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Thema: Kritik an Online Ausstellungen ohne Regeln - was kann verbessert werden ?
Setubal Am: 13.09.2021 16:05:29 Gelesen: 649# 1 @  
Online Ausstellung FILABRAS 2021 (Brasilien)

Hallo ins Forum,

an der oben genannten Ausstellung habe ich teilgenommen und es haben sich für mich viele Fragen ergeben.

Diese zusammen mit einem Erfahrungsbericht habe ich als Mail u.a. an den BdPh (Geschäftsstelle) geschrieben.

Da ich müde bin immer wieder das gleiche zu schreiben füge ich die Mail kopiert hier ein.

Bitte erst lesen - nachdenken - und dann würde mich eure "geballte" Meinung interessieren. Ich danke im Voraus für eure Anmerkungen.

Hallo und einen schönen Sonntag Herr Korn,

in der Folge füge ich in Kopie eine an
Herrn Holger Evers, Leiter des Ausstellungswesens in Niedersachsen,
Herrn Reinhardt Küchler, Geschäftsführer des BdPh und
Herrn Udo Angerstein, Redakteur der Philatelie,

geschriebenen Mail.

Nach meiner Teilnahme an einer ohne Regeln durchgeführte Online-Ausstellung in Brasilien habe ich mir grundsätzliche Gedanken zum Ausstellen gemacht:

"Hallo Herr Evers,
Hallo Herr Angerstein
und natürlich Hallo Herr Küchler,

in den letzten 2 Monaten lief in Brasilien eine Online- Ausstellung von der ich mal meine Erfahrungen mitteilen möchte.
An der Ausstellung habe ich mit 2 Exponaten teilgenommen:
Maritime Mail Portugal - South Atlantic 1798 - 1877 und
Maritime Mail South America to northern Italy with postage due stamps.

Zahlenwerk vorweg:
Aus 18 Ländern zeigten 142 Aussteller insgesamt 239 Objekte - davon aus Deutschland 4 Aussteller 5 Objekte.

Es handelte sich um eine offene Ausstellung ohne Regeln.

Eine klassische Unterscheidung nach Traditionell, Postgeschichte, Thematik gab es nicht, stattdessen wurde wie folgt eingeteilt:

Sammlungen - Sammlungen wettbewerbsfähig - Wettbewerbssammlungen - Literatur - Web-Seiten

Ausdrücklich gewünscht war eine Abstimmung der Besucher der Online Ausstellung die für sie beste Sammlung in den genannten Klassen zu stimmen.

Daneben beurteilte auch eine aus 5 Philatelisten bestehende Fach-Jury und vergab nach Wettbewerbsregeln folgende Punkte (Medallien):

10 Punkte Gold, 9 Punkte Silber, 8 Punkte Bronze und 7 - 0 Punkte Zertifikat.

Mit Portugal habe ich Gold bekommen und hatte in der Rangliste das beste Exponat der Klasse Wettbewerbssammlungen,

mit meinem "Italien- Projekt" erhielt ich Silber und folgende Bemerkung der Jury:

Das Thema ist so schwer, daß selbst Fachleute es sehr schwer verstehen und Laien überfordert sind. Die Beschreibungen sollten detaillierten sein.

Warum ich letztlich teilgenommen hatte, war aber einmal zu sehen, wie meine beiden Sammlungen wohl in der Zuschauerbewertung abschneiden würden.

Insgesamt hat das Publikum ca 15.000 Stimmen abgegeben - also ca 3.000 Stimmen in jeder Gruppe.
Für mein Portugal Exponat haben 24 Zuschauer gestimmt, für das Italien Projekt 17 Zuschauer- Stimmen.

Das beste Exponat aus Sicht der Zuschauer war eine thematische Sammlung mit Belegen von Philatelistischen Weltausstellungen mit 471 Stimmen.

Ohne jetzt auf Besonderheiten, wie Herkunft der Stimmen oder Objektivität der Betrachter einzugehen, haben sich für mich einige Fragen ergeben:

Haben wir eigentlich 2 Klassen in der Sammlerschaft ?

Wir haben die "Spitzensportler" der Philatelie, die ihre Exponate Regel konform präsentieren und für hohe Gebühren weltweit ausstellen.

Dafür haben wir Wettbewerbsausstellungen in denen fachkundige Juroren den Anforderungen des Regelwerks entsprechend unterschiedlichste Themen so einstufen und bewerten, daß Exponate gekürt werden, die sich leider kaum jemand ansieht.

Daneben haben wir eine zahlenmäßig weit größere Gruppe an Sammlern, die nach Katalog abhakend, auch in Vordruckalben "vervollständigen" - die Sammler, die neben den philatelistischen Aspekten auch Begleitmaterial sammeln, um ihre eigene Story zu erzählen ohne sich dem Druck von Regeln zu beugen und die einfach keine Ambitionen haben, sich einem Wettbewerb zu stellen. Leider wird Betrachter diese Sammlungen nie sehen, wenn nicht der Sammler selbst eine Web- Seite erstellt oder seine Sammlung maximal mal zu Werbezwecken auf einem Stadtfest oder zu einem Vereinsjubiläum wo auch immer zeigt.

Aus meiner Sicht haben die "normalen" Sammler weder Verständnis noch Fürsprecher, die bereit wären, sie an die Hand zu nehmen und leider auch kaum Möglichkeiten ihre auch mit Leidenschaft gesammelten Werke zu zeigen.

In wie weit erfüllen Wettbewerbs- Ausstellungen die Anforderungen von Zuschauern ?

Wenn ich durch klassische Wettbewerbs- Ausstellungen gehe, fällt mir sofort auf, daß es keine Nicht-Philatelisten als Zuschauer gibt.

Wenn ich die Ergebnisse der "Volksabstimmung" der Online- Ausstellung sehe, ist das nicht verwunderlich, denn die Zuschauer können mit Wettbewerbs- Sammlungen nichts anfangen, sie verstehen die einfach nicht (siehe Anmerkung zum Italien Projekt durch die Fach Jury) und es wird nichts ausgestellt, was die Zuschauer interessieren könnte.

- Müssen wir als Aussteller uns den Anforderungen der Betrachter anpassen ?

- Sollten die Veranstalter die von Ausstellern erstellten Exponate mit entsprechenden Publikums- wirksamen Sammlungen anlocken, die im Wettbewerb aber "durchfallen" ?

- Sollten die Wettbewerbsregeln geändert werden und sich den Bedürfnissen anpassen ?

Kurze Bemerkungen zu dieser Frage:

Anpassung der Aussteller - Nein, denn wer sich dem Wettbewerb als Teilnehmer stellt, möchte eine objektive Bewertung seines philatelistischen Exponats nach Regeln, die für alle gelten. Ich bin froh, daß ein Regelwerk existiert und es ermöglicht unterschiedlichste Themen objektiv zu vergleichen und zu beurteilen.
Anpassung der Veranstalter - Ja, das Augenmerk der Veranstalter sollte auch darauf gelenkt werden, Nicht-Philatelisten den Besuch einer Ausstellung zum Erlebnis werden zu lassen. Dazu bedarf es Anreize: attraktive Sammlungen außerhalb des Wettbewerbs. Klassisches Beispiel aus meiner Sicht wäre eine Heimatsammlung der Veranstaltungsregion oder auch thematische Sammlungen mit "Geschichten".

Änderungen der Wettbewerbsregeln lehne ich ab und sind aus meiner Sicht nicht erforderlich.

Fazit:

Aus meiner Sicht gehen Wettbewerbsausstellungen an den Bedürfnissen der Zuschauer und auch der Sammler, die sich nicht dem Wettbewerb stellen wollen völlig vorbei. Es hat sich eine sportliche Hochleistungselite entwickelt, die nach Regeln ihre "Weltmeister" kürt.

Nicht-Philatelisten haben kein Interesse sich solche Hochleistungs- Veranstaltungen anzuschauen.

Mein Vorschlag zum nachdenken:

- Wettbewerbsausstellungen sollten zu einem Drittel bis zur Hälfte mit Sammlungen bestückt werden, die nicht im Wettbewerb bestehen würden, oder von Ausstellern gezeigt werden, die sich nicht dem Wettbewerb stellen wollen.

- Neben dem Zeigen von Sammlungen sollte ein Veranstalter ein Rahmenprogramm aufstellen, welches auch Vorträge allgemeiner Art enthalten sollte.

In der Vergangenheit habe ich auf unterschiedlichsten Veranstaltungen Vorträge gehalten. Dabei war ich erstaunt, was für Fragen in den anschließenden Diskussionen gestellt wurden: es reichte von wie waren die Währungsverhältnisse, wie wurden die Gewichte untereinander festgelegt, was kostete ein Auslandsbrief im Verhältnis zum Stundenlohn eines Landarbeiters ?

In einer "Volksabstimmung" könnten die Betrachter das aus ihrer Sicht beste Objekt küren und in einer Art Verlosung ebenfalls ein Präsent gewinnen.

Vielleicht sollten wir alle gemeinsam über meine Fragen nachdenken:

Wir als Spitzensportler auf die Wünsche und Vorstellungen der "breiten Masse" eingehen

und die große Masse sollte sich öffnen und auch ihre "Schätze" in passenden Ausstellungen zeigen.

Den Verantwortlichen der Philatelie obliegt es, daß Ausstellungswesen insgesamt den Bedürfnissen aller Sammler und Zuschauer entsprechend zu reformieren.

Rolf-Dieter Wruck"
 
Setubal Am: 15.09.2021 16:01:30 Gelesen: 609# 2 @  
Hallo ins Forum,

natürlich bin ich mir bewußt, dass das Thema Ausstellungen nicht für alle relevant ist, da die meisten sich eben nicht einem straffen Regelwerk "beugen" wollen.

Nun habe ich hier aber meine Erfahrungen in Bezug auf eine Online- Ausstellung ohne Regeln geschrieben.

Wie steht ihr zu dieser Möglichkeit ?

Setubal
 
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