips, der damals einer der führenden Raritäten-Händler war. 1922 bot Phillips umgehend dem König Georg V. an, sich besondere Stücke herauszupicken. Damals dürfte auch das schöne Cape-of Good Hope-Paar den Weg in die Sammlung gefunden haben.

Ca. 79 Jahre lang war dieses Stück ein Glanzstück in der königlichen Sammlung, bis es, für mich (bisher) unverständlich, in London zum Verkauf freigegeben wurde.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.04.2020 21:13:02 Gelesen: 355591# 692 @  
@ marc123 [#689]

Dein Interesse, Marc, an den Fragen, die wir hier erläutern, ermunterte mich, die Bibliothek speziell nach "Cape" zu durchforsten. Vielleicht interessieren die Informationen, die ich heute vorstellen möchte den einen oder anderen Leser?



Ein Handbuch, das ich seit mehr als 30 Jahre kenne, das aber leider noch nicht in meiner Bibliothekt steht, heisst:

Stevenson, D. A., "The Triangular Stamps of Cape of Good Hope, H.R. Harmer, 1950".

Es ist ein grossartiges Buch, bei "Philabooks" beschrieben wir folgt:

"der Klassiker zur Bestimmung der Platten und der Plattenfehler der Kapdreiecke, 1951 ausgezeichnet mit der Crawford-Medaillie der RPS, 142 S.".

Stevenson konnte seine Kenntnisse aus seiner eigenen, phantastischen Sammlung, aufbauen und festigen und er schuf ein Werk, das auch heute noch jedem "Cape"-Sammler wertvolle Dienste leistet.

Ich habe aber den Auktionskatalog, als seine eigene Sammlung 1950 in London versteigert wurde. Der Katalog ist nicht umfangreich, bloss 36 Seiten, aber die 382 Lose der Sammlung zeigen, dass es eine "ganz grosse" Sammlung war. Zum Glück zieren auch 12 Fototafeln den Katalog, und so erhalten wir eine Ahnung von der Bedeutung dieser Sammlung.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.04.2020 22:23:00 Gelesen: 355574# 693 @  
@ Heinz 7 [#692]

Kurz nachdem D. Alan Stevenson sein Handbuch von Henry Harmer, London, publizieren liess, durfte H.R. Harmer Ltd. seine sehr schöne Sammlung im November 1950 verauktionieren. Es wurde ein sehr erfolgreicher Verkauf, der immerhin GB£ 16'800 erzielte. Ich weiss, das beeindruckt heute kaum mehr einen Leser, doch GB£ von 1950 waren natürlich eine ganz andere "Hausnummer" als GB£ des Jahres 2020!



Im Moment ist die "1 Penny blau anstatt 4 Pence" im Zentrum unserer Betrachtungen. Also richten wir zuerst unser Augenmerk auf diese Marke. Stevenson konnte immerhin drei dieser Fehldrucke vorweisen:

Los 230: 1 d. pale blue, used on piece
Los 231: 1 d. pale milky blue, "apparently unused"
Los 232: 1 d. pale milky blue in a pair with 4 d.

Alle drei Lose sind "Hammer"-Lose!

Los 230 ist ein Stück auf einem (kleinen) Fragment, davon gibt es extrem wenig.
Los 231 ist zwar angeschnitten, aber ungebraucht (!) (eines von zwei Stücken)
Los 232 ist eines der seltenen Paare (1d/4d)



Wir sehen, dass dieses Stück eine atemberaubende Provenienz-Liste hat:

Stevenson (1950)
D'Arcy Hall (1962)
Lady Hope (David Feldman 2003)
Joseph Hackmey (Large Gold-Sammlung London 2010)

Schon Harmer schrieb (1950): "Only three other pairs exist". Das ist auch heute, 70 Jahre später, im Moment mein Wissensstand.

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.04.2020 23:09:42 Gelesen: 355555# 694 @  
@ Heinz 7 [#693]

Wenn ich hier von der Stevenson-Sammlung schwärme, ist es vielleicht auch angezeigt, dass wir auch von anderen Grossraritäten dieser Sammlung sprechen. Es ist nämlich so, dass andere Lose noch deutlich höhere Preise erzielten, als es "unser" 1 Penny-Blau-Fehldruck schaffte.

Im November 1950 wurden neben 3 "blauen" 1861 Woodblock-Fehldrucken gleich fünf "rote" 1861 Woodblock-Fehldrucke angeboten. Wir haben diese Marke auch schon kennengelernt.

Michel Nr. 5 ist die reguläre 1 Penny Marke "Woodblock" in der Farbe rot/hellkarmin. Bei der Produktion der Marke wurden aber einige Fehldrucke produziert, als ein 4 Pence-Klischee eingesetzt wurde, und so ergaben sich Fehldrucke:

Michel 6 F I - 4 Pence rot
Michel 6 F II - 4 Pence hellkarmin

Dieser Fehldruck ist im Michel deutlich höher bewertet als die Nummer 5 F (1 Penny hellblau).

Bei Stevenson kam ein unglaublich attraktives Stück zum Angebot: Ein Viererblock der 1 Penny-Marke "vermilion", bei der ein Wert aber eine 4 Pence-Marke ist. Es gibt angeblich nur zwei solcher Viererblocks.



Dieses Los erreichte einen schwindelerregenden Preis von GB£ 1'450.

Der andere Viererblock ist noch besser: er ziert einen ganzen Brief von Gradock nach Graham Town. Er ist natürlich eines der Spitzenstücke von Cape of Goof Hope.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.04.2020 16:54:46 Gelesen: 355399# 695 @  
@ Heinz 7 [#694]

Ich bin immer etwas vorsichtig, ein Stück als "das Beste" eines (grösseren) Sammelgebietes anzugeben. Welches ist das "beste"/wertvollste philatelistische Stück der Schweiz? von Altdeutsche Staaten?

Gleichzeitig ist genau diese Frage aber auch ungemein interessant und herausfordernd und treibt seit mindestens 150 Jahren zahllose Autoren an, Antworten zu suchen. Schön ist, wenn wir gelegentlich die Musse haben, uns diesen Fragen hinzugeben und wenn wir seriös versuchen, Antworten zu liefern, die zu überzeugen vermögen.

Stellen wir uns diese Frage für das Sammelgebiet "Cape of Good Hope" (Südafrika), so haben wir einige Kandidaten, die für den Spitzenplatz in Erwägung gezogen werden dürfen.

Von den berühmten "1861 Woodblock-Farbfehldrucken" haben wir bereits Einiges erfahren (in diesem Thema: Beitrag 181 und 681 ff). Es mag überraschen, dass die Brüder Williams aber meines Wissens keinen "Census" veröffentlicht haben der Michel Nrn. 5 F, 6 F I oder 6 F II. Diese Aufgabe leisteten sie aber zu einer anderen Dreieck-Marke; der 4 Pence schwarz.

Neben der 4 Pence Marke dunkelblau der Druckerei Perkins, Bacon & Co. (ab 1853) (Michel Nr. 2) gibt es noch einen Wert 4 Pence in schwarz. Diese Marke war lange Zeit geheimnisumwittert. Im Katalog Michel ist diese Marke nicht katalogisiert! In der Zeitschrift "Stamp Collectors' Fortnightly", vol. 47, pp 9ff, 25.1.1941 dokumentierten die Gebrüder Williams die Kenntnisse um die damals 6 bekannten Stücke. 56 Jahre später,1997, listete L.N. Williams auch weitere fünf Neuentdeckungen auf (total also 11 Marken), im Buch: "Encyclopaedia of rare and famous stamps; Vol. 2: The Biographies".

Die A: unused: No. III+VII
Die A: used: No. I+II+VI+X+XI
Die B: unused: keine
Die B: used: No. IV+V+VIII+IX

also 2+5+0+4 = 11 Einzelmarken.

Nr. III ("Die A"/unused) ist in der königlichen Sammlung (seit 1924). Die übrigen 10 Stück scheinen sich "in freier Wildbahn" zu befinden, und sie werden gelegentlich angeboten.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.04.2020 18:07:24 Gelesen: 355357# 696 @  
@ Heinz 7 [#695]

Die Cape of Good Hope Dreiecksmarke Fourpence schwarz war in der Dale-Lichtenstein Sammlung zweimal vorhanden.



Die Auktion fand statt am 25./26.11.1989 bei Harmers of New York, ausnahmsweise in Washington. Lose 282 und 283 waren bei L.N. Williams registriert als Nr. I (=282) und Nr. II (=283). Beide Marken waren ca. 1930 von Sammler Riesco gekauft worden, gingen dann an den Raritätenhändler Frank Godden und kamen dann in die Sammlung von Lichtenstein und Tochter Louise Boyd-Dale.

Diese Briefmarken sind offenbar sehr selten. An der Auktion 1989 erreichten sie folgende Ergebnisse:

283 = US$ 26'000 + 10 % = US$ 28'600
284 = US$ 8'000 + 10 % = US$ 8'800

Besonders das zweite Ergebnis ist sicherlich als tief zu bezeichnen für ein so seltenes Stück.

Im Buch "Encyclopaedia of rare and famous stamps; Vol. 2: The Biographies" sind auch sonst einige Verkaufserlöse für die 11 Stücke genannt. Ich konnte keine ausserordentlich hohen Verkaufserlöse feststellen. Preislich steht also die Fourpence deutlich hinter den zwei Woodblock-Fehldrucken zurück.

An der Auktion in Washington 1989 wurden ansonsten einige bemerkenswert hohe Ergebnisse erzielt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.04.2020 18:26:20 Gelesen: 355327# 697 @  
@ Heinz 7 [#695]

Ich habe von der Frage des wertvollsten philatelistischen Stückes von Cape of Good Hope gesprochen, und will mich nun nicht ohne mögliche Antwort verabschieden.

Der 1861 Woodblock 4 Pence-Fehldruck "vermilion" im Viererblock (mit drei "richtig-farbigen" 1 Penny-Marken) wurde schon 1950 sehr teuer bezahlt, siehe [#694]. Es gibt diese atemberaubende Rarität aber auch auf einem Brief! Und dass dieser die Aufmerksamkeit der grössten Sammler auf sich zog, ist klar!



Alfred Lichtenstein erwarb diesen Brief und an der Auktion 1989, als die Sammlung von ihm und seiner Tochter verkauft wurde, war Los 391 ein Höhepunkt der Auktion. Der Zuschlag von US$ 360'000 (+10 % = US$ 396'000) war denn auch der mit Abstand höchste Preis an dieser Auktion.

Damit haben wir eine gute Antwort auf die oben erwähnte Frage gefunden.

Zu diesem Schluss kam vielleicht auch der Sammler Joseph Hackmey, der diesen Brief kaufte (bereits 1989 oder später?). In seiner märchenhaften Sammlung nimmt genau dieser Brief eine besondere Stellung ein: er wurde als Titelfoto gewählt für die Sammlungs-Dokumentation:



Edition d'Or - The Joseph Hackmey Collection.

Heinz
 
10Parale Am: 01.05.2020 01:09:36 Gelesen: 355198# 698 @  
@ Heinz 7 [#697]

Einer der besten Threads in Philaseiten. Einen großen Dank an Heinz 7.

10Parale
 
Martin de Matin Am: 01.05.2020 14:45:00 Gelesen: 355050# 699 @  
@ Heinz 7 [#695] und [#696]

Als Ergänzung zu dem schwarzen "Fehldruck":

In der Sammlung die ich Beitrag [#685] aufführte wurde mit Losnummer 117 auch eine schwarze 4 Pence mit einen Schätzpreis von 12000 bis 15000 Pfund angeboten. Bei dieser Marke sowie bei den beiden oben gezeigten ist nicht gerade deutlich der typische Stempel für die Kapdreiecke zu sehen.



"Diese Marke war lange Zeit geheimnisumwittert". Ist die Marke denn heutzutage nicht mehr geheimnisumwittert? Oder wurde angeblich ein Geheimnis gelüftet warum die Marke entstanden ist, und wie es zur Verwendung dieser kam; damit potentielle Käufer viel mehr Geld dafür zahlen? Ich habe bisher noch keine eindeutig gestempelte Marke davon gesehen.

Die RPS konnte in der Frühzeit die Echtheit des Stempels eines Stücks aus der Sammlung E. Cooper nicht bestätigen.

Im Handbuch der Briefmarkenkunde wird ein ungebrauchtes Stück mit Gummi der schwarzen 4 Pence in der zweiten Type 2, also nicht die Type1 aus der königlichen Sammlung, in der Sammlung R. Roberts aufgeführt. Diese ist nicht in der Liste von Williams aufgeführt; ist dies Stück verschollen oder hat es sich als Fälschung erwiesen?

@ Heinz 7 [#683]

Nur ein kleiner spekulativer Gedanke, was den Verkauf des blauen Paares mit dem Fehldruck aus der königlichen Sammlung betrifft. Wann würde ich mich von solch einem schönen Stück trennen? Wenn ich umbedingt das Geld brauche, ich eine schöneres Paar habe oder ich eine grössere Einheit davon besitze. Es werden nicht alle Seltenheiten die es gibt, über den Auktionsmarkt verkauft und somit der breiten Öffentlichkeit bekannt. Es waren zum Zeitpunkt des Verkauf auch sehr viele Jahre vergangen seit die Inventarliste der königlichen Sammlung erschien.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 04.05.2020 19:57:25 Gelesen: 353701# 700 @  
@ Heinz 7 [#695]

Als Beitrag "700" unseres schönen Themas habe ich mir etwas Schönes aussuchen wollen, und - meines Erachtens - auch gefunden. Doch zuerst eine Ergänzung.

@ Martin de Matin [#699]

Martin sagt, zu Recht, die Marke sei immer noch geheimnisumwittert. Ich habe den Artikel von Leon N. Williams noch nicht gelesen, den er zu dieser Marke zuletzt geschrieben hat (im "Stamp Collecting", Vol. 132, numbers 11-13, Februar 1979), aber ich vermute, dies sei der letzte Stand des Wissens, aber ich werde weiter Ausschau halten nach neueren Informationen. Interessant die Ausführungen von Dr. Julius Kaufmann (1960) in seinem Büchlein: "Zwölf berühmte Briefmarken", wo er zu meiner Freude auch die Kap-Dreiecke behandelt (S. 110-122). Zu den Schwarzen 4 Pence Marken schreibt er u.a.

"Von der 4-Pence gibt es eine Abart, die in der philatelistischen Literatur zu den meist umstrittenen gehört und über deren Entstehung und Bedeutung Ströme von Tinte vergossen worden sind: schwarz (oder blau-schwarz) statt blau. (...). Auf dem ersten Internationalen Philatelistenkongress in Paris im Jahre 1878 wurde über die Entdeckung eines solchen Stückes von Hermann Hirsch berichtet. Dieser erklärte, es stamme von dem Sohn des Gouverneurs von Santo Domingo, der es seinerseits von seinem Vater aus der Korrespondenz mit dem Gouverneur des "Kap der Guten Hoffnung" erhalten hatte. An der Echtheit des Stückes konnte nicht gezweifelt werden. (...). Hirsch selbst vertrat die Ansicht, der Gouverneur der Kap-Kolonie habe anlässlich des Todes des Prinzregenten von England dreihundert Trauermarken der 4d - das heisst: schwarz statt blau - in London bestellt. Acht Tage nach ihrer Ankunft seien sie zurückgezogen worden, achtzig seien bereits verkauft gewesen, während man die übrigen 220 zerstört habe."

Diese Ansicht wurde angefochten. Den heutigen Erkenntnisstand kenne ich nicht. Oder war es doch ein Probedruck, der dann später noch zur Verwendung kam?

@ 10Parale [#698]

Besten Dank, diese Anerkennung tut mir gut.

* * * * *

Wir haben in diesem Thema einiges gelesen über den Fehldruck 1861 Woodblock, One Penny hellblau (statt rot). Im Thema "Hervorragende Sammlungen - Kap der Guten Hoffnung" sahen wir aber, dass der rote Fehldruck (Four Pence) noch deutlich höher bewertet wurde, als der blaue.

https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?PR=231764

Die "Four Pence"-Marke (rot statt helblau) gibt es ungebraucht angeblich nur zweimal. Sie wurde 1982 zum Verkauf angeboten, zu einem Schätzpreis von GB£ 20'000 (unterer Schätzpreis). Dies entspricht einem Gegenwert von ca. CHF 138'088 (Umrechnung auf Ende 2019). Der tatsächliche Verkaufspreis war mir gestern noch nicht bekannt.



Heute entnehme ich aber aus dem Buch "Bolaffi International 1970-1990", dass diese Marke offenbar wie folgt verkauft wurde:

Hammer Price: GB£ 24'000

Seltsam ist jedoch, dass der "purchase price" um 13.6 % über dem "hammer price" gelegen haben soll. Das Aufgeld betrug aber meines Wissens nur 10 %, wie bei Los 897 richtig gerechnet wurde. Bolaffi rechnete die Resultate in seinem Buch um in US-Dollar. Vielleicht hat er dabei einen Fehler gemacht (beim "hammer price" oder beim "purchase price").

Ich nehme nun einmal an, der Betrag von GB£ 24'000 sei zutreffend; Endpreis dann also GB£ 26'400.

Interessant ist nun sicherlich, wieviel denn die Sammler früher kaufkraft-bereinigt für diese Rarität bezahlt hatten. Wir wissen, dass genau dieses Los schon in den berühmten Ferrary-Sales angeboten wurde! Damals erreichte es stattliche FRF 41'000, dazu kam ein Aufgeld von 19.5 %. Nach den Umrechnungskursen der Ergebnisliste errechnen wir also einen Kaufpreis 1924 von GB£ 610 oder von US$ 2646.

Dieser Betrag umgerechnet in Schweizer Franken und verzinst bis heute ergibt einen Wert von CHF 181'164 (2019). Das heisst, dass der Käufer des Ferrary-Loses (1924) eigentlich fast genau gleich viel für das Stück bezahlte wie der Käufer des Stückes aus der Maxwell Joseph-Sammlung (CHF 182'276).

Die Abweichung der beiden Werte (Stand 2019) aus diesen zwei Verkäufen 1924 und 1982 liegt bei nur 0,6 %!

Eigentlich ein unglaubliches Ergebnis. Das kann Zufall sein, es ist aber auch eine Bestätigung, dass viele seltene Briefmarken früher schon viel wert waren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.05.2020 00:52:59 Gelesen: 353157# 701 @  
@ Heinz 7 [#700]

Am Montag schrieb ich, dass Los 890 aus der Sammlung von Sir Maxwell Joseph an der Auktion vom 28./29.10.1982 offenbar einen Zuschlag von GB$ 24'000 erzielte. Die Quelle meiner Information gab ich an. Allerdings wies ich darauf hin, dass die Preisberechnung bei mir Fragen auslöste, und - tatsächlich: ich muss meine Angaben vom Montag korrigieren.

Aus der offiziellen "Price List" von Sotheby's London entnehme ich, dass Los 890 "nur" GB£ 23'000 erzielte, mit Zuschlag also GB£ 25'300.

Am oben Gesagten ändert sich deswegen zwar wenig, aber Ordnung muss sein!

Los 890 erreichte an der Auktion das vierthöchste Resultat. Den höchsten Zuschlag erreichte ein anderer Four Pence-Farbfehldruck. Ich habe im Thema "Hervorragende Sammlungen - Kap der Guten Hoffnung" darüber berichtet [1].

Gute Nacht!

Heinz

[1] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?PR=232303
 
Heinz 7 Am: 18.05.2020 16:45:48 Gelesen: 350984# 702 @  
@ Heinz 7 [#344]
@ Heinz 7 [#345]
@ Heinz 7 [#690]

Den Fehldruck von Südaustralien



South Australia
1868-79 Watermark Large Star, Perf. 11½-12½
"3-pence" on 4d. deep ultramarine with surcharge omitted

habe ich schon ausführlich besprochen. Mit nur 7 verfügbaren Exemplaren ist diese Abart natürlich eine Rarität ersten Ranges! Insbesondere das nun angebotene Exemplar ist interessant, soll es sich doch um das schönste Exemplar von allen handeln!

Nun ist das Ergebnis der Auktion bekannt: Spink, London 29.4.2020.

Der Schätzpreis war bei GB£ 20'000 angesetzt, was ich vor der Auktion wie folgt kommentierte:

"Das ist natürlich nicht "wenig", aber für einen so seltenen Fehldruck doch auch nicht sehr viel."

Nun - offenbar waren mindestens zwei wohlhabende Sammler derselben Meinung, und so fiel der Hammer erst bei GB£ 40'000. Dazu kommen m.W. 20% Aufgeld.

Es ist doch wichtig zu sehen, dass die guten Stücke immer wieder auch "gute Preise" bringen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.05.2020 22:13:16 Gelesen: 349337# 703 @  
@ Heinz 7 [#702]

Ich weiss es nicht!

Diese unbefriedigende Antwort muss ich geben auf die Anfrage, welches denn die teuerste Sammlung aller Zeiten gewesen ist.

Natürlich ist die genaue Frage wichtig. Wir kennen Generalsammlungen, die innert weniger Jahre verkauft wurden, wie diejenigen von Ferrary, Hind, Caspary, Burrus, Dale Lichtenstein ... Diese Sammlungen kommen in der Summe auf Beträge, die (in heutigen Werten) über CHF 20 Millionen liegen.

Innerhalb dieser Verkäufe waren einzelne Ländersammlungen, die für sich genommen sehr bedeutend waren, wie z.B. Burus Schweiz, Caspary USA, Hind Mauritius, Ferrary Britisch Guiana, Dale Lichtenstein Kap der Guten Hoffnung. Gut möglich, dass eine solche Sammlung eines "Generalsammlers" auch die Krone der teuersten Ein-Land-Sammlung erreicht hat. Aber natürlich gibt es auch Sammler, die sich auf wenige oder sogar nur ein Land konzentrierten, und dann äusserst wertvolle Sammlungen zusammenstellen konnten.

Einige Länder stechen hervor, wenn es darum geht, besonders hohe Ergebnisse zu erzielen. Mauritius ist so ein Land.

Die vielleicht beeindruckendste Mauritius-Sammlung kam 1993 zur Auktion in Zürich, als David Feldman, damals in Zürich, die Sammlung von Hiroyuki Kanai verkaufen durfte.

Die Sammlung umfasste immerhin 452 Lose. Diese hatten einen Schätzwert von über CHF 10 Millionen! Aber das Ergebnis übertraf den Schätzpreis sogar noch um über 20%. Rechnen wir das Aufgeld von 15% hinzu, ist die Gesamtsumme noch beeindruckender und übertrifft die Marke von CHF 15 Millionen!

Natürlich waren die Erstausgaben "Post Office" die Höhepunkte der Sammlung, aber daneben glänzten auch viele weitere Stücke. Im Katalog 1993 lesen wir zum Los 201: dies sei das wertvollste "item" von Mauritius neben der "Post Office"-Ausgabe.



Wir haben diese Briefmarke (bzw. auch dieses Paar) in diesem Thema sogar bereits besprochen!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.05.2020 23:04:56 Gelesen: 349316# 704 @  
@ Heinz 7 [#703]

Wir wollen uns diesen Leckerbissen genau ansehen und ausführlich besprechen.

Der Schätzpreis lag meines Wissens bei CHF 10'823'850
dabei waren 8 Lose ohne Schätzpreise (Angabe: "Offer") ins Rennen geschickt worden.

Die Zuschläge waren beeindruckend

8 Lose mit Zuschlag, angeboten ohne Schätzpreis
262 Lose wurden über dem Schätzpreis zugeschlagen, (immerhin 48 Lose: mindestens eine Verdoppelung oder noch mehr)
41 Lose wurden zum Schätzpreis zugeschlagen
137 Lose realisierten einen Preis unter dem Schätzpreis
4 Lose blieben offenbar unverkauft

Der Zuschlag liegt meines Wissens bei CHF 13'202'570
dazu kommt ein Aufpreis von 15 % = CHF 15'182'955.50
nach meiner Rechnung ergibt das einen heutigen Gegenwert von CHF 20'026'267 (per 31.12.2019)

Ob das nun die teuerste Ein-Länder-Sammlung aller Zeiten ist, weiss ich nicht. Aber es wird schwierig sein, Ein-Länder-Sammlungen zu finden, die noch höhere Ergebnisse erzielten. Dass eine Sammlung an einem Tag ein solches Ergebnis erreichte, dürfte aber wohl einmalig sein!



Los 155 erzielte vor fast 27 Jahren damals einen Weltrekordpreis.

Zuschlag = CHF 5'000'000
Preis = CHF 5'750'000 (3.11.1993)
Wert = CHF 7'584'230 (31.12.2019)

Dieser Brief erzielte somit fast 38% des Gesamtergebnisses!

Dieser Rekord (für ein Einzelstück) hatte rund ein Vierteljahrhundert Bestand

Ob es auch die wertvollste Ein-Länder-Sammlung ist, werden wir noch verifizieren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.05.2020 00:22:17 Gelesen: 349301# 705 @  
@ Heinz 7 [#704]

David Feldman stellte bei nicht weniger als 14 Losen einen Schätzpreis ein von CHF 50'000 und mehr! Die Ergebnisliste zeigt uns dann aber, dass sogar 20 Lose diese imposante Hürde überspringen konnten!

Klare Spitzenreiter waren die Post Office-Marken, die alle siebenstellige Ergebnisse erzielten!

1. Der einmalige Brief nach Bordeaux mit einer 1 Penny Marke orange und einer 2 Pence Marke blau: Zuschlag: CHF 5.0 Mio.!
2. Blaue Mauritius, ungebraucht: PR = CHF 1.5 Mio.
3. Orange Mauritius, ungebraucht: PR = CHF 1.4 Mio.
sowie
3. Brief mit One Penny ("Ball Invitation Envelope") = CHF 1.4 Mio.

Zu allen Preisen kamen noch 15 % Zuschlag.

5. wurde ein anderer alter Bekannter: Die Ausgabe "Sherwin" Two Pence ungebraucht im Paar, Los 201, wie oben gezeigt. Bei einem Ausruf von CHF 200'000 kletterte das Los auf einen Zuschlag von CHF 260'000 & 15 % = CHF 299'000.

Dieses Stück zierte einst die Sammlung von Ferrary und erzielte bereits 1921 einen hohen Preis

6. wurde ein wunderbarer Brief mit einem Paar der blauen Zwei Pence Marke, "Post Paid"-Ausgabe, Intermediate Impression.
Bei einem schon stolzen Ausrufpreis von CHF 100'000 schaffte es der Brief auf CHF 190'000 & 15 % Zuschlag = CHF 218'500. Die erste Marke weist den Plattenfehler "PENOE" (statt "Pence") auf



Diese 6 Lose erzielten zusammen die "Kleinigkeit" von CHF 9'750'000 Zuschlag + 15 % = CHF 11'212'500 (1993).

Gute Nacht!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.05.2020 23:59:04 Gelesen: 349039# 706 @  
@ Heinz 7 [#705]

Wir haben Paare der alten Schweizer Marken in diesem Thema schon besprochen. Wir haben gesehen, dass viele davon schwindelerregende Katalogpreise haben. Eine der am höchsten bewerteten Paare ist die Ausgabe 1849 Schweizerische Bundespost (sog. "Waadt"), 4 Centimes, mit folgenden Katalogpreisen:

Michel Nr. 1 / Zumstein Nr. 9 - Paar
ungebraucht: CHF 280'000
gestempelt: CHF 230'000
auf Brief: CHF 420'000

Es gibt nur sehr wenige solcher Paare. Eines zierte die Sammlung von Alfred Caspary, und wurde 1957 verkauft.

Nun habe ich das Los wieder gefunden, mit wunderbarer Farbfoto-Aufnahme. Ich möchte dieses Paar zeigen, es hat ein wunderbares Aussehen (Schnitt), soll aber gemäss Auktionsbeschreibung geringe Mängel haben



Das Los durfte 2004 in Biel angeboten werden, als Los 54 einer wahrlich bemerkenswerten Auktion. Nach den mir vorliegenden Informationen wurde das Los zum Ausruf/Schätzpreis von CHF 90'000 verkauft. Dazu kam ein Aufgeld von wohl 18 %, also ein Gesamtpreis von CHF 106'200.

Dies ist ziemlich genau doppelt so viel, wie der Käufer des Caspary-Loses 1957 kaufkraftbereinigt damals zahlte: die US$ 3'000 (1957) entsprechen heute (Ende 2019) einem Wert von ca. CHF 53'540.

Beide Preise sind relativ "tief" verglichen mit dem Katalogwert 2018 (Katalog des SBHV, Briefmarken-Händler-Verband). Vielleicht finden wir noch höhere effektive Kaufpreise von Paaren der Waadt 4.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.05.2020 15:01:04 Gelesen: 348894# 707 @  
@ Heinz 7 [#706]

An derselben Auktion (Giorgino, CH-2502 Biel/Bienne, 26./27.3.2004) kam auch die teuerste Einzelmarke der Schweiz zum Verkauf, die Bundesmarke 1851, Rayon I, hellblau, mit vollständiger Kreuzeinfassung.

Die Marke ist sehr hoch bewertet:

SBK 2018 - CHF 275'000 gestempelt, CHF 550'000 auf Brief
Michel 2010 - Euro 170'000 gestempelt

Ungebraucht gibt es die Marke nicht. Anfangs des 20. Jahrhunderts kannte man die Marke schon, aber sie war noch nicht hoch bewertet.

Senf 1912: 80 Mark

Die "Schwestermarke" 10 Rappen mit Kreuzeinfassung (Michel 8 I) war immerhin mit 400 Mark bewertet, was zwar bei Weitem nicht für die "Top 100" der Welt reichte (dafür wären 750 nötig gewesen, siehe @ BD [#2]), aber später verschoben sich die Werte. Im "Zumstein 1959" stand die Nr. 16 I (= Michel 8 I) bei CHF 11'000; die 17 I (= Michel 9 I) bei CHF 13'000.



2004 wurde die 5 Rappen hellblau zum Verkauf angeboten. Ausruf war bescheidene CHF 60'000 (Katalogwert Zumstein 2000 damals CHF 160'000).

Mehrere Interessenten schienen konkretes Interesse zu haben. Und so kletterte der Preis auf respektable CHF 140'000. Addieren wir die 18 % Aufgeld hinzu, errechnen wir einen Preis von CHF 165'200.

Die Marke ist optisch (vom Schnitt her) meines Erachtens sehr schön. Der Stempel gefällt mir nicht "Eins-A", aber bei solch seltenen Angeboten muss man als Sammler manchmal "ja" sagen, sonst ist die Chance weg.

Übrigens: die Kaufpreise habe ich dem Buch "Bolaffi 2004 International" entnommen (umgerechnet). Anhand einer Ergebnisliste liesse sich die Frage verifizieren, aber eine EL habe ich zur Zeit nicht zur Hand.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.06.2020 12:37:39 Gelesen: 346850# 708 @  
@ Heinz 7 [#164]

Meine Leser mögen mir verzeihen, dass ich "immer wieder dasselbe erzähle", bzw. dass sich gewisse Wiederholungen nicht vermeiden lassen, um neue Beiträge einzubetten in ihr Umfeld und damit meine Ausführungen auch verständlich zu machen. Schliesslich haben wir auch immer wieder neue Leser, und auch sie wollen wir mitnehmen; ihnen erklären, warum uns eine Marke besonders begeistert oder warum wir sie vielleicht nicht ganz so hoch gewichten, wie andere Philatelisten.

Bei der Suche nach dem wertvollsten Stück der Mauritius-Philatelie habe ich mich längst entschieden und bleibe bei meiner Einschätzung: dem Bordeaux-Brief 1847 mit BEIDEN Marken der ersten POST OFFICE-Ausgabe gehört Platz eins!



Gelegentlich wird der "Bombay Cover" als wertvollstes Stück von Mauritius bezeichnet



Ein Grund dafür könnte sein, weil dieser Brief mehr als einmal astronomisch hohe Preise erzielte. Ich werde im Thema "Hervorragende Sammlungen - Mauritius" noch darauf eingehen. Für mich ist aber klar, dass dieser Brief - obwohl einmalig - klar HINTER dem "Bordeaux Cover" einzureihen ist.

Sehr heikel ist nun die Werteinschätzung der Stücke nebeneinander. Noch nie wurden diese zwei Stücke gemeinsam angeboten und "der Markt" hat uns eine Antwort auf die Frage gegeben! Die Stücke kamen immer wieder zeitversetzt zur Auktion. Der einzige Mensch, der meines Wissens BEIDE Briefe besass, war Alfred Lichtenstein! Er hat aber - für mich unverständlich - den Bordeaux Cover an einen Sammler-Rivalen verkauft: 1922 an Arthur Hind!

Lichtenstein hatte 1917 BEIDE Briefe kaufen können, aus UNTERSCHIEDLICHEN Sammlungen. Das Spitzenstück (aus meiner Sicht) gab er weiter... Seine Tochter Louise Boyd Dale erhielt seine Sammlungen. Nach deren Tod wurde der Bombay Cover verkauft, 1968, 51 Jahre nachdem ihr Vater den Brief erwerben konnte. In den nächsten 32 Jahren (1968-2020) wurde der Bombay-Cover ein paar Mal angeboten.

Viele Leser wissen, wie ambitioniert Philipp La Renotière von Ferrary Briefmarken sammelte, und zwar schon früh, im XIX. Jahrhundert. Wir wissen, dass er die zwei oben genannten Briefe nie besass. Aber er hatte auch etwas "ganz Nettes"...

Dazu müssen wir wissen, dass bekannt ist, dass Ferrary keinen besonderen Wert darauf legte, dass er die Briefmarken AUF BRIEFEN besass: es genügte ihm, wenn er die Marken LOSE besass. Er soll sogar gewisse Marken von Briefen abgelöst haben, was heute als schwerer Fehler angesehen werden muss, und den Wert eines Stückes sehr stark mindert. Aber - andere Zeiten, andere Präferenzen... Ausserdem konnte der "Briefmarkenkönig" Ferrary natürlich mit seinen Stücken machen, was er wollte.

Ferrary hat früh schon im XIX. Jahrhundert sich mit Mauritius-POST OFFICE-Marken eingedeckt, er hatte sogar SECHS Exemplare, wovon er später zwei Exemplare weitergab (eintauschte), sodass an den berühmten Ferrary-Auktionen nur noch vier Marken zum Verkauf kamen.

1881 kam Ferrary in den Besitz von gleich beiden Marken, als er die Philbrick Sammlung kaufte. Wir sollten uns vor Augen führen, dass Ferrary dann erst ca. 23 Jahre alt war! Der "Bordeaux"-Brief wurde erst 1902 entdeckt, der "Bombay"-Brief erst 1898. Beide Briefe wurden um die Jahrhundertwende sehr teuer verkauft - Ferrary drängte sich nicht vor. Er hatte wohl schlicht kein besonderes Interesse daran; an den Finanzen kann es nicht gelegen haben.

1881 erwarb Ferrary folgende Exemplare:



Wir sehen, dass die Marken einmal zusammengehörten! Natürlich denken wir sofort an den "Bordeaux-Brief", aber das "Philbrick-Paar" bestand aus zwei losen Marken, da Frau Borchard 1864 die Marken vom Brief abgelöst hatte.

(Diese Information entnahm ich: Leon N. Williams: Encyclopedia of Rare and famous stamps, Band I, Seite 155. Er verwies auf die Zeitschrift Timbre-Poste von Moens, Vol. 37, Seite 88).

Damit wurde vor 156 Jahren ein ähnlicher Brief wie der Bordeaux-Brief vernichtet, und dieser wurde zum Unikat... Fraglos haben die zwei Einzelmarken heute viel weniger Wert, als wenn sie noch auf dem Original-Brief haften würden. Aber vor 156 Jahren galt dies noch nicht. Und auch Ferrary sah das vermutlich nie so.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.06.2020 15:02:59 Gelesen: 346830# 709 @  
@ Heinz 7 [#708]

Maurice Burrus (1882-1959) war ein kluger Mann!

Ähnlich wie Ferrary hatte er das grosse Glück (und das Vermögen), dass er sich schon früh offenbar unbeschränkt Briefmarken-Raritäten zusammenkaufen konnte. Er trat als grosser Käufer bei den Ferrary-Auktionen (ab 1921) in Erscheinung, wenngleich er einige Superraritäten auch dem Konkurrenten Arthur Hind überliess. Als das oben gezeigte Mauritius-Post Office-"Paar" (beide Marken/lose, aber einst zusammen verwendet) (ex Philbrick) 1921 angeboten wurde, war Burrus erst 39 Jahre alt. Maurice Burrus kaufte das Mauritius-Post Office-Philbrick-"Paar" (Sale 2, Los 351).

13 Jahre später fand die Mauritius-Auktion statt von Arthur Hind. Und - obwohl Burrus die losen Marken schon besass, kaufte er auch den Bordeaux-Brief! Er wusste natürlich, dass dieser Brief noch wertvoller ist, als die losen Marken ohne Brief.

Bravo, Monsieur Burrus!

Dass sich Burrus diese "Doppelspurigkeit" leisten konnte, führte dazu, dass 1963 die zwei Lose auch gemeinsam angeboten werden konnten. Und - für uns sehr interessant: die zwei Lose wurden auf ihren unterschiedlichen Wert geschätzt: zuerst vom Auktionator, dann von den Sammlern! Eine aufregende und äusserst seltene Gelegenheit war gekommen! Zum ersten und bislang einzigen Mal.

Mit der Auktion beauftragt war Robson Lowe. Fraglos war dieser Händler einer der führenden Philatelisten des XX. Jahrhunderts. 1905 geboren war er 1963 58-jährig und hatte einen unermesslichen Erfahrungsschatz.

Wie nun würde Robbie die zwei Lose einschätzen? Aufgeregt konsultierte ich den Auktionskatalog:



Los 1 war der Bordeaux-Brief - also der Höhepunkt der Auktion gleich zu Beginn der Auktion!

Der Schätzpreis war GB£ 30'000

Los 2 war das Philbrick-"Paar" (wie ich es nenne, obwohl es natürlich kein Paar im engeren Sinn ist = zwei gleiche Marken zusammenhängend).

Der Schätzpreis wurde auf GB£ 8'000 angesetzt, also bei 27% des Loses mit den zwei Marken auf Brief.

Das mag viele Leser überraschen. Ich bin Robson Lowe dankbar, dass er zu einer so schwierigen Frage Stellung nahm. Das Resultat ist deutlich. Für mich sind die Erfahrungen von solchen Experten wie Robson Lowe sehr wertvoll und lehrreich.

Auch "der Markt" sah das Wertverhältnis ähnlich.

Los 1 wurde verkauft für GB£ 28'000
Los 2 wurde verkauft für GB£ 8'250, also zu 29.5 % des Wertes von Los 1.

Es waren die zwei höchsten Zuschläge an der Auktion von 1963.

Mehr zu der Mauritius-Auktion von Maurice Burrus können Sie lesen im Thema: "Hervorragende Sammlungen: Mauritius".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.06.2020 01:01:42 Gelesen: 345108# 710 @  
Wenn eine Briefmarkensammlung CHF 2.3 Millionen Franken einträgt, dann ist schon klar, dass diese Sammlung eine sehr gute oder sehr grosse ist. Wenn wir dann noch realisieren, dass dies nur

der zwölfte Teil

von insgesamt 16 Auktionen war, und betragsmässig andere Auktionen noch höher abschlossen, dann wissen wir, dass wir bei einer der grössten Sammlungen "ever" angelangt sind.

Auf mehr als CHF 40 Millionen (umgerechnet auf Ende 2019) belief sich der Verkaufserlös der 16 Caspary-Auktionen, die 1956-1958 stattfanden. Vielleicht sogar CHF 50 Millionen; genau habe ich das noch nicht berechnet.

Aus gegebenem Anlass habe ich mir Auktion 12 vorgeknöpft und analysiert. Sie fand statt an drei Tagen (24.-26.2.1958) und es wurden Marken des British Commonwealth angeboten, 948 Lose im Total.

Gemäss Resultatliste erlöste die Auktion damals US$ 130'492.00. Bei meiner Umrechnung in Schweizer Franken von heute (Ende 2019) verwende ich einen Multiplikator von fast 17.7, um einen Vergleichwert zu haben. So errechnete ich einen Wert von über CHF 2'300'000.

Es mag nun unsere Leser interessieren, welche Länder denn da versteigert wurden. Wenn weniger als 1000 Lose einen so hohen Gesamterlös bringen (Durchschnittspreis mehr als CHF 2'400), dann wird klar: da müssen viele teure Marken angeboten worden sein.

So war es denn auch. 49 x fiel der Hammer erst bei US$ 500 oder darüber (also CHF 8'850). Setzen wir die Latte noch höher, z.B. bei CHF 10'000, dann müsste der Zuschlagpreis bei US$ 565 liegen, das schafften immerhin 42 Lose.



Was wurde denn da verkauft, fragen wir uns. Der Titel gibt Auskunft. 6 Länder hatten grosse Teile in der Auktion, daneben gab es auch Länder mit nur ganz wenigen Losen, z.B. Zypern mit nur 4 Losen (517-520).

Grosse Sektionen waren:

Grossbritannien: 243 Lose
Kap der Guten Hoffnung: 88 Lose
Ceylon: 180 Lose
Indien: 52 Lose
Mauritius: 91 Lose
Transvaal: 134 Lose

Betragsmässig sieht das Resultat erstaunlich aus. Nicht etwa Grossbritannien (mit Abstand am meisten Lose) spielte am meisten ein, sondern Mauritius, dass mengenmässig (Losanzahl) nur an vierter Stelle stand.

Aber Mauritius ist eben (fast) immer speziell.

Zu meiner Überraschung erzielte der Teil "Grossbritannien" nur den vierthöchsten Erlös der 7 Teile. Zum 7. Teil zähle ich alle übrigen Lose (Anzahl 160), die nicht zu einem der 6 oben genannten Länder zählt.

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.06.2020 14:42:28 Gelesen: 345072# 711 @  
@ Heinz 7 [#710]

An der Auktion von Harmer New York/Caspary, part 12, kamen 948 Lose zur Auktion. 42 davon erzielten ein Ergebnis von US$ 575 und mehr; bei US$ 565 circa liegt der Wert von (heute, d.h. 31.12.2019) Schweizer Franken 10'000.

Ich habe schon erwähnt, dass 6 grössere Länder zum Verkauf kamen, plus mehrere weitere (die ich in "Teil 7" zusammengefasst habe). Bei meiner Auswertung erhalte ich ein etwas anderes Gesamtergebnis, als auf der Liste gedruckt ist, aber wo der Fehler liegt, ob bei mir oder vielleicht auch bei Harmer 1958, will ich nun nicht weiter verfolgen, weil es ja nicht soo wichtig ist. Die 49 Top-Ergebnisse (US$ 500 und mehr) habe ich alle verifiziert. Meine Erstauswertung stimmte.

Dass Mauritius herausragende Ergebnisse erzielt(e), ist an Auktionen nicht ungewöhnlich. So war es auch an dieser Auktion.



"s.e.e.o." heisst: "Sauf erreurs et omissions", also: Irrtum vorbehalten/nicht gründlich verifiziert.

23 % aller Lose von Mauritius erzielten einen sehr hohen Zuschlag von über CHF 10'000. Das ist schon beeindruckend! Die anderen Top-Ergebnisse verteilen sich auf die anderen sechs Gebiete.

Im Auktionskatalog von 1958 war nur ein einziges Los farbig abgebildet! Es war Los 645 von Mauritius, der weltbekannte Viererblock der One Penny, Post Office-Ausgabe, earliest impression. Der Block erzielte dann auch einen hohen Preis: US$ 18'500. Dies habe ich umgerechnet in Schweizer Franken (per 31.12.2019): CHF 327'300.



Das war mit Abstand das teuerste Los dieser Auktion. Dieses Los kostete mehr, als die ganze Grossbritannien-Sammlung!

Wer sich für nähere Einzelheiten der Mauritius-Auktion von Caspary interessiert, dem sei das Thema "Hervorragende Sammlungen: Mauritius" empfohlen. Ich bemühe mich, schon bald meine Würdigung der Caspary-Auktion dort einzustellen.

So viel vorneweg:

Caspary hatte keine Marken der POST OFFICE-Erstausgabe. An den finanziellen Mitteln lag es nicht, Caspary zählte zu den Superreichen des Landes. Aber, man sagt dass die zu seinen Lebzeiten verfügbaren Stücke hätten ihm qualitativ einfach nicht wirklich gefallen. Eine andere Variante ist: Herr Caspary hatte seine strikten Preisvorstellungen. Wenn etwas zu teuer wurde, liess er es vorbeigehen. Vermutlich nicht so bei seinem Haupt-Sammelgebiet USA, aber sonst: da sammelte er ja nicht ganz konsequent ALLES, sondern nur, was ihm gerade gefiel.

Ich weiss nicht, was der genaue Grund war, warum Caspary einige Gelgenheiten ausliess, um sich auch eine Mauritius No. 1 oder 2 zu kaufen. Er hatte diverse Gelegenheiten, wie wir zeigen können.

Heinz
 
10Parale Am: 27.07.2020 20:58:09 Gelesen: 338881# 712 @  
@ Heinz 7 [#541]

Als ich heute die Post aufmachte, stockte mir für eine Sekunde der Atem. Ich dachte schon, ich hätte eine dieser berühmten, vielleicht tatsächlich eine der schönsten Marken, die die Philatelie zu bieten hat, wundersam bekommen: Die Basler Taube, er erste dreifarbige Druck der Welt.

Richard hat sie schon in [#1] erwähnt.

Auf jeden Fall freue ich mich über diesen schönen Brief aus Hergiswil mit der Michel Nr. 1555 (80 + 30 Rappen), Basler Dybli, aus der Briefmarkenausstellung von 1995. Mit dabei der Hexenturm in Sitten aus dem Jahr 1987 mit 2 Exemplaren.

Ein schönes Arrangement, wie ich finde, das an eine der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken erinnert.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 24.11.2020 13:42:55 Gelesen: 316894# 713 @  
@ Heinz 7 [#707]

Von der Rayon I hellblau MIT Kreuzeinfassung kennen die Philatelisten angeblich nur 12 Exemplare. Es ist daher eine seltene Gelegenheit, wenn diese Marke wieder einmal zum Kauf bereitsteht - vorausgesetzt, man hat das nötige "Kleingeld".

Heute hat das bekannte Auktionshaus Rapp in Wil als Los 2081 eine solche Weltrarität verkauft.



Es ist meines Wissens eine der besten Exemplare dieser Marke. Ich gebe den Auktionstext wieder:

"Rayon I hellblau mit vollständiger Kreuzeinfassung. Erstdruck im frühesten Zustand ohne die später auftretenden Unregelmässigkeiten. Es handelt sich um eine Type 20 von der linken unteren Gruppe des Drucksteins B2 mit markantem Plattenfehler "Farbiger Strich von der rechten unteren Kordelschleife bis zum Rand". Die Marke ist ausserordentlich frisch, hat sichtbare Schnittlinien an allen Seiten und eine sehr sauber aufgesetzte Bundesraute. Die Erhaltung ist absolut erstklassig und ohne geringste Beanstandungen. Sie gehört von den bis jetzt 12 registrierten Exemplaren zu den Schönsten, ähnlich wie der Erstdruck einer Type 14 mit vollständiger Kreuzeinfassung (Rapp-Auktion 2008). Eine Weltrarität in allerbester Erhaltung. Gemeinschaftsattest Eichele/Marchand"

Der Startpreis von CHF 100'000 wurde übertroffen, aber der Käufer dürfte mit dem Zuschlag zufrieden sein. Dieser betrug CHF 130'000.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.11.2020 17:59:40 Gelesen: 315518# 714 @  
@ Heinz 7 [#713]

Paul Dillemann (1886 geboren) war ein führender Briefmarkensammler aus Frankreich. Seine Sammlung Frankreich erhielt an internationalen Ausstellungen höchste Auszeichnungen: Gold u.a. Berlin 1930, Wien 1934, New York 1936. Es war damals ein grosser Anlass, als seine grossartige Sammlung an einer Auktion verkauft wurde. Nicht weniger als 6 Tage lang dauerte die Auktion:

22.-27.2.1937, in Paris, total 1476 Lose. Die Fototafeln umfassten immerhin 27 Seiten.

Die Auktion fand statt im Hotel Drouot in Paris, Auktionator war Monsieur Gabriel, assistiert von den berühmten Experten Miro und Gilbert.

Bereits am 1. Tag kam mit Los 141 ein Spitzenstück zum Ausruf. Die Nummer 5, 40 Centimes orange vif, halbiert auf Brief. Angepriesen damals als grösste Rarität: "Pièce de grande rareté dont on ne connait pas d'équivalent".

Laut handschriftlicher Notiz wurde das Stück vermutlich verkauft zu FRF 62'000.



Im Frankreich-Spezialkatalog von Spink/Maury (Ausgabe 2018) wird auf Seite 25 genau dieses Stück gezeigt! "40 c orange - une moitié verticale sur deux lettres connues". Also muss irgendwann in den Jahren nach 1937 noch ein zweiter Brief bekannt geworden sein. Bewertet wird dieser Brief im Katalog 2018 mit Euro 350'000.

Der Brief war jahrzehntelang nicht mehr auf dem philatelistischen Markt. 61 Jahre (!) nach 1937 konnte Corinphila diesen Superrarität wieder anbieten.
 
Heinz 7 Am: 29.11.2020 18:23:37 Gelesen: 315509# 715 @  
@ Heinz 7 [#714]

Am 15.9.1998 konnte Corinphila eine Frankreich Sammlung der Extraklasse versteigern. Besonders Los 7364 erregte grosse Aufmerksamkeit: Die halbierte 40 Centimes-Marke auf Brief von 1855 von LE CHEYLARD nach SALON. Die halbierte Marke galt als 20 Centimes-Frankatur und wurde offenbar akzeptiert.

61 Jahre lang war dieser Brief nicht mehr an einer Auktion; letztmals wurde der Brief 1937 angeboten. Nun hatte er (gemäss Auktionskatalog Corinphila) einen Katalogwert von FRF 775'000 (Cérès Spezialkatalog).



Das Auktionshaus setzte einen Schätzpreis von CHF 125'000 fest. Doch dabei blieb es nicht. Erst bei satten CHF 220'000 fiel der Hammer. Dazu kam noch ein Aufgeld von 15%, das ergibt einen Preis von CHF 253'000.

Damit reihte sich das Stück in die Reihe der teuersten philatelistischen Einheiten ein.



Die Briefmarke No. 5 an sich ist nicht besonders selten. Im Spink/Maury-Katalog 2018 wird sie (als ganzes Stück) bewertet mit Euro 600, auf Brief mit Euro 900. Als Halbierung aber mit Euro 350'000. Ich weiss im Moment nicht, ob das Stück nach 1998 ein weiteres Mal verkauft wurde, und auch das zweite Exemplar (gemäss Corinphila und Spink/Maury) kann ich heute nicht beschreiben oder zeigen.

Ich freue mich aber, das Dillemann-Stück wieder gefunden zu haben!

Heinz
 
Martin de Matin Am: 30.11.2020 22:18:09 Gelesen: 315139# 716 @  
Da in den letzten zwei Beiträgen über eine extrem seltene Halbierung geschrieben worden ist, möchte ich eine weitere seltene Halbierung vorstellen. Im gleichen Jahr in dem die oben genannte Halbierung von Frankreich angeboten wurde, versteigerte Corinphila am 5. Dezember eine Sammlung Italienischer Staaten.

Besonders gut vertreten war der Staat Romagna. Romagna verausgabte am 1.9. 1859 nur neun Briefmarken, die nur bis 29.2.1860 gültig waren. Ungebraucht sind diese keine Seltenheiten. Gebraucht besonders auf Brief sind die drei höchsten Werte (6, 8 und 20 Bajocchi) selten zu sehen. Die drei Werte waren alle auf Brief in der Sammlung vertreten.

Aber die besten Briefe von Romagna sind, die die mit einer Halbierung frankiert wurden. In der Sammlung waren fünf Briefe mit Halbierungen vorhanden:

1/2 Baj.ein Brief (Zuschlag "nur" 28.000 sFr.)
2 Baj. zwei Briefe (Zuschlag 85.000 sFr. bzw. 180.000 sFr.)
6 Baj. drei Briefe (Zuschlag 85.000 sFr. bzw. 70.000 sFr.)

Das beste Stück war mit Los 289 ein Dreierstreifen einer halbierter 2 Baj.



Mit einem Zuschlag von 180.000 sFr. (ohne Gebühren) kann man ohne weiteres sagen, das der Brief zu den wertvollsten Briefmarken der Welt gehört.

Weder bei Burrus noch bei Ferrary konnte ich auf Anhieb eine Halbierung von Romagna auf Brief finden.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 02.12.2020 12:16:11 Gelesen: 314700# 717 @  
@ Martin de Matin [#716]

Lieber Martin,

ja, die Halbierungen bilden ein höchst interessantes "Spezialkapitel" innerhalb der wertvollsten Briefmarken der Welt. Auch die Schweiz kann da mithalten...

Es gibt verschiedene Halbierungen der Marken 1843, 1850, 1855 ff (Strubel), etc. Die vermutlich teuerste ist wohl die halbierte "Züri 4". In Ermangelung einer "Zürich 6" wurden in wenigen Fällen eineinhalb "Zürich 4" verwendet (gelegentlich auch ZWEi Zürich 4-Marken, dann bestand aber eine Überfrankatur: 8 Rappen statt 6).

Ein wunderschöner Brief ist sicher der Brief 1849 von Zürich nach Wettschweil



Es erzielte ebenfalls schon sechsstellige Erlöse.

Leider kann ich zur Zeit nicht vertieft darauf eingehen, weil meine anderen philatelistischen Arbeiten meine ganze (spärliche) Freizeit beanspruchen....

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 01:08:22 Gelesen: 301123# 718 @  
@ Heinz 7 [#613]

Es ist erstaunlich, dass ich in meinen vielen Beiträgen den nach vielen Meinungen wohl wertvollsten Brief der Schweiz bisher noch nie besprochen habe. Aus aktuellem Anlass möchte ich dies nun nachholen.

In einer Woche, am 30. Januar 2021, kommt ein Brief zur Versteigerung, der das Herz jedes Schweiz-Kenners höher schlagen lässt: der einmalige Greifensee-Brief.



Es gibt nur zwei Briefe, welche die zwei ersten Briefmarken der Schweiz (die "Zürich 4" und die "Zürich 6") tragen; einen Brief mit je einer Marke 4+6 = 10 Rappen und eben DIESEN Brief mit 16 Rappen (Paar der 6 Rappen + "Zürich 4").



Die Zürich 4 zählt zu den sehr seltenen Briefmarken der Welt, und in dieser Kombination ist das Stück eine Weltrarität ersten Ranges.

Der Brief ist seit mindestens 120 Jahren bei den Schweiz-Kennern bekannt. 1900 hat ihn Paul Mirabaud in Paris ausgestellt, an der Weltausstellung. Seither hat der Brief erst sehr wenige Handänderungen erfahren. Erivan Haub ist unseres Wissens erst der sechste Sammler, der diesen Brief sein eigen nennen konnte.

1934 wurde der Brief an der Nationalen Briefmarkenausstellung gezeigt (NABA Zürich 1934, Sammlung Emil Diem-Saxer). Danach kam er in die Sammlung von Iwan Bally, ein weiterer "ganz Grosser" der Schweiz-Sammler.

Erstmals an eine öffentliche Auktion kam der Brief 1964, als der Brief wieder auftauchte, in der phantastischen Sammlung von Maurice Burrus.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 01:37:48 Gelesen: 301112# 719 @  
@ Heinz 7 [#718]

Der damals sehr aktive Händler Ernst Zumstein kaufte anfangs des XX. Jahrhunderts die Schweiz-Sammlung von Paul Mirabaud. An der ersten Nationalen Briefmarkenausstellung von Zürich 1934 zierte der Brief dann eine wunderbare Schweiz-Sammlung, die damals anonym ausgestellt wurde. Heute wissen wir, dass Emil Diem-Saxer der Besitzer dieser Sammlung war. 1934 wurden viele Sammlungen ohne Namen-Angabe ausgestellt.



Im Ausstellungskatalog von 1934 ist auf Seiten 35-37 die Liste der Aussteller enthalten. Den Namen Diem-Saxer finden wir hier nicht, und der Greifensee-Brief wurde auch nicht abgebildet. In der Schweizer Briefmarken-Zeitung und in der Berner Briefmarken-Zeitung wurde der Brief aber meines Wissens gezeigt. Ich versuche, dies noch zu verifizieren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 10:07:07 Gelesen: 301004# 720 @  
@ Heinz 7 [#719]

Der Ausstellungskatalog von 1934 ist ein eher schlichtes Büchlein mit 104 Seiten, kaum bebildert. Der wichtigste Teil davon, die Auflistung der Exponate, umfasst die Seiten 39-97: 178 Sammlungen werden genannt, teils sehr knapp, andere doch mit kurzen Beschreibungen.

Zur ersten Kategorie gehörten folgende Exponate:

Ehrenklasse:

3 Motto "Biene"
Alt-Schweiz
1 Vitrine

Nachtrag:

176 Motto "Divico"
Einige seltene Schweiz-Briefe (Ehrenklasse)
1/2 Quadratmeter

Nach meinen Informationen verbarg sich hinter diesen Anonym-Namen zweimal Emil Diem-Saxer.

Er benötigte also nicht viel Raum, um einige herrliche Preziosen der Schweizer Philatelie auszustellen. Mehr davon später.

Die Sammlung Diem-Saxer wurde meines Wissens nie versteigert. Unser wunderbarer "Greifensee 16 Rappen-Brief" gelangte in die Sammlung von Maurice Burrus, den ich auf diesen Seiten schon oft erwähnt habe. Maurice Burrus war ein "Titan" unter den Briefmarken-Sammlern, und er besass eine Weltweit-Sammlung der Extraklasse. Seine Sammlung wurde in ca. 80 Teilen verkauft. Gerne erzähle ich mehr davon später.

1964 gelangte dieser Brief in die Sammlung von Iwan Bally, dem "Schuh-König" der Schweiz.

Über die Iwan Bally Sammlung wissen wir sehr viel, und zwar ganz einfach darum, weil seine märchenhafte Sammlung minutiös dokumentiert wurde. Ca. 1990 gab der heute noch aktive Briefmarkenhändler Jean-Paul Bach ein gewichtiges Buch heraus:

Iwan Bally Collection



In diesem grossen Zweikilo-Buch, wurden ca. 263 Seiten Albenblätter der Sammlung Bally gezeigt, die von Fotographien neu eingescannt wurden. Die Titelblätter der Sammlung sind darin nicht mitgezählt. Meines Wissens wurden nur 10 solche Bücher hergestellt.



Auf dieser Seite werden zwei Unikate abgebildet, mit wenig Text. Man beachte das Zeichen JB auf den Albumseiten unten rechts.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 11:03:24 Gelesen: 300962# 721 @  
@ Heinz 7 [#720]

Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Generalsammler, wie Maurice Burrus einer war, nicht bei JEDEM Gebiet die BESTE Sammlung zusammentragen konnte, die es jemals gab. Aber Maurice Burrus schaffte es, gleich bei mehreren Ländern absolut traumhafte Sammlungen zu formen, die durchaus um die Krone der "best ever..."-Sammlungen mitspielen können. Die Mauritius-Sammlung von ihm ist solch ein Beispiel, oder die Deutschland-Sammlung. Aber eben auch die Schweiz-Sammlung.

Dieser von aussen schlichte Katalog von Robson Lowe war ein Paukenschlag für die Sammler der 1960er-Jahre.



Robson Lowe war es gelungen, einige der wichtigsten Teile der immensen Sammlung von Burrus verkaufen zu können. Ungefähr ein Dutzend bekannter Auktionatoren und Briefmarkenhändler wurden beauftragt, Teile der Sammlung zu verkaufen. Robson Lowe ergatterte den weitaus grössten Teil für sich. Er bemühte sich jedoch auch vorbildlich um die Sammlung und gründete wohl aus diesem Anlass extra eine Filiale in Basel, die 1964 bis 1981 höchst erfolgreich rund 200 Auktionen durchführte(!).

Am 15. April startete die Robson-Lowe-Basel-Erfolgsgeschichte mit der Auktion "Burrus Austria". Ein Tag später, am 16. April 1964 folgte die "Burrus Schweiz", ein ungewöhnlich umfangreicher Katalog. Die Sammlung war so gross, sie musste auf drei Tage verteilt werden! 624 Lose prasselten auf die Sammler ein, eine ungeheure Menge teils grösster Raritäten -

Zwischenruf: solche Ereignisse kommen heute kaum mehr vor. Die Auktion bei Corinphila, an welcher in einer Woche der 2. Teil der Erivan Haub-Sammlung Schweiz verkauft wird, umfasst nur 42 Lose (Teil 1, vom 7.12.2019, waren auch nur 45 Lose).

Kehren wir zurück zum 18.4.1964. Der sechste Teil der Auktion eröffnete um 14.30 Uhr mit folgendem Thema:

"Briefe, Kantonalmarken", ab Los 736.

"Unser" Greifensee 16 Rappen-Brief war Los 738. Er war in Farbe abgebildet auf Seite 167.



Wir sehen, dass der Brief zu CHF 75'000 ausgerufen wurde. Dieser Preis war damals natürlich viel Geld, und die Käufer zögerten. Das Los wurde gemäss Ergebnisliste zu CHF 70'000 zugeschlagen. Der Auktionator begnügte sich damals noch mit 10 % Aufgeld. Eine Mehrwertsteuer gab es 1964 in der Schweiz für Briefmarken nicht; also sammlerfreundliche Zeiten damals. Wir wissen heute, das Iwan Bally der Käufer war.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 11:34:10 Gelesen: 300953# 722 @  
@ Heinz 7 [#718]

Meines Wissens erst zum zweiten Mal in seiner Geschichte wurde der "Greifensee 16 Rappen-Brief" öffentlich zum Kauf angeboten 1991.



David Feldman konnte 1991/1992 eine äusserst hochwertige Schweiz-Sammlung verkaufen. Sie umfasste 160 Lose und wurde auf zwei Auktionen angeboten:
29.1.1991 Teil 1: 83 Lose
6.11.1992: Teil 2: 77 Los

Ein Prunkstück der ersten Auktion war Los 90006, das damals zum Startpreis von CHF 300'000 ausgerufen wurde.

Diesmal, 27 Jahre nach der Auktion in Basel, entzündete sich eine engagierte Bieter-Schlacht. Der Hammer fiel erst beim Preis von CHF 700'000. Dazu kamen 15 % Aufgeld, dies ergab einen neuen Rekordpreis von CHF 805'000, wie David Feldman stolz vermeldete.



Zum angeblich "Highest price ever paid for a Swiss item" möchte ich anmerken, dass dies nur für Nominal-Werte gelten kann, denn es gab kaufkraftbereinigt früher bereits mindestens EIN höheres Ergebnis für ein "Swiss item". Doch dies ist eine andere Geschichte.

Freuen wir uns, dass nun, 2021 dieser wunderbare Brief zum (meines Wissens) erst dritten Mal zur Auktion kommt.

1964 - Robson Lowe, Basel
1991 - David Feldman, Geneva, Auktion in Zürich
2021 - Corinphila, Zürich

Der Ausruf des Loses ist mit CHF 300'000 nicht hoch angesetzt. Erivan Haubs Ankaufspreis kennen wir. Ein sehr vermögender Schweiz-Sammler hat nun also die Möglichkeit, den vielleicht wertvollsten Brief der Schweiz zu kaufen.

Möglicherweise sogar zu einem Schnäppchen-Preis?

Wir werden sehen...

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.01.2021 19:07:41 Gelesen: 300512# 723 @  
@ Heinz 7 [#719]

Na also!

Im Ausstellungskatalog ist nichts erwähnt, aber in der Schweizer Briefmarken-Zeitung lesen wir:

SBZ Dezember 1934, 47.Jahrgang, Nr. 12, Seite 251:

"In zwei Vitrinen zeigten "Biene" und "Divico" u.a. Briefe mit einem Paar Zürich 6 plus ein Stück Zürich 4 als 16 Rp. Frankatur"



Das ist genau unser "Greifensee Brief 16 Rappen" (siehe Foto Beitrag [#718]).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.01.2021 23:39:51 Gelesen: 299029# 724 @  
@ Heinz 7 [#718]

Die zweite Auktion wies drei Super-Stücke auf. Diese wurden heute alle auch gut verkauft, in Zürich, bei Corinphila.

Unser 16-Rappen-Greifensee Unikat brachte es auf einen Zuschlag von CHF 540'000, dazu kommen 22 % Aufgeld = CHF 658'800.

Mit diesem Ergebnis dürfen beide - Verkäufer und Käufer - zufrieden sein. Der Brief wurde gut verkauft, aber der Käufer musste damit rechnen, dass der Brief auch deutlich teurer hätte werden können. Aber der zweitletzte Kaufinteressent stieg aus, bevor der Preis in die Rekord-Sphären stieg, die 1991 erreicht wurden.

Der Käufer darf stolz sein, dass sein Name die kurze Liste der bisherigen Besitzer ergänzt. Ich bin gespannt, ob der Brief bald eine Ausstellungssammlung ziert.

7 Lose haben an den zwei Erivan Haub-Auktionen schon einen Zuschlag von CHF 90'000 und mehr erreicht (ohne Aufgeld), und wenn wir das Ankündigungs-Buch von Corinphila studiert haben, ahnen wir, dass am Ende wohl rund ein Dutzend Lose diese Höhe erreichen werden.

Der Greifensee-Brief löst innerhalb der Haub-Schweiz-Sammlung den bisherigen Spitzenreiter ab; den wunderbaren "Nidau"-Brief mit der Rayon I hellblau mit vollständiger Kreuzeinfassung, der am 7.12.2019 ebenfalls in Zürich verkauft wurde für CHF 310'000 (damals noch + 21 % Aufgeld, also = CHF 375'100).



Den Brief haben wir früher schon bewundert und besprochen, siehe [#440].

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.02.2021 19:30:59 Gelesen: 294844# 725 @  
@ BD [#2]

Ich habe in diesem Kapitel die Spanien Nr. 8 (= 2 Reales Marke von 1851, orangerot), noch nicht detailliert besprochen.

Im Buch von Haas wird diese Marke bereits auf Platz 38 geführt (Kapitel: "Die hundert seltensten Marken; nach ihrem Seltenheitsgrade geordnet) (siehe Theodor Haas, 1905, Seite 478). In der Studie Schubert (1913) erscheint sie auf Rang 80 mit einem Katalogwert von Mark 800. Ein Blick in den Katalog "Senf 1912" zeigt, dass der Preis galt für ungebraucht *, für gestempelt galt ein Wert von Mark 500 (siehe Senf 1912: Seite 1030).

Briefmarkenkönig Ferrary hatte die Briefmarke gleich mehrfach in seiner Sammlung; sechsmal, falls ich nichts übersehen habe. Alle Exemplare sind ungebraucht!

An der 5. Auktion gab es die Lose 145-148



an der 8. Auktion gab es die Lose 163+164



Die Fototafel zeigt offensichtlich irrtümlich zweimal eine Nummer 165; es müssen wohl die Nummern 163+164 sein.

Die Resultate sind recht einheitlich: FF 6.200, 5.600, 5.200 und 4.200 (15.11.1922) und FF 6.100 und 5.100 (7.11.1923). Die FF 6.200 der 5. Auktion entsprachen fast GB£ 100 (1922), GB£ 97.255, um genau zu sein. Ein GB£ galt damals CHF 24.28. Zum Zuschlagpreis musste der Käufer noch 17.5 % Aufgeld bezahlen. Als Endpreis errechnen wir also einen Preis von CHF 2'775 (15.11.1922).

Das war viel Geld, damals. Nach meiner Umrechnung setze ich diesen Wert gleich mit CHF 35'415 heute (bzw. Ende 2019).

In den Jahren der Wirtschaftskrise und der Vorkriegsjahren fielen auch die Preise für Briefmarken (in der Regel). 1958 ergab sich eine neue Möglichkeit einer Preisfindung, anlässlich der Caspary-Auktionen. Alfred Caspary hatte ebenfalls eine schöne 2 Reales Marke 1861.

Los 433 der 13. Auktion Caspary kostete nur US$ 725. Damals wurde kein Aufgeld verlangt (!). Diesen Preis rechne ich um in CHF 12'794 per heute

Dasselbe Los wurde schon neuneinhalb Jahre später wieder verkauft, die Marc feststellte.



Los 333 kostete damals US$ 2'200 (Siegel-Auktion 20.11.1967, kein Aufgeld zum Hammerpreis). Das war nicht nur nominal, sondern auch real mehr als doppelt so viel wie 1958; den Kaufpreis 1967 berechne ich mit CHF 28'756 (2019). Das war nicht so viel wie 1922 bei Ferrary, aber doch deutlich mehr als bei Caspary.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 13.02.2021 20:14:20 Gelesen: 294808# 726 @  
@ Heinz 7 [#725]

Ferrary hatte auch eine gebrauchte 2 Real. Diese war beschädigt und befand sich mit anderen Werten dieser Ausgabe in Los 153 der 5. Auktion. Das Los wurde mit 3400 Fr. zugeschlagen. Die Marke ist nicht abgebildet.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 13.02.2021 20:23:56 Gelesen: 294800# 727 @  
@ Heinz 7 [#725]

Meines Wissens war die 2 Reales Marke von Spanien 1851 nie so teuer wie 1999: an der Auktion vom 18.5.1999 in Zürich (Corinphila) kamen zwei ungebrauchte Marken zur Auktion: Lose 4228 und 4229.



Los 4228 erreichte einen Zuschlag von CHF 44'000, dazu kommen 15 % = CHF 50'600 (1999). Seither ist die Geldentwertung nur noch gering, sodass 20 Jahre später der Wert meines Erachtens mit CHF 55'904 (2019) festgelegt werden sollte.

Das ist ein hoher Wert für eine Briefmarke, die 1991 noch einen Katalogwert von CHF 25'000 hatte (Zumstein 1992/der letzte Europa-Katalog). Man sieht aber, dass der Katalogwert Zumstein eine reale/vernünftige Basis hatte.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.02.2021 16:47:11 Gelesen: 293273# 728 @  
Der folgende Beitrag passt voll zu zwei Themen auf Philaseiten: „Farbfehldrucke“ und „Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt“. Ich lege ihn darum in beiden Themen ab.

Farbfehldrucke sind grundsätzlich unscheinbare Abarten. Es benötigt philatelistische Kenntnisse, um zu erkennen, dass eine Marke in falscher Farbe vorliegt. Sieht ein Laie z.B. zum ersten Mal eine Marke DOS REALES von Spanien 1851 in blau, wird ihn das nicht sonderlich beeindrucken. Erst, wenn der Betrachter weiss, dass eine DOS REALES Marke von Spanien 1851 eigentlich IMMER orangerot sein sollte, wird er sich wundern.



Nun fängt die Philatelie an.

Ein echter Farbfehldruck ist immer unabsichtlich entstanden. Es gibt viele Briefmarken, zu denen in der Entstehungsphase vorgängig versuchsweise Farbproben erstellt wurden. Oft sind solche Farbproben („Proofs“) sehr selten. Es sind aber keine offiziellen Briefmarken und sie kommen im Normalfall nicht in eine postalische Verwendung, das heisst, Farbproben (Proofs) sollten nie gestempelt oder auf Brief vorkommen.

Echte Farbfehldrucke entstanden hauptsächlich, wenn in eine Druckplatte mit vielen Einzelklischees versehentlich ein falscher Wert eingesetzt wurde, also z.B. in eine Druckplatte, die für die Herstellung einer 6 Reales-Marke zugerichtet wurde, wurde versehentlich statt einem 6 R – Klischee ein 2 R – Klischee eingesetzt. Streng genommen sollten wir also besser von einem Wertzeichenfehldruck sprechen, statt von einem Farbfehldruck, doch die Bezeichnung Farbfehldruck hat sich eingebürgert.

Es gibt in der Philatelie eine Reihe sehr seltener Farbfehldrucke. Mehrere von ihnen sind weltberühmt, und sehr, sehr teuer. Heute denken wir in erster Linie an den Schweden-Farbfehldruck 1855: TRE SKILL. Bco. gelb statt grün (Michel Nr. 1 F) mit einem Katalogwert von Deutsche Mark 4‘000‘000 (!) (Katalog 2000/2001, hrsg. 2000) oder an den Baden-Farbfehldruck von 1851: 9 Kreuzer schwarz auf blaugrün statt auf rosalila, Michel 4 F. Die Schweden-Marke ist ein Unikat, vom Baden Fehldruck kennen wir lediglich drei (anerkannte) Exemplare (zwei angeblich weitere werden mehrheitlich nicht anerkannt, siehe auch Thema: „Der Baden Fehldruck“).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.02.2021 16:52:57 Gelesen: 293268# 729 @  
@ Heinz 7 [#728]

Was heute viele Briefmarkensammler nicht wissen, ist, dass der oben gezeigte spanische Farbfehldruck von 1851 (Michel 8 F) durchaus auf dieselbe Stufe gestellt werden darf, wie der Baden Fehldruck! Er ist gleich selten...

….und wurde von anerkannten Philatelisten auch durchaus hoch bewertet!

Betrachten wir die Ausführung des sehr geehrten Philatelisten Theodor Haas. 1905 gab er ein geniales und vielbeachtetes Lehrbuch heraus, in welchem auf Seiten 480-482 die seltensten Abarten der Welt genannt wurden. Farbfehldrucke spielten eine dominierende Rolle bei seiner Beurteilung, Platz 1-3 wurden belegt von solchen Abarten. Aber die Reihenfolge wird viele von uns überraschen:

- Der Schweden-Farbfehldruck 1855 erscheint gar nicht auf seiner Liste
- Der Baden-Farbfehldruck 1851 belegt „nur“ Platz 3
- Auf Platz 1 steht der Spanien-Farbfehldruck 1851 Michel 8 F !

Und das zu nicht zu Unrecht!

Führen wir uns die Fakten vor Augen:

Vom Baden-Farbfehldruck 1851 existieren drei Stück: 2 Briefe und ein Fragment, wovon ein Brief sich seit Ende des 19. Jahrhunderts im Museumsbesitz befindet.



Vom Spanien-Farbfehldruck 1851 Michel 8 F existieren drei Stück, alle gestempelt, davon eine Marke im Paar mit einer Nummer Michel 10 (6 R. blau). Ein Exemplar der dreien ist seit Ende des 19. Jahrhunderts im Besitz eines Museums.
Die Parallelen sind verblüffend!

Die Katalogwerte der drei Farbfehldrucke entwickelten sich aber sehr unterschiedlich.

Das grosse Kohl Briefmarken Handbuch von Paul Kohl (10. Ausgabe) bewertete die Stücke wie folgt:

- Spanien: unbewertet
- Baden: RM 4‘500
- Schweden: erwähnt, aber unbewertet

An den Auktionen von Ferrary musste „der Markt“ Farbe bekennen, denn erstmals wurden alle Stücke auf dem freien Markt angeboten:

- Schweden, 4. Auktion, Zuschlag FF 30‘000 plus Zuschläge, umgerechnet = CHF 16‘174 (1922)
- Baden, 8. Auktion, Zuschlag FF 120‘000 (+), umgerechnet = CHF 45‘012 (1923)
- Spanien, 5. Auktion, Zuschlag FF 130‘000 (+), umgerechnet = CHF 58‘177 (1922)

Diese Ergebnisse waren bemerkenswert, und sie bedeuteten folgende Plätze in der „Ferrary-Rangliste“

- Schweden: Rang 43
- Baden: Rand 10
- Spanien: Rang 6

Spätestens seit dieser monumentalen Auktionsserie wären also alle Kataloghersteller in der Lage gewesen, einen Katalogpreis festzusetzen. Einige taten es, andere nicht.

In den letzten 100 Jahren nahmen dann die Preisentwicklungen für die drei Superraritäten sehr unterschiedliche Entwicklungen. Während sich der Baden-Farbfehldruck 1851 und der Schweden-Farbfehldruck 1855 preislich sehr in die Höhe bewegten, konnte der Spanien-Farbfehldruck 1851 Michel 8 F Spanien dieselbe Entwicklung gar nicht verzeichnen. Im Jahr 2000 stand Spanien 1851 8 F bei „nur“ DM 225‘000 (Michel Katalog 2000/2001, hrsg. 2000), das ist viel weniger, als die DM 4 Millionen der Schweden 1 F!

Ob diese krassen Unterschiede gerechtfertigt sind, ist eine schwierige Frage.

Ich werde vielleicht später dazu weitere Erwägungen anbringen können. Im Moment fehlt mir dazu die Zeit.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.02.2021 14:48:47 Gelesen: 292933# 730 @  
@ Heinz 7 [#729]

Ich habe gestern ein Exemplar des weltberühmten Baden Fehldruckes gezeigt.

Es handelt sich um Exemplar 2 nach der Zählung von Leon Norman Williams, das erst 1894 entdeckt wurde. Auch die Exemplare 1 und 3 wurden im selben Jahr entdeckt! Exemplar 1 ist ein kleines Fragment, Ex. 2+3 sind die noch wertvolleren ganzen Briefe, die sich sehr ähneln und aus derselben Korrespondenz stammen.

Exemplar 2 zierte schon die Weltklasse-Sammlungen von Ferrary, von Alfred Caspary, von John Boker und von Erivan Haub. 1985 erreichte das Stück den Weltrekordpreis von DM 2'645'000 (Zuschlag DM 2.3 Mio. plus 15 % Aufgeld). Williams schrieb dazu:

"this was the highest price recorded at auction in Europe and the highest at any auction for a European stamp at that date".

Ein ruhigeres Dasein fristete der nun gezeigte Brief



Es ist Exemplar 3, das gleichzeitig mit Exemplar 2 entdeckt wurde.

Vermutlich noch im selben Jahr (1894) kaufte das Reichspostmuseum Berlin diesen Brief. Baron von Türckheim, der den Brief gefunden hatte, zeigte ihn am 22.1.1894 an einem Treffen des Berliner Philatelisten Clubs. Natürlich erregte der Farbfehldruck grösste Aufmerksamkeit. Exemplar 2 wurde noch 1894 in England verkauft (Auktion), Exemplar 3 sicherte sich das Reichspost-Museum.

Zum Glück ist dieser Brief nie verloren gegangen und überstand insbesondere den zweiten Weltkrieg und ziert heute noch die Sammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation. Aus dem Buch "Schätze der Philatelie aus den Archiven der Museumsstiftung Post und Telekommunikation" stammt auch das Foto (Seite 18).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.03.2021 23:28:57 Gelesen: 288447# 731 @  
@ Heinz 7 [#730]

Ich kopiere hier einen Beitrag, den ich zum Thema "Farbfehldrucke" eingestellt habe (Beitrag 10). Die Folgebeiträge 11+19+20+21 werden nur sehr summarisch wiederholt.

Die teuerste Briefmarke von Spanien ist ein Farbfehldruck. Die zweitteuerste Briefmarke von Österreich ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Briefmarke von Baden (bzw. von allen Altdeutschen Staaten zusammen) ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Marke von Kap der Guten Hoffnung (bzw. von Südafrika) ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Marke von Schweden ist ein Farbfehldruck.

Diese Auflistung liesse sich ohne Probleme noch verlängern.

Wir sehen deutlich: die Farbfehldrucke spielen im „Konzert der teuersten Briefmarken“ der Welt eine sehr wichtige Rolle (wir könnten vielleicht sogar sagen: „die erste Geige“?). Ihre Betrachtung und ihre Würdigungen in den Katalogen der Welt ist aber gelegentlich etwas „schwierig“ und uneinheitlich und über kaum eine Fragestellung dürften die philatelistischen Experten soviel Tinte (und Herzblut?) vergossen haben wie über die Echtheit/das Wesen und den Wert solcher Abarten.

Wie ist denn das eigentlich für die Schweiz? Gibt es hier auch Farbfehldrucke?

Gute Frage.

Lange Pause.

Sehen wir einmal in die Briefmarkenkataloge hinein. Das finden wir:

- Schweizer Briefmarken Katalog (des Schweizer Briefmarken-Händler-Verbandes) 2018: kein Farbfehldruck ist katalogisiert
- Zumstein Katalog, Normalkatalog (2013): kein Farbfehldruck ist katalogisiert.

Jedoch hielten die Philatelisten der Schweiz den Atem an, als am 9. Juni 2011 in Basel ein aussergewöhnliches Schweiz-Angebot zur Auktion gelangte. Ohne auf das übrige aufsehenerregende Material nun vertieft einzugehen, greife ich gleich das Top-Stück heraus, das auch die Titelseite des Kataloges zierte.



Beim ersten Blick denkt man, einen Brief von St. Imier (Schweiz, Kanton Bern) nach Mulhouse (Frankreich, Region Alsace) zu sehen, korrekt freigemacht mit zwei Strubel Marken (=Sitzende Helvetia, ungezähnt, ab 1854), 25 Rappen, zwei Marken blau zu 10 Rappen (Michel Nr. 14) und einer Marke braun zu 5 Rappen (Michel Nr. 13). Nichts Aussergewöhnliches, scheinbar, also warum kommt dieser Brief auf die Titelseite?

Sehen wir uns aber den Brief genau an! Die zwei blauen Marken zeigen nicht, wie erwartet, einen Wert von je 10 Rappen an, sondern es sind zwei 5 Rappen Marken blau. Normalerweise sind die 5 Rappen-Marken dieser Ausgabe immer braun! – Haben wir also einen Farbfehldruck?

Nun wurde (meines Wissens) dieser Brief 2011, der erstmals 1901 die Schweizer Philatelie-Szene in Aufregung versetzt hatte, zum ersten Mal öffentlich angeboten. Er gelangte früh im 20. Jahrhundert in den Besitz von Théodor Champion, einem grossen Sammler/Händler, und verblieb m.W. jahrzehntelang in seinem Besitz. Keine der grossen Schweiz-Sammlungen hatte einen vergleichbaren Brief vorzuweisen, und in den Katalogen wurde er auch unterschiedlich beurteilt, selbst im Zumstein-Katalog änderte sich über die Jahrzehnte die Beurteilung. Minutiös wurde dies aufgelistet im grossen Handbuch der Strubel Marke von Urs Hermann.

Der Preis, der für diesen Brief an der Auktion in Basel erwartet wurde, hatte es in sich: auf Euro 400‘000 – 500‘000 wurde Los 771 geschätzt, und – offensichtlich – sogar wesentlich höher verkauft! Die Galerie Dreyfus meldet auf ihrer homepage einen Erlös von Euro 1‘500‘000 plus 20 % = Euro 1‘800‘000.

Das ist meines Wissens der mit Abstand höchste Preis für ein Schweizer Philatelie-Stück der Geschichte.

Ich war erstmals ziemlich erschlagen, als ich diese Neuigkeiten erfuhr. Muss das Kapitel der teuersten Briefmarken der Schweiz gänzlich neu geschrieben werden? Ist dieser Brief so viel mehr wert, als all die anderen Preziosen, welche die Schweizer Philatelie zu bieten hat?

Erlauben Sie mir folgende Meinungsäusserung.

„Der Markt hat immer recht“ das ist eine Standard-Antwort von Vielen, wenn es um die Preisfestsetzung geht. Ob der wahre WERT dieses Briefes im Juni 2011 vernünftig festgelegt wurde, stelle ich in diesem konkreten Fall nun einmal ernsthaft in Frage. Ich, für meinen Teil, gebe folgende Antwort: NEIN.

Ich will das auch begründen.

1. Der Brief hat meines Wissens in 120 Jahren erst einmal (2011) zwei Kaufinteressenten gefunden, welche diesen Preis bewilligt haben (der Bieter und der Unterbieter)

2. Schwierig ist, dass meines Wissens praktisch niemand den erfolgreichen Bieter 2011 kennt. Kein grosser Sammler hat m.W. den Brief je ausgestellt und der philatelistischen Öffentlichkeit präsentiert

3. Es wäre sogar denkbar, dass die Person, die am 9. Juni 2011 den Zuschlag erhielt, den Kaufpreis nie geleistet hat oder er den Brief zurückgab oder er einen Preisnachlass erhielt

4. Zum Zeitpunkt der Auktion lagen zwar mehrere Atteste vor, jedoch nicht eines des anerkannten ersten Strubel-Experten Urs Hermann, der wenige Jahre zuvor sein bahnbrechendes grosses Handbuch zu den Strubel-Marken veröffentlicht hatte.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.03.2021 23:57:04 Gelesen: 288444# 732 @  
@ Heinz 7 [#731]

Urs Hermann, grosser Strubel-Experte, bestimmt die blauen Strubel-Fünfer als KEINE Farbfehldrucke (im philatelistischen Sinne), sondern als Versuchsdrucke (Makulatur), die echt postalisch verwendet wurden.

Details: siehe Beiträge Thema "Farbfehldrucke" 19+20+21 [1]

Das Handbuch Hermann 2006 krempelte auch die Katalogisierung um. Der Schweizer Briefmarken Katalog des Schweizer Briefmarken-Händler-Verbandes stützt sich in erster Linie auf das Handbuch Hermann ab, bringt aber noch die Vergleiche zu Zumstein und Michel.

Die 5 Rappen Strubel blau suchen wir auf Seite 47-58 im Katalog 2018 vergeblich. Das ist suboptimal. Mindestens eine Erwähnung der 5 Rappen-Marke blau sollte meines Erachtens in den Katalogen erfolgen. Sonst fehlt eine Briefmarke, die 1894-2006 für die Schweiz-Philatelie bedeutend war.

Und ein Brief wie der oben gezeigte phantastische Brief von St. Imier (Schweiz, Kanton Bern) nach Mulhouse kann mit einem Katalog gar nicht bestimmt und beurteilt werden. Dabei hat dieser Brief offenbar einmal einen siebenstelligen Erlös erbracht... ?!?! - Ich denke, das werden auch andere Sammler als unbefriedigend empfinden.



In der grossartigen Schweiz-Sammlung von Alfred Caspary kamen auch zwei blaue 5-Rappen-Strubel Marken vor. Sie wurden damals als Farbfehldrucke bezeichnet ("error of color") zwei verschiedene Varianten ("shades"), Los 279+280.

Es ist eine grosse Frage, zu welchem Preis der "Champion"-Brief das nächste Mal angeboten werden wird. Ich vermute, es wird deutlich weniger sein als der "Traumzuschlag von 2011". Welcher vermögende Sammler wird den Brief für seine Sammlung kaufen und ihn darin zeigen? Wir dürfen gespannt sein.

Heinz

[1] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=11137&CP=0&F=1
 
Heinz 7 Am: 11.03.2021 22:57:57 Gelesen: 288383# 733 @  
@ Heinz 7 [#732]

Die Strubel Marke 5 Rappen blau ist bekannt seit Ende des XIX. Jahrhunderts. Aber im Katalog Senf 1912 suchen wir sie vergebens. Nicht so aber im Kohl-Handbuch, das die Marke als "Fehldruck" bezeichnet und hoch bewertet:

Kohl, Chemnitz, 10. Auflage, 1915:



Interessant: Im Katalog wird sogar der Brief extra gelistet: "No. 21 I gebr. auf Brief 1200 M." Es muss sich eigentlich um den oben gezeigten Brief handeln, denn damals war meines Wissens nur dieser eine Brief bekannt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.03.2021 22:53:38 Gelesen: 287700# 734 @  
@ Heinz 7 [#728]

Das Jahr 1974 war für die Spanien-Philatelie ein sehr wichtiges und turbulentes Jahr!

a) an der Weltausstellung Juni 1974 in Basel gewann der Spanier Luis Cervera den Grand Prix d'Honneur mit seiner Sammlung "Spanien 1850-1865"



b) im Jahr 1974 verstarb der belgische Sammler Jean V.A. Dupont. Er hatte 1952+1959 mit seiner Sammlung "Spanien 1850-1865" zwei Grand Prix gewonnen: 1952 Monte Carlo (Grand Prix International), 1959 Hamburg (Grand Prix d'Honneur)

c) Am 30. Oktober 1974 konnte der belgische Auktionator Willy Balasse eine Aufsehen-erregende Spaniensammlung anbieten: "Espagne 1850-1865"

d) am 29. Oktober 1974 wurde angeblich ein Farbfehldruck der DOS REALES 1851 (blau statt orangerot) von Willy Balasse verkauft (gemäss Buch: "Encyclopaedia of Rare and Famous Stamps" von Leon N. Williams).

Kein Wunder, dass die Spanien-Sammler in heller Aufregung waren! Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen: im April 1975 sollte in Madrid eine Weltausstellung stattfinden.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.03.2021 23:24:22 Gelesen: 287694# 735 @  
@ Heinz 7 [#734]

Die Sammlung im Angebot von Willy Balasse verdient höchste Beachtung.



Aber ... bitteschön ... wer ist "R.B." ?

Ist es nun die Sammlung Jean Dupont, oder ist sie es nicht? Die Cervera-Sammlung wurde erst einige Jahre später verkauft, bei Habsburg und Feldman (1989), wie gezeigt im Thema "Hervorragende Sammlungen: Spanien".

Wir sind verunsichert. Der Auktionskatalog ist zwar gespickt mit grossen Losen, aber warum fehlt der Name Dupont? Jeder Auktionator lechzt nach der Möglichkeit, eine Sammlung anbieten zu können, die einst einen Grand Prix gewann! Balasse preist Ende Oktober 1974 aber nicht eine Sammlung "Dupont" an, sondern nennt die Abkürzung "R.B."

Doch das WAR ein Teil der Dupont-Sammlung! In seiner Hauszeitschrift "Balasse Magazine" vom Dezember 1974 berichtet er auf den Seiten 300+301 stolz von der Auktion "1080 e vente publique".

Dort lesen wir u.a.

"Willy Balasse s'est assuré la mise en Vente publique d'une Collection d'Espagne sensationelle; lauréate des plus hautes récompsenses, notamment: le grand prix du salon d'honneur de l'exposition internationale de Hambourg 1959."

(also Dupont!)

"Cet ensemble prestigieux - qui fait suite à la sélection R.B. de T. offerte dans la Vente Willy Balasse d'octobre 1974 - permettra aux participants de "Espana 1975" de compléter ou d'améliorer leurs participations."

Heinz
 
Heinz 7 Am: 16.03.2021 00:07:45 Gelesen: 287689# 736 @  
@ Heinz 7 [#735]

Balasse hat aus mir nicht bekannten Gründen

a) offenbar die Sammlung Dupont übernehmen können, hat sie aber nicht unter dem Namen Dupont verkauft
b) sie eventuell weiterverkauft an R.B. ?
c) das Spitzenstück privat verkauft ?
d) einen wichtigen Teil der Sammlung (ex Dupont) am 30.10.1974 in Bruxelles verkauft
e) einen weiteren bedeutenden Teil der Sammlung (ex Dupont) für eine weitere Auktion an 25./26.2.1975 vorgesehen

Wer macht solche Transaktionen? Das musste ja alles sehr schnell gehen und viel Geld wurde da auch bewegt.

Vielleicht war der grosse Unbekannte Rene Berlingin? Die Buchstaben passen! Der grosse belgische Briefmarkensammler? Wir wissen von ihm, dass er die Mittel für solche "Spielchen" besass (er war äusserst reich), wir wissen von ihm, dass er ein grosser Sammler von Raritäten und Farbfehldrucken war (Schweden! Spanien!) und als Belgier hatte er ohne Zweifel vorzügliche Kontakte zu Willy Balasse.

Ganz auf den Ruhm, den der Name Dupont für die Kenner damals hatte, zu verzichten, das wollte Willy Balasse dann aber doch nicht. Und so finden wir doch bei mehreren Losen den Hinweis; "ex Dupont". So auch beim Los 103 der Auktion 30.10.1974. Oder im Balasse Magazine No. 217 sind gleich drei Lose bezeichnet "ex Dupont".

Es ist aus meiner Sicht zu bedauern, dass das Spitzenstück der Dupont-Sammlung, die DOS REALES blau statt orangerot nicht auch öffentlich an einer Auktion verkauft wurde. Angeblich wurde die Marke einen Tag VOR der "R.B."-Auktion verkauft, angeblich zu einem sehr hohen Preis.



"approximately £ 67'000" lesen wir auf Seite 163 im Buch von Williams. Obwohl des GB£ 1974 nicht mehr so hoch stand, wie in den Sechzigerjahren, hätte der Preis doch einen Betrag von rund CHF 450'000 bedeutet, und das 1974! Das war weit, weit über den Katalogpreisen damals, und auch heute steht der Preis dafür ja nur bei einem Bruchteil davon.

Zu Unrecht?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.03.2021 22:42:39 Gelesen: 287166# 737 @  
@ Heinz 7 [#9]

(Danke, Jacques, für den Hinweis!)

7 Jahre nach dem Verkauf 2014 kommt die British Guyana One Cent 1856 am 8. Juni 2021 wieder zum Verkauf!



Stuart Weitzman lässt bei Sotheby's New York drei der grössten Schätze verkaufen:

a) die British Guyana One Cent 1856 (Unikat)
b) die teuerste Münze der Welt (Eine Goldmünze 1933 der USA, Unikat)
c) das wohl populärste Stück der US-Philatelie: Der 24-Cent Inverted Jenny - Viererblock (Plate Block, in dieser Form auch Unikat).

Die drei Stücke gehen angeblich mit folgenden Schätzpreisen "ins Rennen"

a) 10-15 Millionen Dollars
b) 10-15 Millionen Dollars
c) 5-7 Millionen Dollars

Weitzman ist/war meines Wissens kein Sammler, sondern einfach ein sehr reicher Mann, der sich die teuersten Stücke (Briefmarken/Münzen) leisten konnte und wollte.

Wir dürfen gespannt sein, was an der Auktion passieren wird. Sind die Lose limitiert, kann ich mir vorstellen, dass a) und c) nicht verkauft werden, (bei Münzen kenn ich mich nicht aus), aber das kann natürlich auch anders kommen. Die Spitzenstücke finden sehr oft immer wieder Interessenten...

Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.03.2021 23:03:37 Gelesen: 286461# 738 @  
@ BD [#2]

Ich bin über einen Brief "gestolpert", den ich gerne vorstellen möchte. Ich habe die Marken, die darauf haften, ehrlich gesagt, noch nie so richtig wahrgenommen und studiert; aber immerhin habe ich mir gemerkt, dass die (blaue) Marke schon früh hoch bewertet war.

Konkret finden wir im Senf 1912 auf Seite 385 die Marken von Guadeloupe, und zwar die Portomarken von 1876. Die Nummer (Senf und Michel) 4 ist:
"40 Centimes schwarz, blau". Die Marke ist bewertet mit sehr hohen 1000 Mark! Damit schaffte es die Marke immerhin auf Platz 58 auf der berühmten Liste von Schubert, die auf den Werten von Senf 1912 basierte!



Ich bin froh, dass im Büchlein von Donna O'Keefe "Linn's Philatelic Gems 4" nähere Angaben zu finden sind. Auf Seite 56/57 vom 4. Band lesen wir, dass dies die seltenste Marke der französischen Kolonien sei, und dass nur 24 Exemplare davon registriert seien. Die blaue Marke wurde bald durch eine Marke auf weissem Papier ersetzt. Robert G. Stone sagte, dass alle 24 registrierten Stücke gestempelt sind. Es existieren 6 Briefe. Ein Brief sei mit einem Paar frankiert. Der Wert der Briefmarke wurde auf US$ 26'000 festgelegt (1989). Im Katalog Michel war sie mit Euro 40'000 bewertet (2010).

Ein Brief mit zwei der seltenen Marken wurde 1990 angeboten. "Preis auf Anfrage" steht da; ob er verkauft wurde, weiss ich nicht.

Der Brief ist vermutlich vollständig, nur auf dem Foto fehlt die Ecke rechts unten. Nach Yvert und Tellier sind es die Marken No. 1+2 (25 Centimes, Dreierstreifen, und 40 Centimes, zwei Einzelstücke). Die zwei Marken sind getrennt, es ist also kein Paar.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 25.03.2021 00:48:20 Gelesen: 286308# 739 @  
@ Heinz 7 [#731]
@ Heinz 7 [#732]
@ Heinz 7 [#733]

Ich erwähnte vor zwei Wochen, dass die 5-Rappen-Strubel Marke blau statt braun seit der Herausgabe des Strubel Handbuches 2005 von massgebenden Philatelisten anders beurteilt wird, als im 20. Jahrhundert (vgl. die dann vorherrschende Meinung bzw. Katalogisierungen). Der Offizielle Katalog des Schweizer Briefmarken-Händler-Verbandes hat die Katalogisierung dieser Marke in ihrem sonst sehr detailfreudigen Katalog offenbar gestrichen (siehe z.B. SBK 2018).

Es dürfte nun für Philatelisten interessant sein, dass im Michel-Katalog sich noch nichts geändert hat. Wir finden im Online-Katalog (Abfrage heute) die Notierung

"13 II F Fehlfarbe grünlichblau 40.000,00 €"

...als wäre nichts geschehen. Preis und Katalogisierung entsprechen exakt dem Print-Katalog von Michel 2010. Hier wird also gesagt, dass es bei den Berner Drucken eine "Fehlfarbe" gegeben habe.

Es ist für Philatelisten natürlich keine einfache Situation. Wem sollen sie nun folgen?

Ich wiederhole mich: zumindest ein Hinweis auf die Existenz dieser blauen Marke sollte in keinem Katalog fehlen. Welche Beurteilung dazu dann geschrieben wird, steht natürlich in der Verantwortung des zuständigen Katalog-Redaktors.

Im Michel Katalog 2000/01 war die Notierung noch etwas anders:

"13 II AymF hellblau statt braun - 40'000" (Anmerkung: das müssen damals noch Deutsche Mark gewesen sein).

Dazu sogar noch folgender Hinweis:

"Diese Marke ist, wie Briefe beweisen, damals unerkannt als 10-Rappen-Marke verwendet worden."

Da hatte der Redaktor bestimmt den Brief aus Beitrag 731 im Kopf.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.04.2021 20:13:50 Gelesen: 283531# 740 @  
@ Richard [#3]

Richard hat bereits 2009 darauf hingewiesen, dass der "Sachsen Dreier", die erste Marke von Sachsen, 1850, berühmt und wertvoll ist. Wir wissen aber auch, dass die Marke an sich nicht sehr selten ist.

Im Senf-Katalog von 1912 war die Marke wie folgt bewertet (siehe Seite 927):

ungebraucht: Mark 300
gestempelt: Mark 225

Und ist damit doch ein Stück entfernt von den wirklich SEHR hoch bewerteten Marken. Dank der Fleissarbeit von Herrn Schubert wissen wir, dass 101 Marken gemäss Senf 1912 einen Wert von Mark 750 oder mehr hatten (vgl. Beitrag [#2]).

Im Michel-Katalog 2010 ist die Marke bewertet mit:

ungebraucht: Euro 8'000 (Preis für *, für (*) Euro 4'500)
gestempelt: Euro 7'500

Natürlich gibt es aber sehr teure Stücke mit Sachsen Dreier. Sobald die Marke in einer Einheit angeboten wird, steigt der Preis stark an.

Gross war die Aufregung, als 1987 die 5. Auktion von Altdeutsche Staaten von John R. Boker, stattfand. Los 230 war ein einmaliger Viererblock der Michel Nr. 1b (kirschrot).



Diese Einheit wurde anscheinend erst zum zweiten Mal überhaupt angeboten! Sie wurde offenbar erst 1958 zum ersten Mal angeboten, und im Katalog Köhler 1987 stand, dass auch die grossen Sachsen-Kenner die Besitzer des Viererblockes nicht kannten.

Heute wissen wir offenbar was folgt:

15.11.1958 = Shanahan-Auktion, Dublin, Los 564: Verkäufer: unbekannt, Käufer: John R. Boker
14.3.1987 = Köhler-Auktion, Wiesbaden, Los 230: Verkäufer: John R. Boker, Käufer: Erivan Haub
24.4.2021 = Köhler-Auktion, Wiesbaden, Los 259: Verkäufer: Nachlass Erivan Haub.

Das heisst, dass in 171 Jahren dieser Viererblock erst ZWEI grosse Sammlungen schmückte! Das ist doch sehr ungewöhnlich! Dieses Beispiel zeigt aber, dass gewisse Stücke während einem "Sammlerleben" überhaupt nie verfügbar sind.

Marc (Marc123) hat darauf hingewiesen, dass vor wenigen Jahren offenbar ein zweiter Viererblock der Michel Nr. 1 von Sachsen entdeckt wurde. Diese Neuentdeckung kam 2017 zum Angebot.

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.04.2021 21:53:00 Gelesen: 283493# 741 @  
@ Heinz 7 [#740]

Ich habe den Katalog 1958 Shanahan (77. Auktion) durchgesehen, und fand auf der 108. Fototafel (!) von total 124 tatsächlich "unseren" Sachsen 3 Pfennige-Viererblock!



Die Losbeschreibung war recht knapp, übersetzt wie folgt:

"Sachsen, 1850, 3 Pfg. kirschrot. Ein wunderbarer Viererblock, den man sehen muss, damit man es glauben kann ("must be seen to be believed".). Regelmässige Ränder, ein kleiner Scherenschnitt zwischen zwei Marken, sehr frische Farbe. Entwertet mit vier Stempeln "Chemnitz 10 Aug., 1850". Ein herrlicher Block von höchster Seltenheit. Schätzung £ 3'000 ($ 8'400)".

Im "Millionaire's" Sale von Shanahan ging dieses Los fast unter in der Fülle des hochkarätigen Angebotes. Nicht weniger als 64 Lose (von 632) hatten einen Schätzpreis von GB£ 1'000 oder mehr! Das war eines der spektakulärsten Angebote, das der Philatelie-Welt je vorgelegt wurde.

Shanahan setzte mehrere Lose teuer an, das sollte man bei der Betrachtung natürlich berücksichtigen. Dennoch war das Angebot atemberaubend.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.05.2021 13:41:32 Gelesen: 275646# 742 @  
@ Heinz 7 [#741]

Ich habe einen aufsehenerregenden Fund gemacht.

"Unser" Sachsendreier-Viererblock wurde nicht erstmals 1958 in Irland öffentlich zum Kauf angeboten, sondern bereits vier Jahre früher! Und zwar anlässlich der 16. Auktion des Briefmarkenhändlers Ernst Müller in Basel!

Ernst Müller gründete seine Firma bereits im Jahr 1922 und führte 1928 eine sehr umfangreiche Auktion durch. Ihr war aber wenig Erfolg vergönnt, und so dauerte es mehrere Jahre, bis Ernst Müller wieder neue Auktionen durchführte. Am 1. April 1954 startete seine 16. Auktion. Darin finden wir einige hochwertige Lose.

Auf der 1. Fototafel wurden 19 Lose in Originalgrösse gezeigt: besondere Raritäten. Und da finden wir unter Los 529 doch tatsächlich unseren Chemnitz-Viererblock mit folgender Beschreibung:



"529 Sachsen 3 Pf. rot, einzig bekannter gebrauchter Block dieser Marke. Dritte Platte, Type 9, 10, 14 und 15. Scherenschnitt zwischen Type 9 und 14. Alt-Deutschland-Rarität von grösstem Liebhaberwert in selten guter Erhaltung. Unikum"

Ob das Stück verkauft werden konnte, weiss ich nicht.

Dieser Fund zeigt uns also eine weitere Etappe in der Provenienz-Folge dieser Weltrarität.

Heinz
 
marc123 Am: 02.05.2021 15:01:01 Gelesen: 275611# 743 @  
@ Heinz 7 [#742]

Lieber Heinz,

ich kann nur gratulieren. Hier hast Du eine tolle Wiederentdeckung gemacht, die die zukünftige Sachsenforschung nicht übersehen darf. Armin Knapp (Der "Sachsen-Dreier" der Königlich Sächsischen Postverwaltung von 2010, 63) schreibt z.B. "Wir haben dieses Stück erst seit dem Auftauchen im Jahre 1958 bei der 77. Shanahan-Auktion in Dublin registriert, in der es Herr Boker erwarb." Das war der Aktuelle Forschungsstand.

Glückwunsch
Marc
 
Heinz 7 Am: 23.06.2021 23:20:17 Gelesen: 261425# 744 @  
Liebe Leserinnen und Leser

Heute schreibe ich meinen 499. und meinen 500. Beitrag zu diesem schönen Thema.

Ich danke folgenden Personen, die alle mindestens 10 Beiträge beigesteuert haben:
a) Jacques („merkuria“) ca. 50 Beiträge
b) Ralf („Bayern klassisch“) ca. 30 Beiträge
c) „10 Parale“ ca. 27 Beiträge
d) Martin de Matin ca. 19 Beiträge
e) Marc 123 ca. 18 Beiträge
f) „DL8AAM“ ca. 11 Beiträge
g) Bignell ca. 11 Beiträge

Ich schätze aber auch den Respekt, den man mir entgegenbringt und mir gelegentlich „das Feld überlässt“, angefangene Beiträge zu beenden und mir die „Pointen“ nicht wegnimmt. Dies wird mir Ansporn sein, weitere Beiträge beizusteuern.

In Beitrag 500 zeige ich, welche Briefmarken wir bereits besprochen haben. Von Afghanistan Nr. 23 (Zeile 3) bis Venezuela (Zeile 223) haben wir alle Briefmarken besprochen, die anfangs des 20. Jahrhunderts als selten und wertvoll galten – plus viele Ergänzungen der letzten 100 Jahre! Auf den Tabellen in Beitrag 500 sind die Gebiete geordnet nach dem Michel-Raritäten-Katalog 2010 , mit Seitenangabe (siehe Spalte E).

Ich finde es beachtlich, wie viele Briefmarken sich seit mehr als hundert Jahren als erstaunlich wertstabil behaupten konnten. Klar haben wir neue Trends und Marken, die früher eher höher standen als heute, aber es gibt doch auch erstaunlich viele Klassiker, die ihre Spitzenstellung immer halten oder sogar noch ausbauen konnten.

Die folgenden drei „Kapitel“ habe ich soweit abgeschlossen

a) Betrachtung der Studie Haas (1905)
b) Betrachtung der Studie Schubert (1912)
c) Betrachtung der Aktionen 1922-1925 von „Briefmarkenkönig“ Philipp La Renotiere von Ferrary

Vertiefen möchte ich noch die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte.

Einzelne Marken haben uns stark beschäftigt; am meisten der Baden-Fehldruck von 1851 mit nicht weniger als 24 Beiträgen 2012-2021 (siehe Zeilen 72+73+74). Auch die „Jenny Inverted“ nahm viel Platz ein: 21 Beiträge (vgl. Zeilen 220+221+222); kein Wunder, denn erstens gibt es viele dieser trotzdem sehr teuren Marken und zweitens ist wohl keine Briefmarke so gut statistisch erfasst, wie dieser seltene Luftpost-Klassiker.

Wer den Plan hinter meinen Beiträgen besser verstehen will, soll die Zeilen 234-237+242+245 und die darin genannten Beiträge lesen. Aus aktuellen Anlässen machte ich zwar viele Ergänzungen dazu, doch hoffe ich, dass ein „roter Faden“ erkennbar blieb.

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.06.2021 23:24:48 Gelesen: 261424# 745 @  
@ Heinz 7 [#744]

In meinem 500. Beitrag zeige ich ein Inhaltsverzeichnis der Beiträge 1-743.



plus



plus



plus



plus



plus



Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.06.2021 10:05:59 Gelesen: 261383# 746 @  
@ Heinz 7 [#745]

In den knapp 12 Jahren, seit dieses Thema besteht, haben wir wohl schon einiges erzählt und gelernt über die legendäre Marke:

Mauritius 1847 Post Office, One Penny
'
Wir haben die Marke bewundert in ihrer ganzen Schönheit (Beitrag 124)

@ Heinz 7 [#124]

...und wir haben Sammlungen kennen gelernt, in welchen diese so rare und legendäre Briefmarke enthalten war.

Wir haben sogar einen "Ball Invitation Envelope" schon im Bild kennen gelernt - das wunderbare Exemplar aus der königlichen Sammlung (London)

@ Heinz 7 [#484]

... aber wir haben den dritten dieser Umschläge in diesem Thema noch nicht besonders vorgestellt. Nun wird er versteigert, erst das vierte Mal in seiner langen Geschichte



Christoph Gärtner kann an seiner Jubiläumsauktion (50) am 26.6.2021 den oben gezeigten Brief anbieten. Das oben gezeigte Foto stammt aus dem Katalog von David Feldman, der genau diesen Brief 1993 bereits verkaufen konnte.

Der Brief hat fast dasselbe Verwendungs-Datum wie der Brief aus der Sammlung der Queen. Wir haben gesehen, dass bei der Einladung an "Ed. Duvivier Esq." der grosse Zweikreis-Stempel direkt auf die Marke abgeschlagen wurde. Dasselbe passierte bei der Einladung an "Monsieur Aleide Marquay", das seit 137 Jahren in der Sammlung Tapling ist und seit Langem in der British Library London bewundert werden kann. Nur der jetzt angebotene, dritte, Brief erhielt einen "PAID" Stempel, und der Aufgabe Stempel wurde rückseitig angebracht.



Wir lesen dabei klar das Datum SE27 1847, während die zwei anderen Briefe bereits am SE21 1847, also 6 Tage früher, gestempelt wurden.

Die Entwertung auf der Einladung an "H. Adam Esq Junr" wurde also anders vorgenommen als bei den zwei berühmten London-Stücken.

Der "H. Adam"-Brief wird erst zum 4. Mal an einer Auktion angeboten, ansonsten wurde er stets privat verkauft.

1933 Plumridge & Co, London (Sammlung Manus)
1971 Stanley Gibbons, New York (Einzelstück aus der Sammlung Berlingin)
1993 David Feldman, Zürich (Sammlung Kanai / Zwischenverkäufer)
2021 Christoph Gärtner (Einzelstück aus der Sammlung Chand)

Christoph Gärtner hat sich mit diesem Verkauf ein Denkmal gesetzt. Der Startpreis (Ausruf) von Euro 4 Millionen ist allerdings eine hohe Hürde.

Die Philatelisten werden die Auktion gespannt verfolgen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.06.2021 22:54:07 Gelesen: 260969# 747 @  
@ Heinz 7 [#746]

Ich komme zurück aus Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg. Der Besuch der Jubiläums-Auktionsserie von Christoph Gärtner war ein eindrückliches Erlebnis! Ich bin nicht der Einzige, der vom Zuschlagsergebnis für den Mauritius 1847 Ball Invitation Envelope überrascht ist.

Eine Angabe aus meinem Beitrag [#746] möchte ich so rasch als möglich korrigieren.

Am 26. Juni wurde der in Rede stehende Brief nicht zum vierten, sondern zum fünften Mal versteigert! Ich habe "in der Aufregung" die vierte Auktion nicht erwähnt.

Am 20. November 1997 konnte David Feldman den Brief, den er bereits 1993 versteigern durfte, erneut anbieten. Ich zeige anbei den 24-seitigen Auktionskatalog.



Am 3.11.1993 kaufte kein Sammler den Brief, sondern Herr Alain Dreyfus, ein vermögender Händler, der schon zig Welt-Raritäten gehandelt hat. Gemäss Ergebnisliste fiel der Hammer 1993 bei CHF 1.4 Millionen, dazu kamen 15 % Aufgeld = CHF 1.61 Millionen.

Vier Jahre später wurde der Brief zum Preis von vermutlich CHF 1.9 Mio. zugeschlagen. Auch damals war das Aufgeld 15 %, sodass wir einen Preis von CHF 2'185'000 errechnen. Etwas seltsam ist, dass der Hammerpreis auf der offiziellen Liste "Prices Realised" nicht notiert ist, aber auf der Titelseite steht: "Realised SFr. 2'000'000". Gemäss Buch von Christoph Gärtner "Mauritius Ball Cover" wird (nun) ein Preis von "2,18 Millionen SFr" genannt.

Der Sammler Vikramm Chand kaufte den Brief erst 2006. Der genaue Preis wurde meines Wissens nicht genannt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.06.2021 15:46:49 Gelesen: 260887# 748 @  
@ Heinz 7 [#746]

Da scheint es einen "Erdrutsch" gegeben zu haben.

Die Euro 8'100'000 für den Mauritius 1847 Ball Invitation Envelope stellen meines Wissens einen klaren neuen Weltrekord auf, wie die beiliegende Tabelle zeigt:

3.11.1993 - David Feldman - CH-Zürich - Mauritius: Bordeaux Cover - Zuschlag CHF 5'000'000 - Aufgeld: 15 % = Zeitwert (31.12.2019*) CHF 7'584'231
17.6.2014 - Sotheby's New York - British Guayana: 1856 One Cent - Zuschlag US$ 7'900'000 - Aufgeld: 20 % = Zeitwert (31.12.2019) = CHF 8'708'235
26.6.2021 - Christoph Gärtner, Ludwigsburg - Mauritius: Ball Invitation Envelope - Zuschlag Euro 8'100'000 - Aufgeld 23.8% = Zeitwert = CHF 10'981'344

* Seit 31.12.2019 wird keine Verzinsung mehr gerechnet (Marktumfeld: Null- bzw. sogar Negativzinsen)

Die Tabelle kann ich erst später im Bild einstellen, oben daher vorerst nur "die Resultate".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.06.2021 16:12:59 Gelesen: 260871# 749 @  
@ Heinz 7 [#748]

Dass neu nun der Ball Invitation Envelope das teuerste Stück von Mauritius ist (sein soll), ist für die meisten Philatelisten wohl ziemlich überraschend. Oder vielmehr eine "Laune des Marktes".

Natürlich ist der Mauritius Ball Invitation Envelope ein grossartiges Stück, aber der Bordeaux Cover ist die Nummer eins von Mauritius, und bleibt das meines Erachtens auch.



Auch der "Bombay Cover" mit den zwei orangen 1 Penny-Marken gilt bei vielen Philatelisten noch höher als der nun verkaufte Envelope.



Dieser "Bombay Cover" hat ja auch schon Geschichte geschrieben, und galt eine Weile als "wertvollster Brief der Welt".

Dass nun der Zuschlag vom 26. Juni 2021 die Reihenfolge der teuersten Stücke durcheinander gewirbelt hat, ist eine Tatsache. Aber die Preisfindung in der Philatelie ist ja keine "exakte Wissenschaft", sondern hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Nun haben wir ganz offensichtlich einen neuen Weltrekord-Halter. Das ist aufregend und ich gratuliere dem Vorbesitzer, dem Auktionator und dem neuen Käufer.

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Martin de Matin Am: 28.06.2021 19:35:20 Gelesen: 260825# 750 @  
@ Heinz 7 [#336]
@ Heinz 7 [#340]

Ein bischen untergegangen vom Mauritiuswahn ist ein anderes Los bei Gärtner.

Mit Los 269 wurde der Farbfehldruck der Östereichausgabe von 1867 versteigert. Der Ausruf war 350.000 Euro und der Zuschlag waren beachtliche 510.000 Euro.



Übrigens Heinz, hast du den Mauritiusbrief ersteigert? Auf der Internetseite vom ZdF hat Gärtner gesagt, das der Brief nach Europa ging und der Käufer deutschsprachig ist, beides trifft doch auf dich zu und du warst bei der Auktion dabei.

Gruss
Martin
 
Martin de Matin Am: 28.06.2021 19:50:18 Gelesen: 260813# 751 @  
@ merkuria [#75]

Ein weiteres Stück der Indien Dienstmarke MiNr.116 wurde am 18.6.2021 bei David Feldmann versteigert.

http://www.philasearch.com/de/i_9646_16489/3005_Indien_Dienstmarken/9646-A202106-71293.html?set_sprache=de&treeparent=COSUBGRP-30640&set_anbieter=9646&set_auktionnr=6889&postype=PH&page=2&row_nr=25&breadcrumbId=1624902919.415

Los 71293 Indien
SGO150d
Beschreibung:
1948 Gandhi Official 10r purple-brown and lake, showing SERVICE overprint, superb mint never hinged single, with fresh vivid colours, wonderful centring, an excellent example of this famous George VI rarity and one of the finest examples available, cert. BPA (2019) (SG £160'000)

Auktion Verkauft
Zuschlag (ohne Gewähr)
60.000,00 GBP
Ende der Gebotsabgabe:
Freitag 18.06.2021, 07:00 CEST



Dieses Exemplar ist ein anderes als im ersten Beitrag.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 28.06.2021 21:17:54 Gelesen: 260783# 752 @  
@ Martin de Matin [#750]

ha-ha!

Martin, ich hielt den Brief sogar in den Händen, aber am Freitag, 25.6.2021, VOR der Auktion.

Am Tage der Auktion, 26.6., war ich dann wirklich nur Zuschauer.

(ich bin KEIN Millionär)

Anbei noch die Tabelle (Beitrag 748).



Wenn ich es mir genau überlege, "gehören" mir die grossen Mauritius-Briefe auch ein wenig...

... ich war an der Auktion Christie's Zürich dabei, als der Bombay-Cover angeboten wurde



... ich war 1993 bei der David Feldman-Auktion dabei, als die Sammlung ex Kanai verkauft wurde (Bordeaux-Cover, Ball Invitation-Envelope)
... und jetzt war ich auch wieder dabei, beim Sensations-Verkauf

Zudem habe ich alle 5 Auktionskataloge (Beitrag 746/747). Also... irgendwie gehören die Briefe fast "zur Familie"....

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.07.2021 10:01:14 Gelesen: 259804# 753 @  
@ Heinz 7 [#331]
@ Heinz 7 [#336]

Vor einer Weile haben wir die phantastischen Raritäten "Österreich 1867, 3 Kreuzer Farbfehldruck (rot statt grün)" kennengelernt (siehe Beiträge 331-341).

Einer der Briefe ist nun an der Raritätenauktion bei Christoph Gärtner angeboten worden; es ist der Brief, der 2005 die Titelseite bei Corinphila schmückte.



Der Brief wurde am 26.6.2021 zu einem imposanten Preis von Euro 510'000 zugeschlagen. Er bestätigte damit den hohen Zuschlag von 2005; er übertraf ihn sogar.

Ich kopiere den Text des Auktionskataloges:

"Los-Nr.: 269 (aus Auktion Nr.: 50) Katalog-Nr.: Mi 67 Erhaltung: Brief Zuschlag: 510000.00 €
1867, 3 Kreuzer FARBFEHLDRUCK, 3 "Kreuzer rot statt grün", als Einzelfrankatur mit zentrischer Abstempelung "KÖBANYA 8.9.1867" nach Wien aus der bekannten Pfeiffer-Korrespondenz stammend. Dieser Farbfehldruck entstand im Frühjahr/Sommer 1867. Ein Druckstock der 3 Kreuzer Marke wurde versehentlich in die Druckplatte der 5 Kreuzer eingefügt. Vorliegender Brief wurde Ende der 1930er Jahre entdeckt. Es sind nur 2 Briefe bekannt, ein Briefstück und 3 Einzelmarken. Ein weiterer Brief befindet sich im Museum in Budapest. Der vorliegende Brief aus Privatbesitz ist eine der JUWELEN in der Weltphilatelie.

Er ist durchaus vergleichbar mit dem legendären Baden-Fehldruck auf Brief, von dem auch nur 2 Stücke existieren - ein Brief im Postmuseum Berlin und der andere wurde erst kürzlich in der Erivan Haub Raritätenauktion von 1,26 Millionen Euro Zuschlag verkauft.

Alles weitere entnehmen Sie dem ausführlichen Fotoattest von Dr. Ulrich Ferchenbauer."

Heinz
 
Gauss Am: 05.07.2021 11:05:49 Gelesen: 259788# 754 @  
@ Heinz 7 [#749]

Ist die rechte Marke beim Bombay-Brief sulfidiert?
 
Heinz 7 Am: 05.07.2021 14:20:23 Gelesen: 259732# 755 @  
@ Gauss [#754]

Sulfid-Schaden?

Heute wohl ja.

Ich habe den Brief allerdings längere Zeit nicht mehr mit eigenen Augen gesehen.

Heinz
 
marc123 Am: 06.07.2021 16:35:17 Gelesen: 259438# 756 @  
@ Gauss [#754]

@ Heinz 7 [#755]

Ich hatte einmal ältere Bilder des Briefs gezeigt, allerdings waren die Abbildungen damals nicht so gut wie heute. [1]
https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=292&CP=0&F=1 (Beitrag 131).

Der Brief befindet sich auf dem Titelbild vom Buch von Peter Feuser: 2000–2020 Zwanzig Jahre Bleisulfidskandal. [2]

Im Auktionskatalog von David Feldman (1. Dezember 2016) heißt es S. 21 allerdings "The stamps are of contrasting shades and impressions-the right stamp very sharp and the left a little heavier-indicative of the primitive printing methods of a single impression from a copper plate on a hand press. Both stamps are of a brilliant colour and fresh with unusually large margins all round."

Das Attest von 2015 bestätigt die Echtheit, geht aber nicht auf den Zustand der Marken ein.

Liebe Grüße
Marc

[1] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=292&CP=0&F=1 (Beitrag 131)
[2] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=14168&CP=0&F=1
 
Koban Am: 06.07.2021 17:35:33 Gelesen: 259406# 757 @  
@ marc123 [#756]

"allerdings"

Die Angaben im Auktionskatalog sind nicht nachvollziehbar! Derart "beschönigende" Prosa ist ein Armutszeugnis für den Anbieter, und m.E. nicht ansatzweise als Entgegnung auf das Buch/die Erkenntnisse von Peter Feuser geeignet.

Meint jedenfalls,
Koban
 
Heinz 7 Am: 07.07.2021 09:17:06 Gelesen: 259239# 758 @  
@ Gauss [#754]
@ marc123 [#756]
@ Koban [#757]

Werte Kollegen,

wir haben nun auch hier auf dieses Thema hingewiesen. Ausführliche Besprechungen zum Thema "Sulfid-Schäden" oder "Auktionsbeschreibungen" bitte hier nicht wiederholen bzw. in den bereits eröffneten Themen weiterführen. Danke!

Ergebnisse, die von allen ernstgenommen werden müssen, wurden behandelt in:
Thema: Peter Feuser: 2000–2020 Zwanzig Jahre Bleisulfidskandal
Dort ist auch die Frage von Gauss beantwortet.

Es ist durchaus möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass der Bombay-Brief 2016 noch in deutlich besseren Zustand war als heute.

Es gab schon Fälle, da genügte EINE internationale Briefmarkenausstellung, und eine zuvor wunderschöne Briefmarke veränderte ihr Aussehen stark - sei es durch direkte Sonneneinstrahlung (!), zu viel Licht, oder chemische Einflüsse! Ja - das gab es alles schon! Viele Briefmarken sind eigentlich lichtscheu, und sollten nicht ständig starkem Licht ausgesetzt werden.

Dass heute praktisch alle Briefmarken auch mehrfach und offenbar bedenkenlos gescannt werden ist sehr schlecht für die Erhaltung dieser Briefmarken!

Ein schlimmes Beispiel ist übrigens auch die wertvollste Einzel-Marke der Welt, die British Guyana 1856 One Cent. Wir kennen das Aussehen der Marke seit Jahrzehnten. Es hat sich leider deutlich verschlechtert.

Heinz
 
10Parale Am: 06.08.2021 11:02:00 Gelesen: 251134# 759 @  
@ forum,

diese alte Reichs-Postkarte, freigemacht mit einer 5 Pfennig Germania (Michel Nr. 55), lief am 16.08.1901 von Dresden nach Grünhainichen.

Auf der Bildseite sieht man 5 Briefmarken aus dem 19. Jahrhundert. Ich schätze mal spontan, dass die spanische Marke ganz links die wertvollste Marke ist.

Jeder wäre froh, wenigstens eine dieser Marken zu besitzen.

Liebe Grüße

10Parale


 
Jahnnusch Am: 06.08.2021 12:54:38 Gelesen: 251098# 760 @  
@ 10Parale [#759]

Könnte mal einer ausrechnen was die 5 Marken 1901 für einen wert 1901 hatten. Ich kann mir nicht vorstellen das der Ansender 100 Reichsmark da drauf geklebt hat. Die Marken waren zu der Zeit ja schon alle nicht mehr gültig.

mit freundlichen Grüßen
 
10Parale Am: 06.08.2021 19:24:05 Gelesen: 250993# 761 @  
@ Jahnnusch [#760]

Da liegt ein Missverständnis vor. Die 5 Marken sind nicht aufgeklebt worden, sondern gehören mit zu der Kunstkarte. Man bedenke, die Karte wurde 1901 im Verlag Emil Enke in Leipzig gedruckt. Die Philatelie war noch ein recht junges Hobby, steckte in den Jugendjahren. Ich weiß nicht, wann die ersten Sammler nachweislich in Erscheinung traten, vielleicht kann uns da ein Forumsmitglied weitere Infos geben.

Auf jeden Fall gab es 1901 noch eine überschaubare Zahl von Briefmarken und die Katalogisierung muss ein Riesenspaß gewesen sein, besonders die Bewertung.

Die 37½ Centimes aus Luxemburg wird augenblicklich im Michel Katalog mit 1.000 Euro bewertet. In einem Lipsia Katalog von 1954/55 fand ich sie mit 500 Mark bewertet, also ein guter Aufstieg, jedoch spielt sie hier im Bereich "wertvollste" Briefmarken wohl in der falschen Liga.

Liebe Grüße

10Parale


 
bayern klassisch Am: 06.08.2021 19:32:51 Gelesen: 250989# 762 @  
@ 10Parale [#761]

Hallo 10Parale,

in Grossbritannien und wenigen anderen Ländern gab es schon Anfang der 1850er Jahre engagierte Sammler.

Für die deutschen Staaten kann man sagen, dass um 1860 daraus für Einige ein Hobby wurde.

Der große "Run" setzte aber erst um 1880 ein, als die ersten Archive öffneten und Material aus 2. und 3. Hand verfügbar wurde und nicht auf eigene Korrespondenzen zurückgegriffen werden musste.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Heinz 7 Am: 06.08.2021 23:47:02 Gelesen: 250903# 763 @  
@ 10Parale [#759]

Du zeigst uns hier eine schöne Postkarte. Das Motiv (Briefmarken) war immer schon beliebt, damals, wie heute. Seltene Briefmarken wurden/werden besonders gerne gezeigt und gesammelt.

Du hast wohl recht, die Spanien-Marke von 1851 war damals die wertvollste der dargestellten Marken. Ihr Wert gemäss Katalog "Senf 1913" war 800 Mark, damit gehörte sie zu den wertvollsten Marken der Welt.

Auf Philaseiten haben wir dieser Spanien-Marke ein eigenes Thema gewidmet.

Die übrigen Briefmarken sind (waren) deutlich weniger wert. Im Katalog Senf 1913 fand ich:

Grossbritannien No. 54 (1880): 200 RM
Württemberg No. 42 (1873): 110 RM
Norwegen No. 1 (1855): 75 RM
Luxemburg No. 22 (1866): 40 RM

Liebe Grüsse

Heinz
 
marc123 Am: 07.08.2021 11:28:40 Gelesen: 250724# 764 @  
@ 10Parale [#759]
@ 10Parale [#761]
@ Heinz 7 [#763]

Es freut mich dass in diesem Thema auch einmal über eine Luxemburg-Marke gesprochen wird. Diese gelten allgemein nicht als so wertvoll wie andere Gebiete, was aber nicht heißen muss, dass sie nicht selten sind.

Die hier besprochene Marke zu 37½ Centimes hat zwar "nur" einen Katalogwert von ca. 1000 Euro ungebraucht und ca. 300 Euro gebraucht, aber auch nur eine Auflage von 24100 Exemplaren und damit die geringste Auflage der Wappenmarken. Wie viele ungebrauchte Marken noch erhalten sind weiß ich leider nicht, aber sicher weniger als von anderen klassischen Gebieten, die wesentlich teurer gehandelt werden.

Was aber äußerst selten für dieser Marke ist, sind Einheiten. Ungebraucht ist nicht einmal ein Paar bekannt. Gestempelt kenne ich 6 Paare, davon eins als Dreierstreifen auf Fragment in Buntfrankatur mit einer 12½ Centimes.



Und dann gibt es noch das Unikat. Der Viererblock an den eines der 6 Paare anpasste [1]. Der Katalogwert dieses einmaligen Stücks beträgt lächerliche 5000 Euro. Was wäre dieser wohl in einem anderen Sammelgebiet wert?

Auf Brief sind mir nur 5 Einzelfrankaturen und wenige Fragmente bekannt [2].
Ich denke, dass wir es hier zwar nicht unbedingt mit einer der berühmten und wertvollen Briefmarke der Welt zu tun haben, der Viererblock kann aber in Bezug zur Seltenheit hier mit einigen gezeigten Marken mithalten.

Liebe Grüße
Marc

[1] https://phila-dudelange.lu/cphd/de/beitraege/luxemburger-wappenausgabe/75-besondere-stuecke-der-luxemburger-wappenausgabe-2-der-koh-i-noor

[2] https://phila-dudelange.lu/cphd/de/beitraege/luxemburger-wappenausgabe/654-briefe-und-fragmente-37-5-c-fabig-durchstochen
 
Heinz 7 Am: 09.08.2021 21:58:58 Gelesen: 250353# 765 @  
@ marc123 [#764]

Lieber Marc,

Deine Beiträge im Cercle Phila Dudelange sind sehr interessant und zeigen, dass Du ein wunderbares, wertvolles Stück besitzest (der gezeigte Viererblock). Ich gratuliere herzlich!

Manch eine Briefmarke ist einzeln nicht sehr wertvoll, in Einheiten aber "explodieren" viele Wertansätze förmlich, weil die Grundmarke in Einheiten heute kaum (mehr) existieren. Das gilt z.B. auch für manch eine Schweiz-Marke.

Freundliche Grüsse
Heinz
 
marc123 Am: 10.08.2021 18:35:40 Gelesen: 250131# 766 @  
@ Heinz 7 [#765]

Lieber Heinz,

vielen Dank für die lieben Worte. Dieser Block gehört auch zu den absoluten Lieblingen meiner Sammlung.



(Abbildung Gärtner)

Da wir gerade einmal bei Luxemburg und Viererblocks sind, möchte ich noch einen bedeutenden ungebrauchten Viererblock der Michel Nr. 1 zeigen, das in der aktuellen (50.) Gärtner Auktion, Los 251, für 50,000 Euro liegen geblieben ist. Atteste liegen von Calves & Jacquart und von Martin Eichele bei. Wie Heinz so schön und richtig sagt: "Manch eine Briefmarke ist einzeln nicht sehr wertvoll, in Einheiten aber "explodieren" viele Wertansätze förmlich, weil die Grundmarke in Einheiten heute kaum (mehr) existieren.". Einzeln ist die Marke ungebraucht sicher keine Massenware aber in der Regel zwischen 500 und 1000 Euro je nach Qualität zu bekommen. Was der Block der liegen geblieben ist wirklich wert ist, wie soll man das beurteilen. Hier ins Thema gehört er meiner Meinung nach auf jeden Fall.



(Titelbild Sammlung Burrus 1963)

In der Losbeschreibung wird erwähnt, dass es sich um das am teuersten verkaufte Stück aus der Burrus Auktion von 1963 handelt.



(Links Sammlung Ferrari V 1922; rechts Sammlung Hind VII, 1934)

Was in der Gärtner Auktion aber leider nicht beschrieben wird, der Block stammt nicht nur aus der Burrus Auktion sondern auch aus der von Ferrari und der von Hind. Der Block stammt also aus drei der bedeutendsten Generalsammlungen.



(Ferrari V, 1922, der linke Rand ist breiter als heute)

Nach der Ferrari Auktion ist der Block links etwas gerade geschnitten worden.

Weiter heißt es in der Losbeschreibung bei Gärtner: "One of two (if there is another) or unique mint block of four of Luxemburg's first stamp". Die Frage ob es zwei ungebrauchte Viererblocks gibt/gab, stellt sich das Auktionshaus wohl aus der Beschreibung des Auktionskatalogs von Burrus "2 blocs connus" (zwei Blöcke bekannt). Diese Spannende Frage werde ich im zweiten Teil des Beitrags lösen.
 
marc123 Am: 12.08.2021 11:55:46 Gelesen: 249682# 767 @  
@ marc123 [#766]



(Heinrich Köhler 371, 2019)

Es existiert in der Tat ein zweiter ungebrauchter Viererblock. Dieser wurde erst kürzlich (September 2019) bei Heinrich Köhler für 3000 Euro ausgerufen und für 6500 Euro + Aufschlag zugeschlagen. Was ist der Viererblock aus dem vorherigen Beitrag also wirklich wert. 50 000 und 6500 Euro liegen weit auseinander, allerdings ist die Qualitätsunterschied groß. Bei Köhler wird der Block auch besonders schön mit einem Bild von Alfred H. Caspary präsentiert. Provenienzen spielen heute auch eine Rolle und ex Ferrari; Hind und Burrus zusammen sind wohl besser als "nur" ex Caspary.



(Sammlung Caspary 1957)

Der Zuschlag lag 1957 bei 240 Pfund.

Interessant ist auch dass vier der ganz großen Generalsammler einen solchen Block besaßen, die bedeutendsten Luxemburg-Spezialsammlungen allerdings nicht.

Liebe Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 13.08.2021 12:53:54 Gelesen: 249412# 768 @  
@ marc123 [#767]

Danke für diese Beiträge. Die Auktion 1957 war in den USA, und das Resultat war nur US$ 240.

Ein Preis von Euro 50'000 ist wohl sehrsehr viel für einen solchen Viererblock. Die Seltenheit steht zwar ausser Frage - aber Euro 50'000 ist auch sehr ambitioniert.

Es gibt Auktionshäuser (mehrere, vor allem auch in Deutschland), die setzen aufs Geratewohl sehr hohe Preise an. Beisst ein Käufer an, hatte der Anbieter wohl recht. "Schöner" für eine gerechte Preisfindung ist es aber, wenn Lose günstig angeboten werden, und dann der Markt entscheiden darf, auf welcher Höhe der Hammer fällt. In der Regel werden - bei guten Auktionshäusern - wirklich gute Stücke dann trotzdem gut bis hoch beboten, aber das ist natürlich keinesfalls sicher und oft gibt es auch Schnäppchenpreise, und der Käufer freut sich über einen (zu) tiefen Preis.

Herzlichen Glückwunsch aber an Dich, solltest Du der Käufer bei Köhler gewesen sein. Dann hast Du eine "Granate" preisgünstig erwerben können!

Heinz
 
marc123 Am: 15.08.2021 13:27:25 Gelesen: 248877# 769 @  
@ Heinz 7 [#768]

Lieber Heinz,

Du hast natürlich Recht, das Resultat war in Dollar.

Ich bin gespannt ob und für wie viel der Block eines Tages verkauft wird und werde dann berichten.

Der Käufer bei Köhler war ich nicht, ich weiß aber wer den Block gekauft hat.

Liebe Grüße
Marc
 
marc123 Am: 17.08.2021 12:02:58 Gelesen: 248349# 770 @  
@ marc123 [#767]



Ich habe den "Capary-Block" in 3 Behr Auktionen gesehen 12. 25.5.2011, Los 3904; 15. 1.3.2012, Los 4508 und 18. 13.12.2012, Los 4472.

Der Ausruf betrug jeweils 25000 Euro. Ich weiß aber nicht ob er zum Schluss verkauft wurde. Ich bin auch nicht komplett was die Behr Kataloge betrifft.

Die Beschreibung: "N°1, 10c. noir. Bloc de 4. Fraicheur exeptionnelle. Ex colletion Bolaffi. seul Bloc de 4 connu à ce jour. RRR".

Interessant ist die Beschreibung als Unikat, war der andere Block doch schon längst bekannt. Die Beschreibung ex Bolaffi hilft weiter.

Liebe Grüße
Marc
 
Olivier Nosbaum Am: 17.08.2021 18:02:17 Gelesen: 248270# 771 @  
@ marc123 [#770]

Hallo Marc,

danke für das Zeigen und Erwähnen der beiden Viererblocks der Erstausgabe von Luxemburg.

Ein Teil der Sammlung Bolaffi wurde im Dezember 2004 in Monaco ausgestellt, unter anderem dieser Viererblock. Vermutlich hat schon Giulio Bolaffi den Block 1957 auf der Caspary-Auktion gekauft, denn ebenfalls wurde das Los 642 (siehe [#767]) in Monaco in der Sammlung Bolaffi gezeigt,

leider bin ich auch nicht Besitzer einer dieser Blocks; beide befinden sich zur Zeit in Händlerhand,

beste Grüsse

Olivier
 
Heinz 7 Am: 19.09.2021 12:17:41 Gelesen: 240834# 772 @  
@ Heinz 7 [#462]
@ Heinz 7 [#463]

Wenn man von einer Zahl "12" die erste Zahl weglässt, so entsteht die Zahl "2" daraus. Beim Druck der primitiven Marken 1850 von British Guiana scheint genau dies passiert zu sein. Jedenfalls sieht die Marke auf diesem Brief nach einer "2 Cent" Marke aus, obwohl sie in der Farbe der "12 Cents"-Marke gedruckt wurde: blau!

Im umfassenden Handbuch zu British Guiana von 1970 von Townsend und Howe wird die Marke genau so beschrieben:

"12 Cents, with "1" of "12" omitted" und farbig abgebildet auf "Colour Plate A" nach Seite 32.



Ich habe bereits erwähnt, dass an den Ferrary-Auktionen dieser Brief zu wenig Beachtung fand. Wir dürfen wohl mit Sicherheit annehmen, dass Philipp La Renotière von Ferrary diese Rarität hoch einschätzte. Dafür spricht insbesondere die Tatsache, dass er die Marke nicht vom Brief ablöste, sondern sie auf dem Brief beliess! Das machte Ferrary nur ganz ausnahmsweise (er liess viele Marken von Briefen ablösen, weil er offenbar an Postgeschichte und Briefen kein besonderes Interesse hatte). Der 2-Cent-blau-Brief erhielt dann auch das Besitzerzeichen von Ferrary, den kleinen Kreis mit dem Dreiblatt-Kleeblatt.

Im Oktober 1921 kam der 2. Teil der Ferrary-Auktion zum Verkauf mit u.a. dem Los 199. Dort wurde dieser Fehldruck als "Variété" (also als Abart) bezeichnet, aber nicht abgebildet. Das war erstaunlich, denn sonst geizten die Auktionatoren nicht mit Fotos zu dieser Ausgabe. Nicht weniger als 49 "Cotton Reels"-Marken oder Einheiten wurden an dieser 2. Auktion verkauft, eine unglaubliche Anzahl (alle Ferrary-Auktionen zusammen gar 70 Units (Marken oder Paare)), wovon viele, viele fotographiert wurden.

Briefe mit "Cotton Reels" hatte Ferrary aber "nur" drei:

- Brief mit Paar der 2 Cents (schwarz auf blassrosa)
- ähnlicher Brief mit Paar der 2 Cents (schwarz auf blassrosa)
- oben gezeigter Brief mit Fehldruck 2 Cents blau.

Wie erwähnt wurde Los 199 der 2. Auktion dann nicht teuer verkauft, sondern ging zu einem sehr moderaten Preis weg. Wir dürfen vermuten, dass Maurice Burrus der Käufer war.

42 Jahre später tauchte dieser Brief wieder auf! Nun im Verkaufskatalog von Robson Lowe, als die ebenfalls legendäre Sammlung "BURRUS; 26 NOV. 63; BR. GUIANA" verkauft wurde.

Robson Lowe rückte nun aber das Los mit der blauen 2 Cents-Einzelfrankatur ins rechte Licht mit einem Schätzpreis von immerhin GB£ 5'000. Das war 1963 natürlich sehr viel Geld.

Auch Townsend & Howe würdigten diesen Brief 1970 in ihrem Handbuch. 1986 konnte Jakubek diesen Brief anbieten (siehe Beitrag 462).

Nun kommt dieser Brief wieder zur Auktion, am 14.10.2021 in Genf bei David Feldman: Los 30049. Der Katalogwert der Stückes wird angegeben mit GB£ 1'000'000 (Stanley Gibbons) bzw. US$ 950'000 (Scott). Auf welche Verkaufsdaten die Katalogherausgeber diese Werte begründen, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Schätzpreis bei Feldman ist nun GB£ 400'000 bis 600'000. Es ist das am höchsten geschätzte Los der Auktion "British Guiana; the "Imperium" Collection".

Wir dürfen gespannt sein!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.10.2021 10:08:29 Gelesen: 238721# 773 @  
@ Heinz 7 [#103]
@ Lars Boettger [#104]

Eine Briefmarke, die auf den ersten Blick einen Katalogwert von US$ 27.50 hat, erlebte in den letzten 46 Jahren einen kometenhaften Aufstieg, wurde schliesslich zu Millionenbeträgen gehandelt, und gilt bei einigen Sammlern als wertvollste US-Briefmarke überhaupt.

Wie ist das möglich? Was ist die Geschichte dahinter? Im monumentalen Buch von L.N. Williams: «Encyclopaedia of rare and famous stamps» (Band 1: 1993) ist diese Briefmarke nicht erwähnt… trotzdem bricht sie heute Rekorde?

Die Beantwortung dieser Fragen ist nicht einfach und einige Grundkenntnisse über die Briefmarken der USA sind hilfreich, um eine befriedigende Antwort zu finden.

Die zuverlässige Bestimmung von US-Briefmarken kann in Einzelfällen sehr kompliziert sein und ist oft nur den Spezialisten möglich. Sammler der US-Briefmarken werden sich in der Regel nach dem Scott-Katalog orientieren, doch ist diese Katalogisierung sehr anspruchsvoll (und weicht von der Michel-Nummerierung deutlich ab!), wie beiliegende Übersicht zeigt. Ich bezeichne mich nicht als Spezialisten für USA, und veröffentliche die nachfolgende Übersicht mit dem Vermerk: «s.e.e.o.» («sauf erreurs et omissions» / ohne Gewähr, anhand der Kataloge Michel 1968+2010 und Scott 2000).



Scott hat zwar nach 1938 die Nummerierung der US-Marken für frühe Ausgaben geändert, doch erfolgte dies offenbar nur für die ersten zwei US-Ausgaben, die Postmeister-Marken und die Carrier-Stamps.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.10.2021 10:14:39 Gelesen: 238716# 774 @  
@ Heinz 7 [#773]

Betrachten wir einmal die erste Marke der 3. Ausgabe der USA (1861) mit der Nominale «1 Cent». Es ist die Marke Michel 16, Scott 63.
Bild 1 – Scott Nr. 63



Das Foto/das Los stammt aus der Auktion von Christie’s New York: 28./29.9.1993: «The Ryohei Ishikawa Collection United States Stamps and Covers 1847-1869». Es zeigt eine Marke, die viele von uns kennen, hier hübsch im Viererblock. Trotzdem war der Schätzpreis nicht hoch: US$ 200-300.

Wenn nun dieselbe Marke aber eine Waffeleinprägung hat, wird die Angelegenheit kompliziert. Was eine Waffeleinprägung ist, und warum sie angebracht wurde, dazu übermittle ich einen Text aus «Wikipedia» vom 30.9.2021.

«Waffeleinpressung



G-Grill-Einpressung auf der Rückseite einer US-amerikanischen Briefmarke

Eine Waffeleinpressung bei Briefmarken ist eine Sicherheitsmaßnahme gegen nochmalige Verwendung der Marke. In diese Briefmarken wurde durch eine Gaufrage ein waffelförmiges Muster (englisch grill) eingeprägt, welches die Stempelfarbe besser aufnehmen sollte. Hierbei wurden die Fasern des Papiers durchbrochen, die Stempelfarbe konnte dort besser eindringen und das Abwaschen der Farbe wurde erschwert.[1] Diese Schutzmaßnahme gab es bei Briefmarken aus den Vereinigten Staaten in den 1860er und 1870er Jahren und bald darauf in Peru.

Die Gittertypen der USA sind nach dem chronologischen Erscheinen nach dem Alphabet durch William L. Stevenson eingeteilt worden.[2] Bereits davor gab es Ansätze sie zu klassifizieren, aber das System von Stevenson ist seitdem der Standard.[3] «

Interessant ist, dass vor mehr als 11 Jahren auf «Philaseiten» unter folgendem Thema «Waffeleinpressung als Schutz gegen Wiederverwendung von Marken» genau diese Thematik besprochen wurde, allerdings nicht anhand von Briefmarken der USA, sondern von Briefmarken von Peru (24 Beiträge, im Zeitraum vom 15.11.2009-4.1.2010).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.10.2021 10:16:45 Gelesen: 238714# 775 @  
@ Heinz 7 [#774]

Diese Waffeleinprägungen sind in den USA natürlich seit dem XIX. Jahrhundert bekannt, meines Wissens kennt man dazu heute 11 (!) verschiedene Typen:

Grill A, Grill B, C, D, E, F, G, H, I, J, Z.

Der Briefmarkenkatalog «Scott» teilte allen Marken mit Waffeleinprägungen eigene Hauptnummern zu! So erhielt die «1 Cent»-Marke von 1861 drei weitere Hauptnummern. Extrem war es bei der «3 Cent»-Marke, die 7 zusätzliche Hauptnummern bekam!

Der Sammler William L. Stevenson hatte anfangs des 20. Jahrhunderts Mühe mit der Zuteilung einer speziellen Waffeleinprägung, und nannte diese Variante darum den «Z-Grill», also ausserhalb der Buchstabenfolge A-J. Aber die Marken 1861 mit Z-Grill wurden schliesslich auch als Hauptnummern katalogisiert, nur fehlten Scott dazu «freie Nummern».

Scott 63-78 (ohne 66+74): Marken ohne Waffeleinprägung
Scott 79-81: Marken mit Waffeleinprägung «Grill A»
Scott 82: Marke mit «Grill B»
Scott 83: Marke mit «Grill C»
Scott 84-85: Marken mit «Grill D»
Scott 86-91: Marken mit «Grill E»
Scott 92-101: Marken mit «Grill F».

Grill Z sollte gemäss damaliger Meinung zwischen Grill D und Grill E eingeordnet werden, also behalf sich Scott mit folgenden Zusatznummern:

Scott 85A: 1 Cent-Marke, Grill Z
Scott 85B: 2 Cents-Marke, Grill Z
Scott 85C: 3 Cents-Marke, Grill Z
Scott 85D: 10 Cents-Marke, Grill Z
Scott 85E: 12 Cents-Marke, Grill Z
Scott 85F: 15 Cents-Marke, Grill Z

Somit ergaben sich für die 1 Cent-Marke folgende Katalognummern:

Scott 63: Marke ohne Grill
Scott 85A: Marke mit Grill Z
Scott 86: Marke mit Grill E
Scott 92: Marke mit Grill F.

Michel summiert diese Marken mit Waffeleinpressung unter der Nummer 16 W.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.10.2021 10:18:53 Gelesen: 238712# 776 @  
@ Heinz 7 [#775]

Die Scott Nummern 63, 85A, 86, 92 sehen also alle gleich aus, doch ihre Katalogwerte liegen gewaltig auseinander (Notierungen für gestempelte Stücke, Katalog «Scott 2000»)

No. 63 = US$ 27.50
No. 85A = US$ 935'000.00
No. 86 = US$ 425.00
No. 92 = US$ 160.00

Die 85A war also im Katalog 2000 34'000 x höher bewertet als die bildgleiche Marke 63!

Ishikawa hatte auch schöne Exemplare der Scott Nr. 86 (Sechserblock!) und der Nr. 92 (ebenfalls Sechserblock).



Aber er hatte kein Exemplar der Scott Nr. 85 A.

Dies ist aber nicht weiter erstaunlich, denn von der Scott Nr. 85 A sind nur zwei Stück bekannt! Ein Exemplar ist ungebraucht, das andere gestempelt. (Dies galt 1925, heute scheint es anders).

Das ungestempelte Stück ruhte einst in der grossartigen Sammlung von Benjamin K. Miller (1857-1928) (siehe Wikipedia). Er verschenkte seine Sammlung 1925 an die «New York Public Library». Heute ist sie im Smithsonian’s National Postal Museum, nachdem die Sammlung in der NYPL Opfer eines Diebstahls wurde! (153 Briefmarken wurden entwendet, 81 konnten wieder gefunden werden, einige von ihnen aber verändert, um ihre Herkunft zu verschleiern). So vielleicht auch «unsere» 1 Cent-Marke Grill Z, die heute offenbar gestempelt ist. Haben hier die Diebe die Marke verändert, um ihre Spur zu verwischen? Ab 1977 wurde die Miller-Sammlung aus Sicherheitsgründen nicht mehr ausgestellt; erst rund 30 Jahre später (am neuen Ort).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.10.2021 10:21:41 Gelesen: 238711# 777 @  
@ Heinz 7 [#776]

Die gestempelte Marke «PHILA…» (=Philadelphia) wurde erst 1915 oder 1916 vermutlich von Sammler William L. Stevenson gefunden (gemäss Informationen von Scott Trepel). Offenbar wurde sie später aber vermisst, und erst 1957 bei den Händlern Henry Kuhlmann / Carl Subak wiedergefunden. Es war damals somit das einzige Stück, das man hätte kaufen können. Der sehr angesehene Sammler Lester Brookman kaufte die Marke, die er in seinen wegweisenden Handbüchern schon beschrieben hatte. Die Marke gelangte in die Sammlung Wilbur Schilling, vermutlich gegen einen stolzen Preis. Die Marke, die im Scott-Katalog 1939 noch unbewertet war, wies im Katalog Scott 1970 nun einen Katalogwert aus von US$ 25'000; das war damals sehr viel Geld und dies war eine der höchsten Katalognotierungen weltweit.

Die Marke wurde 1975 offenbar erstmals öffentlich verkauft durch Robert A. Siegel, New York.



Die 1 Cent-Marke wurde im Rarity-Sale 1975 angeboten, und gut verkauft. Der Katalogwert damals lag bei US$ 25'000 und der Auktionserlös war US$ 42'500.

Doch bereits 1977 wurde die Marke zum zweiten Mal an einer öffentlichen Auktion angeboten.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.10.2021 10:24:21 Gelesen: 238708# 778 @  
@ Heinz 7 [#777]

Wer der Einlieferer war, ist (mir) nicht bekannt, vielleicht war es Mr. And Mrs. Alvin R. Kantor, die im Auktionskatalog genannt wurden. Unverständlich für mich ist aber die unspektakuläre Anpreisung dieser Rarität! Sotheby Parke Berner Stamp Auction Co., Inc., Danbury, Ct. gab einen unscheinbaren Katalog heraus, auf dessen Titelseite nicht etwa das Unikat zu sehen war, sondern eine unwichtige Marke (Scott no. 17, mit einem Katalogwert von US$ 82.50).



Auf Seite 12 des Kataloges, der nur 313 Lose anbot, hatte es dann aber in sich: «A complete showing oft he «Z» grills» war hier zu sehen:

Los 105: Scott 85A: 1 Cent-Marke, Grill Z
Los 106: Scott 85B: 2 Cents-Marke, Grill Z
Los 107: Scott 85C: 3 Cents-Marke, Grill Z
Los 108: Scott 85D: 10 Cents-Marke, Grill Z
Los 109: Scott 85E: 12 Cents-Marke, Grill Z
Los 110: Scott 85F: 15 Cents-Marke, Grill Z



Immerhin war das Los 105 korrekt beschrieben und auch die Preisangabe (US$ 50'000) gab einen Hinweis auf die Seltenheit des Stückes. Vermutlich stand 1977 die Scott-Katalognotierung damals bei diesem Wert.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.10.2021 10:26:32 Gelesen: 238707# 779 @  
@ Heinz 7 [#778]

1985 gab die bekannte Journalistin Donna O’Keefe den zweiten Band einer sehr interessanten Serie heraus: «Linn’s Philatelic Gems». Band 2 von 1985 listete auf Seite 154 nun diese Marke Scott 85A auf, mit einigen Hintergrundinformationen. Wichtig ist ihre Angabe: «Value: $ 110,000». Dazu schreibt sie, dass die Firma «Superior Stamp and Coin Company» Los 105 für US$ 90'000 gekauft hatte. Das Stück wurde offenbar noch im selben Jahr weiterverkauft an Dr. Jerry Buss.

Warum z.B. Ryohei Ishikawa das Stück offenbar nicht kaufen wollte, entzieht sich meiner Kenntnis. Ishikawa baute in diesen Jahren eine sehr bedeutende USA-Sammlung auf und Geld spielte dabei offenbar keine grosse Rolle.

Nur 9 Jahre später konnte «Superior Stamp and Coin Company, Beverly Hills, California» das Stück zum zweiten Mal verkaufen. Per Auktion brachte sie u.a. die «Dr. Jerry Buss Collection» zum Verkauf.



Nun wurde die Marke verkaufsfördernd angepriesen, und dies verfehlte die Wirkung nicht. Buss hatte das Glück, dass Sammler Robert Zoellner eine «USA komplett»-Sammlung zusammentragen wollte, MIT der Scott Nr. 85A. Das Los stiess dann auf grosses Interesse, und wurde erst bei US$ 380'000 zugeschlagen (plus 10 % Aufgeld, also US$ 418'000).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.10.2021 10:29:15 Gelesen: 238703# 780 @  
@ Heinz 7 [#779]

Doch damit war das Ende noch immer nicht erreicht. Robert A. Siegel durfte 1998 die Robert Zoellner-Sammlung anbieten. (Im Katalog sind beide Scott 85A abgebildet, so auch die früher ungebrauchte Marke aus der Sammlung Miller. Nun trägt sie offenbar einen unklaren (Falsch-) Stempel!).



Der Preis des «Philadelphia»-Exemplares (Los 226) lag 1998 bei beeindruckenden US$ 850'000 plus 10 % = US$ 935'000. Der Käufer des Loses war angeblich Donald Sundman. Dieser tauschte die Briefmarke einige Jahre später gegen einen Viererblock der «Inverted Jennies», welchem ein Wert von US$ 3 Millionen zugerechnet wurde (gemäss Wikipedia). Seither ist die Briefmarke wohl im Besitz des Sammlers William Gross, der in den letzten 20 Jahren schon viele Käufe und einige sehr publikumswirksame Verkäufe gemacht hat.

Damit will ich die wichtigsten Erkenntnisse zu dem kometenhaften Aufstieg einer äusserlich unscheinbaren Briefmarke abschliessen. Meine geäusserte Absicht (16. Juni 2015) konnte ich endlich umsetzen. Die mir bekannten/vermuteten Besitzer der zwei Exemplare dieser speziellen Marke, die eigentlich «nur» eine Abart der Scott Nr. 63 ist, seien hier noch tabellarisch aufgelistet.



(Schluss)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.10.2021 13:18:16 Gelesen: 232977# 781 @  
Nur relativ wenige Briefmarken konnten von Leon N. Williams in seinem monumentalen Werk „Encyclopaedia of rare and famous stamps“ berücksichtigt werden. Band 1 erzählte die „Stories“ (1992), Band 2 listete einige Marken auf und zeigte, wann und wo die Briefmarke auftauchte und welchen Sammlern sie gehörte („2. The Biographies“ 1997). Ich habe diese Bücher schon oft genannt, wenn ich Artikel zum Thema „die seltensten und wertvollsten Briefmarken“ schrieb.

Eine Briefmarke, die bei Williams in beiden Bänden erwähnt wurde, ist die „Fiji, 1881 (April) 2d. error of colour: ultramarine instead of yellow-green“.

Die Marke hatte die Katalognummer Stanley Gibbons 95a (Stanley Gibbons Katalog „Stamps of the world 1939“). Im Michel Katalog 1968/69 habe ich die Marke nicht gefunden, ebenso wenig wie im Katalog Michel „Wertvolle Briefmarken aus aller Welt“ (2010). Scott listet die Marke als no. 41b.

Eine ausgezeichnete Beschreibung und Würdigung dieser Briefmarke erfolgte im Jahr 1987, als Donna O’Keefe im Büchlein „Linn’s Philatelic Gems 3“ auf 167 Seiten weitere Raritäten vorstellte.



Seite 58-62 behandelte eben diese Marke „The Fiji error“. Daraus sei erwähnt: 1878 erschien eine neue Briefmarkenserie von Fidschi, welche ein „V.R.“ Monogram unter einer Krone zeigte. Der 1 Penny-Wert war in ultramariner Farbe gedruckt, der 2 Pence Wert in grün. Die Marken sind gelistet bei Michel (1968/69) als Nummern 18a und 19 und hatten einen Katalogwert von DM 6.00 bzw. DM 7.00.

1881 wurden bei der Druckerei weitere 50‘000 Marken der Wertstufe 2d und 30‘000 Marken der Wertstufe 6d bestellt; sie sollen am 11.4.1881 geliefert worden sein. Allerdings waren die 2d Marken ultramarin (statt grün). Sie wurden darum zurückgeschickt und sollten vernichtet werden. In einem Archiv findet sich ein Eintrag 24.7.1890: „We have this day destroyed by fire 49,940 Postage Stamps (twopenny stamps colored blue in error) - R. Scott, D.J. Chisholm“). (sic: "twopenny" statt "two Pence").

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.10.2021 13:22:20 Gelesen: 232973# 782 @  
@ Heinz 7 [#781]

Die erste Erwähnung dieses philatelistischen Fehlers in der Fachpresse erfolgte gemäss O’Keefe erst im Dezember 1892 (im „London Philatelist“). Dort wurde gesagt, dass nur ein Exemplar von diesem Fehldruck noch bestehe und dieses an Briefmarkenkönig Ferrary verkauft worden sei.

Allerdings kamen später drei weitere Marken ans Tageslicht. Edward D. Bacon berichtete, dass die Sammlung des Königs Georg V. diesen Fehldruck auch beinhalte. Bacon nahm an, dass nur zwei Exemplare davon existieren (Vortrag vom 4.11.1926).

Doch Williams listet (1997) vier Marken auf:

I. 1892 erste Eintragung: Kauf durch Hilkes, Kirkpatrick & Co. und Weiterverkauf an Ferrary
II. Datum unbekannt: Marke 2 kommt in die königliche Sammlung
III. A.W. Cox erwirbt Marke 3. Datum unbekannt. 1933 wurde die Cox-Sammlung verkauft bei H.R. Harmer, London
IV. Im Archiv von Crown Agents‘ Philatelic Security and Printing Archive befand sich Marke 4. Datum des Einganges unbekannt. Sie kam später in die British Library collection.

Daraus ist ersichtlich, dass nur Marke 1 + 3 für Sammler verfügbar waren.

Nun interessieren uns bestimmt die seltenen Gelegenheiten, als solche Marken zum Verkauf standen. Da eine genaue Recherche von noch offenen Fragen Zeit erfordert, möchte ich heute Exemplar I noch nicht detailliert vorstellen. Aber … eine traurige Geschichte vorweg:

Die Marke existiert heute nicht mehr! Sie fiel am 16. Februar 1983 einem australischen Buschfeuer zum Opfer. John Gartner, ein grosser Sammler aus Australien hatte die Briefmarke (wohl 1975 oder etwas später) gekauft. Am 16. Februar 1983 fiel sein Haus den Flammen zum Opfer. Es verbrannten nicht nur seltene Briefmarken, sondern auch eine 25‘000-Einheiten-Bibliothek! (siehe Bericht O’Keefe, scan aus Seite 61).



(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.10.2021 13:26:04 Gelesen: 232970# 783 @  
@ Heinz 7 [#782]

Damit rückt unsere Marke Nr. 3 noch stärker in den Fokus unserer Betrachtung. 1933 wurde sie gemäss Williams erstmals öffentlich verkauft: H.R. Harmer Ltd. London, A.W. Cox Collection. Gemäss Williams tauchte die Marke erst 53 Jahre später wieder auf.



1986 fand in den USA eine grosse internationale Briefmarkenausstellung statt („Ameripex `86“). Dazu gab das Haus Harmers (New York / San Francisco / London) eine Verkaufsbroschüre heraus, in der 107 Raritäten angeboten wurden.

Los 62 interessiert uns heute besonders:



Wir kennen den Käufer nicht, gut möglich, dass es Peter Robertson war.

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.10.2021 13:40:08 Gelesen: 232965# 784 @  
@ Heinz 7 [#783]

Sechs Jahre nach 1986 konnte Christie’s Robson Lowe, London, die Peter Robertson Sammlung versteigern und hier wurde die Marke gross angepriesen.



Los 106 wurde auf Seite 20 beschrieben. Der Verbleib der anderen drei bekannten Marken wurde aufgelistet (inkl. Hinweis auf den tragischen Verlust der Marke ex Ferrary). Los 106 hatte einen Schätzpreis von GB£ 15'000. Gemäss Angabe von Williams blieb Los 106 aber unverkauft.

Schon vier Jahre später aber wurde die Marke schon wieder angeboten!

Shreves Philatelic Galleries, Inc., konnte 1996 die «Gibralter»-Sammlung «Great Britain & British Commonwealth» anbieten. Als wichtige Rarität wurde Los 244 auch farbig auf der Titelseite gezeigt: «unsere» Fiji Marke 3.



Gemäss Ergebnisliste wurde das gute Stück auch tatsächlich verkauft: Los 244 erzielte US$ 32'500, dazu kamen 10 % Aufgeld. Interessant: der Preis (ohne Aufgeld) entsprach genau dem Preis, den O’Keefe der Marke zugeteilt hatte ($ 32'500), aufgrund einer Scott-Notierung in dieser Höhe.

Man mag sich wundern, dass dieses extrem seltene Stück nicht noch teurer wurde. Dabei spielt sicher eine Rolle, dass die Marke offiziell nie verausgabt wurde. Sie hat also einen ähnlichen Status wie die «Gscheidle-Marke» Deutschland (Michel XIII) oder die Audrey-Hepburn Marke Deutschland (Michel XIX).

Aber sie ist viel seltener. Sie gilt wohl zu recht als einzig verfügbares Exemplar. Obgleich wir nicht ganz ausschliessen können, dass weitere Exemplare der Marke bestehen, denn gemäss Protokoll wurden nur 49'940 zerstört (siehe Beitrag 781). Über die 56 "fehlenden" Marken weiss man aber meines Wissens seit 131 Jahren nichts. Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Exemplare dieses Farbfehldruckes auftauchen, ist sehr gering.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 24.10.2021 14:40:25 Gelesen: 232936# 785 @  
@ Heinz 7 [#782]

Vielleicht greife ich dir bezüglich des Stücks aus der Ferrary-Sammlung vorweg oder es ist hilfreich. im Band 2 des Kohlhandbuchs Seiten 449 - 451 wird der Fehldruck aufgeführt. Dort steht, dass das Stück von Ferrary bei der VII. Auktion für 1500 Fr. in einem Lot mit weiteren Marken an A. Hind verkauft wurde. Es müsste sich demnach um Los 326 mit 164 Marken handeln.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 24.10.2021 19:57:03 Gelesen: 232860# 786 @  
@ Martin de Matin [#785]

Lieber Martin,

ich habe das Sammellos bei Ferrary auch gefunden; es war wirklich dieses Sammellos 326! Es war natürlich wenig verkaufsfördernd, dass diese Marke nicht einzeln angeboten wurde.

Das Kohl Briefmarken-Handbuch habe ich auch betrachtet, habe aber keinen Hinweis gefunden. Ich habe "nur" das Handbuch von 1914/1915 konsultiert (10. Ausgabe).

Offenbar hast Du eine spätere Auflage zitiert.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 24.10.2021 21:02:44 Gelesen: 232824# 787 @  
@ Heinz 7 [#786]

Es steht in der 11. Auflage des Band 2 von 1928. Dort wird von zwei bekannten Exemplaren geschrieben; dem von Ferrary und das Stück der königlichen Sammlung. Eine Preisangabe gab es nicht, es gab nur die Katalognr. 18Fa.

Im Gibbons von 1920 wird die Marke als Nr. 95a aufgeführt aber auch ohne Preis.

Gruss
Martin
 
Martin de Matin Am: 01.11.2021 14:28:15 Gelesen: 231445# 788 @  
Nachdem ich die ganzen vorherigen Beiträge durchgegangen bin, müsste bisher über ein besonderes Stück von Australien noch nicht gezeigt worden sein.

Am 1.1.1850 verausgabte der Australische Staat Neusüdwales seine ersten Marken. Die Marken hatten die Wertstufen 1 Penny, 2 Pence und 3 Pence. Von den einzelnen Wertstufen gibt es teilweise mehrere Platten. Die meisten (5 Stück) sind von der 2p. Die Platte zwei der 2p bestand aus 24 Marken mit 2 Reihen zu 12 Stück. Einige Sammler kennen ja die Zwischenstege der ersten Marken von Bayern oder die Kehrdrucke der ersten Frankreichmarken, aber die wenigsten kennen das einzig vollständig erhaltene Kehrdruckzwischenstegpaar der Erstausgabe von Neusüdwales. Bei dem Zwischenstegkehrdruckpaar sind die Felder 1 und 12 von zwei Bogen zu sehen.



Der oben gezeigte Brief wurde 1903 vom Briefmarkenhändler Fred Hagen entdeckt. Der Brief soll in der Clarke und Meinertzhagensammlung befunden haben, ehe er über den Händler Thomas Allen im Jahr 1940 an Alfred F. Lichtenstein verkauft wurde. Am 14.5 1990 wurde der Brief dann bei Harmers of New York als Los 60 versteigert. Der Zuschlag erfolgte bei 45.000 Pfund (rund 75.000 Dollar).

Am 8.11.1995 wurde der Brief bei Robert Siegel Auktionen in New York als ein Stück der hervorragenden Neusüdwalessammlung von V.P. Manwood versteigert. Das Los brachte 150.000 Dollar. In fünf Jahren also eine beträchtliche Steigerung. In der Sammlung befanden sich einige extrem seltene Stücke, wobei ich von einem etwas traurigen Stück (ex Ferrary) später berichten werde.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 02.11.2021 22:59:20 Gelesen: 231121# 789 @  
@ Martin de Matin [#788]

"It is undoubtedly the rarest variety of any of the Australian States".

Mit diesen Worten würdigte kein Geringerer als Leon N. Williams den Brief mit dem kopfstehenden Kehrdruckpaar in seinem monumentalen Werk: "Encyclopaedia of rare and famous stamps" (Band I, 1993, Seite 234+235).

Die Australischen Staaten sind nicht arm an schönen, seltenen Briefmarken und Briefen, daher sollte uns dieser Preis nicht überraschen. Der Brief tauchte 1990 zum ersten Mal nach rund 50 Jahren öffentlich auf (an der Auktion Louise Boyd Dale, Harmers of New York), nachdem ihr Vater Alfred Lichtenstein den Brief wohl um 1940 vom Händler Tom Allen kaufte (alle diese Angaben gemäss Hinweisen von Williams). Die Auktion wurde nicht in New York, sondern bei der Schwester-Gesellschaft Harmers of London, in London verkauft; darum auch ein Ergebnis in GB£.

Die Marke "Sydney views, Two Pence blue", ist nicht sooo selten, aber als kopfstehendes Kehrdruckpaar ist es meines Wissens ein Unikat. Der Brief wurde in Sydney aufgegeben am 30 July 1850 und verschickt nach Melbourne (Ankunftsstempel auf der Rückseite).

Sammler hatten immer schon eine Schwäche für Kehrdruck-Paare (Tête-bêche pairs), das zeigen auch mehrere Beispiele aus anderen Staaten. Nicht zuletzt das 27-Parale-Tête-bêche-Kehrdruckpaar von Rumänien (Fürstentum Moldau) zählt ebenfalls zu den ganz begehrten philatelistischen Raritäten der Welt. Siehe [#242].

Wir haben dieses Markenpaar schon etwas besprochen, darum hier statt einer Wiederholung nur der Hinweis auf die Beiträge [#242] bis [#245].

Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.11.2021 21:29:48 Gelesen: 230849# 790 @  
@ Martin de Matin [#788]

Ich hatte noch nicht die Möglichkeit, den Siegel-Katalog 8.11.1995 zu studieren. Aber es wundert mich, dass unser Brief dann verkauft wurde "ex Manwood" (wie Du schreibst).

Hintergrund: Wenige Monate zuvor wurde dieser Wunderbrief an einer Ausstellung in London gezeigt:

"Rare Stamps of the World" eine Ausstellung im Claridge's Hotel, London, fand statt am 6.-8. Juli 1995. Auf Seite 16/17 stelle Dale Forster diesen Brief aus.



Nichts deutet darauf hin, dass dieser Brief damals Herrn Manwood gehörte. Wenn er aber in der Sammlung Dale Forster, USA, war, wieso wurde er dann bereits ein halbes Jahr später von einem anderen Sammler verkauft?

Ich versuche, den Siegel-Katalog zu konsultieren, vielleicht steht da etwas.

Dass ich dem TB-Paar von New South Wales in Beitrag 789 das TB-Paar vom Fürstentum Moldau (27 Parale) gegenüberstellte, hat noch einen besonderen Grund: Beide diese Einheiten entstanden, weil der Papierbogen bei der Produktion gedreht werden musste! Beim Rumänien-Kehrdruck wurden zwei Reihen aufrechte Marken gedruckt, dann drehte man das Blatt und weitere zwei Reihen zu 8 Marken wurden gedruckt - kopfstehend zu den ersten 16 Marken.

AAAAAAAA
AAAAAAAA
KKKKKKKK
KKKKKKKK

Ein senkrechtes Paar aus der 2. und 3. Reihe hängt also kopfstehend zueinander zusammen.

Bei New South Wales, 2 Pence, war es offenbar ähnlich:

"a print and turn method was used for the the unusually shaped 2d. plate, resulting in two panes, each of twenty-four stamps, inverted in relation to the adjoining pane."

Ebenfalls gemäss Ausstellungs-Handbuch 1995 wurde der Brief 1990 übrigens zum ersten Mal an einer öffentlichen Auktion verkauft. 140 Jahre nach der Ausgabe dieser Briefmarke!

Heinz
 
Martin de Matin Am: 03.11.2021 22:07:41 Gelesen: 230836# 791 @  
@ Heinz 7 [#790]

Hier zeige ich die Titelseite 770. Siegel-Auktion und das darin enthaltene Vorwort.



Für mich sieht es so aus, das der Brief V.P. Manwwod gehörte.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 03.11.2021 22:33:27 Gelesen: 230823# 792 @  
@ Martin de Matin [#791]

Okay. Danke. Ich habe die Lösung.

Der "Name" V.P. Manwood war offenbar ein Pseudonym.

Siehe: "Meilensteine der Philatelistischen Literatur des 19. Jahrhunderts" von Wolfgang Maassen, "Supplement"-Band 2014 (ISBN 978-3-932198-23-6).

Auf Seite 173 wurde eine sehr nützliche Liste veröffentlicht "Anhang 2: Pseudonyme, von Brian Birch".

Auf Seite 187 finden wir (sechsletzte Zeile): "V.P. Manwood = Dale Forster". Also haben wir beide recht!



Schön, dass Du diesen Katalog Siegel hast!

Liebe Grüsse

Heinz
 
Martin de Matin Am: 07.11.2021 10:15:57 Gelesen: 229944# 793 @  
@ Martin de Matin [#788]

Jetzt komme ich zu einem ehemals sehr bedeutenden Stück von Neusüdwales. Ab Ende 1851 wurde ein neues Motiv (Lönigin Viktoria) anstelle der bisherigen Stadtansichten von Sidney gewählt. Bis April 1853 wurden alle drei Wertstufen ersetzt und mit den Wertstufen 6p und 8p ergänzt. Die 3p wurde 1852 ausgegeben. der Katalogwert einer 3p ungebraucht war nach Michelkatalog 2002/3 bei 1900 Euro. Bei der dritten Ferraryauktion wurde mit Los 132 ein Bogenteil mit 38 Marken versteigert. Der Zuschlag waren 40.000 Fr.; als Vergleich der die 1cent von Britisch Guyana wurde bei der gleichen Auktion für 300.000 Fr. zugeschlagen.



Nach Angaben aus dem Katalog der V. P. Manwood_Sammlung (Dale Forster) ging die Einheit in den Sammlungen von Hind, Caspary und Lilly. Nun komme ich zu dem traurigen Teil welches die Einheit betrifft. Die Einheit wurde nach der Lillyauktion zerteilt (Datum?); das gleiche Schicksal wie es wohl auch dem Bogen der 1Dollar Kolumbusmarke der USA aus der Lillysammlung ereilte.

In der V. P. Manwood_Sammlung (Dale Forster) war der linke Teil des Ferrarybogenteils als 15er-Block vertreten. Der Schätzpreis war 75.000 bis 100.000 Dollar, aber es erfolgte kein Zuschlag.



Das zerteilen der Einheit ist schon traurig genug, aber wenn man sich den rechten Rand der Einheit ansieht, dann fehlen einem die Worte. Bestenfalls kann man sagen, wie zerstört man fünf Marken.

Vielleicht hat jemand noch eine Farbabbildung des ursprünglichen Bogenteils, und es würde mich interessieren wie die anderen abgetrennten Teile des Bogenteils jetzt aussehen.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 12.11.2021 00:40:23 Gelesen: 228951# 794 @  
@ Martin de Matin [#788]

Sage nie einem Neuseeländer, er sei Australier! Oder umgekehrt! Neuseeland und Australien sind zwar beide "down under", aber ansonsten "total verschieden", hat man mir beteuert, Und zwar von beiden Seiten.

Nun, uns brauchen solche "Feinheiten" nicht übermässig zu interessieren, aber ich muss von Australien (New South Wales) einen Sprung machen zu Neuseeland, wenn ich das zweitteuerste Los der Auktion 14.5.1990¨: Harmers of New York, Auction in London: "The Louise Boyd Dale and Alfred F. Lichtenstein Collections: Australasia" vorstellen möchte.

Platz 1 gehört - Du hast es bereits erwähnt - mit Abstand New South Wales, das wunderbare, einzigartige Sydney View Tête-bêche-Paar 2 Pence blau auf Brief, das immerhin GB£ 45'000 einspielte. 1990 war dies noch ein stattlicher Betrag.

Weit abgeschlagen auf Platz 2 der teuersten Lose dieser Auktion kommt
Los 305: Neuseeland, 1855, One Penny ungebraucht (Michel Nr. 1): GB£ 18'000 (+10 % Zuschlag)

nicht ganz so hoch schaffte es Los 307

Los 307: Neuseeland, 1855, 1 Shilling ungebraucht (Michel Nr. 3): GB£ 14'000



Diese zwei Marken "Chalon Heads" sind ungebraucht sehr selten. Leider waren sie im Senf 1912/1913 nicht bewertet (nur gestempelt), aber im Kohl-Handbuch 1915 finden wir Preisangaben: stolze 800 bzw. 1800 wurden notiert, was sie in der Spitzengruppe der teuersten Marken vor hundert Jahren weit vorne einreihte.

Im Auktionskatalog 1990 waren beide Marken bewertet (Katalog) mit je GB£ 25'000. Die Zuschlagpreise lagen also deutlich darunter.

In der Wertentwicklung der Jahre 1910-1990 konnten also die Spitzen von Neuseeland nicht mithalten mit den Preisentwicklungen, die wir bei anderen Superraritäten schon beobachten konnten.

Noch ein Wort zum Auktionskatalog. Zu Los 307 wurde im Auktionskatalog eine falsche Abbildung gezeigt! (eine gestempelte Marke der 2 Pence). Das richtige Foto zu Los 307 (ungestempelte 1 Shilling-Marke) war fälschlich als "309" bezeichnet.

Ich habe alle drei ungebrauchten Marken Mi. 1+2+3 im Bild gezeigt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.11.2021 01:23:44 Gelesen: 228939# 795 @  
@ Martin de Matin [#793]

Ich habe die Lilly-Sales gebunden, darum sind Scans von Fotos schwierig, aber Du hast uns den 38er-Block ja schon in voller Pracht gezeigt. Darum reicht ein Foto aus der Ferne. Ich zeige nun anbei Los 284 der Auktion Robert A. Siegel, 334. Auktion, 15./16.5.1968 (Josiah K. Lilly Collection, Part VIII).



1968 war also der Bogenteil noch gross (38 Marken); und er erzielte auch einen respektablen Preis (runde US$ 10'000 - 1968). Allerdings war der Preis der Ferrary-Auktion Fr. 40'000 (den Du ja schon genannt hast) kaufkraftbereinigt viel mehr wert als der Erlös 1968. Der 38er-Block erreichte meines Wissens Platz 28 in der Liste der teuersten Zuschläge bei Ferrary und liess viele andere Raritäten hinter sich. Damit gehört(e) diese Einheit zweifellos zu den teuersten Stücken von Australien aller Zeiten.

Er hat also am 5.4.1922 mehr gekostet als am 15.5.1968.

Heute - das wissen wir, existiert das Stück nicht mehr. Deinem Kommentar dazu stimme ich bei. Position 37 beinhaltete zudem eine Abart ("Waces variety"), die nun natürlich fehlt... Barbarei!

Der Text am Bogenrand heisst übrigens (gemäss Katalog Siegel): "Five of these Stamps given this day to Sir Daniel Cooper as requested - 7 Oct. 70".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.11.2021 14:30:49 Gelesen: 228704# 796 @  
@ Martin de Matin [#793]
@ Heinz 7 [#795]

Das Ergebnis von FRF 40'000 für Los 132 war sehrsehr hoch, es wurde am 5.4.1922 erzielt (der British Guiana-Weltrekord ein Tag später, am 6.4.1922). Achtung - im Auktionskatalog wurde irrtümlich das Datum 5.4.1921 genannt, aber es war ein Jahr später!

Zum damaligen Zeitpunkt waren das erstaunliche GB£ 976 (inkl. 17.5 % Aufgeld), was ich mit CHF 22'116 umgerechnet habe. Diesen Betrag rechne ich hoch auf CHF 287'860 per Ende 2019. Seither rechne ich - zu Zeiten von Tiefst- bis Negativzinsen - keine Geldentwertung mehr, d.h. also 31.12.2019 = 12.11.2021.

Es gibt nicht viele Briefmarken-Einheiten, die je einen solch hohen Preis realisiert haben. Ohne dies nun zu verifizieren gehe ich davon aus, dass bei Hind, Caspary und Lilly tiefere (kaufkraftbereinigte) Preise bezahlt wurden, sodass die Preismarke für New South Wales vielleicht nie überboten wurde.

New South Wales war vor hundert Jahren sehr populär. Die Sydney-Views haben die Plattierer angeregt, schon im XIX. Jahrhundert, und auch die Folgemarken waren sehr begehrt.

Es ist also keinesfalls so, dass die Briefmarkenpreise erst in den 70er-/80er-Jahren des XX. Jahrhunderts rasant stiegen; einige waren viel früher schon sehr hoch.



Übrigens noch eine Ergänzung. Los 131 stammt gemäss Vermutung des damaligen Auktionators von demselben Bogen. Damit würden wir bereits 40 Marken dieses Bogens kennen. Vielleicht existieren die 5 Marken ex Sir Daniel Cooper noch, vielleicht sogar als Einheit? Dann liessen sich vielleicht sogar 45 Marken des Bogens wieder zusammensetzen.

Es ist ein Schicksal, das viele grosse Einheiten gemeinsam hatten: irgend ein Besitzer wollte den Wert des Bestandes erhöhen, und hat zur Schere gegriffen oder die gezähnten Marken auseinandergerissen. Eine kurzsichtige, dumme Idee, die schon grosse Werte vernichtet hat.

Siehe dazu auch mein "Protest" zu einem Mauritius-Paar in [#311].

Heinz
 
Martin de Matin Am: 12.11.2021 21:38:48 Gelesen: 228568# 797 @  
@ Heinz 7 [#796]

In der V. P. Manwood_Sammlung (Dale Forster) war auch dieses Paar enthalten (Los 4413). Bei Siegel steht nichts mehr über eine eventuelle Zusammengehörigkeit zur grossen Einheit. Die Inschrift im Rand soll die Unterschrift von J. Carmichael, dem Graveur der Marke, sein.

Bei Ferrary brachte das Paar 1800 Fr. und bei Siegel wurde es mit 1300 Dollar zugeschlagen. 1995 wurde mehre Mängel an dem Paar aufgeführt (slight creases, pinhole und untere Marke split in paper at left). Ob die Mängel schon bei Ferrary waren kann ich nicht sagen; bei Siegel wird ein RPS-Attest von 1959 augeführt.

Hier noch die Abbildung von 1995 in Farbe.



Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 17.11.2021 22:22:01 Gelesen: 227552# 798 @  
@ Heinz 7 [#78]
@ Heinz 7 [#79]

Den Doppel-Zürich 4-Brief nach Erlenbach (erster Schinz-Brief) haben wir 2016 bereits besprochen. Nun kommt er am Samstag in Zürich zum Verkauf. Der Ausruf von CHF 200'000 zeigt an, dass es einer der wertvollsten Briefe der Schweiz-Philatelie ist.



Dies ist Los 3 der Erivan Haub-Auktion am Samstag, 20.11.1021. Das "Soll-Porto" von 6 Rappen für einen Kantonalbrief wurde freiwillig um 2 Rappen überzahlt; vermutlich hatte der Absender keine 6-Rappen-Marken zur Hand.

Sehr schön ist, dass mit Los 4 auch ein Brief von Zürich nach Erlenbach angeboten wird, der ordnungsgemäss mit 6 Rappen freigemacht wurde.



Beide Briefe sind optisch sehr schön, auch wegen der schönen klaren roten Abgangsstempel von Zürich. Um Los 4 werden sich vielleicht einige Sammler bemühen; bei Los 3 wird die Luft vermutlich sehr dünn, denn Sammler, die sich solche Stücke leisten können und wollen, gibt es nicht im Dutzend. Wir dürfen gespannt sein.

Freundliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.11.2021 18:51:31 Gelesen: 225539# 799 @  
Jacques hat uns im
Thema: Kopfstehende Marken oder Rahmen
Beitrag 180

die folgende Marke bereits vorgestellt.

Dass die Marke Sudan, 1948, 10 Millièmes mit kopfstehendem Mittelstück,
Stanley Gibbons Nr. 101a (? - Nr. konnte nicht verifiziert werden)
Michel Nr. 109 K

ein Unikat ist, lehren uns die Auktionskataloge
Spink Shreves 18.6.2009
David Feldman, 18. Rarities of the World, 4.12.2014



Angeblich wurde 2009 der Fehldruck verkauft für US$ 45'000 + Aufgeld
und angeboten 2014 für Euro 40'000, aber gemäss Homepage David Feldman offenbar unverkauft

Den ersten Auktionskatalog konnte ich nicht einsehen, aber ich verlasse mich da auf die Angaben von Jacques.

Obwohl die Abart ja sehr markant ist und die Marke ein Unikat sein soll, ist ihr Preis jetzt nicht schwindelerregend hoch, sondern - im Vergleich zu ähnlichen Stücken - eher "tief". Das Sammelgebiet Sudan geniesst aber weniger Aufmerksamkeit, als andere, sonst wäre das Unikat zu diesem Preis wohl kaum liegengeblieben. Oder die Marke kommt für viele Sammler "zu spät" (viele Sammler sammeln "nur 19. Jahrhundert" oder "nur bis zum 2. Weltkrieg").

Heinz
 
Martin de Matin Am: 29.11.2021 22:16:13 Gelesen: 225231# 800 @  
Wenn ich es richtig gesehen habe wurde bisher über eine Seltenheit von Hong Kong noch nichts geschrieben. Als ich bei einer Auktion unter den Rücklosen des Literaturbereichs das Titelbild sah, musste ich sofort die Beschreibung des Loses ansehen. Die Sammlung, die am 4/5.Dezember 1980 bei Sotheby versteigert wurde, war die Hong Kong-Sammlung von Ryohei Ishikawa. Der Name Ryohei Ishikawa ist ein Begriff für USA-Sammler, denn dessen hervorragende USA-Sammlung wurde 1993 bei Christies versteigert. Nun aber zur Hong Kong-Sammlung, die auf 646 Losen verteilt wurde. Im Katalog sind auf über 250 Seiten, mit durchgängig farbigen Abbildungen, viele seltene Einheiten, Briefe und Einzelstücke enthalten; ebenso sind zahlreiche Briefe der "Treaty Ports" von Amoy bis Yokohama vertreten.

Die Rarität von Hong Kong ist nur ungebraucht eine grosse Rarität und war auch bei Ferrary insgesamt mit fünf Stücken vertreten. Allerdings nicht als Einzellos sondern nur mit anderen Marken zusammen.

V. Auktion Los 234 ein Exemplar mit 46 weiteren Marken für 1300 Fr. versteigert
V. Auktion Los 235 zwei Exemplare mit 38 weiteren Marken für 1150 Fr. versteigert
VI.Auktion Los 288 ein Exemplar mit 22 weiteren Marken für 1050 Fr. versteigert
VI.Auktion Los 289 ein Exemplar mit 3 weiteren Marken für 1300 Fr. versteigert

Eine kleine Übersicht über die Katalogpreise vergangener Jahre:
Der Gibbonskatalog von 1920 bewertete die Marke mit 20 Pfund
Im Scottkatalog von 1963 war ein Preis von 240 Dollar angegeben
Der Gibbonskatalog von 2003 bewertete die Marke mit 30.000 Pfund
Und zum Schluss im Michelkatalog von 2003 war die Marke mit 40.000 Euro angesetzt

Bei der gesuchten Marke handelt es sich um die MiNr. 16. Die 96 Cent-Marke von 1865 in gelbbraun in ungebrauchter Erhaltung war und ist vermutlich immer noch das teuerste, was Hong Kong unter seinen Hauptnummern hat.

Diese Marke ist bestimmt nicht häufig, besonders in guter Erhaltung, auf Auktionen zu finden.
Mit Losnr. 95 mit Schätzpreis 60.000 bis 80.000 Pfund wurde sogar ein Randviererblock dieser Marke angeboten (gibt es noch andere ungebrauchte Einheiten dieser Marke?). Das Stück wurde für 62.000 Pfund verkauft.



Übrigens der Auktionskatalog passte gut in meine Literatursammlung, da er ein klassisches Gebiet umfangreich mit seinen Marken und Briefen dargestellt wird und man durch die farbigen Abbildungen gute Vergleiche hat.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 30.11.2021 21:46:30 Gelesen: 224892# 801 @  
@ Martin de Matin [#800]

Diese Marke hatte im Senf 1912 einen Katalogwert von 300 Mark für ungebraucht, 40 Mark für gestempelt. In der Studie Schubert schaffte es die Marken hiermit noch nicht in die Spitzengruppe, aber positionierte sich im "teureren Mittelfeld". Zur Erinnerung: 101 Marken kosteten damals mindestens 750 Mark, vgl. [#2].

Heute ist die Marke aber teuer katalogisiert. In meinem Michel 2010 finde ich eine *-Notierung von Euro 80'000. Vielleicht schafft es die Briefmarke heute sogar unter die teuersten 100 der Welt?

Der Preis gilt natürlich für eine Einzelmarke. Der Viererblock ist meines Wissens ein Unikat - der Katalogwert müsste dann ja 2010 bei über Euro 320'000 liegen. 2005 wurde offenbar eine Einzelmarke für umgerechnet über GB£ 63'000 verkauft.

Der Auktions-Katalog Ishikawa Hong Kong war ein früher Luxus-Katalog, der damals recht teuer war (GB£ 20). Ich habe ihn seit 1991 in meiner Bibliothek.



Ishikawa hatte grossartige Sammlungen von USA, Hawaii, Hongkong und Ausländische Post in Japan. Seine USA Sammlung soll ca. US$ 9.5 Millionen gebracht haben, als sie 1993 verkauft wurde.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.12.2021 17:57:37 Gelesen: 224216# 802 @  
@ Heinz 7 [#745]

Wenn ich meine Übersicht vom Juni 2021 konsultiere, stelle ich verblüfft fest, dass wir offenbar noch keine Marke aus Griechenland hier besprochen haben. Dabei hat auch Griechenland eine Top-Marke, die einen sehr hohen Wert hat.

Wir haben an anderem Orte schon besprochen, dass es nicht einfach ist, die "Hermesköpfe" von Griechenland zu bestimmen. Im Michel ist Bild a) für viele Marken der Jahre 1861-1886 "zuständig"; wir finden konkret die Nummern Michel 1-61 für die 7 Wertstufen (1 Lepton - 80 Lepta). Die Ausgabe 1870-72 hat u.a. auch einen 40 Lepta-Wert (Michel Nr. 37), der in zwei Farbnuancen aufgeführt wird:

37a) rosalachsfarben auf grünlich
37b) gelblichlachsfarben auf grünlich

daneben gibt es noch eine
37 F = 40 L. rotlila auf mattgrünlich

Michel verwendet solche grossen F-Nummern in der Regel für Farbfehldrucke. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die 37 F auch als "Farbfehldruck" gilt.

Auf jeden Fall ist sie sehr selten! In der Enzyklopädie von Leon Williams listete er (1997) nur 13 Stück auf. Im handbuchartigen Auktionskatalog von David Feldman zu einer legendären Griechenland-Sammlung (20.2.2002) werden dieselben 13 Stück aufgelistet und 12 davon im Bild gezeigt:

1 Brief
1 Fragment
10 Marken gestempelt
1 Marke gestempelt, ohne Foto.



Anbei zeige ich die Nummer I gemäss Klassierung Williams. Dieses Stück wurde 2002 angeboten (Los 10461, Auktion 4.12.2002), als der zweite Teil eben dieser Griechenland-Sammlung angeboten wurde. Heute kennen wir auch den Namen des Sammlers, dessen Super-Sammlung 2002-2006 verkauft wurde: Zachariadis.

Heinz
 
10Parale Am: 02.12.2021 19:05:57 Gelesen: 224179# 803 @  
@ Heinz 7 [#802]

ich freue mich das Du Griechenland eröffnest. Im November 2021, - anlässlich der 685. Auktion von A.Karamitsos -, wurde mit Los 56 ein Hermeskopf angeboten, der unter dem Namen "KARPENSION ERROR" in die Geschichte eingehen wird. Es handelt sich um die Hellas 8III, also die Michel Nr. 8, 20 L dunkelblau auf graubläulich, im Normalfall ohne rückseitige Kontrollziffer.

Bei der Marke in tiefem ultramarin handelt es sich um einen behelfsmäßigen Druck mit einer 9 mm großen experimentellen Kontrollziffer (ich denke 20!) auf der Rückseite. Die Marke ist in "Karpenisi" in Mittelgriechenland mit der Nummer 44 abgestempelt worden. Von dieser Marke soll es nur 3 Stück geben, die seit dem 2. Weltkrieg verschwunden waren.

Ausruf: 90.000 €uro

Ich weiß nicht, ob die Marke zugeschlagen wurde und wenn ja, wer sie gekauft hat, freue mich aber über weitere Beiträge über Wertvolles aus Hellas.

Liebe Grüße

10Parale


 
Martin de Matin Am: 02.12.2021 20:41:44 Gelesen: 224143# 804 @  
@ 10Parale [#803]

Die Marke wurde gemäß Philasearch für 95.000 Euro zugeschlagen.

Es ist nur ein Stück nach der Beschreibung verloren gegangen. Only three stamps are known, one believed to be lost during WWII.

ich stelle mir nur die Frage wie es zu einem spiegelverkehrten Druck der Kontrollziffer kommen kann?

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 02.12.2021 20:52:16 Gelesen: 224135# 805 @  
@ Heinz 7 [#802]

Jetzt bin ich echt gefrustet.

Ich habe einen schönen Beitrag zum wertvollsten Brief von Griechenland geschrieben.



Nun ist alles im digitalen Nirwana verschwunden ... weg ... verdampft ...

Ich wiederhole meinen Versuch, aber nicht mehr heute. Bitte geduldet Euch bis morgen.

Gute Nacht!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 03.12.2021 08:53:10 Gelesen: 223957# 806 @  
@ Heinz 7 [#802]

Der 40 Lepta-Wert der Ausgabe 1870-72 rotlila gilt gemäss Buch von Donna O'Keefe (Philatelic Gems 1, second edition 1987) als Farbfehldruck. Die Kontrolldrucke auf der Rückseite der Marke (die Zahl "40") wurden in der Farbe rotlila gedruckt, und gemäss dieser Quelle:

"However, for some unexplained reason, the front side of one sheet of the 40lep was printed in the lilac-rose ink, which was intended for the numeral. This resulted in the famous "Solferino" error of color, which was described by early philatelists as "dark red" rather than lilac-rose."

O'Keefe nannte nur neun bekannte Exemplare (Seite 79), wobei ein Brief nicht genannt wurde.

Der Name "Solferino" hat übrigens einen blutigen Hintergrund. Ich zitiere aus Wikipedia:

"Solferino ist ein kleiner Ort zehn Kilometer südlich des Gardasees in der italienischen Provinz Mantua (Lombardei) mit 2686 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2019). Die Stadt ist bekannt geworden durch die Schlacht von Solferino am 24. Juni 1859 und gilt aufgrund der Auswirkungen dieser Schlacht als Geburtsort der Idee zur Gründung der Hilfsorganisation Rotes Kreuz.

Die Schlacht von Solferino
→ Hauptartikel: Schlacht von Solferino
Am 24. Juni 1859 kam es im Rahmen des Risorgimento, der italienischen Befreiungs- und Unabhängigkeitsbestrebungen, bei Solferino zu einer Schlacht zwischen den Truppen des Königreichs Sardinien-Piemont und Frankreichs unter der Führung des französischen Kaisers Napoleon III. auf der einen Seite und der Armee Österreichs auf der anderen Seite. Diese Schlacht führte zur Niederlage Österreichs im Sardinischen Krieg. In der Folge musste Österreich die Lombardei über Frankreich an das Königreich Sardinien-Piemont abtreten."

Im Auktionskatalog von David Feldman wird drastisch beschrieben:

"The battlefield (of Solferino) was strewn with dead. The sight was just so bloody the the place name itself gave title to a shade of lilac-rose - the colour of the blood on the dead soldiers' uniforms."

Heute kennen wir offenbar 13 dieser Marken, wovon ein Brief am 20.2.2002 zum allerersten Mal auf dem Markt angeboten wurde:



Dieser Brief ist bei Leon N. Williams beschrieben als Exemplar XII (zwölf).

Los 10257 der ersten Auktion der Sammlung G. Zachariadis (damals anonym "The Collection", Auktionsserie bei David Feldman in sieben Teilen 2002-2006) hatte einen Schätzpreis von CHF 600'000. Einen Zuschlagpreis kenne ich nicht; es gibt zur Zeit auch keine List of Prices realised für diese Auktion auf der Homepage von David Feldman.

An derselben Auktion wurde auch eine Einzelmarke angeboten zum Schätzpreis von CHF 60'000 (Exemplar III (drei) gemäss Williams). Diese Marke 3 befindet sich heute in der Sammlung von Xenofon Yataganas.



An der Briefmarkenausstellung "NOTOS 21" in Griechenland vor wenigen Wochen (November 2021) wurde im Ehrenhof eine Sonderausstellung gezeigt, als 11 der 13 (!) "Solferinos" gezeigt wurden!

Die Marke ist bewertet bei Michel mit Euro 100'000 (Michel Nr. 37 F, lose Einzelmarke, Katalog 2010).

Heinz
 
Parachana Am: 03.12.2021 18:20:41 Gelesen: 223782# 807 @  
@ Heinz 7 [#806]

Hallo, bin gerade auf diesen Bericht aufmerksam gemacht worden. Da ich Griechenland als mein Suchgebiet eingegeben habe.

Der Bericht ist sehr gut, daher habe ich in meinem letzten Karamitsos von 2018 mal nachgeschaut. Hier steht etwas von 14 bekannten Stücken. Eine auf einem Briefstück, eine auf einem Brief. Zwei sollen von sehr guter Qualität sein und der Rest ist nicht so gut. Für die nicht so guten Marken listet Karamitsos einen Preis von 130.000 Euro.

Danke für die wunderbaren Berichte,
Uwe
 
Martin de Matin Am: 03.12.2021 21:38:08 Gelesen: 223684# 808 @  
@ Heinz 7 [#806]

Ein schöner Link bezüglich der Ausstellung "NOTOS 21" [1].

Hier sind 11 Stück der Solferino Briefmarken zu sehen. Interessant ist, das neben dem Brief und dem Briefstück ehemals auch ein Paar existierte. Alle bekannten Stücke sind in Piräus entwertet worden. Entwweder mit dem Nummernstempel "2" oder dem Ortstempel. Bei den gezeigten Stücken ist auch die Position im Bogen angegeben. Da alle Positionen verschieden sind kann man vermutlich davon ausgehen,das nur ein Bogen ausgegeben worden ist.

Hier die Positionen der 11 Stück der Ausstellung.
Brief: 51
Briefstück:29
Ehemaliges Paar:91 und 92
sonstige Stücke: 31, 77, 87, 112, 131, 136, 140

Unter der Rubrik "Court of Honor" kann man die vollständigen Druckplatten der ersten Hermesköpfe mit Ausnahme die 20L, bei der 121 der insgesamt 150 Klischees wieder zusammengefügt sind sehen. Die Druckplatten werden gemäß Angabe im Athener Philatelie- und Postmuseum aufbewahrt.

Gruss
Martin

[1] https://hps.gr/notos2021/index.php/das-grose-aufeinandertreffen-der-solferino-briefmarken/
 
Heinz 7 Am: 04.12.2021 13:26:22 Gelesen: 223406# 809 @  
@ Parachana [#807]

Vielen Dank für Dein Lob.

@ Martin de Matin [#808]

Es scheint mir auch interessant zu sein, das "Aufblühen" dieser Rarität ein wenig zu studieren. In früheren Katalogen war die Marke noch nicht sehr hoch bewertet, obwohl wir ja nur wenig Stücke davon kennen.

Sehr geholfen hat dem Ansehen dieser Marke dann der Grosserfolg, den David Feldman 1984 bei dem Verkauf der Ronald Lee Sammlung erzielen konnte! Am 29. März 1984 wurde gleich als Los Nr. 1 das einzige Stück auf Fragment angeboten, als Teil der "Maximus"-Sammlung (= eben Ronald Lee). Feldman schrieb damals von lediglich neun bekannten Stücken (den Brief von Beitrag [#806] kannte man damals offenbar noch nicht). Feldman war nicht bescheiden und fixierte einen Schätzpreis von CHF 80'000 für Los 10001 - und das Stück wurde verkauft! Donna O'Keefe war offenbar schwer beeindruckt und nahm "The Solferino"-Marken gleich in den ersten Band ihrer Serie "Linn's Philatelic Gems 1" auf und schrieb dazu: "Value $ 107'000". Die Katalogwerte waren noch ganz woanders! Ich zitiere aus dem Büchlein:

"During the 1984 sale of the "Maximus" collection of Greek stamps, the "Solferino" realized $107,000, the highest price ever paid for a Greek issue. The auction was conducted by David Feldman, March 29-30 (1984*) in Zurich, Switzerland. Scott catalog prices the "Solferino" error at $8,500.

* Jahreszahl 1984: Ergänzung durch mich

Ein anderer "Solferino" (denjenigen, den ich in Beitrag 802 gezeigt habe), erreichte ebenfalls CHF 100'000 Zuschlag (+15 % Aufgeld); Lee hatte gleich zwei der seltenen Marken!

Ich zeige hier das Fragment, das im Buch von Williams dann als Nr. VIII (8) katalogisiert wurde.



Dass Leon N. Williams die Marke auch in seine Encyclopaedia aufnahm (Band 2, The Biographies, 1997), war dann der endgültige "Ritterschlag" für die Marke. In der ersten Auflage seines Werkes ("Stamps of Fame", 1949, damals noch mit seinem Bruder Maurice), hatte er die Marke noch nicht berücksichtigt.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 04.12.2021 22:46:51 Gelesen: 223133# 810 @  
Über eine Marke wurde bisher glaube noch nicht geschrieben worden. Die provisorische Regierung des italienischen Staates Parma verausgabte fünf Marken (MiNr.12 - 18) mit den Wertstufen von 5c bis 80c. Die 80c ist die teuerste Marke dieser Ausgabe; der Michel von 2005 bewertete die ungebrauchte billigste Farbe mit 7000 Euro. Die ungebrauchte 80c ist nicht billig aber auch keine grosse Seltenheit.

Im Bild unten eine ungebrauchte 80c die Auction Galleries Hamburg 22. Auktion als Los 487 mit Teilgummi und Mangel für 370 Euro verkauft wurde.



Anders als die ungebrauchte ist gestempelte 80c wohl eine grosse Rarität die der Michel damals mit 220.000 Euro bewertete. Die ungebrauchte blaue 1/2 Tornese von Neapel war ungefähr genauso bewertet wie die 80c von Parma. Die Neapelmarke habe ich schon mehrfach auf Auktionen gesehen aber die Parma 80c gestempelt noch nie.

Die einzige Abbildung dieser Marke fand ich als Losnr. 433 der IX. Ferrary-Auktion. Das mangelhafte Stück wurde für 8.100 Fr. verkauft. Die hervorragende Sammlung Italienischer Staaten von Burrus hatte nur mehrfach ungebrauchte Stücke.



Kann jemand weitere Abbildungen (farbig?) mit Verkaufsdaten zeigen und gibt es vielleicht einen Brief mit der Marke?

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 05.12.2021 19:42:09 Gelesen: 222893# 811 @  
@ Martin de Matin [#810]

Ich habe vier wichtige Auktionen mit Italien-Sammlungen geprüft, aber "auf die Schnelle" keine einzige 80 Centesimi gestempelt gefunden. Ich kenne also momentan aktiv auch nur das Ferrary-Exemplar.

Ein Blick in die alten Kataloge zeigt uns, dass im Senf 1912 die Marke Nr. nicht bewertet war (Markierung: -.-); im Kohl Handbuch 1915 (10.Auflage) finden wir aber eine Bewertung: atemberaubende 15'000 Mark für gestempelt! Das deutet darauf hin, dass auch vor über 100 Jahren nur ganz wenige Exemplare bekannt waren und die Marke gestempelt als höchst wertvolle Weltrarität gilt.

Interessant ist, dass im Katalog zur Ferrary-Auktion extra hervorgehoben ist: "obl. garantie" - also: "Abstempelung garantiert", d.h. der Auktionator wusste genau, dass die Stempelung entscheidend ist. Solche Garantien waren damals noch recht selten.

Ich werde die Augen offen halten und "melde mich wieder", wenn ich etwas finde.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.12.2021 21:16:04 Gelesen: 222248# 812 @  
@ Martin de Matin [#810]

Lieber Martin,

Deine Frage hat meinen "Jagdhunger" geweckt, und ich habe einmal gesucht. Die Tatsache, dass die Parma Michel Nr. 16b schon 1915 sehrsehr hoch bewertet war (Paul Kohl-Handbuch 1915: Parma no. 16: 15'000 Mark; d.h. 50 % des Ansatzes einer blauen Mauritius 1847, die 1915 bei ihm mit 30'000 Mark bewertet war!), deutet stark darauf hin, dass die Marke anfangs des XX. Jahrhunderts mindestens einmal sehr teuer gehandelt wurde. Welches konkrete Stück aus welcher Sammlung das aber gewesen ist, weiss ich noch nicht.

Ein Blick in einen Spezialkatalog Sassone bringt uns nun aber einen sehr grossen Schritt weiter. Wir sehen nicht weniger als drei 80 Centesimi-Marken in Farbe, und eine davon sogar auf einem Brief. "L'unica lettere esistente" schreibt Sassone dazu, also der "einzig existierende Brief".

All diese wertvollen Informationen entnehme ich: Sassone - 1997, Seite 214



Was zeigt er uns?

1. In der Mitte einen Brief von Parma nach Frankreich, 17.12.1859, frankiert mit Sassone no. 18 (= 80 Centesimi-Marke) + no. 15 (= 20 C.-Marke)
2. unten ein Exemplar "15 DIC" (= 15. Dezember), das er als "perfekt" bezeichnet
3. oben ein Exemplar "27 SETT 59" (= 27. September), das er als "frühestes bekanntes Datum" hervorhebt, allerdings ist die Marke offenbar repariert.



Zusammen mit dem Ferrary-Exemplar kennen wir nun also schon vier Exemplare im Bild. Das ist doch ein schöner Erfolg!

Darauf trinke ich nun ein gutes Glas Wein. Mal sehen, ob wir noch eine Flasche aus Parma haben...

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.12.2021 11:50:53 Gelesen: 222172# 813 @  
@ Martin de Matin [#810]
@ Heinz 7 [#812]

Guten Tag,

ich habe noch eine weitere Info-Quelle gefunden:

https://www.ilcollezionista.bolaffi.it/2013/10/insieme-gli-80-centesimi-parma/

danach gibt es von der 80 Centesimi folgende bekannten Stücke:

- ein Brief
- sechs Einzelmarken.

Damit erklärt sich der astronomisch hohe Katalogwert dieser Marke, echt gestempelt. Ungebraucht ist die Marke nicht sehr teuer.

Heinz
 
Manne Am: 08.12.2021 12:17:50 Gelesen: 222163# 814 @  
Hallo,

heute kam der nachfolgende Bericht in unserer Tageszeitung, die Südwest-Presse.

Gruß
Manne

Gebote für Penny Black zu niedrig London.

Die vermutlich älteste Briefmarke der Welt ist bei einer Auktion in London nicht verkauft worden. Das höchste Gebot für die «Penny Black» aus dem ersten
Druck von 1840 lag bei 3,8 Millionen britischen Pfund (4,47 Mio Euro). Doch das Ergebnis lag unter dem angepeilten Mindesterlös, den sich das Auktionshaus Sotheby‘s gesetzt hatte. Das Artefakt wurde daher nicht verkauft.

Das Auktionshaus hatte den Wert zuvor auf vier bis sechs Millionen Pfund geschätzt. Die Bedeutung der gut erhaltenen „Penny Black“ sei erst vor kurzem und nach jahrelangen Untersuchungen erkannt worden. Die ungezähnte Briefmarke klebt auf dem „Wallace Document“ des britischen Postreformers und Abgeordneten Robert Wallace. Es gibt vermutlich nur noch zwei weitere ähnlich gut erhaltene Exemplare aus dem ersten Druck.
 
Heinz 7 Am: 11.12.2021 22:15:31 Gelesen: 221672# 815 @  
@ Heinz 7 [#802]

Die Solferino-Griechenland-Rarität gehört heute zweifellos zu den beachteten Raritäten der Welt. 1920 aber war diese Marke meines Wissens aber noch nicht so allgemein anerkannt.

Heute kennen wir mehr oder weniger Details von 13 Stücken. Dabei fällt aber auf, dass erst relativ spät die Marke wirklich teuer gehandelt wurde. Ich möchte das gerne ein wenig genauer erkunden.

Im Moment kenne ich als frühestes Auktionsdatum den 23.4.1929. Als Los 6243 wurde ein wunderbares Exemplar angeboten - die Nummer 2 nach der Zählung von Leon N. Williams 1997.



Los 6243 wurde im Auktionskatalog 1929 hervorgehoben mit folgendem Text:

"6243 - 40 Lepta lilas-rouge sur verdâtre, nuance foncée, très prononcé, exactement dans la couleur du chiffre au verso, impression très fine. Superbe exemplaire de toute fraicheur et probablement unique. RRR (P. 141)"

Die Marke war eingefasst auf Fototafel 141.



Die Marke wurde nicht mit einer eigenen Katalognummer bezeichnet, sondern trug die Nummer Yvert 22c. Interessant ist der Hinweis: "genau dieselbe Farbe wie die Ziffer auf der Rückseite".

Die Marke wurde gemäss Resultatliste verkauft für CHF 1400. Das war meines Wissens das vierthöchste Ergebnis einer sehr umfangreichen Auktion.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.12.2021 23:01:39 Gelesen: 221660# 816 @  
@ Heinz 7 [#815]

Leon N. Williams schrieb der Käufer der Marke (vor 1929) sei N. Garas gewesen. Ich denke aber, das war ein Fehler. Die Sammlung von N. Garas wurde bei Luder-Edelmann verkauft, aber 1928 (11. Auktion) und nicht 1929 (12. Auktion). Im April 1929 kam in Zürich aber die atemberaubende Sammlung von Philipp La Renotière von Ferrary zum Verkauf. Ferrary war damals schon einige Jahre tot und konnte die Marke also nicht an der Auktion Garas 1928 gekauft haben. Ich vermute deshalb, der erste Eintrag zu No. 2 sollte lauten:

Datum ?: Acquired by Ph. La Renotière von Ferrary.

Beim zweiten Eintrag sehe ich aber keine Unstimmigkeit:

"Auction: E. Luder-Edelmann, Zurich XII. Lot 6243. Bought by Baron A. Rothschild".

Rothschild war auch eine "erste Adresse" für Raritäten der Welt.

Volle 63 Jahre später kam dessen beeindruckende Griechenland-Sammlung zur Auktion. 585 Lose umfasste der schöne Auktionskatalog, auf der Titelseite prangt "unsere" Wundermarke.



Der Auktionstext ist interessant:

"(Los) 888 gest. 40 lepta lilac-rose (Solferino), on greenish paper, cancelled "PIRAEUS/12/JULY/1872" c.d.s. A truly magnificent example of the rarest and most desirable item of which less than ten are recorded. Holcombe Certificate (1992). Photo. E £50,000/70,000"

Die Anzahl der bekannten Exemplare deckt sich mit den Angaben bei David Feldman 1983/1984 und bei O'Keefe.

Der Schätzpreis (Estimate) von GB£ 50,000 - 70,000 wurde nicht erreicht, aber nach zwei Quellen (u.a. Williams 1997) erfolgte der Zuschlag bei GB£ 40'000 plus 10 % (Provision) = GB£ 44'000. Williams nannte auch den Käufer der Rarität:

N. Asimakopoulos.

Diese Marke (No. 2 nach Zensus Williams) war eine der wenigen, die 2021 an der NOTOS nicht ausgestellt wurde. Damit kennen wir nun bereits 12 der 13 bekannten Stücke mit Farb-Foto!

Das ist doch bemerkenswert!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.12.2021 09:32:32 Gelesen: 221623# 817 @  
@ Heinz 7 [#816]

Gemäss Leon N. Williams (1997) waren damals für alle 13 Solferino-Marken zusammen nur 16 Fundstellen genannt, als diese Briefmarke öffentlich an einer Auktion verkauft wurde!

Mit der Auktion 1929 ist mit Abstand das früheste Datum für die Inventur-Nummer 2 gefunden worden; ich habe diese Auktion im Beitrag [#815] besprochen. Erst 25 Jahre später, am 15.11.1954 finden wir den nächsten Hinweis!

"A superlative Gold medal collection" wurde am 15./16.11.1954 angepriesen bei einem der führenden Auktionshäuser der Welt, Harmer in London. Der Sammler wurde nicht genannt, möglicherweise war es N. Alfieris?



Ich kann diesen Auktionskatalog zu meiner Freude hier ebenfalls zeigen. Es war ein beeindruckender 359 Lose-Verkauf zu dem in der "Introduction" steht: "The study of the popular and attractive Greek Hermes Head issues bristles with problems, many perhaps unsolved - or at least not fully resolved."

Uns interessiert nun besonders Los 202.

"202 - 40L. lilc-rose on greenish, S.G. 37a, a very fine example of this rarest of all Greece stamps, in exactly the same shade as the figures on the back; margins all round and with dated pmk. Only a few copies are known (see photo plate I). E £325".



Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.12.2021 10:12:18 Gelesen: 221613# 818 @  
@ Heinz 7 [#817]

Diese Marke trägt (gemäss Williams 1997) den Stempel "Piraeus 14 Jul 71" und wird von ihm als Nummer IV (4) geführt. Interessant sind die ersten Einträge zu diesem Exemplar:

19(??) - Acquired by A.L. Pemberton
19(??) - Acquired by N. Alfieris
1954 November 15-16 - Auction: H.R. Harmer. Bought by Herman Nagele.

Diese Auktion konnten wir oben vorstellen. Ich habe keine gedruckte Ergebnisliste, aber der Katalog ist durchgängig handschriftlich mit Ergebnis-Notizen ergänzt, und zu Los 202 finden wir den Preis: "480.0.0" also GB£ 480 (Null Shilling, Null Pence). Der Schätzpreis wurde also kräftig überboten.

Wegen dem zweiten Eintrag von Williams schrieb ich, dass die Sammlung evtl. Herrn Alfieris gehörte; aber ich kann das nur vermuten. Die Sammlung soll ausgestellt worden sein, und erhielt hohe Auszeichnungen ("Gold medal collection"). Ob damals die Auszeichnung "Grossgold" schon vergeben wurde, weiss ich nicht; man sollte die Sammlung aber nicht unterschätzen; sie war gespickt mit Raritäten, das zeigt der Auktionskatalog schön, auf 36 Seiten mit sehr vielen Fotos.

Interessant auch der Hinweis des Auktionators: er spricht von "only a few copies known".

Einen Stanley Gibbons-Katalog von 1954 habe ich nicht zur Hand, aber im Katalog von 1939 finde ich eine No. 37a
"40 l. Lilac-rose/greenish" mit einem Katalogwert von lediglich GB£ 50. Die Bemerkung dazu war:

"No. 37a, of which only a few copies are known, was used only at Piraeus, from 12-14 July 1871. In colour it is the exact shade of the numerals at the back of the pale salmon stamps."

Die Marke No. 2 hat den Stempel 12.7., die Marke No. 4 vom 14.7. - Wieviel Marken genau bekannt waren (1939 bzw. 1954) wird nicht erwähnt.

Wir können aber sicher feststellen, dass die Marke wie 1929 bei den Sammlern auf Interesse stiess und hoch beboten wurde.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.12.2021 10:57:35 Gelesen: 221607# 819 @  
@ Heinz 7 [#818]

Auch die dritte Auktion kann ich zeigen.

Am 11. April 1956 kam, wieder in London, eine tolle Griechenland-Sammlung zum Verkauf, aber diesmal bei Robson Lowe.



Die H.C.V. Adams Griechenland-Sammlung umfasste sogar 594 Lose, wurde aber an einem einzigen Tag (dem 11.4.) verkauft.

Los 297 war eher unscheinbar angeboten:



Ein Sammellos mit 3 Marken der 40 Lepta. Optisch zwar hervorgehoben durch die Umrahmung, aber dennoch mit nur GB£ 70 geschätzt. Und dies, obwohl Lowe offenbar die Seltenheit der abgebildeten Marke (297) kannte: "...but under ten are known".

Vielleicht spielte da eine Rolle, dass die Marke als defekt ("defective") beschrieben wurde; im Zensus bei Williams steht hingegen nur noch "Some faults". Sehr interessant ist das Datum des Stempels: "Piraeus 12 Jul 71"; also wieder dieselbe enge Verwendungszeit, die schon im Stanley Gibbons-Katalog 1939 vermerkt war (siehe Beitrag 818). Bei Williams trägt die Marke die Nummer XI.

Das Lot wurde dann nur zu GB£ 63 verkauft, gemäss offizieller Ergebnisliste. Das ist nun wirklich ein sehr tiefer Wert für eine solch seltene Briefmarke.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 12.12.2021 11:23:32 Gelesen: 221598# 820 @  
@ Heinz 7 [#819]

Vielleicht als kleine Hilfe zur zeitlichen Einordnung.

Im Band 3 der 11. Auflage des Kohlhandbuchs von 1931 wird die Marke mit kursiv geschriebenen 500 Mark bewertet und es waren 7 Exemplare bekannt mit jeweils einem Stück in den Sammlungen:

- T.W. Hall
- Napier
- Pemberton (Ortsstempel 14.7.1872)
- Walters
- Argyropoulos (Ortsstempel 12.7.1872)
- Economides
- Garas (XI. Luder-Edelmann-Auktion 420 Fr + Zuschlag)

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 12.12.2021 20:47:13 Gelesen: 221556# 821 @  
@ Martin de Matin [#820]

Prima! Diesen Check habe ich noch nicht gemacht! Ich habe nur das Kohl-Handbuch 10 im Haus, das Handbuch Nr. 11 steht in der anderen Bibliothek.

Diese Angaben sind sehr interessant!

Das Stück ex T.W. Hall kenne ich nicht und kann es nicht zuordnen
das Stück ex Napier kenne ich noch nicht und kann es nicht zuordnen
das Stück ex Pemberton ist wohl das Stück IV nach Zensus Williams, siehe Beitrag 817
das Stück ex Walters kenne ich nicht und kann es nicht zuordnen
das Stück ex Argyropoulos kenne ich vermutlich, es ist wohl das Stück III nach Zensus Williams
das Stück ex Economides kenne ich, es ist wohl das Stück I nach Zensus Williams
das Stück ex Garas veranlasst mich, nun nochmals in die Tasten zu greifen.

Vorweg: den Katalog 11 von Luder-Edelmann habe ich leider nicht komplett; beim Fototeil fehlen mehrere Seiten... aber...
...zum Griechenland Teil kann ich doch etwas Wichtiges beitragen!



Ich bleibe bei meiner Aussage, dass sich Leon N. Williams wohl getäuscht hat, dass er "seine" Nr. 2 als "ex Garas" bezeichnete. Die Abbildung in seiner Encyclopaedia ist aber eindeutig nicht aus der Sammlung Garas, sondern aus der Sammlung Ferray! (siehe Beitrag 815+816).

Die Sammlung Garas kenne ich nur in Umrissen. Es war ein "gigantischer" Verkauf: 11. Auktion bei Luder-Edelmann, 15.-23.11.1928, davon mehr als zwei Tage (16./17.11.) nur Griechenland: Lose 602-1807 (also 1206 Lose).

Auf Seite 54 finde ich das Gesuchte. Los 1321.
 
Heinz 7 Am: 12.12.2021 21:00:35 Gelesen: 221552# 822 @  
@ Heinz 7 [#821]

11. Luder-Edelmann, Los 1321

"40 l. lilas-rouge s. verdâtre, usé, nuance exactement dans la couleur du chiffre, pièce très rare, t.b. (Photo P 20)"

Die Beschreibung passt also auf eine Solferino-Rarität.

Mit grosser Spannung durchsuchte ich die Fototafeln. Heureka! Tafel 20 ist da, und zeigt Erstaunliches.



Los 1321 wird nur verkleinert, eng neben anderen Fotos, gezeigt. Wir sehen, eindeutig:

Es ist eine andere Marke als die 13 Marken, die wir schon kennen. Der Stempel (Punktraute, Gesicht freilassend) passt nicht zu den bisher bekannten Stücken I - XIII.

Haben wir also ein 14. Exemplar gefunden? Wir dürfen es wohl annehmen. Auf jeden Fall scheinen mir weitere Abklärungen erfolgsversprechend.

Aber wir dürfen sicherlich schon etwas stolz sein. Wir haben schon wichtige Erkenntnisse gesammelt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.12.2021 23:25:23 Gelesen: 221467# 823 @  
@ Heinz 7 [#196]

Einiges zu der sehr seltenen "Waadt 4" (ungebraucht) habe ich oben schon geschrieben. Heute kann ich eines der schönsten Exemplare zeigen



Die Marke wurde am 8.3.1969 an der Auktion von Atlantis Auctions Galerie, Zürich, angeboten und wohl verkauft. Den Schätzpreis verpasste die Marke deutlich (CHF 25'000), bei CHF 18'500 fiel offenbar der Hammer (gemäss handschriftlicher Notiz im Katalog).

Vom Schnitt her dürfte dies eines der besten Exemplare sein, das heute noch existiert. Die Marke hat keinen Gummi mehr; früher wurden bei vielen Altschweiz-Marken der Gummi entfernt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.12.2021 12:24:21 Gelesen: 221313# 824 @  
@ Heinz 7 [#822]

Ich stellte die Frage, ob wir nicht von 14 (statt nur 13) Exemplaren sprechen sollten, denn es scheint mir erwiesen, dass Leon N. Williams einen Fehler gemacht hat mit den Exemplaren Garas/Ferrary. Er hat das Exemplar ex Ferrary dem Sammler Garas zugeteilt, obwohl Los 1321 der Auktion klar eine andere Marke zeigt. Ein Exemplar Ferrary hat Williams nicht erwähnt, obwohl der Auktionskatalog 1929 eines enthält.

Das Exemplar der 11. Luder-Auktion (=Garas) haben wir meines Wissens im Bild noch nirgends gezeigt ausser in meinem Beitrag [#822]; so fehlt es insbesondere im
- Auktionskatalog Feldman 2002 (12 der 13 behaupteten Stücke werden im Bild gezeigt)
- Handbuch "Encyclopaedia" von Williams (10 der behaupteten 13 Stücke werden im Bild gezeigt)
- Ausstellungsverzeichnis 2021 zur "NOTOS", als 11 der behaupteten 13 Stücke im Bild gezeigt wurden.

Es stellt sich natürlich die Frage, wann das Stück seit 1928 wieder gesehen wurde. Martin hat darauf aufmerksam gemacht, dass Kohl 1931 das Exemplar erwähnt hat, doch haben wir es seither je wieder gesehen?



Auch im Spezialkatalog Griechenland "Hellas" von Karamitsos wird von 13 Exemplaren gesprochen. Im Katalog "2010/Vol.1" wird auf Seite 20 zu den Solferinos gesagt:



Die Marke ist mit stolzen Euro 130.000 bewertet; und diese Bewertung gilt gemäss Karamitsos für eine Marke "with minor faults" (also für ein Exemplar mit kleinen Fehlern). Zwei der 13 Exemplare seien aber in "excellent condition", das bedeutet, dass Karamitsos diese zwei noch höher bewertet.

Heinz
 
Parachana Am: 19.12.2021 17:47:23 Gelesen: 221202# 825 @  
@ Heinz 7 [#824]

Lieber Heinz,

ich habe schon im Beitrag [#806] gesagt, dass heute im neueren Katalog von Karamitsos (2018) die Rede ist von 14 Exemplaren. Der Text, den du aus dem Katalog eingestellt hast, ist gleich geblieben. Nur die Zahl ist von thirteen auf fourteen geändert worden.

Schönen Abend
Uwe
 
Heinz 7 Am: 20.12.2021 08:51:02 Gelesen: 221161# 826 @  
@ Parachana [#825]

Lieber Uwe,

Du hast recht, Du hast den Hinweis schon gemacht, bitte entschuldige, dass ich darauf keinen Bezug nahm.

Es wäre nun interessant zu wissen, ob Karamitsos "meine" Nummer 14 im Verzeichnis hat (also das Garas-Stück UND das Ferrary-Stück) oder ob er eine weitere Marke gefunden hat.

Liebe Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.01.2022 19:14:18 Gelesen: 217445# 827 @  
@ Martin de Matin [#793]

Lieber Martin,

ich wünsche Dir ein gutes Neues Jahr.

Heute habe ich das New South Wales-Superstück wieder gesehen; es wurde am 23.9.2004 erneut verkauft.



Am 23.9.2004 wurde die Sir Miles Rivett-Carnac Sammlung in London (bei Spink) angeboten. Von den 213 Losen war - wie erwartet - Los 107 das teuerste; wir kennen es bereits. Der "Estimate" von GB$ 50'000 wurde weit übertroffen. Gemäss Ergebnisliste brachte das Los GB£ 104'000. Dazu kamen 15 % Aufgeld.

Schön auch die "Provenienz-Liste":

Ferrari 1922
Hind 1934
Caspary 1958
Lilly 1968
Tomasini
Boker 1981
Manwood 1995

Wir wissen, dass 1922-1968 der Block noch aus 38 Marken bestand. 1995 war der Block reduziert auf 15 Marken. Dass Tomasini oder Boker den 38er-Block zerschnitten, kann ich mir kaum vorstellen - beide waren sehr vermögende, enthusiastische Sammler - aber vermutlich kaufte zwischenzeitlich ein "Hai" das gute Stück - und wollte seinen Erlös optimieren.

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.01.2022 11:20:17 Gelesen: 216306# 828 @  
@ Heinz 7 [#711]

Zu Mauritius:

In den Beiträgen 668-673 haben wir von dem gestempelten Sechserblock gesprochen, in Beitrag [#711] vom einzigartigen ungestempelten Viererblock.



Die Abbildung entstammt dem Auktionskatalog von Spink, London, 6. Juni 2007: "Important stamps and covers of the world"- Als Los 1064 wurde dieser berühmte Viererblock angeboten, und gemäss Ergebnisliste zum Schätzpreis verkauft.

Dies ist meines Wissens der fünfte Auktionskatalog, in welchem diese "Ikone" angeboten wurde

- H.R. Harmer, London, Sales 684-687, 11.-14.6.1934, Los 256 (Sale 685/12.6.) - Sale 4 Arthur Hind collection
- H.R. Harmer, New York, Sales 1153-1155, 24.-26.2.1958, Los 645 (Sale 1155/26.2.) - Sale 12 Alfred Caspary collection
- Robert A. Siegel, New York, Sale 314, 15./16.3.1967, Los 1045 (third session, 16.3.) - Sale 2 Josiah K. Lilly collection
- Christie's Robson Lowe, Zurich, Sale 1053, 2.11.1989, Los 2 - The Weill Brothers' stock

Der Auktionskatalog Spink 2007 listet zum Verkauf 1989 W.E.Lea auf; ein Raritätenhändler. Die offizielle Ergebnisliste von Christie's führte kein Ergebnis auf, das Los wurde an der Auktion nicht verkauft. Ich war damals in Zürich an der Auktion dabei. Gut möglich, dass Lea sich das "Schnäppchen" im Nachverkauf (?) schnappte.

Als weitere Besitzer werden 2007 im Katalog erwähnt:
"Dr. Chan Chin Cheung, 1992"

Und dazu vermute ich auch: Lionel Robinson

Denn an der Ausstellung 2006 in Monaco wurde unter seinem Namen dieser Viererblock ausgestellt (siehe Ausstellungskatalog Seite 116+150).

Ich wiederhole meine Aussage aus Beitrag 711:

"Im Auktionskatalog von 1958 war nur ein einziges Los farbig abgebildet! Es war Los 645 von Mauritius, der weltbekannte Viererblock der One Penny, Post Office-Ausgabe, earliest impression. Der Block erzielte dann auch einen hohen Preis: US$ 18'500. Dies habe ich umgerechnet in Schweizer Franken (per 31.12.2019): CHF 327'300."

Nachdem 1989 das Stück die Limite von CHF 160'000 nicht erreichte, wurden 2007 die erwarteten GB£ 300'000 bewilligt. Dazu ist das Aufgeld zu addieren, das sich wie folgt zusammensetzt:

GB£ 400 für die ersten GB£ 2'000 (= 20 %)
GB£ 44'700 für die nächsten GB£ 298'000 (= 15 %).

Ich weiss nicht sicher, ob das Aufgeld GB£ 45'000 betrug oder GB£ 45'100, vermutlich galt der zusammengesetzte Betrag.

Nachträglich können wir also festhalten, dass man bei fünf Gelegenheiten nur einmal die Möglichkeit hatte, den Viererblock "günstig" zu erwerben (1989). In den Jahren 1934, 1958, 1967, 2007 wurde das Stück teuer.

Also schade, dass ich 1989 in Zürich das nötige "Kleingeld" nicht hatte.

;-)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.01.2022 18:34:57 Gelesen: 216038# 829 @  
@ Heinz 7 [#828]

Der gezeigte Viererblock (Mauritius) ist nichts weniger als die acht-teuerste philatelistische Einheit!

Wer sagt denn so etwas?

1954 erschien eine der wegweisenden Einschätzungen über den Wert der besten Briefmarken aller Zeiten. In der Zeitschrift "LIFE", die damals wohl als eines der führenden Magazine der Welt bezeichnet werden darf, erschien ein vielbeachteter Titel:

FIRST TIME IN COLOR
EIGHT PAGES OF
WORLD'S RAREST STAMPS



Das Magazine erschien (damals für mehrere Jahrzehnte) wöchentlich, die Ausgabe für die USA per 3.5.1954 (umfangreich), die Ausgabe "Internationl Edition" am 28.6.1954 (reduzierte Ausgabe, "nur" 80 Seiten).

Der bekannte Profi-Philatelist und Auktionator Henry R. Harmer stellte auf nicht weniger als 13 grossformatigen Seiten (fast 36x27 cm) die aus seiner Sicht wertvollsten Briefmarken vor (8 Seiten), und ergänzte das Ganze um einige andere andere "Geschichten" rund um die Philatelie (5 Seiten).

STAMP ALBUM
WORTH $ 1,000,000
FOR FIRST TIME "LIFE" BRINGS
WORLD'S CLASSICS TOGETHER

Besonders interessant war die Bewertung der im Bild vorgestellten Briefmarken (Raritäten). 95 Stücke wurden bewertet mit US$ 1'000 und mehr.

Was heute nach "nicht besonders viel" tönt, war vor 67 Jahren ein respektabler Betrag. Real rechne ich US$ 1'000 vom 3.5.1954 um in rund CHF 20'000 (heute), bzw. - um genau zu sein - in CHF 19'993 (per 31.12.2019 bzw. gleichviel per 31.12.2021).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.01.2022 19:13:15 Gelesen: 216028# 830 @  
@ Heinz 7 [#829]

Die 95 vorgestellten, wertvollen Raritäten hatten einen Gesamtwert von US$ 1'082'500. Der Titel des Haupt-Artikels "STAMP ALBUM WORTH $ 1,000,000" stimmte also, der magische Wert von einer Million Dollar war sogar übertroffen.

Für unsere heutigen Überlegungen dürfen (sollten) wir die Wertangaben mit dem Faktor 20 erhöhen. Wir müssen wohl nicht übergenau mit dem Faktor 19,993 rechnen.

;-)

Natürlich wollen wir wissen, wer denn auf dieser Liste die vorderen Plätze belegt.

Meine treuen Leser wissen bereits, dass die British Guiana One Cent - Marke 1856 damals als teuerste Marke der Welt galt - wir haben in diesem und ähnlichen Themen diese Marke und ihren Wert schon ausführlich besprochen.



Harmer rüttelte natürlich nicht an dieser Erkenntnis und bewertete die Marke 1954 mit glatten US$ 100'000. Ihren Wert von (heute) CHF 2'000'000 hat die Marke früher und später eindrücklich bestätigt - und gelegentlich auch markant übertroffen!

Auch Platz zwei wird von einem "alten Bekannten" eingenommen:



Der einmalige Brief von Mauritius mit den zwei "One Penny-Marken" (der "Bombay"-Brief). Er wurde auf US$ 75'000 eingeschätzt (entspricht heute CHF 1'500'000).

Ich habe schon die Meinung veröffentlicht, dass der "Bordeaux-Brief" mit den ZWEI Marken der Erstausgabe von Mauritius ("POST OFFICE") "One Penny" und "Two Pence" meines Erachtens wertvoller ist, als der "Bombay-Brief", und an der Kanai-Auktion 1986 eroberte der "Bordeaux-Brief" zu meiner Freude auch den Thron der teuersten Marke der Welt. 1954 aber schätzte Harmer den "Bombay-Brief" noch höher ein, als den Bordeaux-Brief, der es aber mit seinen US$ 40'000 immerhin auch auf Platz 4 schaffte (ex aequo mit einer anderen Marke)!



Details zu den besprochenen Marken siehe [#745].

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.01.2022 19:42:55 Gelesen: 216018# 831 @  
@ Heinz 7 [#830]

Wir kennen nun also die Einschätzung von Harmer 1954

Platz 1 = British Guiana, 1856, 1 Cent = US$ 100'000 = CHF 2'000'000 (heute)
Platz 2 = Mauritius, Bombay-Cover = US$ 75'000 = CHF 1'500'000 (heute)
Platz 4 = Mauritius, Bordeaux-Cover = US$ 40'000 = CHF 800'000 (heute)

Wir sehen, dass alle diese Werte heute (in den letzten Jahren) "locker" bestätigt bzw. zum Teil weit übertroffen werden/wurden.

Anders aber bei...



Den unglaublich schönen Viererblock der One Cent-Marke der ZWEITEN-Mauritius Ausgabe 1848 (Inschrift: "POST PAID") gibt es ebenfalls auch nur einmal (in dieser Form). Er war bei Harmer 1954 sehr hoch bewertet mit nicht weniger als US$ 30'000. Dies sollten wir meines Erachtens umrechnen mit CHF 600'000 heute.

Damit landete dieser Viererblock auf Platz 8 der Liste von Harmer/Life 1954!

1989 eröffnete sich also eine seltene Gelegenheit, ein absolutes Top-Stück günstig zu erwerben. Zur Erinnerung: in Zürich wurde das gute Stück mit einem Schätzpreis von lediglich CHF 160,000 ins Rennen geschickt.

Ich kann mich gut erinnern, dass die Stimmung beim Auktionator nach dem Anlass nicht besonders gut war. Professionell liess er sich natürlich nichts anmerken, aber dass der Viererblock zu dem "Ausruf-Preis-chen" nicht wegging, dürfte ihn ziemlich enttäuscht haben.

Offenbar kaufte der Händler W. Lea das Stück im Nachverkauf. Man kann dem Mann nur gratulieren. 18 Jahre später, an der nächsten Auktion, 2007 bei Spink in London, wurde dann das Stück auch wieder "anständig" verkauft (siehe Beitrag [#828]).

So ist der Briefmarkenhandel.

Erstaunlich stabil - aber auch mit "Ausreissern". Gegen oben. Und gegen unten.

Gut ist, wenn man zur rechten Zeit am rechten Ort ist und Gelegenheiten wahrnehmen kann.

Noch ein Wort zu Platz 8 dieses Blocks Mauritius "Earliest impression".

Die Top-Einreihung auf Platz 8 von H.R. Harmer war sicher KEINE Falscheinschätzung von Harmer. Erstens war und ist Mauritius ein Top-Land und die Bedeutung des Stückes steht ausser Frage. Und zweitens stand Harmer bestimmt unter dem Eindruck der legendären "Hind"-Auktionen (1934). Damals war dieser Viererblock sehr, sehr teuer! Er erreichte von ALLEN "Arthur Hind"-Losen das zweithöchste Resultat!

Und das will etwas heissen! Hind hatte eine märchenhafte Sammlung; auch davon habe ich schon viel geschrieben.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.01.2022 14:59:46 Gelesen: 211986# 832 @  
@ Heinz 7 [#593]
@ Martin de Matin [#591]

Martin hat zu der Postmeister-Marke von Alexandria "Black on buff" wichtige Ergänzungen gegeben und uns auf den Siegel-Census verwiesen.

Von der legendären Postmeister-Marke sind heute nur 7 Stück bekannt, wobei immerhin 5 auf Brief sind. Seit 1933 kennen wir (nur) 7 Stück dieser Marke, in fast 90 Jahren sind also keine weiteren Stücke aufgetaucht!

Das erste entdeckte Stück wurde vom bekannten Philatelisten John K. Tiffany 1872 gefunden. Genau dieser Brief wird am 26.1.2022 in New York verkauft, bei Harmer, anlässlich der 6. Erivan-Haub Auktion.



Dieser Brief kommt offenbar in den 150 Jahren seit seiner Entdeckung erst zum dritten Mal an eine öffentliche Auktion. Das erste Mal war (erst!) 1989.

Gemäss Katalog Harmer hat der Brief einen Katalogwert von US$ 500'000 (Scott).

Der Ausruf liegt aber nur bei US$ 100'000. Das sollte angesichts der Bedeutung des Stückes bewilligt werden. Auf welche Verkaufsergebnisse der doch respektable Katalogwert beruht, wäre eine interessante Frage, die ich nicht ohne Weiteres beantworten kann.

Auf das Ergebnis dürfen wir gespannt sein.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.01.2022 15:59:39 Gelesen: 211961# 833 @  
@ BD [#2]

In der Studie Schubert (1912) figurierte unter den teuersten Marken weltweit (!) folgende Marke auf Platz 58 (ex aequo mit anderen)

Katalogwert: 1'000 Mark

Ver. Staaten v. Amerika (Konföderierte Staaten), Baton Rouge, 2 Cents grün (Katalog Nr. 3 bei Senf, Seite 1191, Katalog 1912)

Eine Marke, die kaum ein Sammler je als grosse Rarität wahrgenommen hat. Wer kennt sie überhaupt?



Bei den grossen US-Spezialisten, wie Alfred Caspary, fand die Marke natürlich Beachtung. Caspary besass genau diesen Brief, der nun 66 Jahre nach der Auktion (Sale 989 Caspary 1956) wieder auf den Markt kommt.

Der grosse US-Spezialist Erivan Haub besass auch diesen Brief. Er wird nun am 26.1.2022 bei Harmer, New York, wieder verkauft.

Gemäss Auktionskatalog kennt man heute nur 5 Briefe mit dieser Marke. Dafür finde ich den Startpreis von US$ 10'000 sehr moderat. Bliebe es bei dem Preis, hätte der Käufer meines Erachtens ein preiswertes "Schnäppchen" gemacht. Im Katalog steht sie offenbar bei US$ 50'000 (Bewertung n.A. des Kataloges, vermutlich für Marke auf Brief).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2022 18:52:48 Gelesen: 211463# 834 @  
@ Heinz 7 [#833]

Eine ähnlich einzustufende Seltenheit der Konföderierten Staates der USA sind die zwei Marken von Helena, Texas. Sie waren beide vor 100 Jahren auch schon bekannt, und katalogisiert bei Senf auf Seite 1192 (Katalog 1912).

5 Cents schwarz auf sämisch, oder (englisch): black, on buff
10 Cents schwarz auf grau, oder, black on grey

Die Marken trugen bei Senf die Nummern 27+28, beide waren 1912 unbewertet.

Aus dem Scott Katalog 2000 entnehme ich:

38X1 - 5 Cents
38X2 - 10 Cents

Die Katalog-Notierungen liegen (lagen) bei US$ 7'500 (*) und 6'000 (gestempelt) für die 5 Cents-Marke und bei US$ 5'000 für die 10 Cents Marke.

Beide Exemplare werden nun angeboten in der Erivan Haub-Auktion vom 26.1.2022 (Harmer New York). Was nun aber überrascht, ist, wie extrem selten diese Marken offenbar sind...



Angeblich gibt es von der 5 Cents Marke nur 3 Stück (1 x *, 2 x gest.), von der 10 Cents Marke gar nur 2 Stück gestempelt! Warum dann die Katalogpreise nicht höher sind, wundert mich. Auch im Ausruf sind diese zwei Marken nicht sehr hoch:

Los 100: 5 Cents, unused. "unique" (meine Anmerkung: !), Start dennoch nur US$ 5'000. Der Katalogwert sei nun bei US$ 22'500

Los 101: 10 Cents, used, "the finer of the two known examples", ex Ferrary und Caspary, Start dennoch nur US$ 10'000, Katalogwert Scott angeblich US$ 40'000.

Die CSA der USA sind sicherlich kein einfaches Sammelgebiet. Ein anderer grosser deutscher Sammler hat sich seit vielen Jahren diesen Marken auch angenommen. Vielleicht versucht er, seine grossartige Sammlung um zwei extrem seltene Raritäten anzureichern? - Ich bin gespannt auf die Auktion!

Heinz
 
Martin de Matin Am: 23.01.2022 20:23:27 Gelesen: 211436# 835 @  
@ Heinz 7 [#833]

Am 28.9.1999 wurde bei Siegel in New York Kilbourne-Sammlung versteigert. Als Los 10 wurde eine 2c grün von Baton Rouge auf Brief mit Ortsdatumstempel versteigert. Der Schätzpreis (Katalogpreis?) war damals 10.000 Dollar und der Zuschlag erfolgte bei 26.000 Dollar. Gemäß der Katalogbeschreibung soll es von der Scott 11X1 ausser den Briefen 3 ungebrauchte und 5 lose Gestempelte/ Briefstücke geben. Mit diesem Brief kann man einen Preisvergleich nach rund zwanzig Jahren ziehen.

@ Heinz 7 [#834]

Interessant ist, das in der Kilbourne-Sammlung kein Stück aus Helena war, obwohl die Sammlung viele Raritäten der der lokalen Marken Konföderierten Staaten beinhaltete, so auch das Unikat von Mont Lebanon.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 27.01.2022 00:04:44 Gelesen: 210237# 836 @  
@ merkuria [#168]

Vor viereinhalb Jahren sprachen wir über den Dawson-Brief. Ich halte ihn für den zweit-wertvollsten Brief der Philatelie; bei "Life" (1954) siehe [#829] schaffte er es aber "nur" auf Platz 6, ex aequo mit einem anderen Stück.



Bei Williams steht, dass der Brief 1917 an einer Auktion verkauft wurde, aber es steht nicht genau, welche Auktion es war. Darum ist meine erste "Auktions-Dokumentation" erst aus dem Jahre 1957, als der Brief bei der Auflösung der Caspary-Auktion verkauft wurde. 38 Jahre später kam es wieder zu einer Auktion, als die phantastische "Honolulu Advertiser"-Sammlung bei 1995, Siegel verkauft wurde. Damals wurde der Brief sehr teuer: US$ 1.900.000 + 10 % Aufgeld = US$ 2.090.000.

Bereits 4 Jahre später wurde der Brief erneut verauktioniert, nun bei Spink America in New York, als Tito Giamporcaro viele traumhafte USA & Hawaii-Briefe verkaufen liess. Der Auktionskatalog zeigte:

Lose 1-94 = 1851 USA Issue covers
Lose 95-115 = Mail to and from Hawaii
Lose 11-205 = USA, Foreign Destinations

Das Angebot damals beeindruckt mich sehr. Ein Brief, der ebenfalls eine Hawaii-Missionary-Marke zeigte, allerdings die 13 Cents Marke (H.I. & U.S.), wurde als Los 109 angeboten mit einem Schätzpreis von US$ 200'000 - 250'000. Der Brief trug auch zwei 3 Cents-Marken der USA und nun gar 13 Cents von Hawaii; der Brief ging via Boston nach Persien!



Dieser Brief ist in mancherlei Beziehung ähnlich wie der "Dawson"-Brief, hat aber nicht dieselbe Berühmtheit, obwohl auch seine Provenienz-Liste beeindruckend ist: Harris - Burrus - Middendorf - Rust - Kapiloff sind 5 grosse Namen.

Dieser Brief verdient es bestimmt auch, hier gewürdigt zu werden.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.01.2022 13:03:00 Gelesen: 208171# 837 @  
@ Heinz 7 [#833]

Dieser Brief von Baton Rouge war in der Zeitschrift "Life" von 1954 ebenfalls abgebildet, als immerhin 9 "Rebel Rarities" vorgestellt wurden. Alle 9 Briefe waren in der sagenhaften Caspary-Sammlung enthalten.

Gleich zwei dieser 9 Briefe wurden nun bei H.R. Harmer, New York, verkauft, als die 6. "Erivan-USA"-Auktion stattfand.

Nur US$ 16'000 (+18 % Zuschlagspreis = US$ 18'880) kostete der schöne "Baton Rouge" Brief.



Doch erheblich teurer wurde der einmalige Brief von Pleasant Shade. Gemäss Auktionskatalog gibt es nur 4 Briefe mit dieser Marke (3 Einzelfrankaturen und ein Brief mit einem Paar).



Ausgerufen wurde auch dieser Brief für nur US$ 10'000, doch dafür entzündete sich ein Bieterduell, und der Hammer fiel erst bei US$ 75'000 (+18 % = US$ 88'500).



Wenn wir uns vor Augen führen, dass der Brief in "Life" (1954) aber mit US$ 5'000 ausgepreist war, sehen wir, dass der Preis 2022 nicht übermässig hoch ist, obwohl der Katalogwert (Scott angeblich US$ 55'000) deutlich übertroffen wurde. Der Käufer 2022 hat dieses Spitzenstück meines Erachtens nicht überzahlt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.03.2022 23:34:16 Gelesen: 200811# 838 @  
@ BD [#2]

Auf unserer Tabelle haben wir 101 Briefmarken gesehen, die im Senf 1912 mit RM 750 und mehr bewertet wurden.

Auf Platz 102 kommt dann die nächste Marke mit einem Katalogwert von RM 700. Es war (ist) die Nummer 3 der Toskana, der 2 Soldi-Wert ungebraucht der Ausgabe 1851 "Löwe mit Wappenschild".



Diese Marke ist ungebraucht sehr selten. 1912 war sie bewertet mit RM 700, während das gestempelte Stück mit RM 200 zu Buche stand.

Wie hat sich die Marke entwickelt?

Im Michel-Katalog 2010 steht sie mit Euro 35'000 / Euro 5'000 für die Erhaltungen * / gest. - Gestutzt habe ich aber, als ich die Sassone-Notierung sah; sie soll Euro 130'000 betragen. (Ergänzung: Nach Angabe eines freundlichen Lesers stehen im Band 5 Europa 2020 unveränderte Preise).

Das ist nun doch etwas viel. Gemäss einer anderen Notiz sehe ich eine USA-Notierung (wohl "Scott") von US$ 57'500. Das sind unüblich grosse Unterschiede.

Die oben gezeigte Marke steht in den USA zum Verkauf, Los 941 bei Cherrystone, New York. Der Estimate liegt bei US$ 25'000. Man darf auf das Resultat gespannt sein.

Heinz
 
bignell Am: 08.03.2022 18:23:12 Gelesen: 200741# 839 @  
@ Heinz 7 [#838]

Hallo Heinz,

Bewertung der Toscana 3 im Sassone 2022 stolze 140.000 €, damit die zweitteuerste im Satz nach der Nummer 9 (60 Crazie) für schlappe 220.000 €.

Liebe Grüße,
harald
 
Heinz 7 Am: 09.03.2022 08:55:34 Gelesen: 200697# 840 @  
@ bignell [#839]

Vielen Dank, Harald.

Ich verstehe diese Notierungen im Sassone nicht. Gab es Resultate, welche diese Wahnsinnspreise rechtfertigen, oder schwelgt die Redaktion dort noch immer in der Welt der altitalienischen Lira? Die Umstellung auf Euro - seit mehr als 20 Jahren - müsste doch auch auf der Redaktionsstube Sassone angekommen sein.

;-)

Heinz
 
bignell Am: 09.03.2022 18:05:37 Gelesen: 200646# 841 @  
@ Heinz 7 [#840]

Hallo Heinz,

ich denke das erklärt sich durch die unterschiedliche Beliebtheit in den Märkten, wobei auch die Qualitätsansprüche unterschiedlich sein mögen. Sassone führt acht verschiedene Qualitätsstufen auf (Eccezionale = 2-3facher Katalogpreis, Splendido = Katalogpreis, Bello = halber Katalogpreis, Mediocre = 1/3-1/4, Apparentemente bello = -75-80%, Scadente = -85%, Di scarto = -90%). Für "Splendido" gilt u.a. "Margini grandi", also breitrandig, ich weiss nicht welche Kriterien für den Michel-Katalogpreis gelten.

Liebe Grüße,
harald
 
Martin de Matin Am: 09.03.2022 21:28:46 Gelesen: 200622# 842 @  
@ Heinz 7 [#838]

Der Sassone-Katalog mit seine Bewertungen scheint ein sehr beliebter Katalog bei manchen deutschen Auktionshäusern zu sein. Ein schönes Beispiel dazu von der 113. Auktion Gert Müller.

Beschreibung: Los 2345 Österreich Michel 9

DER ZINNOBERROTE MERKUR: 6 Kr. zinnoberrot, Type IIIb, sogenannter "ZINNOBERROTE MERKUR", leuchtend farbfrisch, dreiseitig enorm breitrandig, links an die Randlinie geschnitten, ungebraucht mit voller, besonders frischer Originalgummierung und zarter Falzspur. Diese Ausgabe gehört zu den ganz großen Raritäten der Philatelie und fehlt in nahezu allen Sammlungen. Es sind nur wenige Exemplare erhalten geblieben, die nahezu alle keine Gummierung und mehr oder weniger starke Mängel aufweisen. Ein Paradestück der Österreich-Philatelie und zugleich eine der großen Kostbarkeiten der klassischen Philatelie überhaupt. Fotoattest "DURCH DIE FRISCHE DER MARKE ZÄHLT DIESES STÜCK ZU DEN SCHÖNSTEN BEKANNTEN EXEMPLAREN. ES HANDELT SICH UM EIN PRACHTSTÜCK DIESER ALT-ÖSTERREICH UND WELTRARITÄT" Steiner/VÖB. Sassone 375000,- €

Auktion Nachverkauf
Ausruf
50.000,00 EUR



Warum benutzt ein Auktionshaus in Deutschland den Sassone-Katalog und nicht den Michelkatalog?

Man kann mit unrealistisch hohen Katalogpreisen glänzen. Ein drittel oder die hälfte des Sassonepreises sieht halt nicht so schön aus.

Das oben gezeigte Beispiel ist nur eins von vielen. Wenn man die Sassonepreise sieht denkt man eher an den olympischen Gedanken "schneller, höher, weiter" ergänzt um teurer.

Gruss
Martin
 
bignell Am: 09.03.2022 22:05:44 Gelesen: 200612# 843 @  
@ Martin de Matin [#842]

Hallo Martin,

ich würde sagen, der rote Merkur fällt in die Sassone-Qualitätsstufe "Scadente" - "un margine corto", somit "85% di sconto", Sassone 2022: 360.000€ - 85% = 54.000€, damit wären wir am Ausrufpreis. Natürlich wird man aufgrund der Seltenheit der Marke kaum einen schöneren finden.

Liebe Grüße,
harald
 
Heinz 7 Am: 18.03.2022 23:31:49 Gelesen: 199430# 844 @  
Eine bei uns wenig bekannte Rarität kommt aus Canada. Bei der Ausgabe 1868, der ersten Ausgabe "Dominion of Canada" wurde die Queen (Victoria) in 8 verschiedenen Wertstufen (von 1 Cent bis 15 Cents) hergestellt, wobei die 1 Cent Marke in zwei Farben herauskam (braunrot und gelb). Wir haben also 9 Marken, die bei Michel die Nummern 16-24 tragen. Im Scott sind dies die Nummern 21-29, dazu gibt es noch die Nummer 30 (da wurden für die 15 Cents Marke zwei Hauptnummern vergeben).

Drei Werte wurden auch auf speziellem Papier gedruckt "laid paper", sie sind selten. Scott gab diesen Marken die Nummern 31-33. Eine aussergewöhnliche Rarität ist die 2 Cents green, laid paper, Scott no. 32. Gemäss Census von Siegel kennt man heute nur 3 Exemplare dieser Marke! Alle drei sind gestempelt, als "mit Fehlern" beschrieben.



Die hier gezeigte Marke ist seit 1924 bekannt. Sie war in der Sammlung Ferrary. 1924 wurde an der 10. Ferrary-Auktion in einem Sammellos (Nr. 53) auch eine Marke 2 Cents auf Papier vergé verkauft (eine von 19 Marken dieses Loses). Gemäss der Encyclopaedia von Williams kam das Stück via Händler Colson in die Sammlung von Lewis L. Reford.

In dieser Sammlung (Reford) war diese Marke dann ein hoch beachtetes Spitzenstück. Bei der 2. Reford-Auktion 3.-6.10.1950 Harmer, Rooke & Co. Inc., New York, wurde als Los 955 diese Marke angeboten, und für sehr hohe US$ 3'800 verkauft. In der Katalogbeschreibung 1950 wurde geschrieben, dass nur 2 Stück dieser Marke bekannt seien. Das dritte Stück (heutiger Stand) war damals offenbar nicht bekannt. Auch bei Leon N. Williams / David Feldman, 1997 waren nur zwei Stücke aufgeführt.

Im Scott-Katalog "2000" war die Marke No. 32 bewertet mit US$ 175'000.

Das dritte Exemplar wurde (gemäss Census Siegel) erst 2014 gefunden, offenbar in einem Rundsendeheft!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.03.2022 10:45:28 Gelesen: 199398# 845 @  
@ Heinz 7 [#410]

Die "schönste Kanadierin" habe ich ja bereits ausführlich vorgestellt: Die Briefmarke 1851, welche Queen Victoria zeigt, Nominale 12 Pence, war schon im XIX. Jahrhundert sehr geschätzt und sehr teuer.



Wie erwähnt schaffte sie es bei Schubert auf Platz 31 (gestempelt, Mark 1'600), bei Haas gar auf Platz 10 (vermutlich: ungestempelt). Im Senf war die Senf Nr. 6 nur gestempelt bewertet, für ungebraucht notierte Senf "-". Eine Bewertung nahm zum Glück Paul Kohl in seinem Briefmarken-Handbuch 1915 vor, und er unterschied auch noch nach Papiervarianten:

6A: gestreiftes Papier: * 2250 Mark, gest. 1750 Mark
6B: gewöhnliches einfaches Papier: * 3000 Mark, gest. -.- (unbewertet)

Diese Unterscheidung ist umstritten. Im Katalog Scott 2000 finde ich folgende Notiz:

"Most authorities believe the 12p black does not exist on wove paper". Nur die Marke auf "laid paper" erhält eine Nummer (Scott no. 3).

Diese Marke war und ist ein "Hingucker" ersten Ranges für jede Canada / British North America / British Empire - Sammlung und gilt als eine der teuersten Marken der Welt. Im Scott-Katalog 2000 war sie bewertet mit US$ 80'000 für ungebraucht (US$ 55'000 ohne Gummi) und mit US$ 50'000 (gestempelt). Die Marke hat in ihrer langen Geschichte auch schon mehrfach diese Preise übertroffen.

Der Census bei Siegel ist nun extrem hilfreich, um die Seltenheit der Marke wirklich einschätzen zu können. Sie ist nicht ganz so selten, wie es ihr Preis vielleicht vermuten lässt.

Nach Siegel kennen wir:
17 Marken ungebraucht
4 Paare ungebraucht
9 Marken ungebraucht ohne Gummi
36 Marken gebraucht
2 Paare gebraucht
4 Briefe mit dieser Marke (alles Einzelfrankaturen).

Total also 72 Stück. Siegel klassiert diese 72 Stück sogar noch nach Erhaltung und notiert:
40 x "sound"
30 x "fault"
2 x "unknown"

Die "unknown"- Klassifizierungen sind angebracht bei folgenden nicht zugänglichen Grossraritäten:
- Paar ungebraucht (No. 1): Tapling Sammlung, British Library, London
- Brief mit Einzelfrankatur (No. 3): Sammlung der Queen of England, London

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.03.2022 12:14:40 Gelesen: 199383# 846 @  
@ Heinz 7 [#845]

Unter den 17 ungebrauchten Marken sticht eine besonders hervor. Ich habe sie bereits gezeigt



Es soll die einzige Marke sein, die niemals gefalzt wurde "never hinged", also das einzige "postfrische" Stück, zudem mit perfekten Rändern und nach US-Klassierung atemberaubenden hoch klassiert: "Graded superb 98, Never Hinged" (Philatelic Foundation New York, certificate no. 486541).

Gemäss Auktionskatalog ist dieses Exemplar seit mindestens 1965 bekannt, als Auktionator Sissons die Marke schriftlich beurteilte. Einen "Stammbaum" (Provenienz-Angaben) habe ich aber nicht gefunden, weder im Auktionskatalog 2011 noch im Siegel Census. Dort ist lediglich die Auktion erwähnt, an welcher das Stück offenbar zum ersten Mal (?) öffentlich auftauchte.

Am 27. Januar 2011 wurde die Briefmarke in New York bei Spink, Shreves Galleries, verkauft. Der Erlös war angeblich US$ 425'000 (unklar, ob mit oder ohne Kommission von 15% (20% auf die ersten $ 2'000; d.h. wohl US$ 63'850 = total US$ 488'850).

Dies ist nochmals deutlich mehr als andere, auch sehr spektakuläre Zuschlagpreise der letzten Jahre.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.03.2022 14:30:11 Gelesen: 199307# 847 @  
@ Heinz 7 [#845]

Von Canada's berühmtester Marke gibt es 11, die besonders hervorstechen:

- 1 postfrische Marke (siehe Beitrag [#846])
- 6 Paare (4 x *, 2 x gest.)
- 4 Briefe

(siehe Liste der 72 Stück gemäss Census Siegel).

Ein Stück, das bei einigen Sammlern als Stück "non-plus-ultra" galt, ist das Paar, das einst die Sammlung von Sam C. Nickle zierte.



Es wurde 1988 verkauft bei Charles G. Firby (USA, Birmingham/MI). Es stammt, wie ersichtlich, vom unteren Bogenrand. Es ist im Census von Siegel als Ex. "3-OG-PR-04, Sound" aufgelistet.

Los 167 erreichte 1988 immerhin ein Ergebnis von US$ 150'000 + 10 % Aufgeld. Dies war 1988 ein sehr hohes Ergebnis.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.03.2022 15:37:18 Gelesen: 199298# 848 @  
@ Heinz 7 [#847]

Richard, ich bitte Dich, folgende "Gesundheitswarnung" über meinen nachfolgenden Beitrag zu stellen:

"Vorsicht! Der Inhalt des nachfolgenden Beitrages kann gesundheitsgefährdende Folgen nach sich ziehen, wie Herzrasen, Bluthochdruck, Ohnmachtsanfälle..."

Jeder Liebhaber von Canada-Marken kommt ins Schwärmen, wenn er die "Canada"-Sammlung von Louise Boyd-Dale-Lichtenstein studiert. Ich zeige hier einen scan aus dem Auktionskatalog vom 18.-21.11.1968: British North America. Auf Seite 18 und 19 sind die Lose 56-59 vorgestellt. Sie zeigen nicht weniger als 3 Super-Raritäten von Canada Twelve Pence black:

Los 56 - waagrechtes Paar ungebraucht (später: Sam Nickle, siehe Beitrag 847)
Los 58 - waagrechtes Paar, gestempelt
Los 59 - Einzelfrankatur auf Brief von Montreal nach New York



Bei Siegel sind diese Super-Gems registriert als
3-OG-PR-04, Sound = Paar *, Los 56
halloooo ?!? nicht registriert ?!? = Los 58
3-COV-02 Fault = Einzelfrankatur, Los 59
dazu: Los 57 ist offenbar auch nicht registriert.

Na, das ist dann doch eine grössere Überraschung. Ich werde Siegel schreiben.

Bleiben wir bei der Auktion 1968. Die Ergebnisse waren:

Los 55: US$ 17'000 (ein ungebrauchtes Stück)
Los 56: US$ 39'000 (Paar *)
Los 57: US$ 13'000 (gestempeltes Einzelstück), man beachte den damaligen Katalogpreis von US$ 7'500
Los 58: US$ 12'000 (Paar gestempelt)
Los 59: US$ 16'000 (Einzelfrankatur)

Den Leuten, die gerne "Farbe" sehen, sei noch die Abbildung des Briefes gegönnt:(Kopie aus dem Census Siegel)



Na, jetzt habe ich selber "Herzrasen" erlebt, als ich sah, dass im Siegel-Census zwei Marken aus dem Sale Dale-Lichtenstein fehlen!

Frohen Sonntag wünscht

Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.03.2022 22:56:53 Gelesen: 199240# 849 @  
@ Heinz 7 [#848]

Die Frage der Erfassung der existierenden Stücke bei Siegel hat mich beschäftigt. Ich habe zwei oder sogar drei Lose der Auktion 18.11.1968 (Dale-Lichtenstein) bei Siegel NICHT gefunden, und das ist doch erstaunlich, denn die Sammlung Dale-Lichtenstein ist ja eine der ganz berühmten und muss bei einer "Bestandsaufnahme" natürlich berücksichtigt werden.

Ich habe mir die Auktionen Dale-Lichtenstein auch noch genauer angeschaut, und festgestellt, dass es nicht bei den 5 oben genannten Losen blieb, sondern dass noch mindestens vier (!) weitere Lose hinzukamen!

21.5.1969: Los 413: 12 Pence black, gestempelt

29.1.1970: Los 836: 12 Pence black, *

7.12.1970: Los 76: 12 Pence black, * Paar
do. Los 77: 12 Pence black, gestempelt

Diese 9 Lose wurden gemäss Ergebnislisten alle verkauft, ich notiere die folgenden Zuschläge:

21.5.1969: Los 413: 12 Pence black, gestempelt = US$ 2'500 (Stück mit Fehler)
29.1.1970: Los 836: 12 Pence black, * = US$ 26'000
7.12.1970: Los 76: 12 Pence black, * Paar = US$ 40'000 (!)
do. Los 77: 12 Pence black, gestempelt = US$ 5'000

Und vermutlich war das nicht einmal alles! In einer "Preview" -Broschüre ist noch ein weiterer Brief mit einer Einzelfrankatur abgebildet, den ich aber an keiner der fünf "British North America"-Auktionen im Angebot gefunden habe. Er ist auch im Siegel-Census nicht aufgelistet!

Die Siegel-Auflistung scheint also lückenhaft zu sein. Aber in einem Punkt kann ich Siegel doch entlasten: das Los 58 der Auktion 18.11.1968 (das Paar) ist nämlich bei Siegel aufgelistet, aber als ZWEI Einzelmarken (!), weil irgend ein Depp das Paar nach 1968 offenbar auseinander geschnitten hat.



Die Siegel-Nummern 3-CAN-32 und 3-CAN-15 scheinen die rechte und die linke Marke des ehemaligen Paares zu sein. Bei 3-CAN-15 steht bei Siegel auch ein Vermerk, dass das Stück einst in einem Paar war; das Stück 3-CAN-32 habe ich aufgrund der Ränder und dem Stempelbild wohl zutreffend identifizieren können. Bei Siegel steht aber in der Kurzbeschreibung von 3-CAN-32 nichts davon.

Ausserdem wird beim Census Siegel der vierte Brief "3-COV-04" als "ex Dale-Lichtenstein" bezeichnet, aber ich kann diesen Brief in den Auktionskatalogen nicht finden. Los 55 vom Sale 18.11.1968 könnte die Nr. "3-OG-11" sein, aber bei Siegel fehlt ein entsprechender Vermerk und die Identifikation von ungebrauchten Marken ist immer schwieriger, weil meist nur der Rand/der Schnitt als Unterscheidungsmerkmal dienen kann, während bei Stempeln es sehr selten vorkommt, dass zwei Stücke genau gleich aussehen.

Schade. Da hat jemand bei Siegel offensichtlich nicht sehr sorgfältig gearbeitet.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.04.2022 01:01:26 Gelesen: 193736# 850 @  
Das Auktionshaus Peter Rapp hat in den rund 50 Jahren seines Wirkens schon viele äusserst wertvolle Briefmarken anbieten können. Dass die Schweiz Marke Nr. 1 von 1849 (Bundespost) ungebraucht äusserst selten ist, haben wir in diesem Thema schon besprochen.

Nun gibt es eine Gelegenheit, diese seltene Marke bei Rapp zu kaufen. Sie ist optisch sehr schön, mit breiten Rändern.



Ich nehme nicht an, dass der Schätzpreis ausreichen wird, diese Marke zu erwerben. Der Katalogwert liegt bei Euro 35'000 (Michel 2010).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.04.2022 14:19:19 Gelesen: 190469# 851 @  
@ Richard [#3]

Richard hat schon vor 12 Jahren darauf hingewiesen, dass der "Schwarze Einser" zu den berühmtesten Briefmarken der Welt gehört. Mit einem Katalogwert von lediglich

30 Mark (Senf 1912, gestempelt)
2'600 Euro (Michel 2010, gestempelt)
liegt die Marke in Bezug auf den Wert aber nur im "erweiterten Mittelfeld".

Viele populäre Marken, die einzeln, lose, nicht besonders teuer sind, wie die "Grossbritannien 1840 Penny Black", die "Schweiz/Basel 1845 Basler Taube", "USA 1847, Benjamin Franklin" oder eben die "Bayern 1849 Schwarzer Einser" sind aber bei besonderen Verwendungen (z.B. grössere Einheiten, seltene Briefe) durchaus sehr begehrt bei den Sammlern und entsprechend teuer.

Die erste Briefmarke von Bayern existiert in einigen grossen Einheiten (z.B. 45er-Blocks), die vereinzelt sogar noch eine kopfstehende Marke beinhalten. Diese sind in der Regel sehr teuer. Daneben gibt es aber auch einen Halbbogen zu 90 Marken, der 1992 zur Auktion kam.

Dank dem Hinweis eines Lesers ergänze ich, dass es noch einen zweiten Halbbogen zu 90 Marken gibt, ex Sammlung Elster - (Danke Charly!)



Beim süddeutschen Auktionshaus "Götz" wurde diese Preziose angeboten und war heiss umkämpft.



Bei einem Schätzpreis von DM 500'000 erreichte der Halbbogen beeindruckende DM 880'000 Zuschlag. Zählen wir den Aufpreis (Kommission) von 17 % dazu, errechnen wir einen Preis von DM 1'029'600.

Damit reihte sich dieses Los in die höchsten Resultate aller Zeiten ein, durchaus vergleichbar mit anderen mega-Ergebnissen, die z.B. anlässlich der ersten 11 Boker-Auktionen 1985-1992 erzielt wurden.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.06.2022 11:53:18 Gelesen: 174779# 852 @  
@ Heinz 7 [#484]

Es gibt Briefmarken, die sind unglaublich selten, und wohlbekannt, fast jeder Philatelist kennt sie. Z.B. Weltraritäten aus Mauritius, British Guiana, Hawaii oder Rumänien.

Dann gibt es auch weitere Weltraritäten, die stehen in Seltenheit ihren berühmten Schwestern in nichts nach, sie sind aber viel weniger bekannt und sie sind viel weniger im Scheinwerferlicht zum Beispiel bei grossen Ausstellungen.

Ich bin froh, dass ich eine aufregende Geschichte von Weltraritäten der zweiten Kategorie hier erzählen kann. Es kam nämlich soeben zum Verkauf von gleich drei Welt-Raritäten.

Vorgeschichte.

1862 erklärte Großbritannien die Stadt Lagos und ihre direkte Umgebung zum Protektorat und 1886 zur Kronkolonie. Damit übten sie erstmals in diesem Gebiet direkte Herrschaft aus und die Kronkolonie Lagos wurde zur Keimzelle des späteren Protektorats Süd-Nigeria. Im Gebiet wurde ein Territorium «Oil Rivers Protectorate» genannt, 1893 wurde der Name geändert zu «Niger Coast Protectorate». 1892 erschienen erstmals Briefmarken für dieses Gebiet; englische Briefmarken von 1881 und 1887 mit den Aufdruck «BRITISH PROTECTORATE / OIL RIVERS». In wenigen Jahren (1892-1900) wurden nicht weniger als 38 Briefmarken herausgegeben, zu denen es noch mehrere Aufdruck-Varianten und -Abarten gibt.

Der «Senf»-Katalog 1912 listete 38 Nummern auf, wobei allerdings die seltensten Marken ohne Bewertung blieben. Es waren folgende Marken:
1893. Marken 1892 mit Aufdruck des neuen Wertes, Name OIL RIVERS durchstrichen: 20 Shilling auf 1 Shilling grün
Senf 13a. Aufdruck violett
Senf 13b. Aufdruck ziegelrot
Senf 13c. Aufdruck schwarz



Wie auf dem Foto ersichtlich ist, wurden die Aufdrucke etwas zu hoch angesetzt, sodass das geplante Durchstreichen der Ortsbezeichnung OIL RIVERS bei diesen Werten nicht realisiert wurde.
 
Heinz 7 Am: 06.06.2022 11:58:15 Gelesen: 174776# 853 @  
@ Heinz 7 [#852]

(Teil 2)

Die Michel-Katalogisierung 1968 war nahezu dieselbe, während das Kohl-Handbuch 1915 43 Nummern katalogisierte. Die 3 oben genannten Marken hatten bei Kohl die Nummern 18a, 18b und 18c. Kohl bewertete die Nr. 18a mit 4000 Mark! Das war damals ein Wert, der die Marke unter die teuersten Briefmarken der Welt einordnete, wie ich in diesem Thema schon ausführlich zeigte.

Bei Stanley Gibbons trugen die Marken 1906/07 und 1932 die Nummern 33,34 und 35. Später hat eine Neu-Numerierung stattgefunden.

Die Marken waren sehr selten, wurden praktisch nur ganz vereinzelt gehandelt und waren in den Katalogen zum Teil gar nicht bewertet. Der ultimative «Härtetest» folgte dann 1921-1925, als die Ferrary-Sammlung auf den Markt kam! Fast alle Raritäten der ganzen Welt kamen damals zeitnah zum Verkauf und ein Vergleich der Werte untereinander wurde auf eine ganz neue Basis gestellt.

Ferrary hatte alle drei Marken in seiner Sammlung!



An der 5. Auktion (November 1922) kamen zwei Marken zum Verkauf:

Los 127: surcharge violette (also unsere Michel 13a)
Los 128: surcharge noire (also Michel Nr 13c)

Die Ergebnisse lagen bei FRF 16'000 bzw. FRF 12'500 + 17.5 %

An der 9. Auktion (April 1924) kam die dritte hinzu:
Los 32: surcharge vermillion (also Michel 13b)

Der Preis damals war FRF 20'000 +19.5 %

Diese Preise zeigen, dass die Sammler die Seltenheit dieser Marke anerkannten und hohe Preise dafür auslegten. Allerdings erreichten sie keine absoluten Spitzenplätze in der «Ferrary-Hitparade».

(Fortsetzung folgt)
 
Heinz 7 Am: 06.06.2022 12:06:04 Gelesen: 174771# 854 @  
@ Heinz 7 [#853]

(Teil 3)

Dass die Marken von den Philatelisten aber hoch geschätzt wurden zeigt auch die Tatsache, dass sich die British königliche Sammlung darum bemühte, diese Werte zu haben. Im Prachtsband «The Royal Philatelic Collection» von Sir John Wilson (1952) sind auch alle drei Briefmarken abgebildet, zwei davon sogar auf einer der raren Farbfototafeln! (siehe: Plate VII, British Africa).

@ Heinz 7 [#484]

Die Möglichkeiten, eine dieser drei Raritäten zu kaufen, waren in den letzten 100 Jahren sehr begrenzt. Nur sehr vereinzelt gelangten gelegentlich Stücke zur Auktion. Briefmarken-Krösuse wie Colonel Green oder Arthur Hind hatten diese Rarität auch, aber insgesamt war der Markt dafür fast leer.

Umso aufgeregter schauten nun die Kenner dieser Rarität nach Zürich, wo alle DREI Marken bei Corinphila angeboten wurden!
Los 5251 A - 20/- in violet, Gibbons no. 42, Katalogwert GB£ 140'000, «2 examples recorded »
Los 5251 B: 20/- in vermillion, Gibbons no. 43, Katalogwert GB£ 120'000 «3, possibly 4 examples recorded»
Los 5251 C: 20/- in black, Gibbons no. 44, Katalogwert GB£ 120'000. «3 examples recorded»
Die Lose 5151A+5251C sind aus der Ferrary-Sammlung.

Corinphila bot die Marken zuerst als Los an: alle drei Marken zusammen. Wäre das Los nicht verkauft worden, wären die Einzelwerte einzeln angeboten worden.

Doch dazu kam es nicht. Mehrere Sammler erkannten den Wert dieses Angebotes und so wurde der Startpreis von CHF 160'000 für das Sammellos weit übertroffen! Erst bei CHF 520'000 fiel der Hammer! + 22 % Aufgeld ergibt einen Preis von CHF 634'400, das heisst im Schnitt mehr als CHF 200'000 pro Marke, und das ist mehr als ihr voller Katalogwert.

Der Käufer darf stolz sein. Meines Wissens gelang es erst drei Sammlern vor ihm, alle drei Nummern in einer Sammlung zu vereinen:
bis 1922: Ferrary –
bis heute: königliche Sammlung
bis 2022: Sammler mit Name "Besançon"
nun: neuer Käufer 2022.

Ich bin gespannt ob wir die Namen der Sammler 3 und 4 einmal kennen werden.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 06.06.2022 14:06:47 Gelesen: 174743# 855 @  
@ Heinz 7 [#854]

Hallo Heinz,

ich hätte eine Frage zu diesen Marken.

Im Auktionskatalog der Dale-Lichtenstein-Sammlung (Harmers New York 14.3.1991) wird bei der Einleitung für die Lose 201 (roter Aufdruck mit Zahnfehler oben, ex. Hind: unverkauft) und 202 (schwarzer Aufdruck: 50.000 Dollar) wird über die Sammlung von Col. Green geschrieben, das er drei von diesen Aufdruckmarken hatte (das Stück mit dem schwarzen Aufdruck stammt daher). Hatte Col. Green drei verschiedene Marken oder waren welche doppelt vorhanden?

Vielleicht ist es aber nur ein Fehler des Verfassers des Vorworts, denn es werden für Ferrary nur zwei angegeben, dies ist ja offensichtlich falsch.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 06.06.2022 23:01:35 Gelesen: 174693# 856 @  
@ Martin de Matin [#855]

Lieber Martin

Ich freue mich über Deine Frage!

Den Auktionskatalog von Dale-Lichtenstein 14.3.1991 habe ich soeben konsultiert. Er gibt in der Tat interessante Infos, die wir verifizieren wollen.

Die Fotos sind sehr gross und klar, wir sehen, dass die Exemplare Dale-Lichtenstein sicherlich ANDERE Marken sind, als die drei Stücke aus der Besançon collection.

Die Colonel Green Sammlung habe ich auch vor mir und - ja, es gibt DREI verschiedene 20 Shilling-Aufdrucke!

Los 1102: violet surcharge, inverted (angeblich SG no. 35a)
Los 1103: red surcharge (angeblich SG no. 35)
Los 1104: black surcharge (angeblich SG no. 36)

ALSO: Green hatte auch ALLE drei Marken, die violette allerdings nicht mit normalstehendem Aufdruck, sondern sogar mit kopfstehendem! Wir lesen im Corinphila-Katalog 2022, dass es davon EIN Exemplar gibt (zwei normalstehende, ein kopfstehender Aufdruck). Da die kopfstehende Aufdruck-Abart sogar seltener ist, als die Normalmarke, ist es sicher zulässig, auch Col. Green zu ehren, dass er alle drei Marken hatte.

Der Auktionskatalog von Harmer Rooke, New York, 13.-18.11.1944 gibt wohl falsche Katalognummern an; Los 1102 sollte wohl (damals) SG no. 36 gewesen sein und Los 1103 damals SG no. 37. Die Nummer 35a existiert tatsächlich im Katalog Stanley Gibbons 1932: es ist die Marke mit "surcharge inverted".

Als Erkenntnis dürfen wir aber festhalten: es existier(t)en also offenbar bzw. nachweislich 5 Sammlungen mit allen drei Marken

Ferrary
Brit. Königl. Sammlung
Green
Besançon
Käufer 2022

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.06.2022 19:33:26 Gelesen: 174628# 857 @  
@ Heinz 7 [#856]

Ich möchte an dieser Stelle folgende Briefmarke zeigen:

Niger Coast Protectorate

1893. Britische Briefmarken mit Aufdruck "BRITISH PROTECTORATE / OIL RIVERS",
mit Handstempel-Überdruck neuer Wert: 20 Shillings auf 1 Shilling, Aufdruck in violett.
Aufdruck KOPFSTEHEND
Stanley Gibbons No. 35a (Ausgabe 1932)



Die Foto ist aus dem Auktionskatalog von Harmer Rooke, New York, 13.-18.11.1944

Am 16.11.1944 wurde u.a. auch Los 1102 angeboten und verkauft.

Gemäss Auktionskatalog/handschriftlicher Notiz hatte die Briefmarke damals einen Katalogwert von GB£ 500 und erreichte einen Zuschlagpreis von US$ 925.

Offenbar gibt es die oben genannte Marke nur 3 x, zweimal mit normalstehendem Überdruck und einmal mit kopfstehendem Überdruck. Das bedeutet nichts anderes, als dass die oben gezeigte Marke offenbar ein Unikat ist! Auch im Auktionskatalog Corinphila 2022 ist kein anderer "Stand des Wissens" vermerkt.

Heinz
 
merkuria Am: 11.06.2022 15:52:24 Gelesen: 174008# 858 @  
@ Heinz 7 [#856]

Ich denke, die Gelegenheit, diese drei Raritäten zusammen zeigen zu können, ist schon eine aktuelle Farbabbildung wert!



Dazu noch die vorhandenen Atteste zu diesen Ausgaben:




Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 14.06.2022 16:24:42 Gelesen: 173696# 859 @  
@ Heinz 7 [#856]
@ Heinz 7 [#857]

Die Briefmarke Nigerküste, Michel 13 a, ist seit mehr als hundert Jahren bekannt und ist in den Briefmarkenkatalogen der Welt auch schon lange bekannt, wie folgende Übersicht zeigt:

Senf-Katalog / Michel (1912+1993)

13a = violet = ohne Preis + DM 200’000
13b = rot = ohne Preis + DM 200’000
13c= schwarz = ohne Preis + DM 200’000

Yvert & Tellier « Cote d’Or » (1938 + 1994)

No. 17 = violette = FF 60'000 + FF 500’000
No. 17a = noir = FF 175'000 + FF 800’000
No. 17b = vermillion = FF 90'000 + FF 650’000

Stanley Gibbons (1906/07 + 2008)

No. 35, später 42 = 20s. violet = ohne Preis + GB£ 120’000
No. 36, später 43 = 20s. vermillion = ohne Preis + GB£ 120’000
No. 37, später 44 = 20s. black = ohne Preis + GB£ 120’000

Scott (2000)

No. 34 = US$ 62‘500
No. 35 = US$ 85‘000
No. 36 = black = US$ 85‘000

Nur einer dieser vier Kataloge führt aber eine sehr markante Abart – nämlich: Aufdruck kopfstehend! – ebenfalls in den Katalogen, es ist der Katalog Stanley Gibbons.



Die einmalige Variante „surcharge inverted“ (SG 35a) war 2008 noch 33 % höher bewertet als die Grundmarke, also GB£ 160‘000 (statt GB£ 120‘000).
 
Heinz 7 Am: 14.06.2022 16:37:05 Gelesen: 173691# 860 @  
@ Heinz 7 [#859]

Dies sind nun alles Werte, welche die Briefmarken doch als sehr wertvolle Exemplare hervorheben. Trotzdem werden sie in mehreren Verzeichnissen über Raritäten nicht aufgeführt, was uns natürlich zur Frage führt: warum?

Das Zusammenstellen von Basiswissen
Entstehung: Hintergründe, Zeitpunkt, Ort, Auflage
Seltenheit/Wert: Vorkommen, Katalogpreise, Verkaufspreise
ist in Einzelfällen in wenigen Stunden „beinharter Arbeit“ (wissenschaftlich abgestützt) erledigt, in anderen Fällen muss der ambitionierte Forscher – nach Dutzenden von aufgewendeten Stunden - aber durchaus auch oft feststellen: (wie Goethe schon seinen „Faust“ summieren liess):

„Da steh ich nun, ich armer Tor
und bin so klug als wie zuvor“

Schwierig ist in unserem Fall, dass die wohl bekanntesten „Raritäten-Dokumentierer“, die Gebrüder Williams, diese Marke in keinem ihrer Werke erwähnten. Ob es dafür einen Grund gibt (gab), würde mich interessieren.

Ich habe mir in den letzten Tagen einige Stunden zusammen gestohlen und wurde nun dafür reichlich belohnt. Ich habe nämlich eine Schrift gefunden, in welcher diese Briefmarken ausführlich behandelt werden! Fast alle meine Fragen wurden auf einen Schlag erledigt… eine Situation, wie wenn eine Schatztruhe zum ersten Mal geöffnet werden kann!



(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.06.2022 16:43:29 Gelesen: 173687# 861 @  
@ Heinz 7 [#860]

Die Publikation wurde unspektakulär an alle Abonnenten des „London Philatelist“ verteilt, als „Supplement“ zur Ausgabe „The London Philatelist“, Volume 118. March 2009.

Der grosse Philatelist John Sacher beschreibt in dieser 80 seitigen (!) Broschüre in 15 Kapiteln „alles“, was er zur Zeit über diese Marken wusste. Er beschränkt sich nicht auf die drei Spitzenwerte, sondern geht auf alle Marken des Gebietes „Oil Rivers“ & „Niger Coast“ ein, das sind, nach Stanley Gibbons, 64 Briefmarken (Hauptnummern mit vielen, vielen Zusatznummern).

So zeigt er insbesondere die verwirrende und schwierig zu überblickende Vielfalt der Aufdrucke und ihrer Abarten auf. Diese kommen vor: in den verschiedensten Farben, kopfstehend, verdreht, doppelt angebracht oder auch „vergessen“. Es braucht eine gehörige Portion „Mut“ (und Hartnäckigkeit!) dazu, dieses Thema so ausführlich zu behandeln.

Ich will nicht auf zu viele Details dieser wunderbaren Studie eingehen, sondern mich auf „unsere“ drei Marken „Stanley Gibbons no. 42+43+44“ beschränken. Dazu lese ich Erstaunliches!

Alle drei Marken entstammen offenbar einem EINZIGEN Bogen der „One Shilling Marke“, die die Überdrucke „BRITISH PROTECTORATE / OIL RIVERS“ und „20 / -„ (für „20 Shilling“) erhielten! Warum die zweiten Überdrucke nicht mit EINEM Handstempel in EINER Farbe durchgeführt wurden, sondern in DREI verschiedenen Farben (!), dazu gibt es wohl nur eine plausible Erklärung: „Philatelistische Interessen“! - - Nun, es ist mir bewusst, dass ein solches Urteil für viele Sammler einem „tödlichen Dolchstoss“ für die Attraktivität dieser Marken gleichkommt, und vielleicht haben gerade DARUM die Gebrüder Williams die Marke nicht behandelt… ?

John Sacher schreibt auf Seite 68 (Kapitel „Conclusions“):

„That there were philatelists involved with the issue of all the surcharges provisionals is clear“

Sacher gibt genaue Angaben zu diesen seltenen Briefmarken. Laut seiner Dokumentation gibt es nur 9 solche Briefmarken, die Sacher auf Seite 50 der Broschüre alle zeigt! Sacher zeigt die neun Marken sogar zusammenhängend als unregelmässigen Neunerblock!

1. Reihe, 1. Marke: fig. 188 = violet, surcharge inverted
1. Reihe, 2. Marke : fig. 189 = violet
2. Reihe, 1. Marke : fig.190 = violet
2. Reihe, 2. Position: fig 194 = black
3. Reihe, 2. Position: fig. 195 = black (1. Position: fehlt)
3. Reihe, 3. Marke: fig. 196 = black
4. Reihe, 2. Position: fig. 193 = vermilion
4. Reihe, 3. Position fig. 191 = vermilion
5. Reihe, 2. Position: fig. 192 = vermilion
 

Heinz
 

Heinz 7 Am: 14.06.2022 16:53:50 Gelesen: 173684# 862 @  
@ Heinz 7 [#861]

(Schluss)

Wäre es (bei der Produktion) ein regelmässiger 15-er-Block gewesen (5 Reihen à 3 Marken), würden also noch 6 Marken fehlen, doch Sacher weist darauf hin, dass seit 1903 kein weiteres Stück ans Tageslicht gelangt sei.

Aus «Copyright»-Gründen sollte ich wohl auf eine Wiedergabe der Seite 50 aus der Broschüre verzichten.

Wir kennen also exakt 3 Exemplare pro Farbe, wobei ein Exemplar den Aufdruck kopfstehend trägt. Bei dieser Kenntnislage ist also auch die Katalogisierung von Stanley Gibbons sehr schlüssig:

No. 42 = 20s. violet = GB£ 120’000
No. 42a = do. Surcharge inverted = GB£ 160’000
No. 43 = 20s. vermillion = GB£ 120’000
No. 44 = 20s. black = GB£ 120’000

Die anderen Katalognotierungen, insbesondere bei Yvert + Tellier, die unter den Marken grosse Wertunterschiede sahen, sind daher, aus heutiger Sicht, nicht verständlich. Doch müssen wir wissen, dass eine Marke «black» längere Zeit angeblich als Unikat galt, gleichzeitig wurde behauptet, von der Marke «violet» seien 5 Stück bekannt (siehe Seite 48).

Besonders wertvoll ist auch die Aufzählung bei Sacher aller ihm bekannten Besitzer der 9 Marken. Daraus wird ersichtlich, dass die Royal Collection London offenbar 1915 eine Marke «vermilion» erwarb (fig. 191) und 1920 eine Marke «black» (fig. 194). Mich erstaunt, dass 1922, als eine Marke «violet» im Angebot war (Ferrary-Auktion!) die Trustees der Sammlung diese Marke aber nicht kauften! Erst 1934 wurde ein Stück «violet» für die königliche Sammlung gekauft (fig. 190), Seit 1934 ist also hier die Reihe komplett, wie zuvor schon bei Ferrary.
Dieser kaufte bereits 1901 offenbar alle 3 Varianten; fig. 189+fig 192+fig 194).

Die drei Stücke ex Besancon, die nun in Zürich für Aufsehen sorgten, sind die fig. 189 (violet), fig. 193 (vermilion) und fig. 196 (black). Ich habe sie in Farbe schon oben gezeigt.

@ Heinz 7 [#852]. Jacques hat noch 4 Atteste dazu gezeigt @ merkuria [#858]. Gemäss Sacher wurden die Marken natürlich auch früher schon attestiert.

Zum Besitzer der einmaligen SG no. 42a lesen wir bei Sacher (2009): "Private Collection" (1987); gemäss seiner Übersicht wurde die von mir gezeigte Marke aus der Sammlung Green seit 1944 nicht mehr öffentlich verkauft. Das Unikat sei darum also anbei nochmals gezeigt



Heinz
 
Heinz 7 Am: 22.07.2022 17:19:20 Gelesen: 164508# 863 @  
@ Heinz 7 [#383]

Vor einiger Zeit haben wir uns intensiv mit dieser Marke auseinandergesetzt.

Damals durften wir davon ausgehen, dass es vermutlich doch drei ungebrauchte Exemplare dieser extrem seltenen Marke gibt. Eines dieser Stücke habe ich vielleicht in einem Auktionskatalog von 1949 gefunden:

H.R. Harmer Ltd. London, 9.'/10.Mai 1949, sales 2033+2034, dabei die Sammlung "William Luder: Spain"

Los 426



Die Marke wurde damals verkauft für GB£ 500; das war 1949 sehr viel Geld.

Weitere Ausführungen dazu im separaten Thema "Spanien: Hintergründe zur Mi. 27 y"

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.07.2022 23:54:22 Gelesen: 163367# 864 @  
@ Heinz 7 [#693]

Ich habe vor einiger Zeit die wunderbare Cape of Good Hope Sammlung von D. Alan Stevenson besprochen.

Sie hatte eine "irre" seltene Marke im Angebot:

Los 231 - Error of colour 1d. pale milky blue, margins two sides but cut into at bottom. With R.P.S. certificate 20,552 stating "that it is genuine and apparently unused. Creased in three places"

Meines Wissens gibt es nur zwei ungebrauchte Marken dieses Farbfehldruckes.

Acht Jahre später kam bei H.R.Harmer London wieder eine Kap-Sammlung zum Verkauf (Sammlung M.C. Morgan, Sale 2786-2787 vom 31.3./1.4.1958). Die Sammlung ist nicht so gut wie die von Stevenson, aber ein Los verdient unsere besondere Beachtung: Los 130



Aus der Losbeschreibung wird ersichtlich: es ist dasselbe Exemplar, das also wieder verkauft wurde. Wieder wird die Zertifikat-Nummer 20'552 erwähnt, natürlich mit demselben Befund. Wichtig auch folgende Zusatzinformation: "ONLY ONE OTHER UNUSED COPY RECORDED".

Das Los hatte einen Schätzpreis von GB£ 400 -500, erreichte aber einen Zuschlag von satten GB£ 875; das war 1958 ein sehr hohes Ergebnis. 1950 hatte das Stück nur GB£ 220 eingebracht, bei einem Schätzpreis von GB£ 250.

Ich freue mich also, diese Weltrarität im Bild vorstellen zu können.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.08.2022 21:21:40 Gelesen: 161197# 865 @  
@ Martin de Matin [#835]

Martin hat auf die "Kilbourne" Auktion 1999 aufmerksam gemacht, die für das Sammelgebiet "USA: Confederate States of America" eine der wichtigsten Sammlungen aller Zeiten war. Immerhin 158 Lose zeigte der Katalog, alle mit schönen Farbfotos. Es ist ein wichtiger Referenz-Katalog.



1954 stellte Harmer in seinem aufsehen-erregenden Briefmarken-Artikel im "LIFE"-Magazin gleich 9 wertvolle Briefe aus dem Bereich CSA vor. Als wertvollste Belege bewertete Harmer

- den Brief mit 2 x 5 Cents Livingston US$ 12'500
- den Brief von Grove Hill US$ 6'000
- den Brief mit Mount Lebanon, US$ 5'000



Alle drei Briefe gehörten zur Sammlung Caspary, und an seiner Auktion erzielten diese drei Briefe auch die meines Wissens höchsten Resultate an der CSA-Auktion 5.-7.3.1956:

- Los 143: Grove Hill - US$ 7'000
- Los 186: Livingston (Paar) - US$ 14'000
- Los 287: Mount Lebanon - US$ 5'500

1999 bewertete Scott diese Briefe wie folgt:

36X1 Grove Hill on cover US$ 75'000
51X1 Livingston, Ala., pair on cover US$ 120'000 (unique)
60X1 Mount Lebanon on cover US$ 100'000 (unique)

In der Kilbourne-Sammlung war "nur" der Brief mit der Mount Lebanon-Marke. Der Brief zierte die Umschlagseite des Kataloges.



Der Brief wurde zu sensationellen US$ 350'000 zugeschlagen, plus 10 % Aufgeld = US$ 385'000.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.08.2022 22:26:47 Gelesen: 161162# 866 @  
@ Heinz 7 [#865]

Gemäss Mitteilung des Auktionshauses war dieser Erlös der höchste, der jemals für ein CSA-item erzielt wurde.



Der Text zu Los 93 ist sehr ausführlich. Wir erfahren, dass der Brief ebenfalls in der Sammlung Weatherly war, einem anderen grossen CSA-Sammler, dessen Sammlung 1972 verkauft wurde (auch bei Siegel). Doch schon 1963 hatte Weatherly dem Sammlerpaar Kilbourne (Charles & Lucy) einige wichtige Stücke privat verkauft; sie fehlten darum im Auktionskatalog 1972. Weatherly hatte den Brief 1956 an der Caspary-Auktion gekauft.

Wenn wir den Ankündigungskatalog der Erivan-Auktionen studieren, sehen wir, dass Haub ja nicht nur USA-Postmeistermarken sammelte, sondern auch CSA-Ausgaben. Auf Seite 178 finden wir den berühmten Livingston-Brief mit dem Paar und auf Seite 180 sehen wir einen Grove Hill-Brief. Der Hinweis: "Der einzige Brief mit dem Grove Hill Provisional" im Buch ist aber nicht richtig, Caspary hatte ja zwei Briefe dieser Marke (Los 143+144).

Kilbourne hatte einen Brief von Livingston (Einzelmarke, nicht das Paar), aber eine Grove Hill-Marke finden wir nicht. Auch von Helena finden wir kein Stück, was uns Martin in Beitrag 835 mitteilte.

Es wird den Leser aber sicherlich interessieren, welche seltenen Stücke denn bei Kilbourne sonst noch auffielen. Die Auktion war ein voller Erfolg. Die 158 Lose erzielten nach meiner Addition ein respektables Resultat von US$ 2'141'445. Vor allem die hoch geschätzten Lose waren in der Regel heiss begehrt.

Immerhin 32 Lose hatten einen Schätzpreis von US$ 10'000 oder mehr, die Zuschläge waren oft deutlich höher und wir finden 46 Lose mit einem Zuschlag von mehr als US$ 10'000!

Das zweithöchste Ergebnis erzielte eine Marke, die unsere aufmerksamen Leser bereits kennen! CSA Victoria hat zwei Briefmarken, die ich in den Beiträgen 141+159 darstellte. Ich wies oben darauf hin, dass die sehr seltenen Marken Ende des 20. Jahrhunderts in den Katalogen tief bewertet waren. So auch der Brief (Los 156), der nur mit US$ 17'500 bewertet war.



Dabei blieb es aber nicht! Der Hammer fiel erst bei US$ 105'000, was aber nicht erstaunlich ist, denn es gibt offenbar nur zwei Briefe mit dieser Marke (siehe merkuria [#146])

Übrigens: auch der Victoria-Brief wurde privat 1963 verkauft: von Weatherly an das Sammler-Paar Kilbourne.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.08.2022 12:01:02 Gelesen: 160961# 867 @  
@ Heinz 7 [#866]

Auch Nashville, Tennessee, hat im Bürgerkrieg Postmeister-Marken herausgegeben. Scott listet diese Marken auf unter:

61X2 - 5 Cents, carmine
61X3 - 5 Cents, brick red
61X4 - 5 Cents, grey
61X5 - 5 Cents, violet brown
61X6 - 10 Cents, green

Eine 61X1 ist im Katalog "Scott 2000" nicht (mehr) gelistet; vermutlich wurde eine Variante der Marke einmal als X1 katalogisiert, die Katalogisierung aber später wieder annulliert.

Die Marken sind alle nicht sehr teuer, sie waren bewertet (2000) mit US$ 500, 450, 625, 475 für die 5-Cents-Marke und mit US$ 3'000 für die 10 Cents-Marke. Auch auf Brief sind die Marken für einige Sammler noch erschwinglich, finden wir doch Preisnotierungen von US$ 2000, 3500, 3000 und 4000 (für die 5 Cents-Marke) bzw. von US$ 15'000 (für die 61X6).

Kilbourne hatte einen Brief mit der 10 Cents-Marke!

Gemäss Auktionskatalog ist bei diesem Stück besonders spektakulär, dass es einer der äusserst seltenen Kombinationen mit regulären US-Ausgaben ist (United States 3c Red Star Die entire).



Dieser Brief hatte den zweithöchsten "Estimate" im Auktionskatalog, mit US$ 50'000. Doch der Zuschlag erfolgte erst bei US$ 90'000, womit es das dritt-teuerste Stück der Auktion war.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.08.2022 12:35:12 Gelesen: 160635# 868 @  
@ Heinz 7 [#865]

Mit ganz besonderem Vergnügen stelle ich Ihnen Los 8 vor aus der oben genannten Auktion "Kilbourne".

Los 8 war notiert mit US$ 20'000 (ausgerufen/Schätzpreis/Katalogpreis; so ganz klar ist das nicht). An der Auktion erzielte das Stück dann aber stolze US$ 67'500 (Hammerpreis), dazu kamen 10 % Aufgeld.



Das ist nun anständig viel Geld für eine ... Ganzsache!

Ja, wirklich, wir haben es mit einem Umschlag zu tun, also einer Ganzsache. Die G. sind die "Schwestern" der Briefmarken. Beides sind Postwertzeichen. Im 19. Jahrhundert waren VIELE Ganzsachen SEHR teuer und durchaus auf Augenhöhe mit den teuersten Briefmarken; im 20. Jahrhundert hat sich das kräftig geändert: während viele Briefmarken noch teurer wurden haben viele früher teure Ganzsachen real an Wert verloren oder sind bestenfalls stehengeblieben. Dass Ganzsachen real TEURER wurden in den letzten 100 Jahren dürfte die Ausnahme sein.

Dass der hohe Preis für die Ganzsache aus Austin seine Berechtigung hat, möchte ich betonen.

Es handelt sich um Scott Nr. 8XU1, ein Ganzsachenumschlag ("envelope") von 1861 aus Austin, Mississippi, mit Wertaufdruck 5 Cents "red on amber".

Der Umschlag ist nicht nur selten, er ist offenbar einzigartig/einmalig! Er gehörte einst zur grossartigen Sammlung von Harold C. Brooks, dessen Sammlung 1943 verkauft wurde (evtl. aber auch Edward Brooks, der 1946 ein wichtiges Buch zur Postgeschichte der CSA schrieb. Im Auktgionskatalog steht als Provenienz nur "Brooks", also wissen wir noch nicht, welcher Sammler es war).

Für ein Unikat ist meines Erachtens der hohe Preis gerechtfertigt.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 06.08.2022 13:07:36 Gelesen: 160626# 869 @  
@ Heinz 7 [#868]

Ich möchte meinen kleinen "Rundgang" durch die Kilbourne-Auktion abschliessen mit dem fünft-teuersten Stück der Auktion von 1999: es erzielte bei einem Katalogwert von US$ 30'000 einen Zuschlag von US$ 60'000. Dazu kamen 10 % Kommission.



Diese Briefmarke ist, zumindest in Deutschland/Schweiz, wohl die mit Abstand bekannteste/berühmteste Briefmarke dieses Sammelgebietes "Confederate Postmasters' Provisionals". Sie ist auch graphisch ein sehr schönes Stück und hebt sich deutlich ab von vielen sehr einfachen Briefmarken des Sammelgebietes USA:CSA.

Die Marke wurde 1861 herausgegeben in Livingston, Alabama, und hat die Katalognummer Scott 51X1.

Das vorliegende Stück ex Kilbourne soll gemäss Siegel-Katalog das schönste Exemplar einer Einzelfrankatur sein. Wie wir bereits erwähnten, gibt es auch einen Brief mit einem Paar dieser Marke (= Unikat).

Doch auch eine Einzelfrankatur ist selten. Nach Siegel gibt es nur:

1 Brief mit Paar
6 Briefe mit Einzelfrankaturen
3 Einzelmarken

Der Katalog-Preis von US$ 30'000 (Scott 2000, Preis für Brief/Einzelfrankatur) ist also verständlich für diese sehr seltene und sehr begehrte Briefmarke.

Dieser Brief kam 1999 offenbar nach 138 Jahren seines Bestehens erstmals an eine öffentliche Auktion. Zuvor war sie nur privat weiterverkauft worden. Der Brief zierte die Sammlungen Harold C. Brooks und A. Earl Weatherly. Das Ehepaar Kilbourne kaufte auch diesen Brief 1963 von Weatherly.

Auf Seite 45 des Auktionskataloges nennt Siegel den Sammler Brooks mit Vornamen: "Harold C." - Wir dürfen also davon ausgehen, dass es derselbe Sammler ist wie bei Los 8 derselben Auktion [#868].

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.09.2022 21:24:24 Gelesen: 144105# 870 @  
@ Heinz 7 [#129]

Die Briefmarke von Millbury 1846 (Scott Nr. 7X1) habe ich vor fünf Jahren schon einmal vorgestellt. Heute kennt man meines Wissens 19 Stück davon:

- 1 x ungebraucht
- 8 x auf Brief (stets Einzelfrankaturen)
- 3 x auf Fragment
- 7 x gestempelt

Es gibt keine Paare oder andere Einheiten, nur Einzelstücke, wovon 18 gestempelt sind. Ein einziges Stück ist ungebraucht, mit Originalgummi. Kein Wunder, dass dieses Einzelstück eine "Ikone" der Philatelie ist, und zwar schon "seit Ur-Zeiten". Wir erinnern uns, dass bereits in der Studie Schubert (1913) diese Marke ungebraucht auf dem 6. Platz weltweit landete (Liste der teuersten Marken der Welt, nach dem Katalog "Senf" 1912).



An den Auktionen erzielte dieses Stück unterschiedliche Resultate:

7.4.1922 (Sammlung Ferrary, 3. Auktion), Los 563, FRF 18'000 Zuschlag = also nicht sehr hoch

2.2.1967 (Sammlung Josiah K. Lilly, 1. Auktion), Los 19, Zuschlag US$ 34'000 = also sehr respektabel

12.10.1989 (Händler-Bestand Gebrüder Weill), Los 631, Zuschlag (vermutlich) US$ 110'000 = also nochmals hoch

Bei solchen Prestige-Stücken fragen wir uns, ob die "ganz reichen" Sammler sie nicht kaufen wollten. Wir wissen ja, dass Erivan Haub eine phantastische USA-Sammlung hatte, aber - die Millbury ungebraucht hat er offenbar nie gekauft.

Es muss jetzt aber niemand enttäuscht sein, denn Erivan Haub kaufte die Marke sehr wohl, aber auf Brief! Und weil sie ihm so gut gefiel, kaufte er gleich zwei Briefe davon!

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.09.2022 22:14:09 Gelesen: 144085# 871 @  
@ Heinz 7 [#870]

Manchen Sammlern gefallen Briefe besser als ungebrauchte Marken. Wir wissen, dass Erivan Haub sehr viele Briefe hatte, doch wir finden auch viele lose Stücke (ungebraucht oder gestempelt). Ich kann über seine Vorlieben nichts Definitives sagen.

Bei der seltenen Postmeistermarke von Millbury entschied sich Haub für die Variante "Brief".



Dieser wunderbare Brief wurde am 24.6.2021 New York verkauft (Los 1 der 5. Haub-Auktion USA). Gemäss Auktionsbeschreibung war DIESER Brief zum allerersten Mal auf einer Auktion.

Der Ausruf lag bei moderaten US$ 75'000. Leider kenne ich den Zuschlagpreis nicht.

Dieser Brief ist im Buch "Edition Spéciale": "Postmasters' Provisionals. United States and Confederate States, The "Erivan" Collection" abgebildet auf Seite 48. Dort erfahren wir, warum der Brief früher nie angeboten wurde:

1884 wurde der Brief verschenkt (offenbar von der Familie des Empfängers des Briefes) an die "American Antiquarian Society, Worchester". Diese Organisation trennte sich nach über 100 Jahren von diesem Schmuckstück; 1990 konnte es gekauft werden. So kam das Stück zu Erivan Haub.

Eine nette Anmerkung: da der Brief 1846 nach Worcester geschickt wurde, dürfen wir annehmen, dass der Brief 144 Jahre lang in Worchester ruhte.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.12.2022 14:56:41 Gelesen: 120486# 872 @  
@ Heinz 7 [#336]

Ein Farbfehldruck hat 2022 für grösste Aufmerksamkeit gesorgt: Die Österreich 1867, 3 Kreuzer Marke rosakarmin statt grün. Bis Ende Jahr 2021 waren erst sechs Exemplare dieser Weltrarität bekannt. Gemäss Angaben des Verkäufers wurde nun 2022 nun ein 7. Stück entdeckt: das dritte auf Brief! Während die ersten zwei bekannten Briefe in der ungarischen Reichshälfte zur Verwendung kamen, wurde dieser Brief rund zwei Jahre später von Wien nach Triest gesandt.



Der Brief war das Schmuckstück der Auktion von Viennafil, Wien Ende November/Anfang Dezember 2022 in Wien. Als Los 5009 wurde der Brief angeboten, mit einem Schätzpreis von Euro 200'000. Nun ist die Auktion durchgeführt worden; der Zuschlag des Loses erfolgte gemäss Ergebnisliste zu Euro 250'000. Dazu kommt ein Aufgeld von 24%, total also Euro 310'000.

Nun kennen wir also:

3 Briefe
1 Fragment
3 lose Marken dieser Grossrarität.

Wir haben diesen Fehldruck ausführlich besprochen in den Beiträgen [#331] - [#340].

Heinz
 
Heinz 7 Am: 08.01.2023 13:44:55 Gelesen: 106061# 873 @  
Ich wünsche allen Philaseiten-Lesern ein gutes Neues Jahr!

Aus Zeitgründen musste ich "mein" geliebtes Thema in den letzten Monaten vernachlässigen. Umso mehr freue ich mich nun, Ihnen die ersten "Paukenschläge" des Jahres 2023 ankündigen zu können.

In New York bei H.R.Harmer kommt am 17./18.1.2023 ein phantastisches Angebot unter den Hammer. Während uns der "General sale" wohl nicht besonders zu fesseln vermag, ist es - einmal mehr! - der "Erivan Sale", der uns - zumindest mich - zum Schwärmen bringt.

Fangen wir gleich beim Top-Stück an. Es trägt auch die Los-Nummer 1.

Es gibt einige Stücke der Philatelie, die sind optisch nicht besonders schön, eher das Gegenteil. Die Postmeister-Ausgabe von Boscawen gehört bestimmt dazu. Das Design ist sehr primitiv, und auch die Erhaltung der Marke (knittrig?) und des Briefes ist eher schlecht.



Zu allem Überfluss hat der dritte Besitzer des Stückes, Briefmarken-Tycoon Arthur Hind, den Brief noch mit Heftpflaster (?) auf seinem Albumblatt befestigt; das Entsetzen war gross, als das Stück 1933 wieder auf den Markt kam.

Jemand sagte einmal: wie kann man für so viel Hässlichkeit so viel Geld bezahlen?

Aber es ist eben ein Unikat, das schon 1922, bei der Ferrary-Auktion grosse Wellen warf, und dort nicht weniger als das fünfthöchste (!!) Ergebnis ALLER Weltraritäten erzielte!

Seither hat dieser Brief fast "Kult-Status" erworben, gerade auch, WEIL er durch die Heftpflaster entstellt wurde. Niemand hat seither diese Dinger entfernt, obwohl sie ja nicht wirklich schön sind - aber sie "gehören" heute zu dieser Weltrarität.

Der Brief wurde vor dem Krieg noch einmal verkauft (1937) und verschwand dann längere Zeit von der Bildfläche, bis er 1989 wieder die Sammlerschaft in Aufregung versetzte. Im Postmasters-Sale von Christie's New York (Weill-Brothers' Stock) am 12.10.1989 erschien der Brief als Los 627, ausgepreist immerhin mit (Schätzpreis) US$ 120'000-150'000.

Wir wissen heute, dass Erivan Haub damals der Käufer war. Er dürfte mit seinem Erwerb sehr zufrieden gewesen sein, denn der Zuschlag erfolgte bereits bei US$ 160'000 + 10 % (Angabe ohne Gewähr/PR Liste nicht zur Hand). Das war nicht besonders viel.

Nun wird der Brief schon zu US$ 50'000 Startpreis ausgerufen, das ist natürlich eine Riesenchance für einen Sammler mit grossen Mitteln. Wir haben bereits gesehen, dass viele Erivan-Postmeister-Raritäten eher tiefe Preise erzielten; aber nun kommt ein Stück auf den Markt, das nach dem "Blue Boy von Alexandria" in den Augen einiger Spezialisten wohl als "Nummer 2" der US-Postmeistermarken gilt.

Die lange Dauer von mehr als 33 Jahren, in welcher dieses Stück nicht verfügbar war, hat dazu beigetragen, dass dieses Sammelgebiet heute ziemlich eingeschlafen ist. Es wäre also DIE Gelegenheit für einen "Neustart".

Ich bin gespannt. Wenn ich Geld hätte, wäre mir das Stück CHF 500'000 wert. Auch damit läge ich noch einiges tiefer als der "Zeitwert" 1922 der Ferrary-Auktion.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 08.01.2023 21:24:59 Gelesen: 106017# 874 @  
@ Heinz 7 [#873]

Gibt es irgendwelche Nachweise, das Boscawen zu dieser Zeit eigene Marken benutzt (schriftliche Unterlagen oder Zeitungen) hat, und hat man damals in Boscawen nicht gestempelt sondern Ort und Datum handschriftlich auf die Briefe angebracht?

Bei dem Aussehen der Marke/ Brief muss man schon etwas kritisch sein. Rein hypothetisch gesehen könnte auch jemand zu früheren Zeiten etwas zusammengefügt haben. Das "PAID 5 CENTS" könnte ja auch auf einem Brief aufgestempelt gewesen sein. Vor dem 1. Weltkrieg hat man schon einiges für die Sammler von Raritäten produziert.

Bei Ferrary ist auch nicht alles echt gewesen, was damals teuer verkauft wurde. Als Beispiel dienen zwei Postmeistermarkenbriefe der Konförderierten Staaten der Marke von Pittsylvania in Virginia, die sich erst später als Fälschungen erwiesen haben (gemäß 815. Siegelauktions im Text von Los 135).

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 09.01.2023 14:15:42 Gelesen: 105936# 875 @  
@ Martin de Matin [#874]

Lieber Martin,

diese Briefmarke wurde und wird meines Wissens nicht angezweifelt. Als Referenz-Werk verweise ich auf das Handbuch von John N. Luff. Ob es ein späteres anerkanntes Werk zu dieser Marke gibt, kann ich im Moment nicht beantworten.

Freundliche Grüsse

Heinz
 
Koban Am: 09.01.2023 16:40:13 Gelesen: 105910# 876 @  
@ Martin de Matin [#874]

Hallo Martin,

danke für Deine Frage. Wie eigentlich die Echtheit der vielen Unikate aus diesem Bereich festgestellt wurde, ist mir aus ganz ähnlichen Überlegungen auch immer wieder ein Rätsel.

Hat jemand das von Heinz 7 in [#875] erwähnte Handbuch und kann allgemein oder meinetwegen am Beispiel der Boscawen-Marke aufzeigen, wie es zur Echtheitsbestätigung ohne Vergleichsmaterial kommt ?

Ist zwar preislich nicht meine Liga, aber interessieren würde mich das schon.

Gruß,
Koban
 
Heinz 7 Am: 09.01.2023 21:27:02 Gelesen: 105853# 877 @  
@ Heinz 7 [#873]
@ Martin de Matin [#874]
@ Koban [#876]

Hallo Kollegen

die Briefmarke von Boscawen scheint alles andere als dubios zu sein. Im Raritäten-Buch von Leon N. Williams "Encyclopaedia of rare and famous stamps" steht zu dieser Marke:

Band I: "The stories" (Seite 305):

"The Boscawen' is probably the best known of the United States Postmasters' stamps."

Die Marke kam bereits 1865 in den Besitz eines Sammlers (H.H.Lowrie). Er konnte auch erklären, wie er in den Besitz des Briefes gekommen war.

Sie wurde von John Luff ausführlich behandelt in seinem Werk (von 1937) auf Seiten 23+24



Der Postmeister von Boscawen, Worcester Webster, gab (vermutlich 1846) die Marke heraus. Webster war Postmeister von Boscawen von 1845 bis 1851. Er hat den Abgangsort des Briefes handschriftlich vermerkt, wie dies damals üblich war, vor allem, bevor es in der Gegend Briefmarken gab.

Luff war einer der führenden Philatelisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

.

Zweifel an der Echtheit kann man natürlich trotzdem haben, aber das scheint mir unangemessen.

Hiram E. Deats war der zweite Sammler, der diese Marke von Lowrie abkaufte (1894). Zuvor war sie 29 Jahre im Besitz von Lowrie. Das ist alles aktenkundig. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts war diese Marke/dieser Brief bei den Händlern & Sammlern sehr hoch bewertet.

Meine Begeisterung für dieses Marke wäre nicht so ausgeprägt, wenn ich nicht von der Echtheit des Stückes überzeugt wäre.

Heinz
 
DL8AAM Am: 10.01.2023 15:20:18 Gelesen: 105784# 878 @  
@ Martin de Matin [#874]
@ Koban [#876]

Zur Echtheitsfrage der "The Boscawen", hier der entsprechende Auszug (Seite 20) aus dem von Heinz o.g. Katalog von Luff [#877], hier aber aus der Ausgabe von 1902 (Erstauflage 1897) [1]



Plainfield, N. J , Feb. 28, 1894.

Mr. H. E. Deats,
Dear Sir:

Permit me to enclose for your inspection a few philatelic gems. (...) The old and very curious envelope I have owned for the past 29 years and came into possession of it at the general post-office in Washington, D. C. through Mr. Wm. M. Ireland, who was then chief clerk and the Third Asst. P. M General. As you will see, the mailing office, Boscawen, was written on the corner, as was the custom of P. M 's in those days, when no cancellation stamp was used. It performed its duty as a postal envelope and I do not doubt but it is as genuine as any of the provisional issues of the period before stamps were issued. (...)

Yours truly,
H. H. Lowrie, A. P. A.


Das ist die (einzige?) "Echtheitsquelle". Die Echtheit bzw. Authentizität begründet sich also auf dem Glauben einer damals sehr vertrauenswürdigen Quelle. Warum auch nicht? War/Ist ja bei vielen solcher Provisorien nicht unüblich. Luff selbst schreibt "Inquiries made in Boscawen have failed to supply any further information."

Beste Grüße
Thomas

[1] John N. Luff: The Postage Stamps of the United States - https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=coo1.ark:/13960/t5q81wh5q (PDF-Download 10.01.2022)

[Redaktionelle Ergänzung der Übersetzung:

Gestatten Sie mir, Ihnen einige philatelistische Kostbarkeiten zur Einsicht beizufügen. (...) Der alte und sehr merkwürdige Umschlag, den ich die letzten 29 Jahre besessen habe, kam durch Mr. Wm. M. Ireland, der damals Prokurist und Third Asst. PM General. Wie Sie sehen werden, stand das Postamt Boscawen an der Ecke, wie es damals bei P. M 's üblich war, als kein Stempel verwendet wurde. Es erfüllte seine Pflicht als Postumschlag, und ich bezweifle nicht, dass es so echt ist wie alle vorläufigen Ausgaben aus der Zeit, bevor Briefmarken herausgegeben wurden. (...) ]
 
10Parale Am: 17.01.2023 21:01:58 Gelesen: 104317# 879 @  
Heute habe ich mal eine Frage zur Provenienz-Forschung und welchen speziellen Nutzen an Hand eines konkreten Beispiels daraus zu ziehen ist. Siehe auch Thema: Provenienz ist ein Qualitätssiegel / vom 1. bis 3.10.2020 in London (von Richard).

Hier zeige ich einen Ausschnitt aus der Ergebnisliste der Corinphila Auktion vom November 2022. Hier haben wir also einen philatelistischen Stammbaum einer sehr wertvollen und berühmten 81 Parale Marke aus dem Fürstentum Moldau. Wenn ich es also richtig verstehe, wurde diese Marke zuerst 1924 bei Corinphila versteigert. Woher sie kam und wohin sie ging wissen wohl nur Insider. Doch wir erfahren, dass diese Marke erst 87 Jahre (ein langes Leben) später in der Moldau Collection auftauchte (oder versteigert wurde?).

Sollte diese Marke also wieder einmal versteigert werden, dann stünde dort Corinphila Auktion (2022) als dritter Hinweis auf die Provenienz. Also haben wir im Prinzip lediglich einen Stammbaum derjenigen Auktionsdaten, bei denen die Marke versteigert wurde. Ich könnte noch andere Beispiele nennen, möchte es aber dabei mal belassen. Ich finde es sehr zukunftsweisend, was für Vorteile man aus der Provenienz ziehen kann. Nun, wenn ich jetzt den Eurojackpot am Wochenende knacke, dann könnte ich mir vielleicht solch ein paar Marken zulegen (sofern sie am Auktionsmarkt zu haben ist). Also geht meine Frage eher in eine andere Richtung und die Rede sei hier mal wieder vom Bordeaux-Brief bzw. der berühmten Blauen Mauritius:

Wie wir alle wissen, ist der erste Besitzer eines Briefes immer der Empfänger. Nicht alle Einladungskarten zum Ball vom 30. September 1847 und all die andere Post, die Frau Gomm und ihr Mann und auch die Geschäftsleute Edward Francis & Co. in St. Louis verschickt hatten, wurde aufgehoben. Aber im Keller der Weinhandlung Messieurs Ducau and Lurguie fand ein kleiner Junge (kennt man eigentlich seinen Namen? - er wird immer als französischer Schuljunge bezeichnet?) diesen wertvollen Brief. Der nächste Besitzer hieß dann meines Wissens Théophile Lemaire in Paris, nachdem noch ein Zwischenhändler (Adams ?) eingeschaltet war - egal, die Geschichte kann man ja nachlesen. Zu gern würde ich mal die Provenienz des Bordeaux-Briefes sehen, da mutet die Provenienz der 81 Parale Marke, die nun für CHF. 48.800,-- versteigert wurde, ja richtig spärlich an. Zurück zur Frage:

Bedeutet Provenienz nun eigentlich Stammbaum der Auktionen oder Stammbaum der Vorbesitzer? Wird der französische Schuljunge nie in einer Provenienz auftauchen? Zugegeben: Frage eines Amateurs am Beispiel einer berühmten rumänischen Marke.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 27.02.2023 21:03:36 Gelesen: 93445# 880 @  
@ Heinz 7 [#199]

Es ist ja noch gar nicht so lange her, als die Möglichkeit bestand, die traumhafte Sammlung "British Guyana" von John Du Pont an einer Auktion zu kaufen - vorausgesetzt, man besitzt das nötige "Taschengeld" - das in DIESEM Fall ziemlich grosszügig ausgestattet sein sollte.

Nun, die Auktion 2014 verlief ja auf den ersten Blick sensationell, aber es stellte sich danach heraus, dass es grössere Probleme gab mit dem Zuschlag/dem Bezahlen, u.s.w. - Ich möchte darauf nicht erneut eingehen.

Am 14.10.2021 gab es eine neue Auktion bei David Feldman, als viele dieser Stücke wieder angeboten wurden, und nun, zu oft deutlich anderen Preisen, offenbar ihren Käufer fanden. Die Sammlung "Imperium" (2021) war aber nicht identisch mit der Sammlung Du Pont (2014).

Ein Super-Stück möchte ich hier näher betrachten: Die 4 Cent Marke auf blauem Papier der 4. Ausgabe 1956.

Fast "jeder" Philatelist kennt die 4. Ausgabe von Guyana, weil die "ONE CENT"-Marke davon ja das Weltrekord-Stück ist, das auch in diesem Thema ausführlich schon besprochen wurde. Von der 4 Cents-Marke gibt es Marken

- schwarz auf karmin (Michel Nr. 10, Stanley Gibbons no. 24), oder auf rose-carmine (nur SG, no. 25)
- schwarz auf blau (Michel Nr. 11a, SG no. 26)
- schwarz auf dunkelblau (Michel Nr. 11b, SG no. 27 = paper coloured through)



Die Stanley Gibbons no. 26 hatte vor ca. 15 Jahren einen stattlichen Katalogpreis von GB£ 60'000 (Katalog SG 2008; das Pfund war damals noch mehr wert), zur Erinnerung: bei Schubert 1913 schaffte es die Marke (gestempelt) noch nicht unter die "Top 100" mit einem Katalogwert von (Senf 1912) "nur" Mark 500.

Dies waren aber die Preise für GESTEMPELTE/GEBRAUCHTE Exemplare. Im SG-Katalog von 2008 lesen wir beim Eintrag für ungebrauchte Marken das "Kreuz-Zeichen", das einleitend erklärt, dass es diese Marke in dieser Erhaltung NICHT GIBT.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.02.2023 21:31:33 Gelesen: 93437# 881 @  
@ Heinz 7 [#880]

Im Auktionskatalog von David Feldman 2021 lesen wir nun, dass diese 4 Cents Marke auf blauem Papier UNGEBRAUCHT sei. Die schwarzen Spuren stammen von der Unterschrift des Postbeamten.

Folglich lesen wir folgende Beschreibung:

"An outstanding world rarity: the unique unused example recorded, one of the two rarest and most valuable of all unused stamps of British Guiana (...) being presented in this sale for the first time, as an unsed example (...)".

In der ausführlichen Losbeschreibung lesen wir, dass das Stück früher als "gebraucht" galt und in so berühmten Sammlungen war wie

Ferrary (1921 verkauft)
Burrus (1963)
Gilbert (2005)
"Tatiana" (2016)

Den Schätzpreis setzte Feldman an bei GB£ 100'000 - 150'000.

Es gab aber kein Bieter-Gefecht für diese Rarität, sondern der Zuschlag erfolgte gemäss Resultatliste bei GB£ 90'000 + 22 % = GB£ 109'800 (Los 30'125).

2016 wurde ein Attest ausgestellt der British Philatelic Association, dass das Stück "unused" sei. Darum erstaunt es vielleicht schon, dass das Stück den unteren Schätzpreis nicht erreichte.



Wie auch immer - vielleicht mussten sich die Sammler von British Guyana auch zuerst an diese offenbare "Neu-Entdeckung" gewöhnen. Wer nun "frischen Mut" gefunden hat, und wer das Stück gerne kaufen möchte, kann dies nun tun!

Bei Classicphil in Österreich wird das Los nun, am 3. März 2023, angeboten zu einem Startpreis (?) von Euro 175'000 (Los 1587). Der Auktionator ist, aus verständlichen Gründen, begeistert von dem Los. Seinen "Schätzpreis" von Euro 900'000 darf man aber wohl als "offensiv" bezeichnen, wenngleich ich das ausdrücklich nicht als "völlig übertrieben" bezeichnen möchte. Immerhin ist es offenbar die einzige ungebrauchte Marke ... und British Guyana war und ist ein "Triple-A" Sammelgebiet ... (Neben der "One Cent" Marke der gleichen Ausgabe wären auch Euro 900'000 deutlich weniger als die Millionen-Beträge der One Cent-Marke. Jedenfalls: die zwei Marken NEBENEINANDER auf einer Albumseite, DAS wäre eine Augenweide).



Es ist gut möglich, dass ein kluger (aber auch mutiger) Investor die Marke 2021 gekauft hat, weil sie offenbar 2021 "liegenblieb", und er sie nun zu einem höheren Preis verkaufen möchte.

Nun, wir werden sehen. Ich bin gespannt auf das Resultat!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 28.02.2023 07:05:32 Gelesen: 93408# 882 @  
@ 10Parale [#879]

Das Wort "Provenienz" ist ein Fremdwort für "Herkunft". Es ist klar, dass ein Sammelstück, bei dem man weiss, wo es herkommt, mehr wert ist, als ein Stück aus unbekannter Herkunft.

Der Brief Mauritius mit den zwei Werten 1 Penny und 2 Pence auf Brief nach Bordeaux ist einer der am meisten besprochenen Briefe der Philatelie-Geschichte. Die Geschichte seiner Besitzer ist nun 175 Jahre alt, und weist ein paar "unbekannte Felder" auf, zumindest für die Öffentlichkeit. Einiges weiss man aber auch von diesem Brief.



Eine Provenienz-Angabe sollte idealerweise unterscheiden zwischen Händlern/Auktionatoren, die das Stück treuhänderisch besassen um es zu verkaufen, Investoren und Sammlern, die das Stück in ihre Sammlung einbauten. Es gibt Sammler, die stellen ihre Sammlung nie aus und niemand weiss, dass sie Besitzer sind von diesen Stücken; oft wird erst Jahrzehnte später bekannt, dass ein Sammler ein Stück (oft über Jahrzehnte!) besass! Erivan Haub war solch ein Sammler; viele seiner Schätze waren "untergetaucht", waren lange Zeit von der Bildfläche verschwunden und kein (bzw. kaum ein) Mensch wusste, wer das Stück besass.

Ich habe versucht, die Provenienz des wertvollsten Briefes der Welt hier einmal klar aufzuzeigen.



Ich stütze mich dabei auf die Quelle: Leon N. Williams: Encyclopaedia of rare and famous stamps, vol. 2 (1997), ergänzt um einen Eintrag.

Ich habe die "Händler-Stationen" von den wahren Sammlern getrennt und letztere sind meines Erachtens viel wichtiger als die "Zwischenstationen".

Vielleicht überrascht es, dass (meines Wissens) erst 6 Sammler diesen Brief wirklich besassen, sonst war er in den Händen von Investoren, oder - die ersten 54 Jahre - noch unentdeckt.

1993 wurde das Stück in Zürich verkauft; ich sass damals im Auktionssaal. Leider weiss man (bzw. ich) bis heute nicht, wem der Brief seither gehört; er wurde zwar verschiedene Male an Ausstellungen gezeigt, aber immer anonym. In einer Ausstellungssammlung wurde der Brief m.W. noch nie gezeigt! Darum sind die drei Auktionskataloge (1934-1963-1993) so wertvoll, weil sie die Sammlungen Hind-Burrus-Kanai dokumentieren.

Vielleicht erfahren wir irgendwann mehr, was in den letzten 30 Jahren mit dem Brief geschah?

Am längsten war der Brief im Besitz des Tabak-Industriellen Maurice Burrus. 28 Jahre ist zwar nicht ganz richtig, da Burrus 1959 starb, doch dauerte es vier Jahre, bis die Sammlung Burrus verkauft wurde. 1962 hatte der Amhelca Trust die Sammlung wohl von den Erben übernommen, ich habe diese Zusatz-Info in meine oben gezeigte Tabelle übernommen, ansonsten halte ich mich an die Stationen gemäss Buch Williams.

Heinz
 
10Parale Am: 26.03.2023 19:46:37 Gelesen: 87502# 883 @  
@ Heinz 7 [#882]

Vielen herzlichen Dank, wieder eine hervorragende Expertise aus dem Haus Heinz 7.

Heute habe ich "leider" einen Seite bei ebay entdeckt [1], wo ein Verkäufer namens "ayarlai" im Moment 112 Artikel in seinem Angebot hält, worin sich REPRODUKTIONEN vieler berühmten und wertvollen Briefmarken der Welt befinden. Für bis zu 60 Euro erhält man Reproduktionen allerlei berühmter Briefe und Marken.

Liebe Grüße

10Parale

[1] https://www.ebay.de/sch/i.html?item=284850225497&rt=nc&_trksid=p2047675.m3561.l2562&_ssn=ayarlai
 
Martin de Matin Am: 10.04.2023 13:58:30 Gelesen: 85087# 884 @  
Ich glaube über ein Los der Ferrary-Auktionen wurde noch nicht gesprochen. Bei der ersten Auktion kam mit Los 172 ein grosser Teil der Uruguaysammlung zum Verkauf. Das Los umfasste 2.222 Marken und wurde für 111.000 Francs verkauft. Zum Vergleich ein Brief mit einem Paar der Britisch Guayana Nr.1 wurde damals mit 21.000 Francs zugeschlagen. Das Los wurde von Theodore Champion für Alfred Lichtenstein erworben. Es enthielt einige Raritäten, die am 28.3.2023 bei Robert Siegel in New York wieder auf den Markt kamen.

Die bei Siegel versteigerte Magnolia Collection umfasste die Uruguaymarken bis MiNr.22, also hauptsächlich alle Marken mit Sonnenmotiv. Der Überfluss an Seltenheiten zeigt sich allein an zwanzig Briefen auf dem Bereich MiNr.1 bis 4. Briefe der ersten Ausgabe von Uruguay sieht man sehr selten auf Auktionen, zumindest was deutsche Auktionshäuser betrifft. Des weiteren waren Plattenrekonstrucktionen (Plattengrösse 35 Marken) der MiNr.1 bis 3 teils mehrfach enthalten. nun aber zu den eigentlichen Seltenheiten, den Marken mit dem zweiten Hauptmotiv (MiNr. 5 bis 7). Von der MiNr.5 einer 120 centavo-Marte und der 180 c gibt es Kehrdrucke.

Von dem 120 c Kehrduck sind drei Stück bekannt eins befindet sich unerreichbar in der Taplingsammlung, eins war in der Farraysammlung und das hier angebotene Stück ex Hall, Pack und Lichtenstein.



Dieses Stück wurde für 105000 Dollar verkauft [1].

Der Kehrdruck der 180 c existiert nur zweimal, davon einmal in der Taplingsammlung und dann das hier angebotene Stück ex Ferrary; somit auch das einzig verfügbare Stück.



Diese Stück wurde für 255.000 Dollar versteigert [2].

Bei dieser Auktion gab es noch einen weiteren sechsstelligen Preis, nähmlich einen Sechserblock der 120 c. Gemäß Angabe von Siegel ist der Sechserblock neben den drei Kehrdruckpaaren die einzige Einheit dieser Marke. Dieses Stück befand sich im Los 457 der 3. Ferrary-Auktion welches mit 17.500 Francs verkauft wurde. Dies Los umfasste 1275 Marken hauptsächlich der MiNr.8 bis 26.



Diese Einheit wurde jetzt für 105.000 Dollar verkauft [3].

Das diese Marken beliebt waren zeigen auch die zahlreichen Fälschungen, die es hiervon gibt. Manch eine primitive Fälschung wird auch heutzutage als echt angeboten (siehe auch Beiträge im Thema: Auktionen: Falsche Beschreibungen in Auktions Katalogen)

Gruss
Martin

[1] https://www.philasearch.com/de/i_9425_27722/6600_Uruguay/9425-A1279-48.html?set_sprache=de&treeparent=COSUBGRP-31590&set_anbieter=9425&set_auktionnr=9038&postype=PH&page=2&row_nr=47&breadcrumbId=1681126058.6772

[2] https://www.philasearch.com/de/i_9425_27723/6600_Uruguay/9425-A1279-49.html?set_sprache=de&treeparent=COSUBGRP-31590&set_anbieter=9425&set_auktionnr=9038&postype=PH&page=2&row_nr=48&breadcrumbId=1681126359.8592

[3] https://www.philasearch.com/de/i_9425_27724/6600_Uruguay/9425-A1279-50.html?set_sprache=de&treeparent=COSUBGRP-31590&set_anbieter=9425&set_auktionnr=9038&postype=PH&page=2&row_nr=49&breadcrumbId=1681127161.5825
 
Heinz 7 Am: 10.04.2023 22:24:25 Gelesen: 85039# 885 @  
@ Martin de Matin [#884]

Du zeigst uns wirklich einige der "Kronjuwelen" der Uruguay-Philatelie.

Leider wurde die tolle Sammlung Uruguay von Ferrary tatsächlich geschlossen verkauft; das war schade, denn so erfuhren wir fast nichts über den Inhalt der Sammlung Ferrary. Kein einziges Stück wurde fotografiert, weil das Los als Nachtrag zur 1. Auktion angeboten und verkauft wurde.

Erst später tauchten Fotos der Weltraritäten auf. Ein Spitzenstück kann ich hier auch zeigen:

die Michel Nr. 5K von 1858, ungebraucht. Wir kennen von diesem Kehrdruck nur drei Paare, wie Du ja korrekt erwähnt hast.



Dieses Exemplar wurde 2012 in Lugano verkauft (bei Spink, Lugano).

In der "Encyclopaedia" von Williams wurden die drei Exemplare alle gelistet, mit Foto.

Bei Williams wäre dieses Exemplar die Nummer I. Dies sieht man am besten am Druckausfall bei äusseren Rand unter der ersten Ziffer "120" (untere Marke). Das ist einmalig bei den 6 Marken der 3 Kehrdruckpaare.

Gemäss Williams war die Besitzerkette die Folgende:

Ferrary 1921 - Theodore Champion (für Alfred F. Lichtenstein)
A. Lichtenstein 1922 - (Privatverkauf)
Louise Boyd Dale 1947 (Erbschaft)
Roberto Hoffmann 1951 (Privatverkauf)
1982 Enrique de Bustamente (Auktion bei Corinphila)
1993 Dr. Gene Scott (Auktion bei David Feldman)

Der Spink-Katalog gibt eine andere Provenienz-Reihe, die mir aber nicht korrekt scheint.

Auch bei deiner Liste setze ich ein Fragezeichen. Ich verweise auf Williams (Nr. III)
Hall (Jahr ?)
Pack (Jahr ?)
Lichtenstein (1945, Pack-Auktion bei Harmer Rooke)
Dr. Norman Hubbard (1970, Auktion Harmer New York, Lichtenstein)

Heinz
 
Martin de Matin Am: 11.04.2023 20:38:38 Gelesen: 84978# 886 @  
@ Martin de Matin [#884]
@ Heinz 7 [#885]

Die Provenienz des bei Siegel angebotenen Stücks der 120 c habe ich aus der Losbeschreibung entnommen. Dort steht auch das Pack das Kehrdruckpaar 1912 bei der internationalen Jubiläumsausstellung in London ausstellte und einige Zeit vorher von Hall erworben hatte.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 12.04.2023 08:26:48 Gelesen: 84949# 887 @  
@ Martin de Matin [#886]

"ex Hall, Pack und Lichtenstein" - Du schreibst es ja - richtig, sorry, da habe ich nicht aufgepasst (Ex. III).

Die Losbeschreibung bei Spink Lugano war nicht deckungsgleich wie die Angaben bei Williams (Ex. I).

Super, dass wir nun von zwei der drei Stücke wunderbare Farbfotos haben. Die drei Stücke sind nicht einfach auseinanderzuhalten, da sie ähnliche Positionen haben (senkrecht leichte Verschiebungen) und auch der Schnitt ist nicht unähnlich.

Im Buch von Williams ist auch das Tapling-Stück abgebildet (Ex. II), aber, ich glaube nur in schwarzweiss.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.04.2023 23:50:58 Gelesen: 84892# 888 @  
@ Martin de Matin [#884]

Du hast in mir die Liebe zu den Briefmarken von Uruguay neu geweckt mit Deinem schönen Beitrag. Die Magnolia-Sammlung hatte ich nicht auf dem Radar, heute habe ich den Katalog etwas studiert. Seite 7 (6) gibt viele interessante Informationen.

1982 war ich 23 Jahre alt, da kam die Grand Prix-Sammlung von Roberto Hoffmann zur Auktion (Corinphila, Zürich). Ich war sehr beeindruckt. Ich denke, es gab/gibt keine bessere Sammlung von Uruguay "ever".

Ein Jahr später bot Rapp die märchenhafte Sammlung Rumänien an von Tomasini/Künzi. Sie wurde vor dem Verkauf zurückgezogen und gelangte dann erst 23 Jahre (!!) später zum Verkauf, 2006 bei David Feldman.

1989 entschied ich mich, Rumänien zu sammeln; Rumänien hatte sich bei meiner Evaluation - knapp! - gegen Uruguay durchgesetzt. Wäre ich reich, hätte ich bestimmt auch Uruguay gesammelt. So aber musste ich mich beschränken.

Ein Grund für meinen Entscheid war, dass die teuerste Marke von Uruguay im Senf von 1912 "nur" mit RM 800 bewertet war (Senf No. 1 II, Michel Nr. 4), *. 79 Marken waren damals höher bewertet, vgl. BD [#2]; Mark 800 reichten "nur" für Platz 80. Das war mir zu wenig.

Wir wissen, dass Uruguay sehr, sehr teure Stücke hat:

a) Kehrdruckpaare
b) grosse Einheiten
c) schöne Frankaturen

Aber das hat Rumänien alles auch - und dazu noch vier (!) Marken unter den "Top 58" (Grenze RM 1000). Dieses Argument war überzeugend.

Doch zurück zu Uruguay:

Die zwei Welt-Raritäten Kehrdruck-Paare der Senf/Michel Nr. 5 und 6 sind völlig zu Recht heiss begehrt bei den Uruguay-Sammlern. Weil es davon so wenig gibt, ist die Auswahl an Sammlern klein, die je ein solches KD-Paar ihre eigen nennen konnten. Nicht einmal Emanuel J. Lee (ein "m" in Emanuel) hatte einen in seinen mehr als 7000 Losen.

Die fast schon tragische Geschichte mit der Nummer III (Williams) der Michel Nr. 5 K zeigt, dass auch sehr reiche Leute manchmal nie ans Ziel kommen. Er hatte das Stück eigentlich "schon gekauft", es fehlte dann aber beim Verkäufer und kam erst viele Jahre später wieder ans Licht.

Dass der grosse Charles Lathrop Pack ein Kehrdruckpaar hatte, sehen wir am Katalog Harmer Rooke New York, 19.-21.11.1945, Sales 290-292, Los 793, Fototafel 8). Ob er das wertvolle Stück aber schon 1912 hatte, dafür habe ich noch keinen Nachweis.

Der Hinweis im Siegel-Katalog wollte ich am Original-Ausstellungskatalog London 1912 verifizieren.



Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.04.2023 00:26:00 Gelesen: 84888# 889 @  
@ Heinz 7 [#888]

Ich habe diesen schönen und seltenen Katalog (London 1912) in meiner Bibliothek. Ich wusste auch, dass Pack damals mit seiner Uruguay-Sammlung eine Goldmedaille errang.

Die alten Ausstellungskataloge sind gelegentlich äusserst interessant, denn sie enthalten in einigen Fällen recht ausführliche Beschreibungen der Exponate!

Auch die Sammlung 101 "URUGUAY" von Charles Lathrop Pack ist auf 15 Zeilen beschrieben.



Wir finden hier aber keinen Hinweis auf den Kehrdruck! (Michel 5 K)

Es scheint so, dass in dieser Sammlung 101 nur die erste Ausgabe "Diligencia" (Michel Nr. 1-4) beinhaltete! Auch in der Klasse "L - Rarities" (Exponate 137-141)" hat Pack kein Uruguay-Kehrdruckpaar ausgestellt!

Natürlich interessiert mich nun, wer wann und warum meinte zu wissen, dass Pack angeblich dieses Stück in London 1912 ausgestellt habe... Weiss jemand mehr? In der Zeitschrift "The Philatelic Record" Volume XXXIV (1912), Nr. 10 (October 1912) wird die Ausstellung ausführlich besprochen (Seiten 176-183), inkl. die Sammlung Pack Uruguay; auch hier wird ein Kehrdruck-Paar der Ausgabe 1858 nicht erwähnt.

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.04.2023 22:41:38 Gelesen: 84816# 890 @  
@ Martin de Matin [#884]

Lieber Martin,

ich bin echt froh, dass Du mich auf diese Auktion in New York aufmerksam gemacht hast! Es ist in diesen Tagen "Philatelie-Geschichte" geschrieben worden! Das mag jetzt pathetisch klingen, aber ich finde, das Ereignis ist wirklich höchst bemerkenswert.

1858 entstand dieses Kehrdruck-Paar. Natürlich zeigten die grossen Sammler des XIX. Jahrhunderts grösstes Interesse daran. Nur die "Grössten" konnten sich je ein Exemplar sichern:

Ferrary & Tapling!



Mehr gab es nicht! Bis heute sind nur zwei Kehrdruck-Paare der Michel Nr. 6 (also Michel 6 K) bekannt! Das Exemplar von Tapling wurde 1891 definitiv vom Markt genommen; nach dem (sehr frühen!) Tod des Sammlers gelangte seine Sammlung in das British Museum (Legat des Sammlers).

Andere grosse Sammler warteten vergeblich auf die Chance, so ein Stück zu erwerben. Der Millionär Alfred F. Lichtenstein, geboren 1877 war einer von Ihnen.

30 Jahre später kam eine neue "einmalige" Gelegenheit.

1921 wurde der Nachlass von Ferrary zwangs-versteigert. Lichtenstein hatte wohl mit dem Auktionator einen Deal abgeschlossen: die gesamte Uruguay-Sammlung sollte "en bloc" angeboten werden. So kam es denn auch.

An der ersten Auktion, am 23. Juni 1921, kam eine kleine Auswahl von nur 171 Losen zum Verkauf. Die Auktion schlug ein, wie eine Bombe! Ein Juwel nach dem anderen wurde verkauft, u.a. die Hawaii Two Cents, ungestempelt.

Als die Auktion eigentlich schon beendet war, kam ein Zusatzlos, Nr. 172, zum Verkauf: die phantastische Sammlung "Uruguay" mit 2'222 Briefmarken, darunter ZWEI Kehrdrucke:

Michel 5 K + Mi. 6 K.

Das Los war zu "schwer" für viele Bieter. Wäre die Sammlung in Einzellosen angeboten worden (die Spitzenstücke daraus), wären bestimmt viele hohe Preise erzielt worden. Aber am 23.6.1921 konnte sich A.F. Lichtenstein zu einem Schnäppchen-Preis die ganze Sammlung sichern. Lichtenstein hatte im besten Alter von nur 44 Jahren eine Sammlung erworben, die Grand-Prix-Niveau hatte!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.04.2023 23:25:13 Gelesen: 84809# 891 @  
@ Heinz 7 [#890]

Auch 1921 wurde für dieses einzig verfügbare Kehrdruck-Paar kein Preis festgelegt.

Die Katalog-Hersteller wussten nicht, wie sie den Kehrdruck bewerten sollten.

Die Briefmarken von Uruguay waren ein grosser Stolz von Lichtenstein. 1940 stellte Lichtenstein im Collectors Club New York seine Uruguay-Sammlung aus. Mit BEIDEN Kehrdrucken (Mi 5 K + 6 K) ex Ferrary.

1947 starb Lichtenstein, 70-jährig. Seine Sammlung ging an seine Tochter, Louise Boyd-Dale. Also wieder kein Verkauf, wieder keine faire Preis-Findung.

Louise Boyd-Dale starb früh, 1967, erst 54-jährig. Ab 1968 wurde ihre Sammlung verkauft; sie erregte grösste Aufmerksamkeit, vor allem dank der Rekordpreise für Mauritius.

Uruguay kam erst später zum Verkauf, bei der 9. Auktion in New York (Harmers Inc.), am 7. Mai 1970. Endlich - offenbar zum ersten Mal! - wurde ein Preis an einer Auktion bestimmt.

Die Katalog-Preise waren sehr tief. 112 Jahre lang war dieses Kehrdruck-Paar meines Wissens nie "im Wettbewerb" einer Auktion. Scott hatte den Katalogpreis damals auf moderate US$ 6'750 angesetzt. Los 982 erzielte an der Auktion dann auch nur US$ 11'000.

Nun - wieder 53 Jahre später - kam dieses Markenpaar wieder zur Auktion. Siegel war so fair und verständig, diesem Traum-Stück einen angemessenen Schätzpreis mitzugeben: US$ 200'000.

Dazu ist vielleicht hilfreich, sich den Katalogpreis von Michel vor Augen zu führen. Im Katalog 2010 lag er bei (sorry: lächerlichen!) Euro 20'000.

Am 28. März 2023 wurde diese Welt-Rarität (meines Wissens erst zum zweiten Mal) an einer Auktion verkauft. Sie erzielte den stolzen Preis von US$ 255'000.

Spät, sehr spät, erst 165 Jahre nach Herausgabe der Briefmarke (!), wurde das Kehrdruck-Paar erstmals so bewertet, wie es (meines Erachtens) angemessen ist. - Ein historischer Moment. - -

Gelegentlich dauert es lange, bis sich gewisse Dinge richtigstellen! Ich freue mich darüber.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 16.04.2023 11:36:46 Gelesen: 84716# 892 @  
Nicht nur Uruguay kann mit Kehrdruckpaaren glänzen, sondern auch Argentinien mit den Marken von Buenos Aires.

Die 1 Peso-Marke MiNr. 7 gibt es auch als Kehrdruck. Die MiNr.7 hat die Inschrift "IN PESO", die entstand dadurch, das von der 5 Peso-Marke (CINCO) die Buchstaben "C" und "CO" entfernt wurden. Reste des ersten "C" sind auf dem nachfolgenden Kehrdruckpaares zu sehen. Das Kehrdruckpaar soll nach der Katalogbeschreibung der Amundsensammlung von den Bogenpositionen 33 und 43 stammen

Bei Stanley Gibbons wurden Teile der Lars Amundsensammlung vom 5. - 7. Februar 1969 versteigert. Mit Los 23 kam ein senkrechtes Kehrdruckpaar zur Versteigerung. Der Schätzpreis war 1500 Pfund und der Zuschlag erfolgte bei 2300 Pfund. Dies war der sechsthöchste Preis für ein Los bei dieser Auktion. Die höheren Preise war bis 4000 Pfund mit Ausnahme des Zusammendruck von Brasilien MiNr.1 und 2, der für 11.500 Pfund zugeschlagen worden ist.

Dieses Kehrdruckpaar wurde auch am 6.5.2008 bei Siegel in New York als Los 82 versteigert. Der Preis waren damals 575.000 Dollar, was einer deutlichen Steigerung in 40 Jahren entspricht auch wenn man den Kaufkraftverlust einberechnet.

Bei Siegel wurden folgende ehemaligen Besitzer angegeben: Caspary, Amundsen, Schatzkes, Boker und Sanchez.




Nach Angabe im Amundsenkatalog gibt es noch zwei weitere Kehrdruckpaare, die aber waagerecht sind. Eins davon war vermutlich in der Ferraysammlung und wurde als Los 146 der VII.Auktion und wurde mit 32ooo Franc zugeschlagen und ging in die Sammlung von Lichtenstein (ob Lichtenstein es direkt auf der Auktion oder etwas später erwarb kann ich nicht sagen).



In der letzten Auflage des Kohlhandbuchs steht, das man früher aufgrund eines breitrandigen Einzelstücks, das Teile eines Kehrdrucks zeigt, auf vorhanden seins von Kehrdrucken schloss. Diese Einzelstück befand sich in der Sammlung Marco del Pont. Das senkrechte Paar soll auch nach dem Ferrarypaar bekannt geworden sein.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 16.04.2023 13:15:29 Gelesen: 84700# 893 @  
@ Martin de Matin [#884]

Machen wir doch eine Zeitreise.

November 1864. Die Philatelie trieb ihre ersten Blüten, eifrige Sammlerinnen und Sammler waren mit Leidenschaft dabei, ihre Sammlungen auszubauen. Die ersten Kataloge wurden mit Begeisterung gekauft, und die ersten Vordruck-Alben waren den Sammlern Ansporn, die "leeren Felder" zu füllen.

Und: ein Land nach dem anderen brachte seine ersten Briefmarken heraus, z.B.

1840 England
1847 Mauritius
1858 Fürstentum Moldau und Uruguay

Die Nachrichtenlage darüber war allerdings noch schwierig. Die Existenz über viele Briefmarken wurde erst im Nachhinein bekannt und Philatelie-Journalisten füllten die ersten philatelistischen Zeitschriften mit Erkenntnissen über Neuerscheinungen.

Im November 1864 machte Frau Jeanne Borchard eine märchenhafte Entdeckung. Jeanne war verheiratet mit Kaufmann und Reeder Adolphe Borchard aus Bordeaux, der geschäftliche Verbindungen mit Mauritius hatte. Die damals 37-jährige Ehefrau fand in der Geschäftskorrespondenz ihres Mannes Exemplare der allerersten Ausgabe von Mauritius, die "Post Office"-Marken von 1847.

Nicht nur eine Marke fand die Sammlerin, sondern insgesamt 13 Stück wurden von ihr entdeckt (1864-1869)! Meines Wissens war bis November 1864 die Briefmarke noch nicht bekannt, und folglich noch in keinem Katalog verzeichnet, noch in einem Vordruck-Album berücksichtigt.

Sehen wir uns einmal an, was Frau Borchard da fand, unter anderem:



Uns bleibt der Atem weg. Eine Mauritius Nr. 2+1, zusammen verwendet. Natürlich denken wir sofort an den zweifellos wertvollsten Brief der Welt, den "Bordeaux-Brief" von Mauritius



Frau Jeanne Borchard machte den ersten ganz grossen Fehler als Sammlerin: sie löste die zwei Marken vom Brief ab. Sonst wäre der oben gezeigte Brief kein Unikat, sondern hätte einen Zwilling.

Aber Frau Borchard machte noch einen zweiten Fehler. Sie tauschte nämlich dieses Paar gegen zwei "Montevideo-Suns"! (!!!)

Wir wissen nicht exakt, welche Briefmarke Frau Borchard erhielt.





Ich zeige hier eine Auswahl von möglichen Briefmarken. Hoffen wir, dass Frau Borchard wenigstens eine dieser Marken erhielt:

Wir sehen eine Michel 4b*, den seltensten Wert, Farbe indigo, mit einem Katalogwert von Euro 5000 (Michel 2010), eine Michel 3 (Katalogwert Euro 400 oder 450) und eine Michel 4a (Katalogwert Euro 2600).

Von der 4a gibt es angeblich rund 40 Stück; das hier gezeigte ist ein seltenes Exemplar mit 4 ganzen Rändern, darum wurde diese Marke 2012 als Teil der "Tito"-Sammlung auf US$ 5000 geschätzt.

Wir sehen also: Frau Borchard hat Briefmarken im Wert von höchstens CHF 10'000 erhalten für ihr Mauritius-Paar, das 1881 von "Briefmarkenkönig" Ferrary als Teil der Philbrick-Sammlung gekauft wurde. 1921 kaufte Maurice Burrus dieses lose "Paar" an der 2. Ferrary-Auktion zu einem Preis von FRF 98'000. Wir haben gesehen, dass die GANZE Uruguay-Sammlung (mit 2222 Marken, inkl. der zwei Kehrdruckpaare (!)) wenige Monate zuvor nur FRF 111'000 gekostet hatte.

Also... Frau Borchard hat zwei folgenschwere Fehler gemacht und damit einen sehr wertvollen Schatz (heutiger Wert > CHF 1 Million) hergegeben. Auch das gehört zur schillernden Geschichte der Philatelie.

Heinz
 
10Parale Am: 16.04.2023 17:01:57 Gelesen: 84673# 894 @  
@ Heinz 7 [#893]

Von den 13 Marken von Madame Borchard (Mädchenname: Jeanne Heritzen) gingen einige an eine Händlerin namens Madame Desbois. Die Montevideo Marken tauschte sie mit einem gewissen Albert Coutures. Die Tauschpartner lebten wohl in der selben Gegend in Bordeaux (Pavés des Chartrons, Hafengegend) und ich bin auf eine interessante Fährte gestoßen, weshalb die Mutter von 6 Kindern diese attraktiven Marken mit dem strahlenden Sonnengesicht getauscht hat.

Frau Borchard hatte ein Lallier-Album (Justin Lallier, französischer Händler). Dieses Album wurde um die 1862 aufgelegt und war so etwas wie ein 2. Bibel in Sammlerkreisen. Damals soll es nach Ansicht des Herausgebers etwa 1097 Marken gegeben haben, verteilt auf Europa, Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien. Für die Post Office Marken von der Insel Mauritius gab es einfach keinen Platz darin. Frau Borchard fehlten wohl die beiden Uruguay Seltenheiten, die du uns dort oben zeigst. Wir müssten deshalb jemand finden, der so ein Lallier Album hat und schauen, was dort bei Uruguay an FELDERN existiert, wo man Marken einkleben konnte [1].

Ich zeige hier mal einen Ausschnitt aus einem Lincoln Album von 1892. Die ersten Diligencia ff. sind nicht unter Uruguay, sondern MONTEVIDEO zu finden.

Frage: Gibt es noch existierende LALLIER-Alben?

Liebe Grüße

10Parale



[1] Quelle: "No Room in Madame´s Lallier....Blue Mauritius, from Helen Morgan
 
Heinz 7 Am: 18.04.2023 18:51:45 Gelesen: 84584# 895 @  
@ Martin de Matin [#892]

Lieber Martin,

es wird Dich vielleicht nicht wundern, dass ich auch diese Kehrdruckpaare kenne. Es ist eigentlich sehr ähnlich, wie bei Uruguay: lose/einzeln hat die Marke von Buenos Aires (Mi Nr. 7) keinen grossen Wert (Michel 2010: Euro 160 für *, Euro 100 für gest.), aber als Kehrdruck-Paar wird das Stück zur Weltrarität, die dann auch sehr teuer bezahlt wird.

Den Auktionserlös von US$ 575.000 (2008) hatte ich gar nicht im Bewusstsein; das ist natürlich ein Riesenkracher. Danke für die hochinteressanten Neuigkeiten.

@ 10Parale [#894]

Lieber Stephan,

ich habe leider kein solches Album. Wenn einmal - selten genug - eines angeboten wird, so wird es regelmässig sehr teuer.

Zur ersten Auflage kann ich aber doch etwas sagen, siehe "Vom Nutzen philatelistischer Literatur".

Dass aber für Mauritius No. 1+2 im Lallier 1862 - Album keine zwei Felder reserviert wurden, hat seinen Grund wohl darin, dass meines Wissens 1862 die Mauritius-Post-Office-Marken weitgehend noch gar nicht bekannt waren!

Ich wiederhole:

Im November 1864 machte Frau Jeanne Borchard eine märchenhafte Entdeckung = Sie war meines Wissens die "Wieder-Entdeckerin" dieser Briefmarken. Denn natürlich kannten die Leute, welche z.B. von Lady Gomm 1847 an ihren Ball eingeladen wurden, die One-Penny-Marke. Die Einladungsbriefchen wurden ja aufbewahrt, heute kennen wir noch drei Stück davon, siehe:

@ Heinz 7 [#746]

Aber die Kataloghersteller in Europa wussten dies um 1860 vermutlich nicht, und so wurden die Mauritius No. 1+2 erst später katalogisiert, NACH der Wieder-Entdeckung durch Frau Borchard.

Heinz
 
10Parale Am: 19.04.2023 19:43:59 Gelesen: 84521# 896 @  
@ Heinz 7 [#895]

...die Geschichte und Biographie dieser beiden Mauritius-Marken, die einst einen Brief zierten, geht ja noch weiter:

- 1865: Jean-Baptite Moens kauft Coutures Sammlung, die beiden "Post Office" - Stamps für damals geschätzte 4 £
- 1866: Judge Philbrick kauf die beiden POST OFFICE Marken für 20 £
- 1881: Philipp von Ferrary kauft Philbrick´s Sammlung (Achtung: inclusive die beiden P.O.´s) für 8.000 £
- 1921: Maurice Burrus kauft die beiden Marken in Paris für 2.172 £ (2.te Ferrary Auktion)
- 1963: Wilhelm Bartels kauft die beiden Marken für 8.250 £ (Burrus Auktion)
- 1964: die Marken werden von einem europäischen Sammler gekauft (Name unbekannt???)
- 1985: Wolfgang Jakubek verkauft die beiden Marken für 521.333 £.
 

1881 sollen die beiden Marken wieder zusammengefügt worden sein??? -

Frau Borchard konnte sich den 2.ten folgenschweren Fehler (wie du es nennst! - Moens nannte es "folly": - Torheit) vielleicht auch leisten, da sie gut die Hälfte aller Mauritus Marken besaß und also einen "Background" hatte, wie ich es nennen würde.

Im 4. Kapitel meiner Quelle (Helen Morgan) gibt es einen schönen Spruch passend zu dem Sammler, der mal wehmütig eine wertvolle Marke hatte (passt auch nach unten relativiert iwi zu mir:

I am not a thief, Madame. I knew there was some mistake. For a few minutes they were mine, that is enough (Monsieur Félix´, stamp dealer)

Liebe Grüße

10Parale


 

Martin de Matin Am: 23.04.2023 10:00:27 Gelesen: 84367# 897 @  
@ Martin de Matin [#892]

Buenos Aires kann auch mit anderen Stücken als das Kehrdruckpaar glänzen.

Briefe der ersten Ausgabe, speziell der MiNr. 2-4 (3 Pesos, 4 Pesos und 5 Pesos) sind selten. Nach Angaben von Siegel soll es z.B. von der 5 Pesos nur drei Briefe geben. Lose 4 P- und 5 P-Marken sind schon nicht häufig. Als Besonderheit zählen die Mischfrankaturen der ersten Ausgabe. Nach Siegel soll es nur zwei davon existieren.

-Einmal die 2P mit der 4P, ex Caspary
-und die 3P mit der 4P, ex Gargantini, Amundsen, Boker

Neben dem Kehrdruck wurde auch dieser Brief mit der Amundsensammlung versteigert. Als Los 7 hatte er einen Schätzpreis von 900 Pfund, der Zuschlag erfolgte bei 1400 Pfund. Am 6.5.2006 wurde dieser Brief bei Siegel für 180.000 Dollar zugeschlagen.

Ich kann nur den Frankaturausschnitt von der Abbildung des Amundsenkatalogs zeigen.



Gruss
Martin
 
Koban Am: 25.04.2023 01:03:42 Gelesen: 84273# 898 @  
In die Spitzengruppe der wertvollsten Marken der Welt wird, spätestens ab Anfang Juni, die "seltenste Marke Asiens" gehören.

Der Höchstwert zu 500 Mon der Erstausgabe Japans (Mi 4) mit kopfstehender Wertangabe ist das derzeit einzig bekannte Exemplar.

Entdeckt wurde die Marke ursprünglich 1953 von dem amerikanischen Sammler John C. Linsley in einer von ihm erworbenen Sammlung, doch erst 20 Jahre später legte sein Sohn die Marke erstmals der International Society for Japanese Philately (ISJP) vor. Der Sammler Ryohei Ishikawa kaufte die Marke 1973 für 75.000 US$.

Am 3. Juni 2023 wird die Marke bei David Feldman angeboten.


Bildquelle:[1]

Gruß,
Koban

[1] https://www.davidfeldman.com/2023/01/japan_inverted_center_stamp_rare/
 
Heinz 7 Am: 05.05.2023 18:34:46 Gelesen: 83045# 899 @  
@ BD [#2]

Bernd hat uns vor Jahren schon darauf hingewiesen, dass folgende Marke 1912 zu den wertvollsten Briefmarken der Welt gehörte:

Ausgabe Fürstentum Moldau, 1858, 80 Parale auf bläulichem Papier, ungebraucht, Michel Nr. 7ax



Auf weissem Papier ist die Marke viel weniger wert, aber auf dem typischen bläulichen Papier war die Marke "immer schon" eine grosse Rarität.

Machen wir einen Blick in die Kataloge:

Senf 1912:

7a (bläuliches Papier): ungebraucht Mark 1200, gebraucht Mark 100
7b (weisses Papier): ungebraucht Mark 27, gebraucht Mark 30

Michel 2021:

7ax (bläuliches Papier): ungebraucht Euro 15'000, gebraucht Euro 1'300
7ay (weisses Papier): ungebraucht Euro 600, gebraucht Euro 380

Damit erreichte diese Marke auf der sorgfältig erstellten Übersicht von Schubert 1912 immerhin Platz 50 der "wertvollsten" (ex aequo mit 6 weiteren Briefmarken).

Heute ist die Marke kaufkraftbereinigt also tiefer bewertet als 1912.

Wir lesen nur selten Berichte über diese Marke. Das hat einen wichtigen Grund: die Marke ist UNGEBRAUCHT sehr selten! WIE selten sie ist, darüber gibt es meines Wissens nur wenige Auskünfte.

Auch aus diesem Grund führe ich am Sonntag 28.5.2023 zum Ende des Symposiums der ARGE Rumänien, um 13 Uhr, ein Arbeitstreffen (neudeutsch: "workshop") durch mit dem Titel:

"Briefmarkenausgabe Fürstentum Moldau 1858, 2. Ausgabe: 80 Parale auf bläulichem Papier; Michel Nr. 7 ax. Wie viele UNGEBRAUCHTE Exemplare existieren heute noch von dieser seltenen Marke?"

Auch Nicht-Mitglieder der ARGE sind an diesem Treffen herzlich willkommen.

Ich sammle ab sofort zu obiger Frage noch weitere Informationen, werde mich aber vor dem 28.5. zu der Frage nicht mehr schriftlich äussern. Falls jemand die Antwort zu obiger Frage kennt, mag er/sie mir die Antwort geben oder - viel besser! - direkt am Arbeitstreffen teilnehmen.

Mehr dazu auf der Homepage der Arge Rumänien:

Heinz

http://www.arge-rumaenien.ch
 
merkuria Am: 05.06.2023 09:01:18 Gelesen: 72962# 900 @  
Am 20. April 1871 verausgabte Japan seine erste Freimarkenausgabe (Mi Nr. 1-4). Von der 500 Mon Wertstufe (Mi Nr. 4) ist uns ein kopfstehender Druck der schwarzen Farbe (Wertbezeichnung) bekannt geworden. Dieses Exemplar ist der bis heute einzig bekannte Kopfsteher der klassischen japanischen Philatelie!
Der Michel Katalog listet diesen Kopfsteher unter Mi Nr. 4 Iay F.



Abbildung links zeigt den gestempelten Kopfsteher, Abbildung rechts einen ungebrauchten, korrekter Druck.

Das Unikat wird in der Losbeschreibung von David Feldman ausführlich in englischer Sprache beschrieben [1] und mit zwei Attesten belegt: Attest des Sachverständigenausschusses der Philatelic Federation of Japan (2011) und Attest von Florian Eichhorn BPP (2023)



Auch die Provenienz wird durch David Feldman ausführlich dargestellt (Übersetzung aus dem Englischen):

Die folgenden Informationen sind das Ergebnis unserer bisherigen Recherche:

- John C. Linsley (1953, ein amerikanischer Sammler, der das kopfstehende Mittelstück 1953 in einer von ihm erworbenen japanischen Sammlung entdeckte)

- Mark E. Weber (1973, der Adoptivsohn von Herrn Linsley als sein Erbe)

- Versteigerung durch Waverley Trading Co. (Tokio, Dezember 1973, Los 748 für ¥ 21.000.000 von einer Gruppe von vier japanischen Händlern gekauft.

- Ichiro Kondo (1973, privat für 25.500.000 Yen gekauft)

- Ryohei Ishikawa (1974)

- Kilchiro Hayashi (1995)

- Yuji Yamada (kaufte das Stück 2013 als Privatkauf für einen nicht genannten Betrag von der Takahashi Stamp Co., Tokio)




Das gestempelte Unikat wurde an der David Feldman Auktion vom 3. Juni 2023 in Le Grand-Saconnex/Genf/Schweiz unter Los 30070 für 4.4 Mio € + Aufgeld verkauft. Dies ist der höchste Preis, der je für eine asiatische Einzelmarke bezahlt wurde.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques

[1] https://www.davidfeldman.com/dfsa-auctions/2023/japan-2023/30070/1871-dragons-mon-unit-imperforate-500-greyish-yell/?soff_session_keywords=30070&soff_session_page=1&soff_auction_browse=1
 
Heinz 7 Am: 22.06.2023 16:32:06 Gelesen: 67250# 901 @  
@ Heinz 7 [#873]

In diesem Thema habe ich bereits viele US-Postmeistermarken vorgestellt. Gestern kamen anlässlich der Erivan-Auktion "USA Teil 9" 5 Lose in New York zur Auktion, die zwei Super-Raritäten beinhalteten.

Das höchste Ergebnis erzielte Los 5, einer der sagenhaften «St. Louis Bear – Covers», der für moderate US$ 50'000 ausgerufen wurde, es nun aber doch auf US$ 230'000 (+ 18 %) schaffte. Gemäss Auktionskatalog ist dieser Brief «widely considered to be the most important St. Louis Bears cover in existence».



Wir haben diese Postmeistermarke schon früh besprochen, siehe

@ 10Parale [#84]
@ Heinz 7 [#85] etc.

Ein weitere US-Postmeistermarke erreichte auch einen schönen Preis, das Los Nummer 1 der Auktion. Briefe mit Baltimore 10 Cents-Marken auf weissem Papier gibt es nur fünf, und dieser sei gemäss Katalog «undoubtedly the finest of the five covers». Der Startpreis für dieses Stück lag bei nur US$ 40'000; nun kletterte er immerhin auf US$ 115'000.



Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.06.2023 17:19:23 Gelesen: 65718# 902 @  
@ Heinz 7 [#901]

Im Thema "Aus den Erivan Haub Auktionen" haben Martin und ich einige Überlegungen erörtert über sehr teure Briefe mit Briefmarken, die lose gar nicht teuer sind.

Wir sind uns wohl einig, dass sehr seltene Briefmarken besonders gefragt und teuer sind, wenn sie noch auf den Briefen haften. Die Hawaii-Missionary-Marken (Nr. 1-4) als Beispiel, oder eine British-Guyana-Cottonreel-Marke (Mi 1-4) sind gestempelt selten und teuer. Und umso mehr auf ganzen Briefen.

Es gibt aber auch einige Briefmarken, die sind lose gar nicht besonders selten und erzielen auf Briefen dennoch regelmässig gewaltige Preise. Das hängt in der Regel damit zusammen, dass die Briefmarke auf Briefen kaum erhalten ist und es nur sehr wenige Exemplare davon gibt.

Äusserst hilfreich, um solche Juwelen zu entdecken, ist z.B. der Katalog "Scott Classic specialized catalogue of stamps & covers 1840-1940", den ich in der Auflage des Jahres 2000 in meiner Bibliothek habe. Hier finden wir zu einigen Ländern neben den Preisspalten für ungebraucht und gebraucht auch eine Preisangabe für Marken auf Brief.

Beispiele:

Hawaii no. 2 = * $ 45'000, gest. = $ 25'000, Brief = $ 75'000
Hawaii no. 3 = * $ 22'500, gest. = $ 17'500, Brief = $ 70'000
Hawaii no. 4 = * $ 40'000, gest. = $ 27'500, Brief = $ 75'000

Schweiz: Doppelgenf: * $ 52'500, gest. = $ 35'000, Brief = $ 62'500

Leider fehlen für einige Länder auch in diesem Katalog die Preise für Marken auf Brief; so zum Beispiel für Rumänien. Dabei hat gerade dieses Land auffallend viele Briefmarken, die auf Brief sehr selten und darum auch meistens sehr teuer sind, wenn sie denn einmal angeboten werden.

Im Juni 2009 wurde in Zürich eine hervorragende Rumänien-Sammlung verkauft: "Classic Romania, The Thomas Hoepfner Collection". In 169 Losen kamen einige seltene Vorphila-Briefe und danach die Markenausgaben 1858-1872 zum Angebot. Die Sammlung erreichte einen Zuschlagpreis von über CHF 350'000 (plus Käuferprovision: 19.5 %).

Das höchste Ergebnis erzielte aber nicht etwa ein Ochsenkopf, von denen mehrere angeboten wurden, sondern ein Brief mit einer Marke, die auch heute nicht sehr hoch bewertet ist (gestempelt):

11ay = 1865. 4. Ausgabe, Fürst Cuza im Oval, Steindruck. 2 Parale orange (y = senkrecht gestreiftes Papier).

Michel Bewertung Katalog 2021: Euro 320.



Diese Briefmarke ist, wie auch die Michel 11x (x = auf einfachem Papier), auf Brief extrem selten. Gemäss Auktionskatalog Corinphila gibt es davon nur 6 Einzelfrankaturen. (Hinweis: Daneben existieren ein paar Grossfrankaturen mit dieser Marke, z.B. mit 10 x 2 Parale = 20 Parale).

Los 962 der Höpfner Auktion war besonders umkämpft. Der Startpreis lag bei CHF 15'000, der Hammer fiel jedoch erst bei CHF 42'000 (+ 19.5%, Kaufpreis also CHF 50'190).

Das ist also rund das 150-fache des aktuellen Katalogpreises (für gestempelte Marke)!

Die (zweite) Hälfte der Überschrift unseres Themas "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" ist also gegeben, auch bei einer Briefmarke, die an sich gar nicht so selten ist. Hier ist es die grosse Seltenheit der Verwendung, die den Ausschlag gab (als Einzelfrankatur). Gute Kenntnisse betreffend das Sammelgebiet sind also nützlich.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.06.2023 18:52:01 Gelesen: 65678# 903 @  
@ Heinz 7 [#902]

Ein anderer Grund für hohe Preise sind oft auch Mehrfachfrankaturen.

Die Michel Nr. 7ya ist nicht übermässig selten, was auch aus ihren Katalognotierungen hervorgeht:

Michel 2021: * Euro 600, gest. Euro 380.

Diese Marke findet der Interessent immer wieder auch auf Brief als Einzelfrankatur. Fritz Heimbüchler bewertete den Brief der 80 Parale auf weissem Papier nicht extrem viel höher, als lose/gestempelt (siehe Band 3, 2008):

* Euro 550, gest. Euro 400, Brief Euro 1500 (also: Briefpreis = 375 % von Preis für lose).

Selbst Briefe mit zwei Marken der 80 Parale sind nun noch nicht das non-plus-ultra. Anders sieht die Sache aber aus, wenn gleich fünf (!) Werte dieser Marke auf Brief sind, wie beim Los 930 der Sammlung Höpfner (Brief-Vorderseite). Diese Brief-Vorderseite ist meines Wissens einmalig und zeigt die höchste Frankatur, die mit der 2. Ausgabe gebildet wurde (400 Parale).

Auch dieser Brief wurde 2009 mit CHF 15'000 ausgerufen. Erwartungsgemäss stieg der Preis, der Hammer fiel erst bei CHF 36'000 (= CHF 43'020 inklusive Aufgeld). Dies war das zweithöchste Resultat der Höpfner-Auktion.

In der Broschüre "Ergebnisliste" zur 157. Auktion wurden diese beiden Lose hervorgehoben.



Spektakuläre Gross-Frankaturen erzielen oft hohe Preise.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.06.2023 16:52:50 Gelesen: 65432# 904 @  
@ Koban [#898]
@ merkuria [#900]

Wir sehen an diesem Beispiel, dass David Feldman S.A. einen hervorragenden Namen geniesst. Er hat diese Marke neu unter die teuersten Marken der Welt eingereiht und, mithilfe der Stimme von anderen Grössen (insbesondere Ryohei Ishikawa), auch tatsächlich einen Preis erzielt, der erst ganz selten erreicht wurde.

Dazu lohnt sich ein Blick zurück.

Im Katalog Scott 2000 war diese Marke bewertet! Wir finden auf Seite 478 folgende Preisnotierung:

Scott 4h. Denomination inverted: gest.: US$ 85'000.

Es wäre interessant, den Gegenwert der Yen 21 Millionen zu kennen, den die Marke offenbar 1973 an einer Auktion erzielte. Hat daraus Scott seine Bewertung abgeleitet? Koban schreibt: "Der Sammler Ryohei Ishikawa kaufte die Marke 1973 für 75.000 US$." Waren das die Yen 25.5 Millionen?

Dieser Katalog-Preis (Scott 2000) war damals schon hoch, aber doch weit weg von den heutigen Dimensionen. Es brauchte also eine grosse Portion Selbstvertrauen, um diese Marke nun mit einem Schätzpreis von Euro 4 bis 5 Millionen anzubieten, und dann auch tatsächlich zu verkaufen.

Im Spezial-Katalog (40 Seiten) hievte Feldman die Marke auf die Höhe oder in die Nähe der British Guiana 1 Cent von 1856 und den "Bordeaux-Cover" von 1847 mit den beiden Mauritius Post Office- Raritäten "One Penny" (orange) und "Two Pence" (blau). Diese zwei Superraritäten haben nachweislich bereits noch höhere Preise eingespielt. Ob die Japan 500 Mon Center Inverted nun "Platz drei aller Zeiten" (?) erreicht hat, lässt sich meines Wissens nicht mit Sicherheit "nachweisen".

Heinz
 
merkuria Am: 28.06.2023 00:25:39 Gelesen: 65341# 905 @  
@ Heinz 7 [#904]

„Versteigerung durch Waverley Trading Co. (Tokio, Dezember 1973, Los 748 für ¥ 21.000.000 von einer Gruppe von vier japanischen Händlern gekauft“

Am 01 Dezember 1973 war der Wechselkurs JPY zu US$ für diese Transaktion wie folgt:

JPY 21.000.000 = US$ 75‘000

„Ichiro Kondo (1973, privat für 25.500.000 Yen gekauft)“

Am 20. Dezember 1973 war der Wechselkurs JPY zu US$ für diese Transaktion wie folgt:

JPY 25.500.000 = US$ 91‘360

Diese Berechnungen habe ich mit Hilfe folgender Seite vorgenommen:

https://fxtop.com/de/vergangene-rechner.php?A=21000000&C1=JPY&C2=USD&DD=01&MM=06&YYYY=1973&B=1&P=&I=1&btnOK=Gehen

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 28.06.2023 11:41:52 Gelesen: 65235# 906 @  
@ merkuria [#905]

Sehr schön! Danke!

Hier sehen wir einmal mehr, wie problematisch die Preisfestsetzung von Raritäten ist, die nur selten auf den Markt kommen.

Nehmen wir das oben stehende Beispiel. Offenbar hatten wir da zwei Verkaufserlöse von US$ 75'000 bzw. 91'360, also im Schnitt US$ 83'180. Da ist ein Katalogwert von US$ 85'000 also "goldrichtig". Scott hat - nach meinen Erfahrungen - die Katalogpreise in seinen Katalogen sehr stark nach den Preisen ausgerichtet, die am freien Markt (bei Auktionen) auch tatsächlich erzielt wurden.

Das vermisse ich in den Michel Katalogen häufig. Viele Ergebnisse von grossen Auktionen gehen völlig unter, werden überhaupt nicht berücksichtigt. Aber das ist ein anderes Thema, auf welches ich hier nicht eingehen kann.

Kehren wir zurück zum Scott-Wert. Hat Scott bereits 1974 seinen Katalogwert auf US$ 85'000 angepasst? Das dürfen wir wohl annehmen. Dann haben wir aber das Problem, dass 1974 bis 2000 der Katalogwert offenbar unverändert blieb? - Und jetzt die Frage: Ist das korrekt?

Ich meine: NEIN! Die USA hatte in der zweiten Hälfte des XX. Jahrhunderts viele ökonomische Krisen, mit hoher Inflation. Der US$ kränkelte und verlor dramatisch an Wert, vor allem auch wegen der eigentlich unfassbaren Schuldenpolitik, die sich dieses Imperium zu Lasten der Rest-Welt leistet. Ein US-Dollar des Jahres 2000 ist, real gesehen, viel weniger wert als ein US-Dollar 1974.

Das findet in den Briefmarken-Katalogen in der Regel keine Beachtung.

Ich mache den Katalogherausgebern daraus keinen Vorwurf, aber ich halte fest, dass hier eine Korrektur-Rechnung vonnöten wäre.

Ich schlage vor:

Der Devisenmarkt zeigte für den Dezember 1973 einen Wert von US$ 1.00 = CHF 3.1968, für Dezember 1999 US$ 1.00 = CHF 1.5819. Heute dümpelt der Dollar irgendwo um CHF 0.90 herum... Rechnen wir nun noch eine Verzinsung von 3.25 % (für die Jahre 1973-1999), so ergibt sich folgende Rechnung:

US$ 1.00 (1973) = CHF 3.1968
Verzinsung bis Ende 1999 (26 Jahre) = CHF 7.3427
statt 1.5819 = Wertverlust um 78 %!

Meiner Meinung nach wäre also ein Katalogwert von CHF 624'130 im Katalog 2000 angezeigt gewesen. (US$ 85'000 x Faktor 7.3427; oder US$ 85'000 * 3.1968 * 2.2969 (=Verzinsung 26 Jahre)). Oder (zurückgerechnet in US$) US$ 394'545, gerundet also US$ 395'000).

US$ 395'000 im Katalog 2000 wäre natürlich eine ganz andere Zahl als immer noch die alten US$ 85'000.

Es wird nun interessant sein, den Katalog Scott 2024 zu studieren. Werden nun US$ 5 Millionen als Katalogwert eingesetzt? - Nach der Logik, die bisher galt, müsste es eigentlich so sein. Schau'n wir mal...

Heinz
 
Martin de Matin Am: 16.07.2023 21:12:07 Gelesen: 60835# 907 @  
Ich zeige eine Marke, die der Amerikaner unter back of the book (im Anhang, nach den normalen Marken) bezeichnen würde.

Mit der 830. Siegelauktion am 10./11.November 2000 wurde "The Hall Collection Carriers and Locals Westen Expresses" versteigert. Das Titelstück war ein Brief mit einer Wells Fargo & Co Pony Express-Marke. Man könnte den Brief ohne weiteres als ein Kronjuwel der Amerikanischen Philatelie bezeichnen.
Ab April 1861 brachte Wells Fargo & Co zwei Marken heraus, eine rote 2 Dollar und eine Grüne 4 Dollar. Ab Juli 1861 wurden die Gebühren für die Briefe halbiert. Es wurde darauf eine rote 1 Dollar, eine grüne 2 Dollar und zusätzlich eine schwarze 4 Dollar verausgabt. Wenn man Marken oder Briefe von diesen Marken auf deutschen Auktionen sieht, dann sind es fast nur rote Marken (1 oder 2 Dollar).

Mit Los 822 wurde ein Brief der schwarzen 4 Dollar angeboten. Der Schätzpreis lag bei 300.000 bis 400.000 Dollar. Gemäß Ergebnisliste war der Zuschlag 325.000Dollar. Von dieser Marke sind nur zwei Briefe bekannt, und beide tragen ein Siegel des US-Konsulats von Honolulu. In der Beschreibung des Auktionsloses stand, das der zweite Brief sich im Besitz der Familie Dale-Lichtenstein befindet; ich hatte damals nicht gedacht, das es noch Marken aus der Dale-Lichtenstein-Sammlung gibt,die noch nicht verkauft wurden.



Am 12.5.2009 wurde dieser Brief für 550.000 Dollar bei Siegel erneut verkauft.

Im Mai 2005 wurde bei H.R. Harmer die Pony Express-Sammlung von Dale-Lichtenstein verkauft. Der zweite Brief der schwarzen 4 Dollar brachte damals 525.000 Dollar und wurde 25.9.2019 bei Siegel für 330.000 Dollar erneut verkauft.

Gruss
Martin
 
marc123 Am: 14.10.2023 14:14:42 Gelesen: 36051# 908 @  
@ marc123 [#304]

Eine weitere ungebrauchte Sherwin wird aktuell auf der 20. classicphil Auktion am 30.10.2023 als Los 1119 angeboten, Ausruf 14 000 Euro. Es wird erwähnt dass nur 6 weitere ungebrauchte Exemplare bekannt sind.





Losbeschreibung: "1859, Sherwin Issue, 2d, deep blue, unused, just touched at left to clear margins, from position 11 on the plate, small repair at lower left, one of the rarest classic stamps of the world (SG £225’000) only 6 others are known and all with more or less blameacies, ex Schindler, March 1996, sign Pfenninger and Bartels, cert David Brandon, F-VF! Estimate 280.000€"

https://www.classicphil.com/de/los/9020-A20-1119/

Marc

[Redaktionell eingefügt, Übersetzung DeepL: "1859, Sherwin Issue, 2d, tiefblau, ungebraucht, nur links berührt, um den Rand frei zu machen, von Position 11 auf der Platte, kleine Reparatur unten links, eine der seltensten klassischen Briefmarken der Welt (SG £225'000), nur 6 andere sind bekannt und alle mit mehr oder weniger Schönheitsfehlern, ex Schindler, März 1996, sign Pfenninger und Bartels, cert David Brandon, F-VF! Schätzung 280.000 €"]
 
Heinz 7 Am: 18.10.2023 18:25:17 Gelesen: 34751# 909 @  
@ Heinz 7 [#256]
@ Heinz 7 [#257]

Vor sechs Jahren habe ich an dieser Stelle zwei von 5 existierenden Briefen zeigen können, die eine Buntfrankatur zeigen der Réunion Nr. 1+2. Der Brief aus Beitrag [#256] wurde bereits 1957, bei der Caspary-Auktion, teuer gehandelt.

Ich freue mich, nun den Artikel zu diesen Traumstücken noch kräftig erweitern zu können!

Erstens kann ich ein schönes Farbfoto des Caspary-Stückes nachliefern. Er hat folgenden Postweg hinter sich:

13.7.1852 Sainte André (Réunion) - St. Denis (Réunion/Transit) - Marseille 26.10. (Transit) - Nantes (29.10.1852).



Der zweite, bereits gezeigte Brief (Beitrag 257) ist dazu sehr ähnlich
23.8.1852 Sainte André (Réunion) - St. Denis (Réunion/Transit) - Marseille 25.11. (Transit) - Nantes (26.11.1852). Wir sehen: derselbe Empfänger (Massion).

Beide Briefe tragen einen Tax-Stempel "35", der erste in rot, der zweite in schwarz.

Es gibt noch einen dritten Brief an dieselbe Adresse!

16.10.1852 Sainte André (Réunion) - St. Denis (Réunion/Transit) - Nantes (16.1.1853).

Die Marken von Réunion wurden mit dem französischen Nummernstempel "2221" (Petit Chiffres) entwertet



Bei diesem Brief finden wir offenbar keinen Taxstempel wie bei den anderen Briefen. Aber sonst sind die Belege sehr ähnlich. Der dritte Brief benötigte genau drei Monate, und damit ähnlich lange wie die Briefe vom Juli und vom August.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.10.2023 18:55:06 Gelesen: 34742# 910 @  
@ Heinz 7 [#909]

Gemäss David Feldman 2015 gibt es fünf Briefe mit dieser Kombination der Nummern 1 und 2. Drei davon wurden 1852 von Sainte-André nach Nantes versandt (siehe oben).

Ich kann nun einen weiteren Brief zeigen, der aber erst sehr viel später verschickt wurde, aber wieder nach Nantes! Abgangsort war diesmal ST. PAUL ILE DE LA REUNION.

8.5.1857 St. Paul - Suez - Nantes 8.6.1857



Die Briefmarken wurden entwertet in Frankreich mit den Rauten-Nummernstempel "1896". Der Brief wurde handschriftlich beauftragt "Voie de Suez", was ja mit dem roten Stempel bestätigt wurde. Gemäss rückseitigem Ankunftsstempel benötigte dieser Brief nun nur einen Monat! (Gemäss Katalogangabe, leider nicht abgebildet). Nicht nur der Absender, auch der Empfänger, beide waren nicht dieselben wie bei den ersten drei Briefen 1852.

Nun fehlt uns also nur noch ein Brief, um alle fünf bekannten zu kennen! Ferner wäre interessant zu wissen, ob der deutlich schnellere Transportweg (1857) knapp 5 Jahre früher (1852, Juli-Oktober) noch nicht zur Verfügung stand. Vielleicht musste man 1852 noch um die Südspitze Afrikas fahren, während 1857 ein Landweg via Suez gewählt wurde? Der Suez-Kanal stand erst deutlich später offen (1869).

Heinz
 
marc123 Am: 27.10.2023 17:38:01 Gelesen: 31927# 911 @  
@ Heinz 7 [#910]

Lieber Heinz,

Mit dem Thema hatte ich mich vor Jahren beschäftigt und habe es dank Dir wieder ausgegraben.

Gemäss David Feldman 2015 gibt es fünf Briefe mit dieser Kombination der Nummern 1 und 2. Diese Information konnte ich nicht wiederfinden. Ich habe den Brief von Deinem Beitrag 210 zwar bei Feldman vom 22. und 23. Juni 2015 gefunden, Los 30683, aber ohne die Information von 5 Briefen.

2012 (Auktion 24. September Los 20877) schreibt Feldmant zu dem unteren Brief von Deinem Beitrag 909, "Le plus belle des trois lettres avec les deux valeurs". Also schien er 2012 nur 3 solcher Briefe zu kennen.

Mir, bzw. Brun u. Chandanson sind 6 Briefe mit dieser Kombination bekannt.



Einen Brief der noch fehlt stammt auch aus der Caspary-Auktion und ging als einziger nicht nach Nantes sondern nach Bordeaux. Damals waren nur 2 Briefe laut der Beschreibung des anderen Briefs aus der Caspary Sammlung bekannt. Interessant ist dass alle 4 von Dir gezeigten Briefe aus der Sammlung Boker stammen, diesen Katalog habe ich allerdings nicht. Weitere Provenienzen sind Bullinger (2 x) und Lenoir. Diese Namen sagen mir nichts.



Beim 6. Brief scheinen die Marken ungestempelt geblieben zu sein. Er stammt aus derselben Korrespondenz wie drei weitere Briefe nach Nantes.
Abbildung aus: J.F. Brun u. B. Chandanson, Les deux premiers timbres-poste de l'Ile de la Réunion, 2008, 57, Abb.1.

Ich hoffe ich konnte bei diesem spannenden Thema etwas behilflich sein.

Marc
 
Martin de Matin Am: 29.10.2023 15:31:05 Gelesen: 30418# 912 @  
@ Martin de Matin [#884]
@ Martin de Matin [#892]

Nachdem ich Kehrdrucke von Uruguay und Buenos Aires gezeigt habe, gibt es diesmal eine Kehrdruckrarität von Argentinien.

Die MiNr.7 wurde am 11.1.1862 in Bogen zu 70 Marken ausgegeben. Nach Marco del Pont soll die Auflage 27.037 Stück (siehe Kohlhandbuch) betragen. Von der MiNr. 5-7 gibt es massenhaft Nachdrucke und Fälschungen.

Nun zu dem Kehrdruck; auf der ersten Position der zweiten Reihe war ein Druckbild verkehrt eingefügt worden. Es könnten nach dem Kohlhandbuch maximal 387 Kehrdrucke existiert haben. Zum Zeitpunkt (1926) des Kohlhandbuchs war nur ein Stück in der Form eines Siebenerblocks in der Sammlung Marco del Pont bekannt.

Bei der 83. Corinphila Auktion am 21.-28.9.1991 wurden zwei Kehrdrucke dieser Marken angeboten. In der Beschreibung stand, das drei Kehrdrucke bekannt sind; zwei ungebrauchte und eins mit Federstrichentwertung.

Das Los 5786 war ein ungebrauchtes Paar, das als schönstes Kehrdruckstück dieser Marke beschrieben wurde. Der Schätzpreis war 125.000 Franken. Als Provinienz wurde Schatzkes angegeben.



Als Los 5787 war ein Randviererblock mit zwei dazugehörigen Einzelmarken angeboten. Der Schätzpreis war 60.000 Franken, da sich im oberen Paar ein waagerechter Bug befindet, wobei bei der rechten Marke ein Einriss befindet. In der Beschreibung von Corinphila steht, das es der einzige Viererblock mit Kehrdruck ist. Als Provenienz wurden del Mazo und Schatzkes angegeben.



Ob es sich bei der Einheit mit Federstrich um das Stück aus der Sammlung Marco del handelt kann ich nicht sagen, möglich wäre es.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 15.11.2023 12:06:52 Gelesen: 25360# 913 @  
Immer wieder erzielen die grossen Raritäten aus Rumänien am Markt die höchsten Ergebnisse bei Sammlungsauflösungen. Corinphila erwartet nun offenbar auch am 1.12.2023, dass diese Reihenfolge neu bestätigt wird.

Bei der Auflösung einer hübschen Sammlung mit Briefen mit Nummern EINS von europäischen Ländern wurde der Brief aus Rumänien mit Abstand am höchsten bewertet.

38 Länder werden an der kleinen Auktion angeboten (nur 86 Lose)



Es erstaunt die Leser vielleicht, dass nicht weniger als 24 der 38 Länder günstig angeboten werden (Ausruf CHF 75 bis CHF 750). Richtig teuer sind eigentlich nur 4 Länder:

- Schleswig-Holstein: CHF 5'000
- Sachsen CHF 6'000
- Schweiz CHF 12'000
und eben - Rumänien CHF 20'000



Ich denke, Corinphila weiss, dass dieses Los nicht liegenbleiben wird, auch wenn es nicht "günstig" ausgerufen wird, wie so manches andere Los.

Darum zählen die Grossraritäten von Rumänien völlig zu Recht und schon seit weit mehr als hundert Jahren zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt.

Heinz
 
10Parale Am: 17.11.2023 15:45:20 Gelesen: 24909# 914 @  
@ Heinz 7 [#913]

"Darum zählen die Grossraritäten von Rumänien völlig zu Recht und schon seit weit mehr als hundert Jahren zu den berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt."

Wer nicht ganz so viel Geld hat und trotzdem mitbieten möchte (für mich sind die Preise jenseits meiner Möglichkeiten) kann sich auch bei Los 3122 des Europakataloges desselbigen Auktionshauses in Zürich versuchen.

Sicherlich ist diese Marke einer meiner größten subjektiven Begehrlichkeiten. Das schönste, was die Philatelie mit zu bieten hat. Wie geschrieben steht, soll es nur 5 solcher gebrauchten Ochsenköpfe mit dem Stempel von BERLAD MOLDOVA geben. Ich freue mich, dass es Auktionshäuser und Sammler gibt, in deren Hände diese Marken gut aufgehoben sind. Hoffen wir, dass sie auch den kommenden Generationen noch erhalten bleiben.

Liebe Grüße

10Parale

https://www.philasearch.com/de/i_9102_105053/5405_Rumaenien

Redaktionell ergänzt:

Beschreibung

1858, Bull's Head, 27 pa. black on rose laid paper, an example with close to good margins, fresh vibrant colour, cancelled by two part strikes of "BERLAD / MOLDOVA ./8" datestamp in blue, Kiriac fig. 272; only five examples of the 27 pa. are recorded in the Heimbüchler handbooks used from Berlad with this stamp being a new find; stamp is completely backed, still an attractive example of this desirable stamp due to its excellent colour and fresh appearance. Cert. Gmach (2016). Mi = €15'000.



1858, Bull's Head, 27 Pa. schwarz auf rosa Bütten, ein Beispiel mit knappem bis gutem Rand, frischer leuchtender Farbe, entwertet durch zwei Teilschläge des blauen Stempels "BERLAD / MOLDOVA ./8", Kiriac Abb. 272; nur fünf Exemplare der 27 Pa. sind in den Heimbüchler Handbüchern aus Berlad verzeichnet, wobei diese Marke ein Neufund ist; die Marke ist komplett hinterlegt, dennoch ein attraktives Beispiel dieser begehrten Marke aufgrund der hervorragenden Farbe und Frische. Zert. Gmach (2016). Mi = 15'000 €.

Ausruf 4.000 CHF (ca. 3.960 EUR) Ende der Gebotsabgabe: Donnerstag 30.11.2023, 07:00 CET
 
Heinz 7 Am: 23.11.2023 18:42:03 Gelesen: 23838# 915 @  
Gibt es "richtige"/"gute" Briefmarken und solche, die "eigentlich keine Briefmarken sind"? Ich spreche hier nicht von möglichen Fälschungen, sondern von Originalen.

Wenn man engagierten Philatelisten zuhört, hat man manchmal den Eindruck, es gäbe viele Briefmarken die -irgendwie- nicht "richtig" sind. Bei den Postmeistermarken der USA habe ich das schon gelegentlich gehört. Oder bei den Zemstvo-Marken von Russland. Es gibt Sammler, die anerkennen nur klassische Marken an, die von der staatlichen Postverwaltung herausgegeben wurden. Auch z.B. Postmeistermarken von Bermuda haben bei dieser engen Betrachtung keinen Platz.

Wir haben in diesem schönen Kapitel schon von vielen "richtigen" Briefmarken gesprochen, aber auch ein paar "Fälle" vorgestellt, die nicht von allen Sammlern als "vollwertig" anerkannt werden. Mit meiner heutigen "Präsentation" betrete ich wieder ein Feld, das nicht ganz eindeutig ist. Ich stelle Briefmarken vor, die wir im Michel Raritätenkatalog 2010 vergeblich suchen ("Wertvolle Briefmarken aus aller Welt")! Und das, obwohl diese Briefmarken in Michel-Katalogen USA zum Teil zu finden sind. Auch Senf 1912 (mein "Lieblings-Startpunkt" bei der Betrachtung der Entwicklung über die letzten 110 Jahre) hatte immerhin 73 dieser Marken im Katalog und bewertete sie mit bis zu 200 Mark!

(Zur Erinnerung: in diesem Katalog Senf waren 1912 101 Marken mit bewertet 750 Mark und mehr), vgl. [#2]

Diese Marken sind bei USA katalogisiert im "hinteren Teil" des Kataloges, weshalb sie gelegentlich in der Kategorie "Back-of-the-book" zusammengefasst werden. Hier finden wir u.a. auch die "Newspaper Stamps".

Ich schreibe ab, was zur Einführung im Scott-Katalog steht:

"For the prepayment of postage on bulk shipments of newspapers and periodicals. From 1875 on the stamps were affixed to memorandums of mailing, cancelled and retainedby the post office. Discontinued on July 1, 1898"

Übersetzung deepl:

"Für die Vorauszahlung des Portos für Massensendungen von Zeitungen und Zeitschriften. Ab 1875 wurden die Marken auf Versandscheinen aufgeklebt, entwertet und von der Post einbehalten. Ausgelaufen am 1. Juli 1898".

Gemäss Scott kamen 1865-1895 so eine ganze Reihe von meist sehr schön gestalteten Briefmarken heraus, Scott katalogisiert sie mit dem Vorzeichen PR. Wir zählen so immerhin 125 verschiedene Werte (PR1 - PR125), gemäss Katalog Scott 2000

In den USA sind diese Briefmarken schon lange ziemlich beliebt.

So richtig aufmerksam wurde ich auf sie, als ich folgenden schönen Auktionskatalog in die Hände bekam:



Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.11.2023 19:12:36 Gelesen: 23826# 916 @  
@ Heinz 7 [#915]

Die 5 Marken auf der Titelseite haben einen beeindruckenden Hintergrund:

1) Nominale US$ 1.92. = Los 71 = 1875, Cat. Scott PR48, Cat. $ 22'500
2) Nominale US$ 3 = Los 72 = 1875, Cat. Scott PR49, Cat. $ 45'000
3) Nominale US$ 6 = Los 73 = 1875, Cat. Scott PR50, Cat. $ 80'000
4) Nominale US$ 0.60 = Los 118 = 1894, Cat. Scott PR98, Cat. $ 40'000
5) Nominale US$ 6 = Los 119 = 1894, Cat. Scott PR101, Cat. $ 50'000

ein Vergleich mit meinem Katalog Scott 2000 zeigt also markante Steigerungen

Scott 2000:
Cat. Scott PR48, Cat. $ 9'000
Cat. Scott PR49, Cat. $ 17'500
Cat. Scott PR50, Cat. $ 22'500
Cat. Scott PR98, Cat. $ 11'000
Cat. Scott PR101, Cat. $ 19'000

Das sind alles recht stolze Preise. Das Studium des Kataloges zeigte mir dann, dass die Marken auch sehr selten sind

alle Angaben gemäss Siegel-Katalog 1.3.2022

Cat. Scott PR48, "only 41 were sold"
Cat. Scott PR49, "only 20 were sold, and only six are contained in our Census"
Cat. Scott PR50, "only 14 were sold, and only seven have been certified as genuine"
Cat. Scott PR98, "only 19 unused examples are available to collectors"
Cat. Scott PR101, "only 13 unused examples are available to collectors"

Obwohl also die Stückzahlen tief sind, zeugen die Katalogpreise doch davon, dass die Sammler auch bereit sind, hohe Preise zu bezahlen, also muss doch eine starke Nachfrage nach den Stücken sein. Scott richtet nach meinen Erfahrungen die Katalogwerte ziemlich konsequent an den tatsächlich erzielten Ergebnissen aus.

Die Marken sind graphisch sehr schön gestaltet:



Die Marken sind also bei uns vielleicht nicht berühmt, aber doch offenbar sehr wertvoll.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.11.2023 19:24:32 Gelesen: 23823# 917 @  
@ Heinz 7 [#915]

Bei meinen Nachforschungen habe ich sogar noch weit teurere Briefmarken entdeckt!

Scott PR 51 ist eine Marke mit Nominale US$ 9.00, Farbe gelb. Sie war im Scott 2000 bewertet mit gar US$ 37'500. Diese Briefmarke wurde im Jahr 2016 bei Siegel verkauft.



Die Marke hatte damals einen Katalogwert von (Achtung!) US$ 250'000, und als Ergebnis werden sogar US$ 310'000 erwähnt.

Offenbar gibt es nur ein (!) Exemplar dieser Marke, wie im Auktionskatalog nachzulesen ist.

"EXTREMELY FINE. THIS STAMP IS THE ONLY RECORDED EXAMPLE OF THE $9.00 1875 CONTINENTAL NEWSPAPER SPECIAL PRINTING. THE HIGHLIGHT OF THE INMAN NEWSPAPERS & PERIODICALS COLLECTION AND ONE OF THE RAREST OF ALL UNITED STATES STAMPS."

DeepL:

"EXTREM FEIN. DIESE BRIEFMARKE IST DAS EINZIGE AUFGEZEICHNETE EXEMPLAR DER 9,00 $ 1875 CONTINENTAL NEWSPAPER SONDERDRUCK. DER HÖHEPUNKT DER INMAN ZEITUNGEN & ZEITSCHRIFTEN SAMMLUNG UND EINE DER SELTENSTEN ALLER UNITED STATES BRIEFMARKEN."

US$ 310'000 des Jahres 2016 - das hätte ich nun wirklich nicht erwartet.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.11.2023 19:33:22 Gelesen: 23814# 918 @  
@ Heinz 7 [#915]
@ Heinz 7 [#917]

Und das Ergebnis 2016 war offenbar kein Einzelfall.

Wir finden zur Scott Nr. PR54: Nominale = US$ 36



Diese Marke ist ähnlich selten wie die PR51, nämlich... das einzig bekannte Stück!

Das widerspiegelt auch der Katalogwert: US$ 250'000 (Jahr 2018). An einer Siegel-Auktion 2018 wurde dieses Stück zu US$ 335'000 verkauft. Ich meine, es ist der "Hammer-Preis", dazu kommt dann noch die Provision...

Auktionslos-Beschreibung

FINE APPEARANCE. THE ONLY RECORDED EXAMPLE OF THE $36.00 1875 NEWSPAPER SPECIAL PRINTING, OF WHICH ONLY TWO WERE SOLD. THIS IS WITHOUT QUESTION ONE OF THE MOST IMPORTANT OF ALL SPECIAL PRINTINGS, AND ONE OF THE MOST OUTSTANDING NEWSPAPERS AND PERIODICALS ITEMS IN EXISTENCE.

DeepL:

SCHÖNES AUSSEHEN. DAS EINZIGE AUFGEZEICHNETE EXEMPLAR DES 36,00 $ TEUREN ZEITUNGSSONDERDRUCKS VON 1875, VON DEM NUR ZWEI STÜCK VERKAUFT WURDEN. DIES IST OHNE FRAGE EINE DER WICHTIGSTEN ALLER SONDERDRUCKE, UND EINE DER HERAUSRAGENDSTEN ZEITUNGEN UND ZEITSCHRIFTEN ARTIKEL IN EXISTENZ.

Ich bin beeindruckt! Ich denke, Sie werden mir beistimmen, dass wir diese Marken in unserem schönen Thema durchaus mit-berücksichtigen dürfen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.11.2023 20:01:38 Gelesen: 23804# 919 @  
@ Heinz 7 [#915]

Zum Abschluss dieses Themas nun noch der Spitzenwert.

Bereits im Katalog Scott sah ich, dass es sogar eine Marke mit Nominale US$ 60 gab. Die Marke zeigt ein indianisches Mädchen, und ist katalogisiert als PR32 (US$ 2'100 = Jahr 2000), PR56 (unbewertet), PR79 (US$ 650 = Jahr 2000).



Hier ist die Ausgabe von 1875, Normaldruck auf dünnem, hartem Papier (Scott PR32)

Besonders die "Special Printing of the 1875 issue" durch Continental Bank Note Co. sind selten bis extrem selten (PR33 - PR56). Beispiele habe ich oben gezeigt.

Eine Marke PR56 konnte Siegel offenbar noch nie anbieten.

Aber eine PR 53: Nominale US$ 24.00



Auch diese Marke ist so selten wie diejenige mit Nominale US$ 36.00: 2 Stück verkauft, heute noch 1 Stück bekannt

VERY FINE. THE ONLY RECORDED EXAMPLE OF THE $24.00 1875 NEWSPAPER SPECIAL PRINTING, OF WHICH ONLY TWO WERE SOLD. THIS IS WITHOUT QUESTION ONE OF THE MOST IMPORTANT OF ALL SPECIAL PRINTINGS, AND ONE OF THE MOST OUTSTANDING NEWSPAPERS AND PERIODICALS ITEMS IN EXISTENCE. OFFERED TO THE MARKET FOR THE FIRST TIME IN ALMOST FOUR DECADES

DeepL:

SEHR SCHÖN. DAS EINZIGE AUFGEZEICHNETE EXEMPLAR DES 24,00 $ TEUREN ZEITUNGSSONDERDRUCKS VON 1875, VON DEM NUR ZWEI STÜCK VERKAUFT WURDEN. DIES IST OHNE FRAGE EINE DER WICHTIGSTEN ALLER SONDERDRUCKE UND EINES DER HERAUSRAGENDSTEN ZEITUNGEN UND ZEITSCHRIFTENSTÜCKE, DIE ES GIBT. ZUM ERSTEN MAL SEIT FAST VIER JAHRZEHNTEN WIEDER AUF DEM MARKT ANGEBOTEN

Das Ergebnis ist astronomisch. Auktion 2014, damals Katalogwert US$ 150'000, Zuschlag offenbar erst bei US$ 430'000.

Diese Marke war auch in der Sammlung von Josiah Lilly, die 1967-1968 auf den Markt kam. Los 710 der 7. Lilly-Auktion war die oben gezeigte Marke, sie kostete damals schon US$ 3'200. Der US-Dollar 1968 war natürlich noch ein ganz anderer Wert, als heute.

Fazit: die Zeitungsmarken der USA haben einige extrem seltene, extrem teure Marken unter sich. In den letzten 10 Jahren gab es mindestens drei Verkäufe von solchen Marken mit Zuschlägen von über US$ 200'000.

Heinz
 
10Parale Am: 06.12.2023 17:01:37 Gelesen: 21261# 920 @  
@ Heinz 7 [#919]

Wunderschöne Marken. Ich hoffe im Laufe der Jahrzehnte kommen in diesen Beitrag immer mehr Marken, die heute vielleicht noch ohne große Bedeutung in den Alben der Sammler schlummern.

Heute fand ich in einer Stöberkiste diese Ganzsache aus der Schweiz, eine PTT Bildpostkarte als Ganzsache zu 50 Rappen mit Zusatzfrankatur (Zumstein 493 NABA 1971) vom 22.6.1990.

Interessant ist das Bild auf der Rückseite, welches einen eingeschriebenen Brief von Zürich nach Solothurn zeigt, vermutlich eine höhere Gewichtsklasse mit 4 x 10 Rappen Marken Rayon II gelb und wunderschönen Abschlägen von Zürich 22. Juin 52 und Rahmen "RECOMMANDIRT" beides in Rot.

Bestimmt gehört dieses Einschreiben auch zu den berühmtesten Briefen der Welt, wer weiß mehr?

Ich freue mich deshalb so sehr, weil ich kürzlich ein schönes ungebrauchtes DUFOUR Album erworben habe von der Tempo AG Biel (etliche Jahre alt), wo das Hardcover mit einer gelben 10 Rappen Marke verziert wurde.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 04.01.2024 00:29:27 Gelesen: 16379# 921 @  
@ Heinz 7 [#869]

Wir haben bereits einige Raritäten der Confederate States of America hier besprochen. Heute entdeckte ich zum ersten Mal einen Brief mit einer Marke von Oakway. Ich habe sie im Scott Katalog 2000 gefunden, hier ist sie klassifiziert als no. 115X1.



Es ist eine sehr einfach hergestellte Briefmarke!

Im Katalog Scott lese ich, dass von dieser Briefmarke nur zwei Stück bekannt sind/waren (Stand 2000)! Angeboten wurde die Marke 1997 beim US-Auktionshaus Robert A. Siegel (Los 467). Auch im Auktionskatalog 1997 ist zu lesen, dass nur zwei Briefe dieser Marke bekannt sind! 1907 sei die Marke entdeckt worden, und sie wurde ebenfalls vom "Briefmarkenkönig" Ferrary gekauft. Tatsächlich finden wir im Auktionskatalog der vierten Ferrary-Auktion (14.-16.6.1922) diesen Brief angeboten; aber nicht in einem Einzellos, sondern einem Sammellos. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Marke im Lostext beschrieben wurde!

75 Jahre später (1997) war die Briefmarke im Scott-Katalog zwar erwähnt, aber ohne Preis. In der beeindruckenden International Large Gold-Sammlung von John Birkinbine II. war dieser Brief von 1861 enthalten, Los 457.

Gemäss Ergebnisliste erzielte die Seltenheit immerhin einen Hammer-Preis von US$ 60'000, dazu kam ein Aufgeld von 10 %. Der Käufer bezahlte also US$ 66'000, und dieser Preis wurde von Scott dann auch übernommen als Katalogwert. Scott vermerkte im Katalog 2000, dass dieser Preis 1997 an einer Auktion erzielt wurde. Nun wissen wir, dass es Sale 795 vom 28./29.10.1997 von Siegel war.

Erivan Haub hat diesen Brief nicht gekauft, jedenfalls war er nicht in der phantastischen Sammlung des grossen US/CSA-Postmasters-Spezialisten. Hat er die Auktion verpasst? Bei ähnlichen Stücke hat Erivan Haub sehr oft mitgeboten und meist hatten die Gegenbieter dann das Nachsehen.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 04.01.2024 09:54:57 Gelesen: 16329# 922 @  
@ Heinz 7 [#921]

Bei Siegel wurde dieser Brief zwischen 1982 und 2012 dreimal versteigert. Die Ergebnisse waren recht unterschiedlich:

- 26.4.1982 Zuschlag 9.000 Dollar
- 27.-29.10.1997 Zuschlag 60.000 Dollar
- 28.3.2012 Zuschlag 52.000 Dollar

Auch der zweite Brief wurde bei Siegel versteigert:

- 24.6.2014 Zuschlag 32.000 Dollar

Bei den Beschreibungen von Siegel findet man auch interessante Informationen.

Der Ort hatte 1861 nur 200 Einwohner und es gab auch keinen eigenen Stempel. Der Postmeister hat die Angaben auf dem Brief handschriftlich aufgebracht.

Da stellt man sich die Frage warum man sich damals die Mühe machte bei so einem kleine Ort extra Zettel mit Wertangabe machte, die man aufkleben musste, obwohl man den Rest alles handschriftlich auf den Brief schrieb.

https://siegelauctions.com/power-search/result?Level1ID=3&AreaID=6&SubAreaID=6&SaleNumber=&IgnoreOtherCriteria=false&SaleDateStart=1930-01-01&RegionID=4&CategoryName=&CatalogTypeID=&CatalogNumberEqualContains=1&Keyword=&GradeGreaterEqual=1&CatalogNumber=115x1&SortName=SaleNumber&SortOrder=-1

Bei Siegels power search für Marken findet man immer schöne Zusatzinformationen.

@ Heinz 7 [#915]
@ Heinz 7 [#916]
@ Heinz 7 [#917]
@ Heinz 7 [#918]
@ Heinz 7 [#919]

Noch etwas zu den oben gezeigten Zeitungsmarken. Die Sonderdrucke / special printings von frühen US-Marken wurden in der Regel für Sammler angefertigt und waren nicht für den allgemeinen Gebrauch gedacht. Sie sind vermutlich (vermutlich die Zeitungsmarken nicht) aber wie die meisten US-Marken immer noch gültig. Manch einer würde diese Stücke als Neudrucke bezeichnen. Dies ist ja auch der Fall von Deutschen Reich MiNr. 37 a ND und den ersten Neudrucken von Preussen, die zum Zeitpunkt der Ausgabe noch postgültig waren.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 04.01.2024 10:24:11 Gelesen: 16321# 923 @  
@ Martin de Matin [#922]

Vielen Dank für diese wertvollen Ergänzungen.

Ja, die Siegel-Internet-Seiten sind eine reiche Quelle der philatelistischen Information! Da hält wohl kein anderes Auktionshaus mit. Auch viele Siegel-Kataloge sind herrlich informativ. Der genannte Sale 795 gibt eine super-Info zum historischen Ablauf der Sezession im Amerikanischen Bürgerkrieg.

Den Link, den Du uns schickst, habe ich angewählt, da sieht man den zweiten Brief. Er ist fast identisch zum obigen Brief, nur die Schrift ist klarer. Der andere Brief wurde rund drei Wochen später geschrieben. Die Ähnlichkeit der Briefe ist bemerkenswert. Beim Oktober-Brief war die Entwertung (handschriftlich "paid") neben der Marke, beim September Brief (Beitrag 921) wurde der Vermerk teilweise über die Marke geschrieben.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 04.01.2024 14:17:12 Gelesen: 16269# 924 @  
@ Heinz 7 [#781]
@ Heinz 7 [#782]
@ Heinz 7 [#783]
@ Heinz 7 [#784]
@ Martin de Matin [#785]
@ Martin de Matin [#787]

Wir haben den Fiji-Farbfehldruck von 1881 früher bereits ausführlich besprochen, und auch im Thema "Farbfehldrucke" habe ich einige Informationen gegeben, darum jetzt nur kurz:

Die Marke wurde 1996 letztmals versteigert (siehe 784), sie wurde gekauft von Barry K. Schwartz, dessen Sammlung nun Ende 2023 verkauft wurde.



1996 kostete sie offenbar US$ 32'500 + 10 % Aufgeld

nun erreichte sie ein Ergebnis von US$ 80'000 + 18 % Aufgeld.

Wenn solche Marken lange nicht mehr auf dem Markt sind (immerhin 27 Jahre), "friert" der Katalogwert der Marke oft ein. So lag dieser 2023 offenbar "nur" bei US$ 40'000, obwohl ein US-Dollar 1996 natürlich einiges mehr Wert hatte als ein US-Dollar 2023.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.02.2024 19:02:47 Gelesen: 7861# 925 @  
@ Heinz 7 [#917]

Als ich 2016 in New York war, habe ich auch einen Auktionskatalog mit nach Hause gebracht aus dem Hause Siegel. Es ist doch tatsächlich die Auktion von Grant Inman: USA Newspapers & Periodicals. Ich habe oben geschrieben, dass an dieser Auktion eine Briefmarke zum Verkauf kam, die es heute nur noch einmal gibt! Die orange Marke PR51 - $ 9.00 Yellow orange, Special Printing!

Das oben gezeigte Stück ist Los 2552, auf Seite 32+33 des Kataloges.

Es war nicht das einzige "Superstück" an dieser Auktion. Gleich das nächste Los, 2553, war ähnlich selten, es ist die blaugrüne Marke zu $ 12.

Auf Seite 34+35 des Siegel Kataloges (Sale 1131) lesen wir, dass es von dieser Marke heute offenbar nur noch zwei Stück gibt.



Der Katalogpreis damals lag bei US$ 125'000. Der Zuschlagpreis lag sogar bei US$ 150'000.

Diese Briefmarken sind graphisch alle sehr schön gestaltet.

Heinz,
 
10Parale Am: 23.02.2024 20:43:42 Gelesen: 5953# 926 @  
@ Heinz 7 [#925]

Wow, das ist ein Superstück!

Als ich heute die neueste Ausgabe der SBZ (Schweizer Briefmarken Zeitung) in der Hand hielt, traute ich meinen Augen nicht!

Auf Seite 9 die Schlagzeile: "Nach 123 Jahren wieder im Handel".

Ein alter Brief aus Bakeu mit einer rundgeschnittenen 27 Parale (Rumänien Nr. 1), geprüft Pfenninger, ist als Dachbodenbond wieder aufgetaucht und jetzt im Handel erhältlich. Anbieter ist R & J STAMP [1] in der Schweiz. Wer verbirgt sich hinter der Firma. Auf der Homepage fand ich einen Auktionskatalog mit einer Auktion vom Januar 2024.

Der Brief ist bei Fritz Heimbüchler in seinen großen Werken (S.266) notiert.

Liebe Grüße

10Parale

[1] http://www.rj-stamp.ch
 
Heinz 7 Am: 03.03.2024 21:41:12 Gelesen: 4306# 927 @  
@ 10Parale [#926]

Wir haben selten die Möglichkeit einer wichtigen Entdeckung!



Tatsächlich kennt die philatelistisch interessierte Öffentlichkeit meines Wissens diesen Brief 26.10.1858 Bakeu nur aus dem Handbuch Heimbüchler. Ich hatte das ausserordentliche Privileg, dass ich am 12. Dezember 2023 das Original besichtigen durfte!

Ich habe nicht schlecht gestaunt, als mir das gute Stück vor knapp 3 Monaten vorgelegt wurde. Ich habe es natürlich sorgfältig betrachtet, und ich war beeindruckt von der guten Farbe der Marke. Der Stempel ist etwas schwach abgeschlagen, aber das Stück scheint mir tadellos und einwandfrei. Als Stempeldatum lese ich "10 / 10" (und nicht "26 /10"), aber ganz sicher bin ich mir nicht; ich konnte den Brief nur ansehen, ohne Hilfsmittel. Auf der Rückseite ist aber ein anderer, typischer Zweikreis-Stempel "JASSY MOLDOVA 12 / 10" (M1, fig. 279 Dragomir); das passt! Unten, in der Ecke, sehen wir den Vermerk des Prüfers "Richter".

Ich habe dem Philatelisten, der mir das Stück vorlegte, gesagt, wie gut das Stück ist und habe auf die Registrierung im Handbuch Heimbüchler 1994 hingewiesen. Er war natürlich sehr erfreut. In der SBZ 3/2024, Seite 9, steht, das Stück sei Seite 266 abgebildet. Ich habe korrekt geschrieben, das Stück wurde bei Heimbüchler 1994 auf den Seite 268/269 dokumentiert.

Nun hat die Firma R&J-stamp den Brief abgebildet, und wird ihn wohl bald auf dem Markt anbieten. Bessere Werbung für eine neue Briefmarkenfirma (?) kann es wohl kaum geben.

Es war für mich ein seltenes, schönes Erlebnis.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.03.2024 11:56:39 Gelesen: 2094# 928 @  
@ 10Parale [#503]

Vor 4 Jahren zeigte uns 10 Parale einen Neunerblock der Penny Black.

Diese Marke ist zwar nicht selten, in grösseren Einheiten aber zum Teil doch äusserst begehrt und auch oft erstaunlich teuer. Wir kennen eine ganze Reihe von sechsstelligen Ergebnissen dieser Marke (CHF oder Euro), je nach Grösse und Druckplatte.

Den Rekordpreis hält meines Wissens noch immer der 18er+6er Block der Platte 1b. (Ein ursprünglicher 24er-Block wurde aufgeteilt auf zwei Lose: 18er-Block und 6er-Streifen), siehe [#500]. Eine runde Million US-Dollar war der Zuschlag 2007, dazu kam das Aufgeld von 15%.

Wertmässig um ca. Faktor 10 "kleiner" ist der abgebildete Neunerblock der Platte 4.



Ein Ausruf von Euro 100'000 steht im Katalog zur 57. Auktion von Gärtner (Katalog 2), also definitiv ebenfalls nicht ein Stück, das sich viele Sammler leisten können.

Leider finde ich keine Ergebnisliste zur 57. Auktion Gärtner vom 17.10.2023 und kann nicht nachsehen, ob das gute Stück "ex Lord Steinberg collection" verkauft wurde.

Heinz
 
Dobe Am: 17.03.2024 11:59:53 Gelesen: 2093# 929 @  
@ Heinz 7 [#928]

Lieber Heinz,

das kann ich dir leider nicht beantworten. Aber eine etwas größere Einheit wurde letzte Woche bei Burda für 308.163 € zzgl. 21 % Auktionsgebühr versteigert.

Los 529 Grossbritannien 1840 1d schwarz

Beschreibung:

1840 SG.2, PENNY BLACK black, unused mint vertical block of twelve (I) with full original gum (!), printing plate 5, letters H-G to K-I; wide margins on three sides, sligtly cut to margin on stamps HG and IG, original mint never hinged gum, only 3 stamps with hinge remnants (!), small horiz. bend and small tearing without detracting extremely attractive appearance of this scarce multiple, catalogue value at least £400.000, one of the largest mint multiples, extraordinary item for investors and advanced collectors!

Automatisch generierte Übersetzung:

1840 SG. 2, Black Penny schwarz, ungebraucht senkrecht Zwölferblock (I) mit vollem Originalgummi (!) Druckplatte 5, Buchstaben H-G zu K-I; breit gerandet auf drei Seiten, sligtly Vortrennschnitt begrenzen auf Briefmarken HG und IG, original postfrisch Gummi, nur 3 Briefmarken mit Falzresten (!) kleines waagrechter Knick und kleines losreißend ohne entziehend äußerst attraktive Erscheinung von dieser seltenen Einheit, Katalogwert mindestens £400,000, ein der grössten ungebraucht Einheiten, außerordentlicher Posten für Investoren und fortgeschrittene Sammler!



Liebe Grüße

Michael
 
Heinz 7 Am: 17.03.2024 14:51:06 Gelesen: 2044# 930 @  
@ Dobe [#929]

Danke, Michael, für den Hinweis auf dieses bemerkenswerte Resultat!

Ich habe im Moment keinen Zugriff auf meine "grosse Bibliothek" und muss auskommen mit meiner "kleinen Handbibliothek" (auch sie umfasst ca. 800 Werke), darum kann ich im Moment nicht nachsehen, wann das Handelshaus Zumstein die Bewertung der "Waadt 4" auf Brief unter die Bewertung einer Einzelfrankatur einer Doppelgenf setzte. Ich vermute, dies war schon vor ca 100 Jahren so. Seit langer Zeit, jedenfalls, ist die Doppelgenf auf Brief (1843) deutlich höher in den Katalogen, als die erste Bundesmarke auf Brief (1848).

Im SBK 2020 (Katalog des Schweizer Briefmarken-Händler Verbandes) finden wir folgende Notierungen:

Doppelgenf: (*) CHF 100'000, Brief: CHF 100'000
Waadt 4: (*) CHF 75'000, Brief: CHF 58'000

Ich sage nicht, dass die Preise für die Doppelgenf irgendwann falsch bestimmt wurden - die Marke erzielte ungebraucht und auf Brief oft erstaunlich hohe Resultate! - aber ich bin der Meinung, dass eine Waadt 4 ungebraucht oder auf Brief ihrer 5 Jahre älteren "Schwester" mindestens ebenbürtig wenn nicht sogar eindeutig vorzuziehen ist - beide Varianten sind äusserst selten und fehlen in vielen Sammlungen, auch ganz grossen. Es ist wohl so, dass die Waadt 4 einfach "zu wenig" richtig hohe Verkaufsergebnisse erzielte, um mit der Doppelgenf gleichgesetzt zu werden. Irgendwann gewöhnten sich die Sammler an die ungleichen Bewertungen in den Katalogen und hielten sie auch für richtig.

Bei Senf 1912 war dies noch anders! Wir haben schon früh gesehen, dass die Waadt 4 deutlich höher bewertet wurde:

Seite 998: Doppelgenf ungebraucht: Mark 1600, Bundespost 1849, 4 Cents: Mark 2500

Paul Kohl sah dies genau so: im Briefmarken-Handbuch, 10. Auflage, 1915, finden wir auf Seite 1228 und 1231 für ungebraucht exakt dieselben Notierungen!

In den letzten Jahren wurden die sehr hohen Katalog-Notierungen für die Doppelgenf an Auktionen nur noch selten bestätigt. Die Preise für die Waadt 4 */Brief hingegen liegen in der Regel doch ziemlich hoch.

Bei Derichs Köln wurde am 4.11.2023 eine sehr seltene Einzelfrankatur der 4 Waadt angeboten, für tiefe Euro 10'000 Ausruf.



Es gab immerhin genug Aufmerksamkeit für diese Seltenheit, so dass sie doch auf einen Zuschlag von Euro 22'000 hochgesteigert wurde (+ 24 % Provision = Euro 27'280). Das sind bei einem Katalogwert von Euro 40'000 (Michel) doch immerhin 68%.

Viele Marktpreise für klassische Briefmarken sind heute weit weg von diesem Prozentsatz.

Auch die Relationen CHF / Euro stimmen heutzutage oft nicht mehr überein in den Katalogpreisen. Früher, als 1 Euro = CHF 1.60 galt, waren viele Katalogpreise vergleichbar, aber die Wertverhältnisse der Währungen haben sich drastisch geändert und heute gilt CHF > Euro.

Preisfindungen in der Philatlie sind oft schwierig.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 17.03.2024 18:05:30 Gelesen: 1993# 931 @  
@ Heinz 7 [#928]

Die Einheit von Gärtner wurde vermutlich nicht verkauft, da diese bei der 58. Auktion von Gärtner für 80.000 Euro als Los 2742 angeboten und auch nicht verkauft wurde. Sie wurde bei Gärtner als grösste Einheit der Platte 4 beschrieben.

"Beschreibung:
1840 1d. black, Plate 4, BLOCK OF NINE (GI/IK), mounted mint with almost full original gum, large margins, exceptional colour, lightly toned at the left, HI has a small natural paper impurity, still fine. AN IMPRESSIVE MINT BLOCK. ONE OF THE LARGEST MULTIPLES OF THIS PLATE. Two B.P.A. certificates (1956 and 1996) (Ex-Lord Steinberg collection)."

1840 1d. schwarz, Platte 4, NEUNER BLOCK (GI/IK), postfrisch mit fast vollem Originalgummi, große Ränder, außergewöhnliche Farbe, leicht getönt auf der linken Seite, HI hat eine kleine natürliche Papierunreinheit, noch gut. EIN BEEINDRUCKENDER POSTFRISCHER BLOCK. EINES DER GRÖSSTEN MULTIPLES DIESER PLATTE. Zwei B.P.A. Zertifikate (1956 und 1996) (Ex-Lord Steinberg Sammlung).

Bei dieser Auktion gab weitere ungebrauchte Einheiten die alle nicht verkauft wurden.

Los 2741 Randviererblock der Platte 2 ohne Gummi für 30.000Euro.

Beschreibung:
1840 1d. grey-black, Plate 2, MARGINAL BLOCK OF FOUR (IA/JB) from the left of the sheet, part of marginal inscription '(towar)ds the RIGHT HAND SIDE of the Letter', unused no gum, clear to large margins except JB touched at the lower right corner, tiny split in the top margin well outside the frame line, the upper pair has a light diagonal crease, still fresh and attractive. A RARE MARGINAL UNUSED MULTIPLE WITH A FINE PROVENANCE (Ex-Lord Steinberg collection).

1840 1d. grey-black, Plate 2, MARGINAL BLOCK OF FOUR (IA/JB) from the left of the sheet, part of marginal inscription '(towar)ds the RIGHT HAND SIDE of the Letter', unused no gum, clear to large margins except JB touched at the lower right corner, tiny split in the top margin well outside the frame line, the upper pair has a light diagonal crease, still fresh and attractive. A RARE MARGINAL UNUSED MULTIPLE WITH A FINE PROVENANCE (Ex-Lord Steinberg collection).



Los 2743 Randsechserblock der Platte 8 für 60.000 Euro.

Beschreibung:
1840 1d. black, Plate 8, horizontal MARGINAL BLOCK OF SIX from the top of the sheet (AC/BE), part of marginal inscription 'of 12. £1 ... Per Sheet. Place the Labels ABOVE the', mounted mint with FULL ORIGINAL GUM, good colour, clear impression, large margins apart from AE very close and BE touched, creasing through AC/BC otherwise fine. A FRESH AND VERY RARE MARGINAL MULTIPLE OF THIS PLATE (Ex-Lord Steinberg collection).

1840 1d. schwarz, Platte 8, waagerechter SECHSENBLOCK vom oberen Rand des Blattes (AC/BE), Teil der Randinschrift "of 12. £1 ... Pro Blatt. Legen Sie die Etiketten ÜBER dem', montiert postfrisch mit FULL ORIGINAL GUM, gute Farbe, klarer Druck, große Ränder abgesehen von AE sehr eng und BE berührt, Faltenbildung durch AC/BC sonst gut. Ein frisches und sehr seltenes MARGINALES MEHRFACH VON DIESER PLATTE (Ex-Lord Steinberg Sammlung).



Los 2744 Neunererblock der Platte 8 für 40.000 Euro.

Beschreibung:
1840 1d. black, Plate 8, BLOCK OF NINE (NJ/PL), mounted mint with almost full original gum, good to large margins three sides, parts of three adjoining stamps, cut-into at the left, some gum toning, NL stained, OJ, OL, PJ and PL little surface defects, variously creased. THOUGHT TO BE THE LARGEST MULTIPLE OF THIS PLATE IN PRIVATE OWNERSHIP. B.P.A. certificate 1996 (Ex-Lord Steinberg collection).

1840 1d. schwarz, Platte 8, NEUNER BLOCK (NJ/PL), postfrisch montiert mit fast vollem Originalgummi, dreiseitig gut bis breitrandig, Teile von drei nebeneinanderliegenden Marken, links angeschnitten, etwas gummigetönt, NL fleckig, OJ, OL, PJ und PL kleine Oberflächendefekte, unterschiedlich knittrig. ES HANDELT SICH VERMUTLICH UM DAS GRÖSSTE MULTIPLE DIESER PLATTE IN PRIVATBESITZ. B.P.A.-Zertifikat 1996 (Ex-Lord Steinberg Sammlung).



Ich fand die Ausrufpreise schon für überhöht, da es doch einige ungebrauchte Einheiten dieser Marke gibt; somit wunderte ich mich nicht, das sie nicht verkauft wurde.

Vielleicht erbarmt sich ein Leser des Forums und kauft sie jetzt, da sie noch bis zum 7.4.24 im Nachverkauf erhältlich sind.

https://www.philasearch.com/de/tree_COSUBGRP-20200/Grossbritannien.html?set_sprache=de&set_anbieter=9081&set_auktionnr=10063&postype=PH&breadcrumbId=1710693297.0605

Gruss
Martin
 
  Antworten    zurück Suche    Druckansicht  
 
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.