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Thema: Postgeschichte München
Das Thema hat 67 Beiträge:
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Erdinger Am: 20.03.2022 10:43:51 Gelesen: 5371# 43 @  
@ Postgeschichte München [#40]

Hallo Peter,

A 5.3.1/5.3.2: Ich lese »Verschlag« (= kleine Kiste als Verpackung). In der Regel wurde gemünztes Geld verschickt.
A 5.3.3: »Paquet« statt »Payment«.

Schon erstaunlich, wie fahrig die Postler damals geschrieben haben, schließlich ging es ja um postrechtlich relevante Details. Aber gerade bei der Fahrpost war der Arbeitsdruck enorm hoch. Die Beschäftigung mit Postscheinen ist deshalb auch ein spannendes Gebiet.

Gleichzeitig wird deutlich, wie sehr man beim Sammeln darauf angewiesen ist, dass einzelne Archive mit Korrespondenzen aufgelöst werden und auf den Markt kommen. Ohne das Rechberg-Material könnte man selbst aus einer Stadt wie München von dieser turbulenten Zeit (napoleonische Kriege) nicht so viel zeigen.
 
Postgeschichte München Am: 20.03.2022 15:19:43 Gelesen: 5359# 44 @  
Danke Erdinger. Mit Hilfe gelingt es, die relevanten Textteile zu entschlüsseln und die Darstellungen zu verbessern. Du hast recht, die Postler damals waren wohl alle Schriftexperten, damit das passierte, was die "Kunden" in Auftrag gegeben hatten.

LG
Peter II
 
Postgeschichte München Am: 21.03.2022 14:31:16 Gelesen: 5337# 45 @  
@ Postgeschichte München [#40]

Fortsetzung Postscheine München:

Beispiel für Postscheine als Abholscheine von Gütern:



A 5.4 Abholschein für ein auf dem „Churfürstl. Haupt=Mauth=Amt“ lagerndes Paquet von 1778, ausgestellt vom „Kaiserl. Reichs= Ober Post=amt fahrene Expedition

Beispiel eines Postscheins der Estaffetenbefördeung:



A 5.4.1 Postschein vom Kaiserl. Reichs=Oberpostamt hieselbst im Hochformat für eine Estafette nach Ulm über 14 fl mit Scheingebühr 14 kr vom 31, September 1798



A 5.4.2 Estafetten-Begleitschein vom 26. Augs 1796 , ausgestellt vom Amtsinhaber des Postamtes Jakob Freiherr von Schneid, der sich als Dienstwilliger Diener bezeichnet. G. Weileder vermutet, dass „PP“ „praemissis Praemittendis“ heißt für „ der gebührende Titel sei vorausgeschickt“.

Fortsetzung folgt.
 
bayern klassisch Am: 21.03.2022 15:15:28 Gelesen: 5334# 46 @  
@ Postgeschichte München [#45]

Hallo Peter II,

A5.4 verstehe ich nicht - ist der Schein hier nicht zu sehen? Einen Abholschein kann ich nicht erkennen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Postgeschichte München Am: 21.03.2022 20:41:09 Gelesen: 5310# 47 @  
@ bayern klassisch [#46]

Da ist mir ein unerklärlicher "falscher Fehler" uterlaufen. der richtige Schein A5.4 kommt jetzt:



A 5.4 Abholschein für ein auf dem „Churfürstl. Haupt=Mauth=Amt“ lagerndes Paquet von 1778, ausgestellt vom „Kaiserl. Reichs= Ober Post=amt fahrene Expedition

LG
Peter II
 
bayern klassisch Am: 21.03.2022 22:07:40 Gelesen: 5301# 48 @  
@ Postgeschichte München [#47]

Hallo Peter II,

danke - ein schöner und seltener Schein, wie auch die beiden Estafettenbelege recht selten sind, weil Estafetten abzuschicken sehr, sehr teuer war - oft einen Monatslohn teuer, manchmal 10 Monatslöhne.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Postgeschichte München Am: 24.03.2022 17:14:47 Gelesen: 5267# 49 @  
@ bayern klassisch [#48]

Nun die letzte Fortsetzung der Postscheine aus der A-Zeit der kaiserlichen taxis´schen Zeit:

Beispiel für einen Postschein der Zeitungspost:



A 5.4.3 Der Quittungszettel für den außerordentlich hohen Betrag von 15 fl und 23 kr des „Kais. Reichs=Oberpostzeitungs= Expeditionsamt allda“ vom 30. April 1805 wurde umgewidmet zum Estafetten-Postschein

Beispiel für einen Postschein für besondere Leistungen, hier „Einschreiben“:



A 5.5. Recommandierter Btief ( Einschreiben) als Beispiel einer besonderen Leistung vom 5. März 1805

Dann kommt die Zeit der Bayrischen Staatspost, Anfangsbuchstabe B. Die Ausarbeitung beginnt wieder mit einem Geschichtsteil, mit Daten, danach Belege und Stempel und Postscheinen, wie im 1. Teit, dem Teil mit A. Sind Geschichte und Daten interessant, dann bringe ich sie. Ich bitte um Äußerung.

Liebe Grüße
Peter II
 
bayern klassisch Am: 24.03.2022 17:22:54 Gelesen: 5263# 50 @  
@ Postgeschichte München [#49]

Hallo Peter II,

zu A5.4.3.

Der Schein hatte mit Zeitungen nichts zu tun.

"Titl. Excellenz B(aron) v(on) Rechberg wird gebetten für nachgehend abgeschickte Estaffet die Gebühr entrichten zu lassen.

Abg(egangen) den 9. Novembris 1 Uhr an Herrn von Rechberg in Regensburg 15 florin (Gulden) 23 Kreuzer.

Kaiserliches Reichs Oberpost - Estafetten - Expeditionsamt allda.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Postgeschichte München Am: 26.03.2022 18:27:54 Gelesen: 5237# 51 @  
Wieder danke Ralph. Ich habe korrigiert und in die Ausarbeirung aufgenommen:



A 5.5 Post-Teitungsschein des „Kaiserl. Reichs=Ober=Post=Zeitungs=Expeditionsamt München „vom 1. Dezbris 1796 über den halbjährlichen Bezug einer Zeitung mit Unterschrift des Zustellers über den Empfang der entrichteten Gebühr von 1 fl. 14 kr." Kopie aus "Die Postscheine von München" von G. Weileder, Forschungsgemeinschaft Münchener Postgeschichte e. V. Rundbrief 15, Juni 2018.

Liebe Grüße
Peter II
 
bayern klassisch Am: 26.03.2022 19:26:38 Gelesen: 5229# 52 @  
@ Postgeschichte München [#51]

Hallo Pietro secondo,

oben lese ich: Monsieru L´Abbé Seidl, also an Herrn Pater Seidel. Den Namen der Zeitung kann ich leider nicht lesen: Möyl... v(on) ?

Unter dem Betrag (Zeitungskosten waren stets im voraus zu zahlen!) lese ich: Empfangen Kömmsterl. Der Name ist aber nicht sicher lesbar.

Auch wenn es heißt: Der Schein trügt - dieser Schein ist echt und trügt nicht. :-)

Jetzt noch "Teichs" durch "Reichs" ersetzen, sonst werden die Koi noch ganz wuschig. :-)

Liebe Grüsse,
Ralph

[Rechtschreibung "Teichs" redaktionell korrigiert]
 
Postgeschichte München Am: 26.03.2022 19:39:05 Gelesen: 5226# 53 @  
Merci bien, Monsieur Ralph, tout sera manié!

Cordialement
Peter II
 
Postgeschichte München Am: 28.03.2022 01:41:48 Gelesen: 5200# 54 @  
@ bayern klassisch [#52]

Hallo Ralph,

ich habe anfangs die Überschriften nicht komplett übermittelt. Sie lauten:

A Kaiserliche, Taxis`sche Reichspost mit bayrischem Zwischenspiel
A1 Geschichte
A1.1 Von 1664 bis 1701. Der Start der Post
A1.2 Die Zwischenspielzeit von 1701 bis 1705 als bayerische Post
A1.3 Kaiserliche, Taxis`sche Reichspost. Die Zeit von 1705 bis 1806.
A2 Daten
A3 Belege und
A4 Stempel

Danach kommt

B Bayrische Staatspost
B1 Geschichte
B1.1 Vormarkenzeit
B1.2 Kreuzerzeit
B1.3 Mark und Pfennig im Königreich
B2 Daten

Im Text der Geschichte von A wurde das Zwischenspiel behandelt. Die Politik ist das Eine, andererseits wurden die Stempel einfach weiterverwendet. Bis zur Markenzeit war die Entwicklung und damit die Unterschiedlichkeit von Stempeln noch groß. Außerdem gab es bis zur Markenzeit eigentlich nur die Residenz- und ein bisschen schon die Bahnpost, d.h. nur wenige Postexpeditionen. Das hat zur Folge, dass alle Stempel darstellbar sind. Aber den Stempeln war das Ende der Kreuzerzeit gleichgültig, sie wurden einfach weiterverwendet. Die anfängliche geplante Dreiteilung der Bayrischen Staatspost in Vormarkenzeit, Kreuzerzeit ind Pfennigzeit werde ich aufgeben und nur zwei Teile behandeln. Im übrigen wollte ich Dich nicht vereinnahmen, aber Dein Rat war mir wertvoll.

"Wenn einer, der mit Mühe kaum, gekrochen ist auf einen Baum,
schon glaubt, dass er ein Vogel wär. Dann irrt sich der."
(Wilhelm Busch)

Liebe Grüße
Peter II
 
bayern klassisch Am: 28.03.2022 11:17:52 Gelesen: 5181# 55 @  
@ Postgeschichte München [#54]

Hallo Peter II,

das klingt doch plausibel - mache es, wie du es magst; ich werde helfen, wo ich kann und andere sicher auch, das gehört sich so hier. Freue mich jedesmal über deine Stücke und meinen Wissenserwerb durch deine Kommentare.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Postgeschichte München Am: 28.03.2022 12:33:31 Gelesen: 5174# 56 @  
Hallo Ralph,

so werde ich jetzt mit der Geschichte der Vormarkenzeit beginnen:

Ba Die „Vormarkenzeit“ von 1808 bis 1848

Als das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ untergegangen und nach der Niederlage von Österreich/Russland in der Schlacht von Austerlitz nach dem Pressburger Friedensvertrag Bayern Königreich geworden war, gab es in Bayern keinen Raum mehr für eine kaiserliche Reichspost. Durch Vereinbarung vom 14. 2. 1806 übertrug Bayern die Posten in Altbayern und in den durch den o.g. Friedensvertrag zugeteilten neuen Gebieten, Tirol und Vorarlberg, dem Fürsten von Thurn und Taxis als Thronlehen gegen Zahlung von jährlich 15 000 Gulden. Aber schon nach 2 Jahren wurde von Taxis zum Verzicht gezwungen und am 1. März 1808 ging das Postwesen in Bayern von von Taxis auf den bayerischen Staat über. Sämtliche Postbeamte und Postbedienstete wurden in den königlichen Dienst übernommen. Am Oberpostamtsgebäude am Rindermarkt und am Poststallgebäude in der Fürstenfeldergasse wurden die Reichswappen durch die königlich bayerischen Wappen ersetzt. Dem Oberpostmeister Freiherr von Pfetten wurde eröffnet, dass er künftig den Weisungen des neu als Post-Kommissär eingesetzten königlich bayerischen General-Post-Direktionsrates Joseph von Elbling zu folgen hätte. Diesem war der Auftrag erteilt worden, die Überleitung der Dienstgeschäfte zu organisieren. Bis August 1808 blieb die taxissche Generaldirektion noch bestehen. Danach übernahm die in München eingerichtete Generaldirektion der Kgl. Posten die Geschäfte.

München hatte zu dieser Zeit bereits über 40 000 Einwohner. Das Posthaus am Rindermarkt war viel zu klein. Insbesondere die neu geschaffene Generalpostdirektion, die im Jahr 1817 die Bezeichnung „Generaladministration der königlichen Posten“ erhielt, erforderte eine große Anzahl neuer Diensträume. Sie bildete anfangs eine Sektion des Staatsministeriums der Finanzen und später des Staatsministeriums des Königlichen Hauses und des Äußeren. Ihre Personalausstattung vergrößerte sich rasch und bestand schon bald aus einem Vorstand im Ministerialratsrang, der die Bezeichnung General-Postdirektor und von 1817 an General-Postadministrator der königlich bayerischen Posten führte, 2 Oberposträte, einem Assessor im Postmeisterrang, einem Sekretär, einem Registrator, 5 Revisoren 2 Kanzlisten und weiterem Aushilfe- und Dienerpersonal. Im Staatsministerium der Finanzen wurde ein „Oberinspektor der Posten“ im Rang eines Oberpostrates als Referent für Postangelegenheiten eingerichtet.

Das Oberpostamt wurde mit einem Oberpostmeister im Oberpostratsrang, einem Oberpostamtskassier, den erforderlichen Offizialen, Gehilfen, Post- und Eilwagenkondukteuren und einem Hausmeister besetzt.

Nun war der Erwerb eines für Zweck und Ansehen der königlichen Postanstalt geeigneten Gebäudes sehr vordringlich. Als geeignet erschien das Palais des Grafen Paumgarten-Frauenstein in der äußeren Schwabingergasse. Dies ist die heutige Theatinerstraße Nr. 8 mit der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung. Das Anwesen beinhaltete mehrere Gebäude. Das an der Schwabingergasse gelegene Hauptgebäude besaß ein Erd- und 2 Obergeschosse mit jeweils 7 Fenstern zur Straßenseite. Die rückwärtigen Gebäude besaßen neben dem Erdgeschoss nur je ein Obergeschoss. Es gab mehrere Höfe. In einem Gutachten belegte der königliche Baudirektor Schedel die Eignung des Anwesens. „Ich habe das Paumgartensche Haus in Augenschein genommen und gefunden, dass die dermalige Thorweite 8 Schuhe 2 Zoll und die Höhe 12 Schuhe 8 Zoll einnimmt. Erforderlichenfalls könnte die Weite auf 11 Schuhe und die Höhe auf 14 Schuhe erweitert werden. Dieses Haus ist zu ebener Erde durchaus gewölbt und hat einen geräumigen Hof, so dass ein Postwagen umwenden könnte…Dem Vernehmen nach soll dieses Haus um etwa 40 000 fl feil seyn, welchen Preis ich gar nicht übertrieben finde, teils wegen der vorteilhaften Lage, auch in der Rücksicht, dass es schon vor 5 Jahren zu 32 000 fl in Schätzung gekommen ist.“

Gekauft wurde es am 23.3.1809 für 44 550 fl, woraus man sehen kann, dass sich auch damals schon die Immobilienpreise rasch entwickelten. Ein Schuh, gleichbedeutend mit der Maßeinheit Fuß, umfasste damals 29,186 cm. 12 Zoll ergaben einen Schuh. Damit war das Tor zum Paumgartenschen Anwesen 2,38 m breit und 3,70 hoch. Nach einem 2 Jahre dauernden Umbau für weitere 39 749 fl fand 1811 der Einzug statt. Damit wurde die Post in München erstmals in einem posteigenen Gebäude untergebracht.


Im Erdgeschoss befanden sich die Expeditionsräume der Brief- und der fahrenden Posten. Ein Obergeschoss stand für die Amtsräume der Generalpostdirektion und die Amtswohnung des Generalpostdirektors, des Freiherrn von Drechsel zur Verfügung. Im 2. Obergeschoss waren die Amtsräume des Oberpostamtes und die Amtswohnung des Oberpostmeisters, des Freiherrn von Pfetten, untergebracht.
Die Aufsicht über Gebäude und seinen baulichen Unterhalt wurde zunächst dem Oberbau-Kommisariat des Staatsministeriums des Inneren und der Kreisbauinspektion übertragen. Später fand die technische Beurteilung und Erledigung aller bei den Postanstalten vorkommenden Baugegenstände im Zentral-Bau-Bureau des Staatsministeriums der Finanzen und bei den Landesbauinspektionen statt. Aus dem Zentral-Bau-Bureau, ist die heute noch bestehende Oberste Baubehörde hervor gegangen.



Bis zum Jahr 1810 wurden zu den bestehenden Postwagenfahrten neu die Kurse nach Nürnberg und Innsbruck eingerichtet.

Nach dem Tod des Oberpostmeisters von Pfetten im Jahr 1816 übernahm zunächst Freiherr (später Graf ) von Drechsel auch die Stelle des Oberpostmeisters. Aufgrund seiner Ernennung zum Regierungspräsidenten in Ansbach anno 1817 folgten Sebastian Philipp von Schönhammer als General-Post-Administrator und Karl Schedel als Oberpostmeister nach. Beide bewohnten die Amtswohnungen im Postgebäude.

In der taxis´schen Zeit war bei den Fahrposten die Personenbeförderung mit dem Frachtguttransport noch vereinigt. Die dadurch begründete Verlangsamung des Reiseverkehrs führte zur Abwanderung der Passagiere zum privaten Fuhrgewerbe. Die bayerische Postverwaltung wirkte dieser Entwicklung durch die Einrichtung von Eilwagenfahrten mit Erfolg entgegen. Die 1. Eilwagenfahrverbindung startete am 21. 5. 1825 von München nach Bad Kreuth wöchentlich 3x während der Badesaison. Ab 1. Januar 1827 befuhr ein Eilwagen die Strecke München-Stuttgart. Ab 1851 wurden die Eilwagen allmählich von Pferdepostomnibuslinien abgelöst.

Schon bald waren die Räumlichkeiten wieder zu eng. Der amtliche Schriftverkehr insbesondere aber die starke Aufgabe von Regierungs-, landwirtschaftlichen und gewerblichen Blättern nahm so zu, dass der Schalterdienst die ununterbrochene Tätigkeit eines Beamten in Anspruch nahm. Zweimal täglich benötigte dieser sogar noch eine Aushilfskraft. 6 Briefträger waren ununterbrochen ganztags beschäftigt.. Die Zahl der Zeitungen wuchs mit jedem Jahr und machte die Arbeit der Zeitungsexpedition immer umfangreicher. Zwischenzeitlich waren der Extrapostdienst und die Postwagenanstalt neu geordnet, die Personenbeförderung vom Frachtstücktransport endgültig getrennt und eigene Postwagenfahrten eingerichtet worden. Dennoch musste die bayerische Regierung die Erweiterung des Postgebäudes ins Auge fassen. Dazu bot sich anno 1817 die Gelegenheit, als der Schneidermeister Joseph Huisel sich bereit erklärte einen Teil seines an das Postgebäude angrenzenden Anwesens, ein Gebäude mit 3690 Quadratschuh ( ca.315 m2 ) mit Wagenremise , einer großen Holzlege , eigener Durchfahrt und einer „hübsch wohl erhaltenen“ Wohnung zu verkaufen. Der Kaufpreis sollte 16 000 fl betragen. In einem Gutachten zur Situation stellt der königliche Zentral-Baumeister Bertsch fest:“ Der Dachboden (des Postgebäudes), auf welchem sich wegen des zu kleinen Posthofes und der Wagenremisen, dann wegen des zu beschränkten Revisions-Lokales Wägen, Schlitten und auch selbst Papier von allen Gattungen untergebracht werden müssen, gleicht eher einer Wagenschupfe und einem Papiermagazin, als besagter Boden, der doch eigentlich polizeiverordnungsgemäß ganz frei sein sollte. Diese Lasten haben dem Gebäude schon bedeutende Gebrechen zugefügt…. und es ist zu befürchten, dass das Gebäude noch eine totale Destruktion erleiden wird und dass ferner durch die feuergefährlichen Kamine, als auch durch möglich unvorsichtigen Gebrauch des Lichtes, welches zur Aussuchung mancher Aktenstücke unvermeidlich nötig ist, sodann nicht nur allein das Postgebäude selbst, sondern auch die ganze Nachbarschaft ein Raub der Flammen werden könnte.“ Woran man erkennen kann, dass auch schon damals der Brandschutz eine große Rolle spielte. Der Ankauf des Anwesens zögerte sich 6 Jahre hinaus. Erst als die Gefahr bestand, dass die Museumsgesellschaft der königlichen General-Postadministration zuvorkommen könnte und das Huisel´sche Anwesen ankaufen könnte, entschloss sich die bayerische Regierung zum Kauf. Wegen zu niedriger Raumhöhen und ungünstiger Raumaufteilung entschloss man sich zum Abriss und Neuaufbau. Zum Kaufpreis von 11 083 fl kamen bis 1825 weitere 96 708 fl einschließlich eines „Zisternbrunnens“ im Wert von 479 fl hinzu, weil die bereits vorhandenen 2 „Rohrbrunnen“ schon „für den gewöhnlichen Bedarf zu wenig Wasser lieferten.“

Im Jahr 1827 legte der General-Post-Administrator von Schönhammer dem Oberpostamt eine Entschließung vor: „ Nach allgemeiner Beobachtung hat die Residenzstadt München an Bevölkerung und Umfang so zugenommen und einem Teil der Einwohner ist es beschwerlich, die Briefe bei der sehr entfernten Oberpostamtsexpedition aufzugeben. Für das Publikum wäre es demnach eine sehr wohltätige Einrichtung, wenn in einem entfernten Stadtdistrikte eine Briefsammlung errichtet würde, wo Briefe nach dem In- und Ausland, frankierte, unfrankierte und rekommandierte aufgegeben werden könnten. Mit großen Kosten für das Postärar dürfte eine solche Einrichtung nicht verbunden sein, daher dem Briefsammler auf keinen Fall ein Portoanteil zugestanden werden könnte. Wahrscheinlich würde das Publikum, welches die Wohltat genießen würde, die Briefe in der Nähe aufgeben zu können, gerne für den Brief einen Kreuzer über das gewöhnliche Porto und ebenso für den rekommandierten Brief 6 Kreuzer zu zahlen. Vielleicht könnte man einem Quieszenten ( Rentner waren schon immer gut zu gebrauchen!) gegen eine mäßige Zulage die Briefsammlung übertragen.“
Das Oberpostamt hielt es jedoch nicht für notwendig, eigene Briefsammlungen in den Stadtteilen zu errichten. Bereits 1824 hatte der Oberpostmeister Schedel notiert: „ Nach der neuesten Zählung (1824) sind in der inneren Stadt nicht mehr als 40 547 Seelen und in den Vorstädten 17 076, daher in allem 57 623 Seelen ohne das Militär. München ist keine Handelsstadt und auch die Gewerbstätigkeit ist nur gering. Die Erfahrungen bei der Briefsammlung der Vorstadt Au, wo außer der amtlichen Correspondenz nur wenige Privatbriefe aufgegeben wurden, sind nicht günstig.“ Man beschloss daher zu warten, bis das Bedürfnis nach einem Filialpostbureaus stärker ausgeprägt auftreten würde.

Die Au, die zwar jünger ist als andere Dörfer der Umgebung, entwickelte sich besonders schnell und überflügelte die anderen Dörfer. Im Jahr 1808 wurde die Au zur Munizipalgemeinde erhoben, erhielt ein eigenes Wappen und war somit der 1. Vorort Münchens in dem sich auch eine besondere Dienststelle der Post entwickelte.. Von 1817 bis 1825 wird in alten Akten ein Briefsammler Namens Joseph Nussbaum erwähnt. Von 1826 an führt er die Amtsbezeichnung Postexpeditor. Es wird deshalb angenommen, dass zur gleichen Zeit in der Au eine Postexpedition eingerichtet wurde. Joseph Nussbaum starb 1829 und sein Nachfolger als Postexpeditor Isidor Müller, anno 1854. Die von der Post genutzten Räume befanden sich im Haus Lilienstr. 5 gegenüber dem Volkstheater..

Anno 1827 bietet der Herausgeber des „Volksfreundes“, der Kunsthändler Mühlberger, jedermann an, Briefe, kleine Pakete und Notizen aus dem Geschäftsleben zu sammeln und durch die Person, die den Volksfreund austrägt, besorgen zu lassen. Dem Angebot stand die Bezeichnung Stadtpost voran, die das Oberpostamt „anmaßend, ungeeignet und unbefugt“ nannte.. Die Generalpostadministration hatte im Grundsatz dagegen keine Bedenken, schrieb aber, dass „ dem Herausgeber des Volksfreundes durch die königliche Polizeidirektion eröffnet werden sollte, dass er die Einrichtung nicht eine Stadtpost nennen darf“.

Ím Oberpostamt folgte auf Schönhammer im Jahr 1829 Philipp Ferdinand Ritter von Lippe als General-Administrator der königlichen Posten. Er hatte auch die Stelle des Oberpostinspektors im Staatsministerium der Finanzen inne, die er auch nach seiner Ernennung behielt. Als Vergütung bezog er 2 000 fl Standesgehalt, 800 fl Dienstgeld und 3 Schäffel Weizen, 7 Schäffel Roggen und 24 Schäffel Haber. Er bezog nicht die Dienstwohnung im Amtsgebäude, sondern blieb in seiner bisherigen Wohnung in der Briennerstr. 46/2. Als Nachfolger von Schedel als Oberpostmeister bezog Fr. Joseph von Pidoll zu Quintenbach anno 1832 jedoch die Dienstwohnung im Postgebäude.



Der zunehmende Verkehr machte die Verhältnisse im Postgebäude immer unerträglicher. Das Gebäude hatte nur eine Ein- und Ausfahrt, in der sich auch noch der einzige Schalter zur Briefaufgabe befand. So erschien am 25. Januar 1834 in der Bayerischen Landbötin folgender Artikel: „ Auf dem Oberpostamt dieser dritten Stadt Deutschlands ist man bei Abgabe eines Briefes immer in Todesgefahr. Das Schalterlein, das sich für 80 000 Menschen öffnet, befindet sich im Thorweg (wohlgemerkt, dem einzigen Eingang in das Postgebäude). Sind nun einige Leute da versammelt, Briefe abgebend oder empfangend, so rasselt ein Postwagen durchs Thor; wer nicht will gerädert werden, muß auf die Gasse laufen. Welch ein Greuel! Kommt allerdings kein Wagen, so bin ich deswegen noch nicht geborgen. Um die Abgabe nicht zu versäumen bin ich schnell gewesen und hab mich erhitzt. Ich muß unter dem offenen Thorweg in dem ungestümen Windzug eine Zeitlang auf die Expedition warten und werde dadurch in eine Lage versetzt, die schon mancher wird verwünscht haben. Also noch nicht einmal eine Vorhalle ist vorhanden, wie dies in Provinzstädten der Fall ist. Von herrlichen Postgebäuden auswärtiger Residenzen ist ohnedies nicht die Rede. Die Post- und Eilwägen werden, weil es überall an Raum fehlt, meistens im Freien bepackt. An auch nur ein warmes Absteig- und Wartezimmer für Reisende ist nicht zu denken im Orte, wo die meisten Fremden ankommen, am Zentrum der Posten des Landes.“

Als Abhilfe schlug der General-Post-Administrator von Lippe vor, das gräflich-Törringsche Palais in der vorderen Schwabinggasse, der heutigen Residenzstraße an der Ecke des Max-Joseph-Platzes zu erwerben. Am 11. September 1834 wurde der Kaufvertrag besiegelt. Kaufpreis: 180 000 fl. Mit dem Umbau wurde der Geheime Oberbaurat und Direktor der Obersten Baubehörde Leo von Klenze beauftragt, dessen größte Leistung die Gebäudeansicht des Königbaus an der gegenüberliegenden Seite des Max-Joseph-Platzes darstellt. Nachdem die Umbaukosten statt der veranschlagten79 000 fl 189 000 fl erreichten, begann von Klenzes Stern zu sinken. Am 24. August 1838, 4 Jahre nach dem Umbaubeginn wurde das Gebäude für die Bevölkerung eröffnet. Im Erdgeschoss standen der Hauptfahrpostexpedition 10 Räume, der Hauptbriefexpedition 6, der Hauptzeitungsexpedition 5, der Zentralpostkasse 1 und der Oberpostamtskasse ebenfalls 1 Raum zur Verfügung. Im 1.Obergeschoss erhielt das Oberpostamt 7 Räume, die Oberpostmeisterwohnung umfasste 15 Räume und die Materialverwaltung 4.Im 2. Obergeschoss standen der Generaladministration 30 Räume zu. Die Generaladministratorwohnung umfasste 15 Räume. In den Zwischengeschossen waren die Wohnungen des niederen Dienstpersonals und Aktenräume angeordnet.

Die im neuen Postgebäude befindliche Wagenremise reichte nur für die Aufnahme der Wagen des Oberpostamtes aus, die der tägliche Dienstbedarf erforderte. Die Wagenreserve für den höheren Sommerbedarf und zur Aufbewahrung von Schlitten wurden die Remisen im alten Postgebäude in der Theatinerstrasse verwendet. Aber bereits 1848 verlangte die Stadtkommandantschaft wegen Eigenbedarf die Räumung der Remisen. Nach einer 4 Jahre dauernden Unterbringung in der Herzog-Max-Burg wurde ein Teil der Wagen im Winter in den Militärremisen auf dem Kugelfang aufbewahrt und der Rest in der Remise am Max-Joseph-Platz. Als aber auch diese Remise in Büros umgewandelt wurde, standen die Wagen im Sommer und Winter allen Witterungseinflüssen ausgesetzt im offenen Hof. Auf einen Remisenneubau verzichtete man, da abzusehen war, dass der Bedarf durch die Ausdehnung des Eisenbahnverkehrs zurückgehen würde. Einige Postwagen fanden in den Bahnhofremisen notdürftige Unterkunft.



Liebe Grüße
Peter II
 
Postgeschichte München Am: 30.03.2022 16:52:25 Gelesen: 5136# 57 @  
@ Postgeschichte München [#56]

Den Punkt "Daten" unterschlage ich zunächst und auch die Belege möchte ich erst nach den Stempeln einbringen, weil Reihenfolge und Erklärungen m. E. erst mit Hilfe des Stempelteils verstanden werden können. Also:

B4.a Stempel der Bayrischen Königlichen Post in der Vorphilatalie-Zeit von 1808 bis 1848?

Der 1. März 1808 gilt als Geburtstag der Königlich Bayerischen Staatspost. Mit diesem Datum wurde durch Königliche Verordnung die Führung der Geschäfte des Postwesens in Bayern in staatliche Regie übernommen. Was aber war Bayern damals? Welche Gebiete, die heute zu Bayern gehören, waren auch schon 1808 bayrisch? Bayern erstreckte sich 1808 bis zum Gardasee. Tirol und Vorarlberg waren bayrisch, Franken nicht oder nur zum geringen Teil.

Bei der Übernahme der Post in bayrische Staatsregie blieben die bis dahin verwendeten Stempel der Reichspost weiter in Gebrauch. Neue Stempel behielten die geradlinige Anordnung des Ortsnamens, bei größeren Postanstalten darunter Tag, Monat in Buchstaben und volle Jahreszahl. Die Briefe wurden bei ihrer Aufgabe auf der Adressseite gestempelt. Solange in einem Ort nur 1 Postamt existiert, reicht der Ortsname als eindeutige Kennzeichnung aus. Bestehen jedoch in einem Ort mehrere Postämter, bedarf es zusätzlicher Bezeichnungen, um die Ämter eindeutig zu benennen und unterscheiden zu können.



B4.a.1 Zweizeiliger Rayonstempel „R.4.MÜNCHEN./Datum“, Schrift Antiqua
1808 – 1824?
a) Schriftlänge 1./2. Zeile 34/ 36 mm, Schrifthöhe 3 mm
b) Schriftlänge 1./ 2. Zeile 37/ 39 mm, Schrifthöhe 4 mm
c) Schriftlänge 43 mm, Schrifthöhe 5 mm

Die Rayoneinteilungen dienten zur Portoverrechnung, waren also Verrechnungszonen, die auf der Sendung angegeben werden mussten. Die Rayonbereiche wurden vom Rhein beginnend nach Osten gezählt. Die aufzusetzenden Rayonstempel waren Zusatzstempel, In Bayern wurden ohne Eile neue Ortsstempel eingeführt, bei denen Ortsname und die Rayonbezeichnung eine Einheit bildeten. In Bayern waren solche Stempel von etwa 1802 bis ca. 1822 in Verwendung.
Am 16.5.1821 kam es zu einem Postvertrag mit Frankreich, mit Gültigkeit ab dem 1.1.1822. In diesem Vertrag wurde auch die Kennzeichnung der Briefe festgelegt, um die vereinfachte, wechselseitige Gebührenverrechnung durchführen zu können.
Es wurde zu diesem Zweck eine neue Rayonfestlegung eingeführt, die mit den Grenzen der alten Rayons nichts zu tun hatten. Nach dieser Vereinbarung wurden die C.B.R.-Stempel mit Rayonbezeichnung von 1-5 verwendet und die Postorte nach der neuen Rayongrenzziehung eingeteilt. Um Verwechslungen vorzubeugen, wurden die alten, oft nicht mehr zutreffenden Rayonbezeichnungen aus den Ortsstempeln entfernt. Man spricht dann vom gekürzten, aptierten Rayonstempeln.



B4.a.2 Aptierter Rayonstempel „ …MÜNCHEN / Datum“, 1822 – 1826?
Schriftlänge 1. / 2. Zeile 32 / 39 mm, Schrifthöhe 3 mm



B4.a.3 Zweizeiliger Antiquastempel „MÜNCHEN / Datum“ (ohne Stundenangabe)
1826 – 1843?
a) Schriftlänge/-höhe 34/4 mm
a) „ 36/4 mm
b) „ 40/5 mm
d) „ 42/5 mm

Die Fahrpost war, genau wie die Briefpost, ein eigener, selbstständiger Bereich der Post, zuständig für den Transport von Paketen, Wertsachen und Geld. Dazu kam noch das Postvorschusswesen. Der Transport von Paketen durch die Post erfolgte gemäß den Gewichts- und Maßvereinbarungen. Schweres, sperriges und gefährliches Gut konnte nicht bei der Post, sondern musste beim Fuhrmann aufgeliefert werden. Der Fuhrmann war die Vorläufereinrichtung der heutigen Speditionen. Schon um 1800 ging man dazu über eigene Fahrpoststempel einzuführen. Die Stempel waren durch eigenwillige Formgebungen so gehalten, dass im Stempelbild Raum für Fahrposteintragungen war. Formgebunden waren sie nicht. Sie sind, verglichen mit den Stempeln der Briefpost, sehr vielgestaltig.



B4.a.4 1. Fahrpoststempel für Paket- und Wertsachenverkehr, großer Antiqua-Einzeiler „MÜNCHEN“, 1833 – 1844?



Schriftlänge/-Höhe 41/ 6 mm

B4.a.5 Fahrpoststempel, zweizeilig im Rechteckrahmen mit Datum und Uhrzeit „MÜNCHEN / Tag.Monat. Jahr, vormittags = arabische -, nachmittags = römische Ziffern, Schrift Antiqua, 1841 –?

Die zweizeiligen Rayonstempel und die späteren Zweizeiler verfügten über eine Datumsleiste, so dass die Bayerische Post auf mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung mit Datumsstempeln zurückblicken konnte, als sie Anfang 1832 eine Verordnung in Kraft setzte, wonach der Aufgabestempel auch das Aufgabedatum zeigen sollte. Allerdings waren als Datumsangabe nur Tag und Monat vorgesehen. Die oben erwähnten Vorläufer hatten seit ca. 20 Jahren auch die Jahresangabe im Datum.
Wie dem auch sei, mit der Verordnung und durch gewonnene Erfahrungen kam es zu einer vollkommen neuen Stempeltype, einem Einkreisstempel mit 18 mm Durchmesser, dem sogenannten Fingerhutstempel. Im Kreis waren bogenförmig der Ortsname und in der Kreismitte in Bruchform das Datum angebracht. Die Schrift bestand aus Antiqua-Versalien. Veränderung in Kreisform war ein Ergebnis der Erfahrung. Bei den damals in Gebrauch befindlichen Fauststempeln (Fäustel) kam es vor, dass bei längeren Ortsnamen die Anfangs- und Endbuchstaben nur mangelhaft abgeschlagen waren. Beim Fingerhutstempel konzentrierte man den Stempeltext in einem Kreis von 18 mm, so dass der Stempelkopf genau im Bereich des Hauptdrucks des Fäustels lag. Die Abschläge wurden klarer; vorausgesetzt der Stempel war gereinigt und plan auf der Sendung abgeschlagen. Optisch war der Stempel wunderbar, aber er hatte auch seine Nachteile. Durch die kleine Stempelfläche war der Verschmutzungsgrad höher, vor allem bei Stempeln mit langen Ortsnamen, bei denen die Buchstaben enger geschnitten waren. Diese Stempel waren sehr oft auch in gereinigten Zustand schwer zu lesen. Von 1833 bis etwa 1835 wurden 118 bayrische Postorte mit Fingerhutstempeln ausgerüstet. So auch für die Postexpedition der Vorstadt Au.

Etwa 1822 wurden für die großen Postorte auch zweizeilige Stempel geschnitten. In der ersten Zeile befand sich der Ortsname in Antiqua, in der zweiten Zeile die Datumsleiste mit Tages-, Monats- und Jahresangabe. Noch bestand keine Vorschrift für eine Datumsangabe im Stempel, obwohl man bereits bei den zweizeiligen Rayonstempeln gute Erfahrungen damit gemacht hatte. Diese Type wurde noch in Markenzeit bis etwa 1855/56 verwendet. Vorphilatelistisch sind diese Stempel in erster Linie in schwarz.



B4.a.6 Zweizeiliger Briefpoststempel mit Stundenangabe, wie Nr. 3.1.8 aber ohne Rahmen, 1822 – 1856
a) Schriftlänge / - Höhe 34 / 4 und 3,5 mm
b) „ 34 / 2 und 4 mm
c) „ 37 / 2 und 4 mm
d) „ 37 / 4 und 4 mm
e) „ 40 / 3 und 4mm
f) „ 40 / 5 und 3,5 mm
g) „ 42 / 6 und 3,5 mm

Die Nachteile des 18 mm Einkreisstempels (Fingerhutstempels) in Bezug auf seine Lesbarkeit bei enggeschnittenen Ortsnamen war ausschlaggebend dafür, dass bereits 1835 eine neue Grundtype eingeführt wurde, der Halbkreisstempel. Dieser Stempel verdrängte den Fingerhutstempel zwar nicht sofort, aber doch zunehmend mehr und mehr und war, die Markenzeit mit einbezogen, auch länger in Gebrauch.
Der Halbkreisstempel hatte eine Breite von 30 bis 33 mm und eine Bogenhöhe von ca. 18 mm. Für die bogenförmig geschnittene Ortsbezeichnung war reichlich Platz. Die Notwendigkeit die Schrift sehr eng zu halten bestand nicht. Sie wurde dadurch besser lesbar und verschmutzte nicht so schnell. In der vorphilatelistischen Zeit können die Halbkreisstempel in zwei Typen eingeteilt werden, in die Stempel ohne und mit Stundenangabe. Die Schrift der Stempel war Antiqua in großen Buchstaben. Das Datum, Tages- und Monatsangabe erfolgte in Bruchform. Winkler teilt die Halbkreisstempel ohne Stundenangabe wiederum in zwei Typen ein, eine niedere und eine höhere Form. Die Abgrenzung ist durch Messen nicht immer eindeutig. Auch die Zeit der Einführung der Halbkreisstempel, - 1835 die niedere und 1840 die höhere Form -, ist nur bedingt ein Unterscheidungsmerkmal. Sie wurden teilweise nebeneinander verwendet.



B4.a.7 Halbkreisstempel „ Bahnh. München „, Schrift Antiqua
1835-

Die letzte Stempelform, die während der vorphilatelistischen Zeit in Bayern eingeführt wurde, war der Zweikreisstempel. Ab November 1848 wird diese Stempeltype bei den bayerischen Oberpostämtern Augsburg, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg eingesetzt. Sie erhielt die Bezeichnung "Oberpostamtsstempel".

Die Stempeltype wurde in einem Durchmesser von 22 mm hergestellt. Die Schrift ist Antiqua in großen Buchstaben. Im Innenkreis befindet sich das Datum mit gekürzter Monatsangabe und ausgeschriebener Jahreszahl. Zwischen den beiden Kreisen ist oben die Ortsangabe und unten die Stundenangabe. Links und rechts zwischen Orts- und Stundenangabe befindet sich eine Rautenverzierung. Der Oberpostamtsstempel war in vorphilatelistischer Zeit nur knapp ein Jahr in Verwendung, dann erfolgte die Einführung der Postwertzeichen und damit die Hauptverwendungszeit des Stempels eigentlich nur in verwaltungstechnischen Angelegenheiten bis Anfang der 70er Jahre.



B4.a.8 Zweikreisstempel mit vor dem Ortsnamen angeordneten 2 Zierfeldern, 1848 – 1858?
Durchmesser Außenkreis 22 mm
Durchmesser Innenkreis 13 mm
 
bayern klassisch Am: 30.03.2022 17:20:41 Gelesen: 5126# 58 @  
@ Postgeschichte München [#57]

Hallo Peter II,

erstmal vielen Dank für deine sehr informativen Beiträge - bitte weiter so.

Aber:

Die letzte Stempelform, die während der vorphilatelistischen Zeit in Bayern eingeführt wurde, war der Zweikreisstempel. Ab November 1848 wird diese Stempeltype bei den bayerischen Oberpostämtern Augsburg, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg eingesetzt. Sie erhielt die Bezeichnung "Oberpostamtsstempel".

Die Stempeltype wurde in einem Durchmesser von 22 mm hergestellt. Die Schrift ist Antiqua in großen Buchstaben. Im Innenkreis befindet sich das Datum mit gekürzter Monatsangabe und ausgeschriebener Jahreszahl. Zwischen den beiden Kreisen ist oben die Ortsangabe und unten die Stundenangabe. Links und rechts zwischen Orts- und Stundenangabe befindet sich eine Rautenverzierung. Der Oberpostamtsstempel war in vorphilatelistischer Zeit nur knapp ein Jahr in Verwendung, dann erfolgte die Einführung der Postwertzeichen und damit die Hauptverwendungszeit des Stempels eigentlich nur in verwaltungstechnischen Angelegenheiten bis Anfang der 70er Jahre."


Es gab nie "Oberpostamtsstempel". Dieser Ausdruck, so alt er auch ist und in der Sekundärliteratur verbreitet wurde, ist völlig daneben, weil kein OPA jemals diesen Stempel führte. OPÄ waren Mittelbehörden, die mit Briefen, Drucksachen, Briefmarkenstempeln usw. nie etwas zu tun hatten - das wäre alles unter ihrer Würde gewesen.

Richtig ist, dass es Zweikreisstempel waren, die von den Hauptbriefpostexpeditionen am Sitz von OPÄ verwendet wurden, aber halt nur von diesen Poststellen und eben nicht von Oberpostämtern (OPÄ).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Postgeschichte München Am: 02.04.2022 16:26:12 Gelesen: 5067# 59 @  
Hallo Raiph,

ich werde gerne korrigieren. Danke für Deine Hilfe.

Nun die ersten Belege zur Vormarkenzeit bez. zu Stempel B3.a.1.1 in den Varianten a-c. Von allen Varianten gibt es nachfolgend noch weitere Belege. Zuerst aber mal nur die 3:



B3.a.1.1a Portofreier Brief vom 14.7.1808 zur königlichen Forstinspektion in Ulm. Portofreiheit: Caa Dmi (Causa Domini)
Schriftlänge 15 mm



B3.a.1.1b Brief vom 12.Juli 1819 nach Paris an Monsieux Benelli mit Grenzübergangsstempel „Allemagne par Strassbourg“ und rotem französischem Rayonstempel R 4 und 3-Kreis-Ankunfstempel Aout (August) 1819
Schriftlänge 39 mm



B3.a.1.1c K.d.S. (Königliche Dienstsache) portofrei zum königl. Land=Gericht in Neumarkt vom 12.OCT. 1810
Schriftlänge 43 mm
 
Postgeschichte München Am: 06.04.2022 16:45:41 Gelesen: 5014# 60 @  
@ Postgeschichte München [#59]

Nun folgen Belege zu den Stempeln B3.a.2. B3.a.3 und B3.a.4. In allen Fällen sind noch weitere Briefe vorhanden. Falls erwünscht, kann ich sie gerne präsentieren-



B3.a.2.1 Portofreier Brief vom 18.NOV,1818 an die K. Regierung des Regenkreises, K.d. Innern in Regensburg



B3.a.3.1b „ Zweizeiliger Antiquastempel ohne Stundenangabe „ Brief vom 18. Aug 1829 nach Tittmoning mit Punkt hinter München, Porto 9 Kreuzer, Datum länger als München, unbekannter Rautenstempel, l = 36 mm, h = 4 mm



B3.a.4. 1 „ Antiqua- Einzeiler „ MÜNCHEN „ Begleitbrief nach Hilpoltstein mit Gewicht- und Portoangaben
 
bayern klassisch Am: 06.04.2022 16:53:26 Gelesen: 5010# 61 @  
@ Postgeschichte München [#60]

Hallo Peter II,

der letzte Brief war der Fahrpost zugehörig und sein Stempel kommt auch nur auf Fahrpostbriefen vor. Er ist nicht sehr häufig, auch wenn man annehmen könnte, dass Fahrpostbriefe aus München Massenware sind - aber das stimmt nicht.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Postgeschichte München Am: 06.04.2022 17:36:52 Gelesen: 4999# 62 @  
Danke Ralph,

ich weiß, dass das der Fahrpoststempel ist und weiß nicht, warum das nicht im Begleittext steht.

Kannst Du etwas mit dem Rautenstempel auf B3.a.3.1b anfangen?

LG
Peter II
 
bayern klassisch Am: 06.04.2022 17:45:08 Gelesen: 4997# 63 @  
@ Postgeschichte München [#62]

Hallo Peter II,

den habe ich zwei- dreimal gesehen, meine aber, dass es ein früher Absenderstempel war. Kannst du mal im Inhalt nachschauen, ob das vom Namen her passen könnte?

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Postgeschichte München Am: 18.04.2022 17:39:04 Gelesen: 4845# 64 @  
Nach der Pause nun die nächsten 3 Belege:



B3.a.5 2. Fahrpoststempel „ MÜNCHEN/ Tag,Monat, Jahr, Uhrzeit „ im Rahmen, Briefkopie vom 25.10. 1841 vom ..? München-Freißing an das ..?Erding in Fraunbrug Post Erding



B3.a.6.1a „Zweizeiliger Briefpoststempel mit Stundenangabe“ Empfangsbestätigung vom 16.MAR 1850. V II nach Würzburg, portofrei , Schriftlänge 34 mm, h = 4 mm, München mit Ü und



B3.a.7 Briefhülle, Start am Bahnhof München, befördert mit dem Zug Leipzig/ Magdeburg ( rückseitig: 3-zeiliger Bahnpoststempel vom 25.1. IV ) über Aachen ( Zweikreisstempel 27.1. , 5 Ct? ) in die United States mit Ankunftstempel Boston 30. Feb, 13 Fl?

Falls Interesse an den Varianten besteht, lege ich sie gerne auf.

Gruß
Peter II
 
bayern klassisch Am: 18.04.2022 17:49:36 Gelesen: 4839# 65 @  
@ Postgeschichte München [#64]

Hallo Peter II,

1. Brief vom erzbischöflichen Ordinariate Freysing

2. Brief vom königlichen Kreis- und Stadtgericht München an das k. Kreis- und Stadtgericht Würzburg

3. Brief 2 Silbergroschen für Bayern, dann korrigiert auf 3 Silbergroschen (??) über Sachsen, Preussen, Belgien, GB, Irland nach den USA New Haven in Conneticut. Die Empfängerin zahlte 30 US Cents = 45 Kreuzer, also kein billiges Vergnügen. Datum scheint 1854-56 zu sein.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Erdinger Am: 18.04.2022 21:56:03 Gelesen: 4816# 66 @  
@ Postgeschichte München [#64]

Hallo Peter,

B3.a.5 2. Die Adresse lautet: an / das Dekanalamt Erding / in / Fraunberg / Post Erding

Noch zur Information: Der Dekan des kirchlichen Landkapitels Erding war zu dieser Zeit der Pfarrer von Fraunberg. Er wurde von seinen Pfarrerkollegen in dieses Amt gewählt, deshalb befand sich das Dekanalamt jeweils für einige Jahre an wechselnden Orten im Umkreis von Erding. Also nicht wundern.

Viele Grüße aus Erding!
 
Postgeschichte München Am: 19.04.2022 11:14:08 Gelesen: 4782# 67 @  
Besten Dank Erdinger für die Hilfe.

Liebe Grüße
Peter II
 

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