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Thema: Altdeutschland Bayern: Ersttagsdaten der bayerischen Posthilfstellen
Rottaler Am: 05.08.2020 23:15:14 Gelesen: 3315# 1 @  
Ersttagsstempel von bayer. Posthilfstellen, gibt es so etwas?



Ich habe dieses Thema noch nie im Forum gesehen.

Hier eine Antwort auf obige Frage: Gibt es so etwas: ja.

Der Dienstbrief des Kontrolltierarztes aus Simbach a. Inn an die Gemeindeverwaltung Erlach (jetzt Ortsteil der Stadt Simbach, nur ca. 1 km östlich vom Zentrum entfernt) über die gerade eröffnete Posthilfstelle Erlach (lt. Helbig 30.05.1903) als Eingangsstempel (wahrscheinlich auch 6-7 Nm) beweist es.

Bitte um Eure Beiträge.

Norbert
 
Erdinger Am: 06.08.2020 11:09:59 Gelesen: 3263# 2 @  
Hallo Norbert,

mit Radio Eriwan gesprochen; im Prinzip ja.

Die bayerische Post hat es allerdings mit den Eröffnungsdaten solcher untergeordneter Poststellen generell nicht so genau genommen, das war schon bei den Postablagen und zuvor den Briefablagen so.

Manchmal wurde auch gar nichts veröffentlicht, weil man der untersten Kategorie keine große Bedeutung beigemessen hat.

Deshalb sind wir Sammler auf die Angaben in den Verordnungsblättern angewiesen. Die konnten vor Eröffnung (mit viel Glück sogar mit Angabe des genauen Datums) erscheinen, aber auch chronologisch danach liegen.

Theoretisch sind daher sogar „Vorersttagsbriefe“ möglich.

Unter Umständen findet man in der zeitgenössischen Presse oder in den staatlichen Archiven Genaueres.

Als langjähriger Heimatsammler bin ich aus Erfahrung dankbar, wenn meine Belege wenigstens in die Nähe eines in der Literatur genannten Eröffnungsdatums kommen.

Volltreffer sind reines Glück. Und wenn du die Angabe in der Literatur nicht widerlegen kannst (und andere es auch nicht können), dann darfst du dich mit dem Gedanken anfreunden, ein Glückspilz zu sein.

Viele Grüße aus Erding
Dietmar
 
Rottaler Am: 06.08.2020 12:45:37 Gelesen: 3241# 3 @  
Vielen Dank Dietmar,

wie kommt man an diese Verordnungsblätter aus damaliger Zeit (über das Internet)? Auch Beschlussbücher der Gemeinden oder Mitteilungen der Kreisbehörden (damals Bezirksämter) sind hier für Nachforschungen dienlich. Auch die Lokalität dieser Posthilfstelle in Erlach ist bisher nicht geklärt!

Eine andere Frage:

Denkbar ist auch, dass dieser Brief an der Posthilfstelle Erlach aufgegeben wurde, dann weiter zum Postamt Simbach (guter Kilometer) ging und von dort wieder zurück nach Erlach an die Gemeindeverwaltung, oder?

Hatte eine damalige kleine Posthilfstelle auch die Möglichkeit einer Zustellung?

Grüße aus dem Rottal

Norbert
 
alemannia Am: 06.08.2020 12:53:36 Gelesen: 3237# 4 @  
Hallo Norbert,
hallo Dietmar,

obwohl nicht mein Sammelgebiet, stellt sich mir die Frage, ob man hier von einem Ersttagsstempel der Posthilfsstelle reden kann.

Der Tagesstempel wurde vom übergeordneten Postamt abgeschlagen, nicht von der untergeordneten Posthilfsstelle.

Wann genau der Stempel der Posthilfsstelle aufgebracht wurde, wird nicht dokumentiert. Dies könnte ja auch vor dem 30.5. erfolgt sein.

Oder sehe ich das zu eng bzw. falsch?

Gruß

Guntram
 
Erdinger Am: 06.08.2020 12:55:24 Gelesen: 3234# 5 @  
Hallo Norbert,

ich schaue mal heute Abend nach, was ich dazu finden kann.

Die Verordnungsblätter aus dieser Zeit gibt es zwar digital, aber das war eine Privatinitiative, deshalb waren sie nur gegen Bezahlung erhältlich.

Bis 1879 sind sie bei der Bayerischen Staatsbibliothek online einzusehen.

Viele Grüße
Dietmar
 
Rottaler Am: 06.08.2020 12:59:04 Gelesen: 3232# 6 @  
Hallo zusammen,

die Frage ist, wie im letzten Beitrag angesprochen, wo wurde der Brief aufgegeben: im Postamt Simbach oder an der Posthilfstelle Erlach? Kann man dies wirklich heute noch sicher bestimmen?

Norbert
 
Erdinger Am: 06.08.2020 20:48:28 Gelesen: 3173# 7 @  
Hallo Norbert,

so, da wäre ich wieder.

Im VO-Blatt von 1903 habe ich nichts gefunden. Posthilfstellen wurden dort nur ausnahmsweise aufgeführt (etwa in Verbindung mit Telefonnetzen).

Die Datumsangabe 30.5.1903 für Erlach stammt ursprünglich aus dem Buch „Die Postablagen-, Landpostboten- und Posthilfstellen-Stempel von Bayern“ von Erich Stenger und Ludwig Sauter. Letzterer hatte Kontakt mit den meisten Posthilfstelleninhabern gesucht, um an Belege zu kommen. Noch heute kann man Stücke aus seiner Sammlung auf dem Markt finden, die nach Sauters Soldatentod im Ersten Weltkrieg aufgelöst wurde.

Posthilfstellen waren die niederste Kategorie postalischer Dientsleistung und zählten nicht zu den Postanstalten im eigentlich Sinn. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass Briefsendungen nach Orten mit einer Posthilfstelle nicht dem Postzwang unterlagen.

Posthilfstellen wurden ehrenamtlich geführt. Sie hatten mit der Zustellung von Post nichts zu tun (dafür war das übergeordnete Zustellungspostamt zuständig). Sie verkauften Briefmarken und mussten gewöhnliche Briefe, Postkarten, Drucksachen, Geschäftspapiere, Warenproben, Pakete und Nachnahmesendungen zur Beförderung annehmen. Zur Annahme von Einschreibsendungen, Postaufträgen, Anweisungen und Zahlkarten waren die Inhaber nicht verpflichtet.

Übrigens besagt die Angabe „Taxe XY“ nicht, dass es sich dabei um das übergeordnete Zustellungspostamt handelte. Wenn es weiter entfernt lag als eine andere benachbarte Postanstalt, galt deren Taxquadrat (wichtig für die Tarif- und Entfernungsbestimmung von Fahrpostsendungen). Meist waren Taxort und Zustellungspost jedoch identisch.

Um auf deinen Brief zurückzukommen: An sich waren diese Gummistempel ausschließlich zur Auflieferung von Post gedacht. Allerdings haben sich die Posthilfstelleninhaber nicht immer an diese Regel gehalten. Ich habe eine Postkarte, die nach Forstern im Landkreis Erding geschickt wurde und sozusagen einen Ankunftstempel erhielt, überflüssigerweise. Die für einen Ort mit Posthilfstelle bestimmte Post wurde von den Landbriefträgern oft dort abgelegt und von den Bewohnern abgeholt.

Es ist also beides möglich, Stempelung bei Aufgabe ebenso wie Abgabe.

Viele Grüße aus Erding
Dietmar
 
Rottaler Am: 07.08.2020 08:02:11 Gelesen: 3141# 8 @  
Hallo Dietmar,

vielen Dank für die ausführliche Info zum Thema Posthilfstelle.

Hast Du das Buch von Stenger/Sauter? Sind dort auch die damaligen Lokalitäten der Poststellen aufgeführt?

Das ist verständlich, dass ehrenamtliche Posthilfstellen wohl nicht für die Zustellung zuständig waren. Auch mir sind Karten bekannt, wo der Stempel der Posthilfstelle als Ankunftsstempel verwendet wurde (vielleicht wurde die Karte/Brief dort vom Empfänger abgeholt?).

Ich habe auch Karten (z.B. Posthilfstelle Mariakirchen) die über das eigentl. Zustellpostamt Arnstorf (Taxe Arnstorf) wie auch über das größere Postamt Osterhofen befördert wurde.



Der Begriff der Posthilfstelle wurde anscheinend bis Mitte der 1950-er Jahre für die kleinsten Poststellen (danach Poststellen II) verwendet. Ich besitze eine Dienstanweisung (Postdienst bei den Posthilfstellen) der Post aus dem Jahre 1953.



Viele Grüße nach Erding

Norbert
 
bayern klassisch Am: 07.08.2020 09:33:08 Gelesen: 3124# 9 @  
Und damit alle Bayernfreunde die Titelseite gut sehen:


 
JohannesM Am: 07.08.2020 11:06:19 Gelesen: 3108# 10 @  
@ Rottaler [#8]

Hallo Norbert,

Der Begriff der Posthilfstelle wurde anscheinend bis Mitte der 1950-er Jahre für die kleinsten Poststellen (danach Poststellen II) verwendet

dem ist nicht so Poststellen II hatten sehr wohl Zustelldienst, die Tätigkeit war auch nicht ehrenamtlich, sondern die Poststellenhalter erhielten Entschädigungen (um die 100 RM/Jahr). Posthilfstellen befanden sich meist an Ausflugszielen, überwiegend in Gaststätten.

Beste Grüße
Eckhard
 
Erdinger Am: 07.08.2020 11:45:44 Gelesen: 3093# 11 @  
@ Rottaler [#8]

Hallo Norbert,

leider steht im Buch nichts zu den Lokalitäten. Das Kapitel Posthilfstellen besteht aus einer kurzen Einleitung, der eine rein tabellarische Aufstellung mit Orten und Eröffnungsdaten folgt, häufig, aber nicht immer mit dem Zustellungspostamt.

Und selbst diese Basisinformation war damals schon bemerkenswert, weil für das Gebiet Bayerns zuvor überhaupt keine Zusammenstellung existierte.

Die Daten aus diesem Buch wurden allesamt in die Stempelhandbücher von Dr. Helbig[1] übernommen, es sei denn, er hätte aktuellere Informationen gehabt.

Viele Grüße
Dietmar

[1] https://www.bayern-arge.de/handbücher/handbuch-dr-helbig/
 
Rottaler Am: 07.08.2020 13:17:36 Gelesen: 3081# 12 @  
Hallo,

gute Frage, wann genau wurden die Posthilfstellen in Poststellen II umgewandelt?

Wer hilft?

Norbert
 
Rottaler Am: 08.08.2020 20:33:21 Gelesen: 3023# 13 @  
Hallo Dietmar,

vielen Dank für die Info.

Es ist immer hilfreich weiterreichende Hintergründe und Quellennachweise zu bekommen.

Viele Grüße

Norbert
 
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