Thema: Altdeutschland Hamburg: Die Typen des kleinen Ovalstempels
Markus Pichl Am: 01.09.2017 08:16:08 Gelesen: 3936# 1 @  
Hallo,

der kleine Ovalstempel von Hamburg gehörte schon immer zu meinen Lieblingsstempeln. Besonders wenn er zur Entwertung von Marken verwendet wurde, lässt er mein Philaherz höher springen. Zumeist wurde er aber als Aufgabestempel neben die mit Balkenstempel entwertete Markenfrankatur als Aufgabestempel gesetzt oder kommt auch auf bar bezahlten, ohne Marken versehenen Briefen, sogen. Francobriefen, vor.

Gemäß Handbuch der ARGE Schleswig-Holstein, Hamburg und Lübeck, gibt es diesen kleinen Ovalstempel in vier verschiedenen Typen. Leider sind in diesem Handbuch die verschiedenen Typen nicht erklärt. Dies kritisierte ich bereits anderswo und wurde für meine Kritik kritisiert. Nun, es gibt Handbücher, in denen Typen erklärt werden und halt auch solche Handbücher, in denen dies nicht der Fall ist. Letztere gehören dann zu meinen Lieblings-Handbüchern und die anderen zu den kritisierten.

Lange Rede, kurzer Sinn. Vor ein paar Monaten habe ich mir insgesamt knapp 200 Bilddateien von Belegen oder Briefstücken, die diesen kleinen Ovalstempel zeigen, gespeichert. Teils habe ich diese aus dem Internet gespeichert oder aus Auktionskatalogen eingescannt und ein paar Abschläge sind auch aus meinem eigenen Bestand archiviert. Wie auch immer, ich hatte in jedem Fall nicht damit gerechnet, dass der Zeitaufwand doch ganz schön enorm ist, um diese Menge zusammen zu suchen.

Nun bin ich endlich dazu gekommen, mit der Auswertung dieser Bilddateien zu beginnen und die vier verschiedenen Typen auskundig zu machen. Im Moment habe ich 32 dieser Bilddateien ausgewertet und der Zeitaufwand war auch ganz schön enorm. Denn die verschiedenen Abschläge sehen sich sehr ähnlich und um keinen Fehler zu machen, habe ich erst einmal solche Abschläge ausgewählt, die sich auf einer Marke befinden oder denen Marken daneben kleben. Dies hat den Vorteil, dass ich die Bilder, bei denen aufgrund der unterschiedlichen Quellen viele verschiedene Bildgrößen anliegen, anhand des Bildformates der Marken proportional ausrichten kann und sich dadurch dann auch das tatsächliche Format der Ovalstempel ergibt. Hat man diesen Anhaltspunkt nicht, ist es quasi nicht wirklich möglich die Stempel in die richtige Proportion zu bringen.

Jubel, ich habe es wirklich geschafft, die vier verschiedenen Typen unter den ersten 32 ausgewerteten Bilddateien ausfindig zu machen. Nachstehend eine erste Übersicht.



Die Type, welche bisher am häufigsten vorkommt und zugleich den frühesten Abschlag (01.01.1861) aufweist, habe ich als Type I bezeichnet. Soll heißen, da im Handbuch die vier verschiedenen Typen nicht näher bestimmt sind, habe ich selbst jeder Type römischen Ziffern zugeordnet. Daraus ergibt sich:

Type I



Type II

Im Unterschied zu Type I (und auch Type III und IV) sind die Buchstaben HAMBURG kleiner. "H", "A" und "M" stehen etwas weiter auseinander, das "H" ist viel schmaler als bei Type I.



Type III

Alle Typen (Buchstaben) in der Ortsangabe HAMBURG stehen enger aneinander, die Schriftlänge von HAMBURG ist deutlich kürzer als in den anderen Typen. Zwischen dem "G" und dem rechten Ovalrand ist mehr Platz, als zwischen dem "H" und dem linken Ovalrand.



Type IV

Bei dieser Type ist der Schriftzug HAMBURG ein kleines Stückchen länger als bei Type I und Typen in HAMBURG stehen in gleichmäßigen Abständen voneinander ab.



Wie gesagt, die Unterschiede sind recht gering und es bedarf einer gewissen Übung, um sie zu erkennen. Optimal ist, wenn man die Stempel in den richtigen Proportionen in einem Bildbearbeitungsprogramm übereinander legen kann.

Die Typen III und IV habe ich bisweilen nur mit Stempeldaten ab 1864 finden können. Noch habe ich zwar eine Menge Bilddateien auszuwerten, um konkreteres über die Verwendungszeiträume der einzelnen Typen berichten zu können, aber ich glaube fast, da wird sich nicht mehr viel tun.

Die verschiedenen Typen unterscheiden zu können, ist u.a. wichtig zum Erkennen von guten Stempelfälschungen. Denn solche soll es wirklich geben.

Beste Grüße
Markus
 
Markus Pichl Am: 02.09.2017 14:08:33 Gelesen: 3845# 2 @  
Hallo,

im Kohl-Handbuch (11. Auflage, 1933) waren die Informationen über den hier besprochenen Stempel noch spärlich, z.B. wurde noch gar nicht vermerkt, dass verschiedene Typen, des dort als "kleine querovale Type" bezeichneten Stempels, in Verwendung waren. Ein Einführungsdatum bzw. Frühdatum wird dort auch nicht aufgeführt, es hieß nur: "Anscheinend statt der beiden vorbesprochenen Stempel wurde gegen Anf. 1861 eine kleine querovale Type mit voll ausgeschriebenem Ortsnamen in Gebrauch genommen, die bis (mindestens) 2. Hälfte April 1866 in Gebrauch blieb, vgl. Abb. II." (Hervorhebung in Fettschrift aus dem Kohl-Handbuch übernommen)



In dem von mir angelegten Bildarchiv, datiert der bisher früheste Abschlag auf den " 1/1 1861" und er befindet sich auf dem nachstehenden Beleg (Abbildung eingescannt aus Auktionskatalog des Württembergischen Auktionshaus "115. Auktion 20. April 2012 Hamburg Sammlung Uhlenhorst")



Dieser Stempelabschlag stammt von dem von mir als Type I deklarierten Stempelgerät, erkenntlich an der Höhe der Typen (Buchstaben), dem breiten "H" und den auch für Type I typischen Abstrich des "R".

Im bereits erwähnten ARGE-Handbuch aus dem Jahre 2004, ist für alle Typen als frühestes Verwendungsdatum der 08.01.1861 vermerkt. Daher gehe ich davon aus, dass der obige Beleg vermutlich vor 2012 noch nicht registriert war.

Beste Grüße
Markus
 
DSB Am: 19.02.2019 15:51:56 Gelesen: 2762# 3 @  
Hallo,

vielleicht darf ich noch anfügen, dass diese 4 Typen im Handbuch von Dr. Ernst Meyer - Margreth "Die Poststempel von Hamburg" (Festschrift zur Erinnerung an die 80jährige Wiederkehr des Gründungstages des Vereins für Briefmarkenkunde zu Hamburg 1883 - im Jahr 1963) auf Seite 45 vorgestellt werden. Es werden auch die entsprechenden Unterschiede dargestellt.

MfG
D.Schramm