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Thema: Sütterlin und andere Schriften - wer kann das lesen ?
Das Thema hat 3389 Beiträge:
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evwezel Am: 27.02.2024 18:58:27 Gelesen: 13170# 3315 @  
Liebe Sammelfreunde,

alles Gute kommt einmal zu einem Ende. Ich habe gerade den letzten Feldpostbrief von unserem Heinrich "übersetzt", geschrieben am 1. Dezember 1915. Was Heinrich erfolglos gesucht hat auf Seite 1, wir werden es leider nie wissen. Seite 2 hat noch einige Schwierigkeiten gegeben. Deswegen ist die Geschichte mit dem Schwein mir noch nicht ganz klar.

Viele Grüße,

Emiel

---
Seite 1

Freiburg, den 1/XII.15

Meine Lieben,

Mit vielen tausend Dank empfing ich
diese Woche das große Paket, sowie die
beiden kleinen, mit den lb. Schreiben
von Josefine u. Gertr.[1] Mit gleichen Post
erhielt ich auch ein Schreiben von Karl,
dem es ja noch recht gut geht. Um
nun auf Eure Schreiben zurückzukommen,
will ich nochmals, aber auch das letzte
Mal zu meinem allergrößten Bedauern
u. so schwarz ich mich auch ärgere gerade noch
bei Militär, daß ich das so lange Gesuchte
noch nicht gefunden habe. Sonst habe ich
alles schon vorgefunden u. verflixt das
gerade nicht. Was den Cognac anbelangt,
schickt einstweilen nichts mehr bis ich
schreibe u. vor allem aber keine Woll-
sachen mehr, mag es sein was es will.

Seite 2

Die Veste habe ich auch inzwischen em-
pfangen, und muß ich doch sagen, daß es
etwas großartiges ist. Vor allem paßt
sie gut, ist warm und denke auch wasser-
dicht. Dafür noch nachträglich innigen Dank.
Wie mir Gertrud schrieb, ist ja ein Schwein
eingegangen und sage ich Euch paßt mir
nur auf die Saue[2] auf, denn sie bilden
ein kostbares Viertel. Seht(?), das kennt Ihr
wieder nicht, die müßten Kasernenkost
schmecken, dann könnten sie (…) an
Übersättigung den (…) ziehen. Na,
hoffentlich ist es den Anderen vergünnt,
Euch demnächst mit großen Schlachtfesten zu
überhäufen[3] u. wißt Ihr ja, wer dabei gerne
zugegen war. Kurz und gut, auch ohnedem
lauft die Karre weiter. Was den Bier-
aufschlag anbelangt, ist hier das Bier um
M4 teuerer u wird auch wohl bald zu Haus
das Gleiche vorgenommen werden. Da meine
Kameraden erfahren hatten, daß ich auch zu den
Biermenschen gehörte, haben sie so lange gedrängt,

Seite 3

bis ich ihnen ein Fäßchen gestiftet und
am Dienstag noch gerade vor dem Bierauf-
schlag uns einen gemütlichen Abend machten.
Am Mittwoch habe wir unseren ersten
großen Ausmarsch, vollständig feldmarschmäßig
allerdings nur mit einem Geschütz, das mir
anvertraut wurde ins Gebirge gemacht. Neben-
bei bemerkt, die Anderen kommen heute Abend
von Essen. - Leider hatten wir sehr ungünsti-
ges Wetter im höchsten Grade Glatteis und
feiner Regen. Menschen u Tiere stürzten(?) wie
die Hasen und war es zum Totlachen. Ein
unendlich langer Zug bildete der Apparat
im Ganzen. Über 300 Pferde und 750 Mann
und dann nur ein einziges kleines aber
gefährliches Geschütz das mir anvertraut wurde.
Unterwegs, keine 20 Schritt von mir liefen
gemütlich ein Paar Rehe herum, die ich mir,
wenn Feindesland gewesen mit meinem Carab.[4]
schnell gekauft hätte. Unser Weg führte
durchs Höllenbach auf den Ottilienberg[5] und am
Waldsee herunter nach Freiburg zu. Heute,

Seite 4

also Mittwoch hatten wir ein Beichte im
großen Münster[6] und morgen früh H.
Kommunion, wo ich Euer allen am Tisch
des Herrn gedenken werde. Im Übrigen
nichts von Bedeutung. Im Glauben, daß
der Betrieb nicht besonders große Storung durch
den schon früher erwähnten Defekt gefunden
hat, will ich schließen.
Mit dem Wünsch auf baldiges frohes Wieder-
sehen, verbleibe ich vielmals dankend und
grüßend Euer stets tr. u dankbarer Sohn
und Bruder
Heinr.


[1] Gertrud
[2] Sau = weibliches Hausschwein, Mutterschwein
[3] überhäufen = jemandem etwas im Übermaß zukommen, zuteilwerden lassen
[4] carab. = Karabiner
[5] https://en.wikipedia.org/wiki/Ottilienberg
[6] Freiburger Münster - siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Freiburger_M%C3%BCnster



 
volkimal Am: 27.02.2024 19:43:24 Gelesen: 13154# 3316 @  
@ evwezel [#3315]

Hallo Emiel,

ein paar Kleinigkeiten habe ich gefunden:

Freiburg, den 1/XII.15

Meine Lieben,

Mit vielen tausend Dank empfing ich
diese Woche das große Paket, sowie die
beiden Kleinen, mit den lb. Schreiben
von Josefine u. Gertr.[1] Mit gleicher Post
erhielt ich auch ein Schreiben von Karl,
dem es ja noch recht gut geht. Um
nun auf Eure Schreiben zurückzukommen,
will ich nochmals, aber auch das letzte
Mal zu meinem allergrößten Bedauern
u. so schwarz ich mich auch ärgere gerade noch
bei Militär, daß ich das so lange Gesuchte
noch nicht gefunden habe. Sonst habe ich
alles schon vorgefunden u. verflixt das
gerade nicht. Was den Cognac anbelangt,
schickt einstweilen nichts mehr bis ich
schreibe u. vor allem aber keine Woll-
sachen mehr, mag es sein was es will.


Seite 2

Die Weste habe ich auch inzwischen em-
pfangen, und muß ich doch sagen, daß es
etwas Großartiges ist. Vor allem paßt
sie gut, ist warm und denke auch wasser-
dicht. Dafür noch nachträglich innigen Dank.
Wie mir Gertrud schrieb, ist ja ein Schwein
eingegangen und sage ich Euch paßt mir
nur auf die Saue[2] auf, denn sie bilden
ein kostbares Viertel. Seht, das kennt Ihr
wieder nicht, die müßten Kasernenkost
schmecken, dann könnten sie nie an
Übersättigung den Kürzeren ziehen. Na,
hoffentlich ist es den Anderen vergönnt,
Euch demnächst mit großen Schlachtfesten zu
überhäufen[3] u. wißt Ihr ja, wer dabei gerne
zugegen war. Kurz und gut, auch ohnedem
läuft die Karre weiter. Was den Bier-
aufschlag anbelangt, ist hier das Bier um
M4 teuerer u wird auch wohl bald zu Haus
das Gleiche vorgenommen werden. Da meine
Kameraden erfahren hatten, daß ich auch zu den
Biermenschen gehörte, haben sie so lange gedrängt,


Seite 3

bis ich ihnen ein Fäßchen gestiftet und
am Dienstag noch gerade vor dem Bierauf-
schlag uns einen gemütlichen Abend machten.
Am Mittwoch habe wir unseren ersten
großen Ausmarsch, vollständig feldmarschmäßig
allerdings nur mit einem Geschütz, das mir
anvertraut wurde ins Gebirge gemacht. Neben-
bei bemerkt, die Anderen kommen heute Abend
von Essen. - Leider hatten wir sehr ungünsti-
ges Wetter im höchsten Grade Glatteis und
feiner Regen. Menschen u Tiere stürzten wie
die Hasen und war es zum totlachen. Ein
unendlich langer Zug bildete der Apparat
im Ganzen. Über 300 Pferde und 450(?) Mann
und dann nur ein einziges kleines aber
gefährliches Geschütz das mir anvertraut wurde.
Unterwegs, keine 20 Schritt von mir liefen
gemütlich ein Paar Rehe herum, die ich mir,
wenn Feindesland gewesen mit meinem Carab.[4]
schnell gekauft hätte. Unser Weg führte
durchs Höllen tal auf den Ottilienberg[5] und am
Waldsee herunter nach Freiburg zu. Heute,


Seite 4

also Mittwoch hatten wir ein Beichte im
großen Münster[6] und morgen früh H.
Kommunion, wo ich Euer allen am Tisch
des Herrn gedenken werde. Im Übrigen
nichts von Bedeutung. Im Glauben, daß
der Betrieb nicht besonders große Störung durch
den schon früher erwähnten Defekt gefunden
hat, will ich schließen.
Mit dem Wünsch auf baldiges frohes Wieder-
sehen, verbleibe ich vielmals dankend und
grüßend Euer stets tr. u dankbarer Sohn
und Bruder
Heinr.

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 27.02.2024 19:57:40 Gelesen: 13149# 3317 @  
Hallo Emiel,

aufgrund des Namens Höllental habe ich eine andere Route gefunden.

Es geht um den Bräunlinger Ottilienberg. Dazu gibt es bisher keinen Eintrag bei Wikipedia. Dort steht nur:
"Ottilienberg (Bräunlingen), ca. 720 m, Berg mit Kapelle bei Bräunlingen, Schwarzwald-Baar-Kreis, Baden-Württemberg"

Es gibt den Ort Waldsee in der Nähe von Freiburg, in der Nähe liegt der Waldsee.

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 27.02.2024 20:19:38 Gelesen: 13140# 3318 @  
@ volkimal [#3316]

Hallo Volkmar,

es ist wirklich unglaublich, Du bist schneller als das Licht. Sehr interessant was Du herausgefunden hast über den Bräunlinger Ottilienberg. Ich werde mal sehen ob ich noch eine alte Landkarte von diesem Gebiet auftreiben kann.

Vielen LIEBEN Dank für Deine Hilfe !

Emiel
 
volkimal Am: 27.02.2024 22:13:58 Gelesen: 13115# 3319 @  
@ evwezel [#3318]

Hallo Emiel,

vielleicht hilft dir der Link zu den Generalstabskarten weiter [1] Ich benutze in der Regel 600 dpi (da sind die meisten Karten).

Es wären die Karten 644 und 645. Der Ottilienberg ist leider nicht eingezeichnet. Er ist direkt in Bräunlingen.

Viele Grüße
Volkmar

[1] http://maps.mapywig.org/m/German_maps/series/100K_KDR_Generalstabskarte/
 
evwezel Am: 28.02.2024 11:06:18 Gelesen: 12961# 3320 @  
@ volkimal [#3319]

Hallo Volkmar,

stimmt, diese Landkarten sind mir bekannt. Ich benutze am meisten [1]. Wie Du schon gesehen hast, hilft es in diesem Fall leider nicht viel weiter.

Viele Grüße,

Emiel

[1] https://www.deutschefotothek.de/cms/kartenforum-sachsen-messtischblaetter-sued.xml
 
volkimal Am: 28.02.2024 12:35:18 Gelesen: 12937# 3321 @  
@ evwezel [#3320]

Hallo Emiel,

ein sehr guter Link. Mir gefällt besonders, dass man die Karten auf der Übersicht auswählen kann.

Viele Grüße
Volkmar
 
Angelika Am: 29.02.2024 20:09:35 Gelesen: 12614# 3322 @  
Guten Abend,

bei einer Auktion fand ich diese Karte und ich wüsste gerne was geschrieben wurde.




Ich habe es probiert - weit gekommen bin ich nicht.

Liebe

daß ich heute ...schreibe - daran ist eigentlich Chamberlain oder ... schuld....

mit Frack und Regenschirm... In dieser Nacht

ausgesprochen höflich, ja, geradezu zuvorkommend ...

Viele Grüße und besten Dank im Voraus
Angelika
 
volkimal Am: 29.02.2024 20:41:00 Gelesen: 12602# 3323 @  
@ Angelika [#3322]

Hallo Angelika,

Seite 1:
Liebe Rabauken!
Daß ich heute mal an Euch schreibe – daran ist eigent-
lich Chamberlain oder vielmehr mit Künstlernamen
Max Münnich schuld. In Eurer feierlichen Anwesen-
heit will ich ihn auf diesem Wege nachträglich zum
Geburtstage gratulieren. Möge er also gedeihen mit
Frack und Regenschirm. – In dieser Stadt sind die
Menschen ausgesprochen höflich, ja, geradezu zuvorkom-
mend. Ein großer Teil der Einwohner gehört jenem
Menschenschlag an, deren Rassengenossen einer mal sagte:
„Alles, was Menschenantlitz trägt, ist sich gleich“. Hm,
ich denke dafür, denn ich rieche immer Knoblauch.
Zum Glück geht diese Zierde der Menschheit nur auf
der Fahrbahn und entblößt schon von weitem ehrer-
bietig das Antlitz. – Sonst ist hier alles vorhanden:
Kaffees, Kino, Variete und dergl. Man hat hier eben
alles, was man notgedrungen braucht. Einen großen
Fortschritt bedeutet es für uns, daß wir wieder Kasernen-
mäßig unseren Spint und vor allen Dingen ein
Bett haben. Es fehlt nur noch der Volksempfänger, den

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 29.02.2024 20:46:58 Gelesen: 12600# 3324 @  
@ Angelika [#3322]

Seite 2:

Ich mir demnächst abhole. Was soll
ich sonst viel schreiben? Ich werde lieber
bald mal etwas erzählen. Ich vermute,
daß Ihr nachts mit Eurem Schlaf etwas
unbeständig geworden seid und
gerne den Keller aufsucht. Na, ganz
schön – Euch Rasselbande muß
man immer etwas in Bewegung
halten. Laßt mir bei Euren nächtlichen
Spaziergängen über den Hof aber die
Obstbäume unbehelligt.
Viele Grüße R. Obrikat

Abs. Sold. K. Obrikat,
37 452

Viele Grüße
Volkmar
 
Angelika Am: 01.03.2024 07:16:42 Gelesen: 12489# 3325 @  
Liebe Volkmar,

das ging ja fix, herzlichen Dank dafür.

Viele Grüße
Angelika
 
evwezel Am: 03.03.2024 20:14:33 Gelesen: 12168# 3326 @  
Liebe Sammelfreunde,

das Wetter war heute bei uns viel zu schön für Transkriptionsarbeiten hinter dem Computer, aber in den nächtlichen Stunden ist es mir doch noch gelungen einen Feldpostbrief zu "übersetzen". Ich zeige Euch den Text, in dem noch einige Wörter fehlen.

Viele Grüße,

Emiel
---
Seite 1

Waldniel, den 3/11. 15

Mein lieber Heinrich!

Beifolgend übersende ich Dir
die Karte von Alfons u. schreibe
dem Ärmsten einmal. Wie Du siehst,
liegt er bereits im Schützengraben.
Hier alles beim Alten, allerdings daß
uns inzwischen (gestern) die beiden
Maschinisten eingezogen sind. Beide
Schrammen(?) u. Küben(?) liegen in Köln
Bickend.[1] u. sind einer Fliegerabt.[2]
zugeteilt worden. Hoffentlich finden
wir recht bald gebührend Ersatz; denn
ohne zuverlässigen, selbständiger Heizer
können

Seite 2

wir unmöglich den Betrieb noch
weiter aufrecht halten. Bis jetzt haben
wir zur Aushülfe Jansen(?) vorigen
Maschin.[3] der für 6 Wochen beurlaubt
ist auf halbe Tage hier. Ein Mann
von der Brügger Dampfziegelei die
seit gestern den Betrieb einstellten
kommt heute zur Ansicht, vielleicht
kann er uns schon den Winter hin-
durch Hülse-Ersatz leisten. Unter
wollte diesem gleich einen Hülfs-
jungen zur Anlernung geben, da-
mit, falls im Sommer die Ziegelei
die Arbeit wieder aufnimt[4], der Junge
wenigstens angelernt ist. Denke(?)
Dir(?) gestern wurden in Rheydt 4000
Leute wieder eingestellt. Davon wurden

Seite 3

nur 7 durch dringende Reklamation
für vorläufig beurlaubt. Unsere ist
natürlich auch verworfen worden
trotzdem wir Heereslieferung haben
& schon bereits alle Leute aus dem
Betrieb hergegeben haben. So folgt
eine Befragung bald der anderen.
Die Friedensaussichten liegen anschei-
nend auch noch in sehr weiter
Ferne. Vertrauen wir uns weiterhin
auf Gotteshülfe & Schutz. Da ich annehme,
daß Du bereits wieder zu Deiner Residenz
Freiburg abgereist bist, habe ich n/Essen
nicht mehr geschrieben. Ich habe sehr bedauert
nicht dorthin Dich mitbesuchen zu können.
Rich. Wat.[5] war wieder für 14 Tg. in Urlaub.
Während der Tage kam ein zweiter Kriegsjunge
bei ihm an.[6]

Seite 4

Heinrich Waters ist auch wieder ins Feld
u. zwar zum Westen. Er ist nur noch
Gefr[7]. Rich.[8] meinte daß Du bei der Spezialw(…)
(…). der Zuteilung zur Gebirgsbatterie ganz
leicht u. rasch weiter befördert werden könntest.
Nun vielleicht kannst Du Karl beikommen
& wer weiß auch noch mit Dekoration des
schw. Bändchens[9]. Trotzdem sei nur nicht dieser-
halb[10] dazu mehr angespornt Dich unnütz[11] das
Gefahr auszusetzen. Wir sehen Dich lieber gesund
& munter wieder heimkehren! – Für heute
lebe herzlich wohl. Tausend Grüße von
Haus z. Haus in tr.[12] Liebe
Deine Schwest. Josefine

Die anderen Postsachen hast Du bei Deiner
Rückkehr hoffentlich vorgefunden.


[1] Köln Bickendorf. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Bickendorf_(K%C3%B6ln)
[2] Fliegerabteilung
[3] Maschinist
[4] Rechtschreibung ist aufnimmt.
[5] Richard Waters
[6] Sohn Richard Waters wurde geboren am 2. November 1915.
[7] Gefreiter
[8] Richard
[9] An Kämpfer wurde das Eiserne Kreuz am schwarzen Band mit weißen Seitenstreifen verliehen.
[10] deshalb
[11] nutzlos
[12] treue



 
volkimal Am: 03.03.2024 21:39:37 Gelesen: 12144# 3327 @  
@ evwezel [#3326]

Lieber Emiel,

hier meine Version. Es ist kaum etwas zu ändern! Zuerst Seite 1:

Waldniel, den 3/11 15

Mein lieber Heinrich!

Beifolgend übersende ich Dir
die Karte von Alfons u. schreibe
dem Ärmsten einmal. Wie Du siehst,
liegt er bereits im Schützengraben.
Hier alles beim Alten, allerdings daß
uns inzwischen (gestern) die beiden
Maschinisten eingezogen sind. Beide
Schrammen u. Huben [1] liegen in Köln
Bickend.[2] u. sind einer Fliegerabt.[3]
zugeteilt worden. Hoffentlich finden
wir recht bald gebührend Ersatz; denn
ohne zuverlässigen, selbstän digen Heizer
können

[1] Schrammen u. Huben (lateinische Schrift) = Nachnamen der beiden Maschinisten
[2] Köln Bickendorf. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Bickendorf_(K%C3%B6ln)
[3] Fliegerabteilung

Viele Grüße
Volkmar
 
volkimal Am: 03.03.2024 21:47:01 Gelesen: 12138# 3328 @  
Seite 2

wir unmöglich den Betrieb noch
weiter aufrecht halten. Bis jetzt haben
wir zur Aushülfe Jansen vorigen
Maschin.[4] der für 6 Wochen beurlaubt
ist auf halbe Tage hier. Ein Mann
von der Brügger Dampfziegelei die
seit gestern den Betrieb einstellten
kommt heute zur Ansicht, vielleicht
kann er uns schon den Winter hin-
durch Hülfe [5] -Ersatz leisten. Unter
wollte diesem gleich einen Hülfs-
jungen zur Anlernung geben, da-
mit, falls im Sommer die Ziegelei
die Arbeit wieder aufnimt[6], der Junge
wenigstens angelernt ist. Denke
Dir
gestern wurden in Rheydt 4000
Leute wieder eingestellt. Davon wurden

[4] Maschinist
[5] Hülfe = veraltetes Wort für Hilfe
[6] Rechtschreibung ist aufnimmt.
 
volkimal Am: 03.03.2024 21:54:08 Gelesen: 12135# 3329 @  
Seite 3

nur 7 durch dringende Reklamation
für vorläufig beurlaubt. Unsere ist
natürlich auch verworfen worden
trotzdem wir Heereslieferung haben
& schon bereits alle Leute aus dem
Betrieb hergegeben haben. So folgt
eine Aufregung bald der anderen.
Die Friedensaussichten liegen anschei-
nend auch noch in sehr weiter
Ferne. Vertrauen wir uns weiterhin
auf Gotteshülfe & Schutz. Da ich annehme,
daß Du bereits wieder zu Deiner Residenz
Freiburg abgereist bist, habe ich n/Essen [7]
nicht mehr geschrieben. Ich habe sehr bedauert
nicht dorthin Dich mitbesuchen zu können.
Rich. Wat.[8] war wieder für 14 Tg. in Urlaub.
Während der Tage kam ein zweiter Kriegsjunge
bei ihm an.[9]

[7] n/Essen = vermutlich „nach Essen“
[8] Richard Waters
[9] Sohn Richard Waters wurde geboren am 2. November 1915.
 
volkimal Am: 03.03.2024 22:12:48 Gelesen: 12124# 3330 @  
Leber Emiel,

wieder einmal absolut super vorbereitet. Da gibt es kaum etwas zu kritisieren. Leider fällt mir zu den beiden unklaren Wörten in der dritten bzw. vierten Zeile nichts sinnvolles ein.

Seite 4

Heinrich Waters ist auch wieder ins Feld
u. zwar zum Westen. Er ist nur noch
Gefr[10]. Rich.[11] meinte daß Du bei der Spezialw(…)
ve???.
der Zuteilung zur Gebirgsbatterie ganz
leicht u. rasch weiter befördert werden könntest.
Nun vielleicht kannst Du Karl bei kommen
& wer weiß auch noch mit Dekoration des
schw. Bändchens[12]. Trotzdem sei nur nicht dieser-
halb[13] dazu mehr angespornt Dich unnütz[14] der
Gefahr auszusetzen. Wir sehen Dich lieber gesund
& munter wieder heim kehren! – Für heute
lebe herzlich wohl. Tausend Grüße von
Haus z. Haus in tr.[15] Liebe
Deine Schwest. Josefine

Die anderen Postsachen hast Du bei Deiner
Rückkehr hoffentlich vorgefunden.


[10] Gefreiter
[11] Richard
[12] An Kämpfer wurde das Eiserne Kreuz am schwarzen Band mit weißen Seitenstreifen verliehen.
[13] deshalb
[14] überflüssigerweise
[15] treue

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 03.03.2024 22:58:33 Gelesen: 12115# 3331 @  
@ volkimal [#3330]

Lieber Volkmar,

vielen lieben Dank für Deine Überarbeitung! Du hast mir wirklich sehr geholfen. Das fehlende Wort auf Seite 4 muss ich einfach akzeptieren.

Viele Grüße und schlaf wohl!

Emiel
 
evwezel Am: 05.03.2024 11:45:42 Gelesen: 11934# 3332 @  
Liebe Sammelfreunde,

Soldaten an der Front warteten natürlich sehnsüchtig auf Nachrichten aus der Heimat. So auch Unteroffizier Heinrich (siehe u.A. Beitrag [#3315]). Der folgende Brief wurde geschrieben am 25. Oktober 1915 durch seine Schwester Helene und Josefine. Persönlich finde ich die erste Handschrift (von Helene) sehr schön und auch am einfachsten zu lesen. Josefine hatte dagegen die Neigung, überall in ihrem Brief Abkürzungen zu benutzen. An einigen Stellen war ich wieder nicht ganz sicher.

Viele Grüße,

Emiel

---
Seite 1

Waldniel, den 25/10. 15

Mein lieber Heinrich!

Zunächst herzlichen Glück-
wunsch zu Deiner Beförderung zum
Unteroffizier. Heute Morgen kamen
wir im Besitze deiner l. Zeilen und
waren wir froh, mal näheres von Dir
zu hören. Das Geld schicken wir telegraph-
isch und wirst Du es wohl bekommen
haben. Es waren 100M und kannst Du
ja schreiben, wenn es nicht ausreichen
sollte. Dürft Ihr privat wohnen? Gestern
war ich in Arsbeck[1], mit Onkel geht es
momentan sehr gut und hoffen wir

Seite 2

daß die Besserung anhält. Er freute
sich über Deine Beförderung und kannst
Du ihm gelegentlich ja auch einmal
einen Kartengruß senden. Der Umzug
muß noch verschieben[2] worden, weil
das Schreiben von Cöln noch nicht retour
ist. Richard Waters kam gestern nach
Hause und ist er wegen dringender
Familienverhältnisse für 14 Tage beur-
laubt worden. Sei nun bitte so gut
und teile uns eben mit, ob wir gleich
ein größeres Paket mit Fourage ab-
schicken können. Hast Du Karl Deine
Adresse mitgeteilt? Jetzt muß ich
Schluß machen, denn Jos[3]. möchte Dir auch
einige Zeilen schreiben. Tausend beste
Grüße & einen Kuss in tr.[4] Schwesterliebe
Deine Helene

Seite 3

Mein lieber Heinrich!
Endlich im Besitze deiner Adresse gekommen,
können wir Dir die Grüße aus der Heimat
in gewohnter Weise wieder senden. Es
freut uns, daß Du bis jetzt so wohlauf
bist. Hier ein Gleiches der Fall, wie Du auch
aus Gertruds “Vaterszeilen” bereits ersehen
hast. Solltest Du in vornem Unterz.(?)
etwas benötigen, teile es uns umgehend
mit, Cigarren folgen in der ersten Tagen.
(….)sachen erbeten wir uns auch womöglich
vorher Bescheid, da wir nicht wissen ob Du
auswerfest(?) oder wie Du’s dort machst.
Alfons (…) liegt i/Frankr. beim Res. Inftr. Rgt. 68
u. lernt die Strapazen des Schützengrabens
schon kennen. Otto Schrag(?) ist auch bereits i/Westen
als Artl.[5] Allerdings noch immer nicht befördert.
Für heute tausend herzliche Grüße in aller
Liebe
Dein stets tr. Schw.[6] Josefine

Seite 4

Heinrich Waters ist heute wieder ins
Feld geschickt. Karl habe ich Deine
Adresse mitgeteilt, hoffentlich findet er
bald Zeit Dich ein Lebenszeichen
zu übersenden. Hier ist’s recht unfreundlich
u. sehr regnerisch, der Herbst zeigt sich
in der Natur besonders sehr.

In Eile

d. J.[7]

[1] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Arsbeck.
[2] verschieben – an einen anderen Ort schieben
[3] Josefine
[4] in treue
[5] Artillerist
[6] treue Schwester
[7] Deine Josefine



 
Gauss Am: 05.03.2024 12:24:35 Gelesen: 11922# 3333 @  
Ein bisschen Kleinkram:

S.2: der Umzug musste "verschoben werden" (da wurde korrigiert); d.h. der Termin verschoben.

S.3: "in warmem Unterz[eug]": es ging auf den Winter, wollene Unterhosen waren gefragt.
 
evwezel Am: 05.03.2024 13:44:31 Gelesen: 11907# 3334 @  
@ Gauss [#3333]

Vielen Dank für Deine Korrektur. Was Du hier als "Kleinkram" bezeichnest, ist für mich als nicht-Deutscher sehr hilfreich. Und ich wäre bestimmt nie auf "Unterzeug" gekommen!

Viele Grüße,

Emiel
 
volkimal Am: 05.03.2024 16:22:23 Gelesen: 11855# 3335 @  
@ evwezel [#3332]

Lieber Emiel,

es wird immer schwieriger noch irgendetwas zu finden. Das warme Unterzeug hatte ja Gauss schon gefunden. Hier noch ein paar Kleinigkeiten:

Seite 1:
zu hören. Das Geld schickten wir telegraph-

Seite 2:
Grüße & einen Kuß in tr.[4] Schwesterliebe

Seite 3:
Eßsachen erbeten wir uns auch womöglich
vorher Bescheid, da wir nicht wissen ob Du
auswohnst [5] oder wie Du’s dort machst.
Alfons Herz(?) liegt i/Frankr. beim Res. Inftr. Rgt. 68

Seite 4:
Feld gerückt. Karl habe ich Deine

[1] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Arsbeck.
[2] verschieben kann auch zeitlich sein: Einen Termin verschieben
[3] Josefine
[4] in treuer
[5] auswohnen = außerhalb wohnen https://www.dwds.de/wb/dwb/auswohnen
[6] Artillerist
[7] treue Schwester
[8] Deine Josefine

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 05.03.2024 17:10:28 Gelesen: 11839# 3336 @  
@ volkimal [#3335]

Lieber Volkmar,

nach einigen wunderschönen Frühlingstagen ist es hier wieder kälter geworden. Zeit für warmes Unterzeug! (dieses Wort werde ich nicht mehr vergessen). "Eßsachen" ist natürlich auch ein Volltreffer! Ich danke Dir wieder ganz herzlich für Deine Korrektur.

Zum Schluss habe ich noch eine kleine Frage: weisst Du vielleicht, was die Kaufkraft von 100 M zu dieser Zeit war?

Viele Grüße,

Emiel
 
volkimal Am: 05.03.2024 17:20:18 Gelesen: 11835# 3337 @  
@ evwezel [#3336]

Lieber Emiel,

im Internet habe ich dazu zwei Seiten gefunden. S.u.

Viele Grüße
Volkmar

[1] Von der Deutschen Bundesbank gibt es eine pdf dazu. Google einmöa nach "Kaufkraftäquivalente historischer Beträge in deutschen Währungen"
[2] https://fredriks.de/hvv/kaufkraft_calc.php
zu dieser Seite kam ich über den Kaufkraftrechner von https://fredriks.de/hvv/kaufkraft.php
 
evwezel Am: 05.03.2024 18:58:35 Gelesen: 11817# 3338 @  
@ volkimal [#3337]

Lieber Volkmar,

diese Webseiten waren mir noch nicht bekannt. Vielen Dank für Deinen Hinweis!

Viele Grüße,

Emiel
 
DERMZ Am: 06.03.2024 09:04:14 Gelesen: 11712# 3339 @  
Guten Morgen,

ich brüte gerade über einem Feldpostbrief aus dem Jahr 1943, der per Bahnpost von Marburg an der Drau nach Wien gelaufen war, das Kuvert ist absolut unspektakulär, der Inhalt von Edith an ihren Willi sehr emotional geprägt.



Ich habe folgendes gelesen:

3.11. abends
Mein Willy!
Bin todmüde u. ebenso traurig. Es ist unfassbar daß unter so – verher..
sein kann – Morgen fahre ich nach Wien. Alles was mir geblieben – alles -
u. das Einzige wofür ich dieses Leben ertrage – das Kind – muß ich hier zu-
rücklassen – weil ich in Wien die Bomben fürchte. Sonst hätte ich Hansgeorg mit-
genommen – meinen lieben – Gottes – treuen – kleinen – zärtlichen Kameraden -
der die Sprache der Augen versteht – der alleine mich hält. Ich wache so sehr
über ihn – es wird mir furchtbar schwer ihn unausgeglichenen – zerfahrenen
Menschen zu überlassen – die nicht mein volles Vertrauen genießen.
Heute wollte ich dem Herzenskind eine Freude machen. Wir sind mit
dem Autobus (welches Erlebnis!!) um ½2h am Semmering gefahren u.
ich habe wieder vergeblich versucht einen Wagen zu bekommen nach Maria-
Schütz. Wir gingen bei schönstem Herbstwetter zum Südbahnhotel
u. von dort zum Panhans wo ich mir einen Wagen erhoffte für das
müde Büberl das bei jedem Fuhrwert sehnsuchtsvoll sagt - „Pferdi
Fahren“ wenigstens zum Bahnhof zum 4h Zug. Richtig -
Bemühte (?) ich einen – denk' Dir – der fuhr uns nach Spital!
- also Bubi strahlte – u. es war eine nette Fahrt.
Wenn nun Morgen Post käme – mir ist so – sch... (?)
Gute Nacht. Verzeig wenn wir uns sehen - ?
Pollerus Hans ist wieder auf Urlaub hier! Im August war er auch da.
Er läßt Dich vielmals grüßen – das hat er so nett heute gesagt.
Na ja – wir treffen es doch nicht so. Unsereiner hat seine
Sorgen – u. kriegt Neue dazu. -

... am 4.11 wurde weitergeschrieben:



4.11.
Um 1h mit dem Personenzug wollte ich fahren – nun ist
Es ½h 3 u. ich sitze noch immer zu Hause u. warte. Bis jetzt
war ich schon zweimal unten u. er hat 2 Stunden Verspätung.
Gestern kam er um 4h ! Nun gerade ist er gefahren – was mir der Beamte
sagte vor 5 Minuten – war dann nicht richtig! Nun ist's ½3h ich
warte auf den um 4h. Wann komme ich nach Wien - ?? -
In Wien verschärfte Verdunkelung ab 7h – Du weißt wie finster es
dann ist u. Taschenlampe habe ich keine – weil die Batterien für privat
gesperrt sind!! Ich bin den Tränen nahe – weil obendrein K...(?)
auf die häßlichste Art quält u. nörgelt u. das Mädel – die brave Elly-
schon seit Muti (?) hier ist ein Gesicht macht – denn es gibt den ganzen
Tag etwas das Muti (?) aussetzt – sie verfolgt das Mädel geradezu -
u. heute ihren Rücken – schimpft sie zu mir den ganzen Tag – u. ich nehme
sie in Schutz u. das macht's nur (?) schlechter!! - Ich steh bald
wieder hier – u. diese böse – ungute Mutti (?) – dir mir nur das Leben
erschwert – verbittert wo sie kann – hat es sich absichtlich vorgenommen -
um sich dann „unentbehrlich“ zu machen – weil sie fürchtet Ihren Platz
hier zu verlieren – wenn meine Geduld siegt – Wenn ich alle Arbeit
alleine machen muß – meint – sie – dann werde ich sie brauchen!!?
Kannst Dir denken – wie – mir zumute ist - ! Bitter – u. …
sehr mehr - . Danke Dir für den lieben Brief vom 28.11. Luftpost!
Freue mich sehr daß Du doch das Paket erhalten, Aber den lieben Kleeblatt-
aschentöter – für Deine Zigaretten erwähnst Du nicht nun fürchte ich – daß er
mit Papier verloren ging? Willy ich danke Dir für die wunderbaren
3 Pakete die heute – mit Schokolade – Sardinen u. einer Dose (?) Konserve
(ich glaube Fleisch) herrlich ankamen. Soviel Schokol. Bubi war voll Freude -
wie schön – u. wieder viele Sardinen! Du selbst ergönnst Dir Nichts
mehr – das geht doch nicht!!! Mir ist so elend u. zum weinen – ich
weiß nicht wie ich's ertrage weiter! - da vielleicht – Lieb von Dir – doch sei
…. die gleichen Gedanken – ungefähr um dieselbe Zeit … Du auch vor die

und seitlich bzw. kopfstehend:





Lesen – daß ich gerne mit einigen Urlauber zusammen käme! … schnelle Ver...gung!!

Oder sie machen einen Wochenendausflug hier? ! Tausend Küsse deine schönste Edith

Wer kann meine Lücken schließen?

Beste Grüße Olaf
 

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