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Thema: (?) (2877) Altdeutschland Bayern: Schöne Belege
Das Thema hat 2893 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 31.03.2009 10:16:50 Gelesen: 1118960# 69 @  
Hallo Gisi,

ich zeige dir mal 2 Postanweisungen (PA) aus Bayern nach Württemberg, weil ich das, wie alles andere auch, nach Destinationen sammle.

Die 1. stammt aus Feuchtwangen im Allgäu und lief nach Westheim bei Schwäbisch Hall. Am 7.6.1875 wurde sie aufgegeben, um den Betrag von 19 Gulden und 53 Kreuzern zu überweisen. Du siehst, man hatte nur 20 Gulden bei sich und abzüglich der Kosten für diese PA blieben noch 19 Gulden 53 Kr. als Überweisungsbetrag übrig.

Im Text links vermerkte der Absender auch diese "7x Porto". Das Verhältnis zwischen gebrauchten und ungebrauchten PA liegt etwa bei 500 zu 1.

Das Verhältnis 5.000 zu 1 erreichen wir nur durch eine PA wie diese, welche am 11.5.1875 von Immenstadt im Allgäu nach Stuttgart gerichtet worden war. Es ging um den Betrag von 15 Gulden.

Da PA nur von der Aufgabepost geschrieben werden durften, vermerkte man bei der Aufgabepost " Per Telegraph" und unterstrich dies rot. Gleichzeitig brachte man unter Stuttgart den Vermerk " postlagernd" an.

Dies scheint ein Widerspruch in sich zu sein, denn entweder ich schicke etwas auf die schnellste und teuerste Weise, also telegraphisch, oder ich lasse etwas auf der Post liegen, postlagernd.

Es geht also nicht ohne die Kenntnis der Behandlung seinerzeitiger Abläufe. Der Absender wollte die 15 Gulden schnellstmöglich dem Empfänger in Stuttgart zukommen lassen. Hierfür wurde ein Postanweisungstelegramm ("telegraphisch") von Immenstadt nach Stuttgart abgeschickt, welches 18 Kr. kostete. Der Expressbote in Stuttgart kostete 9 Kr. und die PA selbst 7 Kr., so dass dem Absender Kosten in Höhe von 34 Kreuzern (!) entstanden sind.

Weil es postlagernd war, konnte der Empfänger immer davon ausgehen, dass sein Geld am Stuttgarter Bahnhof für ihn bereit lag.

Aus der Kreuzerzeit sind nur 2 derartige PA von Bayern bekannt geworden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
Gisi Am: 01.04.2009 17:25:48 Gelesen: 1118912# 70 @  
Hallo bayern klassisch,

sehr aufschlussreich. Diese Ausführungen lassen mich mit einem ganz anderen Blick den Nachlass meines Vaters betrachten.

Vielen Dank und freundlichen Gruss,

Gisi
 
bayern klassisch Am: 01.04.2009 18:33:09 Gelesen: 1118904# 71 @  
Hallo Gisi,

dafür mache ich das hier. :-)

Aus München vom 3.1.1872 zeigt uns ein schwerer Brief (oben links "2" in blau für die 2. Gewichtsstufe über 1 - 2 Loth) aus München nach Sinigaglia (= bayerische Orthographie) in Italien, dass auch späte Bayernbriefe schön sein können (die meisten sind es leider nicht).

Je 10 Kr. für Bayern und das Königreich Italien ergaben 20 Kreuzer, die verklebt wurden. Dazu kamen weitere 7 Kr. für die Einschreibung, die der Aufgabepost belassen wurden.

Am Münchner Bahnhof schlug man dafür den sog. Wiegestempel "Chargé" in blau ab. Eigentlich sollte die Rekonummer, hier die 691, in den Stempel selbst geschrieben werden, was man in der Regel auch tat, hier aber unterließ. In Italien erhielt er eine eigene Rekonummer, die 918, welche unter Benedetto notiert wurde.

Rekobriefe der 2. Gewichtsstufe ins Ausland sind nicht sehr häufig, und wer einmal ein solches Stück in gutem Zustand angeboten bekommt, sollte nicht zu lange zögern.

Passend dazu eine bayerische Drucksache aus München vom 31.10.1872 nach Padua, welche mit 2 Kr. für ein Gewicht bis 2 1/2 Loth treffend frankiert wurde. Warum man den P.D. - Stempel in rot vergaß, wird ewig ein Geheimnis Münchens bleiben.

Dieser Postvertrag über Österreich nach Italien wurde zum 1.4.1869 in Kraft und am 31.10.1873 außer Kraft gesetzt.

Ich habe diese beiden Stücke auf einer Seite einer meiner Ausstellungssammlungen - zweimal blau, zweimal rot, zweimal grün. Es gibt Seiten, die sehen schlechter aus ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
duphil Am: 01.04.2009 19:01:30 Gelesen: 1118899# 72 @  
@ bayern klassisch [#71]

Hallo bayern klassisch!

Mittlerweile habe ich gelernt, dass es keine dummen Fragen gibt. Darum lege ich einfach mal los!

Was mich jetzt bei dem erstem Brief von München nach Sinigaglia irritiert, ist die Tatsache, dass die Gebühr für das Einschreiben nicht mit Postwertzeichen verrechnet wurde, jedenfalls nicht auf dem Brief.

Für mich würde das bei einem evtl. Erwerb erst einmal bedeuten, dass der Brief nicht portogerecht frankiert wurde.

Woran ist erkennbar, dass die Einschreibe-Gebühr doch bezahlt wurde? Nur am Charge-Stempel?

Gab es denn in Bayern eine Verordnung, Anweisung o.ä., die es den Postbeamten ermöglichte, Zusatzleistungen nicht mit Postwertzeichen zu verrechnen? Wie wurde das denn sonst abgerechnet? Oder war das nur bei Sendungen in das Ausland der Fall? Galt das dann für alle Zusatzleistungen oder nur für Einschreiben? War das vielleicht nur eine Sondervereinbarung zwischen Bayern, Österreich und Italien? Oder gab es noch ganz andere Gründe?

Entschuldige die Reihenfolge der Fragen, aber ich habe sie so aufgeschrieben, wie sie mir in den Sinn gekommen sind.

Mit freundliche Gruß
Peter
 
bayern klassisch Am: 01.04.2009 19:44:53 Gelesen: 1118890# 73 @  
Hallo Peter,

dumm ist nur, wer auf Fragen keine Antwort geben kann. Also versuche ich mal, nicht dumm dazustehen.

In Bayern wurde die Chargégebühr erst ab dem 1.3.1874 in Marken verklebt. Vorher war das prinzipiell nicht möglich.

Ab dem 1.1.1861 - ich habe hier mal einen Brief in diesem Thread ab Bahnhof München nach Österreich gezeigt - waren auch Portochargébriefe zugelassen, bei denen der Empfänger sowohl das Porto als auch die Chargégebühr bezahlen musste.

Da mein Brief aus 1872 stammt, konnte also die Chargégebühr gar nicht frankiert werden.

Die Rekogebühr wurde, ob sie nun 4 Kr. bis 30.6.1850, 6 Kr. bis 31.12.1867 oder 7 Kr. ab 1.1.1868 betrug, kassiert und dafür der Postschein ausgestellt. Auf diesem war sie zu quittieren. Der Brief erhielt dieselbe Nummer wie der Postschein und wurde unter derselben Nummer im Rekomanual eingetragen, schließlich musste man ja wissen, wer wann an wen welchen Brief eingeliefert hatte.

War die Aufgabepost eine gewöhnliche Postexpedition, dann bekam der Postexpedtior die Chargégebühr unvermindert. Er musste aber dafür die Vordrucke auch kaufen bzw. bei der Materialverwaltung bestellen (100 Stück = 2 Kreuzer, wenn ich mich nicht irre).

War die Aufgabepost mit Beamten besetzt, dann bekam die Aufgabepost die Chargégebühr, nicht das Individuum. Diese floss in mehrere Kassen (Witwen- und Waisenkasse für Postbeamte usw.) und war somit mildtätigen Zwecken zugedacht.

Wollte ein Absender eingeschrieben versenden, musste er dies auf der Adress - Seite des Briefes kenntlich machen. Die Vermerke hierfür waren: Recommandirt, gegen Schein, gegen Postschein, Chargé oder später Einschreiben (ab 1874).

Gab ein Absender einen so bezeichneten Brief auf der Post ab, wollte dann aber doch nicht eingeschrieben versenden lassen (zu teuer), dann musste er den Vermerk streichen oder die Post einen entsprechenden Vermerk anbringen.

In dem Falle der Einschreibung war immer der Chargéstempel abzugschlagen.

Es gibt aber auch Briefe, bei denen man den Chargéstempel vergessen hatte (Stress). Um festzustellen, ob er dann chargiert worden war, oder nicht, sucht man die Rekonummer. Hat der Brief keine, war er auch nicht eingeschrieben. Hat er eine, war er eingeschrieben und der Stempel vergessen worden.

Zusatzleistungen waren neben dem bereits besprochenen Einschreiben auch die Versendung mit Expressen. Dieses ist ein hoch kompliziertes Kapitel, welches 99% der Bayernsammler überfordert (auch finanziell). Ich könnte hier mal einen eigenen Thread diesbezüglich aufmachen, wenn es gewünscht wird.

Diese Express - Beförderung war teils in bar, teils in Marken teils dem Empfänger zu überlassen bezahlbar gewesen. Eine Beurteilung wird nur der Experte vornehmen können, zumal sich die Vorschriften änderten und für private und dienstliche Express - Sendungen andere Regeln galten. Die Gebühren verblieben i. d. R. dem Expeditor der Abgabepost bzw. dem Expressboten für seinen Gang zum Empfänger.

Der Postlieferschein bzw. der Postrückschein, in Bayern Retour - Recepisse genannt, war ebenfalls kostenpflichtig, wurde aber in der Regel bar bezahlt. Teils kommt es bei spätern Kreuzerbriefen vor, dass diese Gebühr auf den Brief selbst geklebt wurde, teils auf den Rückschein. Alles ist sehr selten und ich habe nur ganz wenige Stücke dieser Art in meiner Sammlung (und gesehen).

Der Rückschein war aber der einzige Sonderdienst, der immer vom Absender getragen werden musste. Die Gebühr von 12 Kr. bis zum 30.6.1850, 6 Kr. bis zum 31.12.1867 bzw. 7 Kr. ab dem 1.1.1868 verblieb immer der Aufgabepost bzw. dem Expeditor der Aufgabepost.

Die Versendung mit poste - restante war ebenfalls kostenpflichtig bis zum 31.12.1867 und zwar mit 4 Kreuzern. Diese waren nicht frankierbar, sondern mussten vom Empfänger bei der Abholung bezahlt werden. Sie wurden aber nur ganz selten angeschrieben und verblieben auch der Abgabepost bzw. dem Expeditor der Abgabepostexpediton. Sie war ein Teil seines Gehaltes (das nannte man Emolument).

Diese Aufzählung bezieht sich auf innerbayerische und Postvereinsversendungen. Nach dem Ausland konnte dies abweichen.

So wurde vom 1.7.1858 bei Chargébriefen nach Frankreich bis zum 15.5.1872, die Chargégebühr für Bayern in bar entrichtet, die für Frankreich aber mit 6 Kr. in Marken verklebt. Bis dahin war in diesen Fällen die Gebühr für den Brief zu verdoppeln, so dass du dir vorstellen kannst, wie wenige Chargébriefe es zwischen diesen beiden Postgebieten gab und gibt.

Bei Sendungen nach Russland wurde im Falle der Einschreibung der russische Gebührenanteil verdoppelt, nicht aber der bayerische.

Bei Einschreiben bis 1854 über England nach den USA wurden 18 Kreuzer = 5 Silbergroschen in Marken oder bar bis zum britischen Ausschiffungshafen fällig, während die bayerische Chargégebühr von 6 Kr. wieder bar bezahlt wurde. Ab dem britischen Ausschiffungshafen war der Brief aber nicht mehr eingeschrieben, obwohl er so aufgegeben worden ist, weil niemand die Sicherheit für die einwandfreie Überfahrt garantieren wollte und konnte.

Das sind nur ein paar Beispiele von vielen, die dir zeigen sollen, dass diese Materie ungeheuer vielfältig und spannend ist.

Für weitere Fragen stehe ich gerne zu Diensten, so ich sie beantworten kann.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
duphil Am: 01.04.2009 20:04:36 Gelesen: 1118886# 74 @  
@ bayern klassisch [#73]

Uff, dass muss sich jetzt setzen.

Ich stelle immer mehr fest, dass der klassische Teil der Briefmarkenausgaben von Deutschland und hier besonders der Briefeteil mein Interesse weckt. Vor allem (für mich) vor dem Hintergrund der Postgeschichte und besonders der verschiedenen Gebührenordnungen und -verordnungen. Natürlich sind da auch Postwege interessant und, und, und ... (Aber wem sage ich das?) Mal sehen, wohin mich das führt. "grins"

Ich sage erst einmal vielen Dank für die vielfältigen und aufschlussreichen Informationen.

Mit freundlichen Gruß
Peter
 
bayern klassisch Am: 02.04.2009 09:28:38 Gelesen: 1118861# 75 @  
Hallo,

zum zurücklehnen eine kleine Rosine zur Abwechselung.

Mit dem Postvertrag Bayerns und Frankreichs vom 1.7.1858 wurde bestimmt, dass je 10g Briefgewicht 12 Kr. zu frankieren waren (18 Kr. Porto bei unfrankierter Absendung). In Nürnberg am 7.12.1869 notierte der Absender links unten zwar "fco" für franko, aber so ganz richtig war das nicht.

Zwar ließ sich noch die Nürnberger Aufgabepost von dem Vermerk beeindrucken und druckte auch artig den "P.D." - Stempel als Zeichen der Bezahlung aller Gebühren ab, ja man notierte in der linken oberen Ecke in blau auch "1P" für Premier Port, also 1. Gewichtsstufe, doch richtig war dies alles nicht.

So musste es kommen, dass man in Forbach am 8.12. den Brief wog und feststellte, dass er über 10g wog. Nun wurde links oben eine "2" über der "1" geschrieben, der Vermerk "Afranchissement insuffisant" (Freimachung ungenügend) angebracht und der "P.D." - Stempel gestrichen. Die Folge davon war eine Nachtaxierung von 8 Decimes (24 Kreuzer!) für den Empfänger.

Wie aber kam man auf 8 Decimes? Der Vertrag bestimmte, dass unterfrankierte Briefe wie gänzlich unfrankierte Briefe zu taxieren waren, abzüglich der verwendeten Frankatur.

Ein Portobrief kostete je 10g 18 Kr. (6 Decimes), ein schwerer also 36 Kr. bzw. 12 Decimes. Zieht man nun von 36 Kr. die verklebten 12 Kr. ab, so bleiben genau 24 Kr. übrig, die den 8 Decimes entsprechen. Ein teures Vergnügen, wenn man nicht aufpasste.

Als Beweis füge ich eine Portobrief aus München ein, der links oben mit der blauen "1" als tatsächlicher Brief der 1. Gewichtsstufe mit dem französischen Stempel "6" für 6 Decimes bedruckt wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
bayern klassisch Am: 25.04.2009 07:58:45 Gelesen: 1118680# 76 @  
Hallo,

wenn eine Mischfrankatur noch nicht gezeigt worden ist, dann möchte ich mal mit einer der Nr. 20 und Nr. 22 beginnen.

Am 16.5.1871 sandte man von Regensburg einen Brief der 2. Gewichtsstufe nach Eppstein bei Frankfurt am Main. Hierfür waren 7 Kr. zu frankieren (im Portofall wären es 11 Kr. gewesen, so dass der Absender gut daran tat, mit Marken zu frankieren).

Vermutlich hatte er noch eine alte, aber gültige 6 Kr. braun, die am 1.10.1868 an die Schalter kam, aber schon am 1.7.1870 durch die Nr. 24 in gezähnter Version ersetzt wurde. Zur Auffrankatur bedurfte es eines Kreuzers, den man ja ab dem 1.7.1870 mit der Nr. 22 reichlich zur Verfügung hatte.

Mischfrankaturen Bayerns sind immer selten, so wie sie von anderen AD - Ländern auch recht häufig sein können. In Bayern war man fast immer bestrebt, mit der neuen Ausgabe einer Serie die alten Marken umzutauschen bzw. sie aufzubrauchen. Auch Restbestände wurden vom Markt genommen, um die neuen Marken zu platzieren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
Christian Am: 30.04.2009 00:48:35 Gelesen: 1118643# 77 @  
Hallo zusammen!

Hier noch ein amtlicher Brief von der Regierung von Niederbayern, gelaufen von Landshut nach Wolfstein (Rheinland Pfalz). Der Brief datiert vom 26. Dezember 1853. Ich finde in einfach schön. An dieser Stelle noch einen Dank an das Philaseiten-Mitglied, der ihn mir überlassen hat.

Den Inhalt konnte ich noch nicht komplett entziffern, werde ihn aber nachreichen.





Herzliche Grüße

Christian
 
bayern klassisch Am: 30.04.2009 07:33:09 Gelesen: 1118635# 78 @  
Hallo Christian,

ich bedauere sehr, dich enttäuschen zu müssen, aber dieser Dienstbrief hat die Rheinpfalz erst gesehen, als du ihn aus dem Briefkasten geholt hast.

Es war ein Dienstbrief nach Wolfstein bei Landshut - daher brauchte man damals auch keine Präzisierung des Zielortes (Rheinbayern), den man weder damals noch heute als Ort in der Pfalz gekannt hätte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.05.2009 17:46:53 Gelesen: 1118431# 79 @  
Postbetrug lag vor, wenn der Absender etwas suggerierte, was tatsächlich nicht so war.

Hier ein Beispiel aus Regensburg vom 24.10.1850, welches man als Drucksache mit nur einem Kreuzer nach Neuburg an der Donau frankierte. Drucksachen durften nichts geschriebenes enthalten, von der Adresse, dem Datum und der Unterschrift einmal abgesehen.

Hier hätte ein einfacher Brief mit 3 Kr. frankiert werden müssen. Die Ersparnis von 2 Kr. war es dem Absender wert, denn die Aufgabepost in Regensburg überprüfte den Inhalt der DS nicht und sandte sie einfach so nach Neuburg an der Donau (das Streifbändchen ist heute nicht mehr erhalten).

Die Scans des Inhalts belegen eindeutig den erfolgreichen Postbetrug, den auch ein BPP entsprechend attestierte. Darüber hinaus ist es eine recht späte Verwendung einer 1. Platte der schwarzen Eins.

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
Martinus Am: 16.10.2009 11:07:13 Gelesen: 1117516# 80 @  
Bin kein Bayernsammler, habe diesen Brief in einer Kiloware gefunden!

Kann mir jemand helfen, wie so etwas einzuordnen ist?

Danke lg Michael


 
bayern klassisch Am: 16.10.2009 11:44:58 Gelesen: 1117511# 81 @  
Hallo Martinus,

der Brief ist verfälscht, weil der Stempel von Speyer der Type Braungardt mit der Einkerbung zwischen E und R ein Falschstempel ist.

Der Wert ist somit gleich Null anzusetzen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Martinus Am: 16.10.2009 21:17:34 Gelesen: 1117476# 82 @  
Ok, gibt es dazu irgendwo etwas schriftliches zum nachlesen?

Dann behalte ich ihn trotzdem und kennzeichne ihn mit falsch!

lg Michael
 
bayern klassisch Am: 16.10.2009 22:35:41 Gelesen: 1117469# 83 @  
Hallo,

du kannst gerne bei Dr. Joachim Helbig BPP nachfragen. Er hat vor mehreren Jahren ein Heft mit bekannten Falschstempeln heraus gebracht. Dieses Heft habe ich vor einem Jahr einem jungen Sammlerfreund gegeben, kann also den Falschstempel nicht mehr einscannen.

Dass du den Brief als verfälscht deklarieren willst, ehrt dich sehr. Würden das doch nur alle tun, die manipulierte Stücke besitzen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.12.2009 09:32:18 Gelesen: 1117049# 84 @  
Liebe Sammlerfreunde,

um dem Thread wieder etwas auf die Beine zu bringen, zeige ich mal eine Postvereinsdrucksache von Regensburg nach Pabneukirchen in Österreich, die m. E. sehr hübsch ist.

Innen ist sie mit ... December 1850 datiert, aber man hat sie (leider !) erst am 7.1.1851 bei der Post aufgegeben.

Die verwendete Marke, eine 3Ia der Erstausgabe, zeigt noch den hervorragenden Druck der ganz frischen Platte.

Im Gegensatz zu den Angaben bei Michel und Peter Sem war die Marke nicht am 1.10.1850 an den Schaltern, sondern erst im Dezember 1850, da erst einmal die Restbestände der Schwarzen Eins abverkauft werden mussten.

6 Poststücke mit der Nr. 3 Bayerns aus 1850 sind mir bekannt - für über 25 Jahre der Suche und dem Studium von ca. 30.000 Auktionskatalogen aus aller Welt ist das nicht eben viel.

Daher der Tipp vom alten Hasen: Wenn ihr eine lose Nr. 3 mit dem sicheren Datum 1850 seht, hierbei kommen nur die Stempeltypen Zweikreis und Zweizeiler in Frage, dann schlagt zu. Bei einem Ganzstück sind 300% Aufschlag auf den vollen Katalogpreis ein Schnäppchen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
ligneN Am: 12.12.2009 10:43:38 Gelesen: 1117033# 85 @  
Hallo @ bayern klassisch [#84]

Im Gegensatz zu den Angaben bei Michel und Peter Sem war die Marke nicht am 1.10.1850 an den Schaltern, sondern erst im Dezember 1850, da erst einmal die Restbestände der Schwarzen Eins abverkauft werden mussten.

So etwas gehört natürlich in den Michel-Spezial, in michelamtlicher ;-)) Sprache etwa so:

"Lt. Amtsblatt Ausgabeverfügung 1.10.1850, jedoch Verwendungen erst ab Dez. 1850 bekannt. Ggf. aktuelles FRÜHDATUM EINFÜGEN Zuteilungen vermutlich erst nach Aufbrauch der Lager- und Schalterbestände von Nr. 1."

Exkursion nach Altbayern:
ligneN
 
bayern klassisch Am: 12.12.2009 10:56:32 Gelesen: 1117027# 86 @  
Hallo Excursor in bayerischen Landen,

ja, so sollte man es beim Schwaneberger Verlag schreiben. Ich darf einen Auszug aus einem Artikel des 37. Rundbriefs der ARGE Bayern klassisch (http://www.arge-bayer.net) aus meiner eigenen Feder hier einfügen, der nach wie vor Bestand hat und klärt, warum es keinen Ersttag oder gar Ersttagsverwendungen mit dieser Marke geben kann/konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch, der sich sehr freut, dass du hier auch mitliest ... :-)


 
bayern klassisch Am: 23.04.2010 12:23:04 Gelesen: 1116041# 87 @  
Hallo,

ein guter Fang war ein Laufzettel, den S. Deider mir günstig zuschlagen konnte.

Er lief 1864 von Rülzheim über Landau, Speyer und Mainz nach Bingen. Der Absender eines Wertbriefes (Fahrpost) dachte, dass sein gutes Stück nicht den Empfänger in Bingen erreicht hätte und wurde bei seiner Postexpedition in Rülzheim vorstellig.

Da er nichts vorlegen konnte, was diese Befürchtung bestätigen konnte, musste er das tarifmäßige Franko von Rülzheim nach Bingen bezahlen. Dieses war bei einer Entfernung von über 10 bis 20 Meilen 6 Kr., wie man an der Marke mit mir unbekanntem Plattenfehler sieht.

Die Ausfertigung eines Laufzettels kostete 12 Kr., worin auch die Einschreibung enthalten war. Der LZ lief alle Poststationen ab, wurde vom Empfänger rein quittiert (= er hatte den Wertbrief damals gut erhalten) und kam dann mit diesen Notationen versehen zurück zum Absender, der ihn gegen Unterschrift und den Postschein ausgehändigt bekam.

Nicht deuten kann ich den Vermerk 3 / 1, welcher von der Taxispost angebracht worden sein musste. Jemand eine Idee?

Jedenfalls sind Laufzettel in den Postverein Seltenheiten und viel schönere als diesen in das Taxisgebiet wird man lange suchen müssen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch




 
bayern klassisch Am: 21.09.2010 16:49:24 Gelesen: 1113695# 88 @  
Liebe Sammlerfreunde,

wenn man etwas schönes und außergewöhnliches günstig erwerben kann, sollte man nicht zögern, dies zu tun.

Einer der schönsten Briefe Bayerns in die Schweiz ist m. E. dieser aus München mit 4 Exemplaren der Nr. 9.

Üblich waren, gerade in den großen Städten, wo die Postexpeditionen alle Werte vorrätig hielten, Frankaturen mit 12 Kr. Marken, was nichts besonderes gewesen wäre.

4 breitrandig geschnittene Marken der Ausgabe von 1862, noch dazu auf einem Auslandsbrief, sind aber (leider!) die Ausnahme.

Für die Postgeschichtler unter uns: Postvertrag Bayern - Schweiz vom 1.10.1852. 9 Kr. für Bayern über 20 Meilen München - Lindau und 3 Kr. für die CH bis Luzern, die unten mit schwarzer Tinte als Weiterfranko notiert wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
bayern klassisch Am: 08.12.2010 17:32:53 Gelesen: 1112186# 89 @  
Liebe Sammlerfreunde,

einen Brief aus dem idyllischen Lindau vom 21.11.1855 in das sardische Genua zeigt uns eine 20 Kr. Frankatur.

Wer kann die 6 und 8 siegelseitig und die Besonderheit(en) des Briefes, den mir der liebe Briefträger heute brachte, erklären?

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
bayern klassisch Am: 10.12.2010 06:44:41 Gelesen: 1112139# 90 @  
Liebe Sammlerfreunde,

vielleicht ist der gezeigte Brief doch etwas zu kompliziert, daher möchte ich ihn mal erklären:

Der Laufweg des Briefes war Lindau - Chur - Mailand - Genua. Obwohl er als Lindauer Brief bis zur Schweiz nur 3 Kr. nach dem Vertrag vom 1.10.1852 gekostet hätte, musste man mit 9 Kr. den Postvereinsanteil frankieren, weil es die Schweiz nur transitierte und somit kein bilateraler Brief war. Also 9 Kr. für Bayern für einfache Briefe über 20 Meilen in den Postverein plus 3 Kr. Transitgebühr für die Schweiz.

In Mailand, dem Auswechselpostamt Österreichs, erhielt er die Stempel P.D., Franca und Via die Svizzera (über die Schweiz), damit man sah, welchen Weg er bis Mailand genommen hatte. Möglich war damals auch die Leitung über Österreich (Füssen war bayer. Grenzausgangspost), wodurch man sich die 3 Kr. für die CH ersparen konnte, jedoch eine längere Laufzeit und unsicherere Verhältnisse in Kauf nehmen musste. Dies scheute unser Lindauer Absender jedoch.

Da nicht Bayern mit dem Königreich Sardinien abrechnete, sondern Mailand (= Österreich), musste die Rechnungslegung zwischen diesen beiden Postgebieten in Kreuzern Conventionsmünze stattfinden und nicht in den rheinischen Kreuzern Bayerns.

Da der Kreuzer CM etwa 1,2 Kreuzer rheinisch wert war, reichten die von Österreich hierfür vorgesehenen 6 Kr. CM Weiterfranko für Sardinien nicht aus. Im Gegensatz zu den anderen süddeutschen Staaten wie Baden und Württemberg, die in diesen Fällen 7 Kr. rheinisch von ihren Postkunden frankieren liessen, gab Bayern die Reduktion in 8 Kreuzern vor! Daher die siegelseitigen 6 Kr. CM und 8 Kr. rheinisch, die in diesem Fall als gleichwertig angesehen wurden, obwohl sie es nicht tatsächlich waren.

Erst die piemontesische Krieg vom Sommer 1859 machte einer solchen Leitung den Garaus, weil die Lombardei an Italien fiel und Österreichs eierlegende Wollmilchsau verloren ging.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.03.2011 21:57:16 Gelesen: 1109627# 91 @  
Liebe Sammlerfreunde,

nun etwas leichtere Kost:

In Frankfurt am Main wollte man seine Drucksache vom Dez. 1850 nicht zur Post geben, denn so eilig hatte man es nicht damit. Am 23.1.1851 schleppte man ihn ca. 80 km weiter in das bayerische Karlstadt, wo sie mit einem Kreuzer frankiert nach Bayreuth auf die Reise ging. Die Marke ist eine 1II mit kleiner Abart oben rechts. Am 24.1. kam er in Bayreuth an.

Warum machte man das?

Von Frankfurt aus hätte man die DS als Brief aufgeben können, denn die Ermässigung als Drucksache (DS) grif erst ab der 2. Gewichtsstufe (ab 8,75g, hier nicht der Fall mit 3g). Daher hätte man für Thurn und Taxis 4 Kr. bis zur bayer. Grenze und ab da 8 Kr. bis Bayreuth für Bayern zahlen müssen.

Erst ab der 2. Gewichtsstufe progressierten die Kosten nur noch um ein Viertel, daher konnte man ohne finanzielle Einbußen DS als Brief versenden, wenn sie nicht schwer waren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
Pommes Am: 26.03.2011 22:15:44 Gelesen: 1109621# 92 @  
@ bayern klassisch [#91]

Schöner Beleg. Kannst Du etwas dazu sagen, ob hier ein "Pfennigfuchser" am Werk war oder, ob tatsächlich eine erhebliche Kostenersparnis im Hintergrund stand? Was konnte man sich denn ersparen wenn man die 80 km selbst zurück legte? - "Kaufkraft" - wie es heute so schön heißt. Ich nehme mal an, dass 4 Kr. Thurn und Taxis und 8 Kr. in Bayern/Baiern irgendwelchen "Umrechnungskursen" unterlagen? Falls nicht, wäre der Sprung von einem zu zwölf Kreuzern ja wirklich "heftig".

Von wegen 'leichte Kost' - vielleicht bei Euch Spezialisten, aber hier lesen auch Amateure mit.

Mit den besten Sammlergrüßen
Thomas
 
bayern klassisch Am: 26.03.2011 22:42:51 Gelesen: 1109612# 93 @  
Hallo Thomas,

das ist schon leichtere Kost als der letzte, den ich gezeigt habe und ich freue mich, dass er dir gut gefällt.

Zur Kaufkraft, ein guter Einwurf von dir: Für 4 Kr. konnte man inklusive eines Getränkes zu Mittag essen. Da waren 11 Kr. Ersparnis schon ganz ordentlich Geld.

Die Möglichkeiten, wie die Drucksache (DS) von Frankfurt nach Karlstadt kam, sind vielfältig.

1) Die Firma schickt einen, der im Raum Bayern unterwegs ist, mit der DS dorthin und der frankiert sie günstig.

2) Einer schickt an eine Firma (Kunde) neben der Ware noch ein paar DS im Paket mit, die frankiert zur Post gegeben werden sollen. Das war Betrug an den beiden involvierten Postverwaltungen, kam aber hin und wieder vor.

3) Man sendet einen großen Brief, in dem diese 3g wiegende DS eingefaltet wurde. Eventuell stieg das Porto nicht mal dadurch an. Der in Bayern verklebte Kreuzer wird der Frankfurter Firma später in Rechnung gestellt und alle freuen sich (bis auf Taxis und Bayern).

4) Ein Karlstadter war in Frankfurt und bekam die DS zur Frankatur in der Heimat mit. Da beide Postgebiete (die freie Reichsstadt Frankfurt am Main und das Königreich Bayern) die gleiche Währung hatten, war das problemlos möglich.

Man kann schon viel enträtseln, aber halt nicht alles. Dafür machen solche Rosinen Spaß, mir jedenfalls.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

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