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Thema: Bedarfsverwendung - Philatelistische Begriffsbestimmungen des BPP
zobbel Am: 28.01.2021 16:06:59 Gelesen: 1545# 1 @  
Bedarfsverwendung -- Philatelistische Begriffsbestimmungen des BPP

Mir ist aufgefallen, daß die "Philatelistischen Begriffsbestimmungen" des BPP in der aktuellen Fassung (2017, siehe https://www.bpp.de/wissen/philatelistische-begriffsbestimmung/ ) nichts zu den Begriffen Bedarfsverwendung, und Sammler- und Händlerbriefe enthalten.

Zwischen 2015 und heute scheint man diese komplett gestrichen zu haben! Habe ich was überlesen? Ist das Thema dem BPP mittlerweile zu heikel? 2015 stand noch ( zumindest in der engl. Fassung, siehe http://www.bpp.de/wp-content/uploads/2019/10/philatelic-SPECIALIST-TERMINOLOGY.pdf ) diese Passage:

Commercial usage

Commercial usage normally applies to a cover that was carried through the postal system, has an indication of the sender and addressee, is correctly franked according to the postal service used and has fulfilled a need for communication or has carried out some other purpose.

Philatelic items and collectors’ and dealers’ letters (qq.v.) are to be distinguished from such commercially used items as they lack one or more of the characteristics mentioned above.

Collectors’ and dealers’ covers

Collectors’ and dealers’ covers are not commercially used items; they are covers that show the characteristics of proper postal handling, but were mainly produced for collecting purposes. This also includes covers that document technological or postal innovations, covers showing postmarks, air transport flights and such like. These covers may also be overfranked.


2012 hieß es noch:

Bedarfsverwendung

Eine Bedarfsverwendung liegt in der Regel vor, wenn ein Ganzstück postalisch befördert wurde, Empfänger- und möglichst Absenderangabe enthält, gemäß den postalischen Möglichkeiten korrekt frankiert ist und für das ein Mitteilungs- oder Nutzungsbedürfnis bestand.

Von diesen Bedarfsverwendungen zu unterscheiden sind philatelistische Erzeugnisse (siehe → dort) und Sammler- oder Händlerbriefe (siehe → dort), da diesen eines oder mehrere der vorgenannten Merkmale fehlen.

Sammler- und Händlerbriefe

Sammler- und Händlerbriefe sind keine Bedarfsbriefe, sondern Ganzstücke, die zwar die Merkmale einer ordnungsgemäßen postalischen Behandlung tragen, aber überwiegend zu Sammelzwecken hergestellt wurden. Hierzu zählen auch Ganzstücke zur Dokumentation technologischer oder postalischer Innovationen, Stempelbelege, Beförderungsflüge und ähnliches. Diese Ganzstücke können auch überfrankiert sein.


und 1993:

Bedarfsverwendung
Ein Ganzstück, das postalisch befördert, Empfänger- und möglichst Absenderangabe enthält, richtig frankiert ist und für das ein Mitteilungsbedürfnis bestand.
Folgende Kriterien sollen ganz erfüllt sein:
- Beförderung durch die Post
- keine Überfrankatur, d.h. portogerechte Frankatur
- keine rein theoretischen (abstrakten) Beförderungskombinationen.

 
Cantus Am: 28.01.2021 16:34:15 Gelesen: 1529# 2 @  
Eine Bedarfsverwendung hat grundsätzlich nichts mit einer Portogenauigkeit zu tun, denn dem normalen und durchschnittlichen Postverwender ist es völlig egal, ob ein Brief heute nun mit 80 Cent uóder 81 Cent frankiert ist, Hauptsache, der Brief wird von der Post nicht zurückgewiesen und korrekt befördert.

Außerdem stört mich massiv das Wort "Beförderungskombinationen". Ich als normaler Postkunde verwende die Briefmarken, die ich gerade vorrätig habe. Da ich Frankaturen jeder Art stets in größeren Mengen kaufe, mir aber nicht extra Frankaturen der gerade jeweils geltenden Brief- oder Postkartenporti bevorrate, beklebe ich auch heute regelmäßig meine Briefe an Steuerbehörden, das Landesverwaltungsamt, die Kreisverwaltung, Energieversorger, Krankenkassen usw. mit einer bunten Mischung von Marken, meist Sondermarken mit Ergänzungswerten. Das alles ist reine Bedarfspost und hat mit dem philatelistischen Sammeln absolut nichts zu tun.

Wenn jemand dem Irrglauben der Notwendigkeit der Portogenuigkeit im Verhältnis zur Wertbestimmung anhängt, dann kann er das gerne tun, letztlich aber bestimmen Angebot und Nachfrage einen Preis.

Viele Grüße
Ingo
 
Lars Boettger Am: 28.01.2021 19:40:57 Gelesen: 1463# 3 @  
@ zobbel [#1]

Ist das Thema dem BPP mittlerweile zu heikel?

Was sagt denn die BPP-Geschäftsstelle dazu? Das wäre meine erste Anlaufstelle, bevor ich so etwas schreiben würde.

Beste Grüße!

Lars
 
zobbel Am: 30.01.2021 00:08:39 Gelesen: 1347# 4 @  
Der BPP hat mir wie folgt geantwortet:

die letzte Überarbeitung der Philatelistischen Begriffsbestimmungen im Jahr 2018 hat zu dem Ergebnis geführt, dass der "Bedarf" für einen Brief/Postkarte nie zweifelsfrei erbracht werden kann, ebenso das Gegenteil. Deswegen haben die Verantwortlichen teilweise neue Definitionen vereinbart bzw. unsinnige gestrichen.
 
spain01 Am: 30.01.2021 09:32:31 Gelesen: 1294# 5 @  
Wer was und wie sammelt und auch handelt ist doch letztlich völlig sekundär.

Ich halte das mal wieder für typisch deutsch, sich auch beim Sammlerverhalten an vorgegebene Maßstäbe zu orientieren bzw. orientieren zu wollen/müssen. Wo bleiben da die eigenen Vorstellungen und Vorlieben zum Sammelgebiet? Zum Glück zeigt die Vielfältigkeit hier bei den Obertiteln, dass es wirklich vielfältige Sammelgebiete gibt.

Wenn ein Briefbeleg gut aussieht und erhalten ist, dann sollte es doch in erster Linie egal sein, wie er befördert oder entwertet worden ist. Gestempelt bedeutet doch schließlich, das er zumindest einem Postbeamten vorgelegen hat, der ihn dann - gehen wir von echter Entwertung aus - auch gestempelt hat.

Überfrankierungen oder sogenannte "Satzbriefe" (meist auch überfrankiert) sind nicht jedermanns Sache, aber das bleibt doch jedem selbst überlassen, was er/sie sammelt. Das ist doch wie bei exotischen Sammelgebieten. Wer Trinidad (nur als Beispiel) sammelt oder sich auf Absenderfreistempelungen spezialisiert hat, ist mit seinem Sammelgebiet verbunden. Und das ist doch gut so.

Und wie sieht das beim Handeln aus? Da geht es klar um vor allem portogerecht frankierte Belege. Das ist ja absolut legitim, da in diesem Fall auch die einschlägigen Kataloge eine portogerechte Verwendung höher bewerten.

Wäre es aber nicht viel sinnvoller, sich auf das eigentliche Sammeln zu konzentrieren, als über solche Feinheiten zu diskutieren, die vielleicht individuell, aber nicht allgemein wichtig/interessant sind? Das erinnert mich an die Diskussion, ob eine postfrische signierte Marke immer noch als sammlertechnisch postfrisch zu bezeichnen ist oder nicht. Aber das war ja ein anderes Thema.

Fazit: Ein gestempelter Beleg sollte solange als Bedarfsbeleg angesehen werden, bis eindeutig belegt ist, dass es sich philatelistische Mache handelt (z. B. Numisbriefe oder den unzähligen Belegen einer Firma namens "Gewinner" oder so). Und wenn er überfrankiert aber echt gelaufen ist, dann ist das doch letztlich auch ok, denn er wurde immerhin postalisch befördert. Gleiches gilt für Unterfrankierungen mit Nachporto (die werden ja auch gesammelt). Und ob ein "Normalo", Sammler oder Händler eine Sendung frankiert ist doch, besonders wenn portogerecht, auch egal. Wo liegt das Problem?

Gruß
Michael
 
Lars Boettger Am: 31.01.2021 13:48:54 Gelesen: 1198# 6 @  
@ spain01 [#5]

Ein gestempelter Beleg sollte solange als Bedarfsbeleg angesehen werden, bis eindeutig belegt ist, dass es sich philatelistische Mache handelt (z. B. Numisbriefe oder den unzähligen Belegen einer Firma namens "Gewinner" oder so). Und wenn er überfrankiert aber echt gelaufen ist, dann ist das doch letztlich auch ok, denn er wurde immerhin postalisch befördert. Gleiches gilt für Unterfrankierungen mit Nachporto (die werden ja auch gesammelt). Und ob ein "Normalo", Sammler oder Händler eine Sendung frankiert ist doch, besonders wenn portogerecht, auch egal.

Hallo Michael,

ich würde genau andersherum vorgehen: Jeder Beleg ist erst einmal als philatelistisch anzusehen. Wenn ich einen Brief frankiere, egal ober er einem Bedürfnis entspricht oder an einen Sammlerfreund geht, verklebe ich in der Regel keine aktuellen Marken. Allein die Tatsache, dass ich Marken verklebe, bewegt einen Brief an das Finanzamt schon in eine Grauzone. Bedarf ja, aber von einem Philatelisten mit philatelistischer Frankatur.

Viele der seltenen Ganzsachenverwendungen sind philatelistischen Ursprungs. Entweder, weil sie gezielt von einem Sammler an einen anderer geschickt wurden oder weil Sammler diese Stücke aufgehoben haben.

Selbst Briefe der Klassik kann man in manchen Fällen nicht eindeutig dem Bedarf zuordnen. Frühe Sammler schickten sich um 1870 schon Briefe und Karten zu.

Wären Sammler nicht gewesen, dann wären heute viele Stempel und Verwendungen nicht dokumentiert. Dessen muss man sich bewußt sein. Wieviel einem so etwas Wert ist, muss man für sich selbst entscheiden.

Beste Grüße!

Lars
 
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