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Thema: Klassische Privatpost Berliner Privatpost Speditions AG
Briefbote123 Am: 16.05.2021 20:49:09 Gelesen: 2845# 1 @  
Hier würde ich gerne ein Thema speziell zu dieser Klassischen Privatpostanstalt eröffnen.

Die Berliner Privatpost Spedition A.G. war der direkte Konkurrent der Berliner Packetfahrt, die größte der klassischen Privatpostanstalten.

Paul Isaak und Edmund Hintze haben diese Anstalt ins Leben gerufen. Gegründet wurde diese Anstalt am 31.5.1895 und der Betrieb ging am 1.10.1895 los. Der Erfolg wurde so groß, das die Berliner Packetfahrt das Unternehmen am 2.6.1897 übernahm.

Gerne würde ich hier Belege dieser Anstalt vorstellen oder gezeigt bekommen. Es gibt auch noch so viele unbeantwortete Fragen, auf die ich eine Antwort suche.

Als erstes Zeige ich hier einen Beleg vom Ersttag. Dies ist der einzige Beleg, den ich von dieser Anstalt kenne und einer der wenigen Belege überhaupt von der Eröffnung einer der klassichen Privatpostanstalten.


 
Briefbote123 Am: 18.05.2021 21:48:53 Gelesen: 2800# 2 @  
Hier ist ein letztes Lebenszeichen dieser Privatpostanstalt. Die Berliner Privatpost Spedition AG wurde am 30.5.1897 von der Packetfahrt übernommen. Marken und Umschläge durften bis Ende 1897 weiterverwendet werden.

Dieser Beleg hier wurde fast ein Jahr nach Schließung verschickt. Allerdings nicht innerhalb von Berlin, sondern nach Peine. Kurios ist aber die Frankierung mit einer Reichpostmarke und die teilweise Schwärzung.

Der Urbeleg war für den Expressversand vorgesehen. Vielleicht hat hier ja jemand eine Idee, warum dieser Beleg so existiert. Die Reichspostmarke hätte man ja auch über den Ganzsacheneindruck kleben können. Eine teilweise Schwärzung macht jezt auch nicht wirklich Sinn für einen Beleg, der nicht mehr weiterverwendet werden konnte.


 
Lars Boettger Am: 19.05.2021 08:46:44 Gelesen: 2768# 3 @  
@ Briefbote123 [#2]

Vielleicht hat hier ja jemand eine Idee, warum dieser Beleg so existiert. Die Reichspostmarke hätte man ja auch über den Ganzsacheneindruck kleben können. Eine teilweise Schwärzung macht jezt auch nicht wirklich Sinn für einen Beleg, der nicht mehr weiterverwendet werden konnte.

Die einfachste Erklärung: Die Ganzsache wurde nach der Gültigkeit als normaler Briefumschlag verwendet (sog. "Formularverwendung"). Die verklebte 3 Pfennig-Marke bezahlte m.W. das Drucksachenporto bis 50 Gramm. Damit die Theorie stimmen könnte, wäre es wichtig zu wissen, ob der Umschlag zugeklebt ist oder offen nach Peine versandt wurde. Formularverwendungen von Ganzsachen kommen recht häufig vor. Man hat Umschläge oder Postkarten mit gültigen Marken beklebt und lieber so verwendet, als sie wegzuschmeissen.

Eine andere Möglichkeit: Ein Briefmarkensammler hat die Marke zu 3 Pfennig auf den Umschlag geklebt und ihn bei einem Postamt abstempeln lassen und ihn dann wieder mit nach Hause genommen.

Beste Grüße!

Lars
 
Briefbote123 Am: 20.05.2021 20:05:27 Gelesen: 2724# 4 @  
Vielen Dank für die Antwort. Der Brief wurde geschlossen transportiert. Da das Datum nach Ablauf der Gültigkeit ist, passt die Verwendung als normaler Briefumschlag. Was mich wundert ist die halbe Schwärzung des Urspungsbeleges.

Hat man so Ganzsachen ungültig gemacht? Die hat ja die gleiche Größe wie die Marke der Reichspost.
 
Lars Boettger Am: 20.05.2021 21:13:30 Gelesen: 2717# 5 @  
@ Briefbote123 [#4]

Hat man so Ganzsachen ungültig gemacht?

Ja, das hat man so gemacht (siehe Bild). Ich wäre etwas zurückhaltend, was einen möglichen Versand angeht. Dafür sieht der Umschlag etwas zu sauber aus.

Beste Grüße!

Lars
 


Briefbote123 Am: 22.05.2021 10:13:03 Gelesen: 2667# 6 @  
Ah, vielen Dank. Dann ist ein Rätsel gelöst. Was den Versand angeht, bin ich ziemlich sicher, dass dieser erfolgt ist. Ich habe über die Jahre viele Belege in sehr guter Qualität zusammengetragen. Diese Erhaltung ist wirklich selten, aber rückseitig sind Spuren von Stempelfarbe und auch Öffnungsspuren, Stempel und Adresse passen auch. Fälschungen habe ich auch schon gesehen, allerdings aus dieser Zeit, kurz nach Ende dieser Anstalt. Dieser Beleg ist für eine Ausstellungssammlung, solange es da Belege/Marken in sehr guter Qualität gibt, zeige ich lieber so etwas.
 
Briefbote123 Am: 22.05.2021 12:57:54 Gelesen: 2651# 7 @  
Hier soll es nun weiter mit den Markenausgaben gehen. Langweilig sind diese keineswegs und ich kann hier erstmals öffentlich einige Neuigkeiten präsentieren.

Als erstes zeige ich alle Ausgaben, die verausgabt worden sind. Ungestempelt sind dies teilweise echte Raritäten. Einen Bogen oder größere Einheiten habe ich noch nicht ohne Stempel gesehen.

Auf die verschiedenen Typen und wie man diese erkennt gehe ich später noch ein. Die Marken wurden im Steindruck hergestellt. Dies führt dazu, dass jede Marke einzigartig ist. Plattenfehler sind fast unmöglich festzustellen, da es im Vergleich zu den Marken der Reichspost, zu wenig erhalten gebliebenes Vergleichsmaterial gibt. Es gibt viele markante Abweichungen, aber diese lassen sich zu oft auf das Druckverfahren zurückführen.

Dennoch gibt es und da bin ich mir sicher, bei jeder der Privatpostanstalten noch sehr viel zu entdecken.

Grundsätzlich gab es nur zwei Motive. Der Bär mit dem Schild und die Dame auf dem Laufsteg.

Der Bär war das Standardmotiv für die Marken und die Ganzsachen. Die Marke mit der Dame wurde anlässlich der Modeausstellung im Mess-Palast herausgegeben. Hat da vielleicht jemand noch mehr Informationen zu dieser Ausstellung?


 
Briefbote123 Am: 24.05.2021 14:40:47 Gelesen: 2591# 8 @  
Die Marken mit Bärenmotiv der Berliner Privatpost und Spedition A.G. kann man zur Zeit in zwei Typen aufteilen. Typ 1 ist die Erstauflage und Typ 2 ist die Zweitauflage. Diese Erkenntnis ist nicht ganz neu, aber ein handfester Nachweis fehlte bis jetzt.

Vorab zeige ich hier eine Bestellkarte für Marken und anderes Verbrauchsmaterial. Was nicht sofort auffällt, ist das Fehlen des 1 Pf Wertes. Diese Marke gibt es nach aktuellem Stand nur als Typ 2. Vermutlich wurde der Postbetrieb ohne Versendung von Drucksachen aufgenommen und dieser Service später ergänzt.



Typ 1 erkennt man hauptsächlich an den Sternen in der Ecke. In der Mitte ist ein weißer Kreis. Bei Typ 1 ist in den unteren beiden Kreisen ein Farbpunkt zu erkennen. Dieser ist manchmal nur per Mikroskop nachzuweisen. Einzig bei der 10Pf Marke gibt es oben links zusätzlich noch einen farbigen Punkt.





Vermutlich Ende 1896 wurde eine weitere Bestellkarte in Umlauf gebracht. Hier ist nun auch die 1 Pf Marke zu finden.



Bei Typ 2 findet sich in allen weißen Kreisen des Sternes ein Farbpunkt.





Dies ist der momentane Stand der Forschung.

Vielleicht hat ja jemand eine Idee, warum bei der 10 Pf Marke Typ 1 3 Punkte verwendet worden sein könnten und nicht 2 wie bei den anderen Marken. Diese Unterscheidung gibt es auch nur bei den Marken. Bei den Ganzsachen gibt es keine Farbpunkte in den Ecken.
 
Briefbote123 Am: 02.06.2021 19:37:19 Gelesen: 2501# 9 @  
Folgender Markenblock sollte vermutlich für ein Markenheftchen verwendet werden. Dies hätte das erste deutsche Markenheftchen werden können. Durch die Übernahme der Packetfahrt 1897 konnte dieser Plan nicht mehr realisiert werden. Größe und Aussehen sind unbekannt. Einzig diese Zusammendrucke existieren noch. Hier ist die größte bekannte Einheit zu sehen.


 
Briefbote123 Am: 20.06.2021 16:53:26 Gelesen: 2371# 10 @  
Bei der Berliner Privatpost Spedition A.G. gab es verschiedene Kartenbriefe zum Preis von 3 Pfennig. Solange diese komplett sind, ist die Unterscheidung recht einfach. Auf dem Rand steht einmal

Typ 1. "gelben Kasten der Privatpost zu werfen!!"
Typ 2 "gelben Briefkasten der Privatpost zu werfen"
Typ 3 "gelben Briefkasten der Privatpost=Gesellschaft zu werfen.



Zum öffnen dieser Kartenbriefe musste dieser Rand aber leider meist entfernt werden.

Dann wird es schon schwieriger.

Typ 1 ist immer noch einfach an der Schriftart zu erkennen.
Typ 2 und 3 sind auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden. Hat man beide Typen als Vergleich zur Hand, so kann man an der Position des Wortes "Karten=Brief" die Typen unterscheiden. Bei Typ 2 ist es weiter weg vom Markenbild als bei Typ 3.

Da es öfters mal zu Verschiebungen beim Druck kam, habe ich eine für mich einfachere Methode gefunden.

Die Zeile mit "in" und dem dicken Strich ist anders. Bei Typ 2 ist der Strich etwas weiter weg und bei Typ 3 ist er am "in" direkt unter dem Ende vom "in".



Es lohnt sich halt oft, noch einmal genauer hinzuschauen. So entdeckt man auch nach 125 Jahren noch neue Dinge auf bekannten Sachen.
 
Briefbote123 Am: 22.07.2021 23:37:19 Gelesen: 2245# 11 @  
Wie bei vielen der klassischen Privatpostanstalten gab es auch hier die Möglichkeit für Firmen und Privatpersonen bedruckte Couverts/Karten/Streifbänder zu bestellen. Bei der Bestellung von 1000 Stück war dieser Service gratis und es wurden nur die eingedruckten Wertzeichen berechnet. Da kaum/keine Unterlagen übrig geblieben sind, läßt sich über die Auflagen einzelner Drucke nur spekulieren. Selten sind sie alle. Einen Wert zu bestimmen ist sehr schwierig, da oft einfach Liebhaberpreise bezahlt werden. Als Beispiel zeige ich ein paar dieser Drucke und die bezahlten Preise.

1. Das berühmte Kaufhaus Wertheim war Kunde bei der Berliner Privatpost Spedition A.G. An sich ein sehr interessantes Zeitzeugnis, aber dafür wurden "nur" 10 Euro bezahlt.



2. Der Verein für Kinder-Volksküchen hat damals viel Gutes getan und Straßenkinder oder arme Kinder mit Essen versorgt. Dafür wurden 24 Euro auf den Tisch gelegt.



3. Hier ist ein Beleg des Gebrüder-Herrnfeld-Theater. Auch interessant und hier wurden als Liebhaberpreis knapp 200 Euro bezahlt.



Allein diese Beispiele zeigen, dass solche Belege eine Bereicherung für die eigene Sammlung sein können. Viele sind Unikate und ein Preis läßt sich nur schwer vorhersagen. Allein von der Berliner Packetfahrt als Konkurrenzunternehmen gibt es tausende dieser Belege, da dieser Service sehr gerne genutzt worden ist.
 
Briefbote123 Am: 29.11.2021 17:22:36 Gelesen: 1915# 12 @  
Privatpost bis 1900: Berliner Privatpost Spedition A.G.

Manchmal braucht man etwas Glück. Ein Sammlerfreund hat in einer Theaterzeitschrift diese Werbung gefunden. Solche Zeitschriften wurden nur selten aufgehoben, sind aber eine Goldgrube, wenn es um alte Werbeanzeigen geht.



Was ist hier zu finden ?

1. Dies ist das einzig bekannte Bild der Briefboten und Expressboten der Berliner Privatpost & Spedition A.G.
2. Die Tarife dieser Privatpostanstalt
3. Ein Briefkasten dieser Anstalt
4. Telefonnummer und Adresse der Hauptverwaltung

Diese Werbeanzeige gibt nach nunmehr über 120 Jahren der Privatpostanstalt ein Gesicht.

Was ist hier nicht zu finden?

1. Die Uniform der Briefträger und Expressboten bestand offiziell nur aus Rock, Mütze und Tragetasche. Hose und Schuhe musste jeder selber mitbringen. Weiterhin musste bei Arbeitsantritt ein Pfand hinterlegt werden. Sowohl für die Kleidung, als auch die Fahrräder.

2. Durch die günstigen Tarife und die Expresszustellungen war das Personal oft nur unzureichend geschult. Die Radler waren so gehetzt, dass es einige schwere Unfälle gab.

3. Die Briefboten waren angehalten alle Briefe auszuliefern. Unzustellbar hieß oft Mülltonne oder Ofen. Brachten die Boten zu viele Briefe zur Recherche/späteren Auslieferung in die Ämter zurück, wurden sie gefeuert.

4. Arbeitszeiten von 14 Stunden am Tag waren keine Seltenheit und nur der Sonntag war frei.

Für mich persönlich war dies der spektakulärste Fund der letzten Jahre, bezüglich dieser Privatpostanstalt.
 
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