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Thema: Deutsches Reich Ganzsachen-Ausschnitte: Verwendung in 1872 bis 1875
Markus Pichl Am: 04.01.2019 14:09:13 Gelesen: 1666# 1 @  
Hallo,

die Verwendung von Wertstempeln aus Ganzsachen, heute als sogen. Ganzsachen-Ausschnitte und früher von amtlicher Seite als Francostempel aus gestempelten Umschlägen oder gestempelten Formularen bezeichnet, war im Zeitraum von 1872 bis 1875 unterschiedlich geregelt.

Frankaturgültig waren diesbezüglich anfangs nur Wertstempel, die aus Umschlägen oder Postanweisungen stammten. Aus Postkarten oder Streifbändern ausgeschnittene Wertstempel hatten im benannten Zeitraum keinerlei Frankaturkraft, auch wenn solche auf Postsendungen vorkommen und irrtümlich dem Franco angerechnet oder mit Nachportoerhebnung beanstandet wurden.

Im Postamtsblatt 58 / 1873 findet sich hierzu die Verfügung vom 4.08.1873



Zitat: Auf Francostempel, welche von Postkarten-Forumularen und gestempelten Streifbändern herrühren, ist diese Vergünstigung nicht auszudehnen.

gestempelte Streifbänder = Streifbänder mit Wertstempeleindruck

Mit der Verfügung No. 60 vom 19.03.1875, siehe Postamtsblatt 24 / 1875, wurde dann auch die Verwendung von Wertstempeln aus Ganzsachen-Umschlägen untersagt und nochmals betont, dass ein Umtausch von verdorbenen Postkarten und Streifbändern nach wie vor nicht stattfindet. Verdorbene gestempelte Umschläge (= verdorbene Ganzsachen-Umschläge, mit gestempelt ist der Wertstempel gemeint und nicht der Abdruck von einem Aufgabestempel) konnten aber nun gegen Postwertzeichen eingetauscht werden.



Der Satz: "Die bisherige Bestimmung, wonach die Verwendung solcher ausgeschnittenen Stempel zur Frankierung gestattet war, tritt außer Kraft", bezieht sich auf Wertstempelausschnitte aus Umschlägen. Wertstempelausschnitte aus Postkarten oder Streifbändern, waren nie zur Frankierung zugelassen.

Beste Grüße
Markus
 
sentawau Am: 05.01.2019 13:10:39 Gelesen: 1597# 2 @  
Gegen das Verbot der Verwendung von Ganzsachenausschnitten von 1875 wurde weiterhin verstoßen. Das bezeugt eine Akte, die früher in Berlin im Museum für Kommunikation unter der Signatur AM 2507 verwahrt wurde und sich jetzt im Bundesarchiv unter mir nicht bekannter Signatur befindet.

1882 war ein verbotswidrig verwendeter Ausschnitt aus einem Umschlag (U 12) aufgefallen, weil er obendrein zu einem Postbetrug benutzt worden war. Der Täter hatte nicht den Wertstempel ausgeschnitten, sondern einen Abklatsch davon, wie er damals herstellungsbedingt häufig auf der Innenseite der Umschläge vorkam. Genau der gleiche Betrug hatte 1875 zum Verbot der Verwendung von Ausschnitten geführt. Wie damals, wurde wiederum der Direktor der Reichsdruckerei, der Geheime Regierungsrat Busse, auf dessen Empfehlung hin das Verbot ergangen war, zu einer neuerlichen Stellungnahme aufgefordert.

In einem ausführlichen Gutachten stellte Busse die Arbeitsgänge bei der Herstellung der Umschläge detailliert dar und kam zu dem Ergebnis, das Abklatsche auch in Zukunft nur bei einem unangemessen hohen Arbeitsaufwand zu vermeiden seien.

Die Akte ist Gegenstand eines ausführlichen Aufsatzes von W. Leist: Die Herstellung von Umschlägen in der Reichsdruckerei 1882. – In: Die Ganzsache 82. 2008,1 S. 7 – 8.

Gruß Sentawau
 
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