Thema:
Stellenausschreibung: Leitung der Geschäftsstelle des BDPh
TeeKay
Am: 13.01.2025 18:36:08
Gelesen: 1316
# 3
@
Lang überlegte ich, ob ich dazu überhaupt etwas schreiben sollte und wenn ja, was. Nach Ron Alex' jüngsten Digitalisierungs-Thread, in dem die "Es ist alles ganz toll, so wie es die letzten 100 Jahre gemacht wurde"-Fraktion den Status quo verteidigte, obwohl der absehbar in die Bedeutungslosigkeit führt, hatte ich eigentlich keine Lust. Gleichzeitig soll es nicht so wirken, als wäre ich als Mitglied des BDPh einverstanden damit, was sich mir hier offenbart. Also gab es erst den Einzeiler. Nachdem mich nun ein Externer Dritter bat, meine Bedenken detailliert aufzuschreiben, tat ich es.
Als ich die Stellenanzeige sah, wurde mir wieder klar, dass der BDPh dem Untergang geweiht ist. Als Gesellschafter-Geschäftsführer mehrerer GmbHs mit Mitarbeiter:innen, der allein im vergangenen Jahr einen fünfstelligen Betrag für Recruiting-Beratung bei Unternehmern ausgab, die Hochqualifizierte am laufenden Band einstellen, behaupte ich, dass kein Arbeitgeber in der Form im Jahr 2025 hochqualifizierte Mitarbeiter:innen finden kann. Dass ein von Unternehmern geführter Verband überhaupt auf die Idee kam, so eine Anzeige aufzugeben, ist für mich erschreckend. Das ist für mich eine Anzeige aus den 80ern und wenn sich überhaupt jemand passendes bewirbt, wäre das für mich ein Wunder.
Best Practice im Recruiting
Nach allem, was ich zum Thema Recruiting erfuhr und erlebte, sind es heute die Arbeitgeber, die sich bei den Hochqualifizierten bewerben und nicht umgekehrt. Wir haben mehrere Wochen damit verbracht zu überlegen, wie wir uns als Unternehmen potenziellen Mitarbeiter:innen präsentieren, damit wir als attraktiver Arbeitgeber überhaupt in die engere Auswahl derjenigen kommen, die wir als Mitarbeiter:innen haben wollen. Wir haben uns überlegt, was Hochqualifizierte heute erwarten. Was wir davon bieten können. Und wo wir dann in welcher Form diese Wunschmitarbeiter:innen antreffen können. Wie wir diese Informationen für Bewerber:innen aufbereiten, war ein mehrtätiges Thema. Wir hatten einen Tag professionellen Videodreh nur für ein Recruiting-Video für eine einzige Stelle. Es wurden Landing Pages gebaut, mit denen wir uns als Arbeitgeber den potenziellen Mitarbeiter:innen verkaufen. Um meine Wunschkandidatin für Marketing zu bekommen, haben wir mehr als ein Jahr Zeit und etliche Treffen investiert, um sie davon zu überzeugen, dass wir der richtige nächste Schritt in ihrem Leben sind. Denn Hochqualifizierte haben Auswahl und machen sich Entscheidungen nicht leicht.
Nichts, absolut gar nichts davon, ist beim BDPh passiert. Eine simple Google-Suche nach "Recruiting Tipps" hätte bereits gereicht, um die gröbsten Fehler zu vermeiden. Entweder wurde nicht einmal das getan, oder die dann zu findenden Tipps als unwichtg beiseite geschoben. Beides wirft ein schlechtes Licht auf den BDPh, der bei der wichtigsten (und vermutlich einzigen) Arbeitsstelle des Unternehmens solche Gleichgültigkeit walten lässt. Der BDPh-Vorstand besteht aus Unternehmern und Mitarbeitern mit Leitungsverantwortung. Sich ein Buch zum Thema zu kaufen, hätte ihnen auch außerhalb ihres Ehrenamts beim BDPh geholfen.
Die Liste der Fehler ist so lang wie die Anforderungsliste des BDPh
Mit keiner Silbe wird in der Stellenanzeige erwähnt, was den BDPh zum attraktiven Arbeitgeber macht. Mit keiner Silbe wird erwähnt, was der BDPh für seine Mitarbeiter:innen tut. Mit keiner Silbe wird erwähnt, wie der BDPh sicherstellt, dass die künftigen Mitarbeiter:innen ihre persönlichen Ziele mit den Arbeitgeberzielen in Einklang bringen können. Antworten auf diese Fragen zu finden, hätte dem BDPh sehr geholfen bei seinen weiteren Problemen. Da nichts erwähnt wird, liegt die Vermutung nahe, dass der BDPh nichts von dem tut oder hat.
Stattdessen ist es eine monotone Aneinanderreihung von Forderungen, die am Ende gekrönt wird durch die Forderung nach Vollzeittätigkeit auch am Wochenende und Flexibilität ausschließlich zugunsten des Arbeitgebers - übrigens eine Formulierung, die den BDPh angreifbar macht durch AAG-Klagen, da eine abgelehnte Alleinerziehende hier argumentieren kann, dass sie geschlechtsbedingt diskriminiert wurde.
Doch es geht noch weiter. Aus meiner Sicht als Arbeitgeber ist die Stelle mit einer Person hoffnungslos unterbesetzt - und Bewerber:innen werden das bemerken. Ich habe für einen Teil der Aufgaben in einem Unternehmen mit einem dem BDPh vergleichbaren Umsatz schon zwei Mitarbeiterinnen und einen externen Dienstleister. Qualifizierte Mitarbeiter:innen sehen doch anhand der langen Liste an Aufgaben aus verschiedensten Gebieten, dass das nicht zu schaffen sein wird. Wer soll denn so eine Aufgabe übernehmen wollen, bei der von Anfang an klar ist, dass nichts richtig gemacht werden kann und es bei 40h pro Woche nicht bleiben wird?
Und welcher Hochqualifizierte, der sich mit Marketing, PR (das sind 2 verschiedene Dinge), Veranstaltungsmanagement, Verwaltung, Networking und Geschäftsführung auskennt, hat denn Lust darauf, sich bei Vorstandssitzungen mit dem Protokoll zu befassen? Allein mit dieser einen Zeile verbaut sich der BDPh die Chance, Hochqualifizierte zu finden. Die haben da schlicht keine Lust drauf, sondern wünschen sich sie fordernde und fördernde Arbeit. Zudem macht der BDPh mit dem Wunsch der Protokollführung klar, dass wohl erwartet wird, Vorstandsbeschlüsse würden sklavisch nach Protokoll umgesetzt und keinesfalls eigene Ideen eingebracht werden. Man kann als Geschäftsführer:in schließlich schlecht gute Ideen im Meeting entwickeln und gleichzeitig Protokoll führen.
Es wird auch mit keinem Wort darauf eingegangen, ob denn der bisherige Stelleninhaber die künftige Stelleninhaber:in einarbeiten wird, oder ob der am 31.01.26 verschwindet und am 1.2. die neue Kandidat:in von 0 starten darf.
Der Distributionsweg der Anzeige bestimmt bereits das Ergebnis
Abgeschossen wird der Vogel dann letztendlich mit dem Distributionsweg. In der eigenen Zeitschrift und auf Facebook kommen Beiträge. Es fand aber keine Social Media Werbung statt (ein Glück, die wäre rausgeworfenes Geld angesichts der Fehler der gesamten "Kampagne"), es gibt keine Recruiting-Seite auf bdph.de, nichts, womit ich mich als Bewerber über meine Zukunft beim Verband informieren könnte. Auf Karriereportalen fand ich die Anzeige auch nicht (wäre aber auch rausgeworfenes Geld angesichts der zahlreichen Fehler). Woher sollen Bewerber:innen kommen, wenn die Anzeige so rudimentär gestreut wird?
Insgesamt steht die Anzeige für mich sinnbildlich für alles, was beim BDPh schief läuft und ihn letztendlich untergehen lassen wird. Diese Stellenanzeige ließ mich überlegen, aus allen Argen auszutreten mit dem Hinweis, dass ich wieder eintrete, sobald ich nicht mehr BDPh-Zwangsmitglied werden muss.
Und um all jenen zuvor zu kommen, die in den 80ern mal für Großunternehmen arbeiteten und von Ausbildung bis Rente nie den Arbeitgeber wechselten: auch z.B. Siemens arbeitet im Recruiting inzwischen so, wie ich es oben beschrieb und nicht so wie der BDPh.
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/20137
https://www.philaseiten.de/beitrag/357956