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Thema: Auktionshaus insolvent - was geschieht mit Einlieferungen und Verkaufserlösen ?
Richard Am: 27.06.2019 09:33:36 Gelesen: 3244# 1 @  
Das BDPh Vorstandsmitglied Konrad Krämer schreibt im Verbandsforum:

Zur Zeit gibt es auf dem deutschen Markt ein Problem mit einem Auktionshaus in Hannover, hier wurde Insolvenz angemeldet und nun geht es darum, dass die engelieferte und unverkaufte Ware wieder rausgegeben wird.

Ich hoffe, dass es gut ausgeht für die Sammler.

Mit freundlichem Gruß
Konrad Krämer


Das Auktionsfirmen finanzielle Probleme hatten, konnte in der Vergangenheit beobachtet werden [1], ist aber auch derzeit nicht auszuschliessen.

Hier stellt sich die Frage, wie eingelieferte Auktionslose vom Insolvenzverwalter behandelt werden (bestenfalls: Rückgabe an den Einlieferer) und inwieweit bereits versteigerte Auktionslose teilweise oder ganz an den Einlieferer ausbezahlt werden. Auch der Loskäufer kann betroffen sein, wenn er vor der Insolvenz bezahlt, aber noch keine Lieferung erhalten hat.

Einlieferer und Käufer sind durchaus nicht nur Sammler, sondern auch andere Auktionsfirmen.

Gibt es Leser, die sich fachlich äussern können ?

Schöne Grüsse, Richard

[1] https://www.versteigerungskalender.de/index_noframe.php?RefURL=aktuelle_versteigerungen_details.php&ref=0BE49887AAB72E60005D23AAF7F637BB
 
drmoeller_neuss Am: 27.06.2019 09:58:14 Gelesen: 3219# 2 @  
Wenn der Auktionator als Verkaufskommissionär tätig wird, wird er weder rechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer der ihm vom Einlieferer (Kommittenten) übergebenen Ware. In der Theorie ist die Ware im Inventar separat erfasst und kann wieder herausgegeben werden.

In der Praxis kann aber das Problem auftreten, dass die Ware nicht "auffindbar" ist. Dann kann der Einlieferer nur finanzielle Ansprüche gegen den Auktionator stellen, und sich in die lange Reihe der Gläubiger einreihen.

Das gleiche passiert, wenn der Auktionator die Ware bereits freihändig verkauft hat. Dazu OLG Hamm (Az: 27 U 81/03): In der Insolvenz des Kommissionärs besteht kein Aussonderungsrecht des Kommittenten an dem Erlös aus dem Kommissionsgeschäft.

Du solltest Dich an den BDB wenden, was er als Schutzmassnahmen für den Einlieferer bzw. was er seinen Mitgliedern empfiehlt, damit das nicht passiert und dem Ruf der gesamten Auktionatorsbranche schadet.
 
TeeKay Am: 27.06.2019 11:17:40 Gelesen: 3169# 3 @  
Vorstandsmitglied Krämer schrieb das übrigens, nachdem BDPh Forenadmin Michael Lenke versuchte, eine Diskussion über die Pleite eines australischen Auktionshauses mit den Worten "Vielleicht kann sich ja mal jemand melden, der sich bei diesen Auktionshäusern engagiert hat. Wenn nicht, halte ich die Diskussion für etwas daneben oder besser - wen interessiert es?" abzuwürgen, statt sich drüber zu freuen, dass überhaupt mal wieder was diskutiert wurde.

Risiken sehe ich auch bei Vorschussgeschäften. Insolvenzverwalter werden alle in der Krise getätigten Zahlungen überprüfen und können sie ggf. auch zurückrufen. Wenn dann auch noch die Ware weg ist, hat der Einlieferer ein Problem.
 
Richard Am: 08.07.2019 09:12:14 Gelesen: 2895# 4 @  
Finanzielle Probleme kamen und kommen bei Auktionsfirmen ebenso vor wie in fast allen Teilen der freien Wirtschaft.

In 1972 berichtet der BPP über den Anschlusskonkurs der Firma H.C. Schwenn, die vor 1972 mit ihren doppelseitigen Inseraten in der philatelistischen Presse auf sich aufmerksam machte:

Das Protokoll der Mitgliederversammlung des DIP vom 30. Juni 1972 enthielt zur Finanzlage folgenden Passus: „Beitrag Mathis wegen Offenbarungseid uneinbringlich, Beitrag Schwenn wegen Anschlußkonkurs dto.“ [1] Schwenn war mit 25 Jahren Europas grösster Briefmarken Händler [2].

Mehr Glück hatte das Auktionshaus Köhler, an welchem zeitweise die Afinsa-Gruppe aus Spanien beteiligt war: Afisa hinterliess einen Schaden in Höhe on 3,5 Millarden Euro und 350.000 geschädigte Anleger [3].

Einer der "Stars der Briefmarkenbranche" war Lothar Krüger, der nicht nur einen sehr guten Namen hatte, sondern bei dem auch viele heute noch tätige Philatelisten in die Lehre als Briefmarkenkaufmann gegangen sind. Nach dem Verkauf seines Geschäfts an seinen Prokuristen ging es bergab, es wurden auf den Bankkonten der Kunden nie erfolgte Lieferungen abgebucht und schliesslich musste Konkurs angemeldet werden.

Schliesslich die Firma Grobe, die in die Insolvenz ging. Im kommenden Jahr hätte sie ihr 100-jähriges Firmenjubiläum gefeiert [4].

Es dürfte im deutschsprachigen Raum mehrere weitere Auktions- und Handelsfirmen gegeben haben, die kurz vor der Insolvenz stehend von einem Mitwettbewerber für kleines Geld übernommen wurden.

Die Fragen, die sich private wie gewerbliche Einlieferer und Käufer bei Auktionen stellen müssen, ist durchaus ernst - was geschieht bei einer Insolvenz, wie kann bereits im Vorfeld ein Schaden vermieden werden ?

Schöne Grüsse, Richard

[1] https://www.bpp.de/de/Pr%C3%BCferschiff.html
[2] https://www.zeit.de/1967/05/mit-25-jahren-ganz-oben
[3] https://www.nzz.ch/articleE4GL3-1.32378
[4] http://www.bdb.net/journal/pdf_img/HAN30159.pdf
 
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