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Thema: (?) (13) Begriffsbestimmung: PD und PP - Stempel auf Altbriefen ins Ausland
dr.vision Am: 15.12.2017 09:44:54 Gelesen: 9244# 1 @  
Moin zusammen,

ich habe einmal gelernt, dass es keine dummen Fragen gibt. Daher wende ich mich mit meiner Frage mal an euch.

Auf Altbriefen und -karten ins Ausland sind meistens die Stempel PP oder PD abgeschlagen. Die Bedeutung PP ist mir klar: Port Payé ; das komplette Porto bis zum Empfänger wurde bezahlt.

Zur Bedeutung von PD habe ich fünf Sammler befragt, die von sich behaupten, Philatelisten zu sein und habe sechs unterschiedliche Antworten bekommen.

Ich hoffe sehr, dass mir hier ein kompetenter Mitleser helfen kann und mir eine - für mich verständliche - Erklärung geben kann.

Herzlichen Dank im Voraus und beste Grüße von der Ostsee
Ralf
 
bignell Am: 15.12.2017 10:17:40 Gelesen: 9235# 2 @  
@ dr.vision [#1]

Hallo Ralf,

die beiden Stempel kamen bei internationalen Sendungen zur Anwendung.

PD = Porto pagato sino al destino / Port payé à Destination = Porto zum Bestimmungsort bezahlt

PP = Porto pagato parzialmente / Port payé partiellement = Porto teilweise bezahlt (gemeint ist der Inlandsanteil, also bis zur Staatsgrenze)

Lg, harald
 
SH-Sammler Am: 15.12.2017 14:04:32 Gelesen: 9200# 3 @  
@ bignell [#2]
@ dr.vision [#1]

Hallo Ralf und Harald,

ich möchte mit einem Beispiel aufzeigen, dass das PP nicht nur für Inlandbriefe resp. für das "Porto" bis zur Staatsgrenze verwendet wurde.

Beim Studium des Beitrages [#122 und #124] im Beitrag "Schweiz Dauerserie Strubel Ausgabe 1854 ff" ist der PP Stempel auf einem Brief in die USA als Nachweis für die bezahlte Gebühr bis zum Landungshafen (hier New York) aufgebracht. Mit einem PD = Paye Destination und einem höheren Tarif wäre der Brief bis zum Wohnort innerhalb der USA bezahlt gewesen.

Hier noch das Attest dazu, welches ich beim Schreiben des Beitrages 122 noch nicht hatte:



In diesen Sinne ist die Definition von Harald betreffend dem PD korrekt, wobei die Beschreibung des PP-Stempels "etwas" erweitert werden muss. Es müsste dann in etwa so heissen: Gebühr bezahlt bis zum "in einem Vertrag ausgehandelten Austauschbüro".

Nun würde mich interessieren, wie denn die anderen 5 Sammler das PD erklärten. :-)

Viele Grüsse

SH-Sammler
Hanspeter
 
bignell Am: 15.12.2017 15:46:33 Gelesen: 9169# 4 @  
@ SH-Sammler [#3]

Hallo Hanspeter,

Du hast natürlich recht, das PP muss nicht zwangsläufig bis zur Grenze heissen, es bedeutet einfach, ein Teil des Portos wurde entrichtet, welcher Teil, hängt von den jeweiligen Postverträgen ab. Das mag die Schweiz mit den USA anders geregelt haben als Österreich mit den USA.

Lg, harald
 
dr.vision Am: 16.12.2017 09:39:43 Gelesen: 9120# 5 @  
@ bignell [#2]
@ SH-Sammler [#3]

Moin zusammen,

herzlichen Dank für eure Erklärungen.

Was die anderen 5 Sammler gesagt haben, ging von "Das ist das Gleiche!" bis zu langatmigen Erklärungen, die die Fragestellung aber kaum berührt haben.

Die für mich schlüssigste Erklärung war, dass PP = Port Payé bedeutet, also, dass das gesamte Porto bis zum Empfänger bezahlt wurde und PD = Port payé à Disémbarkation die von Harald beschriebene Bedeutung hat (Gebühr bezahlt bis zum "in einem Vertrag ausgehandelten Austauschbüro"). Das hieße also, dass für jedes Land ein bestimmter Übergabepunkt festgelegt wurde, zumindest bis zum Beginn der UPU?

Aber ihr seid die Spezialisten und ich danke sehr für eure Erklärungen.

Einen ruhigen 3. Advent und beste Grüße von der Ostsee,
Ralf
 
SH-Sammler Am: 16.12.2017 10:33:10 Gelesen: 9110# 6 @  
@ dr.vision [#5]

Hallo Ralf,

entschuldige bitte, wenn ich mich erneut einmische.

Du schreibst "Port payé à Disémbarkation". was meines Erachtens nicht korrekt ist.

Disémbarkation heisst, von Bord gehen, Ausschiffen.

Briefe, welche z.B. von der Schweiz nach Frankreich gingen, waren garantiert keine Schiffspost, sondern ein Überlandtransport mit Pferd, später mit der Eisenbahn.

Die Bezeichnung muss wirklich DESTINATION heissen, also PD = Port payé à Destination resp. Port payé partiellement.

Nochmals viele Grüsse

SH-Sammler
Hanspeter
 
dr.vision Am: 16.12.2017 10:54:57 Gelesen: 9098# 7 @  
@ SH-Sammler [#6]

Moin Hanspeter,

Du musst Dich doch nicht entschuldigen, wenn Du auf meine Frage antwortest. Danke nochmal für die Erklärung, die ich jetzt so übernehmen werde. Ich hatte nur die Äußerung eines Sammlers wiedergegeben, die ich - erst einmal - für schlüssig hielt.

Beste Grüße von der Ostsee
Ralf
 
bignell Am: 16.12.2017 11:16:47 Gelesen: 9091# 8 @  
@ dr.vision [#7]

Hallo Ralf,

man muss das aus dem historischen Kontext heraus sehen, ursprünglich wurden Nachrichten durch Boten übermittelt, die meist bei Erledigung des Auftrags bezahlt wurden (somit vom Empfänger), da es sonst für den Boten ein Leichtes gewesen wäre, die Nachricht zu entsorgen und den Lohn einzubehalten. Hat der Empfänger die Annahme verweigert, verlor jedoch der Bote seinen Lohn.
Je mehr das Vertrauen in das Postwesen stieg (siehe hierzu die spannende Geschichte von Janetto de Tassis [1] und seinem Bruder Francesco [2]), desto üblicher wurde es die Taxe (leitet sich nicht von Tassis/Taxis ab, aber ich finde die Ähnlichkeit der Worte interessant) zumindest teilweise im Voraus zu entrichten.

Während der Botenlohn frei vereinbart wurde, legten die Postverträge fixe Sätze fest, die entweder der Absender oder der Empfänger (oft mit Zuschlag) zu tragen hatte. Die Verträge waren (vor UPU) sehr detailliert und der Betrag auch abhängig von Leitwegen etc, deshalb hat man es vereinfacht, indem man mit PD kennzeichnete, dass der Beamte der den Brief an den Empfänger aushändigte, nichts mehr zu kassieren hatte, während bei PP oder unbezahlt noch gerechnet werden musste.

Lg, harald

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Janetto_von_Taxis
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Taxis
 
dr.vision Am: 16.12.2017 11:20:44 Gelesen: 9088# 9 @  
@ bignell [#8]

Moin Harald,

auch Dir herzlichen Dank für die Erklärungen.

Beste Grüße von der Ostsee
Ralf
 
SH-Sammler Am: 16.12.2017 11:31:11 Gelesen: 9082# 10 @  
@ bignell [#8]

Super, Harald, Deine Erklärung. Hätte ich mir nicht einfach so "aus den Fingern saugen können".

Liebe Grüsse

SH-Sammler
Hanspeter
 
bayern klassisch Am: 16.12.2017 13:39:19 Gelesen: 9055# 11 @  
Hallo in die Runde,

jetzt fühle ich mich doch genötigt, zu diesem Thema etwas zu schreiben.

Am Anfang war das Wort, dann kam der P.P. - Stempel (aus Frankreich). Er sollte den weiteren Poststellen und dem Empfänger anzeigen, dass der Absender den Brief frankiert hatte. Dies zu einer Zeit, als die Masse der Briefe im Inland verbleib und ein Absatzfranko (also eine teilweise Frankierung bis zu einem festgelegten Grenzpunkt) nicht üblich war.

Der Wunsch, einen Brief zu frankieren, war vom Absender auf dem Brief selbst anzugeben ("franc, franco, frei, frey usw.").

Diese P.P. - Stempel kenne ich noch bis in die 1840er Jahre für die Inlandskorrespondenzen.

Später kamen sie wieder auf, um ihren Zweck bei moderneren Postverträgen zu erfüllen, nämlich bei Auslandsbriefen, die nicht bis zum Empfänger zu frankieren waren, weil die ein oder andere Postanstalt dies nicht zuließ. Dann bedeutete P.P. immer noch "port payé", aber eben nur bis zu einem vertraglich fixierten Grenzpunkt. Hierbei spielte es eine Rolle, bis zu welchem Punkt der Absender frankieren konnte und frankiert hatte, denn es konnte ja mehrere Grenzpunkte geben, wenn mehrere Postverwaltungen involviert waren. Beispiel: Niederlande - Preussen - Taxis - Bayern - Österreich - Kirchenstaat - Königreich beider Sizilien. Da konnte franko NL - Preussen, franko bayer. Eingangsgrenze bei Aschaffenburg, franko Füssen bayer. Grenze zu Österreich usw. die Korrespondenz gestellt werden.

Ab den 1860er Jahren kommt dann der Terminus technicus "port partielle" auf, also teilfraniert, um zu unterscheiden, dass es auch P.D. (payé a destination) gab. Hierzu gibt es, vor allem kriegsbedingt, Briefe, die überstempelt wurden und bei denen man schön sehen kann, welche Funktion diese Stempel nun hatten.

Der Weg von der Abgabepost zum Empfänger war aber keiner, der postvertraglich in Paragraphen gegossen wurde und werden konnte - hier gibt es durchaus etliche Fälle, bei denen Briefe vom Ausland her zwar mit P.D. gestempelt wurden, aber ein Bestellgeld (Botenlohn, Trägerlohn usw.) vom Empfänger verlangt wurde. Hier darf man nicht von einer Gebühr sprechen, weil Gebühren immer staatlich (vertraglich) bestimmt wurden und die Zustellung durch Boten, Träger usw. keine staatlichen, bzw. postalischen Leistungen waren, sondern auf Absprachen zwischen Empfänger, Boten und Abgabepost allein fußten.

Ein weiteres Thema wäre die Weiterleitung(en) von P.D. gestempelten Briefen, die im Rahmen dessen auch mit P.P. überstempelt werden konnten, bzw. dann ganz unfrei laufen konnten.

Wie man unschwer erkennt, ist das Thema vielschichtig und immer auf Basis der jeweils existierenden Postverträge zu sehen, die ja nicht immer miteinander abgesprochen waren und daher ein weites Feld der postgeschichtlichen Forschung des 19. Jahrhunderts bieten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
dr.vision Am: 16.12.2017 14:17:28 Gelesen: 9048# 12 @  
@ bayern klassisch [#11]

Lieber Namensvetter,

auch Dir herzlichen Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen. Damit ist das Thema wohl geklärt.

Beste Grüße von der Ostsee
Ralf
 
10Parale Am: 13.04.2018 20:50:54 Gelesen: 8573# 13 @  
@ dr.vision [#12]

Für mich ist das Thema noch nicht ganz geklärt. Würde mich interessieren, ob wir hier Beispiele sehr früher PD bzw. PP Stempel finden.

Ich mache mal den Anfang:

Dieser Altbrief wurde am 7. Januar 1845 von Constantinople (Turquie) nach Syra (Ägypten) verschickt, wo er am 30. Dezember 1844 (unterschiedliche Kalender) eintraf.

Auf der Vorderseite sehen wir den typischen PD Stempel im Rahmen. Der Brief hat Räucherschlitze und schöne Abstempelungen. Rückseitig eine Taxierung 9/5?, die ich nicht weiter deuten kann.

Vielleicht hat jemand einen PD-Stempel, der noch älter ist, warum nicht mal wetteifern?

Liebe Grüße

10Parale


 
bayern klassisch Am: 14.04.2018 07:55:10 Gelesen: 8519# 14 @  
@ 10Parale [#13]

Hallo 10Parale,

das ist ein französischer P.D. - Stempel und ob hinten 9/5 stehen, müsste man sehen, wenn der Brief hinten anders gefaltet wäre und gerade gescannt wäre.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
10Parale Am: 15.04.2018 15:51:32 Gelesen: 8448# 15 @  
@ bayern klassisch [#14]

Danke für die Antwort.

Destination war SYRA in Griechenland, nicht in Ägypten, wie ich oben irrtümlicherweise schrieb. Habe mir den Stempel heute genauer angeschaut, sind griechische Buchstaben und Olivenzweige, denke ich, so dass wir es mit der Insel Syros zu tun haben, eventuell gab es dort ein Postamt mit dem Inselnamen, denn die Hauptstadt ist Ermoupoli. Also haben wir es hier mit einem Levante-Beleg zu tun.

Hinten 9/5, habe das noch einmal vergrößert.

Liebe Grüße

10Parale


 
SH-Sammler Am: 15.04.2018 16:09:04 Gelesen: 8440# 16 @  
@ 10Parale [#13]

Hallo Parale,

ich bin etwas in Zweifel mit dem Aufgabeort Konstantinopel. Kannst Du den Aufgabeort anhand des Textes im Brief besser identifizieren? Immerhin lese ich unter dem Bestimmungsort SYRA noch den Zusatz "Vapore francese". Der Brief ist auch adressiert an einen Sig(nore), also geschrieben in italienisch. Der Brief könnte somit aus Italien oder sogar aus der italienisch sprechenden Südschweiz stammen. Wobei ich bei dieser Art von Stempel wirklich an den Kanton Tessin in der Schweiz denke.

Hoffentlich hat der Brief noch Inhalt.

Liege ich mit meiner Vermutung falsch? Oder habe ich den Nagel auf den Kopf getroffen?

Genug geprahlt, ich grüsse und wünsche einen schönen Tag

SH-Sammler
Hanspeter
 
10Parale Am: 15.04.2018 16:41:48 Gelesen: 8424# 17 @  
@ SH-Sammler [#16]

Da staunt der Laie! Inhalt hat der Brief noch, aber ich passe bei der Dechiffrierung.

Es scheint tatsächlich so zu sein, dass der Brief nicht aus Constantinople stammt. Doch wer kann das lesen? Es sieht tatsächlich aus wie italienisch und der Aufgabeort hat meiner Ansicht nach so um die 4 Buchstaben.

Was der Inhalt aber auf jeden Fall verrät ist, dass der Brief am 26. Dezember 1844 geschrieben wurde. Auf der Kykladeninsel Syros kam er am 30. Dezember 1844 an, die Beförderung "über" Konstantinopel dauerte also insgesamt 5 Tage. Nun haben wir den französischen P.D. - Stempel (vielen Dank an bayern klassisch) als weiteren Hinweis auf das Aufgabegebiet (evtl. Frankreich oder wie SH-Sammler meint evtl. Italien oder italienisch sprechende Südschweiz). Könnte es GENUA sein?

Liebe Grüße

10Parale



 
bayern klassisch Am: 15.04.2018 16:55:02 Gelesen: 8413# 18 @  
@ 10Parale [#17]

Der P.D. - Stempel ist französisch, aber die Franzosen hatten ja ein Postamt in Konstantinopel, so habe ich das gemeint.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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