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Thema: Haben philatelistische Messen noch eine Zukunft ?
drmoeller_neuss Am: 30.10.2021 22:05:55 Gelesen: 2833# 1 @  
Der Niedergang der philatelistischen Messen hat sich bereits vor der Corona-Pandemie abgezeichnet. Zuerst hat es die Münchner Messe getroffen. Der Händlerverband APHV hat als Ersatz einen Gemeinschaftsstand auf der gleichzeitig stattfindenden Münzmesse organisiert.

Das Problem ist einfach: Es gibt immer weniger zahlende Händler, die auch noch die Stände der Verbände und Arbeitsgemeinschaften mitfinanzieren müssen. Für die Postverwaltungen, angefangen bei der Deutschen Post lohnt sich der Umsatz nicht mehr. Die Stammkunden bekommen die Neuheiten im Abonnement per Post zugeschickt und Gelegenheitskäufer kommen immer weniger.

Die Standgebühren und Spesen für auswärtige Besucher dürften zwischen 2000 und 3000 Euro liegen, da spielen die Kosten für Corona-Tests keine Rolle. Im übrigen dürften die meisten Händler geimpft sein. Damit sich ein Messe-Stand für einen Händler lohnt, sollte der Umsatz mindestens fünfstellig sein. Mit Tauschtagsware und Wühlkisten dürfte das nicht zu erreichen sein.

Die Kontrolle der Besucher ist zusätzlicher Aufwand, aber bei der Gelegenheit könnte auch Eintritt genommen werden, um die Kosten auszugleichen. Die meisten ausländischen Besucher kommen aus den EU-Nachbarstaaten, bei denen es keine Probleme mit den Impfzertifikaten geben sollte.

Das Essener Messegelände ist inzwischen für eine Briefmarkenmesse überdimensioniert. Ein Standortwechsel wäre sinnvoll. Es bieten sich zahlreiche Stadthallen in der Nähe an (z.B. Neuss und Ratingen).

Unsere Nachbarn in den Niederlanden gehen einen anderen Weg: Es werden in der Provinz wie zum Beispiel in Barneveldt Sporthallen angemietet. Darin sehe ich keinen Nachteil, im Gegenteil, Unterkunft und Parkplätze sind günstiger und der öffentliche Nahverkehr nicht schlechter als in einer Großstadt (z.B. in Barneveldt eine S-Bahn-Verbindung alle halbe Stunde).

Die Fläche wird fast vollständig an Händler vergeben, der Philatelistenverband muss mit einem kleinen Stand auskommen. Weil das Konzept einfach ist, betragen die Standgebühren nur ein Drittel von denen einer deutschen Messe, bei gleichen Händlerumsätzen.

Ich habe auch Zweifel, ob das Konzept der IBRA 2023 aufgeht. Die organisierte Philatelie hat keinen Goldesel mehr, und die Kosten müssen zum größten Teil durch die Umsätze der Händler wieder hereinkommen.
 
Erdinger Am: 31.10.2021 10:47:53 Gelesen: 2614# 2 @  
@ drmoeller_neuss [#1]

Du warst nicht persönlich auf der Münchner Messe 2020, oder? Zugegeben, kein Vergleich mit 2000, aber es war nicht nur ein Gemeinschaftsstand des Händlerverbands auf der Münzenmesse, sondern immer noch eine eigene Halle mit Händlerständen. Das Interesse war da, aber die Münzenmesse hat natürlich als Booster gewirkt.

Über ungelegte Eier lässt sich trefflich und immer wortreich gackern.

Viele Grüße aus Erding!
 
HWS-NRW Am: 31.10.2021 11:57:24 Gelesen: 2554# 3 @  
@ Erdinger [#2]

Super, dass hat gesessen !

mit Sammlergruß
Werner
 
22028 Am: 31.10.2021 11:57:32 Gelesen: 2554# 4 @  
@ drmoeller_neuss [#1]

Würde, könnte, sollte, wäre.

Mit Konjunktiven kann man prima am Stammtisch punkten, ist aber in der professionellen Welt nicht angebracht. Warum organisiert Du nicht in Düsseldorf/Neuss eine Messe ?

Und jetzt schon die IBRA 2023 zu kritisieren ist unangebracht, man muss darauf hinarbeiten dass sie ein Erfolg wird, aber scheinbar gehörst Du auch du denen welche die organsierte Philatelie tot reden wollen oder gar tot sehen wollen?
 
drmoeller_neuss Am: 31.10.2021 13:41:26 Gelesen: 2491# 5 @  
Die organisierte Philatelie leidet in einem erschreckenden Maße unter Realitätsverlust. Die Sammler in Vereinen werden nun einmal weniger und organisieren immer mehr Kontakte und Material über das Internet. Für die Betreiber von Messen ist das eine Herausforderung.

Ich war auf dem Landesverbandstag Mittelrhein. Konzepte für die Zukunft wurden nicht diskutiert. Auf Druck der Basis wurde der Vorstand aufgefordert, die Gespräche zu einer Zusammenarbeit und einem eventuellen Zusammenschluss mit dem benachbarten Landesverband NRW wieder aufzunehmen und einen Zeitplan vorzulegen. In den weiteren Diskussionsbeiträgen ging es dann um solche wichtigen Fragen, ob die Post mit blauer oder schwarzer Stempelfarbe stempeln soll, oder ob Sonderstempel von angelernten Hilfskräften abgeschlagen werden dürfen.

Und das Geld fliesst nicht mehr wie Milch und Honig. Der Block zur IBRA 1999 brachte 1.5 Millionen EUR Zuschlagserlös, heute wäre man schon mit einem Viertel glücklich. Die Bereitschaft der Sammler, die Lücke zu stopfen, schwindet leider. Auf besagtem Landesverbandstag war genau ein Verein bereit, die vorgeschlagene Beitragserhöhung des BDPhs zu tragen, alle anderen vertretenen Vereine haben Bedenken geäußert. Selbst im kleinen erlebe ich es auf Tauschtreffen. Wir haben in Rheinhausen endlich einen neuen Wirt. Es wird keine Kneipe davon reich, Sonntags morgens ein paar Sammler bewirten zu dürfen. Aber einigen Sammlern ist selbst die Tasse Kaffee zu viel und sie bringen am liebsten eigene Getränke mit. Es sind übrigens nicht die ärmsten Sammler.

Leider haben es einige Funktionäre nicht mitbekommen, dass die Post an der Philatelie nichts mehr verdient und dass man die Erwartungen als Sammler zurückschrauben muss. Die Post hat in den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts von jeder Sondermarke eine halbe Million auf gestempelten Kartons verkauft und und das Porto als Reingewinn eingestrichen. Dazu kamen die Heerscharen an Sammler, die lose Marken und Briefumschläge haben stempeln lassen. Angesichts dieser Lizenz zum Gelddrucken konnte die organisierte Philatelie von der Post auch einmal eine Gegenleistung verlangen. Wo früher ein üppiger Messestand angemessen war, kann man heute froh sein, wenn die Post mit einem Bauchladen vertreten ist. Die Standgebühren fehlen natürlich bei den Einnahmen. Briefmarkenmessen wie vor 40 Jahren kann es nicht mehr geben.

Und für München hat der Händlerverband APHV eine sinnvolle Lösung gefunden. Natürlich schmerzt der Verlust der Eigenständigkeit einer Briefmarkenmesse, und man muss sich nach dem Fahrplan der Münzsammler richten. Der Kompromiss wird von den Briefmarkensammlern angenommen, die Alternative wäre gewesen, gar nicht mehr in München vertreten zu sein.

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.
 
10Parale Am: 31.10.2021 15:30:12 Gelesen: 2410# 6 @  
@ drmoeller_neuss [#1]

Ich bin der Meinung, dass wir Sammler gerne alles nachholen würden, was wir durch die Corona Pandemie seit über 2 Jahren leider verpasst haben. Ich nehme mit Bedauern zur Kenntnis, dass bedeutende Ereignisse der Philatelie ausfallen müssen.

Wieso sollte es unter Beachtung der 3G oder 2G Grundsätze nicht möglich sein, eine Messe durchzuführen? In der Schweiz findet gerade die Basler Herbstmesse statt und auch eine regionale Messe wurde in Lörrach für das Jahr 2022 wieder unter Auflagen avisiert.

Natürlich möchten die Veranstalter und vornehmlich die Händler gut verdienen. Ob ein Kneipenwirt heute noch mit einem schrumpfenden Verein gut Geld verdient, bezweifle ich.

Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, die Philatelie als Nischenprodukt in andere Messen (die leider auch in Deutschland nicht stattfinden!) zu integrieren. Münzmessen wären ein Beispiel, vielleicht auch Eisenbahnausstellungen, Sammler- und Schmuckmessen, Kunstmessen, Modemessen etc.

Eine andere Idee wären Freiluftveranstaltungen im Frühjahr oder Sommer. Die Klimaerwärmung hilft uns da ja mächtig. Weshalb muss man sich in eine teure Halle quetschen, man könnte ja mal die Sportvereine fragen, ob sie ihre Stadien und Plätze wochentags den Sammlern zur Verfügung stellen. Die Innenstädte veröden und die Händler klagen darüber, dass die Kunden ihre Schuhe und Kühlschränke im Internet bestellen. Eine Münz- oder Briefmarkenbörse könnte Leben in die Stadt bringen. Ich sehe das immer an Flohmärkten. Wenn in Lörrach Flohmarkt war (auch schon seit 2 Jahren nicht mehr!), waren die umliegenden Geschäfte und Kneipen voll. Menschen aus dem Umland strömten in die Stadt.

Ja, Corona hat leider vieles verändert und auch wenn wir nun alle geimpft sein und leichteren Herzes durch die Stadt schlendern könnten, ist es doch nicht so einfach, der Pandemie mit all ihren Auswüchsen Herr zu werden.

Ich jedenfalls freue mich auf die nächste Briefmarkenmesse, am 6. November werde ich in Basel an der Sammlerbörse sein, wo es auch einige Briefmarkenstände gibt, vornehmlich Schweizer Bauart. Ich bin geimpft und sollte es mich erwischen (ich arbeite im öffentlichen Nahverkehr und habe seit 2 Jahren keine Anzeichen einer Ansteckung, Gott sei Dank!), hoffe ich auf einen milden Verlauf.

Liebe Grüße

10Parale
 
Cantus Am: 01.12.2021 03:06:35 Gelesen: 2040# 7 @  
@ 10Parale [#6]

Hallo 10Parale,

würdest du auch 700 bis 1.000 km fahren, um eine Briefmarkenmesse oder -börse aufzusuchen, und das nur in der stillen Hoffnung, dort etwas zu finden, was nicht auch online angeboten wird? Leider gibt es im Großraum Berlin nichts mehr, was man als Briefmarkenmesse bezeichnen könnte, und das Letzte, was ich vor ein paar Jahren noch erleben durfte, war nur noch eine kleine Börse, aber nur als Anhängsel an einer Münzenmesse, sehr eng, wenige Händler und nicht lohnenswert.

Es mag sein, dass in deiner Wohngegend mit den Einzugsgebieten Österreich und Schweiz philatelistisch noch mehr los ist, das trifft aber für Berlin und Umland leider nicht zu.

Viele Grüße
Ingo
 
Silesia-Archiv Am: 01.12.2021 16:02:35 Gelesen: 1862# 8 @  
Hallo,

ich habe es schon mal an anderer Stelle erwähnt: ich bin nicht bereit für eine Messe hunderte Kilometer zu fahren, sie sollte im Umkreis von ungefähr 100 km erreichbar sein. Wer sich erinnert, früher zahlte man auf den großen Messen Eintritt und man konnte mit dem Eintritts-Ticket kostenlos mit der Bahn anreisen. Das gibt es schon lange nicht mehr, man bezahlt die Bahn und der Eintritt ist frei, ich fahre mit dem Auto.

Sammlergruß Michael
 
22028 Am: 01.12.2021 16:15:09 Gelesen: 1848# 9 @  
Philatelistische Messen, insbesondere wenn sie wie im Fall der nun nicht mehr stattfindenden SiFi Messe ein attraktives Rahmenprogramm bieten, werden auch in Zukunft ein Publikum anziehen und daher eine Zukunft haben. Man muss halt ein tragbares Konzept (Örtlichkeit, Platz, Rahmenangebot) entwichen. Das Programm der Messe SiFi mit dem Programm des DASVV, den Postgeschichtlichen Tagen, eine Wettbewerbsausstellung etc.) war schon gut, man muss "nur" noch eine alternative Lokalität finden.

Dass dem Bund-Neuheiten-Sammer das nicht unbedingt anzieht mag sein, aber es gibt nach wie vor genügend Philatelisten, die andere Interessen haben als sich Neuheiten ins Album zu stecken.
 
Benjamin Voigt Am: 01.12.2021 16:55:40 Gelesen: 1822# 10 @  
@ Silesia-Archiv [#8]

100 km für den einen, sind bis zu 700 für den anderen, je nachdem wo man in Deutschland wohnt.

Recht machen wird man es nie allen.

Die Veranstaltung 2019 in Sindelfingen war eigentlich gut besucht und auch ansprechend, von Handelsangebot, Ausstellung und Aktivitäten die geboten wurden, es fehlt wirklich nur eine alternative Lokalität.

Schauen wir, wie sich das ganze entwickelt.

Benjamin
 
saeckingen Am: 01.12.2021 17:25:09 Gelesen: 1785# 11 @  
Die Messen fehlen - nicht nur wegen der Händler, viel mehr wegen der persönlichen Kontakte. Ich habe auf den letzten Messen sehr viele tolle und seltene Stücke für meine Sammlung bekommen, weil man mich kannte und mir das Material mitbrachte. Auch die vielen Gespräche etc.

Für mich waren es nach Sindelfingen gut 400 km und ich war jedes Jahr vier Tage dabei. Auch in Essen war ich immer dabei, das ist für mich aber Heimspiel, zumindest Samstags brauche ich da keine 30 Minuten Fahrzeit. Ich reise sonst auch 2 mal im Jahr wegen der Stampex nach London, wobei ich dorthin schneller und für weniger Geld komme als nach Sindelfingen. Glücklicherweise bin ich Anfang Oktober zur ersten wieder stattfindenden Stampex gereist, das war ein tolles Gefühl nach zwei Jahren Messeabstinenz.

Ich hoffe das es auch in Deutschland bald mal wieder eine richtige Messe geben wird, aber 2022 sieht es wohl erst einmal trübe aus.

Die Veranstalltungen in den Niederlanden sind zwar auch groß, aber haben keinesfalls das Niveau einer Messe. Es ist eher ein Hallenflohmarkt oder ein Großtauschtag.

Grüße
Harald
 
Silesia-Archiv Am: 01.12.2021 21:13:03 Gelesen: 1691# 12 @  
@ Benjamin Voigt [#10]

Es ist sicher richtig was Du schreibst, aber wenn man sich selber einen eigenen Radius zieht über den man wegen einer Messe, egal für welches Interessengebiet man grundsätzlich nicht fahren möchte, sieht das ganz anders aus. Und so ist es z.B. bei meinen Sammlerfreunden und mir. Deswegen war es gut, das es bisher Messen an verschiedenen Standorten in Deutschland gab. So in der ehemaligen Mitte der alten Bundesrepublik war es im Rheinland wo wir wohnen, Köln, Essen oder Koblenz.

Für den Süden Sindelfingen oder München und im Norden gab es auch welche, ebenso in Berlin.

Sammlergruß
Michael
 
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