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Thema: Internationale Briefmarkenausstellung in Genf August 1896
Olivier Nosbaum Am: 28.12.2019 22:59:47 Gelesen: 4093# 1 @  
Vom 8. bis zum 23. August 1896 fand in Genf, unter der Schirmherrschaft des schweizer Verbandes, die zweite schweizer internationale Briefmarkenausstellung statt.

An dieser Ausstellung nahm auch die Union des Timbrophiles du Luxembourg ("UTL") teil. Die damals ungefähr 200 Mitglieder bauten gemeinsam, unter der Leitung von Bernard Wolff, eine komplette Luxemburg-Sammlung auf.



Photo entnommen aus der Brochure des 75ten Bestehens der UTL (1965). Leider eine undeutliche Kopie einer alten Photographie. Interessant ist aber die Art und Weise, wie damals ausgestellt wurde.

Folgend der Bericht aus der Vereinzeitung "Le Moniteur du Collectionneur" aus dem Jahrgang 1896, der einen kleinen Einblick über die Ausstellung gab.



Die UTL bekam als Preis eine "médaille de 1re classe" und gewann einen Pokal.





Sowohl die Medaille als auch der Pokal befinden sich noch in den Archiven der UTL

Über diese Ausstellung habe ich leider sehr wenig Dokumentation gefunden. Gab es einen ausführlichen Bericht mit Palmarès in der schweizer Briefmarkenzeitung aus dem Jahr 1896?

freundliche Grüsse

Olivier
 
merkuria Am: 29.12.2019 16:57:44 Gelesen: 4054# 2 @  
@ Olilux [#1]

Einen entsprechenden Bericht ist mir nicht bekannt, wohl aber kann ich ein Plakat zu dieser Ausstellung zeigen:



Auch wurde eine Ausstellungsvignette für diesen Anlass gemacht:



verwendet auf einer Briefrückseite nach Hannover.



Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Olivier Nosbaum Am: 29.12.2019 20:12:06 Gelesen: 4033# 3 @  
@ merkuria [#2]

Danke Jacques für das Zeigen der Vignette,

ein ausführlicher Bericht erschien in der schweizer Briefmarken-Zeitung. Schlussendlich habe ich die Ausgabe vom Juli 1896 (Nr. 7) und vom November (Nr. 13) und Dezember (Nr. 14) in meiner Bibliothek gefunden.

In der Juli Ausgabe war eine vierseitige Ankündigung der Ausstellung, wo eben auch ein Ausstellungskatalog erwähnt wurde. In der November und Dezember Ausgabe waren folgende Teile des Berichtes, doch leider ohne Palmarès, der vermutlich in einer anderen Ausgabe war.



freundliche Grüsse

Olivier
 
Heinz 7 Am: 30.12.2019 14:45:48 Gelesen: 3996# 4 @  
@ Olilux [#3]

Die Briefmarkenausstellung in Genf 1896 war ein Meilenstein in der Geschichte der Philatelie und ist in der Presse hier entsprechend breit kommentiert worden.

Ich konnte die Schweizer Briefmarken-Zeitung der Jahre 1896 / 1897 einsehen und vermelde folgende Beiträge:

Jahrgang / Nr. des Beitrages / Seiten

IX.2 (=1896, Februar), Seite 13
IX.3 (10. März 1896), Seiten 29-31
IX.5 (25. April 1896), Seite 58
dito, Beiblatt: Seiten 67-70
IX.8 (15. Juli 1896), Seiten 106-107
IX.10 (31. August 1896), Seiten 132-135
IX.11 (25. Sept. 1896), Seiten 141-144
IX.12 (25. Oktober 1896), Seiten 155-156, 159-166
IX.13 (25. November 1896), Seite 175, 178-179
IX.14 (25. Dezember 1896), Seite 192
X.2 (25. Februar 1897), Seiten 22-23

Wir sehen also eine ungeheure Menge an Information, meist französisch, aber auch viel übersetzt (identisch) auf deutsch.

Besonders die Sammlungs-Besprechungen durch Herrn A. Gernandt-Roux sind hochinteressant. Du hast in Beitrag 3 drei Seiten davon gezeigt.

Nachdruck verboten, steht da zwar. Ist das nun verjährt? Man müsste vielleicht die SBZ fragen, die gibt es ja noch immer.

@ merkuria [#2]

Jacques, sehr schön, was Du uns da zeigst!

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Olivier Nosbaum Am: 31.12.2019 00:31:50 Gelesen: 3965# 5 @  
@ Heinz 7 [#4]

Danke für die Mitteilung,

in Senf's Illustriertes Briefmarken-Journal fiel der Bericht etwas kürzer aus, und erschien in der Ausgabe 21 vom 7. November 1896 und in der Ausgabe 22 vom 21. November 1896, leider auch ohne Palmarès.





Eine komplette Liste der Aussteller findet man wohl nur im Ausstellungskatalog

Olivier
 
Heinz 7 Am: 31.12.2019 10:59:14 Gelesen: 3943# 6 @  
@ Olilux [#5]

Ich habe leider den Ausstellungskatalog nicht. Aber das Palmares habe ich gefunden. Es ist in der SBZ 11 vom 25. September 1896 wiedergegeben.

In 16 Kategorien wurden Preise vergeben. Die höchsten Medaillen waren "Medaille de vermeil". Goldmedaillen waren keine vorgesehen, das war schon im Vorfeld klar, als auf die Auszeichnungen hingewiesen wurde.

Eine "Medaille de vermeil" gewannen:

I. Collection Suisse la plus méritante:
H. Lienhard, Schoefflisdorf

IV. Collection la plus complète d'un même pays:
Stanley Gibbons, London

in den übrigen 14 Kategorien gab es höchstens eine Silbermedaille (medaille d'argent).

Meines Wissens wurden alle wichtigen Sammlungen noch in diversen Artikeln beschrieben, wie du ja festgestellt hast [#3].

Es ist anzumerken, dass es auch einige Sammlungen "Hors concours" zu bewundern gab, also Sammlungen ausserhalb des Wettbewerbes. So wurden die Sammlungen der Jury-Mitglieder nicht bewertet.

Die Jury bestand aus:

A. de Reuterskjöld, Ouchy
J. Bernichon, Paris
M.P. Castle, Brighton
Dr. E. Diena, Modena
A. Eder-Blaul, St. Gallen
J. Joerin-Suter, Basel
E. Stock, Berlin

Das sind alles Namen von wichtigen Philatelisten ihrer Zeit, von denen mindestens fünf auch internationale "Grössen" waren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.01.2020 12:48:20 Gelesen: 3909# 7 @  
@ Olilux [#1]

An der Ausstellung in Genf, die immerhin 16 Tage dauerte, wurden offenbar nicht all zu viele Sammlungen gezeigt. Es standen zwar 16 Wettbewerbs-Kategorien zur Auswahl, doch waren mehrere von ihnen nur dünn besetzt; mehrfach stellte sogar nur ein einziger Sammler pro Kategorie aus, so z.B. Schweiz: Schweizerische Abstempelungen. Dies verleitete die Jury aber nicht, besonders grosszügig zu sein; denn oft wurden nur Bronze-Medaillen oder gar nur Diplome verteilt. Eine Silbermedaille war bereits eine hohe Auszeichnung, und Vermeil erreichten gar nur 2 Exponate. 4 Exponate liefen ausser Konkurrenz.

Wenn wir die Beschreibungen der Sammlungen lesen, dünkt es mich, dass das Niveau der gezeigten Sammlungen aber doch recht hoch gewesen sein muss. Warum die illustere Jury trotzdem nicht etwas grosszügiger war, kann ich nicht beurteilen.

Ein Mitglied des Organisationskommitees hat sehr viel über die Ausstellung geschrieben, Herr A. Gernandt-Roux (siehe z.B. Beitrag 3). Er hat zudem eine höchst interessante Auswertung zusammengestellt: "Statistik der ausgestellten Schweizermarken", welche minutiös auflistete, wieviel Basler Tauben, wieviele Doppelgenf, Waadt 4, u.s.w., denn zu sehen waren. So lesen wir z.B., dass Herr Lienhard (einer der zwei Vermeil-Gewinner) mit 7 Basler Tauben, 13 Zürich 4, 3 Doppelgenf, 6 Waadt 4 und nicht weniger als 135 Poste Locale aufwarten konnte. An der ganzen Ausstellung entdeckte der Autor nicht weniger als 65 Basler Tauben, wovon 12 ungebrauchte, 36 Doppelgenf (4 ungebrauchte), 36 Waadt 4 (4 ungebrauchte) und so weiter.

Aus den Beiträgen erfuhren wir auch, dass auch Europa und Übersee sehr gut vertreten war. Die Kommentare in den philatelistischen Blättern helfen sehr, sich einen recht guten Eindruck von der Ausstellung machen zu können. Gut vertreten war auch die Literatur, mit 6 Exponaten, und Alben wurde 9 verschiedene gezeigt. Die Schweizer Briefmarken Zeitung, die in diesen Jahren aus meiner Sicht sehr gut war, brachte es auch nur zu einer Bronze-Medaille.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 02.01.2020 21:45:01 Gelesen: 3874# 8 @  
@ Olilux [#1]

Die Briefmarken-Ausstellung dauerte volle 16 Tage. Anhand des Kassenrapportes sind nun einige sehr interessante Zahlen zu erfahen.

Die ganze Ausstellung kostete nur CHF 9'680. Da sie andererseits einen Ertrag von CHF 9'675 abwarf, resultierte nur ein kleines Minus von CHF 5.30 (siehe SBZ No. 2, 1897, Seite 23).

Der grösste Ertragsposten war - mit Abstand - eine Position, die ich nun wirklich nicht als so wichtig eingeschätzt habe: Verkauf von Tombola-Losen!

Nicht weniger als 4409 Lose à CHF 1 konnten abgesetzt werden, dies ergab also CHF 4409 und damit mehr als 45% der Gesamteinnahmen! Da der Einkauf der Tombola-Lose nur CHF 2149.50 kostete, brachte diese Aktion also einen beträchtlichen Nettoertrag und rettete die Ausstellung vor einem Defizit.

Ein Verkauf von so viel Tombola-Losen ist meines Erachtens sehr erstaunlich, wenn man denn weiss, dass in der ganzen Schweiz 1896 nur 745 Mitglieder in allen Philatelistenvereinen zusammen vorhanden waren (siehe SBZ vom 31.8.1896).

Warum war denn diese Tombola ein so grosser Erfolg? Nun, im Vorfeld der Ausstellung wurde sehr emsig die Werbetrommel gerührt. In der Tombola waren schliesslich immerhin 113 Gewinnlose enthalten, und zwar alles Schweizer Marken auf ganzen Briefen. Und der erste Preis war nichts weniger als eine Doppelgenf! Auf Brief!

Und zwar nicht irgend ein "Knochen", sondern angeblich ein Exemplar "superbe".



(Auszug aus SBZ No. 3, 1896, Seite 32).

Ob das gute Stück gekauft werden musste oder von einem edlen Spender zur Verfügung gestellt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls war dieser erste Preis sehr attraktiv und veranlasste offenbar sehr viele Interessierte zum Kauf eines Tombola-Loses.

Übrigens, ich kann keine Ausgaben für "Miete" für die Ausstellungshalle finden! Die Ausstellung fand statt im Musée des Arts décoratifs, im Gebäude der Uhrmacher-Schule. Musste wirklich keine Miete bezahlt werden? Sie werden wohl kaum in den "allgemeinen Spesen" ("frais généraux") enthalten gewesen sein.

Andere Zeiten, andere Verhältnisse.

Heinz
 
Olivier Nosbaum Am: 02.01.2020 22:14:27 Gelesen: 3867# 9 @  
@ Heinz 7 [#8]

Besten Dank für diese Informationen,

den Jahrgang 1896 und 1897 der SBZ konnte ich nun in unserer Vereinsbibliothek einsehen. Nirgends wurde die UTL erwähnt, obwohl der Klub doch den oben gezeigten Pokal und Medaille gewonnen hatten.

In der SBZ werden auch nur die namhaften Sammler erwähnt, und eine "médaille de 1re classe" wahr wohl eher ein Trostpreis. Man muss auch bedenken, dass Herr Bernard Wolff, der die Sammlung unter [#1] aufbaute, im Jahr 1896 erst 21 Jahre hatte. Der Klub bestand damals auch aus gleichaltrigen Studenten, und die Mitglieder waren eben weit entfernt von der Weltelite, unter die sie sich bei der Ausstellung mischten,

beste Grüsse

Olivier
 
Heinz 7 Am: 03.01.2020 12:03:33 Gelesen: 3830# 10 @  
@ Olilux [#9]

Lieber Olivier,

ich gratuliere zu Eurer Vereinsbibliothek! Dass Ihr darin die SBZ 1896 und 1897 stehen habt zeigt, dass Ihr wichtige Bestände habt.

Es ist seltsam, dass der Aufttritt der UTL gar nirgends erwähnt wurde! Nun erwäge ich, dass wir vielleicht gar nicht von derselben Ausstellung sprechen!

Es war nämlich so, dass gleichzeitig, im selben Jahr (!), wenige Wochen vor der Internationalen Ausstellung in Genf, ebenfalls in Genf eine ANDERE grosse (internationale?) Ausstellung stattfand, von einem ANDEREN Briefmarkenverein organisiert! Darauf wird in der SBZ irgendwo ganz verschämt hingewiesen. Das war natürlich Unsinn, aber damals klappte die Absprache unter den Vereinen auch nicht immer, wie zu beweisen ist.

Es wurde darum auch in den Anzeigen zur Ausstellung darauf hingewiesen, dass die Ausstellung vom 8.8.-23.8.1896 die einzige Ausstellung sei, die vom Verband anerkannt wurde.



Jetzt betrachten wir doch einmal Eure Medaille. Offenbar hat die Union Timbrophile Suisse diese Medaille herausgegeben. Siehe Foto 2 von Beitrag 1. Dies war aber genau der "Konkurrenz-Verein" zur "Société Philatélique de Genève", welche als einzige als Organisatorin der oben genannten Ausstellung amtete.

Die UTL hat also (höchstwahrscheinlich) NICHT an der offiziellen (Verbands-) Ausstellung 1893 in Genf teilgenommen, sondern an der "Konkurrenzausstellung", die bereits im Juli 1893 stattfand.

Bitte studiere die Seiten 69+70 der SBZ No. 5, 1896; dann wirst Du vermutlich zum selben Schluss kommen! Dort steht explizit:

wissen wir doch dass gleichzeitig ein anderer, unserem Verbande nicht angehörender Verein, die Union timbrophile suisse in Genf, ebenfalls eifrig bemüht ist für ihre Konkurrenz Ausstellung Freunde zu gewinnen

Dass die Organisatoren der Juli-Ausstellung ebenfalls für sich reklamierten, die zweite schweizerische und internationale Ausstellung zu sein (siehe Foto 1 von Beitrag 1), ist natürlich irreführend, denn die Verbandsausstellung war NUR die August-Ausstellung. Dazu finden wir viele Hinweise im philatelistischen Blätterwald. Zur Juli-Ausstellung in Genf weiss ich fast gar nichts! In der SBZ wird sie weitgehend "totgeschwiegen".

Wir sollten also den Titel des Themas erweitern: "Internationale Briefmarkenausstellung in Genf August 1896" und abgrenzen zur "Inoffizielle(n) internationale(n) Briefmarkenausstellung in Genf Juli 1896".

Herzliche Grüsse
Heinz

[Redaktionelle Anmerkung: Titel geändert auf Wunsch von Heinz mit Zustimmung von Olivier]
 
Olivier Nosbaum Am: 03.01.2020 18:40:56 Gelesen: 3799# 11 @  
@ Heinz 7 [#10]

Du liegst vollkommen richtig.

Die März Ausgabe und April Ausgabe des Moniteur du Collectionneur 1896 (Herausgeber: UTL) berichten von den beiden Ausstellungen.

Hier die entsprechenden Seiten (nur auf Französisch vorhanden:







Die UTL stellte in der Ausstellung vom 4. bis 13. Juli 1896 aus.

Der schweizer Korrespondent des Moniteur du Collectionneur war William Chenevard, Herausgeber der "Revue postale". In der Vereinsbibliothek haben wir von dieser Zeitung nur die Jahrgänge 1898 und 1899.

freundliche Grüsse

Olivier
 
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