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Thema: Indien Zensurpost
tito1948 Am: 09.05.2022 19:06:06 Gelesen: 1923# 1 @  
Indien Zensur WW II

Hallo Zensurfreunde,

ich habe angehängten Brief letzthin erwerben können. Aber erst beim genaueren Hinschauen fiel mir die Kuriosität dieses Dokumentes auf.

der Brief wurde am 22.8.1940 in Pedong, Darjeeling (Indien) Richtung Schweiz abgesandt (nicht Luftpost).

Ob das Porto stimmt weiss ich nicht, vermutlich ja. In der Schweiz wurde der Brief umadressiert, abgeschickt St. Maurice 16.12.1940 (Wegzeit Indien-Schweiz knappe 4 Monate.

Nach weiteren 5 Monaten kam der Brief an der neuen Adresse an, notabene 23 km vom Absender entfernt oder 1 Autostunde. Brief Indien-Schweiz-Indien total Reisezeit 9 Monate!

Auf dem Hin- und Rückweg wurde der Brief auf der linken Seite geöffnet, kontrolliert und wieder mit Zensurklebstreifen verschlossen (2 verschiedene) und mit Dreieck-Zensurstempel bestätigt, zuerst Nr 19 (unten links) oder Nr 12, beim zweiten Mal mit Nr. 18. Britisch-Indische Zensur.

Welchen langen Weg hat diese Briefhülle (ohne Inhalt) wohl hinter sich?

Ich wünsche allen einen schönen Abend
christoph


 
ChristianSperber Am: 25.05.2022 23:35:32 Gelesen: 1773# 2 @  
@ tito1948 [#1]

Hallo Christoph,

das ging wohl auf dem Seeweg bis Lissabon, dann Landweg über Spanien und das unbesetzte Frankreich in die Schweiz (und entsprechend zurück nach Indien).

Der Brief wurde zweimal von der Zensurstelle in Bombay (Kennbuchstabe C) geöffnet, nach meiner Einschätzung einmal als ausgehende und einmal als eingehende Post. Dies finde ich auch sehr ungewöhnlich.

Das Porto (3 1/2 Annas) für den See- und Landweg ist korrekt.

Grüße

Christian
 
tito1948 Am: 29.05.2022 09:39:47 Gelesen: 1738# 3 @  
Hallo Christian,

Vielen Dank für deine Erläuterungen zu diesem Beleg. Weshalb der Brief 9 Monate unterwegs war lässt sich wohl leider nicht feststellen, oder doch?

Sonst lassen wir's bei den Vermutungen!

Mit Sammlergruss
christoph
 
ChristianSperber Am: 29.05.2022 11:50:31 Gelesen: 1729# 4 @  
@ tito1948 [#3]

Laufzeiten von mehreren Monaten waren aufgrund von Kriegsereignissen nichts Ungewöhnliches. Auf dem Beleg sehe ich aber nichts Konkretes.

Schönen Sonntag

Christian
 
tito1948 Am: 30.05.2022 11:33:52 Gelesen: 1701# 5 @  
Hallo Christian,

hier noch einen weiteren Brief auch von Darjeeling nach der Schweiz, auch frankiert mit dreieinhalb Annas. Aber diesmal mit Doppelzensur. Ich denke britisch und deutsche Zensur.

Leider sind die Abgangsstempel nicht gerade optimal, vermutlich 29 Jan 43.

Ich habe den Verdacht, dass diese zwei Briefe irgendwie zusammen gehören.

Ich wünsche einen guten Wochenstart.

Gruss
christoph


 
ChristianSperber Am: 05.06.2022 22:32:40 Gelesen: 1629# 6 @  
@ tito1948 [#5]

Hallo Christoph,

dieser Brief wurde zuerst in Indien zensiert, und zwar in der Zensurstelle Calcutta (Kennbuchstabe A). Der Zensor DHA/4 hat den Brief zur Beförderung freigegeben (violetter Stempel vorderseitig).

Die zweite Zensur erfolgte durch die deutsche Auslandsbriefprüfstelle in Paris (Kennbuchstabe x). Die angebenen Verwendungsdaten für den roten Prüfstempel bei Landsmann [1] ab Februar 1943 bestätigen Deine Deutung des Datums im Stempel von Darjeeling. Auch die Ziffern auf der Vorderseite stammen von dort.

Für mich gibt es zwei markante Unterschiede zwischen Deinen Belegen Indien - Schweiz aus dem Jahr 1941 und 1943:

- Die Zensurmerkmale (Stempel und Verschlusszettel) in Britisch-Indien wurden geändert.
- Ende 1942 wurde ganz Frankreich besetzt, und die Schweiz war nicht mehr über neutrales Gebiet erreichbar. Daher die deutsche Zensur in Paris auf Deinem Beleg aus 1943.

Grüße

Christian

[1] Landsmann: Die Zensur von Zivilpost in Deutschland im 2. Weltkrieg. 2. Auflage, 2019
 
ChristianSperber Am: 06.06.2022 09:23:31 Gelesen: 1615# 7 @  
Literaturhinweis

Das wesentliche Handbuch zum Thema britisch-indische Zensurpost im Zweiten Weltkrieg wird von der Civil Censorship Study Group verlegt [1]. Weitere enthaltene Länder sind die Malediven, Ceylon, Burma, Malaysia und Hong Kong. Als Auszug zeige ich noch die Aufstellung der Kennbuchstaben der Zensurstellen im Hinblick auf die hier im Thread beschriebenen Belege.



Gruß
Christian

[1] Konrad Morenweiser: British Empire Civil Censorship Devices. World War II. British Asia. 5. Auflage, 2007
 
tito1948 Am: 11.06.2022 22:23:02 Gelesen: 1566# 8 @  
Hallo Christian,

Deine Ausführungen sind sehr interessant und ich möchte dir heute dafür ganz herzlich danken.

Übrigens habe ich versucht den Zensurkleber unten leicht zu lösen um den 1 Zensurstempel zu identifizieren = A, also wurde der Brief in Kalkutta zensuriert und sicher auch von dort per Seeweg nach Europa gemäss deinen obigen Angaben befördert. Der Rückweg ging aber über Bombay, vermutlich weil das damit beladene Schiff eben nach Bombay fuhr. Schiffsnamen sind keine angegeben!

Leider ist dieses Thema (noch!) nicht mein Sammelgebiet!

Ich wünsche einen schönen Sonntag

Gruss
christoph


 
ChristianSperber Am: 16.06.2022 11:46:53 Gelesen: 1511# 9 @  
@ tito1948 [#8]

Hallo Christoph,

vielen Dank für das erneute Zeigen Deines Beleges mit dem Nachweis, dass der Brief von zwei Zensurstellen geprüft worden ist. Wie gesagt; ein sehr interessantes Stück!

Nun möchte ich die Betrachtung des Postverkehrs Indien - Schweiz mit weiteren Stücken ergänzen:

Luftpost Indien - Schweiz Dezember 1939



Aufgegeben in Ulssor Bangalore am 22.12.1939, Ankunft in Bern am 5.1.1940.

Der Zensurstempel aus Karachi entstammt der ersten Stempelgeneration, die bis in die erste Jahreshälfte 1940 verwendet und dann von Stempeln wie im Beitrag [#8] ersetzt wurden. Der Zensor 25 scheint nicht nur seinen persönlichen Stempel sondern auch persönliche Verschlusszettel mit der Nr. 25 benutzt zu haben (Morenweiser Typ 8A2).

Die Frankatur beträgt 24 1/2 Annas und ergibt sich wie folgt:

Luftpostzuschlag je 1/2 Unze: 18 Annas
Brief Land- und Seeweg bis 1 Unze: 3 1/2 As
Einschreiben: 3 Annas

Wenn die Gewichtsangabe oben links stimmt, wäre der Brief unterfrankiert, wurde allerdings unbeanstandet mit Luftpost befördert.

Vor dem Kriegseintritt Italiens am 10.6.1940 konnten die Flugrouten über Ägypten und das Mittelmeer weiter betrieben werden, und wir beobachten hier zum Jahreswechsel 1939/1940 eine nur wenig durch die Zensurbehandlung verlängerte Postlaufzeit.

Grüße
Christian
 
ChristianSperber Am: 18.06.2022 23:56:22 Gelesen: 1490# 10 @  
Dreifachzensur Luftpostbrief Indien - Schweiz

Der Beleg entspricht Beitrag [#5], allerdings wurde Luftpost gefordert. Adressiert ist er an das Internationale Komitee des Roten Kreuzes in Genf.



Die erste Zensur erfolgte in Bombay (Kennbuchstabe C). Der Zensor DHC/457 hat geprüft (Stempel vorderseitig), DHC/66 hat freigegeben (Stempel rückseitig).

Die zweite Zensur erfolgte in Großbritannien (Examiner 487).

Die dritte Zensur erfolgte durch die Auslandsbriefprüfstelle in Paris (Kennbuchstabe x). Aus Paris stammen auch die vorderseitigen Ziffern in Bleistift: 445/1/78.

Der Brief (Poststempel Bombay vom 25.4.1943) ist mit Marken zu 14 Annas frankiert. Dies entsprach der Portostufe nach Großbritannien. In die Schweiz betrug das Porto 3 1/2 Annas für den Land- und Seeweg, zuzüglich 18 Annas für Luftpost, insgesamt also 21 1/2 Annas. Die Frankatur mit dem Porto für Großbritannien war ein Irrtum, der häufig vorkam.

In Indien wurde wurde der Brief als unzureichend frankiert erkannt und mit einem Taxvermerk 107 Goldcentimes versehen. Dies entsprach dem Fehlbetrag von 7 1/2 Annas. Die Schweizer Post hat allerdings darauf verzichtet, Nachgebühren vom Roten Kreuz zu erheben.

Der Beleg wurde per Luftpost über die Horseshoe Route nach Durban (Südafrika) befördert, möglicherweise mit 2E289, ab Karachi 3.5.1943, an Durban 8.5.1943 [1], S. 517. Für den April 1943 fehlen leider Angaben. Die Angaben zu Schiffen, die die Post nach Großbritannien weiterbefördert haben könnten sind lückenhaft. Die City of Lille verließ Durban am 5.6.1943 und erreichte Großbritannien am 20.7.1943 [1], S. 526.

In Großbritannien wurde erkannt, dass der Beleg nicht ausreichend für die Beförderung mit Luftpost frankiert war. Daher die Entwertung des Luftpostvermerks durch zwei rote Balken in London [2].

Weiterbeförderung auf dem See- und Landweg wie [#5]. Die gesamte Laufzeit dürfte trotz Luftpost etwa 3 Monate betragen haben.

Grüße

Christian

[1] Proud: Intercontinental Airmails Vol. II
[2] McQueen: Jusqu'à Airmail Markings
 
ChristianSperber Am: 19.06.2022 22:51:44 Gelesen: 1472# 11 @  
Und in Ergänzung zu Beitrag [#12] eine ähnliche Dreifachzensur Indien - Schweiz:



Kaum lesbare Aufgabestempel vom 19.5.1944.

Die erste Zensurbehandlung erfolgte in Karachi (Kennbuchstabe B). Der rückseitige Achteckstempel B7 ist ein Durchlaufstempel, auf die Öffnung des Briefes wurde in Karachi verzichtet.

Dafür erfolgte eine Öffnung in Großbritannien und zuletzt bei der Auslandsbriefprüfstelle München (Kennbuchstabe d).

Ob der lädierte Umschlag in Großbritannien oder München mit braunem Packband repariert worden ist, kann ich nicht eindeutig feststellen.

Das Paragraphenzeichen vorderseitig und die Zahl 4178 im roten Kasten sind Merkmale aus München.

Das Porto entspricht der zweiten Gewichtsstufe:

Land- und Seeweg bis 1 Unze: 3 1/2 Annas
Luftpostzuschlag je 1/2 Unze: 18 Annas
zusammen: 39 1/2 Annas
 
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