Neues Thema schreiben   Antworten     zurück Suche   Druckansicht  
Thema: Deutsche Lokalausgaben 1945 Halberstadt Privatausgaben:Parallelen zu Köln PA 10 ?
JohannesM Am: 25.01.2018 17:57:29 Gelesen: 14671# 1 @  
Gebührenzettel Halberstadt 1945 – Paralellen zu den Kölner Gebührenzetteln ?

Zumindest die Herkunft dieser Gebührenzettel ist wohl genauso fragwürdig. Leider ist die Aktenlage beim Postamt Halberstadt sehr lückenhaft, im Stadtarchiv fand ich eine Verfügung der britischen Besatzungsmacht vom 17.6.1945, in der eindeutig geregelt wird, das nur der Tagesstempel als Quittung für die Entrichtung der Beförderungsgebühr abgeschlagen wird.



Die russische Anweisung vom 24.7.1945 ist zwar nicht so konkret, aber auch dort ist keine Rede von irgendwelchen Provisorien.



Damit hören aber die Parallelen auch schon auf, denn die Halberstädter Belege sind wohl echt gelaufen. Jedenfalls kann man das für die 4 Belege annehmen, die ich bisher finden konnte und nachfolgend vorstelle:

1. 30. Gärtner-Auktion Febr. 2015 Los 14377 Ausruf 1000 €, verkauft für 1350 €.

Entwertet mit dem Kreisstegstempel mit Kreisbögen * 1 b , den Stempel habe ich auf unverdächtigen Belegen, ich konnte keine Abweichungen feststellen.



2. 31. Gärtner-Auktion Juni 2015 Los 15633 Ausruf 120 €, nicht verkauft. Entwertet mit dem gleichen Stempel wie 1.



3. 32. Gärtner-Auktion Okt. 2015 Los 18597 Ausruf 90 €, nicht verkauft. Gleicher Beleg von der 31. Auktion.

4. 33. Gärtner-Auktion Febr. 2016 Los 17232 Ausruf 1000 €, nicht verkauft
Hier gibt es allerdings wieder eine Verbindung zu Köln, nämlich den Prüfer Zierer. Im Michel steht zwar, das diese Belege nicht geprüft werden, da es ja private Erzeugnisse sind, aber ich weiß nicht ob sich ein Prüfer danach richten muß, er ist ja auch kein BPP-Prüfer.

Ich bedanke mich beim Auktionshaus Gärtner für die Überlassung der Bilder.





Auch für diesen Stempel von Schwanebeck habe ich Vergleichsstempel, die Übereinstimmung ergaben.

5. Zuletzt habe ich in meinem digitalem Archiv noch einen Beleg, der von einem verstorbenen Vereinsfreund stammt, leider weiß ich nicht wohin er verkauft wurde. Auch hier handelt es sich um den * 1 b.



Ich bin gespannt auf eure Meinungsäußerungen zu diesen Belegen. Hat hier ein Postangestellter im guten Glauben provisorische Postwertzeichen hergestellt, oder war es wie bei der Potschta, das jemand seltene Belege produzieren wollte?

Beste Grüße
Eckhard
 
DL8AAM Am: 25.01.2018 19:20:20 Gelesen: 14636# 2 @  
Die Frage ist doch, wurden diese Zettel "postfrisch" an die Kunden abgegeben (dann könnten es Postwertzeichen, sprich "Briefmarken", sein), oder handelt sich "auch" wieder nur um simple "Entgeltbezahlt"-Vermerke (hier in "Zettelform", womöglich um eine bessere interne Abrechnungsmöglichkeit zu schaffen). Aber auch PPIs (Postage Paid indicia) werden gesammelt. ;-)

Gruß
Thomas
 
Koban Am: 25.01.2018 19:21:11 Gelesen: 14635# 3 @  
Da kaum anzunehmen ist, dass der angenommene gutgläubige Postangestellte die Belege nicht nur frankiert und gestempelt, sondern auch noch adressiert hat (gleiche Handschrift!?), wähle ich Antwortmöglichkeit b.

Gruß,
Koban
 
JohannesM Am: 25.01.2018 21:10:03 Gelesen: 14603# 4 @  
@ Koban [#3]

Bezüglich der Handschrift gebe ich dir recht, es handelt sich wohl um die Korrespondenz eines Postangestellten.

Da zu diesem Zeitpunkt bei den Kunden das Porto kassiert und nur der Tagesstempel abgeschlagen wurde konnte man als Postangehöriger natürlich leicht in Mißbrauchsverdacht geraten, schließlich konnte man nicht kontrollieren wie viel mal gestempelt wurde. Es ist daher nicht auszuschließen, das es eine interne Anweisung gab die beinhaltete, das Personal für private Briefe sich beim Amtsvorsteher einen solchen Zettel gegen Entrichtung des Portos holen mußte.

Das würde auch die geringe Anzahl der Belege erklären. Trotzdem sind es damit natürlich keine amtlichen Ausgaben.

Gegen Spekulationsobjekte spricht auch, das aus der Vergangenheit nichts bekannt ist, das damit Geld verdient wurde.

Beste Grüße
Eckhard
 
jmh67 Am: 26.01.2018 08:17:09 Gelesen: 14532# 5 @  
Ich halte - wie Thomas - diese Zettelchen nicht für Gebührenzettel oder Postwertzeichen, denn es steht ja keinerlei Wert darauf, sondern sie sind einfach nur für eine Art "Gebühr bezahlt"-Vermerke, wie man sie auch gestempelt oder handschriftlich hätte anbringen können. Das war doch bei Barfrankaturen zu allen Zeiten üblich.

Der erste der eingangs gezeigten Auszüge aus den Verordnungen besagt zwar, dass es nicht nötig war, aber verboten war es auch nicht. Als Provisorien sicher bemerkenswert, aber angesichts der Zeitumstände nicht weiter aufregend, es sei denn, jemand findet irgendwo noch ein Schriftstück dazu, das z. B. Eckhards Vermutungen bestätigt oder widerlegt.

-jmh
 
JohannesM Am: 26.01.2018 21:50:07 Gelesen: 14458# 6 @  
@ jmh67 [#5]

Postwertzeichen sind es natürlich nicht, Gebührenzettel aber schon, beim BPP heißt es dazu im Begriffslexikon:

Falls lokal der Barfreimachungsvermerk durch Gebührenzettel, die nicht an das Postpublikum abgegeben wurden, angebracht wurde, handelt es sich prinzipiell um Barfrankaturen (z.B. Deutsche Lokalausgaben).

Genau das ist ja hier der Fall. Allerdings würde ich den Wert auch nicht höher als für einen "Gebühr bezahlt"-Stempel sehen.

Beste Grüße
Eckhard
 
Philipp Harder Am: 27.01.2018 15:25:10 Gelesen: 14375# 7 @  
"Halberstadt" und "Schwanebeck" gehörten bis zum 26.7.45 zur RPD Magdeburg (danach PD Halle). Es sind laut MICHEL und DDR Universalkatalog keine Gebührenzettel, weil die Zettel nicht von der Post kamen. Der Anstoss für die private Spielerei mit den Zetteln war vermutlich folgender:

Der Präsident der RPD Magdeburg hatte am 17.6.1945 verfügt: Die eingelieferten Briefsendungen erhalten zum Beweise, dass die Freigebühr richtig entrichtet ist, lediglich den Abdruck des Tagesstempels. Abdrucke besonderer Freimachungsstempel usw. sind nicht erforderlich. (zitiert nach Hans-J. Richter, Barfrankaturen in den vier Besatzungszonen Deutschlands und in Berlin 1945 - 1949, Eigenverlag 2000).

Es gibt nach Aufnahme des Postverkehrs mit Thüringen (24.7.) Briefe aus dem Gebiet der RPD Magdeburg, die in Thüringen aus Unkenntnis mit Nachgebühr belegt wurden. Ab 5.8. wurden die Verhältnisse SBZ-weit angeglichen, so dass spätestens ab diesem Datum auch Gebühr-bezahlt-Vermerke angebracht sein mussten.
 
JohannesM Am: 27.01.2018 17:15:28 Gelesen: 14341# 8 @  
@ Philipp Harder [#7]

Der Präsident der RPD Magdeburg hatte am 17.6.1945 verfügt: "Die eingelieferten Briefsendungen erhalten zum Beweise, dass die Freigebühr richtig entrichtet ist, lediglich den Abdruck des Tagesstempels. Abdrucke besonderer Freimachungsstempel usw. sind nicht erforderlich."

Die entsprechende Passage habe ich ja in [#1] gepostet. Mir liegt auch das komplette Dokument vor.




Der Text im Universalkatalog trifft nicht so recht zu, dort heißt es "Überkleber auf Wertstempeln von ehemaligen Ganzsachen" - das trifft ja auf die gezeigten Belege nicht zu und wäre mir auch vollkommen unbekannt. Der früheste "Gebühr-bezahlt"-Stempel liegt mir vom 4.8.45 vor.

Beste Grüße
Eckhard
 
Philipp Harder Am: 27.01.2018 18:12:00 Gelesen: 14327# 9 @  
@ JohannesM

Du hast Recht. Der DDR Universal spricht nicht von Privatmache, sondern von "Zufallserscheinungen".

Ich hatte das Statement des Prüfers Busch aus dem Jahr 1993 in Erinnerung: "abzulehnen - nicht postalisch". So ist es dann in die Prüfrichtlinien Lokalausgaben übernommen worden.

Anbei noch ein Stück aus meiner Kopiensammlung:


 
JohannesM Am: 27.01.2018 19:04:48 Gelesen: 14300# 10 @  
@ Philipp Harder [#9]

Interessant - auch bei dem von dir gezeigten Beleg scheint es sich um die gleiche Handschrift zu handeln. Verdächtig ist allerdings das Stempeldatum, laut meinem Dokument unter [#8] wurde der Postverkehr erst am 25.7.45 wieder aufgenommen.

Wenn ich mir den Stempel anschaue (wenn auch verschwommen) könnte es auch der 27.7. sein, vielleicht ein Fehler in der Auktionsbeschreibung?

Beste Grüße
Eckhard
 
Philipp Harder Am: 27.01.2018 20:09:38 Gelesen: 14273# 11 @  
@ JohannesM

Die Originalabbildung aus dem Katalog ist nicht besser als der Scan. Mit 27.7. könntest Du Recht haben.
 
briefefan (RIP) Am: 28.01.2018 00:33:11 Gelesen: 14239# 12 @  
Im Michel Deutschland Spezial steht Halberstadt schon seit vielen Jahren unter der Überschrift "Nichtamtliche Ausgaben / Privaterzeugnisse".

H. Arenz hat das schon 1990 mit eingehenden Beschreibungen, Begründungen und Benennung früherer Quellen in einem 17seitigen Beitrag nachgewiesen mit der Überschrift:

Halberstadt und Schwanebeck: Diese "Gebührenzettel" sind private Mache.
Veröffentlicht im Rundbrief 44 / Dezember 1990 der Arbeitsgemeinschaft "Deutsche Barfrankaturen und Notentwertungen ab 1945".

Dieser Rundbrief ist noch zu haben für 2 Euro + Porto bei der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Notmaßnahmen ab 1945 e. V. rainer.weidenbach@gmx.de

H. Arenz listet auch echte Briefe aus Halberstadt von Ende Juli und Anfang August 1945 auf, die wie vorgeschrieben nur den Tagesstempel tragen und zeigen, dass die zeitgleichen Briefe mit dem Zettel private Mache sind.

Der Beitrag von H. Arenz war sicher auch die Grundlage für die Katalogisierung im Michel als Privaterzeugnis, siehe oben der erste Satz. Vorher stand Halberstadt als echt im Michel.
 
JohannesM Am: 28.01.2018 18:18:33 Gelesen: 14169# 13 @  
@ briefefan [#12]

Danke für den Tipp - Rundbrief ist schon bestellt.

Beste Grüße
Eckhard
 
Markus Pichl Am: 29.01.2018 08:09:05 Gelesen: 14098# 14 @  
@ briefefan [#12]

Es ist schön, dass erkannt wurde, dass diese Gebührenzettel aus Halberstadt und Schwanebeck private Mache sind. Jetzt frage ich mich nur immer noch, warum man dies bei den Zetteln aus KÖLN 10 nicht auch erkennen wollte? Vielleicht möchte man es heute? Ich muß jetzt endlich einmal bei den heutigen Prüfern nachfragen.

Beste Grüße
Markus
 
JohannesM Am: 29.01.2018 11:30:04 Gelesen: 14055# 15 @  
@ Markus Pichl [#14]

Es ist schön, dass erkannt wurde, dass diese Gebührenzettel aus Halberstadt und Schwanebeck private Mache sind. Jetzt frage ich mich nur immer noch, warum man dies bei den Zetteln aus KÖLN 10 nicht auch erkennen wollte?

Das wird der Kölner Klüngel sein. :-)

Beste Grüße
Eckhard
 
JohannesM Am: 30.01.2018 22:47:46 Gelesen: 13905# 16 @  
@ JohannesM [#13]

Rundbrief schon geliefert - schnelle Arbeit, der Beleg aus der HBA-Auktion ist dort abgebildet, sieht noch mehr nach einer "27" aus. Dann stehen wir jetzt bei 6 Belegen, nach 73 Jahren nicht gerade viel.

Da hat der Herr Husung wohl nur für seine eigene Sammlung gearbeitet, ich bin morgen im Stadtarchiv, vielleicht kann ich etwas über ihn herausfinden. Flog Herr Zierer tatsächlich wegen der Prüfung der Halberstädter "Gebührenzettel" aus dem BPP?

Beste Grüße
Eckhard
 
JohannesM Am: 30.01.2018 23:15:11 Gelesen: 13896# 17 @  
@ briefefan [#12]

Das glaube ich jetzt nicht, der Kerl war Kriminalkommissar - oder eher Kriminellkommissar - , ich habe ihn im Adressbuch 1934 gefunden.



Der Vorname paßt M(ax) und die Adresse Wegeleber Straße 59a auch. Ich falle vom Glauben ab.

Beste Grüße
Eckhard
 
mausbach1 (RIP) Am: 31.01.2018 08:45:39 Gelesen: 13843# 18 @  
@ JohannesM [#17]

Ein Sprichwort: Et git nix, wat et net gitt.
 
briefefan (RIP) Am: 31.01.2018 15:24:25 Gelesen: 13782# 19 @  
@ JohannesM [#17]

Hallo Eckhard,

Das glaube ich jetzt nicht

Was?

Ich lese auf den Belegen Halberstadt oder Schwanebeck statt M.(ax) eher Abs. = Absender, das s in deutscher Schrift als langes s.

Der Absender ist in dem Beleg in [#1] als Eberh. Husung angegeben. Also wohl kein Kriminalkommissar. Aber anscheinend alles dieselbe Familie Husung mit verschiedenen Vornamen, zum Beispiel auch Waltraud, und verschiedenen Straßen. Für den Beleg aus Trier an M. Husung (abgebildet bei H. Arenz) hast du wohl recht.

Grüße von briefefan.
 
JohannesM Am: 31.01.2018 20:31:17 Gelesen: 13732# 20 @  
@ briefefan [#19]

Zumindest in Halberstadt gab es ja nur den Max Husung und der war ja eindeutig der Sammler. Waltraut (Frl.!) war wohl die Tochter (gleiche Adresse) und Eberhard ist ja der aus Schwanebeck (da habe ich leider kein Adressbuch) - vielleicht ein Bruder. Aber du kannst davon ausgehen, das der Sammler auch der Zettelproduzent war. Wenn er nur ein paar Kuriosa für die eigene Sammlung erzeugt hat war das wahrscheinlich nicht mal illegal.

Beste Grüße
Eckhard
 
  Antworten    zurück Suche    Druckansicht  
 
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.