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Thema: Farbfehldrucke
Das Thema hat 43 Beiträge:
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Heinz 7 Am: 05.01.2018 23:54:06 Gelesen: 19529# 1 @  
Ein Farbfehldruck entstand, wenn die Post in der Absicht, eine bestimmte Briefmarke in einer bestimmten Farbe zu drucken, VERSEHENTLICH eine falsche Farbe verwendete oder sonstwie eine Marke in einer unbeabsichtigten Farbe herstellte.

Fall I: Eine Marke sollte blau erstellt werden, der Drucker verwendete aber grüne Farbe. Resultat: der ganze Bogen (z.B. 100 Marken) ist grün, statt blau. => Eine solche Fehlleistung wird in der Regel sofort bemerkt und die Marke wird eine funktionierende Kontrolle wohl nicht überstehen, sondern als Druckausschuss ausgeschieden und vernichtet.

Fall II: Eine Marke mit der Nominale 5 sollte blau erstellt werden. Bei den Vorbereitungsarbeiten aber läuft etwas schief.

Beispiel gefällig?



1895-1898 produzierte die Postverwaltung von Rumänien neue Werte zur 14. Ausgabe von Rumänien (der "Ährenausgabe" = Marken mit Abbildungen von König Karl I., an den Rändern haben die drei wertkleinsten Marken der Serie Ähren, darum ihr Name). Gemäss Spezialkatalog CMPR '74 wurden 10 verschiedene Werte auf weissem Papier mit Wasserzeichen IV (= "PR") hergestellt (1895-1898), welche die Nummern CMPR 99c - 108c erhielten. Unter anderem wurden die Werte zu 25 Bani hergestellt in der Farbe violett (= CMPR 105c) und zu 5 Bani in der Farbe blau (= CMPR 102c).

Wir sehen hier einen grossen Teilbogen zu 60 Marken der CMPR 102c, gedruckt im November 1897. Es fällt auf, dass die Zähnung nicht ideal ist, und alle 60 Marken sind darum "dezentriert". Das kam recht oft vor und ist somit nichts wirklich Aussergewöhnliches.

So weit, so gut.

Ja - wirklich?

Zählen Sie die Marken doch einmal durch, 5 Bani, 5 Bani, 5 Bani, und so weiter. Die ersten 27 Marken sind alles 5 Bani-Marken.

"Na klar!" wird manch ein Ungeduldiger ausrufen, "es ist ja ein Bogen der CMPR 102c!"

So? Der Ungeduldige hat zwar recht, aber ... betrachten Sie einmal die 28. Marke. Was sehen wir da? => Wir entdecken eine Marke 25 Bani blau!

Wie ist das möglich? - Die Erklärung ist einfach! Ein 25 Bani-Druckstöckel wurde versehentlich in den Druckplatte eingesetzt. In diesem Fall an der 28. Stelle des 150-er-Bogens.

Damit ergibt sich also, dass eine 25 Bani Marke NICHT violett ist, wie sie üblicherweise gedruckt wurde, SONDERN blau, wie die 5 Bani-Marken. Die 25 Bani-Marke ist also ein Farbfehldruck!

Man könnte also, streng genommen, auch von einem "Wertzeichenfehldruck" statt von einem "Farbfehldruck" sprechen. Aber weil sich ein Betrachter einer Marke wohl immer zuerst am Nominalwert der Marke orientiert, hat sich diese Bezeichnung "Farbfehldruck" eingebürgert.

Ich finde das faszinierend und natürlich lieben Briefmarkensammler solche Irrtümer. Da diese Marke aber ziemlich oft hergestellt wurde, ohne dass der Fehler bemerkt wurde, gibt es diese Abart doch einige Male und die Abart ist nicht besonders teuer. Klar ist aber, dass diese Marke viel mehr wert ist, wenn sie nicht einzeln/lose ist, sondern im Zusammenhang mit normalen 5 Bani-Marken. Dieser Farbfehldruck erhielt im CMPR '74 die Nummer 105cE.

Es gibt weltweit einige Farbfehldrucke. Einzelne von ihnen sind sehr selten und sehr teuer...

Viel Glück bei der Suche nach solch spektakulären Abarten!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.01.2018 00:33:02 Gelesen: 19470# 2 @  
Einer der ganz seltenen und ganz teuren Farbfehldrucke ist die Marke von Spanien, 1851.

Schon bei der zweiten Ausgabe von Spanien (Königin Isabella II mit Diadem im Oval; Michel Nr. 6-11) gab es einen Fehler.

In die Druckplatte der 6 Reales blau (Michel 10 w) wurde versehentlich ein Klischee der 2 Reales eingesetzt. Normalerweise wurde die 2 Reales (Michel 8 w) orangerot gedruckt. Im 6 Reales-Bogen wurde nun das Klischee mit Nominale 2 Reales ebenfalls blau eingefärbt.

Offenbar wurde der Fehler früh bemerkt, denn es sind bis heute nur ganz wenige dieses Farbfehldruckes bekannt geworden. (Man könnte, streng genommen, auch von einem "Wertzeichenfehldruck" statt von einem "Farbfehldruck" sprechen. Aber weil sich ein Betrachter einer Marke wohl immer zuerst am Nominalwert der Marke orientiert, hat sich diese Bezeichnung "Farbfehldruck" eingebürgert).

Von den heute bekannten drei Stück ist eines im Museum (British Library, Tapling Sammlung, siehe Beitrag 328 von Thema: "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt").

Eine weitere Marke hängt aber noch mit einer 6 Reales Marke zusammen, und ist darum besonders wertvoll!



Leider ist die Abbildung im Buch "Encyclopedia of rare and famous stamps; 2. The Biographies" von L.N. Williams von 1997 nur schwarz-weiss und der Stempel schwer, aber angeblich kann man die Bezeichungen lesen: obere Marke "DOS REALES", unter Marke "SEIS REALES".

Die Markeneinheit wurde schon teuer bezahlt und war ein Highlight u.a. der Sammlungen

- Ferrary,
- Arthur Hind und
- René Berlingin.

Gute Nacht!
Heinz
 
Heinz 7 Am: 21.11.2018 21:28:56 Gelesen: 18660# 3 @  
@ Heinz 7 [#2]

Im Thema "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken" haben wir bereits gesehen, dass viele der teuer bezahlten Briefmarken Farbfehldrucke sind. Dieses Thema "Farbfehldrucke" soll

a) auch NICHT teure Farbfehldrucke auflisten
b) Infos zu den Farbfehldrucken vertiefen

Den heute wohl berühmtesten Farbfehldruck - die Tre Skilling yellow von Schweden - haben wir bereits ausführlich besprochen. "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken", Beitrag 173+174.



Seit 1975 gilt die Marke definitiv als echt und nicht als eine Fälschung.

1978 wurde sie an einer Auktion in Deutschland angeboten (Edgar Mohrmann)
1984 wurde sie von David Feldman in Zürich verkauft
1990 wurde sie von David Feldman in Zürich verkauft
1996 wurde sie von David Feldman in Zürich verkauft

Im Auktionskatalog von DF (8. November 1996) wurde offengelegt, dass der Käufer von 1990 seine Zahlung(en) nicht beendet hatte und darum die Marke 6 Jahre später wieder angeboten wurde "... to secure the debt and charges." (siehe Seite 21).

Diese Marke wird an der Stockholmia 2019 ebenfalls gezeigt. Gemäss Thomas (Beitrag 174 in "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken") gehört sie heute dem Schweden Gustaf Douglas, dem "philatelic Head Patron" der Ausstellung 2019 in Stockholm. Gustaf Douglas ist natürlich Mitglied der Royal Phil. Society London (seit 2008). Seit dem Jahr seines Vortrag in der Royal (31.10.2013) ist er Fellow (2013). Er hat am Vortrag offengelegt, dass er im Jahr 2013 diese Marke gekauft habe.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.01.2020 23:17:30 Gelesen: 17778# 4 @  
@ Heinz 7 [#1]

Das schöne Thema Farbfehldrucke wurde an anderem Orte schon breit besprochen. Ich möchte hier anknüpfen. Ich bin sehr froh, einen weiteren, sehr seltenen Farbfehldruck aus meiner Sammlung zeigen zu können.

(Man könnte, genau genommen, auch von einem "Wertzeichenfehldruck" statt von einem "Farbfehldruck" sprechen. Aber weil sich ein Betrachter einer Marke wohl immer zuerst am Nominalwert der Marke orientiert, hat sich diese Bezeichnung "Farbfehldruck" eingebürgert).



1872 kam die 9. Briefmarkenausgabe heraus, zuerst als Pariser Buchdruck, dann als Bukarester Buchdruck von Pariser Platten und schliesslich als Bukarester Druck von Platten aus Bukarest.

Der Wert zu 5 Bani wurde in der Farbe olivgelb/olivbraun (Nuancen) gedruckt = Michel Nr. 44,
der Wert zu 10 Bani wurde in der Farbe blau (viele Nuancen) gedruckt = Michel Nr. 45.

Betrachtet bitte obiges Fragment. Leider ist der olivbraune Wert beschädigt und auch sonst sehen wir Markenmängel. Aber das interessiert uns nur am Rande. Denn betrachtet einmal die zweite Marke von oben.

Ja, sie ist blau. Aber sie hat keinen Nennwert von 10 (Bani), sondern von 5! Es ist also ein seltener Fehldruck. Er ist als Nummer 44 F katalogisiert (obwohl es ja eigentlich eine Abart ist der Grundmarke 45; siehe Erklärung oben in der Klammer).

Die Marke ist wirklich selten und wird kaum je angeboten. Man muss sie auch mit Mängeln akzeptieren, sonst wird die Suche ziemlich aussichtslos.

Im Katalog (Michel 2010) ist die Marke nur mit Euro 450 bewertet. Sie ist hiermit meines Erachtens unterbewertet.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.04.2020 22:31:34 Gelesen: 17504# 5 @  
@ Heinz 7 [#1]

Die Michel Nr. 5 F von Südafrika/Kap der Guten Hoffnung ist eine äusserst seltene Marke, bzw. ein Fehldruck. In eine Druckanordnung der 4 Pence Marke von 1861, welche im groben Holzschnitt ausgeführt wurde, verirrte sich ein Druckstöckel einer One Penny-Marke, welche in der Farbe der 4 Pence Marke, hellblau, eingefärbt wurde. So entstand eine hellblaue 1 Penny Marke.

Weil die Menschen meist zuerst auf die Wertstufe sehen und dann "1 Penny" entdecken, wurde die Marke als Abart der 1 Penny-Marke katalogisiert (5 F). Meiner Meinung wäre es eigentlich besser gewesen, die Marke als Abart der 4 Pence-Marke zu behandeln (also als 6 F), aber ich kann das nicht bestimmen, also muss ich mich dem allgemeinen Brauch fügen, die Marke als Abart der Grundmarke 5 zu sehen.

Ich habe diese Marke im Thema "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" ausführlich besprochen (siehe Beitrag 181). Dieser Fehldruck schaffte es in der Tabelle von Haas 1905 immerhin auf Platz 8 der seltensten (besten) Fehldrucke.



Der Fehldruck war gestempelt mit Euro 40'000 bewertet im Katalog Michel 2010. Im Paar mit einer "normalen" Marke (Michel Nr. 6) ist die Abart natürlich besonders spektakulär. Solch ein Paar wurde an einer Auktion in London vor knapp 20 Jahren verkauft (2001). Sie erzielte dort einen sehr hohen Preis.

Fortsetzung: siehe Thema: "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt"; aber vermutlich erst morgen...

Liebe Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 17.05.2020 19:28:24 Gelesen: 17356# 6 @  
@ Heinz 7 [#5]

Ich habe an anderem Orte schon von einem sehr seltenen Fehldruck berichtet:

Südafrika/Kap der Guten Hoffnung, 1861, sog. "Woodblocks" 1 Penny hellblau (statt rot), Michel Nr. 5 F

Es gibt aber noch ein "Gegenstück" dazu

Südafrika/Kap der Guten Hoffnung, 1861, sog. "Woodblocks" 4 Pence rot (statt blau), Michel Nr. 6 F

Besonders interessant sind natürlich Einheiten, wo ein Fehldruck mit Normalmarken zusammenhängt, wie z.B. bei diesem Stück



Hier hängt ein Fehldruck in einem Viererblock mit drei Normalmarken zusammen.

Diese "Woodblock"-Fehldrucke sind seit mehr als 100 Jahren weltberühmt. Schon 1905 listete Theodor Haas diese zwei Fehldrucke unter den wertvollsten Fehldrucken der Welt:

8. Platz = Kap der guten Hoffnung 1861, 1 P. blau, sogenannter Holzschnitt
13. Platz = Kap der guten Hoffnung 1861, 4 P. rot, sogenannter Holzschnitt

1912 wurden diese Fehldrucke wie folgt bewertet:
Gebrüder Senf
1 Penny blau 1500 Mark
4 Pence rot 2000 Mark

Leser des Themas "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" wissen, dass mit diesen Bewertungen die zwei Fehldrucke wirklich in der Spitzengruppe weltweit platziert sind. Und zwar seit über 100 Jahren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.02.2021 16:44:38 Gelesen: 16747# 7 @  
@ Heinz 7 [#3]

(Der folgende Beitrag passt voll zu zwei Themen auf Philaseiten: „Farbfehldrucke“ und „Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt“. Ich lege ihn darum in beiden Themen ab.)

Farbfehldrucke sind grundsätzlich unscheinbare Abarten. Es benötigt philatelistische Kenntnisse, um zu erkennen, dass eine Marke in falscher Farbe vorliegt. Sieht ein Laie z.B. zum ersten Mal eine Marke DOS REALES von Spanien 1851 in blau, wird ihn das nicht sonderlich beeindrucken. Erst, wenn der Betrachter weiss, dass eine DOS REALES Marke von Spanien 1851 eigentlich IMMER orangerot sein sollte, wird er sich wundern.



Nun fängt die Philatelie an.

Ein echter Farbfehldruck ist immer unabsichtlich entstanden. Es gibt viele Briefmarken, zu denen in der Entstehungsphase vorgängig versuchsweise Farbproben erstellt wurden. Oft sind solche Farbproben („Proofs“) sehr selten. Es sind aber keine offiziellen Briefmarken und sie kommen im Normalfall nicht in eine postalische Verwendung, das heisst, Farbproben (Proofs) sollten nie gestempelt oder auf Brief vorkommen.

Echte Farbfehldrucke entstanden hauptsächlich, wenn in eine Druckplatte mit vielen Einzelklischees versehentlich ein falscher Wert eingesetzt wurde, also z.B. in eine Druckplatte, die für die Herstellung einer 6 Reales-Marke zugerichtet wurde, wurde versehentlich statt einem 6 R – Klischee ein 2 R – Klischee eingesetzt. Streng genommen sollten wir also besser von einem Wertzeichenfehldruck sprechen, statt von einem Farbfehldruck, doch die Bezeichnung Farbfehldruck hat sich eingebürgert.

Es gibt in der Philatelie eine Reihe sehr seltener Farbfehldrucke. Mehrere von ihnen sind weltberühmt, und sehr, sehr teuer. Heute denken wir in erster Linie an den Schweden-Farbfehldruck 1855: TRE SKILL. Bco. gelb statt grün (Michel Nr. 1 F) (siehe oben, Beitrag 3) mit einem Katalogwert von Deutsche Mark 4‘000‘000 (!) (Katalog 2000/2001, hrsg. 2000) oder an den Baden-Farbfehldruck von 1851: 9 Kreuzer schwarz auf blaugrün statt auf rosalila, Michel 4 F. Die Schweden-Marke ist ein Unikat, vom Baden Fehldruck kennen wir lediglich drei (anerkannte) Exemplare (zwei angeblich weitere werden mehrheitlich nicht anerkannt, siehe auch Thema: „Der Baden Fehldruck“).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.02.2021 16:52:20 Gelesen: 16745# 8 @  
@ Heinz 7 [#7]

Was heute viele Briefmarkensammler nicht wissen, ist, dass der oben gezeigte spanische Farbfehldruck von 1851 (Michel 8 F) durchaus auf dieselbe Stufe gestellt werden darf, wie der Baden Fehldruck! Er ist gleich selten…

….und wurde von anerkannten Philatelisten auch durchaus hoch bewertet!

Betrachten wir die Ausführung des sehr geehrten Philatelisten Theodor Haas. 1905 gab er ein geniales und vielbeachtetes Lehrbuch heraus, in welchem auf Seiten 480-482 die seltensten Abarten der Welt genannt wurden. Farbfehldrucke spielten eine dominierende Rolle bei seiner Beurteilung, Platz 1-3 wurden belegt von solchen Abarten. Aber die Reihenfolge wird viele von uns überraschen:

- Der Schweden-Farbfehldruck 1855 erscheint gar nicht auf seiner Liste
- Der Baden-Farbfehldruck 1851 belegt „nur“ Platz 3
- Auf Platz 1 steht der Spanien-Farbfehldruck 1851 Michel 8 F !

Und das zu nicht zu Unrecht!

Führen wir uns die Fakten vor Augen:

Vom Baden-Farbfehldruck 1851 existieren drei Stück: 2 Briefe und ein Fragment, wovon ein Brief sich seit Ende des 19. Jahrhunderts im Museumsbesitz befindet.



Vom Spanien-Farbfehldruck 1851 Michel 8 F existieren drei Stück, alle gestempelt, davon eine Marke im Paar mit einer Nummer Michel 10 (6 R. blau). Ein Exemplar der dreien ist seit Ende des 19. Jahrhunderts im Besitz eines Museums.
Die Parallelen sind verblüffend!

Die Katalogwerte der drei Farbfehldrucke entwickelten sich aber sehr unterschiedlich.

Das grosse Kohl Briefmarken Handbuch von Paul Kohl (10. Ausgabe) bewertete die Stücke wie folgt:

- Spanien: unbewertet
- Baden: RM 4‘500
- Schweden: erwähnt, aber unbewertet

An den Auktionen von Ferrary musste „der Markt“ Farbe bekennen, denn erstmals wurden alle Stücke auf dem freien Markt angeboten

- Schweden, 4. Auktion, Zuschlag FF 30‘000 plus Zuschläge, umgerechnet = CHF 16‘174 (1922)
- Baden, 8. Auktion, Zuschlag FF 120‘000 (+), umgerechnet = CHF 45‘012 (1923)
- Spanien, 5. Auktion, Zuschlag FF 130‘000 (+), umgerechnet = CHF 58‘177 (1922)

Diese Ergebnisse waren bemerkenswert, und sie bedeuteten folgende Plätze in der „Ferrary-Rangliste“

- Schweden: Rang 43
- Baden: Rand 10
- Spanien: Rang 6

Spätestens seit dieser monumentalen Auktionsserie wären also alle Kataloghersteller in der Lage gewesen, einen Katalogpreis festzusetzen. Einige taten es, andere nicht.

In den letzten 100 Jahren nahmen dann die Preisentwicklungen für die drei Superraritäten sehr unterschiedliche Entwicklungen. Während sich der Baden-Farbfehldruck 1851 und der Schweden-Farbfehldruck 1855 preislich sehr in die Höhe bewegten, konnte der Spanien-Farbfehldruck 1851 Michel 8 F Spanien dieselbe Entwicklung gar nicht verzeichnen. Im Jahr 2000 stand Spanien 1851 8 F bei „nur“ DM 225‘000 (Michel Katalog 2000/2001, hrsg. 2000), das ist viel weniger, als die DM 4 Millionen der Schweden 1 F!

Ob diese krassen Unterschiede gerechtfertigt sind, ist eine schwierige Frage.

Ich werde vielleicht später dazu weitere Erwägungen anbringen können. Im Moment fehlt mir dazu die Zeit.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 20.02.2021 17:53:51 Gelesen: 16688# 9 @  
Den Badenfehldruck oder den Schwedenfehldruck kennen viele Sammler; auch der blaue 2 Realfehldruck ist einigen Sammlern bekannt. Aber die nachfolgend beschriebene Marke kennen wahrscheinlich nur wenige Spezialisten.

Am 10.1.1967 wurde bei Robson Lowe die Sammlung der indischen Staaten von L. E. Dawson versteigert. Dort wurde der seltenste Farbfehldruck der Welt als Los 343 versteigert und ist auf der Rückseite des Auktionskataloges in Farbe abgebildet. Die Marke ist vom indischen Feudalstaat Dschammu und Kaschmir.

Die Marke ist weder in meinem Michelkatalog noch im Stanley Gibbons Katalog noch im Handbuch der Briefmarkenkunde aufgeführt. Frits Staal erwähnt sie in seinem Buch über die Marken von Dschammu und Kaschmir.

Die Beschreibung im Auktionkatalog lautet:

4a, ERROR of Colour in red used on small piece and additionally pencancelled. Mentioned on page 100 of Sefi and Mortimer (also see footnote). The only known. Ex Ferrari and Hind.

Valuation: ?

Die normale 4 Anna ist in verschiedenen Grüntönen gedruckt worden. Diese Ausgabe wurde gemäß Gibbonskatalog zwischen 1867 und 1877 gedruckt. Bei der unten stehende Abbildung habe ich die gerisssenen Seiten des eigentlich grösseren Briefstücks beschnitten. Die runde rote Entwertung auf der Marke ist typisch für diese Ausgabe. Gelegentlich sieht man auch zusätzlich bei dieser Ausgabe die kreuzweise Federzugentwertung.



Im Auktionskatalog von Ferrari ist die Marke nicht abgebildet. Fast alle Marken von Dschammu und Kaschmir wurden in der XI. Auktion (Los 489 bis 494) versteigert. Die einzelnen Lose mit Briefmarken von diesem Gebiet bestanden aus 248 bis 3513 Marken.

Die Losnummern 457 bis 495 (ohne 484 und 485, scinde dawk- Marken) waren alles Marken von den indischen Staaten und wurden zusammen für 200.000 Franc zugeschlagen.

Für wieviel die Marke 1967 zugeschlagen wurde weiss ich nicht. Ebenso ist mir nicht bekannt ob sie seitdem noch einmal auf dem Markt war.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 05.03.2021 16:49:10 Gelesen: 16584# 10 @  
Die teuerste Briefmarke von Spanien ist ein Farbfehldruck. Die zweitteuerste Briefmarke von Österreich ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Briefmarke von Baden (bzw. von allen Altdeutschen Staaten zusammen) ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Marke von Kap der Guten Hoffnung (bzw. von Südafrika) ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Marke von Schweden ist ein Farbfehldruck.

Diese Auflistung liesse sich ohne Probleme noch verlängern.

Wir sehen deutlich: die Farbfehldrucke spielen im „Konzert der teuersten Briefmarken“ der Welt eine sehr wichtige Rolle (wir könnten vielleicht sogar sagen: „die erste Geige“?). Ihre Betrachtung und ihre Würdigungen in den Katalogen der Welt ist aber gelegentlich etwas „schwierig“ und uneinheitlich und über kaum eine Fragestellung dürften die philatelistischen Experten soviel Tinte (und Herzblut?) vergossen haben wie über die Echtheit/das Wesen und den Wert solcher Abarten.

Wie ist denn das eigentlich für die Schweiz? Gibt es hier auch Farbfehldrucke?

Gute Frage.

Lange Pause.

Sehen wir einmal in die Briefmarkenkataloge hinein. Das finden wir:
- Schweizer Briefmarken Katalog (des Schweizer Briefmarken-Händler-Verbandes) 2018: kein Farbfehldruck ist katalogisiert
- Zumstein Katalog, Normalkatalog (2013): kein Farbfehldruck ist katalogisiert.

Jedoch hielten die Philatelisten der Schweiz den Atem an, als am 9. Juni 2011 in Basel ein aussergewöhnliches Schweiz-Angebot zur Auktion gelangte. Ohne auf das übrige aufsehenerregende Material nun vertieft einzugehen, greife ich gleich das Top-Stück heraus, das auch die Titelseite des Kataloges zierte.



Beim ersten Blick denkt man, einen Brief von St. Imier (Schweiz, Kanton Bern) nach Mulhouse (Frankreich, Region Alsace) zu sehen, korrekt freigemacht mit zwei Strubel Marken (=Sitzende Helvetia, ungezähnt, ab 1854), 25 Rappen, zwei Marken blau zu 10 Rappen (Michel Nr. 14) und einer Marke braun zu 5 Rappen (Michel Nr. 13). Nichts Aussergewöhnliches, scheinbar, also warum kommt dieser Brief auf die Titelseite?

Sehen wir uns aber den Brief genau an! Die zwei blauen Marken zeigen nicht, wie erwartet, einen Wert von je 10 Rappen an, sondern es sind zwei 5 Rappen Marken blau. Normalerweise sind die 5 Rappen-Marken dieser Ausgabe immer braun! – Haben wir also einen Farbfehldruck?

Nun wurde (meines Wissens) dieser Brief 2011, der erstmals 1901 die Schweizer Philatelie-Szene in Aufregung versetzt hatte, zum ersten Mal öffentlich angeboten. Er gelangte früh im 20. Jahrhundert in den Besitz von Théodor Champion, einem grossen Sammler/Händler, und verblieb m.W. jahrzehntelang in seinem Besitz. Keine der grossen Schweiz-Sammlungen hatte einen vergleichbaren Brief vorzuweisen, und in den Katalogen wurde er auch unterschiedlich beurteilt, selbst im Zumstein-Katalog änderte sich über die Jahrzehnte die Beurteilung. Minutiös wurde dies aufgelistet im grossen Handbuch der Strubel Marke von Urs Hermann.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.03.2021 16:59:17 Gelesen: 16579# 11 @  
@ Heinz 7 [#10]

Der Preis, der für diesen Brief an der Auktion in Basel erwartet wurde, hatte es in sich: auf Euro 400‘000 – 500‘000 wurde Los 771 geschätzt, und – offensichtlich – sogar wesentlich höher verkauft! Die Galerie Dreyfus meldet auf ihrer homepage einen Erlös von Euro 1‘500‘000 plus 20 % = Euro 1‘800‘000.

Das ist meines Wissens der mit Abstand höchste Preis für ein Schweizer Philatelie-Stück der Geschichte.

Ich war erstmals ziemlich erschlagen, als ich diese Neuigkeiten erfuhr. Muss das Kapitel der teuersten Briefmarken der Schweiz gänzlich neu geschrieben werden? Ist dieser Brief so viel mehr wert, als all die anderen Preziosen, welche die Schweizer Philatelie zu bieten hat?

Erlauben Sie mir folgende Meinungsäusserung.

„Der Markt hat immer recht“ das ist eine Standard-Antwort von Vielen, wenn es um die Preisfestsetzung geht. Ob der wahre WERT dieses Briefes im Juni 2011 vernünftig festgelegt wurde, stelle ich in diesem konkreten Fall nun einmal ernsthaft in Frage. Ich, für meinen Teil, gebe folgende Antwort: NEIN.

Ich will das auch begründen.

1. Der Brief hat meines Wissens in 120 Jahren erst einmal (2011) zwei Kaufinteressenten gefunden, welche diesen Preis bewilligt haben (der Bieter und der Unterbieter)

2. Schwierig ist, dass meines Wissens praktisch niemand den erfolgreichen Bieter 2011 kennt. Kein grosser Sammler hat m.W. den Brief je ausgestellt und der philatelistischen Öffentlichkeit präsentiert

3. Es wäre sogar denkbar, dass die Person, die am 9. Juni 2011 den Zuschlag erhielt, den Kaufpreis nie geleistet hat oder er den Brief zurückgab oder er einen Preisnachlass erhielt

4. Zum Zeitpunkt der Auktion lagen zwar mehrere Atteste vor, jedoch nicht eines des anerkannten ersten Strubel-Experten Urs Hermann, der wenige Jahre zuvor sein bahnbrechendes grosses Handbuch zu den Strubel-Marken veröffentlicht hatte.

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Meinhard Am: 05.03.2021 20:32:03 Gelesen: 16545# 12 @  
@ Heinz 7 [#10]

Die zweitteuerste Briefmarke von Österreich ist ein Farbfehldruck

Hallo Heinz,

welche Marke ist das?

Gruß, Meinhard
 
bignell Am: 05.03.2021 21:48:55 Gelesen: 16529# 13 @  
@ Meinhard [#12]

Hallo Meinhard,

er meint wohl die Nr 16 in Type II bzw Nr 17 in blau.

Liebe Grüße, harald
 
Franz G. Am: 05.03.2021 23:24:31 Gelesen: 16509# 14 @  
@ Meinhard [#12]
@ bignell [#13]

nein er meint damit die Michel 36F,



eine Marke die jeder Österreich-Sammler kennen sollte.

MfG, Franz G.
 
bignell Am: 05.03.2021 23:59:40 Gelesen: 16503# 15 @  
@ Franz G. [#14]

Hallo Franz,

das ist aber die teuerste Marke Österreichs, erzielt Preise über dem roten Merkur und der 16 II, wenn sie mal versteigert wird.

Liebe Grüße, harald
 
Franz G. Am: 06.03.2021 00:38:29 Gelesen: 16498# 16 @  
@ bignell [#15]

Hallo Harald,

aktuell ist es wohl die am höchsten notierte Marke, aber vor 8-10 Jahren war sie es noch nicht.

MfG, Franz G.
 
Meinhard Am: 06.03.2021 08:03:11 Gelesen: 16481# 17 @  
@ Franz G. [#14]

eine Marke die jeder Österreich-Sammler kennen sollte.

Leider habe ich keine und kenne diese deshalb nicht. Das mit der 16II oder 17 kann man mal hier nachlesen. (Der ANK kennt aber diese nicht!)

https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=11566&CP=0&F=20

Zwei Fehldrucke, welche angeboten werden bzw. wurden. (Die Atteste genau lesen und dann beider Marken genau vergleichen.)




Gruß,
Meinhard
 
Heinz 7 Am: 07.03.2021 11:23:25 Gelesen: 16419# 18 @  
@ Meinhard [#12]
@ bignell [#13]
@ Franz G. [#14]

Lieber Meinhard,
lieber Harald,
lieber Franz,

Franz hat die richtige Antwort gegeben. Ich meine den Farbfehldruck Oesterreich 1867, 3 Kreuzer rot statt grün, Michel Nr. 36 F. Er war im Michel Katalog 2010 mit Euro 100'000 bewertet.



Wir haben diesen Fehldruck ausführlich besprochen im Thema "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt", Beiträge 331-340.

Schönen Sonntag!

Heinz
 

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