Neues Thema schreiben   Antworten     zurück Suche   Druckansicht  
Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 960 Beiträge:
Gehe zu Seite: 1 4 14 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33   34   35 36 37 38 39 oder alle Beiträge zeigen
 
bayern klassisch Am: 25.05.2022 19:13:14 Gelesen: 114351# 811 @  
Liebe Freunde,

für meine Mini-Sammlung galt es einen Brief der Kreuzerzeit zu erwerben, der fehl- bzw. umgeleitet wurde und der hinten einen Postablagestempel aufweisen sollte. So einfach ist und war das nicht, aber jetzt kann ich Vollzug melden (Mini-Sammlung "Hin, her und zurück").



Dienstbrief portofrei als RS vom katholischen Decanat Herzogenaurach an das katholische Pfarramt in Hausen Post Baiersdorf vom 20.10.1874. So weit, so gut.

Aber: Orte mit dem Namen "Hausen" gibt und gab es in Deutschland Dutzende und auch in Bayern war die Zuordnung damals nicht leicht.

Ausweislich der Siegelseite finden sich daher folgende Stempelabschläge:

Erlangen 20.10.

Forchheim 20.10.

Erlangen 30.10.

Baiersdorf 30.10. und last but not least Postablage Heroldsbach, natürlich ohne Datum.

Adresseitig wurde Baiersdorf gestrichen und mit Blaustift Forchheim hinzu gefügt und tatsächlich liegt zwischen Forchheim und Heroldsbach - Hausen!

10 Tage tiefster Knobelei haben ihn also doch final am richtigen Zielort ankommen lassen und ich freue mich sehr, ihn geschnappt zu haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.05.2022 14:44:38 Gelesen: 113627# 812 @  
Liebe Freunde,

keine klassische, portofreie Armensache, aber dennoch (oder gerade deswgen?) interessant:



Brief vom Bürgermeisteramt Landau an der Isar vom 26.10.1874 an die Gemeindeverwaltung Lokalarmenpflege Aeschach Bezirksamt Lindau im Bodensee.

Über den "frei"-Vermerk wurde die notwendige 3 Kr. Marke geklebt, denn eine Portofreiheit war hier nicht anzusprechen - die Expeditions-Nr. hatte man übrigens auch vergessen, machte aber nichts, wenn das treffende Franko verklebt worden war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2022 09:37:34 Gelesen: 112693# 813 @  
Liebe Freunde,





dank Sigi Deider kam dieses nette Stück auf den Markt bzw. in meine Sammlung:

Brief aus Bamberg vom 18.2.1863-68 vom Bahnhof Bamberg an das Erzbischöfliche Vikariat in Bamberg, also ein Ortsbrief.

Der Absender, Papiersiegel leider undefinierbar, ist nicht bekannt, Inhalt leider keiner mehr vorhanden, aber man schrieb unten links "markirt", also mit Briefemarke versehen.

Das war ein frommer Wunsch, denn eine Marke befindet und befand sich nicht auf dem Brief, statt dessen hat man ihn in den Briefkasten "Boite" des Bamberger Bahnhofs geworfen und die Aufgabepost notierte "Boite" und klebte eine 3x Portomarke auf, die sie auch gleich entwertete.

Die Streichung von "markirt" war nicht erlaubt, da dieser Terminus Teil der Adresse war und die Post nicht Adressteile streichen durfte.

Ich kenne nur wenige Briefe mit der Porto Nr. 1, die ursprünglich frankiert werden sollten, dann aber, weil die Post noch nicht geöffnet, oder längst geschlossen hatte, so auf ihre Reise geschickt wurden.

Interessant in diesem Zusammenhang auch, dass ein Generalvikariat, also nicht gerade eine Dorfbehörde, den unfrankierten Brief annahm, 3x auslegte und hoffte, diese irgendwann einmal wieder zu bekommen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2022 09:52:52 Gelesen: 112690# 814 @  
Liebe Freunde,

nach einem der längsten Bietergefechte dieses Jahrtausends gelang es mir, diesen Brief zum Ausruf zu erwerben:



Brüder Thalmessinger aus Ulm mit Postaufgabe in Neu-Ulm vom 9.6.186? als Postvereinsbrief über 20 Meilen direkt in den Waggon bei der Bahnpost eingeworfen nach Innsbruck an die Firma Löwe.

Da über 20 Meilen von Ulm und Neu-Ulm entfernt, ergab sich natürlich keine Portoersparnis, aber vermutlich hatte man an diesem Tage noch andere Poststücke nach Bayern oder Österreich eingeworfen, so dass es sich doch für den Ulmer Absender rechnete.

Aufgaben Ulmer Briefe direkt bei der Neu-Ulmer Bahnpost sind nicht häufig und setzten voraus, dass der Ulmer genau wusste, wo und wann er "zuschlagen" musste, um die schnellste Beförderung zu erhalten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 02.06.2022 12:09:41 Gelesen: 111981# 815 @  
Hallo Sammlerfreunde,

nochmals ein Frachtbrief vom 7.9.1867 aus Nördlingen über einen Ballen Papier mit 202 Zollpfund Gewicht spediert mit der Bahn.

Die Fracht wurde am 7.9.1867 in Nördlingen gewogen siehe Waagstempel unten und abgeschickt, Stempel KGE Nördlingen von hier ging es weiter nach Roth, Stempel KGE Roth am 9.9.1867 Vormittags dann weiter nach Georgensmünd, Stempel KGE Georgensmünd 10.9.1867 zurück nach Roth, Stempel KGE 10.9.1867 dann wieder nach Georgensmünd, Stempel KGE Georgensmünd 13.9.1867 um dann am gleichen Tag in Pleinfeld bei seinem Empfänger Carl Werzinger anzukommen, Stempel KGE Pleinfeld 13.9.1867.

Somit wurden auf dem Brief 6 Stempel von Königlichen Güter Expeditionen abgeschlagen davon 4 verschiedene, somit hat die Lieferung mit der Bahn 6 Tage gedauert, für die Nachnahme und Frachtgebühr waren 1 Gulden 10 Kreuzer zu zahlen.

Gruß Rainer





 
bayern klassisch Am: 02.06.2022 14:37:42 Gelesen: 111944# 816 @  
@ Gernesammler [#815]

Hallo Rainer,

da hast du wohl ein einmaliges Stück geschnappt - Umspeditionen der K.G.E. sind generell sehr selten - hier gäbe es 2 Gründe:

1. Nicht zustellbar zuerst, warum auch immer.
2. Der Empfänger wünschte eine andere Anlieferung, machte das aber dann rückgängig.

Die wahren Gründe werden wir wohl nie erfahren, aber toll, dass es so etwas feines überhaupt noch gibt.

Ich liebe diese Wiegestempel in Fingerhutgröße!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 16.06.2022 09:21:45 Gelesen: 108874# 817 @  
Liebe Freunde,

am 18.8.1820 ließ der kgl. Landrichter in Cronach/Kronach ein Duplikat einer Rechtssache als portopflichtige Partei-Sache an die freiherrliche von Redwitzische Lehens-Sequestration zu Redwitz auf 3x Stempelpapier gegen 6x Porto abgehen und vermerkte "gegen Empfangsschein".



Dieser Terminus ist ungewöhnlich, denn üblicherweise wurde "gegen Postlieferschein", oder "gegen Lieferschein" vermerkt. Alternativ wäre auch der Terminus Retour-Recepisse möglich, aber dienstliche Rückscheine wurden üblicherweise Lieferschein genannt. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Brief selbst nicht eingeschrieben wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.06.2022 12:25:24 Gelesen: 108814# 818 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen nicht häufigen Brief aus Regensburg vom 4.10.1836 an Madame Elie de Beaumont - poste restante - Croissanville Dept. du Calvados.





PV Bayern - Frankreich vom 1.1.1822. Portobriefe wurden taxiert nach Rayons - Regensburg lag im 4. Rayon, daher 9 Decimes von Strasbourg gestempelt und weitere 9 Decimes für Frankreich bis zur Empfängerin = 18 Decimes Gesamtporto.

Die Zahlen hinten kann ich nicht interpretieren - kann es einer? Waren es Gebühren und hing das mit poste restante zusammen [1] ?

In dem Brief schreibt der Absender, dass man ihm seine Briefe poste restante Nürnberg baldigst schicken sollte, also, wenn man so will, ein doppelter poste restante Brief, wie ich noch keinen zuvor gesehen habe.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A9once_%C3%89lie_de_Beaumont
 
bayern klassisch Am: 23.06.2022 13:12:29 Gelesen: 108341# 819 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen portofreien Dienstbrief des katholischen Pfarramts Nünschweiler an das Bezirksamt Zweibrücken mit Postaufgabe in Pirmasens vom 15.3.1864.



Wir erinnern uns des Todes seiner Majestät König Max am 10.3.1864, weswegen Hof- und Staatstrauer angeordnet wurde und unser Brief aus Nünschweiler datiert vom 11.3.1864, war also am Folgetag des Todes seiner Majestät verfasst worden. Demzufolge mussten alle bayer. Behörden informiert werden (mit dienstlichen Depeschen, Expressen usw., auch die Landbevölkerung und die kleinen Behörden wie hier, was ich mit diesem Stück erstmals beweisen kann, denn es hat einen Trauerrand und diese Papiere waren stets für solche Fälle vorrätig zu halten).

Nünschweiler gehörte ab dem 1.10.1858 zum Lokalbezirk der Postexpedition Pirmasens. Der Brief hätte also am 11.3.1864 in den Briefkasten dort eingeworfen werden sollen/können, aber dem war wohl nicht so, denn er zeigt keinen Ruralstempel und der Aufgabestempel von Pirmasens (12 km Laufweg bis dorthin) dürfte nicht in 4 Tagen zu erledigen gewesen sein, sondern in 2-3 Stunden. Gründe? Vlt. hatte man kurz nach Ableben seiner Majestät auch botenmäßig sehr viel zu tun, zu organisieren und der Laden kam in Pirmasens ein wenig in Unordnung, denn einen Ankunftsstempel von Zweibrücken gibt es auch nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 23.06.2022 19:11:21 Gelesen: 108327# 820 @  
@ bayern klassisch [#819]

Hallo Ralph,

Der Brief ist durch die von Dir angestellte Beweisbarkeit der angeordneten Trauer an die bayrische Bevölkerung und deren Ämter ein Knaller.

Schön das man das mal sehen konnte.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 23.06.2022 19:48:28 Gelesen: 108324# 821 @  
@ Gernesammler [#820]

Hallo Rainer,

näher kann man dem Todestag der Majestät nicht kommen, weil er ja erst am 10. verstorben war und der Brief vom 11. ist. Ich habe ihn auf "Verdacht" gekauft und hatte Glück (dümmster Bauer, dickste Kartoffeln usw.).

Ich schenke ihn einem lieben Freund, der aus dieser Ecke kommt, sonst wäre er für dich reserviert worden.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 25.06.2022 12:38:12 Gelesen: 108286# 822 @  
Liebe Freunde,

keine Schönheit, aber für meine Contraventionssammlung reicht das Stück allemal:



Postablage Goßmannsdorf (Sem schreibt "Gohsmannsdorf"), Expedition Winterhausen vom 4.10.1867, nach Carlshütte bei Biedenkopf in Oberhessen (ehemals Thurn und Taxis, dann ab 1.7.1867 Preussen).

Die Postexpedition hatte hier vergessen ihre(n) Stempel abzuschlagen, aber der Brief kam auch so noch am selben Tag in Biedenkopf an.

Postablagenbriefe auf der Nr. 16 sind m. E. selten, in den DÖPV noch weitaus seltener und in das preussisch gewordene Hessen nur 6 Monate möglich gewesen.

Mein Scanner ist heute nicht so gut drauf - jeder Brief wirkt hässlich. :-(

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.07.2022 11:51:09 Gelesen: 107609# 823 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Augsburg aus Kriegshaber vom 25.7.1847 mit Postaufgabe dort erst am 29.7.1847 (!!) an Herrn Philipp Held in Regensburg, mit dem, wie der Absender schreibt, 2 Arten von Mustern angehängt wurden.

Den Beweis hierfür tritt die Vorderseite an (und es hatte wohl auch mit der Verzögerung zu tun), die heute noch 2 Dreiecke zeigt, die eingestanzt wurden und durch die die verschiedenen Seidenmuster mit Bindfäden gezogen wurden (längs, nicht quer, sonst hätte man nicht so perfekt Augsburg stempeln können.



Am Folgetag kam der Brief in Regensburg an.

Portokosten: 9 Kr. für den Emfänger.

Entfernung Augsburg - Regensburg = 114 km in direkter Linie = 15 Meilen.

Gültiger Tarif: Reglement Inlandsbriefe vom 1.1.1843 - 30.6.1849.

Allerdings war in dem neuen Regulativ von 1843 nicht Bezug auf die Versendungsform "Muster ohne Werth" genommen worden, so dass noch das Altregulativ vom 1.12.1810 galt, mit dem folgendes bestimmt worden war:

"Muster ohne Werth, wenn ihnen ein einfacher (1/2 löthiger) Brief beigeschlossen war, waren bis zur 1. Gewichtsstufe nach dem Briefgewicht, darüber hinaus aber nur nach dem günstigen Drucksachentarif zu taxieren. Drucksachen kosteten die Hälfte des einfachen Briefes und darüber hinaus nur 1/4 der weitergehenden Gewichtsprogression. Ein Frankierungszwang, im Gegensatz zu Drucksachen, bestand nicht.

Wer wagt sich an die Berechnung? Einfache Briefe über 12-18 Meilen kosteten 6 Kreuzer. Hier sind es aber 9. Los gehts!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 01.07.2022 12:15:12 Gelesen: 107606# 824 @  
Liebe Freunde,

ein Teilfrankobrief aus Regensburg vom 23.10.1822 an Firma Jean Nicolas David in Francomont wurde mit 12 Kr. bis zur Grenze frankiert. Nürnberg notierte in blau 2 Gutegroschen für den Transit von Bayern durch thurn und taxisches Gebiet bis Koblenz. Preussen vermerkte in roter Tinte 4 1/2 Gutegroschen (18 Kreuzer) und der Empfänger in den Niederlanden, später ab 1830 Belgien, zahlte 9 Stuiver total.







Schön auch der Stempel hinten: "Duitschland Over Henri Chapelle" (van der Linden Nr. 1001), den es erst ab 1822 gab, daher hier noch in guter Qualität, üblicherweise desolat.

Den französischen Text kann ich nicht lesen, aber es wäre möglich, dass Interessantes in ihm steckt. Wer kann ihn lesen und hier kurz wiedergeben?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 01.07.2022 20:04:32 Gelesen: 107586# 825 @  
@ bayern klassisch [#823]

Hallo Ralph,

kann es sein dass das Ergebnis schon auf der Rückseite steht, das 12 fache und somit der Brief/Drucksache 6 Loth gewogen hat um auf die 9 Kreuzer zu kommen.

Ich lasse mich auch eines besseren belehren.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 01.07.2022 21:04:16 Gelesen: 107581# 826 @  
@ Gernesammler [#825]

Hallo Rainer,

verwirrend, gell?

Also 6 Kreuzer für den einfachen Brief bis 1/2 Loth über 12-18 Meilen, das ist klar.

Die nächste Progression war 1/4 von 3x, weil die Progression ja 50% der 1. Gewichtsstufe war (also bei normalen Briefen 6x, 9x, 12x usw.).

Die Lösung: 4/4 von 3x = 3x! Also wurde gerechnet: 6x plus 1/4 von 3x, plus 1/4 von 3x, plus 1/4 von 3x plus 1/4 von 3x = 9x. Der Brief mit den Mustern war also über 2 - 2 1/2 Loth schwer = 5. Gewichtsstufe. Es könnte auch gerundet worden sein, also 8 3/4x als 4. Gewichtsstufe über 1 1/2 bis 2 Loth. Alles nicht so einfach.

Danke für deinen Mut - es gibt wenig Bayernsammler, die sich an diese Rechnungen wagen - und auch damals schon dürfte diese Rechnung nicht so einfach gewesen sein, denn Taschenrechner hatten sie in den 1840er Jahren noch nicht.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 15.07.2022 18:02:53 Gelesen: 105160# 827 @  
Liebe Freunde,

bei meiner ausgeprägten Liebe für die Farbe Blau UND netten, bayerischen Telegrammen konnte ich mich hier nicht mehr zurück halten und habe zugeschlagen: Die 23. P(rivate) D(epesche) der Kgl. Bayerischen Telegraphen-Station in - das hat man vergessen auszufüllen - an H(errn) Baron v(on) Crailsheim in Amerang. Auch vom Datum lesen wir hier nichts, aber da die ausgewiesene "Botengebühr 2 fl. 18 Xr" = 2 Gulden und 18 Kreuzer (!!) betrug, lag der Zustellversuch noch in der Kreuzerzeit.



Siegelseitig sehen wir die "Rechnung", die man dort aufmachte:

"1 Gulden

1 Gulden 45 Kreuzer

18 Kreuzer

------------------

Porto 3 Gulden 3 Kreuzer

Telegraph. 2 Gulden

------------------

5 Gulden 3 Kreuzer

Seife 1 (??)"

Das letzte Wort kann ich nicht lesen, wurde wohl auch korrigiert, aber wie dem auch sei, man erkennt, dass Telegramme eine teure Sache waren, deren Existenz sich dem gemeinen Volk üblicherweise entzog.

Das Schloß in Amerang und Grundbesitz gehörte ab 1821 den Freiherren (Baronen) von Crailsheim, hier wohl Friedrich Krafft von Crailsheim, immerhin bayer. Außenminister und Vorsitzender des Ministerrats, also wahrlich keine kleine Nummer, damals aber wohl noch Legationsrat (auch nicht übel).

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Krafft_von_Crailsheim

Amerang erhielt im August 1861 eine Postablage und gehörte zur Postexpedition Endorf (heute: Bad Endorf). Erst am 1.8.1872 wurde eine Postexpedition in Amerang geschaffen, weswegen ich den Brief auf 1870/71/72 datiere.

Wenn man bedenkt, dass von der PE Endorf der Weg für den Telegraphenboten ca. 15,5 km einfach weit war, kann man ermessen, dass die notierten 2 Gulden 18 Kreuzer doch in einer gewissen Relation standen, denn für 31 Kilometer konnte man, je nach Witterung, auch mal einen ganzen Tag brauchen, zumindest einen halben auf alle Fälle.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.07.2022 20:40:02 Gelesen: 104533# 828 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief aus Nürnberg vom 20.4.1866 nach Lyon, wo der Brief 3 Tage später einschlug.



Mit 12 Kr. war er treffend für die 1. Gewichtsstufe bis 10g frankiert.

Aber die Besonderheit war, und deshalb habe ich ihn gekauft, dass Nürnberg einen eigenen Kartenschluß mit Strasbourg hatte, also verantwortlich war für alle Briefe aus seinem Bereich nach bzw. über Frankreich.

Daher führte man auch, als eines der wenigen Ämter, einen P.D. - Stempel, der allen Beteiligten klar machte, dass die Aufgabepost das Franko überprüft und für korrekt erachtet hatte - und genau den hatte man hier vergessen.

Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg - man hatte zwar den Stempel nicht mehr gefunden, aber einen Rötelstift schnell bei der Hand und notierte manuell "PD". Das war nicht im Sinne des Erfinders, denn das konnte ja jeder auf seine Briefe malen, aber Strasbourg hat das ausnahmsweise mal akzeptiert - bei ähnlichen Briefen hatte Strasbourg mit seinem P.D.-Stempel nachgestempelt, oft gut an der Farbe zu sehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 18.07.2022 20:50:18 Gelesen: 104531# 829 @  
@ bayern klassisch [#828]

Hallo Ralph,

feines Stück der Brief und das mit dem handschriftlichen PD macht ihn zusammen mit den Stempeln attraktiv.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 12.08.2022 10:30:16 Gelesen: 100024# 830 @  
Liebe Freunde,



Briefe aus Bayern in das Dt. Reich sind wahrlich keine Raritäten, aber es gibt unter ihnen auch Raritäten. So hier eine Ganzsache U1 zu 3x aus Bad Reichenhall vom 3.9.1874 an Herrn E. Herrmann, cand. theol. in Thiergarten bei Riemberg Kreis Wohlau mit dem Präzisionsvermerk "nach Schlesien", weil man das wohl sonst kaum gefunden hätte.

Oben lesen wir den alles erklärenden Vermerk: "Einliegend: Probe ohne Werth".

Bayerns Ganzsachenkuverts U1, U2 und U3 kenne ich nur in einer Handvoll Fällen als Verwendung einer Muster ohne Wert bzw. Probensendung, wobei hier mit inliegender Probe keine Portomoderation vorkommen konnte - auch angehängte Proben gab es, wobei auch hier keine Portomoderation mehr erfolgte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.08.2022 12:20:04 Gelesen: 99365# 831 @  
Liebe Freunde,

ein besonderer Brief ist wohl dieser hier aus Bayreuth vom 14.7.1818 (der 14. Juli sagt uns was, wenn auch nicht aus diesem Jahr?), der mir folgender Adresse versehen verschickt wurde: "An den Glaspattern Hütten-Besitzer Herrn Barth in der Reuth - express".





Der Brief weist keine Merkmale eines Postenlaufs auf - kein Stempel, keine Taxe - nichts. Damals verstand man zurecht unter "Express", dass ein gedungener Bote den Brief auszutragen hatte und nicht die staatliche Post.

Die Entfernung von Bayreuth nach Reuth (bei Erbendorf) betrug stattliche 42 km, in direkter Linie etwas weniger. Ein Bote hatte also diesen Brief zu nehmen, 42 km zu laufen (vermutlich bei warmer Witterung) und dort abzugeben, um wieder 42 km zurück zu laufen (immer noch warm).

Inhalt: "Baireuth den 14ten Juli 1818

Von einem Nürnberger Handelshause habe die

Anfrage erhalten, ob von den anliegenden gelben

Glaspattern 350 Maschen a 1000 Stück, dann 150

Maschen dunkelblaue anstatt der beiliegenden

Sorte hellblaue, ferner 50 Maschen gelbe mitt-

lere dergleichen Sorte, so wie 50 Maschen dun-

kelblaue mittlere Sorte, binnen 14 Tagen zu

erhalten sind. Da ich erfahren, daß der Hr.

Barth zu Reuth noch eine im Betrieb

stehende dergleichene Hütte besitzt, so ersuche Sie um

Nachricht ob Sie diese Sorten binnen 14 Tagen

hieher liefern können u. für welchen Preis

franco Baireuth. Daß Sie fernere

Bestellungen wegen die Waare möglichst

schon liefern, u. die Preise billig notiren

werden, darf ich sicher erwarten. Die

mittlere Sorte wovon ich indeß kein Mu-

ster erhalten muß stärker sein als

die gewöhnlichen. Mit Achtung u. Antwort

Killinger Königl. Oberbergbaumeister

N.S.

Sollte Ihre Hütte nicht mehr im Gange

u. die bestellte Waare nicht schon vorräthig,

aber noch eine andere dergleichen Hütte in

Gange seyn so ersuche Sie, diese Bestellung

an deren Besitzer abzugeben. Killinger."

Killinger hatte also diesem Brief Muster beigeschlossen und seinen Expressen (eigenen Boten) beauftragt, nach Reuth zu laufen und nach Eröffnung des Briefes durch den Empfänger auch Antwort zu erhalten.

Da der Brief gesiegelt worden war, war es vom Absender ein Verstoß gegen das Postgesetz, ein Expressbrief außerhalb der Post und ein Versand von Mustern, womit er in 3 meiner Mini-Sammlungen fällt. Ich glaube, es gibt Schlechteres.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.08.2022 15:38:51 Gelesen: 99228# 832 @  
Liebe Freunde,

ab 1.1.1868 kosteten schwere Briefe innerhalb des Königreichs nicht mehr 6x wie zuvor, sondern 7x. So ganz hatte das aber noch nicht jeder mitbekommen, zumindest nicht im schönen Bamberg am 6.5.1868, als man an den Dechanten Haas in Sondernohe, Post Oberdachstetten, einen schweren Brief mit einer Quittung als Einlage verschickte, der das Loth überschritten hatte und von daher mit 7x zu frankieren gewesen wäre.



Der eine Kreuzer wurde dann teuer, denn unfrankierte Briefe der 2. Gewichtsstufe (es gab nur noch 2 Gewichtsstufen) kosteten 11x, wobei immer der Wert der verwendeten Marken in Abzug zu bringen war, also hier 11x minus verklebter 6x = 5x Nachporto beim Empfänger. Na der wird sich gefreut haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.09.2022 10:56:14 Gelesen: 94110# 833 @  
Liebe Freunde,

heute mal ein Bayernbrief nach Ulm, also in Gegenrichtung zu den sonst gezeigten, hier Erding 2.8.1865 an Firma Heinrich Mack in Ulm (142 km in direkter Linie). Der Absender frankierte im Postverein über 10-20 Meilen korrekt 6 x, wobei beide Marken gerissen und nicht aus dem Bogen geschnitten wurden, mal was anderes.



Ab 1.8.1865 kosteten Briefe innerhalb Bayerns ohne Ansehen der Entfernung nur noch 3x bis 1 Loth, über 1-15 Loth nur noch 6 x.

Die Firma Heinrich Mack hat mehrfach Briefe nach Neu-Ulm in Bayern geschmuggelt und dort kostengünstig aufgegeben. Oft unterhielten diese gewerblichen Absender auch Empfänger in Neu-Ulm, die ihnen die Rückbriefe günstig über die Donau lieferten.

Das neue, günstige Regulativ hatte sich hier den Korrespondenten noch nicht ganz erschlossen, denn bei einer Neu-Ulmer Anschrift hätte man sich hier auch 3 x sparen können.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[x = Kreuzer]
 
bayern klassisch Am: 11.09.2022 22:42:12 Gelesen: 93801# 834 @  
Liebe Freunde,

weil in Michel und anderen Katalogen immer wieder mal falsche Daten auftauchen, möchte ich hiermit eine Verordnung vom Dez. 1867 zeigen, die die Neugebühren ab 1.1.1868 in die Postvertragsstaaten und im bayerischen Inland regelte. Oft wird da vom Änderungszeitpunkt 1.10.1868 gesprochen, aber wie man hier anhand der Primärliteratur sieht, war der 1.1.1868 richtig, nichts sonst.



Wer noch "historische" Kataloge hat, darf sie gerne manuell korrigieren und die VO hier ausdrucken.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 09.10.2022 10:02:35 Gelesen: 87845# 835 @  
Liebe Freunde,

Post-Liefer-Schein (also ein amtlicher Rückschein) aus der Pfalz vom 2.10.1858 von der Postexpedition Mutterstadt briefbegleitend nach Speyer und am Folgetag wieder retour ins nahe Mutterstadt geschickt. Ob portofrei, oder portopflichtig ist nicht sicher zu sagen, weil das i. d. R. nur auf dem Postschein, nicht dem Post-Liefer-Schein notiert worden war. Retour-Recepissen aus der Pfalz in der Kreuzerzeit sind selten, Post-Liefer-Scheine sind sehr selten und außerhalb diese kleinen Korrespondenz nach Mutterstadt fast gänzlich unbekannt.



Schön auch der Chargé-Stempel innen, damit Speyer wusste, dass sie ihn auch unter Chargé zurück zu senden hatten; da war die Post in Speyer sicher froh, über diesen internen Sachhinweis. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

Das Thema hat 960 Beiträge:
Gehe zu Seite: 1 4 14 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33   34   35 36 37 38 39 oder alle Beiträge zeigen
 
  Antworten    zurück Suche    Druckansicht  
 
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.