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Thema: Portobestimmung von Belegen: Altdeutschland Bayern - Schweiz
12 kreuzer rot Am: 21.03.2017 05:52:06 Gelesen: 38629# 1 @  
Hallo,

kann mir jemand Auskunft geben über diesen Wertbrief von Bayern in die Schweiz ? Finde leider im Michel nichts Genaueres.



Porto 1,05 Mark für Wertbrief über 600 Mark, von Ingolstadt (21.07.1904) nach Luzern (22.07.1904).

Davon 60 Pf (bis 45 Gramm) in die Schweiz?
20 Pf Einschreiben?
25 Pf. für was?
Laut Michel für je 300 Mark 5Pfennig Versicherung, das wäre dann 10 Pf.
Ich kämme dann auf 90 Pf.
Was bedeutet die Angabe 750? Neben der Wertangabe? Etwa Franken?

Mit freundlichen Grüßen
12 Kreuzer rot
 
bayern klassisch Am: 28.03.2017 17:06:10 Gelesen: 38546# 2 @  
Hallo 12 Kreuzer rot,

kann ich leider nicht - bin Kreuzersammler und da nur für die Briefpost. Sorry!

Liebe Freunde,

heute zeige ich einen einfachen Frankobrief aus Würzburg vom 13.12.1860 nach Einsiedeln in der Schweiz. Es gibt eine Sondersituation Unterfrankens zur Schweiz hinsichtlich der Leitung über Bayern bzw. über Baden zu berücksichtigen.



Hier wohl über Bayern ohne Involvierung der badischen Bahnpost (oder im geschlossenen Briefbeutel, was ich aber weniger glaube). Jedenfalls war der Brief (9 Kreuzer für Bayern, 3 Kreuzer für die Schweiz, von derselben hinten in Rötel notiert) schon am Folgetag in Zürich (Respekt!) und dürfte auch nicht viel später in Einsiedeln (ca. 40 km südöstlich davon) ausgetragen worden sein.

Verwendung fanden 2 nette Exemplare der Nr. 4 Platte 3 - Inhalt hat er leider keinen mehr, aber damit kann ich leben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
12 kreuzer rot Am: 29.03.2017 19:46:49 Gelesen: 38510# 3 @  
Hallo bayern klassisch,

danke für deine Antwort. Es war mir schon klar dass du für die Pfennigzeit wenig bzw. kein Interesse hast! Im Gegenzug bei der Kreuzerzeit nicht zu Toppen bist. Es ist nur etwas verwunderlich das gar keine Meinung bzw. Antwort kommt, weder hier noch woanders! Bei der Gulden/Kreuzer Währung wird einen schon geholfen. Aber nichts zum Trotz werde mal nach Lektüre umschauen. Wenn ich die Lösung habe, werde ich sie reinstellen. An eine Fälschung glaube ich definitiv nicht so recht.

Mit freundlichen Grüßen
12 Kreuzer rot
 
bayern klassisch Am: 29.03.2017 19:59:47 Gelesen: 38507# 4 @  
@ 12 kreuzer rot [#3]

Hallo,

ich hatte schon viele Bayernbriefe in meinen Händen, aber einen Markenlosen als Fälschung habe ich noch nie gesehen. Von daher: Entwarnung, da ist alles echt, ganz sicher.

Von 10 Sammlern sind 8 oder 9 Kreuzerzeitsammler, daran wird sich bei Bayern wohl nie etwas ändern. Von den 1 oder 2 Pfennigzeitsammlern werden schon einige Ahnung haben, aber wenn keine Marken verklebt wurden und wir bei der Fahrpost sind, werden die Kenner äußerst knapp, auch in einem beliebten Forum wie diesem hier.

Fabulieren und knobeln kann man natürlich immer - aber ob es dann auch stimmt? Besser hoffen und warten, bis einer kommt, der sich wirklich damit auskennt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
12 kreuzer rot Am: 19.04.2017 18:36:07 Gelesen: 38398# 5 @  
Hallo bayern klassisch,

ich habe nicht geglaubt, dass die Pfennigzeit so schwierig ist, um Informationen zu bekommen! Mit der Kreuzerzeit ist es um ein vielfaches einfacher. Wobei, auch die Literarische Auswahl doch sehr viel größer zu scheinen ist.

Was mich allerdings etwas verwundert; die Gebühren von Bayern und Deutsches Reich (Ausland) sind ziemlich Identisch. Nur im Zeitraum des Beleges finde Ich nichts über Wertbriefe.

Habe auch mal bei der „Arge Bayern“ angefragt. Auch nichts, bzw. keine Antwort bekommen.

Der Beleg ist schon frankiert! Hier die Rückseite. Vielleicht ergibt sich jetzt etwas. Es würde mir ja schon reichen mit was für einer Literatur ich weiter komme!

Mit freundlichen Grüßen
12 Kreuzer rot


 
bayern klassisch Am: 19.04.2017 22:35:03 Gelesen: 38383# 6 @  
@ 12 kreuzer rot [#5]

Frag mal bei Dr. Wolf Becker in Leverkusen an - wenn der es nicht weiß, weiß es keiner. Mehr kann ich leider dazu nicht sagen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
12 kreuzer rot Am: 20.04.2017 12:09:39 Gelesen: 38358# 7 @  
Hallo bayern klassisch,

danke für den Tipp, werde es mal versuchen.

Mit freundlichen Grüßen
12 Kreuzer rot
 
12 kreuzer rot Am: 07.05.2017 09:59:55 Gelesen: 38274# 8 @  
Hallo,

ich habe jetzt die Lösung für das Porto.

60 Pfennig bis 45 gramm in die Schweiz,
20 Pfennig für Einschreiben
25 Pfennig Versicherungsgebühr

Weltpostverein in ein benachbartes Land 8 Pfennig je 240 Mark, ergibt 24 Pfennig aufgerundet auf 25 Pfennig.

Mit freundlichen Grüßen

12 Kreuzer rot
 
Max78 Am: 07.05.2017 12:29:31 Gelesen: 38262# 9 @  
Servus 12 Kreuzer rot,

einen finde ich sehr interessanten Brief zeigst Du da. Lediglich zugunsten der besseren Orientierung im Themenbereich würde ich folgendes vorschlagen (an die Redaktion):

Da es sich hier meiner Meinung nach nicht um eine typisch bayrische "Versendungsart" (Portohöhe) handelt (zu Bayern gibt es eh schon dank Bayern Klassisch genügend präzis zugeordnete Themen), würde ich die Beiträge zu einem Thema zusammenführen, das man z. B. "Wertbriefe im internationalen Postverkehr (ab Weltpostkongress 1878 oder Pfennigzeit)" nennen könnte. Es gibt bestimmt nicht Massen dieser Belege und das Thema "Wertbrief" zersplittert sich in lauter einzelne Themen, die gerade mal 1-5 Beiträge beinhalten. Es wäre meines Erachtens schön, wenn man hierzu Stück für Stück ein interessantes Thema aufbaut. Ich könnte z. B. einen ähnlichen Beleg zeigen, der sich von dem gezeigten (inklusive Portohöhe) kaum unterscheidet, allerdings vom KuK Österreich nach Württemberg.

mit Grüßen Max
 
Richard Am: 07.05.2017 17:27:09 Gelesen: 38235# 10 @  
@ Max78 [#9]

Hallo Max,

einen neuen Beitrag zu verschieben ist kein Aufwand. Bei älteren Beiträgen und verschiedenen Themen bedeutet dies aber enormen Zeitaufwand und diese Zeit habe ich in den nächsten Wochen oder Monaten nicht.

Zudem führt es dazu, dass Forum-interne und externe Links (Google und Co.) dann ins Leere laufen und zu einer Abwertung der Suchmaschinen führen. Dies möchte ich vermeiden.

Schliesslich gibt es die Themen "Portobestimmung" mit voller Absicht, um bisherige und künftige Leser damit vertrauter zu machen.

Du kannst gerne ein Thema für Wertbriefe eröffnen, dabei bitte bestimmen, welche Länder oder Zeitabschnitte gezeigt werden sollen. Ein Wertbriefe Thema existiert bereits hier im Forum.

Schöne Grüsse, Richard
 
Max78 Am: 13.05.2017 01:54:25 Gelesen: 38161# 11 @  
@ 12 kreuzer rot [#8]

Servus 12 Kreuzer rot,

könntest du eventuell noch kurz mitteilen, ab wann die genannte Versicherungsgebühr: Weltpostverein in ein benachbartes Land 8 Pfennig je 240 Mark festgelegt wurde (Kongress/ Jahr)?

mit Dank im Voraus und Grüßen Max
 
bayern klassisch Am: 01.07.2017 09:29:12 Gelesen: 37972# 12 @  
Liebe Freunde,

ich möchte an dieser Stelle mal ein Beispiel aus der Praxis zeigen, wie sich die Zeit bereits vor dem raumgreifenden Postvertrag der Südstaaten zur Schweiz mit dem Okt. 1852 änderte, als die Schweiz ein Bundestaat wurde und eine Bundespost ausrief (1.1.1849).



Der 1. Brief aus Röthenbach vom 17.1.1849 lief noch nach altem Muster. Bayern taxierte ihn mit 3 Kr. bis 6 Meilen unter 1/2 Loth bis Lindau, während Zürich ihn 1 Tag später (typische weinrote Tinte) mit seinen 6 Kr. beschwerte und so auf 9 Kr. kam, dazu für den Aargau weitere 4 Kr., so dass die eigentliche Summe von 13 Kr. korrekt im Nenner stand.

Aber da hatte man die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn der Aargau bestand immer noch (seit 50 Jahren!) auf geraden Kreuzerbeträgen und erhöhte (mittig in Rötel) um eben einen Kreuzer auf 14 Kr. die Gesamttaxe.

Folglich: 3 Kr. für Bayern, 6 Kr. für Zürich, 4 Kr. für den Aargau und 1 Kr. extra für den Aargau.



Am 1.7.1851 sah es etwas anders aus: Bayern notierte immer noch seine 3 Kr. nach alter Manier (der DÖPV oder andere Erfindungen hatten hier nichts geändert) bis 6 Meilen und unter 1/2 Münchener Loth (kein Zolloth!), jetzt aber einen Tag später Zürich kamen für die ganze Schweiz 6 Kr. dazu (über 25 bis 40 Wegstunden). Damit hatten wir dann 3 + 6 = 9 Kreuzer. Hätten wir 9 Kreuzer! Denn noch immer galt: Im Aargau keine ungeraden Kreuzerporti! Ja, auch 1851 noch war dies zu bedenken von den mit Bayern kartenschließenden Poststellen der Schweiz, so dass Zürich gleich auf 10 Kr. erhöhte. In jedem Fall war er so schon 4 Kr. günstiger geworden und ab 1852 sollte sich dies nochmals reduzieren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Max78 Am: 04.08.2017 17:19:45 Gelesen: 37819# 13 @  
Servus Ralph,

zu diesen Briefen kann ich auch noch einen beisteuern, an den gleichen Adressaten, Augsburg - Wohlen 10.7.1849:



Zwar nicht so doll gestempelt, aber man sieht, dass Zürich, so wie Du es in Deinem Beitrag erklärt hast, das Aargau auch noch zu diesem Zeitpunkt getrennt in der Portoberechnung aufgeführt hat (8x Bayern, 6x Zürich, 4x Aargau = 18 Kreuzer). Es ist unglaublich, wie viele Informationen man dank Deiner unzähligen Beiträge mittlerweile finden kann, worüber ich sehr dankbar bin, denn sonst hätte ich die 8 Kreuzer nie im Leben erklären können. In einem anderen Beitrag führtest Du auf, dass es nur in München und Augsburg dieses Sondertarif für Briefe in die Schweiz gab, was hier der Fall sein dürfte. Gut für den Bezahler, sparte er sich somit 2 Kreuzer, weil das Aargau nichts zum "Gradebiegen" hatte. ;-)

mit Grüßen Max

(da für mich "Beifang", kannst Dich bei Interesse gerne melden)
 
bayern klassisch Am: 04.08.2017 18:03:44 Gelesen: 37808# 14 @  
@ Max78 [#13]

Hallo Max,

vielen Dank für das Zeigen deines Beifanges und die vielen, netten Worte.

Deine Beschreibung ist natürlich richtig - wenn du den Brief nicht doch selbst behalten willst (eine Sammlung Bayern - Schweiz, egal über welchen Zeitraum, ist ein Hochgenuß, das darf ich dir als Besitzer einer solchen versichern), dann gebe ihn doch an einen talentierten Jungsammler weiter. Ich bin am Ende meiner Sammlertätigkeit, was dieses Sammelgebiet angeht, angekommen und könnte ihn nicht ausstellen, weil ich schon 180 Blatt Bayern - Schweiz habe und ja nur 72 oder maximal 84 davon ausstellen darf - diesen "cut" würde er leider nicht schaffen, obwohl es kein schlechter Brief ist.

Nochmals danke für die überaus nette Offerte, aber wenn ein Jungsammler mit ihm motiviert wird, die Klassik zu sammeln, dann schenke das Briefchen lieber ihm, als mir.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 22.10.2017 19:52:23 Gelesen: 37325# 15 @  
Liebe Freunde,

keine Schönheit, aber mir eben in der Bucht ins Netz gegangen - der 1. Brief vom Ersttag des neuen, großen Vertrages vom 1.9.1868, den ich je gesehen habe. Der Preis war ein Witz - lucky me!



Jetzt fehlt nur noch einer in Gegenrichtung, aber man darf ja noch träumen.

Vor diesem neuen Vertrag hätte der gleiche Brief nur 6 Kreuzer gekostet - 3 Kr. je für Bayern und die Schweiz.

Jetzt behielt Bayern 4 Kr. und gab der Schweiz 3 Kr. weiter, so dass sich grenznahe Korrespondenten eher verschlechterten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.10.2017 15:38:24 Gelesen: 37293# 16 @  
Liebe Freunde,

von einem lieben Freund zeige ich 3 Briefe, die in denselben Kontext fallen - nur diesmal von der anderen Seite. So ganz optimal passen sie nicht in diesen Thread - wenn sie umgehängt werden sollen, dürft ihr das gerne tun. Thematisch passen sie aber zum Datum 1.9.1868 Neuer Postvertrag der deutschen Länder mit der Schweiz.





Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.11.2017 14:30:17 Gelesen: 37160# 17 @  
Liebe Freunde,



nachdem ich noch einige Nüsse bayerischer Briefe zu knacken habe, hier ein einfacher: 2 Kr. ab Lindau am 10.7.1851 über den Bodensee für Bayern plus 6 Kr. für die Schweiz über 25 bis 40 Wegstunden bis Wohlen im Aargau waren gleich 8 Kreuzer total.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.12.2017 15:09:49 Gelesen: 36993# 18 @  
Liebe Freunde,

wenn man bedenkt, dass die bayerische Kreuzerzeit bis 31.12.1875 dauerte und die Schweiz mit Bayern seit 1.7.1875 gemeinsam im UPU waren, solle man meinen, dass es ein leichtes sein dürfte, Belege dieses halben Jahres zu finden, sowohl hin, wie auch her. Aber dem ist nicht so, auch wenn es an Belegen zwischen diesen beiden Ländern wahrlich nicht mangelt. Aber wenn man ein Semester sucht, ein ganz bestimmtes jedenfalls, erkennt man, wie wenig es eigentlich gibt und dass Abwechslung in diesen Sammlungteil zu bringen keine leichte Aufgabe darstellt.



Ein Brief des katholischen Pfarramtes Wallerstein vom 6.11.1875 an das katholische Pfarramt Ramsen im Kanton Schaffhausen in der Schweiz wurde als Partei - Sache frankiert auf den Weg gebracht. Offenbar dachte man, dass für diese Frankatur nur 3 Kreuzer zu bezahlen gewesen wären, zumal doch im Weltpostverein alles so günstig wurde - aber einfache Briefe wie dieser kosteten vorher und nachher immer noch 7 Kreuzer und nicht deren 3. Daher entwertete die Aufgabepost die Marke oben links und stellte dann fest, dass noch weitere 4 Kreuzer fehlten. Diese wurden am selben Tag nachfrankiert und, nun mit anderem Winkel des Stempelgeräts, entwertet.

Es lässt sich darüber hinaus ersehen, dass die linke "1" des Stempels wohl defekt - abgebrochen war, denn alle Abschläge sind sehr klar und deutlich, jedoch druckt die erste "1" oben nicht aus. Der Stempel ist lt. Handbuch von Winkler noch bis 1878 verwendet worden - vlt. gibt es Abschläge kurz vorher/nachher, die den Zustand dieser "1" zeigen?

Zurück zur Postgeschichte (PO): Bayern behielt 4 Kreuzer, die Schweiz bekam 3 Kreuzer (10 Rappen) von Bayern bonifiziert und sehen tut man das Ganze natürlich nicht. Das Briefgewicht war auf 15g von zuvor 1 Loth (16,66g) reduziert worden, aber auch das spielte hier keine Rolle.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.02.2018 11:08:03 Gelesen: 36022# 19 @  
Liebe Freunde,

2 Briefe kann ich zeigen, die von Sachsen über Bayern nach Wohlen liefen:



1. Brief

Leipzig 17.1.1833 mit unleserlichem Rötelkrüppel über den "n" von Wohlen für die sächsische Strecke taxiert. Nürnberg nahm 14 Kr. in Auslage und addierte 12 Kr. für Bayern bis Lindau hinzu, so dass der Brief mit einer Eingangsbelastung von total 26 Kr. der Zürcher Postverwaltung angedient wurde.

Zürich erhöhte für sich um 6 Kr. auf 32 Kr. und addierte schon für den Aargau 2 Kr. auf 34 Kr. Endporto.



2. Brief

Dresden 28.1.1837 mit 3 1/2 Groschen sächsischer Inlandstaxe nach Nürnberg, die dort mit 16 Kr. verauslagt wurden. Dazu nun 18 Kr. für Bayern bis Lindau (2. Gewicht festgestellt, daher Faktor 1,5 von 12 Kr.) ergaben eine Grenzforderung von 34 Kr. für Zürich. Zürich sah ihn auch als schwer an und rechnete 1,5 mal 6 Kr. = 9 Kr. für sich, womit wir 43 Kr. dort hatten, wollte jetzt aber auch 6 Kr. pro einfachen Brief nach Wohlen und setzte dafür im 2. Gewicht 1,5 mal 6 = 9 Kr. total nun 52 Kr. an.

Zuerst kosteten Briefe aus Sachsen und Bayern via Zürich in den Aargau also nur 2 Kr., dann aber deren 6 je halbes Loth. Hier hatten sich die Briefe also, entgegen des Zeitentrends, verteuert und nicht vergünstigt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.03.2018 08:53:45 Gelesen: 35942# 20 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief ist für mich nicht leicht zu interpretieren. Nürnberg, 12.9.1808, nach Basel.



Siegelseitig lese ich 29x, die sich mir aber auch nicht erschließen wollen, weil er sicher ganz unfrankiert versendet wurde. Oben mit Rötel lese ich 12x (Taxis war zum 1.7.1808 aus Bayern herausgekegelt worden) für Bayern, dann eine 20x Taxe und letztlich eine 26x Taxe.

Da wüsste ich gerne, wer wie viel für welche Strecke bekommen hat. Leider habe ich von den Altverträgen TT - Basel keine Ahnung.

Innen ist ein festgepapptes Muster ohne Wert noch darinnen, das sich allerdings ziemlich im Brief zementiert hat. Trotzdem schön zu sehen, nach welchem Stoffmuster man gearbeitet hatte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 03.03.2018 10:46:39 Gelesen: 35933# 21 @  
@ bayern klassisch [#20]

Hallo Ralph,

haben wir nicht erst kürzlich von "krummen Hunden" gesprochen? :-)

Ich habe in meinem gescheiten Buch nachgeschaut und versucht, die Taxstufen zu finden: Ab 1778 kostete ein Brief von Nürnberg nach Basel 14x resp. 18x doppelt und 32x die Unze. Im weiteren lese ich, dass in Bayern die Taxen der Reichspost bis 1.12.1810 beibehalten wurden.

Woher die Taxen von 29x, dann 20x und 26x kommen, weiss der Kuckuck.

Gruss

Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 28.03.2018 12:34:56 Gelesen: 35762# 22 @  
Liebe Freunde,

nichts besonderes - und doch würde ich ihn jetzt nicht mehr hergeben. Portobrief aus dem allgäuischen Röthenbach vom 29.7.1851 (Aufgabe: Folgetag) nach Wohlen im Aargau in der Schweiz. Bayern notierte 3 Kreuzer bis Lindau, ab da ging es über den Bodensee nach Zürich, wo diese 3 Kreuzer gleich zum Endporto von 9 Kreuzern (über 25 bis 40 Wegstunden = 6 Kreuzer für die Schweiz) aufaddiert wurden.



Da er gut in eine Mini - Sammlung passt, habe ich ihn zum Preis einer Pizza (danke dafür!) erwerben können.

Innen macht er mir aber auch sehr Freude und ich will euch den Inhalt nicht vorenthalten:



Heimenkirch (2 km westlich von Röthenbach) den 29. July 1851

Herrn Jakob Ißler in Wollen

Ich will Ihnen nur kurz schreiben das ich den Brief von
Ihnen richtig erhalten habe und habe gesehen das Sie Dredel (= Drähte)
in billistem Preis verlangen so kann ich Ihnen woll schreiben
das ich die Dredel des Douset (= Dutzend) von den zweifachten zu 18 Kr.
und von den dreifachten des Douset zu 24 Kr.
fort liefern kann wenn Sie um dießen Preis einige wollen so dürfen
Sie mir bloß schreiben aber billiger kann ich Sie nicht liefern
weil man Sie jetzt bei uns nicht leicht bekommen kann
wegen der Eißenbahn Arbeit weil die Leut dort mehr verdienen.

Ich Grüße Sie Freundschäftlich
Michael Baldauf

Hier sieht man das Innenverhältnis Fabrikant, Lieferant, Ausbau der Infrastruktur (Eisenbahnbau der Strecke Kaufbeuren - Kempten mit Fertigstellung am 01.04.1852) und später der dadurch gewonnenen Freizügigkeit, günstig versenden zu können. Waren die Lieferanten/Hersteller also zu Beginn des lokalen Eisenbahnbaus gezwungen, hohe Preise für ihre Güter zu fordern, weil die gewaltigen Arbeiten zum Ausbau der Eisenbahnen eine starke Lohnkonkurrenz entfachten, so war nach erfolgter Aufnahme des Bahnbetriebs der Versand von Waren sehr wohlfeil und einfach geworden, was die Kosten nun wieder drückte und die Konkurrenzfähigkeit optimierte.

Die Strecke Kaufbeuren - Kempten war übrigens Teil der größeren Strecke Augsburg - Kempten, welche mit Bahnpostpersonal ausgestattet war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.06.2018 16:42:45 Gelesen: 35174# 23 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Brief mit postgeschichtlicher Besonderheit, die ich zu erklären versuche, da ich es nicht sicher weiß.



Brief aus Aschaffenburg vom 18.6.1875, also kurz vorm UPU, mit Standard - Franko von 7 Kreuzern nach Basel, sicher über die Reichspost geleitet, weil Unterfranken historisch in die Bereiche der Schweiz schon seit den 1850er Jahren zu leiten hatte, weil die badische Eisenbahn damals die schnellste im Land war.

Am Folgetag kam er in Basel an.

Aber das Interessante ist das Weiterfranko von m. E. 9 Pfennigen, also nicht 3 Kreuzer, oder 10/12 Silbergroschen, wie man sie sehr häufig findet.

Ein Weiterfranko "9" habe ich bisher noch nie gesehen. Die Taxen waren 7 Kreuzer von Bayern in die Schweiz, die auch 2 Silbergroschen entsprachen. 4 Kreuzer blieben bei Bayern, 3 Kreuzer waren an die Reichspost abzuführen, die dann der Schweiz 10/12 Groschen = 10 Rappen vergütete.

Von der Schweiz aus hätte der gleiche Brief 25 Rappen gekostet, wobei jetzt die Teilung 10 Rappen für die Schweiz und 15 Rappen für Bayern galten. Aber wie kommen wir hier auf 9 (Pfennige?)?

8 Pfennige, als das Standardfranko, entsprachen 3 Kreuzer, da 10 Pfennige 1 Groschen entsprach, der aus 12 Silberpfennigen zusammen gesetzt war.

So nehme ich an, dass die 10 Rappen für die Schweiz in 9 Pfennige reduziert wurden und der Reichspost bonifiziert wurden, so dass Bayerns 4 Kreuzer gleich 11 Pfennigen galten.

Gerne lese ich andere Interpretationen, oder erfahre, wo es Reduktionslisten zwischen Kreuzer - Pfennigen - Rappen gibt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.07.2018 18:01:51 Gelesen: 34872# 24 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich euch 2 Portobriefe an Ißler in Wohlen/Aargau.

1. Brief



Absender war die Firma Martin Baldauf aus Lindenberg bei Lindau im Bodensee am 22.9.1856. Die Aufgabepost Röthenbach/Bahnhof taxiert ihn mit 3 / 6x, also 3 Kreuzer für Bayern bis Lindau und 6 Kreuzer für die Schweiz bis Wohlen. Das war auch richtig, doch strich eine spätere Hand diesen Bruch und setzte dafür 3 / 3 an, was falsch war, da Wohlen bis zum 31.8.1859 für bayerische Briefe im 2. Rayon der Schweiz lag und somit 6 Kreuzer fremdes Porto korrekt war.

Die Schweiz bekam ihn mit dem Dampfboot über den Bodensee und Zürich taxierte auch richtig 30 Rappen Gesamtporto - 10 Rappen für Bayern = 3 Kreuzer und 20 Rappen für die Schweiz = 6 Kreuzer.

2. Brief



Liebe Grüsse von bayern klassisch

Absender war die Firma Friedrich Jäger in Lindau im Bodensee am 4.12.1859. Wie oben schon beschrieben, änderte sich ab dem 1.9.1859 die Rayonierung der Schweiz dahin gehend, dass jetzt von jedem deutschen Postgebiet die günstigeren Grenztaxpunkte anzusetzen waren und somit viele Orte vom teueren 2. Rayon in den günstigeren 1. Rayon wanderten, was Briefe aus Bayern nach der West- und Zentralschweiz um 50% Schweizer Porto vergünstigen konnte.

Hier setzte man in blau in Lindau 3 / 3 für 3 Kreuzer Bayern und 3 Kreuzer Schweiz korrekt an und hätte daher auf ein Gesamtporto von 6 Kreuzern = 20 Rappen kommen müssen. Doch Romanshorn übermalte die im Nenner stehenden 3 Kreuzer für die Schweiz mit einer roten 6 und forderte daher 30 Rappen = 9 Kreuzer vom Empfänger. Das war nicht korrekt! Da er aber nicht mehr über Zürich lief, sondern direkt in den Aargau, gab es kein Schwezerisches Korrektiv von Zürich mehr und die Schweiz bereicherte sich um 10 Rappen an ihrem Empfänger. 3 Monate nach der Umstellung war man noch immer den alten Taxen aufgesessen.
 
Gernesammler Am: 13.07.2018 20:16:03 Gelesen: 34827# 25 @  
Hallo Sammlerfreunde,

Brief aus Lindau vom 8.5.1847 von einem Xaver Specht als Rechnungsbrief an J.Isler in Wohlen.

Aufgegeben als einfacher Brief zu 2 Kreuzer ab Grenze 8 Kreuzer bis Zürich und weitere 4 Kreuzer bis Wohlen gesamt 12 Kreuzer für die Schweiz. In Zürich kam der Brief am 9.5., an einen Ausgabestempel von Wohlen gibt es nicht, dafür ein wunderschönes Papiersiegel X Sp. Gestempelt mit L2 Zweizeiler von Lindau (Winkler 8a).

Gruß Rainer




 
bayern klassisch Am: 13.07.2018 21:26:46 Gelesen: 34817# 26 @  
@ Gernesammler [#25]

Hallo Rainer,

schöner Brief! 2 Kreuzer = Sondertarif für Grenzorte nur gültig im Auslandsverkehr (Inlandsverkehr sonst immer ab 3 Kreuzer!) über den Bodensee nach Romanshorn bis Zürich. Zürich bekam 6 Kreuzer und rechnete gleich mit dem Aargau intern ab, so dass man in der Zürcher roten Tinte 4 Kreuzer für den Aargau notieren durfte.

Obwohl Bayern nur 2 Kreuzer erhielt, gibt es von Lindau einige Schmuggelbriefe nach Wohlen, weil man sich auch diese 2 Kreuzer noch sparen wollte. Lumpen damals! :-)

Der Ankunftsstempel von Wohlen fehlt hier - entweder fehlt er, oder man hat ihn vorne abgeschlagen, was ja gegen die Vorschrift war, aber in Wohlen hat das keinen gekümmert.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 21.12.2018 14:16:14 Gelesen: 33463# 27 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, den ich nicht 100%ig verstehe. Unterstellen wir, dass Bayern sein Franko im Nenner und das Weiterfranko für die Schweiz im Zähler notierte, ergäbe sich folgende Möglichkeit.



Fellheim 6.5.1849, frankiert mit 12 Kreuzern und 4 Kreuzern vom Absender, nach Schönenwerd (Solothurn) per Aarau in der Schweiz an die Firma Bally Söhne, die wir heute noch durch ihre Schuhprodukte kennen.

12 Kreuzer kann ich nur erklären mit dem Postvertrag Baden - Bayern vom 1.8.1843 für einfache Briefe bis 1/2 Loth über 15 Meilen als Gemeinschaftstaxe Bayern + Baden (Fellheim - Basel zum Beispiel). Dann 4 Kreuzer für die Schweiz ab Basel für Briefe über 10 - 25 Wegstunden als Auslandstarif.

Problem: 4 Kreuzer passen hier ab Basel nicht, weil Schönenwerd bis 10 Wegstunden (45 km) von Basel entfernt lag, so dass hier 2 Kreuzer gereicht hätten. Da die Gewichtsstufen gleich waren, können wir 1. Gewichtsstufe Bayern und 2. Gewichtsstufe Schweiz ausschließen.

Alternativ: 3 dieser 4 Kreuzer durfte noch Basel behalten und gab 1 Kreuzer an den Kanton Solothurn? Aber das ist pure Spekulation und für mich wenig glaubhaft.

Siegelseitig sehen wir aber einen Zürcher Stempel vom 9.5.1849, so dass die Leitung wohl von Fellheim via Lindau (4 Kreuzer für einfache Briefe über 6 - 12 Meilen = 68 km hier konkret) unterstellt werden müsste. Sollten die 4 Kreuzer im Zähler also für Bayern gedacht sein?

Wenn ja, dann hätten wir 12 Kreuzer fremdes Franko für Zürich. Nach dem Auslandstarif der Schweiz gab es aber nur die Tarifstufen bis 10, über 10 - 25, 25 - 40 und über 40 Wegstunden und die kosteten 2, 4, 6 und 8 Kreuzer, aber keine 12. Die siegelseitige 3 von Zürich ergibt dann auch keinen Sinn, weil es dann noch 9 Kreuzer wären und ungerade Taxen sollte es in der Schweiz schon gar nicht gegeben haben.

Für Lösungsvorschäge wäre ich sehr dankbar, denn in dieser Zeit von 1849-1852 ist alles nicht so einfach.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 21.12.2018 16:26:44 Gelesen: 33455# 28 @  
@ bayern klassisch [#27]

Hallo Ralph,

ich hoffe, mit einigen Hinweisen etwas Licht in den Tarifdschungel der frühen Schweiz zu bringen.

Zuerst zum Leitweg:

Siegelseitig sehen wir aber einen Zürcher Stempel vom 9.5.1849, so dass die Leitung wohl von Fellheim via Lindau (4 Kreuzer für einfache Briefe über 6 - 12 Meilen = 68 km hier konkret) unterstellt werden müsste. Sollten die 4 Kreuzer im Zähler also für Bayern gedacht sein?

Der Leitstempel von Zürich deutet schon auf den Leitweg Lindau – Zürich hin. Somit wären die 4 Kreuzer für Bayern gerechtfertigt. Zum Leitweg Lindau - Zürich sind im Band XII von R. Schäfer u.a. Verträge und Tarife der Eidgenossenschaft ins Ausland aufgeführt. Im Scan ist der Vertrag Bayern mit Zürich inkl. angeschlossene Kantone (auch Solothurn) abgebildet.



Im Weiteren sind Deine Annahmen zu den Tarifstufen nicht ganz richtig.

Nach dem Auslandstarif der Schweiz gab es aber nur die Tarifstufen bis 10, über 10 - 25, 25 - 40 und über 40 Wegstunden und die kosteten 2, 4, 6 und 8 Kreuzer, aber keine 12. Die siegelseitige 3 von Zürich ergibt dann auch keinen Sinn, weil es dann noch 9 Kreuzer wären und ungerade Taxen sollte es in der Schweiz schon gar nicht gegeben haben.

Diese Briefkreise und Tarife waren erst gültig ab 01. 10. 1849. Ab 1848 bis zum 01. Okt. 1849, als der Fellheim Brief versandt wurde, waren noch die unterschiedlichsten kantonalen Tarife gültig.

Versuch der Tarifberechnung:

Falls Zürich den Tarif von 6 Kreuzern für die Strecke Zürich - Lindau in Anspruch nahm (und davon 2 Kreuzer an Bayern abgeben musste), rechne ich für den umgekehrten Weg ab Lindau nach Zürich = 4 Kreuzer. Dazu käme noch die Taxe von Zürich nach Solothurn dazu. Das waren dann noch 8 Kreuzer, zusammen also 12 Kreuzer Franko, welches die Zürcher Post für sich in Anspruch nahm.
Die siegelseitigen 3 Kreuzer sind das “Weiterfranko” der Zürcher Post an die Solothurner Post.

Und nun komme auch ich ins Stocken:

Der innerkantonale Solothurner Tarif war 2 resp. 4 Kreuzer. Hat Zürich den Brief nicht nach Solothurn geschickt, sondern direkt in das viel näher gelegene Schönenwerd getragen? Und darum der Solothurner Post einen reduzierten Anteil abgab?

Ich muss es für heute bei dieser Annahme belassen.

Liebe Grüsse
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 21.12.2018 16:38:24 Gelesen: 33449# 29 @  
@ SH-Sammler [#28]

Hallo Hanspeter,

auf dich hatte ich gezählt. :-)

Danke für dein Engagement und deine immer sehr geschätzte Hilfe.

Das Hauptproblem ist erst einmal, dass Bayern wahrscheinlich Zähler und Nenner vertauscht hat. Wenn es so war, wäre das der 2. Brief (von vielen Tausenden), bei dem das passiert wäre. Sehr ungewöhnlich.

Historisch waren 6 Kreuzer Transitkosten für bayerische Briefe über Zürich hinaus pro halbes Loth (einfaches Gewicht). Demnach wären noch 6 Kreuzer für andere Kantone als Weiterfranko drin - aber das wären vermutlich zu viele Kreuzer gewesen.

Hatte Zürich nicht um diese Zeit andere, als Schweizer Kreuzer als Währung, nämlich Zürcher Kreuzer? Ich muss das mal, wo auch immer, nachlesen und vlt. ergibt sich auch daraus ein Sinn der Zürcher 3 hinten, die von niemandem anders notiert worden sein kann.

Es bleibt spannend!

Liebe Grüsse,
Ralph
 
SH-Sammler Am: 21.12.2018 16:58:59 Gelesen: 33445# 30 @  
@ bayern klassisch [#29]

Hallo Ralph,

mir gefällt diese Zusammenarbeit.

Zürich hatte zu dieser Zeit schon Rappen. Deshalb auch die Briefmarken (ab März 1843) zu 4 Rappen und 6 Rappen. 1 Kreuzer entsprach 2,66 Rappen. Diese Zürcher Währung war aber nur im Kanton Zürich gültig. Die gesamtschweizerische Währungumstellung war erst per 01.01 1852.

Im Verkehr mit anderen Kantonalposten sollten eigentlich die Kreuzer verwendet werden. Falls Zürich wirklich in Zürcher Währung gerechnet hat, erhielt Solothurn 3 Rappen = 1 Kreuzer. Das wäre mir zu wenig.

Und nun wiederhole ich mich: Sage mir einer, dass Philatelie langweilig sei.

Liebe Grüsse
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 21.12.2018 17:07:16 Gelesen: 33441# 31 @  
@ SH-Sammler [#30]

Hallo Hanspeter,

Zusammenarbeit ist immer gut, freue mich auch sehr darüber.

Stimmt - Zürich hatte damals Rappen.

Ich muss mir alles nochmals durch den Kopf gehen lassen, aber diese Briefe von 1849-1851 in die Schweiz sind oft sehr kompliziert, von daher macht es mir sehr viel Spaß, hinter ihr Geheimnis zu kommen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 16.01.2019 16:10:01 Gelesen: 33242# 32 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich ein Schmankerl, auf dessen Auftauchen ich lange warten musste. Aber das Warten hat sich gelohnt.



Eine Drucksache aus München vom 31.7.1859 war gerichtet an: "Herren S. Hoffmann & Blau in Bern". Leider ist dem Absender ein folgenschwerer Fehler unterlaufen, denn er frankierte sie (bis 1 Loth) nur mit einem Kreuzer. Das hätte für innerbayerische und Postvereinsdrucksachen gereicht, aber nicht für welche nach der Schweiz. Dafür wären 2 Kreuzer zu frankieren gewesen und wir wissen ja, dass Drucksachen nur dann in den Genuß der Portomoderation kamen, wenn sie voll frankiert waren. Andernfalls waren sie als gewöhnlicher Brief zu taxieren, wobei der Wert der verwendeten Freimarke in Abzug zu bringen war.

Für Bayern bedeutete dies: München lag im 3. Rayon zur Schweiz, also 9 Kreuzer Porto für Bayern abzüglich des verklebten Kreuzers = 8 Kreuzer noch für Bayern und für die Schweiz war ja gar nichts frankiert worden, so dass hier nach der Entfernungstabelle ab dem Grenztaxpunkt Lindau - Konstanz bis Bern weitere 6 Kreuzer hinzu gekommen wären.

Demnach wäre die Drucksache (mit dem Porto eines Briefes) mit 8 + 6 = 14 Kreuzern Nachporto in Bern zuzustellen gewesen. Aber so hat man nicht gerechnet.

Bayern machte den Fehler und stellte der Schweizer Post keine 8 Kreuzer in Rechnung. Die Schweiz sah den bayerischen Anteil mit 1 Kreuzer frankiert als abgedeckt an und reduzierte den ihr fehlenden Kreuzer korrekt in 5 Rappen, die man in Bern letztlich nur zu zahlen brauche.

Das ist die 4. unterfrankierte Drucksache in die Schweiz, die ich kenne und die zweite bisher mit Streifband. Siegelseitig hat sich niemand verewigt - vlt. war es auch das schlechte Gewissen? Wir werde es nie erfahren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.01.2019 17:56:23 Gelesen: 33234# 33 @  
Liebe Freunde,

von einem lieben Sammlerfreund zur obigen Thematik wie die Faust aufs Auge passend, 2 weitere Drucksachen unterfrankiert von Bayern in die Schweiz - mal so, mal so taxiert.



Damit dürften ca. 75% des Weltbestandes an unterfrankierten Bayerndrucksachen der Kreuzerzeit in die Schweiz innerhalb weniger Minuten hier gezeigt und beschrieben worden sein. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
briefmarkenwirbler24 Am: 17.01.2019 00:05:18 Gelesen: 33219# 34 @  
@ bayern klassisch [#32]

Hallo Ralph,

ein wirklich tolles Stück, das auch in meinen Blickfang geraten ist. :D Jetzt weiß ich ja, wem ich mich im Bietergefecht geschlagen geben musste und brauche mich auch nicht dafür zu ärgern. ;)

Aber ich bin mir sicher, dass sie in deiner Sammlung noch viel besser aufgehoben ist!

Nachdem ich mich wieder etwas länger aufgrund meines Studiums hier zurückgehalten habe und eher stiller Leser war, werde ich in den nächsten Tagen mal wieder was vorstellen.

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 17.01.2019 06:11:51 Gelesen: 33199# 35 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#34]

Hallo Kevin,

da hast du einen guten Geschmack entwickelt, denn viele Sammler schauen nur in den (Spezial-)Katalog und vermögen den erwirkten Preis damit nicht in Relation zu stellen.

Schön, wenn du wieder an Bord bist und nicht nur ich freue mich sehr, deine Belege bestaunen zu dürfen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
briefmarkenwirbler24 Am: 17.01.2019 20:05:23 Gelesen: 33130# 36 @  
@ bayern klassisch [#35]

Hallo Ralph,

schade, dass man nicht mit seinem gutem Geschmack die Briefe finanzieren kann. :D

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 18.01.2019 10:38:58 Gelesen: 33094# 37 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#36]

Wenn das möglich wäre, wäre das Material wohl anders in den Alben sortiert! :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 10.02.2019 08:12:32 Gelesen: 32570# 38 @  
Liebe Freunde,

heute mal eine kleine Spezialität von mir: Zürich, 15.5.1850, an "Herrn Ph. H. Kraemer Eisenwerk bei St. Ingbert bei Zweibrücken Bayr. Pfalz". Obwohl es für den Kanton Zürich seit 1.3.1843 eigene Marken zu 4 und 6 Rappen gab, wären diese auf frankierten Auslandsbriefen nicht gültig gewesen, obwohl diese bis 30.9.1854 im Lokalverkehr gültig waren.



Auch die beiden Marken der Bundespost (ab 1.1.1849) zu 4 Centimes, die sog. Waadt, vom 22.10.1849, bzw. die Folgemarke zu 5 Centimes vom 22.1.1850, kennen wir nicht auf Briefen nach Bayern, so dass man hier zur Barfrankatur greifen musste, wenn ein Postkunde frankiert ins Ausland versenden lassen wollte.

Der Franco - Stempel von Zürich bestätigte dies auch und siegeleseitig sehen wir 2 Taxen: 16 in Rötel und 12 in violetter Tinte. Die 16 Schweizer Kreuzer waren der Gesamtbetrag für die beteiligten Postgebiete Zürich (Schweiz), Baden und Bayern. Die 16 notierte also der Beamte am Annahmeschalter. Die 12 waren das Weiterfranko für Baden und Bayern, denn Korrespondenz in die Pfalz war stets den badischen Posten auszuliefern und ab dem 1.8.1843 galt zwischen Baden und Bayern ein Gemeinschaftspostvertrag, der beide Staaten zu einem Postgebiet erklärt hatte. Hierbei galt bei einfachen Briefe bis 1/2 Loth über 15 Meilen eine halbscheidig zu teilende Gebühr von 12 Kreuzern, egal nach wohin in der Pfalz die Briefe gerichtet waren.

Für die Schweiz galt Zürich - Basel über 10 - 25 Wegstunden (eine Wegstunde betrug 4,8 km, also hier in direkter Linie über 48 bis 120 km) = 4 Kreuzer, so dass hier alles korrekt berechnet worden war (auch bis 1/2 Loth einfach).

Am Folgetag wurde der Brief der badischen Bahnpost übergeben, die mit dem Curs II - Stempel und dem Nordstern dokumentierte, dass es nach Norden ging. Über Mannheim - Ludwigshafen ging es dann am 18.5. nach St. Ingbert, wo der Brief seinem Empfänger übergeben wurde. Dank der badischen Bahnpost ein zügiges Unterfangen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2019 09:54:50 Gelesen: 32353# 39 @  
Liebe Freunde,

den folgenden, hübschen Brief kaufte ich, weil er etwas demonstriert, was eigentlich nicht sein konnte. Die Gebühren waren damals hinsichtlich der Gewichte synchronisiert - sprich: 1/2 Loth bayerische (8,75 g) war auch in etwa die erste Gewichtsstufe für Zürich et altera in der Schweiz. Aber scheinbar halt nicht ganz.



Lindau notierte am 29.9.1847 auf einem Brief nach Wohlen (Aargau) über Zürich in schwarz 2 Kreuzer, ein Sonderporto, welches nur von LIndau galt, da sonst in Bayern das geringste Porto für einfache Briefe schon 3 Kreuzer betrug. Aber gegenüber der Schweiz wollte man sehr "wohlfeil" sein und befürchtete bei einem höheren Porto als 2 Kreuzern ein massives Eintreten des "Unterschleifs", also von Postbetrug durch Private oder Gewerbliche, die die bayer. Post dadurch erheblich schädigen konnten, indem sie ihre Post einfach über den Bodensee brachten und in der Schweiz aufgaben.

Am Folgetag, der Bodensee lag schon hinter uns, kam er in Zürich an, wo zu den bayer. 2 Kreuzern gleich 9 Kreuzer addiert wurden auf 11 Kreuzer, die sich aus 6 Kreuzern plus 3 Kreuzern für die 2. Gewichtsstufe zusammen setzten.

Da einfache Briefe von Zürich kommend nach Wohlen 4 Kreuzer kosteten, setzte Zürich gleich deren 6 für den Aargau an (4 + 2), weil man ihn auch dort im 2. Gewicht wähnte.

Jetzt kamen dabei total 17 Kreuzer heraus, die der Aargau, weil ungerade, immer auf eine gerade Zahl erhöhte, hier mit Rötel 18 Kreuzer. Mit einem Botenlohn hatte das nichts zu tun, sondern es war systemimmanent.

Dergleichen Briefe sind m. E. nicht häufig und wenn sie so hübsch sind wie hier (noch dazu mit dem blauen Firmenstempel von Lindau), dann macht man bei ihrem Kauf sicher nichts falsch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 21.02.2019 11:34:27 Gelesen: 32336# 40 @  
@ bayern klassisch [#38]

Hallo Ralph,

Du zeigst im Beitrag [#38] einen Brief ab Zürich, welcher als Frankobrief ohne Marken ins Ausland lief.

Dabei stellst Du Dir die Frage, ob die Zürcher Post nicht auch die “Bundesmarken” 4 Centimes resp. 5 Centimes (sogenannte Waadt) hätten verwenden können. Siehe Ausschnitt aus Deinem Beitrag:

Auch die beiden Marken der Bundespost (ab 1.1.1849) zu 4 Centimes, die sog. Waadt, vom 22.10.1849, bzw. die Folgemarke zu 5 Centimes vom 22.1.1850, kennen wir nicht auf Briefen nach Bayern, so dass man hier zur Barfrankatur greifen musste, wenn ein Postkunde frankiert ins Ausland versenden lassen wollte.

Hier eine Klarstellung betreffend der Übergangsmarken Waadt 4 sowie 5 und, als diese aufgebraucht waren, der 5 Centimes “Neuenburg”. Doch zuerst die Frage: Warum Übergangsmarken?

Hier die Erklärung: Der Kanton GENF hatte seit langem die französische Währung mit den Francs und Centimes. Der Rest der Schweiz zahlte noch mit Kreuzern, Schillingen, Blutzgern. Die Kaufkraft der Genfer Währung entsprach bis zur Währungsreform per 31. Dez. 1851 NICHT dem Wert der anderen Währungen im Rest der “Schweiz”. Auch wenn die neuen Briefmarken “Ortspost” und “Rayon” die Währung in Rappen anzeigte, wurde in der Deutschschweiz vielerorts bis zum 31. 12. 1851 halt noch mit Kreuzern usw. gerechnet und auch bezahlt.

GENF hat wegen der ungleichen Kaufkraft die Übergangsmarken “Waadt” und “Neuenburg” mit der französischen Währung (Centimes) drucken lassen. Diese Marken wurden nur in Genf und dem Nachbarort Nyon, im neugeschaffenen Postkreis 1 gelegen, verausgabt. Du wirst also keine Waadt 4 oder Waadt 5 auf Zürcher Briefen finden, auch nicht auf Briefen von Bern usw., sondern nur auf Briefen aus dem Postkreis 1 (Genf und umliegende Gebiete).

Umgekehrt hatten die Genfer “etwas” Mühe, die ersten Ausgaben der Schweizer Post zu akzeptieren. Da stand halt Rappen drauf, nicht Centimes.

Falls Du trotzdem mal einen Brief aus der deutschsprachigen Schweiz, mit einer Waadt 4 oder Waadt 5 drauf findest, solltest Du sofort zugreifen,

meint SH-Sammler
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 21.02.2019 12:11:24 Gelesen: 32333# 41 @  
@ SH-Sammler [#40]

Lieber Hanspeter,

vielen Dank für deine profunde Antwort - so soll Forum sein. :-)

Ich fürchte, dass es gar keine Briefe mit diesen schönen, alten Marken nach Deutschland gab, nicht mal die Basler Taube o.ä. Marken.

Meine Schweizer Sammlerfreunde kennen auch keine Briefe und die sammeln seit 40 Jahren intensiv. Aber theoretisch könnte es ja mal vorgekommen sein, dass man mit den alten Marken mal "neue" Briefe zu frankieren versuchte.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
briefmarkenwirbler24 Am: 21.02.2019 18:14:56 Gelesen: 32316# 42 @  
@ bayern klassisch [#39]

Hallo Ralph,

klasse Brief mit vielen für mich neuen und interessanten Informationen!

Danke fürs Zeigen dieses schönes Stücks!

LG

Kevin
 
bayern klassisch Am: 24.02.2019 08:22:14 Gelesen: 32198# 43 @  
Liebe Freunde,

in Anbetracht der hier von mir sehr gerne gesehenen Forumsprominenz, die die Schweiz sammelt, zeige ich einen Brief aus Lindenberg vom 29.9.1854 via Zürich nach Wohlen in den Aargau, den mir mal einer erklären darf. Ich bin gespannt, wer ihn knackt! Auch das "Drumherum" des Briefes ist nicht völlig uninteressant, also von bayerischer Seite her meine ich.





Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
briefmarkenwirbler24 Am: 24.02.2019 10:34:17 Gelesen: 32183# 44 @  
@ bayern klassisch [#43]

Hallo Ralph,

dann möchte ich mein Glück doch mal versuchen:

Dein Brief wurde in Lindenberg bei Lindau am Bodensee geschrieben und die Aufgabepost war Röthenbach/Bahnhof.

Hierzu als Hintergrundinformation bis zum 10.01.1852 wurde der Mühlradstempel mit der Nummer "391" Wirtheim zugeschrieben, ab dem 01.04.1853 Stadtprozelten und ab dem 31.05.1854 dann Röthenbach/Bahnhof, also bei deinem Brief ist der Stempel gerade mal 4 Monate dort benutzt worden.

Nun meine Vermutung zur Taxierung:

Der Postler von Röthenbach/Bahnhof taxierte den Brief mit "3/3", also 3 Kreuzer für Bayern bis Lindau und 3 Kreuzer für die Schweiz bis Wohlen, was auch der Frankatur von 6 Kreuzer auf dem Brief entsprach. Jedoch lag Wohlen bis zum 31.08.1859 für bayrische Briefe im 2. Rayon der Schweiz, sodass 6 Kreuzer fremdes Porto richtig gewesen wäre und insgesamt 9 Kreuzer hätten verklebt werden müssen (6x+3x).

Der Brief wurde dann mit dem Dampfboot über den Bodensee transportiert und Zürich taxierte ihn dann aber richtig mit 30 Rappen Gesamtporto, 10 Rappen für Bayern (=3 Kreuzer) und 20 Rappen für die Schweiz (= 6 Kreuzer). Oben rechts in der Ecke lese ich "3 Kr", vielleicht erkannte Zürich den Fehler und forderte den fehlenden Betrag ein?

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 24.02.2019 13:47:30 Gelesen: 32161# 45 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#44]

Hallo Kevin,

fast eine perfekte Beschreibung - Chapeau! Vor allem die Besonderheit des Mühlradstempels (selten!) hast du perfekt heraus gearbeitet und auch den Schweizer Teil gut beschrieben.

Aber die Besonderheit, die du noch nicht angesprochen hast, war die, dass nach dem Vertrag vom 1.10.1852 keine Teilfrankobriefe mehr akzeptiert wurden und im Falle einer Unterfrankatur der Wert der verklebten Marken verloren war, da ihn keine Postverwaltung anrechnen durfte! Im Postverein war das anders und genau das hat für Probleme bei der kleinen und unbedeutenden Aufgabepost Röthenbach gesorgt, die ja erst wenige Monate existierte.

Zürich mit seinen sehr routinierten Postbeamten wusste natürlich um diese Besonderheit des Vertrages und erkannte die Marke nicht an. Bayern hatte ja noch oben rechts das fehlende Franko mit 3 Kreuzern notiert. Zürich sagte, dass man dem Vertrag hier gar nichts frankiert wurde und demnach, du hattest es richtig ausgeführt, das volle Porto eines unfrankierten Briefes von 30 Rappen beim Empfänger angefordert.

Für Bayern war diese Eselei des Lindenberger Absenders ein Segen, bekam man doch 6 Kreuzer für die Marke und später 3 Kreuzer von der Schweiz überwiesen = 9 Kreuzer, also das Dreifache dessen, was man regulär zu bekommen gehabt hätte.

Erst mit dem 1.7.1856 kippte man diesen retardierenden Vertragspassus und rechnete das zu wenig Frankierte an. Dann hätte dieser Brief nur 10 Rappen für die Schweiz gekostet.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
briefmarkenwirbler24 Am: 24.02.2019 18:04:46 Gelesen: 32137# 46 @  
@ bayern klassisch [#45]

Hallo Ralph,

erst einmal Glückwunsch zu diesem klasse Brief, sowohl optisch als auch postgeschichtlich großes Kino, da wird man doch glatt neidisch :D !

Aber die Besonderheit, die du noch nicht angesprochen hast, war die, dass nach dem Vertrag vom 1.10.1852 keine Teilfrankobriefe mehr akzeptiert wurden und im Falle einer Unterfrankatur der Wert der verklebten Marken verloren war, da ihn keine Postverwaltung anrechnen durfte! Im Postverein war das anders und genau das hat für Probleme bei der kleinen und unbedeutenden Aufgabepost Röthenbach gesorgt, die ja erst wenige Monate existierte.

Da habe ich wieder was dazugelernt, von dieser Regelung wusste ich vorher noch gar nichts, umso schöner es anhand eines Beispiels gezeigt zu bekommen. Umgekehrt galt dies doch wahrscheinlich genauso, vielleicht findest Du ja noch das passende Pendant? Oder hast es sogar schon?

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 24.02.2019 18:20:57 Gelesen: 32134# 47 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#46]

Hallo Kevin,

guter Gedanke! Ich habe zwar viel Material, aber glaube ich keinen Brief CH - Bayern dieser Art. Die anderen aber auch nicht - die Schweizer haben "besser" frankiert in der Frühzeit, als die Bayern.

Von den unterfrankierten Briefen, die mir bekannt sind, sind maximal 5% oder weniger aus dieser frühen Periode. Jeder Brief ist ein Highlight, glaubs mir und einen schöneren kenne ich nicht, noch dazu mit der Postgeschichte des Aufgabeortes, die allein für sich schon ein Highlight ist.

Ich drücke dir die Daumen, jetzt, da du das weißt, dass du mal etwas Deutschland - Schweiz et vice versa findest. Leicht wird es aber nicht.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
briefmarkenwirbler24 Am: 24.02.2019 18:30:54 Gelesen: 32132# 48 @  
@ bayern klassisch [#47]

Jeder Brief ist ein Highlight, glaubs mir und einen schöneren kenne ich nicht, noch dazu mit der Postgeschichte des Aufgabeortes, die allein für sich schon ein Highlight ist.

Hallo Ralph,

das glaube ich dir gerne, optisch ist der Beleg wirklich eine Wucht!

Ich werde auf jeden Fall die Augen offen halten, man weiß nie was noch alles in den Alben andere Sammler schlummert.

LG

Kevin
 
briefmarkenwirbler24 Am: 23.03.2019 11:55:28 Gelesen: 31771# 49 @  
Hallo zusammen,

heute gibt es mal wieder einen Beleg nach Bayern von mir zu sehen, der relativ selten ist.

Aufgegeben wurde der Brief am 27.05.1871 in Winterthur und adressiert an Martin Spengelin in Lindau.

Siegelseitig wurden zwei Stempel abgeschlagen, ein Transitstempel von Rorschach und der Ankunftsstempel von Lindau, jeweils vom gleichen Tag (beides 27.05.).

Frankiert wurde der Brief allerdings nach dem alten Vertrag mit dem DÖPV (galt bis zum 31.08.1868) bloß mit 20 Rappen (10 Rappen Tübli + 10 Rappen Zufrankatur), und zwar für einen Brief vom 1.Schweizer Taxrayon in den 1. Vereinsländischen Taxrayon. Allerdings trat ab dem 01.09.1868 ein neuer Vertrag in Kraft, nach dem Briefe bis 15 gr. nach Deutschland einheitlich mit 25 Rappen zu frankieren waren. Vergleicht man die alten Tarife, bei denen je nach Taxrayon 50, 40 oder 30 Rappen zu frankieren waren, mit dem neuen Vertrag, trat eine Gebührenreduktion ein, mit einer Ausnahme, dem damaligen 20 Rappen-Tarif (wie er bei meinem Brief vorliegt), welcher mit dem neuen Vertrag um 5 Rappen erhöht wurde.

Die Nachtaxierung mit 9 Kreuzern (in Bläuel) ist korrekt, da zu dieser Zeit (vom 1.9.1868 bis zum 30.6.1875) ungenügend frankierte Briefe in Bayern grundsätzlich wie unfrankierte mit 14 Kreuzern belastet wurden, abzüglich der geklebten Frankatur (umgerechnet 5 Kreuzer). Aufgrund ständiger Kursschwankungen wurden 20 Rappen mal mit 6 mal mit 5 Kreuzern umgerechnet. Der Empfänger hatte dann die 9 Kreuzer Nachporto zu tragen.

Aus dieser Zeit dürfte ein solcher Nachportobrief relativ selten sein, wenn man bedenkt, dass der neue Vertrag 1871 bereits knapp 3 Jahre bestand. Aus der Anfangszeit des neuen Vertrages findet man solche Briefe auf jeden Fall sicherlich öfter.

Liebe Grüße

Kevin


 
bayern klassisch Am: 23.03.2019 23:44:17 Gelesen: 31755# 50 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#49]

Hallo Kevin,

sehr gut recherchiert - wow!

Da 30 Rappen fehlten (50 Rappen für den unfrankierten, sog. Portobrief), galt 10 Rappen = 3 Kreuzer, also total 9 Kreuzer zu wenig, die Herr Spengelin in Lindau im Bodensee nachzahlen durfte. Dabei fand keine Teilung statt, denn die 20 Rappen wären auch bei einem ganz unfrankierten Portobrief der Schweiz gutgeschrieben worden und Bayern hätte in diesem Fall auch 30 Rappen = 9 Kreuzer kassiert, da die Teilung bei Porto- und Frankobriefen immer 2/5 zu 3/5 war.

Diese Unterfrankaturen kennen wir praktisch nur aus der Spengelin - Korrespondenz, wo ca. 5 - 6 Stücke (mit diesem) bekannt sind. Richtig ist natürlich, dass die frühen Unterfrankaturen häufiger waren, als die in den 1870er Jahren, weil es irgend wann auch der kognitiv minderbegabteste Schreiben endlich bemerkt hatte, dass mit dem neuen Vertrag eben nicht alles günstiger geworden war.

Dein Brief ist der m. E. qualitativ hochwertigste von allen - Glückwunsch dazu. Auch erwähnen könnte man, dass der Brief über den Bodensee lief mit einem Dampfboot, so dass man ihn semantisch sogar als Überseebrief bezeichnen könnte. :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
briefmarkenwirbler24 Am: 24.03.2019 13:46:06 Gelesen: 31730# 51 @  
@ bayern klassisch [#50]

Dabei fand keine Teilung statt, denn die 20 Rappen wären auch bei einem ganz unfrankierten Portobrief der Schweiz gutgeschrieben worden und Bayern hätte in diesem Fall auch 30 Rappen = 9 Kreuzer kassiert, da die Teilung bei Porto- und Frankobriefen immer 2/5 zu 3/5 war.

Hallo Ralph,

danke für diese wertvolle Information! Ich nehme an bei der Teilung beziehst Du dich nur auf den Briefverkehr zwischen den süddeutschen Staaten und der Schweiz, oder?

Diese Unterfrankaturen kennen wir praktisch nur aus der Spengelin - Korrespondenz, wo ca. 5 - 6 Stücke (mit diesem) bekannt sind.

Gut zu wissen, :) also es sind bloß eine Hand voll Briefe nach Bayern bekannt und wie sieht es mit Baden und Württemberg aus?

Dort müsste es ja auch die gleichen Fälle gegeben haben. Ich weiß zumindest, dass unser Freund einen nach Baden hat :) (vielleicht sogar mehr).

Dein Brief ist der m. E. qualitativ hochwertigste von allen

Umso mehr freue ich mich natürlich den Brief verhältnismäßig günstig bekommen zu haben.

Liebe Grüße

Kevin
 
bayern klassisch Am: 24.03.2019 14:39:56 Gelesen: 31724# 52 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#51]

Hallo Kevin,

Ich nehme an bei der Teilung beziehst Du dich nur auf den Briefverkehr zwischen den süddeutschen Staaten und der Schweiz, oder?

Ja, Silbergroschen - Postgebiete benötigten ja immer noch die süddeutschen Staaten, um ihre Post in die Schweiz zu bringen, da es keine direkten Kartenschlüsse gab.

also es sind bloß eine Hand voll Briefe nach Bayern bekannt und wie sieht es mit Baden und Württemberg aus?

Ich habe mich nur auf Bayern bezogen - nach Baden, Württemberg, Österreich usw. gab es das natürlich auch, aber wohl auch nicht viel mehr. Unser Robert hat natürlich eh fast alles, von daher könnte er dir auch nach dorthin etwas zeigen (was über 140 Alben halt so alles hergeben ...). :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 18.09.2019 17:13:06 Gelesen: 30511# 53 @  
Liebe Freunde,

frankierter Dienstbrief des Stadtmagistrats Bayreuth vom 1.12.1874 an den Gemeinderath z u Bannwyl Amtsbezirk Aarwangen in der Schweiz. Die Behörde hatte es mit dem Transport eilig, auch wenn der Inhalt mir nicht so dringlich erscheint, wie ich es bei dergleichen Briefen kenne. In jedem Fall notierte man Cito mit Rötelstift, unterstrich es und setzte das Schweizer Weiterfranko mit 3 Kreuzern korrekt an (was man aber nicht hätte müssen). Später unterstrich man noch mit blauem Stift Cito und setzte ein Ausrufezeichen dahinter.





Leider kenne ich sonst keine Expressbriefe in die Schweiz, weder private, noch dienstliche wie hier, denn ich nehme nicht an, dass die Post 2 mal den selben Fehler machte, sondern eher, dass er unter der Rubrik "Dienstexpressbriefe" in der Briefkarte vorgetragen wurde.

Ausweislich der siegelseitigen Stempel kam er am Folgetag schon an und könnte auch sofort ausgetragen worden sein, aber das muss Spekulation bleiben.

Keiner Spekulation bedarf es hinsichtlich des dringenden Inhalts, den ich hier transkribiert habe:

"Aufnahme des zugereisten Faerbergesellen Adolph Schaad von Bannwyl im hiesigen stadetischen Krakenhause.
Wir machen hiermit die ergebenste Mittheilung, daß der am 15. Februar 1854 geborene hier zugereiste Faerber Adolph Schaad von Bannwyl j. B. wegen Kraetze heute im hiesigen staedtischen Krankenhause aufgenommen werden mußte, daß derselbe in Folge seiner ansteckenden Krankheit nicht transportfaehig ist und dessen Heilung ohngefaehre 8 Tage waehren wird.

Der rechtskund: Bürgermeister verhindert - gez. Unterschrift".

Unser junger Fahrensmann aus der Schweiz war also in Bayreuth erkrankt an Krätze und das war damals nicht lustig [1].

Üblich war es, dass die Heimatgemeinden für Kosten ihrer Bürger im Ausland aufzukommen hatten und ich denke, dass man nach Entlassung des Färbergesellen Schaad die Kosten für das Krankenhaus, Medizin und Heilung (samt Porto natürlich) von der Gemeinde in Bannwyl wieder haben wollte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Kr%C3%A4tze
 
bayern klassisch Am: 09.10.2019 09:05:21 Gelesen: 30330# 54 @  
Liebe Freunde,

ein nettes Forumsmitglied hat mir folgendes Kärtchen vermacht, über das ich mich sehr gefreut habe:



Romont, 21.11.1873 an die Firma Maerz & Braun nach Nürnberg, bei dem eine 5 Rappen Inlandspostkarte mit weiteren 5 Rappen auffrankiert wurde. Ankunft in Nürnberg am 23.11.1873.

Nach langer Beobachtung des Marktes zwischen beiden Ländern muss ich feststellen, dass es viel mehr (auch oder gerade schöne) Postkarten aus der Schweiz nach Bayern gibt, als umgekehrt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
briefmarkenwirbler24 Am: 09.10.2019 11:27:17 Gelesen: 30316# 55 @  
@ bayern klassisch [#54]

Hallo Ralph,

sehr schöne Postkarte, genau nach meinem Geschmack!

Habe eine sehr ähnliche nach Sachsen, allerdings schon zur "Reichszeit".

Ich kann deine Beobachtung bestätigen, mir ist zumindest in der Bucht noch nie wirklich eine schöne PK von Bayern nach Schweiz aufgefallen, während es andersherum doch immer mal wieder Angebote gibt.

LG

Kevin
 
bayern klassisch Am: 09.10.2019 12:26:16 Gelesen: 30310# 56 @  
@ briefmarkenwirbler24 [#55]

Hallo Kevin,

auch gibt es eine kurze Zeit, in der Postkarten, wie Briefe auch, noch 7 Kreuzer kosteten bzw. 25 Rappen. Wenn du da mal eine sehen solltest, lass es mich wissen - muss nicht mal schön sein. :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 17.11.2019 10:36:53 Gelesen: 29718# 57 @  
Liebe Freunde,

wo liegt die Besonderheit bei dieser Drucksache von Nürnberg nach Bischofszell in der Schweiz?



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 17.11.2019 13:56:10 Gelesen: 29700# 58 @  
@ bayern klassisch [#57]

Hallo Ralph,

PP sagt ja aus bezahlt bis Grenze und ich weiß nicht, ob für über 50 Meilen 3 Kreuzer ausreichten auch wenn es eine Drucksache war.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 17.11.2019 15:21:14 Gelesen: 29693# 59 @  
@ Gernesammler [#58]

Hallo Rainer,

das P.P. stand innen und hatte mit der Taxierung/Frankierung nichts zu tun und bedeutete nur:

praemissis praemittendis

Bei Drucksachen war die Entfernung egal (wenn es kein Grenzrayon war und das war es hier natürlich nicht).

Die Lösung ist also noch zu erahnen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Gernesammler Am: 17.11.2019 15:42:58 Gelesen: 29692# 60 @  
@ bayern klassisch [#59]

Hallo Ralph,

ich weiß aber ein Versuch war es Wert aber ich lass mich gern durch die Lösung überraschen und bin gespannt.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 17.11.2019 15:52:21 Gelesen: 29691# 61 @  
@ Gernesammler [#60]

Hallo Rainer,

danke für deinen Versuch - dann löse ich mal:

Eine Drucksache (DS) Bayern - Schweiz kostete immer 1 Kreuzer für Bayern und 1 Kreuzer für die Schweiz je Gewichtsstufe.

Hier war es natürlich die 1. Gewichtsstufe, also hätte man 2 Kreuzer frankieren müssen.

Aber wenn man keine 1 Kreuzermarken zur Hand hatte, klebte man schnell eine geläufige 3 Kreuzermarke, die ja jeder hatte und verschwendete so 1 Kreuzer.

Die bayerische Post knobelte nun, ob es eine unterfrankierte 2. Gewichtsstufe einer DS war, oder gar ein unterfrankierter Brief. Da es aber eine DS war, die offen aufgeliefert wurde (ich hoffe, dass man das erkennen kann), konnte es also nur eine DS sein, die um 1 Kreuzer überfrankiert worden war.

Bayern behielt hier also 2 Kreuzer und notiert in Blau (richtig wäre es in Rot gewesen) 1 Kreuzer Weiterfranko für die Schweiz.

Überfrankierte Drucksachen sind sehr selten, weil gerade Auslandsdrucksachen Poststücke der "Profis" waren, die natürlich genau wußten, was die Poststücke kosteten. Hier sollte sie schnell raus und den Extrakreuzer wird man wohl verschmerzt haben.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 21.01.2020 14:43:12 Gelesen: 28819# 62 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen der ungewöhnlichsten Bayern - Schweiz - Briefe, die ich kenne und ich musste ihn unbedingt haben.

Eine Portofreie Regierungs Sache vom 2.8.1848 aus Memmingen des 7. Bundes - Armme - Korps zu Memmingen "An Herrn Major von Liel im Kgl. bay. Generalquartiermeisterstabe in Bern", womit der Brief in Bayern und der Schweiz portofrei zu belassen war. AM 4.8.1848 kam er in Zürich an und war am Folgetag schon in Bern. Doch in Bern war Herr von Liel nicht mehr, weswegen man oben notierte: " Von Bern den 4ten August abgereist. J. Kraft zur Krone".



Ich folgere also, dass der Brief Herrn von Liel um einen Tag verpasst hatte und Herr J. Kraft vom Gasthaus Krone im Bern, wo er wohl logiert zu haben schien, den Brief der Berner Post retour gab. Diese schickte ihn postwendend nach Zürich zurück, wo er siegelseitig am 7.8. vormittags ankam und wo der Auslag von Zürich - Stempel etwas sinnlos abgeschlagen worden war, denn "Auslagen", also eigene, Schweizer Porti, waren ja keine angefallen, weshalb das Innere des Auslagestempels auch leer bleiben musste.

Am 9.8. traf der Retourbrief wieder in Memmingen ein, doch war Herr von Liel auch jetzt nicht mehr dort zu erreichen und man strich "Memmingen" und setzte seine neue Anschrift "München" darüber, wo er letztlich erfolgreich am 10.8. auch zugestellt werden konnte.

1 Tag zu spät, 7 Stempel, ein Armeekorps - Siegel, das sich gewaschen hat, 2 mal nachgesandt und das alles kostenlos - Sammlerherz, was willst du mehr?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 21.01.2020 19:17:19 Gelesen: 28802# 63 @  
@ bayern klassisch [#62]

Hallo Ralph,

tolles Stück was wohl jeder gern in seiner Sammlung hätte, ob Bayern oder Schweiz Sammler.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 21.01.2020 20:04:38 Gelesen: 28796# 64 @  
@ Gernesammler [#63]

Hallo Rainer,

danke dir - sehe ich auch so. Suche mal einen Brief mit leerem Auslagestempel von der Schweiz - kenne keinen anderen bisher.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 22.01.2020 12:06:46 Gelesen: 28768# 65 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief als gebührenpflichtige Partei - Sache des Kreis- und Stadtgerichts Ansbach vom 12.3.1824 an das Oberamt Zofingen, Bezirk Zofingen im Kanton Aargau in der Schweiz, welcher frankiert bis zu Grenze und recommandirt war (gegen Postschein).



Der Absender zahlte 30 Kreuzer, aber nicht den Schweizerischen Anteil, daher notierte die Post in Ansbach "Grenz" neben "frei" vom Absender. Die Entfernung betrug 206 km, also 27,4 Meilen. Ein einfacher Brief über 24 bis 30 Meilen hätte 10 Kreuzer gekostet, so dass dieser bis 1 Loth = 15 Kr., bis 1 1/2 Loth = 20 Kr., bis 2 Loth = 25 Kr. und bis 2 1/2 Loth 30 Kr. kosteten, weil er auch mit dem Vermerk "Mit Anlage" versehen worden war.

Oben rechts notierte Ansbach die Reco-Nro. 1, Nürnberg fügte ein blaues Tintengitter wegen der Recommandation und die Reco-Nr. 1 bei, Lindau die N. 8, Zürich die 3 oben rechts und die 20. (Eingangsmanualnummer) oben links, eine Transitpost der CH fügte die 20 bei, strich sie und vergab statt dessen die 40 und Zofingen notierte letztlich die Reco-Nr. 62 (nicht 64, wie man auch lesen könnte).

Interessanterweise blieb dieser Brief, wohl weil die CH "R.S.", statt "P.S." gelesen hatte, komplett gebührenfrei und einen Reco-Brief mit 7 verschiedenen Reco-Nummern muss man auch erst einmal finden.

Liebe Grüsse von bayern kassisch
 
bayern klassisch Am: 18.02.2020 13:55:43 Gelesen: 28210# 66 @  
Liebe Freunde,

den hier musste ich aus 2 Gründen haben, auch wenn die mit dem Postvertrag Bayern - Schweiz vom 1.9.1868 wenig zu tun hatten:



1. Ein kleiner Einkreisstempel = 24 mm (!) entwertete gleich 3 Marken - und das in München, wo es ja nur gute Beamte am Schalter gab, und

2. Der Absender stempelte bereits mit seinem eigenen "Recommandirt" - Stempel, dem die Aufgabepost pflichtbewußt einen roten Chargé - Stempelabschlag folgen ließ.

Ich kenne nur wenige Fälle, in denen Absender für sich selbst Recommandirt - Stempel anfertigen ließen.

Dieser hier aus München vom 4.7.1869 lief nach Luzern (wunderschöne Stadt, bitte mal besuchen, wenn ich die Schweiz passiert) und wurde von Lindau aus über den Bodensee mit dem Dampfboot nach Romanshorn verfrachtet, also ein sog. Überseebrief.

In Luzern kam er schon am Folgetag an - unglaubliche Leistung und daher höchster Respekt für unsere Kameraden der damaligen Zeit - heute unmöglich, ob eingeschrieben, oder nicht.

4 Kreuzer für Bayern, 3 Kreuzer für die Schweiz und 7 Kreuzer Reco-Gebühr für die Aufgabepost.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.03.2020 14:47:05 Gelesen: 27492# 67 @  
Liebe Freunde,

wieder einen Grenzrayonbrief der Firma Schieling & Co in Lindau an Firma Kinkelin in Romanshorn, jetzt ohne Abgabestempel verblieben. Das Datum war der 2. Mail 1868 und die Ankunft dürfte am selben Tag erfolgt sein per Dampfboot über den Bodensee.



Bei Grenzrayonbriefen innerhalb von 5 Postmeilen zwischen Aufgabe- und Abgabepost verblieb das Porto/Franko komplett der Aufgabepost, hier also 3 Kreuzer für Bayern allein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.03.2020 11:48:42 Gelesen: 27471# 68 @  
Liebe Freunde,

den folgenden Brief konnte ich - leider! - nicht für 1 BP$ (Bernatzscher Pizza Dollar) irgendwo in der Bucht grabschen, sondern musste ihn auf einer Schweizer Auktion heimholen, aber seis drum, man lebt nur ein Mal und ich musste ihn unbedingt haben.







Verfasst wurde er am 15.4.1863 in München auf Briefpapier der Firma Bath von Jacob Pfeiffer und gerichtet war er an den allseits bekannten Strohfabrikanten Isler in Wohlen im Aargau. Text (eignet sich auch für diejenigen, die die deutsche Kurrentschrift nicht gut lesen können als Übungs- und Anschauungsmaterial):

"Indem mir Ihr w(erthes) Haus noch aus früherer Zeit bekannt ist, wo ich in Kempten etablirt, mit Ihnen in Stroh - Waaren mehrere Jahre hintereinander verkehrte, dasselbe aber wegen Kränklichkeit meiner Frau aufgab, um dafür eine Kunstmühle angetretten habe, welche ich in jüngstens an meinen Sohn übergab, und hierher gekommen bin um mir Agenturen zu sammeln. Ich kenn das Strohgeschäft, und an große Thätigkeit von jeher gewöhnt, könnte Ihnen gewiß gute Dienste leisten, wenn Sie mir Ihr werthes Zutrauen schenken wollten.

Nicht allein für hier wäre ich dazu bereit, sondern ich ließte mich wenn Sie es wünschten, auch darauf ein, einen gewissen Bezirk selbst über Baiern hinaus zu bereisen.

Nahdem ich immer eine besondere Vorliebe für die Schweitz gehabt, würde im Falle auch eine feste Stelle bey Ihnen als Buchhalter, Correspondent, Magazzinier & annehmen, und weil ich 8 meiner Jugendjahre in Italien auf dem Comptoir und auf Reisen zugebracht, bin ich deßhalb in der italienischen Sprache ganz ferm (soll heißen "firm"), und der französischen auch kundig.

Mein Herr Vetter Albert Rohr in Lenzburg, der mir Ihre verehrliche Addresse aufgegeben, und Herr Friedrich Jäger in Lindau, können über mich genügende Auskunft ertheilen.

Zum Schluße hoffend, von Ihnen in irgendeiner Beziehung eine günstige Antwort mit Anträgen zu erhalten, empfehle mich Ihnen mit besonderer Achtung und Ergebenheit.

Sendlingerrhor - Platz No 7, parterre links."

Der Brief hätte im April 1863 bei regulärer Aufgabe in München unfrankiert bis 1 Loth 9 Kreuzer für Bayern und 3 Kreuzer für die Schweiz = 12 Kreuzer = 40 Rappen gekostet.

Durch den Schmuggel (wohl Verwandschaft bzw. ehemalige Geschäftsfreunde) und Postaufgabe in Zürich kostete er jetzt als innerschweizer Fernbrief nur 15 Rappen, also etwa 5,5 Kreuzer.

Das war natürlich nett von ihm, dass er seinem potentiellen, zukünftigen Arbeitgeber diese 25 Rappen ersparte, aber man hätte sich auch sehr gut vorstellen können, dass er den Brief, ob in München, oder in Zürich von einem Dritten aufgegeben, frankiert hätte, um so einen guten Eindruck zu machen - aber das tat er nicht.

Dergleichen Briefe sind m. E. recht selten, auch wenn Kuvertierungen und durch Güte - Aufgaben auch im Auslandsverkehr schon mal vorkommen.

Interessant ist noch die Tatsache, dass der Brief am 15.4. in München geschrieben und noch am selben Tag in Zürich aufgegeben wurde, wobei er am Folgetag in Wohlen seinen Empfänger erreichte.

Leider weiß ich nicht, ob die Bemühungen unseres Herrn Jacob Pfeiffer aus München von Erfolg gekrönt waren. Über nähere Informationen würde ich mich sehr freuen (im Netz erfolglos geblieben).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.05.2020 12:06:35 Gelesen: 27137# 69 @  
Liebe Freunde,

am 27.6.1864 sandte man in Augsburg / Stadt einen einfachen Brief nach Weißenburg Canton Bern ab, für den man 9 Kr. frankierte, wovon 3 Kr. als Weiterfranko für die Schweiz ausgewiesen wurden.

Schaut man jedoch in die Tariflisten der Schweiz zu dieser Zeit, so sind alle Orte genannt, für die das Weiterfranko 3 Kr. kostet - alle anderen Zielorte kosteten 6 Kr. Weiterfranko.



Der Canton Bern lag im 2. Rayon, wie Bern selbst, so dass das korrekte Weiterfranko immer 6 Kr. betrug und die Entfernung von Augsburg bis zum Grenztaxpunkt zur CH, ab dem 1.9.1859 Basel - Schaffhausen, betrug ebenso immer 6 Kr., was also einen Brief mit einem Franko von 12 Kr. bedingt hätte.

Wohl dem, der rechnen kann - unser Augsburger konnte es nicht und Bayern entgingen zwar keine 3 Kr. bei der Aufgabe, aber die Schweiz musste diese 10 Rappen als Verlust verbuchen, denn eingefordert vom Empfänger hat sie niemand mehr.

Hinweis: Der Scanner hat die Marke oben koupiert - sie ist vollrandig.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
SH-Sammler Am: 07.05.2020 13:31:48 Gelesen: 27130# 70 @  
@ bayern klassisch [#69]

Hallo Ralph,

die Schweiz ist doch so klein, da müssten 3 Kreuzer Weiterfranko doch genügen. Aber Du hast recht, Bern lag im 2. Rayon. So musste die Schweizer Post halt einen Abstrich machen.

Liebe Grüsse

SH-Sammler
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 07.05.2020 16:37:41 Gelesen: 27119# 71 @  
@ SH-Sammler [#70]

Hallo Hanspeter,

da hast du Recht - cleverer wäre es gewesen, die ganze Schweiz als nur einen Rayon zu sehen; wenn man sich die Größe des Postvereins anschaut mit nur 3 Rayons und die kleine Schweiz mit 2 Rayons, ist das schon ein besserer Witz.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 15.06.2020 12:33:24 Gelesen: 26699# 72 @  
Liebe Freunde,

von einem äußert netten Forumsmitglied konnte ich den hier 1 zu 1 eintauschen. Brief aus Augsburg vom 19.12.1855 nach St. Gallen in der Schweiz, frankiert mit 9 Kreuzern für den 2. Rayon Bayerns und den 1. Rayon der Schweiz, also korrekt. Aber die Besonderheit war, dass der Absender den Brief in den Briefkasten geworfen und auf ihm oben Recommandirt vermerkt hatte.






Hierzu passt die VO-Nr. 14.873 vom 16.9.1853, nach der eigentlich dieser Vermerk durch die Hand des Absenders zu streichen war - aber ein Absender war nicht greifbar. Man hätte dann unter dem Vermerk "Boite", oder "Aus dem Briefkasten" notierten und den Brief unrekommandirt abgehen lassen sollen.

Aber die 6 Kreuzer für die Recommandation wollte man in Augsburg dann doch haben und notierte daher folgendes: "Boîte, noch 6 Recomand. Gebühr" und belastete somit die Schweiz, in specie St. Gallen, mit dem Einzug von 20 Rappen, die allein der Aufgabepost zustanden, nicht der bayer. Postverwaltung, weil in Bayern die Reco - Gebühren zu den Emolumenten der Postbediensteten gehörten.

Man brachte aber KEINEN Chargé - Stempel an und vergab auch keine Reco - Nummer! Das ist nun ein sehr widersprüchliches Verhalten, denn die Stempelung mit dem Chargéstempel war vorgeschrieben, auch wenn niemand da war, der einen Schein beanspruchen konnte (Vermerk im Reko - Manual dann einfach: "Aus der Boîte recommandirt").

Ob der Empfänger in St. Gallen die 20 Rappen bezahlt hat? Ob der Brief in der CH als rekommandirt behandelt wurde und nur gegen Unterschrift auszuhändigen war? Wir wissen es leider nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 23.07.2020 11:08:27 Gelesen: 26225# 73 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich meinen Brief des Monats Juli 2020, der in Sils im Engadin am 30.11.1831 verfasst wurde und an Herrn Andreas B. Puonz nach Berlin gerichtet war.





Als Aufgabestempel fungierte ENGADIN in blau und das Gewicht scheint mit 1 3/4 Loth (3. Gewicht) ermittelt worden zu sein. Das Engadin gehörte zu Graubünden und für die Schweizer Strecken gibt es die Taxen 4, dann 12 und letztlich 6 Kreuzer, so dass Bayern bis Lindau mit 22 Kreuzer belastet wurde für den schweren Brief (einfach wohl 2, 6 und 3 Kreuzer). Zu diesen 22 Kreuzern kamen für Bayern 32 weitere Kreuzer, so dass sich das Porto bis zur bayer. Ausgangsgrenze auf 54 Kreuzer belief.

Im Nünrberger Auslagestempel wurden die Taxen für die Schweizer Postverwaltungen gleich in Gutengroschen eingetragen und 5 1/2 Gutegroschen entsprachen genau 22 Kreuzern und für Bayern die ermittelten 32 Kreuzer in 8 Gutegroschen reduziert, auch wenn in Preussen längst der billigere Silbergroschen im Einsatz war.

Preussen strich dieses Währungsgewirr durch und notierte seine Endforderung nach dem Postvertrag Bayern - Preussen von 1816 mit total 29 Silbergroschen (1 Sgr. entsprach 3,5 Kreuzern, 1 Gutergroschen war einst 4 Kreuzer wert), womit wir in Kreuzern eine totale Forderung in Berlin von 102 Kreuzern haben (1 Gulden 42 Kreuzer).

Die Besonderheit liegt aber hier, abgesehen davon, dass Briefe aus dem Engadin über Bayern im Transit keine Massenware sind, schwere schon gar nicht, in dem roten Sanitätsstempel, dessen Existenz auf die Choleraepidemie dieser Zeit (vor allem 1831) zurück zu führen ist. Der Stempel KÖNIGLICH BAYERISCHES SANITAETS SIEGEL wurde lt. Feuser in rot in Augsburg abgeschlagen. Die Frage ist nun, warum sollte man in Augsburg beim Dekartieren des Zürcher Briefepakets einen Brief rasteln und mit einem Stempel bedrucken, ihn dann aber nach Nürnberg zu kartieren? Die Notation 22 / 32 könnte von Augsburg stammen, aber viel Sinn macht die Leitung nach Nürnberg mit der dortigen Rechnungsstellung nicht.

Der Inhalt ist auf Italienisch verfasst - meines ist leider ganz schlecht geworden - wenn etwas Interessantes zu erkennen ist, wäre eine kurze Inhaltsmeldung nett.

Wie sich nun anhand anderer Briefe dieser Zeit heraus gestellt hat, stammen die schwarzen Taxen unten links und der rote Sanitätsstempel tatsächlich von Lindau im Bodensee und nicht von woanders her.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.08.2020 16:33:34 Gelesen: 26036# 74 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine kleine Besonderheit, die nett daher kommt, wenn man von dem etwas individuellen Schnitt der 6 Kreuzermarke mal absieht.



Eine Partei - Sache (Dienstbrief mit privatem Hintergrund) des katholischen Pfarramtes Weiler im Allgäu vom 31.10.1859 ging unter dem Geschäftszeichen Nr. 162 "An das Katholische Pfarramt in Baden in der Schweiz" mit dem Vermerk "frei" ab. Jedoch sehen wir neben dem "Frei" - Vermerk eine Rötel - 3 und darunter "Zur Frankirung retour". Scheinbar hatte man in Weiler versucht, den Brief als Dienstbrief kostenlos durch zu schleusen, doch war dieses Unterfangen aufgefallen und man sandte ihn dann der Aufgabepost retour.

Siegelseitig sehe ich folgende Stempel in chronologischer Reihenfolge: 31.10. Röthenbach, 31.10. Weiler (wieder zurückgeschickt bekommen), 1.11. Röthenbach-Bahnhof, 2.11. Zürich und 2. oder 3.11. Baden als Ankunftsstempel.

Dienstbriefe Bayern - Schweiz sind nicht häufig, wiewohl es davon Tausende noch heute geben müsste und welche mit Besonderheit wie hier schon gar nicht. Daher verschmerze ich mal die etwas lieblos geschnittene Marke.

Postgeschichtlich simpel: 1. Rayon Bayerns = 3 Kreuzer und 1. Rayon der CH ebenfalls 3 Kreuzer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Schaffhauser Am: 07.10.2020 16:24:30 Gelesen: 25170# 75 @  
Hallo zusammen,

da der Brief in die Zeit der Helvetik fällt, ist er für mich von besonderem Interesse.

02.02.1801 Nördlingen nach Schwitz, franco Schaffhausen.

Rückseitig ist kein Tarif vermerkt. Könnte mir jemand helfen die Tarife zu entschlüsseln?

Vielen Dank
Schaffhauser


 
bayern klassisch Am: 07.10.2020 17:29:38 Gelesen: 25155# 76 @  
@ Schaffhauser [#75]

Hallo Schaffhauser,

die freie Reichsstadt Nördlingen wurde erst 1803 bayerisch (Kurfürstentum Bayern, ab 1.1.1806 Königreich Bayern) und war damals als Enklave der Grafschaft Oettingen ohne eigene Postregie. Oettingen wurde von der kaiserlichen Reichspost bedient, deren Tarife ich leider nicht kenne, weil eben vor meiner Sammlerzeit.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Schaffhauser Am: 08.10.2020 19:25:00 Gelesen: 25043# 77 @  
@ bayern klassisch [#76]

Hallo bayern klassisch,

vielen Dank für die Rückmeldung. Ich werde dran bleiben.

Liebe Grüsse
Schaffhauser
 
bayern klassisch Am: 19.11.2020 11:56:03 Gelesen: 24247# 78 @  
Liebe Freunde,



heute zeigen ich ein kleines Schmankerl von innen und außen. Verfaßt wurde der einfache Brief am 2.4.1863 in Sibratshofen, etwa 7 km östlich der Aufgabepost von Harbatzhofen gelegen. Sibratshofen bekam erst 1897 eine Postagentur, weil sein Korrespondenzaufkommen zu gering war, als dass man eine Expedition einrichten wollte.

Der Brief von Benedict Mader war an Martin Brugger in Berlingen/Schweiz am Bodensee im Kanton Thurgau gerichtet. Am 4.4.1863 wurde er mit 3 Kreuzern frankiert aufgegeben - weitere Stempel existieren nicht.

Problem: Von Aufgabeort bis zum Abgabeort waren es Luftlinie 73 km, also über 5 Meilen (37,5 km), für die 3 Kr. als Grenzrayonbrief ausgereicht hätten. Von Sibratshofen, auch wenn das nicht relevant ist, waren es noch 7 km mehr, der Brief wurde also näher an der Schweiz aufgegeben. Von daher war es ein unterfrankierter Brief aus dem 1. bayer. Rayon zur Schweiz in den 1. Schweizer Rayon. Da es nach dem Postvertrag vom Okt. 1852 mit Modifikation zum 1.9.1859 keine Portozuschläge gab, hätte man mit nur 3 Kreuzern die bayer. Strecke frankiert, die Schweizer Strecke aber nicht und es wären 3 Kreuzer = 10 Rappen Porto beim Empfänger zu zahlen angefallen.

Vlt. trug der Zusatz "bei Constanz" zu diesem Fehler bei, denn von Harbatzhofen nach Konstanz waren es nur 68 km, also 9 Meilen und dafür wäre er als Postvereinsbrief bis 10 Meilen korrekt frankiert gewesen. Aber Berlingen lag 12 km westlich von Konstanz und selbst wenn es noch in Baden gelegen hätte, wäre es dann auch ein unterfrankierter Brief gewesen, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Weder die bayer., noch die Schweizer Post erkannten den Fehler und sollte er tatsächlich über Konstanz in Baden gelaufen sein, hätte man den Fehler auch dort nicht bemerkt und lieferte ihn kostenlos dem Empfänger aus.

Inhalt des Briefes (auch nicht uninteressant für uns moderne Menschen):

"Für die mir mit Ihrer Rechnung vom 27ten Porto, welche mir aber erst heute zugekommen ist, beigefügte frühere Rechnung vom 6ten November 1861, bin ich Ihnen sehr verbunden, musß Ihnen aber anderseits bemerken, daß mir diese Sendung, welche ich erst gegen Ende May bestellt habe sehr mißbeliebig ist, und besonders auch die Qantitäten dieser 3. Gattungen Wein bei Weitem meiner Bestellung übersteigt; daher ich in keiner gewöhnlichee Zahlungszeit eingehen, noch viel weniger die Verbindlichkeit der Zurücksendung der lelren Fäßer binnen 4. Monaten, oder agr eine Vergütung von f 50 (50 Gulden) hiefür über mich nehmen kann, welches ich Ihnen hiemit, und allenfallsigen Unannehmlichkeiten zu begegnen, erklärt haben will; und verbleibe übrigens mit Ergebenheit und Freundschaft Benedikt Mader.

N.S. Soeben werde mir obige 3. Fäßer überliefert, worauf ich f 2 (2 Gulden) Nachnahme bezahlen mußte. Die Inlage wollen Sie gfl (geflissentlich) besorgen."

Liest man allein diese Daten (April 1863 Erhalt der Rechnung von Nov. 1861) usw, kann man das fast gar nicht glauben. Es gab da wohl einigen Ärger zwischen diesen Firmen, aber das hielt unseren Absender nicht davon ab, dem Brief noch einen weiteren Brief beizufügen (Inlage), die dieser dann "besorgen" = auf der Post in Berlingen aufgeben soll.

Wahrlich ein Brief, der von außen und innen zu beeindrucken weiß und der gM 197 von Harbatzhofen ist auch nicht gerade Massenware.

Liebe Grüsse von einem begeisterten bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.04.2021 12:04:31 Gelesen: 21644# 79 @  
Liebe Freunde,





optisch unattraktiv, keine Marke(n), nur wenige Stempel, keine Taxen oder Weiterleitungen, keine interessanten Vermerke - ja warum um Gottes Willen sollte man sich dann bayerische Dienstbriefe in die Schweiz anlachen? Antwort: Weil es nicht viele gibt und wenn doch, hätten sie sich ausgezeichnet versteckt.

Heute zeige ich einen der wenigen, die ich besitze, vom katholischen Stadtpfarramte St. Lorenz in Kempten "an das hochwürdige, kathol. Pfarramt in Uznach, Canton St. Gallen". Als Regierungs - Sache portofrei hüben wie drüben, wurde diese am 15.1.1866 aufgegeben. Am Folgetag war sie schon in St. Gallen und wiederum einen Tag später gelangte sie in Urznach zur Auslieferung.

Weil es vlt. Schweizer (gell, Hanspeter!) hier gibt, die auch Inhalte von Dienstbriefen interessieren könnte, möchte ich diesen transkribieren:

Geburts- und Taufanzeige betreffend

Am 11. Januar l(aufenden) J(ahres) wurde dem Fabrikarbeiter Franz Anselm Federli in Numero 262 der Altstadt Kempten von seiner Ehegattin Josepha Birro ein Knabe geboren, welcher am 14ten Januar in hiesiger Stadtpfarrkirche zu St. Lorenz von Herrn Stadtkaplan Groß nach kathol. Ritus getauft, Franz Anselm genannt, und in das Taufregister von St. Lorenz eingetragen wurde. Taufzeugen waren: Joseph Heinrich Blöchlinger von Golding, Cant(on) St. Gallen, und Euprhosina Birro von Weitnau bei Kempten.

Dieß wird dem hohen Pfarramte der Heimathgemeinde zum Behufe der Vermerkung im Familienbeschriebe zur Anzeige gebracht. Hochachtungsvollst! P. l. a. gez. Unterschrift.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.04.2021 14:19:22 Gelesen: 21562# 80 @  
Liebe Freunde,

von außen eher harmlos, von hinten und innen aber ganz sicher nicht:



Die Firma Beat Hurter aus Schaffhausen wollte einen einfachen Brief an ihren Kunden J. A. Schenkenhofer in Augsburg versenden und prüfte nun die Möglichkeiten des Versandes.

Da nach praktisch allen uns bekannten Postgesetzen des 19. Jahrhunderts die verschlossenen Briefe im Land ihres Absenders der Post zum Transport zu übergeben waren, hätte man am 21.1.1869 den Brief dem dortigen Postamt, frankiert, oder unfrankiert, aufgeben müssen.

Nach dem Postvertrag Bayerns mit der CH vom 1.9.1868 betrugen die Kosten für einfache Briefe 25 Rappen bei der Frankierung, die 7 Kreuzern entsprachen und sie teilten sich auf in 10 Rappen für die CH und 15 Rappen für Bayern.
Im Falle einer unfreien Versendung verdoppelten sich diese Gebühren auf 20 Rappen für die CH und 30 Rappen für Bayern, so dass dann in Augsburg vom Empfänger total 14 Kreuzer zu zahlen gewesen wären. Ab dieser Zeit finden wir auch kaum noch Portobriefe, die ja doppelt so teuer waren, wie Frankobriefe, aber das nur nebenbei.

Aber auch 25 Rappen = 7 Kreuzer waren dem sparsamen Absender einfach zu viel Geld, so dass er einen Dritten suchte, der den Transport günstiger bewerkstelligen sollte - und den fand er auch in der Firma der Gebrüder Buz in Augsburg, siehe Firmenstempel hinten. Diese schmuggelten den Brief (und wohl nicht nur diesen einen) über die Grenze und gaben ihn für 1 Kreuzer als Augsburger Ortsbrief am 23.1.1869 auf. Im Inhalt ging es um Pinsel und deren rechtzeitige Lieferung.

Postgeschichtlich-tarifmäßige Würdigung: Der CH entgingen 10 Rappen, aber sie hatte auch keine Dienstleistung zu erbringen, also ein theoretischer Verlust. Bayern entgingen 3 Kreuzer (4 Kreuzer abzüglich eines Verklebten), dafür mussten sie ihn nicht in Lindau im Bodensee übernehmen und in Augsburg ausliefern, sondern sie bekamen nur einen Kreuzer wie für jeden Ortsbrief auch. Sicher ein Verlust, aber auch kein Weltuntergang.

Man muss allerdings bedenken, dass es sicher weitaus mehr Briefe dieser Art gab, als wir heute kennen (ich habe in fast 35 Jahren nur eine Handvoll entdeckt), aber wenn man das auf die Jahre hochrechnet, wird schon ein erheblicher (Minder-)Betrag in den Büchern gestanden haben, der den Postverwaltungen sicher ein Dorn im Auge war, aber eine 100%ige Kontrolle gab es nicht mal theoretisch, von der Praxis reden wir da erst besser gar nicht.

In jedem Fall Postgeschichte pur und wenn dann noch die Optik und Erhaltung, nebst Inhalt und Stempel aller Beteiligten, vorhanden sind, ist der Tag ein besonders Guter.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.11.2021 12:11:56 Gelesen: 17543# 81 @  
Liebe Freunde,

manche Briefe kauft man "von vorne" und stellt dann freudig fest, dass sie auch "von hinten" oder gar "von innen" sehr passabel sind - und man freut sich, dass es dann nicht nur einen Kaufgrund für sie gab.





So auch hier: Portobrief aus Lindau im Bodensee von der großen Spedition Martin Spengelin an Y. Rud. Gayer nach Neuthal bei Bauma am Zürichsee vom 6.8.1866. Lindau taxierte 3x für Bayern über den Bodensee und, was man nicht hätte machen müssen/sollen, 6x für die CH, weil man den Zielort im 2. CH - Rayon ansah, also in summa 9x bzw. 30 Rappen für den Empfänger. Aber nach dem Verzeichnis vom 1.9.1859 lag Bauma als Postort für Neuthal im 1. Rayon, womit die bayer. Rechnung falsch war und die CH taxierte ihn korrekt mit nur 20 Rappen = 6x, also 3x für Bayern und 3x für die CH. Offenbar hatte man in der Bevorzugungsliste der nur bis 10 Meilen entfernten CH - Orte "Neuthal" nicht gefunden und somit Briefe nach dorthin automatisch dem 2. CH Rayon zugeordnet, aber über "Bauma" hätte man die treffende Taxe finden können und müssen.

Siegelseitig sehen wir die Leitung in der CH mit der Bahnpost Zürich Chur vom 6.8.1866 mit Zug 82, Chur - Zürich vom 7.8.1866 mit Zug 87 und Wetzikon vom 7.8.1866, also ein bisserl hin und her, aber das war der Kartierung durch die Bahnpost geschuldet und normal.

Inhalt:

"Wir besitzen Ihr Werthes vom 27. Juli. Da in den nächsten Tagen die Wieder - Eröffnung des Verkehrs der Strecke nach Hof stattfinden wird & Herr E. Keffel auf die Garne sehr pressirt ist, so belieben Sie dieselben sicher vorrücken zu lassen. Achtungsvollst Martin Spengelin & Co.

Vorderhand ist der Güterverkehr bis Nürnberg ausgedehnt worden."

Man sieht also, obwohl sich die kriegerischen Ereignisse fernab der CH abgespielt hatten und vorbei waren, welche weitreichenden Auswirkungen die Eisenbahnen auf den mitteleuropäischen Warenverkehr hatten (heute: Lieferketten).

Man sieht, es ist alles schon mal dagewesen!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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