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Thema: Michelpreise und Katalogpreise - Verkaufspreise des Handels - Handel unter Sammlern
Francysk Skaryna Am: 05.09.2019 15:34:01 Gelesen: 2962# 1 @  
Moin,

Michel führt bei seinen Katalogbewertungen an, dass es sich um Durchschnittspreise absolut einwandfreier Stücke in bester Qualität handele. Sind diese Angaben nicht eher ein Illusionskapitalismus? Oder anders gefragt: Welchen Bezug zum Markt haben die Preise überhaupt, wenn die tatsächlichen Preise im Handel bei 40% bis 50% - bestenfalls 60% liegen? Macht sich der Katalog damit nicht auch in seiner Funktion überflüssig, (Tausch)Preise nachzuschlagen? Oder versucht der Verlag Händlern in dem Bereich unter die Arme zu greifen, wo massenhaft Material am Markt ist? Der Handel kann so wenigstens einen halbwegs akzeptabelen (?) Preis verlangen. Bei knappen Material sind einige Notierungen ja durchaus eher zurückhaltend.

Was habt Ihr für einen Eindruck?

Gruss
 
merkuria Am: 05.09.2019 16:21:40 Gelesen: 2936# 2 @  
@ Francysk Skaryna [#1]

„wenn die tatsächlichen Preise im Handel bei 40% bis 50% - bestenfalls 60% liegen“

Ich denke, auch diese Zahlen sind – zumindest in der Schweiz und in Frankreich - längst überlebt. Bei wirklichen Spitzenstücken werden an Auktionen gelegentlich mal 60% bewilligt, wobei diese 60 % mehr als ein ¼ an Zuschlägen des Auktionshauses beinhalten!

Wenn ich mir die Verkaufspreise in der Schweiz im privaten Bereich (Tauschtage oder Vereinsauktionen) ansehe, so werden hier noch 10-15 % vom Katalogpreis gefordert, und das ohne jegliche Zuschläge.

Wo eine Anwendung eines Katalogpreises noch Sinn macht, ist beim Tauschverkehr, sofern nach gleichen Katalogen getauscht wird. Ich persönlich ziehe als Wertfindung für bessere Stücke stets die erzielten Auktionspreise ohne Zuschläge heran. In diesem Falle müsste man eigentlich noch die Gebühren des Verkäufers abziehen, um auf den reellen Wert eines Stückes zu kommen.

Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Vernian Am: 05.09.2019 17:14:41 Gelesen: 2893# 3 @  
Die Katalogpreise sind eigentlich nur noch eine Orientierung ob eine Marke höher zu bewerten ist als eine andere - wo man im Tausch oder Verkauf dann einen Wert ansetzt bleibt im Grunde jedem selbst überlassen. Ob man das in Prozent macht oder anders ebenfalls.

V.
 
Jensen Am: 05.09.2019 19:41:10 Gelesen: 2841# 4 @  
Hallo,

meine persönliche Ansicht dazu:

Katalog-Preis versus Handelspreis ist ein uraltes Thema, meiner Meinung nach aber ein sehr interessantes und wichtiges Thema.

Fakt ist, die Diskrepanz ist enorm. Und immer wird dann behauptet (kann sein, es werden auch hier bald Stimmen laut die das sagen), es sei ja garnicht so, sondern wie im Vorwort des Kataloges steht gelte der Preis für "absolut perfekte Stücke" -und dann sei auch der 100%ige Katalogpreis gerechtfertigt und würde angeblich auch immer wieder erzielt.
Meiner Erfahrung nach stimmt das aber nicht. Der Preis ist, wie auch oben jemand schrieb, für absolut perfekte Stücke und gut bezahlt eher 50-60% des Katalogpreises. Die breite Masse der Preise sind meiner Erfahrung nach eher irgendwo zwischen 15 und 40%.
Mann könnte also die Katalogpreise (ich meine stets die höheren Preise für klassische Marken) im Großen und Ganzen auf einen 60%-Wert reduzieren und alles würde passen.

Das würde aber bedeuten, alle Sammlungen, Lager von Händlern usw. würden anscheinend um 40% "entwertet". Jedenfalls "auf dem Papier". Und dagegen stehen viele Interessen und darum bleibt alles so wie es ist.
Umgekehrt zeigen die Katalogpreise für eine bestehende Sammlung "enorme Werte" an -ein gutes Gefühl für viele Sammler und deren Erben. Darum dann immer die große Verwunderung wenn die ach so wertvolle Sammlung dann keinen wirklichen Handelswert hat.

Letztlich gilt ja: eine Briefmarke ist soviel wert, wie jemand bereit ist dafür zu zahlen. Und grundsätzlich (Ausnahmen abgesehen) ließe sich das auch gut in einem Katalog beziffern.

Dass es auch anders geht zeigen meiner (bescheidenen) Erfahrung nach Münzkataloge. Die Preise in Katalogen altdeutscher Münzen stimmen halbwegs mit den Handelspreisen überein. Dazu muss allerdings gesagt werden, bei Münzen ist ein anderes Preissystem üblich: es werden 2 oder 3 Preise für die Erhaltungsgrade angegeben, bspw. "schön" (s) , "sehr schön" (ss) und "vorzüglich". Diese Erhaltungsgrade sind auch ganz gut definiert (wobei auch hier natürlich nicht selten aus Sicht des Händlers ein Münze ss ist, sie aber aus Sicht des Sammlers nur ein s ist...). Die Masse der Münzen dieses Gebietes entsprechen jedenfalls s oder ss und die Handelspreise stimmen meiner Erfahrung nach ganz gut mit den zugehörigen Katalogpreisen überein -jedenfalls deutlich besser als bei Briefmarken.

Kein Thema zum streiten. Aber meiner Ansicht nach interessant und wichtig zu diskutieren, auch oder gerade wenn die Ansichten darüber unterschiedlich sind.

Viele Grüße
Jensen
 
10Parale Am: 28.01.2021 22:54:40 Gelesen: 2344# 5 @  
@ Jensen [#4]

"Letztlich gilt ja: eine Briefmarke ist soviel wert, wie jemand bereit ist dafür zu zahlen. Und grundsätzlich (Ausnahmen abgesehen) ließe sich das auch gut in einem Katalog beziffern."

Diesem Satz ist nichts hinzuzufügen.

Ich musste gerade mal meinen Rumänien Michel Katalog Südosteuropa 2016/2017 aufschlagen. Die erste Briefmarke Rumäniens (Fürstentum Moldau), die 27 Parale Marke ist dort "gestempelt" mit 15.000,-- Euro bewertet.

Heute morgen nun wurde solch eine 27 Parale Marke in Zürich bei Corinphila angeboten und erhielt einen Zuschlag von 20.000 Schweizer Franken. Das sind lt. aktuellem Kurs ca. 18.568,-- Euro. Das sind 123 % des Michel-Katalogpreises. Eine 54 Parale, die mit 5.000 Euro gestempelt veranschlagt wird, wurde mit 3.000 Schweizer Franken zugeschlagen, das sind etwa 2.785,-- Euro, d.h. zu 55,7 % des Michel-Katalogpreises.

Wir sehen also, dass die Bereitschaft, einen bestimmten Preis für eine Marke zu bezahlen, nicht an den Michel Preis gekoppelt werden kann. Andere Kataloge, z.B. Stanley Gibbons, verfahren ja ähnlich im Ansatz hoher Preissegmente. Die Argumentation im Vorwort des Michel-Kataloges, die Preise gelten nur für "absolut perfekte Stücke" (siehe auch [#4]) ist meines Erachtens ein vordergründiges Argument, das natürlich sofort einleuchtet und den Sammler auch auf eine Spur führen soll. Gerade im digitalen Zeitalter sollte es möglich sein, Trends anzuzeigen. Wer also sein Geld in Marken investiert, deren Erlös höher ist als der Katalogpreis, tut nichts Falsches. Die Nachfrage ist hoch, gerade in Corona-Zeiten, wo viele von zu Hause aus am Computer arbeiten und auch mehr Zeit für Ihr Hobby haben.

Liebe Grüße

10Parale
 
10Parale Am: 22.05.2021 17:58:39 Gelesen: 1971# 6 @  
@ forum,

bei diesen Marken aus Barbados mit niedriger Nominale scheint mir der Unterschied zum Stanley Gibbons Katalog / Michel Katalog sehr hoch, vorausgesetzt, die Angaben des Händlers sind stimmig.

SG 183a x 4 = 10 £ Michel 98 x 4 = 20,00 €
SG 184 15 £ " 99 5,00 €
SG 185 8 £ " 100 3,20 €
SG 186a 45 £ " 101 2,20 €
SG 188 15 £ " 104 3,50 €

Summe; 95 £ 33,90 €


Nun gut, die Marke zu 3P lila auf gelb wird im Michel nicht differenziert. Ein Stanley Gibbons zu Barbados liegt mir nicht vor.

Ich habe bei einem Händler ca. 21,-- Euro (ohne Lieferkosten) bezahlt.

Dennoch erscheint mir die Bewertung sehr unterschiedlich.

Liebe Grüße

10Parale


 
Quincy Am: 22.05.2021 18:19:04 Gelesen: 1952# 7 @  
Mit einem Auszug aus einem Stanley-Gibbons-Katalog kann ich dienen, allerdings nicht aus einem aktuellen. Wenn auch die damaligen Preise heute nicht mehr hilfreich sind, so vielleicht wenigstens die anderen Katalogdetails. Mein Katalog ist von 2007.

Außerdem habe ich, um noch etwas mehr Information zu liefern, rechts auch noch einen Auszug aus meinem digitalen Scott von 2009 dazugepackt.



Gruß
Hans-Jürgen
 
uli Am: 23.05.2021 13:55:09 Gelesen: 1820# 8 @  
@ Francysk Skaryna [#1]

Da kenne ich aber eine andere Erklärung von Schwaneberger, zumindest für moderne deutsche Marken. Die Angabe ist der durchschnittliche Preis, zu dem ein Händler mit Ladenlokal in einer sehr guten Innenstadt-Lage einer Top 10-Großstadt dieses Stück in hoher Qualität (gestempelt: Kategorie 4) verkauft. Etwas vereinfacht und pauschalisiert: Das ist Preis, zu dem man dieses Stück mit hoher Wahrscheinlichkeit sofort irgendwo bei einem Händler in Deutschland kaufen kann - und damit der Bereich des "Maximalpreises".

Bedeutet aber auch: Man bekommt diese Stücke fast immer bei vielen Händlern billiger, nehmen wir mal an zu 50%, was vor allem bei Marken mit einem Katalogwert unter 100,- Euro gar nicht unüblich ist. Wenn dieser Händler nun von einem Privatmenschen eine Sammlung kauft, muss er seine ganzen Kosten und Abgaben - Lohn, Miete, Umsatzsteuer, ... - mit der Differenz von Einkaufs- und Verkaufspreis decken. Da ist man dann ganz schnell bei 10%, die man als Sammler für eine "normale" Sammlung noch erhalten könnte. Kommt die Sammlung aus einem Gebiet mit wenig Nachfrage und hohem Angebot, ist man schnell noch darunter.

Ein zweiter, wichtiger Teil der Definition für den Michel-Wert: Er gilt für qualitativ gute Stücke (Ausnahmen bestätigen die Regel und sind im Michel "markiert"). Ist ein Stück qualitativ nicht so gut, sind hohe Abschläge obligatorisch. Ist hingegen die Qualität absolute Spitze, sind die Stücke auch mal teurer.

Gruß
Uli
 
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