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Thema: Ukraine: Provisorien - Portostempel aus den frühen 1990er Jahren
DL8AAM Am: 24.04.2009 19:50:35 Gelesen: 15947# 1 @  
Hallo,

wenn wir schon bei dem Thema "Ukraine und 90er" sind, aber da diese Stempelprovisorien nicht wirklich in den bisherigen Thread passen, habe ich gleich einmal einen neuen aufgemacht.

Die Belege die mir hier vorliegen scheinen einen echteren Bedarfscharakter haben, viele weisen erhebliche Gebrauchsspuren auf, für einen philatelistischen Hintergrund oft eine zu "unsaubere" Ausführung, auch sind "echte" Mülleimerfunde dabei, die mir seinerzeit ein Bekannter aus der Ukraine besorgt hat.

Zum Einstimmen hier schon einmal ein erster und gleich unklarer Beleg:



Bedarfsbrief aus ? (Rowno? "Rowenska?" Oblast) aus dem März 1994 nach Kiew-136, rückseitiger Ankunftsstempel vom 19.03.1994.

Frankiert mit verschiedenen ukrainischen Briefmarken (ins. 72,00) plus ein zusätzlicher Stempel mit festen Portosatz zu 27,00 (Gesamtporto also 99,00; sollte wohl 100,00 werden?). Handelt es sich hier etwa sogar um eine Ganzsache?



Ein weiteres Beispiel für diesen Stempel:



Brief vom 11.08.(94?) nach Kiew-152, leider ist auch hier ist der abgehende Ort für mich nicht erkenntlich. Auch ist der Teilabdruck des rückseitigen Ankunftsstempel nicht aussagekräftig. Frankiert mit 2x 50,00, d.h. das Porto sollte wohl 100,00 betragen, deshalb vermute ich ging der Wertstempelanteil vom 9 (Kopeken/Karbowanzen oder Griwna) nicht mit ins Porto ein. Möglicherweise wurde hier ein alter Umschlag mit dem vorab angebrachten 9,00 Wertstempelzudruck (Ganzsache?) später aufgebraucht?



Gruß
Thomas
 
DL8AAM Am: 24.04.2009 20:09:07 Gelesen: 15945# 2 @  
Und gleich ein weiterer Portostempel bevor ich die Lust verliere ...



Echter Bedarfsbrief vom 16.07.1994 aus "Borsnya, Чернигов Oblast (Tschernihiw)" in die Oblasthauptstadt Tschernihiw, rückseitiger Ankunftsstempel ("Tschnigow, Ukr. CCR") vom 18.07.1994. Neben dem postalischen Ankunftsstempel findet sich ein weiterer, möglicherweise privater Stempel. Frankiert mit zwei Wertstempelabschlägen zum "Festpreis" von je 50,00 ("KRB" = Karbowanzen), d.h. auch hier beträgt das Gesamtporto 100,00. Frage: Handelt es sich um eine Ganzsache? Basis ist eine alte mit den 50er Wertstempeln aufgewertete UdSSR-Ganzsache zu 7 Kopeken.



Comments ?

Gruß
Thomas
 
DL8AAM Am: 27.04.2009 15:34:09 Gelesen: 15911# 3 @  
So, habe noch etwas gegraben und fand noch weitere passende Belege.

Eine meiner Fragen lautet, ob diese Wertstempel mit festen Wert (hier ein 100,00 KRB) im Vorfeld auf die Umschläge aufgebracht und anschliessend "postfrisch" verkauft werden, d.h. dann würden diese den Charakter von Ganzsachen haben.

Diese Wertstempel (siehe [#2]) wurden ja postalisch und "treffend" entwertet.



Brief aus Depropetrovsk nach Kiew, frankiert mit einem Wertstempel zu 100,00 KRB (der wie aus einer Kartoffel geschnitten wirkt...hi). (Nachverwendeter) UdSSR-Maschinenstempel "ДНЕПРОПЕТРОВСК ПЖДП" (Dnepropetrosk PSchDP; PSchDP = ?) vom 10.04.1994, rückseitig zwei Ankunftsstempel aus Kiew: a) "УКРАЇНА // КИЇВ ЦПП ЦЕХ N 6" (Kiew ZPP ZECh Nr 6; ZPP ZECh Nr. 6 = ?) vom 11.05.2004 [wohl ein Weiterleitungsstempel, wirkt auch wie ein Home-made Kartoffelschnitt] und b) "УКРАЇНА // КИЇВ-37" vom 12.05.1994 [dann wohl erst der echte Ankunftsstempel im Postamt 37].

Hier der Wertstempel in "Groß":



Meine Googlesuchen zu dieser Art von Belegen blieben leider alle erfolglos. Alle Beispiele die ich unter "Mache" fand betrafen sämtlichst die Aufdruckmarken, siehe http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=1368&CP=0&F=1 ("Ukraine: Unbekannte Überdruckmarken - echt oder falsch ?")

Any comments ?

Gruß
Thomas
 
DL8AAM Am: 27.04.2009 16:22:44 Gelesen: 15906# 4 @  
Hier ein artverwandter Beleg, ähnlich aber doch anders.

Hier wurden scheinbar die 7 Kopeken aus der Basis-UdSSR Ganzsache mit in das Porto einberechnet. Neben dem 7 Kopeken wurde ein Wertstempel zu "43" angebracht. Hier handelt es sich um einen alten UdSSR-(Kopeken) Wertstempel, es sieht fast so aus, als ob die Wertzahl variable eingesetzt werden könnte. Rechnerisch komme ich folglich ein Gesamtporto von 50,00. Obwohl noch Kopeken genannt werden, sind das aber schon Karbowanzen. Diese "Kupon-Karbowanzen" wurden gemäß Wiki' bereits 1991 eingeführt.



Brief aus Depropetrosk nach eine Zeitschrift im Kiew. Nachverwendeter UdSSR Maschinen(wellen-)stempel "ДНЕПРОПЕТРОВСК" (Dnepropetrovsk) vom 15.02.1992, rückseitiger (russischer-UdSSR) Ankunftsstempel "КИЕВ ЦПП ЦЕХ N 8[8 ?]", Kiew vom 17.02.1992, wirkt ebenfalls wie ein Machinenstempel (siehe den Streifen am rechten Rand des Umschlags)?

Auch hier der Wertstempel im "Groß":



Any comments ?

Gruß
Thomas
 
DL8AAM Am: 27.04.2009 16:58:48 Gelesen: 15902# 5 @  
Und nun noch eine unterschiedliche Version eines dieser provisorischen Belege.

Hier handelt es sich um einen offenen Wertstempel, d.h. die Wertangabe wurde handschriftlich eingefügt (am Schalter bei der Einlieferung oder wurden diese auch postfrisch an die Öffentlichkeit abgegeben?). In diesem Fall wurden 200,00 "Kupon-Karbowanzen" angegeben.



Einschreibebrief ("З"-Stempel; Sakasnoje = Einschreiben) aus Chust im Oblast Transkarpatien nach Iwano-Frankiwsk. Wertstempel entwertet durch zwei nachverwendete UdSSR Handstempel "СССР // ХУСТ // УКР ССР // ЗАКАРП. ОБЛ." (Chust, Ukr. SSR, Sakarpatska Oblast) vom 26.05.1993. Rückseitiger adaptierter, ehemaliger UdSSR-(3 Wellen-Maschinen-)Ankunftsstempel "ИВАНО-ФРАНКOВСК-ЦЗП Д" (Д ?) vom 17.05.1993. Die Hoheitsangabe "СССР" wurde zwar entfernt, aber es kommt weiterhin noch die russische Schreibweise "Iwano-Frankowsk" statt der neuen ukrainischen Form "ІВАНО-ФРАНКІВСЬК" (Iwano-Frankiwsk) zur Verwendung.

Nun der Wertstempel in "Groß":



Any comments ?

Gruß
Thomas
 
DL8AAM Am: 27.04.2009 17:56:34 Gelesen: 15900# 6 @  
Und noch einer...

Nun ein "Gebühr bezahlt"-Stempel ("TP", internationale französische Form =Taxe Perçue) mit handschriftlicher Wertangabe. Wobei mich die Währung verwirrt: Das Gesamtporto dürfte sich aus dem alten 7 Kopekenganzsachen-Wertstempel plus dem T.P.-Stempel 14,93 (Rubel/Kopeken) zusammensatzen, d.h. insgesamt 15,00. Nur welche Währung? Der absendende Ort Vinitsa liegt in der Ukraine und da sind seit 1991 als Währung die "Kupon-Karbowanzen" eingeführt. Andere innerukrainische Bedarfbriefe aus dieser Zeit zeigen aber Porti zu 100.00 Karb, da dürften 15,00 Karb (insbesondere auf Briefen nach Russland) nicht ausreichen! Also "15 (russische) Rubel", aber auf einem Brief aus der Ukraine?

Dieser T.P.-Stempel liegt mir auf einigen Briefen aus Russland vor. Ist der Brief wirklich in der Ukraine (am Schalter) frankiert? Oder hat hier ein Russe einen (vorfrankierten) Brief in die Ukraine geschafft und von dort verschickt (verschicken lassen)? Ist sowas in der Übergangszeit offiziell möglich gewesen? Oder ist der Brief nur einfach durchgeschlüpft? Oder liege ich ganzzzz falsch ? ;-)



Echter Mülleimerfund: Bedarfbrief aus Vinnitsa (Winnyzja), Ukraine nach Nemtschinowka, Oblast Moskau in Russland. Nachverwendeter, zweisprachiger (d.h. russisch & ukrainischsprachige Ortsangabe) UdSSR-(3 Wellen/Maschinen-)Stempel "СССР // ВИННИЦА ОПП ВІННИЦЯ" (Vinnitza) vom 04.0 3.1993. Rückseitiger nachverwendeter UdSSR-Ankunftsstempel "СССР // НЕMЧИНОВКA 1 MOCKOB. O." (Nemtschinowka, Moskau Obl.) vom 31.0 4.1993.

Leider zeigt der Brief erhebliche Bedarfsspuren, bei der Öffnung wurde hier einfach der linke Rand "freihändig" abgerissen, scheinbar eine übliche Form. Habe etlicher dieser Art in den dortigen Mülleimern gefunden.

TP-Stempel in "Groß":



Hat jemand bessere Erklärungsansätze ?

Gruß
Thomas
 
Pilatus Am: 27.04.2009 19:15:14 Gelesen: 15890# 7 @  
@ DL8AAM [#6]

Hallo Thomas,

ich verstehe den rechteckigen Stempel als " Nachgebühr (oder Zusatzgebühr) über 14 Rubel und 93 Kopeken".

Gruß Pilatus
 
DL8AAM Am: 27.04.2009 19:55:39 Gelesen: 15886# 8 @  
@ Pilatus [#7]

Wobei TP eigentlich für die internationale UPU-Variante (sprich die französisch sprachige) von Gebühr-Bezahlt (= für Taxe Perçue) stehen sollte. "TP"-Vermerke habe ich aus etlichen Ländern in der Grabbelkiste (kann nichts wegwerfen, meine Frau bezeichnet "Philatelie" als Steigerung von Messi...) zum eventuellen Vorzeigen.

Aber wer weiss, was (falls) sich der Postler in Moskau sich dabei gedacht haben mag, ggf. war für ihn das Nachgebühr-T gleich dem Gebührzahlt-T(P), "T" ist ebenT ein "T".

Ich hatte erst auf einen in Russland postfrisch als 15 Rubel verkauften und dann in der Ukraine verwendeten (Ganzsachen-)Umschlag getippt. Bis auf den Poststempel spricht für mich alles für Russland als Quelle des Belegs.

Vom "Anschein" spricht meines Erachtens aber erst einmal nichts für einen Nachgebührvermerkt, aber ...

... mein eigentliches Sammelgebiet USA ist ja eher die "andere Seite". Kenne mich mit UdSSR/CIS noch nicht einmal ansatzweise besser aus. Meine GUS-Belege stammen sämtlichst nur von "nebenbei einsammeln", von "nichts wegwerfen können" bzw. "von nichts im Müll liegen lassen können" und anderen philatomessischen Zwangshandlungen ...

Kennt vielleicht jemand anderes hier im Forum diesen TP Stempel und kann seine Verwendung bestätigen ?

Besten Dank und
"Gruß, Thomas"
 
DL8AAM Am: 27.04.2009 20:23:02 Gelesen: 15880# 9 @  
@ Pilatus [#7]

Wenn ich Dich schon einmal dran habe, Dein Profil sagt Sammelgebiet UdSSR, vielleicht weisst Du näheres:

Ich habe seinerzeit bei einem Besuch eines Radioklubs in Rybinsk (unsere Funkerjugendgruppe hatte in der Vor- und Nachwendezeit solche Fahrten in Verbindung mit dem Stadtjugendring der Stadt Göttingen auf Kosten des niedersächsischen und Göttinger Steuerzahlers durchgeführt einige bisher nirgends beschriebene Portofreiheitsumschläge (im Müll) gefunden. Zumindest sind mir bisher keine Veröffentlichungen über den Weg gelaufen.

Der Radioklub gehörte damals (wie jeder andere auch) zur DOSSAAF, eine Art von paramilitärischer Organisation. Ich meine in der DDR entsprach das in etwa der GST?

Wenn ich die Leute vor Ort richtig verstanden habe war die DOSAAF grundsätzlich portobefreit, inclusive die bei der DOSAAF organisierten (das waren zwangsweise alle) Funkamateure, die ihre privaten Fungesprächsbestätigungskarten (QSL-Karten) protofrei per Post versenden konnten. Es kam nur ein entsprechender, (meist) selbstgemachter grosser Stempel mit vielen kryptischen, sprich kyrillischen Buchstaben oben in die Ecke des Umschlags und ab gings in die Post. Eine Art von Parafeldpost ;-)

Muss mal ein paar Spinnen verjagen und meine anderen Dachbodengrabbelkisten reaktivieren, bestimmt finde ich einige der aus dem Müll rausgeklaubten Umschläge ;-) Ich hoffe wir haben auf dem Dachboden aber keine dieser bösartigen philatophoben Mäuse (sorry!).

Hast Du ggf. weitere Informationen zu diesen Thema ?

Gruß
Thomas
 
Wikinger Am: 24.08.2015 19:31:14 Gelesen: 11847# 10 @  
Hier ein Brief mit offiziellem Provisorium der ukrainischen Post mit einem zusätzlich aufgekleptem TP-Label, gestempelt am 18.10.1992 in Kolomea.

Wenn die per Hand eingeschriebene Zahl wie die im Provisoriumsaufdruck in Kopeken sein soll, dann war der Brief vermutlich zu diesem Zeitpunkt portogerecht ? Ich habe einige dieser Briefe (gestempelt in Kolomea) aus Polen erhalten.



Die Anschrift war zu dem Zeitpunkt der Abstempelung seit 2 Monaten aktuell (UNPROFOR Hauptquartier in Zagreb), allerdings weist der Brief keine weiteren Stempel auf und vermute, dass er nicht echt gelaufen ist. Der Absender ist Angehöriger eines damaligen "UNO"-Soldaten.

Weiß jemand mehr oder hat diesen TP-Aufkleber auch schon einmal gesehen? Gibt es Literatur darüber?

Gruß
Wikinger
 
KaraBenNemsi Am: 24.08.2015 22:09:36 Gelesen: 11819# 11 @  
@ Wikinger [#10]

Wie Du schon schreibst, vermutlich nicht echt gelaufen.

Ich bin kein Ukraineexperte, aber nach allem was man so aus den frühen Jahren der Nachfolgestaaten der UdSSR sieht, neige ich zu folgender Einschätzung:

Das TP-Label dürfte ein reines Phantasieerzeugnis sein. Die TP-Stempel werden ja üblicherweise eingesetzt, wenn keine Marken verfügbar sind. Hier nun einen markenähnlichen Klebezettel mit Eindruck TP herzustellen, ergibt für mich keinen Sinn. Dann hätte man auch gleich den TP-Stempel nehmen können oder provisorische Marken produzieren können. Zumal auch Papst Johannes Paul II. (?) auf dem Klebezettel nicht gerade für eine legitime Ausgabe spricht.

Die Währung ist Karbowanez, nicht Kopeken.

Grüße

KaraBenNemsi
 
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