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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 969 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 05.05.2020 12:44:08 Gelesen: 217786# 520 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief des Pfarramtes Perasdorf vom 22.6.1875, der über die Postablage Schwarzach an den Ort der für beide Dörfer zuständigen Postexpedition Welchenberg lief, um später das bischöfliche Ordinariat in Regensburg mit seiner Ankunft am 23.6.1875 zu beglücken.



Um dahin zu gelangen, transitierte er noch Straubing.

Leider liegt mir keine Unterlage vor, aus der hervor ginge, welche Orte den Lokalbezirk der Postexpedition Welchenberg eingegliedert waren. Evtl. war in Perasdorf kein Briefkasten für den Ruralboten angebracht, so dass man seine (sicher sehr übersichtliche) Post zuerst in das ca. 4,5 km entfernte Schwarzach und erst dann von dort in das ca. 6,5 km entfernte Welchenberg bringen musste.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.05.2020 11:21:02 Gelesen: 217624# 521 @  
Liebe Freunde,

ein Brief an den Magistrat der Stadt Auerbach in der Oberpfalz wurde offenbar von einem Privaten porto in München am 19.11.1842 abgesandt, der im 2. Gewicht lag und daher 10 + 5 = 15 Kreuzer Porto erforderte. Eigentlich waren Briefe von Privaten an königliche Stellen stets zu frankieren - aber der Brief kam sehr spät vor dem Postabgang Münchens Richtung Regensburg an (innerhalb der letzten halben Stunde), so dass er den Nebenstempel (Verzögerungsstempel) N. Abg. = Nach Abgang erhielt und vielleicht in München am Abend a) die Beleuchtung mies und b) das Fachwissen tief hing und man ihn dennoch annahm.



Bei seiner Ankunft, wann wissen wir nicht, musste der Brief von Kirchenthumbach nach Auerbach getragen werden, wofür "2 Xr. Bothenlohn" fällig wurden, die die Böthin von Auerbach kassierte für ihren Lauf.

Auch wenn der Brief alles, nur keine Schönheit darstellt, muss man erst einmal einen a) Portobrief eines Privaten an eine Behörde finden, der nicht annahmeverweigert wurde, b) einen Verzögerungsstempel zeigen können, der a) plausibel erscheinen lässt und c) einen Botenlohn aufweist, der das Ganze noch verteuert hat.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.05.2020 12:48:21 Gelesen: 217457# 522 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief sieht wie ein ganz Normaler aus, wenn man übersähe, was da links unten von der Hand des Absenders mal notiert worden war: "Mit 1 großen Schleifstein frey".



Der Absender in Röthenbach im Allgäu wollte am 12.5.1858 der Firma Gerhauser in Kaufbeuren einen großen Schleifstein schicken und hierfür diesen Brief als Begleitbrief oder Begleitadresse fungieren lassen, hat es sich dann aber anders überlegt.

Dafür hatte er (nicht die Post!) diesen unzulässigen Vermerk (die Briefpost übernahm keine Briefe mit großen Schleifsteinen) zu streichen und, da frey schon mal notiert worden war, auch den Brief zu frankieren, hier bis 1 Loth inkl. bis 12 Meilen mit 3 Kreuzern, was er auch tat.

Am Folgetag kam der Brief an - wann der große Schleifstein bei Gerhauser angekommen ist, werden wir wohl nie heraus finden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.05.2020 09:11:12 Gelesen: 217309# 523 @  
Liebe Freunde,

einer der schönsten Vormarkenzeitbriefe (VMZB) aus Ulm / bzw. Neu-Ulm, die ich je gesehen habe, kam bei Rauhut ins Angebot und jetzt ist er hier: Verfasst in Ulm am 26.10.1845 mit Postaufgabe in Neu-Ulm am 28.10. lief er an die Firma Gerhauser in Kaufbeuren, worfür diese Firma 6 Kr. Porto zahlte.



Von Ulm bzw. Neu-Ulm nach Kaufbeuren waren es 74 km, also genau 10 Meilen. Der Brief wog über 1/2 bis 1 Loth, daher war das Porto des einfachen Briefes nach dem Reglement vom 1.1.1843 bei über 6 - 12 Meilen von 4 Kreuzer mit 6 Kr. korrekt.

Bei einer Postaufgabe von Ulm aus hätte man 2 + 1 Kr. für Württemberg und 4 + 2 = 6 Kr. wie geschehen für Bayern gerechnet, so dass der bayer. Empfänger auf diese Weise 3 Kr. Porto sparte.

Es spricht auch durch die zeitliche Divergenz vom Schreiben des Briefes bis zur Aufgabe 2 Tage später einiges dafür, dass man ruhig ein paar Tage warten konnte, bis vlt. eine entsprechende Anzahl von Briefen zusammen gekommen war, um sie dann auf einmal über die Brücke nach Neu-Ulm zu bringen. Da man mind. 2 Kr. pro Brief nach Bayern sparte, Briefe über Bayern nach Österreich z. B. aber deutlicher verbilligen konnte, ist diese Variante gut denkbar.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.05.2020 08:38:45 Gelesen: 217199# 524 @  
Liebe Freunde,

am 21.9.1856 schrieb man einen einfachen Brief von Ulm / Neu-Ulm nach Zweibrücken in der schönen Pfalz für 6 Kreuzer bis 1 Loth inklusive.



Bei einer Postaufgabe in Ulm hätte man 9 Kr. für ihn bezahlen müssen und er durfte nur unter einem Loth wiegen. Da er heute nur 4 g wiegt, und sein Inhalt sicher nicht das Telefonbuch von New York war, dürfte er auch damals unter einem Loth gewogen haben (und das Telefonbuch von New York soll ja 1856 allein schon deswegen nicht ganz so dick gewesen sein, weil es noch gar kein Telefon gab).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.05.2020 09:03:48 Gelesen: 217194# 525 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen mit Siegel verschlossenen Brief aus Rechtenbach (nicht das heutige Schweigen - Rechtenbach, sondern das fränkische im Spessart nach Hain im Spessart, beide etwa 16 km voneinander getrennt. Das Datum war der 30. May 1836 und geschrieben hatte den Brief Joseph, der Bruder der Adressatin. Aber es war nicht nur der Brief selbst, sondern er hatte sogar noch eine Einlage, wie der Text Josephs beweist:





"Liebe Schwester!

Meinem Versprechen gemäß übersende ich dir den jüngsten

von Schmalwasser erhaltenen Brief; nach gemachtem Gebrauche

lasse mir denselben gelegentlich wieder zukommen.

Empfehle mich Deinem lieben Mann bestens, und

lebe recht wohl, dies wünscht Dein aufrichtiger Bruder Joseph

Rechtenbach den 30ten May 1836 - In Eile -

Die Adresse lautet: "Wohlgeboren dem königlichen Revierförster Herrn Drescher zu Hain D(urch) G(üte).

Rechtenbach bekam erst 1881 eine eigene Postexpedition, Hain erst 1841, wobei diese mangels Masse wieder 1854 aufgelöst wurde, ehe endlich im Jahr 1900 eine Posthilfsstelle dort eingerichtet wurde, ergo waren beide Orte nicht direkt von Poststellen versorgt.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass der verschickte Brief mit einem Siegel verschlossen worden war und der Inhalt, ein weiterer Brief von einem Herrn Schmalwasser, vermutlich auch - ergo gehe ich von 2 Straftaten in einem Brief aus und das kannte ich bisher noch nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.05.2020 09:20:29 Gelesen: 217193# 526 @  
Liebe Freunde,

dank des netten Hinweises eines Forumsmitgliedes (danke dafür!) konnte ich per Spontankauf diese Rosine hier schnappen: Brief aus Nürnberg über Forbach nach Bilbao vom 2.3.1830 nach dem Postvertrag Bayerns mit Frankreich vom 1.1.1822.





Da Frankreich nicht mit Spanien abrechnete, mussten Korrespondenten ihre Briefe für die bayerische und französische Strecke frankieren, im anderen Fall wären sie am Schalter als nicht annahmefähig abzulehnen gewesen.

Der Nürnberger zahlte also 20 Kreuzer im Nenner des siegelseitigen Bruches für Bayern bis Forbach und 42 Kreuzer Weiterfranko für Frankreich ab Forbach bis Irun, dem Eingangspostamt Spaniens.

Spanien taxierte ihn mit 9 Reales bis Bilbao, die der Empfänger zahlen durfte. Die Strecke Irun - Bilbao betrug ca. 120 km und 9 Reales entsprachen ca. 14 Kreuzern.

Empfänger war die Firma Errazquin und Söhne, Absender die Firma J. D. Wiss in Nürnberg.

Offenbar gab es Probleme in Forbach bei der Reduktion der von Bayern bonifizierten 42 Kreuzer. Bekanntlich entsprach eine Decime 2,85 Kreuzer rheinisch, womit 42 Kr. genau 14,74 Decimes entsprachen, hinten aufgerundet auf 15 Decimes. Doch dann wurden diese m. E. korrekten 15 Decimes gestrichen und darüber 18 Decimes notiert, während man unter den bayerischen Bruch 12 Decimes notierte. Leider kann ich das französische Gebührenchaos nicht aufklären und es wäre schön, wenn es einer könnte.

Der Stempel P.P. von Nürnberg zeigte, dass die Gebühr - so weit möglich - vom Absender bezahlt worden war.

4 A.E.D. war der Stempel von Forbach, dem alphabetisch 4. Grenzpostamt Frankreichs und des Vermerks "Par Paris & Bayonne" hätte es wohl bei dem Zielort nicht wirklich bedurft.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 09.05.2020 16:00:17 Gelesen: 217140# 527 @  
@ bayern klassisch [#526]

Hallo Ralph,

ich nehme Deinen Brief von Nürnberg nach Bilbao als Anlass zum Berechnen der französischen Inland-Brieftaxe. Du weisst, Übung macht den Meister.

Dazu habe ich die Tarife der französischen Post ab 1828 aus einem Buch von Schäfer vor mir, siehe Tabelle nachstehend.



Die Distanzmessungen erfolgten nicht wie früher über Paris, sondern direkt vom “Aufgabeort” zum “Empfangsort”. Hier nehmen wir natürlich die Austauschbüros. So sind es von Forbach bei Saarbrücken bis Irun = 967 km in direkter Luftlinie

Damit sind wir in der Tariftabelle bei 12 décimes, bei einem Briefgewicht von 7½ Gramm.

Ich denke aber, dass der Brief in die nächste Gewichtsstufe bis 10 Gramm fiel; mit einer Taxe von 18 décimes. Das dürfte die 18 erklären. Als die Beamten allerdings die 42 Kreuzer umrechneten, stellten sie fest, dass damit keine 18 décimes abgegolten wurden.

Also die zu früh notierte 15 (= 42 Kreuzer) wieder streichen und korrigieren auf 18. Danach wurden die fehlenden 3 décimes = 8 Kreuzer von der Vergütung von 20 Kreuzern für Bayern abgestrichen, ergibt 12 Kreuzer.

Gruss

SH-Sammler

Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 09.05.2020 16:22:41 Gelesen: 217130# 528 @  
@ SH-Sammler [#527]

Hallo Hanspeter,

vielen Dank für deine Teilnahme und das Abbilden des französischen Meilenzeigers.

12 Decimes wäre das 1. Gewicht gewesen, 15 Decimes war das, was Bayern Frankreich bonifizierte und 18 Decimes wäre es, wenn der Brief in Frankreich in der 2. Gewichtsstufe gelegen hätte - aber die 18 wurde ja auch gestrichen und es blieb die 12 übrig, wenn ich es richtig sehe. Das wiederum spräche für einen einfachen Brief bis 7,5 g.

Wäre es so, hätte Frankreich an Bayern 3 Decimes = knapp 9 Kreuzer rückvergüten müssen, woran ich aber nicht glaube.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 14.05.2020 10:35:32 Gelesen: 216487# 529 @  
Liebe Freunde,

den hier hätte man auch unter "Lustige Briefe" einstellen können, aber wir wollen die Postgeschichte des 19. Jahrhunderts ernst nehmen und vergessen das damit.





Ein Dienstbrief des fürstlichen Herrshaftsgerichts Mönchsroth wurde am 8.9.1844 an das königlich württembergische Amts - Notariat in Zoebingen mit Postaufgabe im 7 km entfernten Dinkelsbühl versandt und mit R.S. und der Expeditions-Nr. 1103 versehen - daher alles gut und portofrei von beiden Postverwaltungen belassen.

Wann der Brief in Zöbingen ankam, wissen wir nicht. Wir wissen aber, wenn wir den Brief umfalten, dass man ihn gewendet und vor dem 2.10. mit der Anschrift "Dem Fürstl. Herrschaftsgericht Mönchsroth" zuadressiert hatte, von wo aus er erneut, jetzt am 3.10.1844 unter der geänderten Expeditions - Nr. 2377, erneut nach Zöbingen verschickt wurde.

Das war alles im Großen und Ganzen auch gar nicht mal falsch gemacht worden in Dinkelsbühl, aber üblicherweise strich man den alten Stempel der 1. Versendung durch, um für alle Beteiligten für Klarheit hinsichtlich des Postaufgabedatums zu sorgen. Von daher haben wir hier eine kleine Contravention, über die ich mich sehr freue.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.05.2020 09:43:43 Gelesen: 215578# 530 @  
Liebe Freunde,

in meiner doch schon recht umfangreich gewordenen Minisammlung "Briefe mit Briefen" hatte ich bisher nur einen Brief aus der Pfalz, jetzt kam ein zweiter, wie ich finde ganz Hübscher hinzu: Leider ohne Inhalt und daher ohne Jahr, aber aus Ludwigshafen mit dem oM 291 und folgender Adresse: "Herrn Franz Karcher, wohlgeboren, mit Briefen der Herren Gebrüder Karcher - Kaiserslautern".



Franz Daniel Karcher war wohl der Gründer der Frankenthaler Zuckerfabrik und als solcher sicher prominent. Ludwigshafen liegt direkt neben Frankenthal in der Pfalz, von daher denke ich, dass man geschäftliche Briefe diesem Brief beigeschlossen hatte - die allesamt aber nur 1 Loth inklusive wogen, es dürften also keine Liebesromane gewesen sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.05.2020 09:57:12 Gelesen: 215376# 531 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief des bekannten Hanselshauses Paul von Stetten aus Augsburg an Fr. Rogger in Verona. Der Absender frankierte 10 Kreuzer, die hälftig zwischen Bayern und Italien aufgeteilt wurden. Die Aufgabepost vergaß aber am 12.11.1869 die Entwertung der 3 Kr. Marke und "erwischte" nur die 7 Kr. Marke oben links, vermutlich wegen der "Schichtung" der Briefe beim Abstempeln. Allerdings sah jemand später dieses Missgeschick und entwertete sie per Federzug nach - sicher nicht sooo häufig zeigbar, wie ich finde.



Im Inhalt ging es um nicht weniger als 15.600 Gulden, ein kleines Vermögen damals, aber sicher nicht für Paul von Stetten, der verfügte noch über ganz andere Volumina. Ankunft war der Folgetag und man möge heute mal am 12. irgendeines Monats einen Brief nach Verona schreiben und darauf zählen, dass er einen Tag später zugestellt wird.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.05.2020 10:19:04 Gelesen: 215371# 532 @  
Liebe Freunde,

meine nicht enden wollende Liebe zu Bayerns mit Abstand unattraktivster Marke, der Porto Nr. 1, war es, die mich dieses leere Briefchen kaufen ließ:



Absenderbehörde war das bischöfliche Dekanate Bayermünching am 18.6.1869, welches zum Postort Mering gehörte, an den Herrn Pfarrvikar Wiedeman in Meringerzell, Filiale von Mering. Es fiel in die Rubrik "Österlicher Seelenbeschrieb betreffend" und war mit der Expedition-Nr. 131 und dem Zusatz (Franchise) R.S. für Regierungs - Sache versehen aufgegeben worden.

Der Brief zeigte (mittlerweile leider ausgeschnitten) ein Dienstsiegel, die Angabe der Absenderbehörde oben vorn, die Expeditions-Nr. und die Franchise R.S. - und wurde trotzdem mit Porto belastet, blau in Mering taxiert und, weil im eigenen Zustellbezirk verbleibend, mit einer Portomarke versehen (Attest Brettl vom 4.11.2004 liegt hier vor - alles echt und authentisch).

Doch damit nicht genug, wie uns das Attest zeigt: Die Marke war zuvor bereits auf einem anderen Brief verwendet worden und wurde hier als Postbetrug erneut verwendet!



Schon das Recyclen einer Portomarke ist eine Rarität und nur in ganz wenigen Fällen (max. 5) bekannt - aber die Verwendung auf einem portofreien Lokalbrief ist noch seltener und wenn man beide Varianten auf einem Stück zeigen kann, ist man ein glücklicher Sammler.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2020 10:13:52 Gelesen: 214911# 533 @  
Liebe Freunde,

ich weiß nicht, ob das schon jemals im Forum gezeigt wurde, daher will ich es hiermit sicherstellen:



Dienstbrief "Vom K. ?? ???" An das Landgericht Markt Bibart mit der Expeditions-Nr. 28312 und Postaufgabe Ansbach vom 31.5.1833 und Stempel R.S. im Oval, also eine portofreie Regierungs - Sache.

Wenn man 100.000 R.S. Briefe gesehen hat, muss man einen solchen Stempel noch lange nicht gesehen haben und, wie nicht anders zu erwarten, hat mir die Bucht diese Rosine beschert. Die Stempelfarbe entspricht genau der der beiden Aufgabestempel, so dass ich nicht weiß, ob es eine Dienstleistung der Ansbacher Post war, mit der man Dienstbriefe mit vergessener Franchise so bedruckte, oder doch die Absenderbehörde, die ich nicht lesen kann.

Wer vergleichbare Stücke hat, darf sie gerne hier zeigen. Siegelseite blank, Inhalt mangelt, wie so oft.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.06.2020 12:41:10 Gelesen: 214322# 534 @  
Liebe Freunde des gepflegten Alapapiers,

heute zeige ich eine Besonderheit, die ich nur von Augsburg so kenne und auch dort sind es nur 3 Briefe bisher (das ist der 3. im Bunde), die diese aufzeigen.





Der Postvertrag Bayern - Frankreich war nicht reziprok hinsichtlich der Gewichte; für Bayerns Frankobriefe und Frankreichs Portobriefe galt das halbe Münchener Loth (8,75 g), aber für Frankreichs Frankobriefe und Bayerns Portobriefe galten 7,5 g als einfach.

Hier also ein Frankobrief des großen Handelshauses Paul von Stetten an Guérin & fils in Lyon mit dem Vermerk "franco". Man schrieb den 10.4.1849 und das Franko in Bayern war aufzuteilen in den bayerischen Anteil im Nenner und den französischen Anteil im Zähler, hier für einfache Brief bis 1/2 Loth 9 Kreuzer und 9 Kreuzer.

Aber die Franzosen in Strasbourg haben ihn nachgewogen und ihr Ergebnis oben links mit "35 grammes" notiert und jetzt war er alles, nur nicht mehr einfach!

Die Grammstufen 8,75 - 17,5 - 26,25 - 35 g wiesen ihn als einen bayerischen Frankobrief der 4. Gewichtsstufe aus, der mit 36 Kreuzer für Bayern und 36 Kreuzer für Frankreich hätte bar frankiert werden müssen.

Frankreich stempelte in Strasbourg am 12.4.1849 "11 A.E.D." für 11. französisches Grenzpostamt (in alphabethischer Reihenfolge war das Strasbourg) und "Affranchissement Etranger Destination" = frankiert bis zum Bestimmungsort, denn ein Teilfranko war nach diesem Postvertrag vom 1.8.1847 gar nicht mehr möglich. Einen P.D. - Stempel von Augsburg zeigt der Brief aber nicht.

Frankreich wollte mit dieser Maßnahme des Innendienstes die hohen Kosten der Unterfrankatur seinem Kunden in Lyon nicht aufbürden und meldete diesen "Francodefect" intern nach Augsburg über die mitlaufende Briefkarte zurück. Dabei hatte Frankreich nur Anspruch auf die fehlenden 27 Kreuzer, also ca.9 Decimes; das fehlende bayerische Franko musste sich die Hauptbriefpostexpedition Augsburg von Herrn von Stetten ja auch noch zurück holen, in summa also satte 27 + 27 = 54 Kreuzer!

Mangels Französischkenntnisse bitte ich einen Kundigen mir den kurzen Inhalt zu übersetzen - vlt. steht dort etwas zum Inhalt, der ja einst vorhanden gewesen sein muss, weil 35 g ja doch eine Menge waren und der Brief heute nur noch ca. 5 g wiegt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.06.2020 10:39:41 Gelesen: 214304# 535 @  
Liebe Freunde,

die Mehrheit der Sammler findet Dienstbriefe todsterbenslangweilig und beschäftigt sich daher gar nicht erst mit ihnen, von seltenen Stempelformen, Farben und Destinationen vlt. einmal abgesehen.

Dass man damit einer großen Anzahl von Briefen postgeschichtlich Unrecht tut, ficht viele Sammler nicht an.



Heute zeige ich einen undatierbaren, leeren Brief mit einem Rayon - Einzeler von Eichstätt (es gibt 2 Schreibweisen dieses Stempels, das hier ist die Frühere), der eingeschrieben nach Ingolstadt verschickt werden sollte. Die Adresse lautet: "An das Königlich Bairische Commando des 6. Linien Infanterie Regiment Herzog Wilhelm in Ingolstadt". Unten links steht "militaria betreffend", was bei dieser Adresse durchaus plausibel war.

Es steht in Folge dessen auch kein Franko/Frei - Vermerk da und die Siegelseite ist blank, so dass der Absender nichts frankiert haben konnte. Ein großes "R" steht auch noch da - vlt. der Beginn des Wortes "Recommandirt"? In jedem Falle wurde der Brief mit dem Chargéstempel bedruckt, obwohl man dieses Wort nicht auf dem Brief findet und das "R" wurde sogar noch gestrichen. Eine Reco - Nummer wurde nicht vermerkt und wohl auch nicht gezogen.

Der Absender dürfte also keinen Schein gezogen haben (hätte 4 Kreuzer gekostet) und ließ den Brief unrecommandirt abgehen. Nur die Aufgabepost hätte jetzt unter dem Chargéstempel vermerken müssen "wurde kein Schein gezogen", um dann den Chargéstempel zu streichen. Aber das tat man nicht und so wurde der Brief zu einer Contravention, vermutlich um 1810, weil ich auch über die militärische Einheit zu keinem genaueren Ergebnis gekommen bin.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.06.2020 10:50:03 Gelesen: 214301# 536 @  
Liebe Freunde,



ein Dienstbrief des Poststalles bei der Postexpedition Marktschorgast vom 5.7.1854 war an das Oberpost- und Bahnamt in Oberfranken in Bamberg gerichtet. Man sandte es portofrei unter der Franchise R.S. = Regierungs - Sache unter der Expeditions - Nr. 84 ab und wollte dieses Schreiben ob seiner Wichtigkeit auch unter Chargé versenden. Aber der Poststall zog keine Reco - Nummer, es existierte auch kein ausgefertigter Postschein, sondern hier bedeutete die Recommandation nur, dass der Inhalt wichtig war. 6 Kreuzer kostete er auch nicht, es war hier also eine reine Vorsichtsmaßnahme seitens der Post für einen Brief an die ihr vorgesetzte Mittelbehörde (OPA).

Das findet man häufiger mal - hier wäre die Ausnahme, wenn tatsächlich eine Reco - Nummer gezogen worden wäre und, ja, auch das gibt es, wie es ja von Bayern sowieso alles gibt, was man sich vorstellen kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.06.2020 13:02:55 Gelesen: 214241# 537 @  
Liebe Freunde,

am 16.10.1829 sandte die fürstlich thurn u. taxische Obereinnehmerei in Regensburg ein Schreiben "An das Großherzoglich Badische Amts Revisorat Constanz" mit dem Vermerk "franco 0, fürstliche Dienstsache".



Wie wir wissen, gaben der Fürst von Thurn und Taxis 1808 auf Drängen des bayerischen Königs das Postregal in Bayern gegen Entschädigungszahlung ab, behielt sich aber das Recht vor, für seine Familie und seine Ämter innerhalb Bayerns die Portofreiheit ansprechen zu dürfen - so auch hier.

Als Zeichen derselben fügte die Aufgabepost siegelseitig 2 schräge Parallelstriche als Zeichen der Portofreiheit an, damit die badische Post in Constanz nicht meinen könnte, das bayer. Porto wäre vergessen worden. Baden taxierte ihn mit 4 Kreuzern, die die badische Behörde zahlen musste.

Damit war es ein nicht häufiger Teilportobrief - Teilfrankobriefe gab es viel, viel mehr von Bayern und wer noch keinen Teilportobrief hat, tut gut daran, bald einen zu schnappen. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.06.2020 12:12:43 Gelesen: 213890# 538 @  
Liebe Freunde,

am 28.1.1869 schrieb der königliche Advocat Frankenburger aus Nürnberg seinem Klienten, Herrn Mathias Karl, Bauer in Asbach, Landgericht Roth, einen wichtigen Brief "franco gegen Schein", also recommandirt, weil der Empfänger in einer laufenden Gerichtssache vorerst keine weiteren Schritte unternehmen sollte.



Für den bis 1 Loth leichten Brief zahlte er 3x Franko und 7x Chargégebühr bar, also 10 Kreuzer und bekam dafür seinen ausgefertigten Postschein.

Noch am selben Tag kam der Brief in Roth an und wurde vom Postexpedtior gegen Unterschrift dem Landbriefträger (Ruralboten) Hofer übergeben, der ihn nach Asbach transportieren sollte, wo aber niemand diesen Empfänger kannte. Daher vermerkte er siegelseitig: "in Asbach LG Roth Befindet sich kein Karl. Hofer, Briefträger".

Er gab den Brief wieder seinem Chef in Roth (Expeditor) zurück, der ihn in der Briefkarte als recommandirten Retourbrief aufnahm, die Anschrift vorne auf dem Brief strich und oben "Retour" vermerkte.

Da der Absender eine gummierte Vignette als Briefverschluß verwendet hatte, war am Folgetag in Nürnberg die Rückgabe des Faltbriefes kein Problem. Dies erledigte der Stadtbriefträger Nürnbergs mit der Nr. 28 souverän. Allerdings musste er, ehe er den Retourbrief wieder dem Advocaten aushändigte, darauf achten, dass dieser ihm den am Vortag gezogenen Postschein mit der Nr. 673 zurück gab und er hierfür zu unterschreiben hatte.

Den weiteren Verfahrensablauf kann man an diesem kleinen Briefchen leider nicht mehr nachvollziehen, aber ich denke, dass das seiner hübschen Optik und der kleinen Postgeschichte, die in ihm steckt, keinen Abbruch tut.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.06.2020 12:43:34 Gelesen: 213304# 539 @  
Liebe Freunde,

eine bunte Chronologie der Ereignisse erfreut uns mit diesem Rosinchen:



Das II. Curatbenefizium in Wallenstetten (man fragt sich, wo das I. hin ist) sandte am 3.11.1874 einen einfachen Brief an das hochwürdigste bischöfliche Ordinariat Augsburg.

Ein Amtsbote überbrachte den Brief in das nahe Senden, wo er am selben Tag aufgegeben und mit 7 Kreuzern als Fernbrief aufgegeben wurde. Über Neu-Ulm noch am selben Tag ging er ab.

Am Folgetag traf er in Augsburg II ein und übergab ihn zur Bestellung dem Stadtbriefträger Nr. 3, jedoch war das Ordinariat als vorgesetzte Stelle mit den gewünschten 7 Kreuzern nicht zufrieden. Siegelseitig notierte man: Wird gegen Porto nicht angenommen. Augsburg den 4. Novermber 1874 Dr. Gratz. Das war völlig korrekt, denn obere Behörden hatten keine mit Porto belasteten Briefe nachrangiger Behörden zu bezahlen.

Die Verweigerung der Zahlung eines Portos entsprach gleich der Verweigerung der Annahme, so dass der Brief, noch immer mit 7 Kreuzern belastet, der Aufgabepost zu remittieren war. Augsburg notierte daher richtig vorne: Retour - verte (Zurück, hinten schauen).

Er lief folglich wieder über Neu-Ulm retour (kein Stempel) und traf in Senden ein (auch ohne Stempel). Dort dauerte es bis zum 10.11.1874, ehe man sich entschließen konnte, a) zuerst die auf dem Brief lastenden 7 Kreuzer und b) 3 weitere Kreuzer für die Frankatur aufzubringen. Vermutlich musste der halbe Vorstand dort dieses kostspielige Unterfangen erst einmal absegnen.

Nun ging es frankiert auf die Reise, so dass die blaue 7 und der Retour - verte - Vermerk vorn und hinten mit Rötel abgestrichen wurden. Noch am selben Tag passierte der Brief wieder Neu-Ulm und traf dieses Mal sogar noch am selben Tag in Augsburg II ein. Nun bekam ihn der Stadtbriefträger mit der Nr. 3 zum Austragen - er kannte ihn ja schon von einer Woche zuvor und hat seinen Job sicher erstklassig erledigt.

Es sind solche kleinen Vortragsstücke, die einem Sammler das Leben lebenswerter gestalten, gerade in Zeiten wie diesen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.07.2020 09:47:22 Gelesen: 213064# 540 @  
Liebe Freunde,

ein Brief des Hauses Paul von Stetten aus Augsburg vom 6.6.1857 nach Stockach in Baden kostete, weil über 20 Meilen Entfernung, 9 Kreuzer, die auch verklebt wurden.



Aber der gewöhnliche Laufweg wurde hier nicht genutzt, denn dieser wäre gewesen mit der Bahnpost über Ulm nach Friedrichshafen und dann am Bodensee entlang bis Stockach, statt dessen gab es ein Versehen des kartierenden Beamten in Augsburg, der ihn nach Frankfurt am Main sandte, wo er am Folgetag ankam, um dann mit der Bahnpost Richtung Heidelberg - Mannheim - Karlsruhe - Freiburg im Breisgau nach Stockach zu gelangen. Ein paar Hundert Kilometer Umweg, weil er im falschen Postsack gelandet war, aber die involvierten Bahnposten haben das bis Freiburg recht schnell hinbekommen, denn ab da musste er mit der Postkutsche transportiert werden und das konnte sich ein bisschen ziehen.

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Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.07.2020 11:26:44 Gelesen: 212866# 541 @  
Liebe Freunde,

aus meiner Mini - Sammlung zu den Güterexpeditionen und für die Contra - Sammlung kann ich dieses Stück aus der bekannten Korrespondenz Salegg in Hengersberg zeigen:



Der Expeditor der Post- und Güterexpedition Langenisarhofen teilte Salegg am 30.7.1869 mit, dass für ihn heute 30 Säcke Salz zu 30 Zentnern bei der Güterexpedition in Langenisarhofen angekommen seien und diese Waren binnen 48 Stunden von Salegg abgeholt werden müssen. Da die Orte nur 8 km entfernt sind, dürfte der Brief noch am selben Tag bei Salegg eingegangen sein (kein Ankunftsstempel, wie so oft dort). Er dürfte auch die Waren rasch abgeholt haben, denn Lagergeld wollte er sicher keines berappen müssen.

Die Frankatur von 1 Kreuzer als Drucksache im Fernverkehr ging untaxiert durch, wobei es zwischen Salegg und dem Postexpeditor von Langenisarhofen auch Postbetrügererein gab (vom Expeditor!) und das Stück hier war, wie man unschwer erkennen kann, unten links versiegelt und konnte daher weder als Ortsbrief, noch als Ferndrucksache durchgehen - aber man kannte sich ja im Nachbarort seitens der Honoratioren und tauschte die Poststücke unmittelbar aus; sicher nicht ganz legal, aber eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten, von der bayer. Staatspost mal abgesehen.

Diese Benachrichtigungen über eingegangene Waren konnte von den Expeditoren frankiert wie hier, oder unfrankiert verschickt werden; war der Empfänger der Ware unbekannt, oder hatte keine Absprache mit dem Expeditor getroffen, erfolgte die Verschickung des Formulars 20 C.D. unfrankiert für 3 Kreuzer im Orts- und Lokalbezirk, bzw. für 7 Kreuzer im Fernverkehr (sehr selten!). Aber hier war Salegg Großkunde der bayer. Ostbahnen und er hatte die Absprache mit dem Langenisarhofener Expeditor getroffen, dass dieser ihm die Benachrichtiungszettel frankiert zusenden sollte, wofür er natürlich bei der Abholung der Waren aufkommen musste; 1 Kreuzer ist halt viel weniger als 3 Kreuzer und wenn er vlt. einmal die Woche Waren erhielt, dann machte das über das Jahr gesehen eine Ersparnis von fast 2 Gulden aus.

Derartige Vordrucke sind nicht häufig und finden sich praktisch nur in größeren Korrespondenzen, wenn überhaupt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.07.2020 12:07:36 Gelesen: 212601# 542 @  
Liebe Freunde,



vom Kemser Schorsch erreicht mich heute ein nettes Briefchen, das (mich) zu erfreuen weiß.

Geschrieben in Landshut "V:d:k:Rgg:v:Ndb:" = Von der königlichen Regierung von Niederbayern an das bischöfliche Ordinariat in Regensburg "Mit Beilagen", wurde es am 5.4.1851 auf die Reise gescchickt (kein Inhalt, hinten blank). Als Regierungs - Sache war es portofrei.

Bei seiner Ankunft wollte der Beamte in Regensburg siegelseitig den Eingang stempeln, aber die Beilagen waren so mit dem Brief verflochten, dass er das nicht konnte und folglich vorne seinen Regensburger Zweikreisstempel aufsetzte - die normative Kraft des Faktischen hatte wieder mal zugeschlagen.

Der Brief wurde am Folgetag zugestellt, jedoch umadressiert nach Passau und erneut aufgegeben. Evtl. noch am selben Tag (6.4.1851), evlt. auch später (wahrscheinlicher), aber das wissen wir nicht genau. Da die Expeditions-Nr. von Regensburg nicht geändert worden war, hatte man wohl erst gar keine neue Geschäftsnummer vergeben (oder hatte es auf dem Brief zu ändern vergessen) und den Brief einfach weitergeroutet.

Passau sah sich ebenfalls außerstande, seinen Eingangsstempel (Halbkreiser) abzuschlagen - weder hinten, noch vorne. Es ist ganz nett, wenn man ein paar Spielarten dieser Dienstbriefe zeigen kann, bei denen der Ankunftsstempel statt hinten vorne appliziert wurde.

An dieser Stelle eine kleine Bitte: Unterstützt die guten und netten Händler mit euren Käufen in dieser schweren Zeit - wenn die Guten und Netten weg sind, bleibt nicht mehr so viel übrig für uns Sammler. Danke ! !

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.07.2020 11:45:23 Gelesen: 212429# 543 @  
Liebe Freunde,

ein besonderes Highlight darf ich heute zum Spezialgebiet "Ulm - Neu-Ulm" zeigen: Ein Brief der Firma H. Berger aus Ulm vom 9.12.1850 ( !! ) an Firma Baader & Compagnie in Mittenwald, einen großen Instrumentenhersteller.



"Ulm a/D den 9. Decbr. 1850

Ihr Werthes vom 5ten d. M. kam mir mit einem Porto von 10x zu, obschon Sie franco auf der Adresse bemerkten, was aber wieder ausgestrichen wurde ...".

Der Brief vom 9.12.1850 zeigt einen Postaufgabestempel von Neu-Ulm vom 8.12.1850. War man bei der Überquerung der Donau schneller als das Licht gewesen?

Der Brief wurde als innerbayerischer Frankobrief bis 1 Zolloth inklusive (15,6g) über 12 Meilen mit 6 Kreuzern korrekt frankiert (Entfernung Ulm/Neu-Ulm bis Mittenwald 142 km = 19 Meilen. Zum Zeitpunkt der Versendung war Württemberg noch nicht im Postverein, hatte also auch keine Briefmarken und der Absender hätte mit seinem Brief zur Ulmer Post laufen müssen, dort anstehen und dann sich ausrechnen lassen müssen, was er kostet. Hierfür war der Postvertrag von 1809 gültig, der das halbe Münchener Loth (8,75g) als einfach ansah (der Brief wiegt nur 8,5g, das hätte also gepasst), aber er hätte 2 Kreuzer für Württemberg und 8 Kr. für Bayern gekostet, also 10 Kreuzer. Demnach haben hier beide Postverwaltungen Geld verloren - Württemberg, der Erstbetrogene, 2 Kreuzer und Bayern, der Zweibetrogene, ebenfalls 2 Kreuzer.

Ab dem Beitritt Württembergs zum DÖPV am 1.9.1851 hätte er von Ulm bzw. Neu-Ulm aus nur 6 Kreuzer gekostet, wobei er bei Postaufgabe in Neu-Ulm 1 Zollloth inklusive wiegen durfte, von Ulm aus nur 1 Loth exklusive.

Interessant auch, dass die Empfänger durchaus die Adresse lasen und auf Vermerke wie "franko" usw. Wert legten.

Wir praktisch immer ließ man in Mittenwald den Ankunftsstempel weg - auch eine Contravention und Geldersparnis, denn die Postexpeditionen hatten von der Materialverwaltung ihre Stempelfarbe- und Kissen zu beziehen und wenn man bei eingehenden Briefen das Abstempeln weg läßt, spart man sich 50% auch dieser Kosten.

Ich bin sehr froh, diese Oberrosine erwerben zu können - so macht das Sammlerleben Spaß.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.07.2020 11:55:18 Gelesen: 212426# 544 @  
Liebe Freunde,

Briefe mit Bayerns Nr. 15 gibt es wie Sand am Meer - aber so wohl eher nicht:



Zur Verwendung kam am 5.10.1868 im schönen Amberg eine große, untere, linke Bogenecke vom dortigen Bezirksamt an die Gemeinde - Verwaltung in Süß, wofür bis 1 Loth 3 Kreuzer das treffende Franko darstellten, da sie als P.S. Partei - Sache portopflichtig war.

Seltener sieht man jedoch den Vermerk "Gegen Recepisse", was eigentlich bedeutete, dass man den Brief eingeschrieben aufgeben wollte - nur hier bedeutete es etwas anderes, nämlich dass sich in dem Brief selbst ein weiterer Brief befand, der unterschrieben dem Absender zu remittieren war.

Innen sehen wir noch das verwendete 3 Kreuzer Stempelpapier und es ging um die gerichtsverwertbare Zustellung eines Schreibens zum Verehelichungsersuchen des Johann Lehner aus Süß.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

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