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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 969 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 17.07.2021 23:46:00 Gelesen: 163894# 720 @  
Liebe Freunde,

manche Briefe kommen unscheinbar daher - und wären es auch, wenn man nicht die Taxe zurück auf das ehemalige Gewicht rechnen könnte. Das sollte man aber als Postgeschichtler tun, denn es lohnt sich.



Hier haben wir einen portopflichtigen Dienstbrief aus Ansbach vom 20.6.1840 an das Landgericht in Pleinfeld vor uns, der mit 39 Kreuzern Porto belegt wurde. Allein schon die Zahl "39" ist kaum je einmal als Taxe auf einem Brief zu sehen und wir werden bald erkennen, warum das so ist.

Prinzipiell war bei Briefen von Privaten 4 Loth das Limit bei der Briefpost - und wir haben hier noch die Briefpost vor uns. Wegen der Entfernung von unter 6 Meilen war es auch die 1. Entfernungsstufe in Bayern, für die ein einfacher 1/2löthiger Brief 3 Kr. kostete, aber in der 2. Gewichtsstufe bis 1 Loth (17,5g) waren es schon 4 1/2 Kreuzer, dann je halbes weiteres Loth 1 1/2 Kreuzer mehr.

Rechnet man jetzt weiter, um auf 39 Kreuzer zu kommen, müssen wir uns die 25. Gewichtsstufe vorstellen (also über 12 bis 12 1/2 Loth = 210 g bis 217,5g ) und können somit klar erkennen, dass diesem Brief Akten beigebunden sein mussten, weil man sonst nicht auf ein so hohes Gewicht kommt. Bei Dienstbriefen wir hier - egalo ob portofrei, oder portopflichtig - war das Maximum auf 560g = 1 Pfund für die Briefpost limitiert, aber ein so schweres Gerät habe ich noch nie gesehen.

Man wird wohl Tausende von Briefen der Vormarkenzeit sichten müssen, um wieder eine 25. Gewichtsstufe zu finden und diese hier sieht ja nicht gerade übel aus.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.07.2021 00:02:02 Gelesen: 163893# 721 @  
Liebe Freunde,

Bayern kam mit den beiden Währungen der thurn und taxisschen Postgebiete nie zurecht - mal lag der Zielort im Kreuzergebiet, man hatte in Bayern aber in Silbergroschen taxiert, mal war es genau anders herum.



Bei diesem Brief aus Würzburg nach Kassel vom 24.5.1867 verklebte man eine 6x Marke, die wegen der Entfernung (über 20 Meilen) leider nicht ganz ausreichte, weil man dafür hätte 9x verkleben müssen.

Daher fehlten 3 Kreuzer für das Franko und es gab noch 3 Kreuzer Strafporto obendrauf, also 6 Kreuzer total, die allein der Aufgabepost zustanden.

Weil man in Bayern nicht wusste, dass Kassel zum Groschenbezirk von Taxis zählte, notierte man 6 Kreuzer, statt 2 Silbergroschen, die der Empfänger zu zahlen hatte. Aber bei der Leitung über Frankfurt am Main erkannte man die falsche Währung und notierte 7 Kreuzer, dann korrekt 2 Silbergroschen, die paritätisch 7x entsprachen, postalisch waren sie nur mit 6x anzurechnen. Aber Taxis war clever - sie kassierten vom Empfänger einen Tag später 2 Sgr., gaben an Bayern aber nur 6x weiter und durch diesen Zwischenschritt blieb rechnerisch/haushalterisch 1/4 Sgr. in der Portokasse des Fürsten und Bayern war trotzdem zufrieden.

Ab 1.7.1867 übernahm ja als Folge des Krieges von 1866 Preussen die taxische Lehenspost und Preussen rechnete intern nur in Silbergroschen ab, auch wenn sie ab 1.7.1867 schweren Herzens Marken in Kreuzerwährung emittieren mussten.

Es wäre interessant zu sehen, wie ein unterfrankierter Bayernbrief in den Kreuzerbezirk Preussens in diesem halben Jahr taxiert wurde. Leider habe ich da keinen, obwohl ich sonst mit unterfrankierten Briefen gesegnet bin.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.07.2021 11:46:15 Gelesen: 163584# 722 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen besonderen Brief aus Nürnberg vom 30.9.1843 an "Livin Daunéel in Poperinghe par Bruxelles Belgique" (heute: Poperinge), für den der Empfänger zahlen sollte.






Die Aufgabepost taxierte ihn mit 16 Kreuzern in blauer Tinte, die man Preussen belastete und Preussen taxierte ihn mit 10 3/4 Silbergroschen, die man Belgien belastete (Leitung über Aachen). Die belgische Post taxierte erst mit einer 2, strich diese dann aber ab und korrigierte mit 21 Decimes (ca. 1 Gulden).

Spannend ist der Inhalt - eine Drucksache (DS) der Fa. Scharrer & Co in Nürnberg vom 15.9.1843, die ich leider nicht lesen kann. Wer einen groben Überblick über das Gedruckte hat, darf es mir gerne mitteilen.

Hinter der zweiseitigen DS gibt es aber noch eine 3. Seite, die handschriftlich ausgeführt wurde und somit einen günstigen Versand als DS nicht zuließ. Auch da vermag ich leider nichts zu lesen und bin auf eure Hilfe angewiesen (Details brauche ich nicht, grobe Züge reichen).

Selbstverständlich habe ich nach dem Scannen die häßlichen Klebefalze entfernt - jetzt sieht das Ganze schon besser aus und Inhalte mit so schön Gedrucktem sind m. E. nicht häufig, schon gar nicht ins Ausland.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.08.2021 17:03:07 Gelesen: 161427# 723 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Portobrief nach dem Postvertrag (PV) Großbritanniens mit Preussen von 1846 aus Nürnberg vom 30.8.1849 an Firma Friedrich Huth in London, dortselbst am 3.9. zur Ausgabe gelangt.



Nürnberg taxierte 16 Kreuzer bis Koblenz, aus denen der Transit für Thurn und Taxis befriedigt wurde.

4 Pence = 3 Silbergroschen bekam Preussen für seinen Transit bis Aachen ("via Ostende" war die Leitung über Belgien, alternativ hätte man ihn auch über Frankreich versenden können nach dem ab 1.7.1847 gültigen Postvertrag Bayerns mit Frankreich).

Belgien erhielt 2 Pence für seinen Transit bis Ostende und GB 6 Pence von der Küste bis nach London.

Der Empfänger zahlte 1 Shilling 4 Pence für den einfachen Brief.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.08.2021 17:25:49 Gelesen: 161422# 724 @  
Liebe Freunde,

ein feines Vögelchen ist mir da zugeflattert, das ich euch nicht vorenthalten möchte.



Äußerlich simpel ein Brief aus Mainstockheim (ab 1.1.1861 mit eigener Postexpedition) und 2 Marken mit oM 697 passabel entwertet, datiert er vom 2.10.1861. Empfänger war die Königliche Güter - Expedition in Seligenstadt.

Der Inhalt ist aber teilgedruckt mit einem Absender, wie man ihn in Unterfranken zuerst einmal nicht vermuten würde: Königlich Sächsische westliche Staatseisenbahnen - An die Güterexpedition in Hof. Die Annahme des von Ihnen am 25. d(ieses) Monats mit Karte No. 25 Frachtbrief No. 6 nach hier berechneten Gutes, bestehend in 1 Faß Wein L 401 3036 Abs(ender): Ludwig Muller von Meinstochheim Station Seligenstädt und belastet an Fracht und Spesen mit 1 Thaler 17 Neugroschen 3 Pfennigen ist von dem Aressaten verweigert worden, und zwar ohne Angabe eines Grundes. Adressat Kupfer in Kleinhessen. Sie werden hiervon mit dem Bemerken benachrichtigt, daß, wenn nicht binnen 6 Tagen anderweit über das Gut verfügt ist, die unterzeichnete Güterexpedition genöthigt sein wird, das Gut entweder unter Erhebung der Fracht und Rückfracht zurückzusenden, oder einem Spediteur ??? zu übergeben. Crimmitzschau, am 29. September 1861. Königliche Güterexpedition, gez. Unterschrift.

Späterer Vermerk: An die K. B. Güterexpedition hier: Gut ging am 24. vorigen Monats von Seligenstadt hier ein. Hof, 29. Sept. 61 Hochachtungvoll. Königlich Sächsische (!!) Bahnhofs Inspection.

Späterer Vermerk: Obiges Colli (richtig wäre gewesen Collo als Packstück) wolle verbehaltlich ?? Rechtszuständigkeit an Hugo Franke in Reichenbach befördert werden. Mainstockheim 2.10.61 gez. Unterschrift.

Quer geschrieben: nach Seligenstadt zur Weiterverfügung. Hochachtung. Hof, 29.8.61 K. Güterexpedition gez. Unterschrift.

Rückseitig (nicht kopiert): Folgt den weiteren Verfügungen des Absenders hier zurück. Seligenstadt, den 2.10.61, gez. Unterschrift.

Ei, ei, ei - was war da mit dem lieblichen Frankenwein los? Was für eine Mühewaltung von Eisenbahnen, Güterexpeditionen, Versendern, Empfängern, Transporteuren und der Post. Schön, so etwas mal zeigen zu können und wir lernen immer wieder: Auf den Inhalt kommt es an (und auf seltene Mühlradstempel).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 08.08.2021 15:44:27 Gelesen: 160710# 725 @  
@ bayern klassisch [#722]

Hallo Ralph,

hier der Versuch der Übersetzung des gedruckten Textes:

es geht um die Hopfenernte von 1843

unser Beitrag zur Hopfenernte des vergangenen Jahres ist nicht nur produktbezogen, sondern auch preislich belegt.
Um nicht unter Konsum zu leiden, brauchte es große Mengen ausländischer Hopfen, die meistens in unsere Stadt geschickt und bis etwa Anfang dieses Jahres allgemein verkauft wurden.
der amerikanische Hopfen war diesmal der erste unter den verschiedenen Hopfensorten unserer Märkte, da seit 1842 bis ende April rund 4.750 ballen in den Häfen Belgien und Holland angeliefert wurden
auf der anderen Seite scheinen die Gegenstücke der Pegnitz des Zenn und der Aisch besser produziert zu haben und man kann zugeben, dass die Provinz Mittelfranken fast 3000 Ballen geerntet hat
Altbayern hofft in diesem Jahr auf einen quantitativen Vorsprung von mehr als einem Drittel
ein allgemeiner Blick auf das Produkt des diesjährigen Hopfens lässt es für alle Bayern auf eine gute Ernte einschätzen/hoffen.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 08.08.2021 16:34:06 Gelesen: 160705# 726 @  
@ Gernesammler [#725]

Hallo Rainer,

vielen lieben Dank für deine Übersetzungskünste - ich konnte da so gut wie nichts ausmachen. Freuen wir uns gemeinsam über eine gute bayerische Hopfenernte - je mehr Hopfen geerntet werden konnte, je mehr wurde verkauft und je mehr Briefe hat es gegeben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 12.08.2021 09:33:19 Gelesen: 160220# 727 @  
Liebe Freunde,

ein Brief des k. Appellationsgericht der Oberpfalz u. v. Regensburg wurde am 28.7.184? an das k. Landgericht Burglengenfeld portofrei als Regierungs - Sache verschickt, unter der Expeditions-Nr. 5127 des Gerichts erfasst, ins Dienstbuch eingetragen, aber nicht deklariert, dass er eingeschrieben werden sollte. Dafür vermerkte man unter Burglengenfeld "Gegen Postlieferschein", heute Rückschein. Dieser Terminus war allein dienstlichen Rückscheinen vorbehalten, bei Sendungen von Privaten hieß es Retour-Recepisse.



Da der Brief portofrei war, war es auch die Recogebühr (sonst 4 Kreuzer) und der Postlieferschein (sonst 12 Kreuzer). Leider hat der Brief seinen Inhalt im Lauf der letzten 170 Jahre verloren, sonst wüßten wir, warum er so "wichtig" versendet worden war. Außerdem ist es ganz selten, dass der Zusatz "Gegen Postlieferschein" nicht unten links angebracht wurde, wo man es erwarten konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.08.2021 09:48:28 Gelesen: 160217# 728 @  
Liebe Freunde,

in über 40 Jahren der Sammelei ist es mir nicht gelungen, einen Dienstbrief mit Muster der Briefpost zu erwerben, und ich habe nur einen jemals gesehen (ein Wrack, aber immerhin).





Ein lieber Sammlerfreund vermachte mir diesen Dienstbrief der k. Straßen- und Bau Inspection Nürnberg an die k. Straßen- und Bau Inspection Münnerstadt vom 21.3.1833. Der Brief wog mit Inhalt 4 Loth, wie man oben links lesen kann. Als Regierungs - Sache mit einem Glasmuster wurde er per Fahrpost befördert, was man an den Stempeln von Nürnberg und Würzburg (W im Schild) sehen kann. Unter der Manualbuch-Nr. 24 wurde er eingetragen und ein Postschein gezogen.

Die große Besonderheit ist aber der Inhalt, denn ein Glasmuster hat sich heute noch erhalten und dafür verdienen sich alle bisherigen Besitzer größten Respekt. Dem Glas unterklebt ist heute noch der passende Zettel: Spiegel Glaß-Preiße von die Gebrüder Fischer zu Erlangen nach mitfolgendem Muster. Erlangen, 12. April 1833 Joh. Zep. Fischer s. S..

Wie viele Briefe dieser Art gibt es heute wohl noch? Wer einen hat, darf ihn gerne zeigen - ich würde mich sehr über ihn freuen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.08.2021 10:00:47 Gelesen: 160038# 729 @  
Liebe Freunde,

es gibt Briefe, da kann auch ich nur einen Erklärungsversuch (oder deren mehrere) starten, weil sich wenig mit dem deckt, was uns an Postvorschriften bekannt ist.



Ein Brief aus Eschenau (aus den 1830er bis frühen 1840er Jahren) wurde adressiert:

Seiner Hochwohlgeboren Herrn Freyherrn Carl von Welser von und zu Neunhof dermalen in Unterferrieden poste restante Feucht - Schleunigst zu höchst eigenhändiger Eröffnung.

Bei einer Entfernung von 83 km = 11 Meilen kostete ein einfacher Brief 4 Kreuzer, hier also die 4. Gewichtsstufe (über 1,5 bis 2 Loth). Dazu kamen 6 Kreuzer weitere Kosten, wobei der Postsonderdienst maximal 4 Kreuzer für poste restante kosten durfte. Man hat diese beiden Werte zwei Mal notiert, oben noch "16x Porto". Evtl. hatte es etwas mit "Schleunigst" zu tun und man wollte den Brief express versendet haben, was aber im krassen Gegensatz zu poste restante = liegenlassen steht und eine Expressgebühr wäre sicher weit höher gewesen, als nur 6 oder 2 Kreuzer.

Zu der Person habe ich, mal wieder, im Internet nichts gefunden. Wer mir hier helfen kann, ist sehr willkommen, insbesondere könnte man vielleicht über den Namen und den Ort die Verwendung eingrenzen. Schon jetzt vielen lieben Dank dafür.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 13.08.2021 12:19:29 Gelesen: 160023# 730 @  
@ bayern klassisch [#729]

Hallo Ralph,

schönes Stück und interessant wegen seiner Geschichte, habe mal etwas gesucht vielleicht kannst Du damit etwas anfangen.

"1814 in den einfachen bayerischen Adel immatrikuliert, wurden die Welser 1819 in den bayerischen Freiherrenstand erhoben. 1878 starb der Nürnberger Zweig der Familie aus, und ihr Besitz fiel an die Ulmer Linie, da die Augsburger Hauptlinie, seit 1567 Freiherren Welser von Zinnenburg, schon 1797 erloschen war". [1][2]

Beste Grüße Rainer

[1] https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/1082538
[2] hier die gesamten Linien der Welser: https://dewiki.de/Lexikon/Welser
 
bayern klassisch Am: 13.08.2021 12:38:43 Gelesen: 160017# 731 @  
@ Gernesammler [#730]

Hallo Rainer,

vielen Dank! Habe aber noch keinen Carl entdecken können, der um 1800 geboren worden wäre. Wenn keiner etwas finden sollte, frage ich vlt. mal die Familie direkt an und hoffe auf Auskunft (kann man ja nie wissen).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 02.09.2021 11:03:11 Gelesen: 157151# 732 @  
Liebe Freunde,

seltene Briefe müssen als solche nicht immer offensichtlich sein - so wie dieser hier aus Schwabach vom 11.10.1868 nach Gera an die Gebrüder Bufe.





Der Absender hätte mit 3 Kreuzer frankieren können, tat das aber nicht und überließ so die Zahlung des Portos dem Empfänger, der hierfür 2 Groschen zu berappen hatte (7 Kreuzer). Ein Aufschlag von über 130% war den meisten Postkunden damals zuviel, daher sind wohl 99,9% der heute noch erhaltenen Briefe in den NDB Frankobriefe und keine Portobriefe wie hier.

Aber warum machte man das? Bei langjährigen Geschäftsbeziehungen sicher nicht, im privaten Bereich auch nicht. Aber hier ist der Inhalt:

Herren Gebr. Bufe in Gera Untermhaus

Auf Ihr Geehrtes vom 9. d(ieses Monats) erwiedern Ihnen daß wir Auskunft über hiesige Verhältniße nur Freunden mit denen wir in intimen Geschäftsverbindungen stehen ertheilen, in dem wir in dieser Beziehung schon gar zu unangenehme Erfahrungen gemacht haben.

Achtungsvollst zeichnen

Joh. Ludw. Carl & Comp(agnie).


Die Gebrüder Bufe in Gera wollten also eine Handelsauskunft der Firma Carl in Schwabach über eine Person, bzw. eine Firma erlangen und baten diese, jene zu besorgen. Das lehnte die Firma Carl ab und wollte mit dieser Ablehung auch keinen weiteren Kontakt zum Anfrager aus Gera, weshalb sie die Geraer bluten ließ und durch den Versand dieses Portobriefes ohne fachliche Auskunft sich erhoffte, weiteren Schriftverkehr zu ersparen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.09.2021 10:08:30 Gelesen: 153641# 733 @  
Liebe Freunde,

der 3. mit bekannte Brief mit persönlicher Postportofreiheit aus Pleinfeld vom 30.09.1856 an das Hochfürstliche von Wredesche Rentamt in Ellingen mit Vermerk "frei 0, Polland" wurde unter Recommandation verschickt und erhielt auch keinen Ankunftsstempel. Trotz persönlicher Postportofreiheit wurde ein Schein gezogen mit der Nr. 143, was bei derlei Briefen eher unüblich ist und die Chargierung eher "technischer" Art war.



Im Inhalt schreibt der Verwalter Polland etwas über die Erträge usw. seiner Anlagen. Offenbar war der Postexpedition die Portofreiheit des Herrn Polland bekannt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.09.2021 10:49:56 Gelesen: 153635# 734 @  
Liebe Freunde,

heute kann ich 4 bayerische Dienstbriefe aus Germersheim nach Wissembourg (2) und Strasbourg (2) zeigen, die alle ein bisserl unterschiedlich sind und von daher mein Interesse erregten



Fangen wir mit dem ältesten an vom 19.1.1859 vom Landkommissariat Germersheim an die Unterpräfektur in Wissembourg. Als Regierungs-Sache frei von Porti belassen, wurde er als bayerischer Dienstbrief mit dem B.S.P. - Stempel gekennzeichnet, ehe er am Folgetag in Wissembourg einschlug. Hinten blank bis auf das Siegel der Absenderbehörde.



Aus gleicher Korrespondenz ein Brief vom 6.5.1860, der keinen B.S.P. - Stempel aufweist, links oben mit 20g gewogen wurde (3. Gewicht) und der erst am 8.5. in Wissembourg einschlug, wobei man hier noch das Jahr vergessen hatte, in den Vertragsstempel/Grenzübergangsstempel einzusetzen (sehe ich zum ersten Mal). Hinten keine Stempel, nur das Trockensiegel der Absenderbehörde.



Einen anderen Weg nahm der 3. Brief aus Germersheim an die Präfektur des Niederrheins (Bas Rhin) in Strasbourg zeigt nur den Aufgabestempel vom 30.5.1863 und vorne das Dienstsiegel des Bezirksamtes und den Vertrags-/Grenzübergangsstempel Strasbourg vom Folgetag. Siegelseitig diente das Dienstsiegel als Verschluß und Landau stempelte am 31.5. Transit und 2 Ankunftsstempel von Strasbourg gibt es auch noch vom gleichen Datum.



Der 4. und letzte Brief aus Germersheim nach Strasbourg datiert vom 28.2.1865 und erhielt nun in Landau den B.S.P. im niederen Oval noch am selben Tag, ehe er am 1.3.1865 in Strasbourg einschlug.

Scheinbar wurden die Briefe nach Wissembourg nicht über Landau geleitet, wobei man dann fragen darf, wo beim 1. Brief der B.S.P.-Stempel abgeschlagen wurde, aber die nach Strasbourg über Landau. Erneut stellen wir fest, dass es noch viel zu erforschen gibt, obwohl es doch über 200 dieser B.S.P.-Briefe gibt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.09.2021 10:10:16 Gelesen: 153605# 735 @  
Liebe Freunde,

am 10.5.1849 schrieb der Anwalt Stockinger in Frankenthal/Pfalz einen wichtigen Brief an das löbliche Bürgermeisteramt in (Bad) Dürkheim/Pfalz und versah die Adresse mit dem Vermerk "sehr dringend", zahlte aber nichts. Damit durfte das Bürgermeisteramt 3x für den einfachen Brief berappen.



Im Inhalt hatte der Anwalt 4 wichtige Fragen gestellt, die postwendend vom Bürgermeisteramt beantwortet wurden. Offenbar lief der Brief dann in einem anderen Brief verpackt retour, denn Stempel hinten oder weitere Vermerke gibt es nicht. Auch ist die Annahme von Briefen durch bayer. Behörden im Portofall recht ungewöhnlich.

In wie weit der Zusatz "sehr dringend" eine expresse Zustellung nach sich zog, weiß ich nicht - da es kein Dienstbrief war, glaube ich nicht an eine Einschaltung eines Expressbotens, weil schon die normale Zustellung in Bad Dürkheim sicher ruck zuck erfolgt sein dürfte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.09.2021 11:23:01 Gelesen: 153592# 736 @  
Liebe Freunde,

in Nördlingen am 17.12.1837 schrieb ein offenbar religiös fanatisierter Mensch, dessen Stand und Namen ich leider nicht kenne, einen Brief an "Ihro Hochwohlgeboren Fräulein Bertha von Kretzschmann in Nürnberg" und vermerkte noch "frey" dazu. Bezahlt hat er aber nichts, denn die Siegelseite ist bis auf das Siegel und den Ankunftsstempel vom 19.12.1837 aus Nürnberg (damals keine Vorschrift zum Ankunftsstempeln!) blank.





Im Gegenteil - die Nürnberger Post notierte vorne "V(on) Noerdlingen" und sezte eine NULL - Paraphe neben frey, um zu dokumentieren, dass man in Nürnberg geprüft hatte, ob der Brief tatsächlich portofrei zu befördern gewesen war.

Die Portofreiheit konnte sich also allein aus dem Siegel ergeben haben. Dies ist ein ganz außergewöhnlicher Brief und wenn man jetzt noch den Absender eruieren könnte, wäre ich sehr glücklich.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 30.09.2021 19:38:39 Gelesen: 153546# 737 @  
@ bayern klassisch [#736]

Hallo Ralph,

schau mal hier das könnte er sein [1].

Gruß Rainer

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_von_Hoven
 
bayern klassisch Am: 30.09.2021 19:41:52 Gelesen: 153545# 738 @  
@ Gernesammler [#737]

Hallo Rainer,

super - hätte ich nicht hinbekommen, das ist er !

Vielen Dank und liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 02.10.2021 09:29:47 Gelesen: 153297# 739 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief, der anhand seiner äußeren Umstände in Nürnberg am 8.2.1806 als reiner Portobrief nach Beaune in Frankreich zur Post gegeben wurde. Der Empfänger zahlte 10 Decimes.





Der Siegelseite entnehmen wir kein ausgeworfenes Franko bis zur franz. Grenze bei Rheinhausen, aber den Vermerk "Norimberga li 8. Febr. 1806. Pr. Scheidlin & Compagnie". Im Inhalt lacht uns aber ein Inhalt aus dem sächsischen Plauen vom 3.2.1806 an, wobei der Absender, ein Johann George Steib sich das Franko von Plauen nach Nürnberg ersparte. Auch schrieb er noch innen "1805", war also Anfang Februar noch nicht im neuen Jahr angekommen ...

Zur Historie: Nürnberg war nicht bayerisch, sondern noch immer freie Reichsstadt und unterstand als solche nur dem Kaiser Franz II. Der hatte aber abgedankt und damit war die Stadt Spielball der Mächte geworden.

Postalisch gab es noch keine bayer. Staatspost, so dass alle Postsachen noch von der thurn und taxischen Lehenspost verwaltet wurde.

Im Inhalt ging es um Geschäfte mit Wein und die allgemeine Lage, was nicht uninteressant war, waren Napoeleons Heere doch recht aktiv in Mitteleuropa unterwegs und hinterließen überall ihre Spuren:

"Als ich letzhin das Vergnügen hatte Ihren Schwieger Sohn bey mir zu sehen, wurde ich veranlaßt selbigen eine Comission in Burgunder Wein zu übertragen. Nun aber sind jetzt die Frachten durch schlechte Witterung und die Kriegstroubles so enorm hoch gestiegen, daß es mir nicht conveniren kann, solcen mit den starken Spesen zu beziehen.

Dahero wollte ich Sie bitten die Absendung dieses Weins solange zu unterlaßen, bis ich durch geänderte Zeit Umstände in Stand gesetzt bin, Ihnen deshalb schreiben zu können. Uebringes empfiehlt sich Ihrer fernerer Freundschaft Johann George Steib".

Die siegelseitige Absenderangabe war clever, denn im Falle der Annahmeverweigerung hätte man den Brief geöffnet und gesehen, dass es eben kein Nürnberger Brief war - so hätte man ihn nach Nürnberg geschickt, was von Frankreich aus günstiger war, als nach Sachsen und der Nürnberger hätte ihn dann wieder günstig nach Plauen retournieren können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.10.2021 09:41:27 Gelesen: 153293# 740 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Gera (Fürstentum Reuß) vom 19.3.1808 mit Postaufgabe in Nürnberg durch den Forwarder Benckher.



Nürnberg, offiziell ab 1.3.1808 durch die bayerische Staatspost vertreten, taxierte nach dem alten Reichsposttarif 8x bis zur Schweizergrenze. Die weiteren Rötel 2, 20 und 22 deuten darauf hin, dass es bis zum Zielort Schwitz (Schwytz) 12x (für Zürich und Co?) und 2 weitere Kreuzer Schwyzer Porto zum Gesamtporto von 22 Kreuzer kostete. Die Strecke Gera-Nürnberg von immerhin 174 km Luftlinie hatte man sich dabei noch gespart.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.10.2021 10:51:27 Gelesen: 150782# 741 @  
Liebe Freunde,

bei Briefen an Titelträger, Funktioner oder Ähnliche, bei denen der Namen auf der Adresse nicht genannt wurde, konnte es zu Problemen kommen, weil man als Post nicht wissen konnte, ob der Brief an einen Menschen in ebendieser Funktion, oder eben nur an diesen Menschen (privat) gerichtet war.







War der Name nicht ersichtlich, sondern nur die Funktion bzw. der Stand des Adressaten, sandte die Post ihn im Falle der örtlichen Unanbringlichkeit dahin, wo der Funktioner wohnte.

Hier ein Dienstbrief als Königliche Dienst Sache des Landgerichts Altötting vom 19.7.1811 an "Dem königl. Konfiskal des Salzach - Kreises in Salzburg". Die Post sandte ihn gebührenfrei nach Salzburg (bayrisch damals), jedoch schien es Probleme gegeben zu haben, denn der Brief weist einen Präsentationsvermerk ohne Ortsbezeichnung vom 30.7.1811 auf und selbst in der Postkutschenzeit hätte er niemals von Altötting nach Salzburg 11 Tage benötigt bei einer Wegstrecke von 66 km, die man in maximal einem Tag bewältigt hätte.

Es steht also zu vermuten, dass der Brief in Salzburg ankam, dort entweder liegen blieb, oder einer Dienststelle übergeben wurde, um dann später "Salzburg" zu streichen und durch "Burghausen" zu ersetzen. Die Entfernung Salzburg - Burghausen beträgt gerade mal 53 km und auch das war innerhalb eines Tages zur Sommerzeit zu bewältigen.

Leider habe ich weder zur Person, noch zum Aufenthalt des kgl. Kronfiskals etwas heraus finden können, das die lange Laufzeit und die Umspedition erklären könnte. Wer es kann, darf mir hier gerne weiterhelfen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 22.10.2021 15:55:23 Gelesen: 150735# 742 @  
@ bayern klassisch [#740]

Hallo Ralph,

Du hast zur Taxe von 20 resp. 22 Kreuzern des Briefes ab Gera / Nürnberg nach Schwyz noch ein Fragezeichen, was ich Dir gerne noch beantworten möchte.

Neugierig wie ich immer bin, möchte auch ich die Taxierung auf dem Brief nachvollziehen. Du schreibst korrekt die Taxe von 8 Kreuzern ab Nürnberg bis zur Schweizer Grenze. Das Postaufkommen von / nach Norden lief damals noch über Schaffhausen.

Ab Schaffhausen kostete ein einfacher Brief nach Zürich = 3 Kreuzer, weiter auf der alten Gotthardroute über Luzern (See) nach Brunnen waren erneut 3 Kreuzer fällig. Das sind bei einem einfachen Brief 6 x für den Zürcher Anteil.

Weil die Zürcher Post zusammen mit der Luzerner Post einen eigenen Transitkurs über den Gotthard betrieb, und Zürich ab 1804 auch die Postbetriebe in Zug und Schwyz (aber auch den Thurgau) übernommen hatte, floss die ganze Taxe in die Zürcher Kasse.

Für den Brief wurde durch die Zürcher Kantonalpost 12x verlangt, zusammen mit der Auslandtaxe von 8x waren das dann total 20x.

Könnte es sein, dass der Brief in der Schweiz als doppelter Brief, halbes Loth bis 1 Loth taxiert wurde? Ich kann keine andere Erklärung finden.

So bleiben nur noch die zusätzlichen 2 Kreuzer, welche vom Schwyzer Boten für die Strecke ab Brunnen (Vierwaldstättersee) bis Schwyz beanspruchte. Schäfer zeigt einen ähnlichen Brief aus dem Jahr 1811, wo der Schwyzer Bote ebenfalls 2 Kreuzer geltend machte.

Unter der Annahme des doppelten Gewichtes würde die Taxierung mit den damaligen Gegebenheiten übereinstimmen

Liebe Grüsse

SH-Sammler
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 22.10.2021 17:42:20 Gelesen: 150715# 743 @  
@ SH-Sammler [#742]

Lieber Hanspeter,

du wirst Recht haben - aber die Progression in der Schweiz war 50% je halbes Loth (= Gewichtsstufe). Aber damals gingen die Waagen noch anders und ein paar Gramm mehr oder weniger waren im Postbetrieb üblich.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 29.10.2021 09:14:26 Gelesen: 149145# 744 @  
Liebe Freunde,

meine Mini-Sammlung "1851" hat Zulauf bekommen - und nicht uninteressanten, wie ich finde.



Ein Brief aus Nördlingen wurde am 18.3.1851 an das löbliche Schultheißenamt in Mögglingen bei Schwäbisch Gemünd frankiert abgesandt, wo er ausweislich des blauen Gmünder Stempels am Folgetag auch ankam.

Der Absender zahlte 2 Kreuzer für Bayern (und Nördlingen lag ja direkt an der bayer. Grenze zu Württemberg) und 4 Kreuzer für die Wegstrecke bis Schwäbisch Gmünd.

Abgesehen von der Stempelfehleinstellung in Nördlingen, die uns einen 3.18. vorgaukelt, wobei es natürlich auch damals schon keine 18 Monate gab, hätte der Brief, der immer noch als Basis den Altpostvertrag Bayerns mit Württemberg von 1809 hatte, auch im nahen Bopfingen aufgegeben werden können, von wo aus er nur 4 Kreuzer total gekostet hätte. Bekanntlich fuhr die bayerische Postkutsche über Nördlingen bis Bopfingen kostenlos, wie umgekehrt die württembergische Postkutsche (damals noch unter Thurn und Taxis) kostenlos für bayer. Empfänger bis Nördlingen fuhr. Aber das Sparpotential von nur 2 Kreuzern war unserem schwäbisch-bayerischen Absender wohl zu gering, um derartige Überlegungen anzustellen; hätte er es aber so gemacht, wären wir um den Genuß eines Unikats gekommen, nämlich den einzigen Brief Bayerns aus dem 18. Monat des Jahres 1851.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

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