Neues Thema schreiben   Antworten     zurück Suche   Druckansicht  
Thema: DDR Dauerserien: Attest Blindzähnung - links ungezähnt ?
Carsten Burkhardt Am: 10.03.2017 13:03:45 Gelesen: 10000# 1 @  
Ich habe kein bestehendes Thema gefunden, deshalb eröffne ich einen neuen Thread.

Bei der Köpfeserie geistern einige Marken durch die Auktionen, wo angeblich dreiseitig gezähnte Marken angeboten werden. Ich habe das immer wieder mit meinen Prüferkollegen Henry Mayer und Jörg Schönherr diskutiert und wir waren uns eigentlich einig, dass man ungezähnt nicht gibt, wenn einige Abdrücke des Zahnkammes zu sehen sind. Bei genauer Betrachtung findet sich auch immer etwas Entsprechendes.

Folglich habe ich diese Marken niemals als ungezähnt gewertet.

Nun tauchte bei der Aufarbeitung alter Felzmann-Auktionen (149/2014) ein Attest auf, das mich eines Anderen belehrt.



Ich möchte das hier völlig wertungsfrei vorstellen. Habe deswegen auch eine neue Rubrik gewählt, um nicht in den Verdacht zu kommen, ich würde jemand eine Fehlprüfung vorwerfen. Den Namen des Prüfers darf natürlich jeder wissen.

Frage an das Forum: Wo beginnt ungezähnt? Ist Blindzähnung links gleich links ungezähnt (Kürzel Ul)?

Viele Grüße
Carsten
 
Carsten Burkhardt Am: 10.03.2017 13:07:42 Gelesen: 9996# 2 @  
Zur Illustration noch ein weiteres Bild:



Hier SBZ 214 angeboten als Uou.

Viele Grüße
Carsten
 
Carsten Burkhardt Am: 10.03.2017 13:11:09 Gelesen: 9989# 3 @  
Ähnliches Kürzel, aber Bogenumschlag:



Hier ist der senkrechte Kammschlag rechts regelrecht ausgeführt, aber der Bogen war gefaltet.

Viele Grüße
Carsten
 
paule Am: 10.03.2017 22:06:37 Gelesen: 9923# 4 @  
Hallo Carsten,

Blindzähnung ist auch nicht häufig, gibt es aber bei vielen Ausgaben nach 1945, der Unterschied zu ungezähnt ist das Abdrücke der Lochstifte zu sehen sind, bei ungezähnt ist aber der kompletter Ausfall bzw Abbruch der Lochstifte ausschlaggebend.

MFG
Paule
 
stephan.juergens Am: 11.03.2017 12:13:31 Gelesen: 9845# 5 @  
Hallo Carsten,

wie eine Blindzähnung entstand ist ja wohl klar; es sind zu viele Bogen in die Zähnungsmaschine gelegt worden, oder der Bediener hat nicht kräftig genug gedrückt.

M.E. gehört solche Makulatur (= Druckausschuß) in den Reißwolf (und ein Drucker mit Ehre tut dies auch, statt dies an einen befreundeten Philatelisten weiterzuleiten.

Für bedarfsverwendete Stück kann dass anders sehen - dort könnte Materialmangel die Verwendung von nicht perfekten Marken notwendig gemacht haben.

Postfrisch ist so etwas meine Meinung nach nicht sammelwürdig, aber ich sammele ja auch Sachen (Maschinenstempel), die andere Philatelisten nicht als sammelwürdig erachten.

Ob man eine Blindzähnung als "Ungezähnt" wertet oder nicht entscheidet letztlich der Sammler, der die Marke kauft. Diese Marke im Auktionskatalog als (links) ungezähnt anzubieten, wäre mir allerdings ein zu grosses Risiko - auf die deutlich sichtbaren Zähnungsspuren würde ich hinweisen um Reklamationen auszuschliessen. Hier ist ja eindeutig zu sehen, dass der Kammschlag nicht vergessen worden ist, sondern "nur" nicht tief genug ausgeführt wurde.

Insofern ein deutliches "JEIN" auf Deine Frage.

Grüße
Stephan
 
Henry Am: 11.03.2017 16:46:05 Gelesen: 9802# 6 @  
@ Carsten Burkhardt [#1]

Hallo Carsten,

für mich sind Blindprägungen immer mit Spuren des Zähnungsvorganges verbunden, wie bei deinem Beispiel 2, bei dem ich auf meinem Bilddschirm 2 zarte halbseitige Eindrücke des Zähnungskammes zu erkennen glaube. Wenn solche Spuren komplett fehlen, kann man von ungezähnt sprechen. Gut wäre dann allerdings die Zufügung, warum die Zähnung fehlt. Meist wird man dann zwar von einem Ausfall sprechen mangels Vorgangswissen. Bei deinem dritten Beispiel kann die Faltung des Bogens aber sehr wohl angeführt werden.

Meint
Henry
 
DL8AAM Am: 11.03.2017 17:09:04 Gelesen: 9791# 7 @  
Für mich auch, blindgezähnte Bereiche sind nicht (vollständig durch-) gezähnt, d.h. die Bezeichnung "ungezähnt" stimmt (für mich), die Seite ist ja auch nicht gezähnt (rein beschreibend).

Und wenn in diesen Fällen der (irrtümliche) Grund der Nichtzähnung bekannt/sichtbar ist (Abdrücke/Stanzungen/Prägungen) und auch expliziet mit angeführt wird, hier durch den Zusatz "Blindzähnung", ist (für mich) alles vollkommen korrekt gemacht worden.
 
drmoeller_neuss Am: 11.03.2017 18:28:47 Gelesen: 9773# 8 @  
@ Carsten Burkhardt [#1]

Aus Sicht des Postkunden ist diese Marke ungezähnt, da die Zähnung ihren Zweck nicht erfüllt und ein anderes Hilfsmittel, z.B. eine Schere verwendet werden muss.

Ansonsten geht das Attest für mich in Ordnung. Text und Bild sind aussagekräftig, und die Preisfindung obliegt nicht dem Prüfer, sondern dem Interessenten.

Wir sollten einmal hier herunterschalten und nicht immer bei Attesten nach dem Haar in der Suppe suchen.
 
Carsten Burkhardt Am: 11.03.2017 18:59:58 Gelesen: 9763# 9 @  
Liebe Forumsteilnehmer,

ich danke für die Meinungen. Wie ich gelernt habe, kann man die Sache aus zwei Richtungen sehen:

1) Sie ist nicht vollständig gezähnt, also ungezähnt. Wenn auch nur eine Seite.

2) Die Abdrücke/Stanzungen/Prägungen lassen erkennen, dass ein Zähnungsvorgang durchgeführt wurde, also nicht ungezähnt.

Nun denn, ich hatte mir vorgenommen, das Thema auf der nächsten Tagung der Fachgruppe Köpfe/Pieck anzusprechen. Jetzt habe ich zwei Sichtweisen und viele Argumente mehr. Bisher musste für mich plausibel sein, warum eine Seite nicht gezähnt ist.

Bei einer Kammzähnung kann also eine Seite nur dann ungezähnt sein, wenn der nächste Kammschlag nicht ausgeführt wurde. Oder bei Bogenumschlag wie oben gezeigt. Ein bisschen gezähnt, sichtbar an Abdrücken/Stanzungen/Prägungen wäre aus meiner Sicht nicht prüfbar.

Noch ein paar Bilder von heute aus Ebay und aus meinem Archiv:



Blindzähnung im Angebot des Verkäufers hermstamps. Aus meiner Sicht nicht als ungezähnt prüfbar.



oben ungezähnt bei Kreuzkammzähnung



dreiseitig ungezähnt bei Kammzähnung



unten ungezähnt bei Kammzähnung

Viele Grüße
Carsten
 
DL8AAM Am: 11.03.2017 21:34:16 Gelesen: 9717# 10 @  
@ Carsten Burkhardt [#9]

1) Sie ist nicht vollständig gezähnt, also ungezähnt. Wenn auch nur eine Seite.
2) Die Abdrücke/Stanzungen/Prägungen lassen erkennen, dass ein Zähnungsvorgang durchgeführt wurde, also nicht ungezähnt.
... Jetzt habe ich zwei Sichtweisen und viele Argumente mehr.


Das Eine schliesst das Andere nicht aus. Es ist lediglich eine optische Beschreibung. Es ist unbestritten, dass die Marke (in dieser Form) einseitig nicht (korrekt, vollständig) gezähnt ist, auch wenn es (erfolglos) versucht wurde. Es wurde zwar ursprünglich versucht, es war offiziell vorgesehen, dass die Marke korrekt gezähnt wird und dass sie als gezähnte Marke auszugeben sei. Nur ist dieser Zähnungsvorgang erfolglos beendet worden (gewollt/irrtümlich), d.h. die Marke ist weiterhin (faktisch, optisch beschreibend) einseitig ungezähnt geblieben. Wobei sie Spuren eines mehr oder weniger erfolglosen (ersten) Arbeitsschrittes zeigt.

Im Prinzip, wie schon geschrieben wurde, ist das eine "fehlerhafte Arbeit". Wie diese in die Öffentlichkeit geraten ist, kann ich nicht beurteilen (gewollt, übersehen, gestohlen), dafür kenne ich das Gebiet und den aktuellen Forschungsstand nicht. Alle Varianten sind zumindest theoretisch möglich (Mangelausnutzung "noch nutzbare Gutprodukte statt Makulatur"/Vertuschung, Fehler/Diebstahl). Es sind (können) dieses echte Exemplare (sein). In jedem Fall ist es ein Zeitzeugnis. Gesammelt und gehandelt wird sowas auch alles.

Inwieweit ein Fehler/Diebstahl (falls) eine eigene 'offizielle' Katalog(unter)nummer verdient, kann man diskutieren. Es gibt zumindest für alles weltweit/jederzeit passierte Beispiele. Die U Kurz-Zusatz-Beschreibung ist zumindest (in meinen Augen) zutreffend, egal ob bereits im Katalog oder nicht, eine Beurteilung, ob eine Aufnahme in einem Katalog aber auch gerechtfertigt ist, ist für mich, ohne einen gewissen Wissenstandsstand zum Sammelgebiet nicht angemessen. Hier gäbe es wieder viel Raum für "Grabenkämpfe" unter den selbsterklärten Fachleuten. Zumindest ist es für mich denkbar, dass damals weniger fehlerhafte Drucke - aus Mangelgründen (auch Angst vor Sanktionen bei Normnichterfüllung) - teilweise gewollt (egal von wem) nicht gleich vor Ort ausgesondert und vernichtet wurden - und so irgendwie über 'offizielle' Kanäle (gewollt/durchgeschlüpft?) an die Schalter gelangten. Ebenso sind Schwarzmarktschachereien sehr gut möglich. In jedem Fall ist es ein sammelfähiges Zeitzeugnis.

Zumindest ist die Beschreibung im Attest für mich in diesem Fall insoweit erst einmal vollständig und korrekt. Zu "Echt/Fälschung ja/nein" kann ich keine Aussage treffen, ebenso zu MICHEL soll ja/nein.

Gruß
Thomas
 
Carsten Burkhardt Am: 12.03.2017 07:44:16 Gelesen: 9681# 11 @  
@ DL8AAM [#10]

Gewollt waren solche mangelhaft gezähnten Marken mit Sicherheit nicht. Bei der Köpfeserie lässt sich im Aktenbestand des Bundesarchivs nachweisen, dass 11 bis 13 % Makulatur wegen Zähnungsproblemen verworfen werden musst. Zumindest um 1950. Ähnliche Zahlen gibt es übrigens auch bei der Bautenserie. Ost und West kämpften mit den gleichen Problemen.

Im Laufe der Jahre wurde vieles umorganisiert, sodass die Ausschussquote sank.

Während bei Köpfe I (Druckzeit 1948 bis 52) solche Marken recht häufig sind, findet man sie bei Köpfe II und der zeitgleichen Ausgabe Pieck II (Marke oben) ziemlich selten. Entweder war die Kontrolle besser oder es trat weniger Ausschuss auf, der durchschlüpfen konnte. Wahrscheinlich beides.

Sammelwürdig sind sie allemal. Die Marke von Pieck hat bei Felzmann immerhin einen Zuschlag von 260 Euro erzielt.

Viele Grüße
Carsten
 
Henry Am: 12.03.2017 11:47:29 Gelesen: 9642# 12 @  
@ Carsten Burkhardt [#9]
@ Carsten Burkhardt [#11]

Ich finde, man sollte hier mit den Beschreibungen nicht (ungewollt) etwas suggerieren, was nicht vorliegt. Wenn eine Blind zähnung vorliegt, sieht man schon an den spuren, dass die Zähnung ursprünglich gewollt war. Somit sind diese Marken eindeutig der gezähnten Ausgabe zuzuordnen. Man kann dann nur noch zufügen, dass ein Zähnungsfehler vorliegt. Das macht aber die marke nicht zur Ungezähnten. Lasst diesen Begriff nur bei den Marken gelten, die entweder geschnitten oder mit tatsächlichem kompletten Zähnungsausfall erschienen sind. Alles andere fördert nur blumige Umschreibungen, die weniger Informierte in die Irre führen.

Mit philatelistischem Gruß
Henry
 
Carsten Burkhardt Am: 30.03.2018 14:32:40 Gelesen: 8425# 13 @  
Zum Thema kam gestern wieder ein neues Angebot in meine Hände, Ebay Sofortkauf 51 Euro



schönes Wochenende
Carsten
 
Carsten Burkhardt Am: 30.03.2018 19:00:41 Gelesen: 8383# 14 @  
@ Carsten Burkhardt [#1]

Bei der Recherche nach Blindzähnungen stieß ich heute auf eine Newsseite von BPP-Prüfer Paul, wo er die Philatelistischen Begriffsbestimmungen – Anhang zur Prüfordnung des BPP zitiert [1].

"Versehentlich nicht gezähnte, nicht durchstochene bzw. ungestanzte Marken werden als ungezähnt, undurchstochen bzw. undurchstanzt bezeichnet und als Abarten katalogisiert. Sie müssen so breite Ränder aufweisen, dass eine Verwechslung mit der gezähnten, durchstochenen bzw. durchstanzten Ausgabe ausgeschlossen ist. Bei teilgezähnten oder teilweise undurchstochenen Postwertzeichen sollte der volle Bogenrand bzw. die vollständige Nachbarmarke vorhanden sein.“

Demnach widerspricht die Prüfpraxis von Paul den Philatelistischen Begriffsbestimmungen seines Vereins. Bei Blindzähnung sind Zähnungsstanzungen vorhanden, also kann man nicht als ungezähnt attestieren. Andere BPP-Prüfer, wie zum Beispiel Herr Wehner, setzen diese korrekt um.



Schönes Wochenende
Carsten

[1] http://www.paul-siegfried.de/news2017_3.html
 
  Antworten    zurück Suche    Druckansicht  
 
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.