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Thema: Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt
Das Thema hat 931 Beiträge:
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Heinz 7 Am: 27.11.2018 12:02:01 Gelesen: 452092# 457 @  
@ Heinz 7 [#451]

Ich habe in den letzten Tagen etwas über Schwedens teuerste Raritäten nachgedacht. Nach der Tre Skilling Banco gelb (einmaliger Farbfehldruck) kommt lange, lange nichts mehr.

Betrachten wir einen Katalog, der auch Briefpreise zeigt, dann finden wir doch auch teure Stücke. Ich habe einen Scott-Katalog 2000 gefunden, und wir finden Antworten auf unsere Fragen:

Fünfstellige US$-Katalognotierungen finden wir - Irrtum vorbehalten - nur bei zwei Marken:

Sweden 33a. Numerals - Fehldruck - TRETIO Öre anstatt TJUGO (Wertziffer 30 statt Bezeichung 20)

ungebraucht US$ 8'250
gebraucht US$ 5'750
aus Brief US$ 18'000.

(siehe auch Rubrik: "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt").

Eine einzige Marke, kann diesen Wert noch übertreffen: wir finden die Nr. 1:
1855, Wappen, 3 Skilling blaugrün.

ungebraucht US$ 7'250
gebraucht US$ 2'750
aus Brief US$ 35'000.

Ich habe oben bereits einen Brief mit gleich mehreren Marken der Schweden Nr. 1 auf Brief gezeigt. Dieser Brief ist also vermutlich die "Nummer 2" in Schwedens Top-Ranking der teuersten philatelistischen Einheiten.

Maurice Burrus hatte in seiner wunderbaren Sammlung gleich ZWEI Briefe mit je 4 x der Nummer 1 von Schweden. Anbei auch das Foto von Los 2.



Im Auktionskatalog von Edgar Mohrmann hatten die Lose 1 und 2 die höchsten Preise der Schweden-Sammlung von Burrus: je 32'000 Mark. Es wäre interessant, die damaligen Zuschlagpreise zu kennen.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 27.11.2018 12:15:43 Gelesen: 452089# 458 @  
@ Heinz 7 [#451]
@ Heinz 7 [#457]

Ich möchte gerne etwas über die wertvollsten philatelistischen Einheiten sagen zum Land Schweden (neben dem weltberühmten TRE-SKILLING-BANCO-FARBFEHLDRUCK) und darum habe ich mich gefreut, dass mir dieser Katalog in die Hände kam:



Im Oktober 1998 gab es eine Auktion in Dänemark als folgender Brief angeboten wurde:



Wir sehen einen Brief von 1858 von Gefle via Ostende nach Sydney (Australien), freigemacht mit Marken der 1. Ausgabe von Schweden 1855:

2 x 6 Skilling Bco. grau
5 x 24 Skill. Bco. braunrot

Gemäss Losbeschreibung ist dies ein Unikat. Die fünf 24-Skilling-Marken sind zudem in zwei Farbnuancen. Der Auktionator beschrieb diesen Brief als

"The number one cover-gem of Swedish Philately"



Der Schätzpreis lag denn auch bei nicht unbescheidenen DKr. 1 Million. Das waren 1998 immerhin CHF 214'000 (Oktober 1998).

Wir haben also zumindest einen "Kandidaten" für den besten/teuersten Brief von Schweden.

Heinz
 
Ron Alexander Am: 05.12.2018 10:34:30 Gelesen: 450761# 459 @  
Schönen guten Morgen,

zwar keine Briefmarke aber ein interessanter Beleg!

Einstein-Brief für drei Millionen Dollar versteigert

Ein handgeschriebener Brief von Albert Einstein ist in New York für die Rekordsumme von 2,89 Millionen Dollar (2,55 Millionen Euro) versteigert worden. In dem Brief an den Philosophen Eric Gutkind bezweifelt der berühmte Physiker die Existenz Gottes. Das Auktionshaus Christie's sprach von einem Rekordpreis für einen handgeschriebenen Brief von Einstein.

In dem auf Deutsch verfassten Schreiben von 1954 führt Einstein aus, dass für ihn das Wort "Gott" nichts anderes als der Ausdruck der menschlichen Schwäche sei. Auch seine eigene, jüdische Religion bezeichnet er wie alle anderen Religionen als Aberglauben. Zuletzt war dieser Brief laut Christie's im Jahr 2008 für 404.000 Dollar an einen privaten Sammler verkauft worden.



Foto: REUTERS
Quelle: https://www.n-tv.de/der_tag/Mittwoch-der-5-Dezember-2018-article20755418.html
 
merkuria Am: 05.12.2018 14:01:27 Gelesen: 450738# 460 @  
@ Ron Alexander [#459]

Hallo Ron,

ich habe etwas nach diesem Brief geforscht und konnte eine bessere Abbildung des Umschlags finden. Auch habe ich eine Abbildung des Schreibens, welches ich allerdings in vier Teile zerlegen musste, um es lesbar zu machen! Der Inhalt des Schreibens ist fast interessanter als der Umschlag.




Reihenfolge zum Lesen: 1 - 2
....................................... 3 - 4



Grüsse aus der Schweiz
Jacques
 
Heinz 7 Am: 05.12.2018 14:42:06 Gelesen: 450721# 461 @  
@ Ron Alexander [#459]
@ merkuria [#460]

Lieber Ron, lieber Jacques,

der erzielte Preis liegt zu Null Prozent bei der Briefmarke, sondern zu 100 % in der Sache begründet: Schreiben von Einstein, mit wichtigem Inhalt.

Ich registriere darum dieses Exemplar nicht unter den b.u.w.B. der Welt, wofür ich um Verständnis bitte.

Danke aber für die interessante Meldung!

Rekap:
Wert: (gemäss Price realized):
1. Briefmarke auf Brief: US$ 0.01
2. Briefinhalt: US$ 2'999'999.99

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.12.2018 21:36:24 Gelesen: 450667# 462 @  
@ Heinz 7 [#420]
@ Heinz 7 [#422]

Im September habe ich die 76 wertvollsten Portwertzeichen (1 Ganzsache und 75 Briefmarke) des Jahres 1912 in einer Übersicht gezeigt. Wir haben gesehen, dass einzelne, heute sehr teure Marken vor 106 Jahren noch nicht sehr hoch bewertet wurden.

Im November habe ich einen Exkurs in die Gegenwart gemacht und vor allem die Katalog-Notierungen von Schweizer Superraritäten studiert. Auch über Schwedens Top-Stücke habe ich mir einige Gedanken gemacht. Doch ich habe meinen "Fahrplan" durch die Geschichte nicht vergessen und möchte heute nochmals fragen, ob denn die Liste 1912 in Beitrag 422 komplett war.

1986 fand in Hamburg ein Auktion statt des legendären Auktionators Wolfgang Jakubek. Auf dem Titelblatt seiner 6. eigenen Auktion (zuvor war er lange Jahre erfolgreicher Auktionator beim Auktionshaus Edgar Mohrmann) prangte eine Schönheit, die unsere volle Aufmerksamkeit verdient.



1851, Cotton Reel, 2 Cents statt 12 Cents blau, auf vollständigem Faltbrief. Die "1" von "12" fehlt, also sieht es nach einer 2 Cents Marke aus. Ein unglaublich seltener Fehldruck - es ist nur dieses eine Stück bekannt.

Entsprechend hoch wurde der Brief dann auch gelobt und mit einem Startpreis von DM 150'000 ausgezeichnet. Das war vor 32 Jahren ein hoher Preis. Angeblich zierte dieses Unikat die Sammlungen von Ferrary und Burrus!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 05.12.2018 22:01:03 Gelesen: 450661# 463 @  
@ Heinz 7 [#462]

Wenn wir im Senf 1912 nachsehen, finden wir keinerlei Hinweise auf diesen Fehldruck. Und auch im Buch von Haas 1905 ist dieses Unikat nicht in den Listen der Besten enthalten. Darum FEHLT diese Abart in unseren Tabellen!

Ich habe mir nun die Auktionskataloge von Ferrary geschnappt und gesucht, ob dieses Unikat wirklich in der Sammlung von Ferrary war. Tatsächlich finden wir das Los!

Britisch Guiana wurde angeboten: (dank dem Index von Napier ist dies rasch festzustellen):

1. Auktion, Lose 32 - 55
2. Auktion, Lose 176 - 278
3. Auktion, Lose 287 - 295
10. Auktion, Lose 169 - 213
13. Auktion, Lose 86+87

Los 199 der 2. Auktion ist das gesuchte Los:

"Guyane Anglaise. 1850. Variété. 2 cents au lieu de 12 c. noir sur bleu pâle (E.D.W.) défectueux, obl. sur lettre".

Hier fehlte ein Hinweis auf die Einzigartigkeit dieser Marke. Sie wurde auch nicht abgebildet, obwohl die Auktion damals reich bebildert war (immerhin 21 Fototafeln(!) bei nur 634 Losen).

Der Fehldruck wurde 1921 auch sehr günstig verkauft. Der Zuschlag erfolgte bereits bei FFR 3'600.

Nun wissen wir also, dass dieser Fehldruck anfangs des XX. Jahrhunderts nicht oder kaum bekannt war und deshalb auch nicht hoch bewertet wurde. Eine grosse Wertschätzung erfuhr die Abart aber in dem bahnbrechenden Werk von Townsend & Howe von 1970; dort wurde der Brief bereits auf der ersten Farbfototafel gezeigt.

Ich werde später, bei der Besprechung der Auktionen Ferrary und Burrus, auf die Preisentwicklung zurückkommen. Aber wir sehen: die 2 Cents blau gehörte 1912 zu Recht NOCH NICHT auf die Liste der wertvollsten B. der Welt! Dieser Platz erkämpfte sie sich erst später!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 11:39:09 Gelesen: 450167# 464 @  
@ Heinz 7 [#422]

Meine treuen Leser wissen, dass ich die "Ausgangslage" (die wertvollsten Briefmarken der Welt im Jahre 1912) sehr sorgfältig dargestellt habe. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass uns noch die eine oder andere Marke fehlt, die eigentlich auch auf die Liste gehört hätte, aber das macht ja nichts; wir haben auch später noch die Möglichkeit, diese Marken zu besprechen.

@ Heinz 7 [#225]

In Beitrag [#225] habe ich aufgezählt, welche Aspekte wir zu einem umfassenden Bild der "wertvollsten" auch noch beachten sollten: Teuerste Einheiten Europas und der Welt (z.B. Viererblocks oder Paare, insbesondere Kehrdruck-Paare), teuerste Briefe Europas und der Welt, teure Spezialitäten: Ersttag-Briefe, seltene Stempel, Destinationen, Frankatur-Kombinationen ... - aber: Freunde! - DIESE Aufgabe ist - rückwirkend auf die Situation von vor 106 Jahren (1912) fast nicht zu bewältigen. Erstens fehlen dazu Katalogisierungen und es wurden auch nur vereinzelt Auktionsergebnisse von solchen Spezialitäten veröffentlicht. Wir könnten also, trotz redlicher Versuche, nur ein sehr rudimentäres Bild der Wert-Situation 1912 dieser "Extras" zusammen entwickeln.

Ich habe mich darum entschlossen, ab heute den nächsten ganz grossen Schritt zu wagen in der "Erkenntnisgewinnung" zu unserem wunderbaren Thema. Ich werde die Ferrary-Auktionen ab 1921 analysieren und zeigen, welche Lose hohe Ergebnisse erzielten. Unsere oben gewonnenen Kenntnisse, die wir den Arbeiten von Theodor Haas 1905 und Schubert 1913 und natürlich den Katalognotierungen von Senf (1912/1913) und anderen entnehmen, werden bestätigt, in Frage gestellt und erweitert.

Es wird spannend. Seid ihr bereit?

Weil wir ja schon sooo viel wissen, möchte ich nicht "hinten" anfangen und Platz 50 bis 1 vorstellen, und meine treuen Leser lange "zappeln" lassen, bis wir wirklich zu "den Besten von Ferrary" kommen. Ich meine, wir haben mehr davon, wenn wir bei den Teuersten beginnen, und dann auch unsere ganze Aufmerksamkeit den hinteren Rängen (abseits der Top Ten) widmen.

Einverstanden?

Es ist eine Situation, ein bisschen wie an Weihnachten. Man sitzt vor den Geschenken, sie sind alle noch eingepackt, und man ahnt bloss, was darin sein könnte. Gleichzeitig weiss man, dass es die SCHÖNSTEN, umfassendsten Weihnachten sein werden, unübertrefflich. Eine Situation, wie sie nie mehr vorkommen wird! - Warum?

Philipp La Renotière von Ferrary war der unbestritten grösste Briefmarkensammler aller Zeiten. Schluss. Punkt. Dass seine Sammlung ab 1921 verkauft wurde, war eine unvergleichliche Möglichkeit einer Vergleichsmöglichkeit Ganze Welt.



Heinz
 
Totalo-Flauti Am: 09.12.2018 12:14:40 Gelesen: 450146# 465 @  
Lieber Heinz,

Popcorn, Cola stehen bereit, der Eisverkäufer ist gerade wieder raus und der Platzanweiser schickt den letzten Dazugekommenen auf seinen Platz. Ich schaue gespannt auf die Bühne und kann es kaum erwarten, was sich hinter dem philatelistischen Vorhang verbirgt. Vielen Dank!

Mit lieben Sammlergrüßen

Totalo-Flauti.
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 12:51:26 Gelesen: 450125# 466 @  
@ Heinz 7 [#464]

Die erste und zweite Auktion 1921 Ferrary in Paris sorgten für grösste Aufmerksamkeit und manche Sensationsmeldungen. Das höchste Ergebnis aller Auktionen wurde aber an der 3. Auktion erzielt. Sie fand statt am 5. - 7. April 1922.

Es wurden an diesen drei Tagen nur 634 Lose versteigert. Viele Lose wurden mit Fotos vorgestellt, wir haben immerhin 20 Fototafeln zum Verkaufskatalog. Interessant war, dass keine Start- oder Schätzpreise und auch keine Katalogwerte angegeben wurden! Der Bieter musste also selber wissen, wie viel ihm ein Los wert sein soll.

Ökonomisch eine sehr interessante Situation: die Preisfindung erfolgte über den Markt, und nur über die damals vorliegenden Gebote. Es gab keine Verfälschungen über vielleicht zu hohe Ausruf-Preise (wie wir dies heute an Auktionen manchmal feststellen).

Zur Erinnerung.

Senf 1912 und Senf 1913 bewerten die Blaue Mauritius 2 Cents am höchsten mit 25'000 Mark. Am 14.8.2017 habe ich auf die Währungssituation anfangs des XX. Jahrhunderts hingewiesen

@ Heinz 7 [#214]

Die 25'000 Mark galten also ca. CHF 30'860 (Schweizer Franken). Der Französische Franc war einem Schweizer Franken 1912 gleichwertig! Die Kriegsjahre 1914-1918 brachten in einigen Ländern grosse Geldwert-Turbulenzen und Teuerungsschübe und die Geldwertstabilität der früheren Jahre ging verloren.

Los 295 erzielte im April 1922 dann ein sensationelles Ergebnis:

FF 300'000 wurde bezahlt für...



Dazu kam ein staatliches Aufgeld von 17.5 % (!). Ich errechnete also einen Kaufpreis von CHF 165'869. Meine Rechnung:

Gemäss PR-Liste galt das britische Pfund damals 48.15 FRF. Das ergibt also
FRF 352'500 = GB£ 7321

Gemäss Statistik der Schweiz. Nationalbank galt das Pfund im April 1922: 1 GB£ = CHF 22.657

Das war natürlich absolut schwindelerregend und war der Weltrekordpreis, der je für eine Briefmarke bezahlt wurde.

Das Unikat:

British Guiana, 1856, Segelschiff, 1 Cent schwarz auf karmin, Michel Nummer 9
setzte sich 1922 auf den Thron und konnte diesen bis heute immer wieder eindrücklich verteidigen.

Dies haben wir auf Philaseiten schon mehrfach erwähnt und ist - natürlich - von zahlreichen Autoren in der philatelistischen Literatur schon ausführlich beschrieben worden.

Heinz
 
bayern klassisch Am: 09.12.2018 13:24:35 Gelesen: 450100# 467 @  
@ Heinz 7 [#466]

Lieber Heinz,

hier sitzt noch einer im Sessel und harrt deiner wundervollen Aufarbeitung - klasse und bitte weiter machen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 13:42:18 Gelesen: 450089# 468 @  
@ Heinz 7 [#466]

Es mag uns interessieren, was denn dieses Ergebnis in "heutigem Geld" wert ist.

Ich habe bereits Dutzende von Stunden mir den Kopf zerbrochen, wie wohl solche Resultate umgerechnet werden sollten. Schliesslich habe ich mich für eine "einfache" Lösung entschieden.

Ergebnisse des 20. Jahrhunderts werden umgerechnet in Schweizer Franken und danach verzinst mit 3 % pro Jahr bis 1.1.2000. Danach reduziert sich der Verzinsungs-Faktor auf 0,4 %.

Damit errechne ich

5.4.1922 = FRF 300'000 + 17.5 % = CHF 165'869
31.12.1922 = CHF 169'532
31.12.1999 = CHF 1'650'889
31.12.2018 = CHF 1'780'980

Daraus sehen wir:

Der Preis 1922 war damals schon viel wert.
Heute ist DIESE Marke noch deutlich mehr wert.
Bekanntlich erreichte sie bei Sotheby's am 17.6.2014 den Preis von sensationellen US$ 9,48 Mio.

Damit steht sie wieder weit vor allen anderen. So wie 1922.

Sie hat sich preislich nicht linear entwickelt, aber immer wieder die Spitzenposition erobert. Sie war 1922 die Königin und ist es heute wieder bzw. immer noch.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 13:44:34 Gelesen: 450088# 469 @  
@ Totalo-Flauti [#465]
@ bayern klassisch [#467]

Danke, danke, Freunde! Für heute soll (muss) es genug sein. Aber ich werde mich bemühen, die nächsten Tage fleissig weitere Ergebnisse liefern zu können!

Herzliche Grüsse
Heinz
 
Heinz 7 Am: 09.12.2018 22:53:47 Gelesen: 449828# 470 @  
@ Heinz 7 [#468]

Ich möchte mich entschuldigen.

Ich habe im obigen Beitrag den Zinssatz von 3 % für das 20. Jahrhundert verwendet. Das war sicherlich wohlüberlegt, aber vielleicht war es doch zu vorschnell.

Ich habe diese Frage mit einem Freund mehrere Male besprochen. Aufgrund unserer Arbeiten hatten wir uns nicht festlegen wollen, ob wir den Zinssatz bei 3 oder 3 1/4 Prozent festlegen wollen. Wir haben diese Frage nie definitiv entschieden. Auch 3 % war - bei beiden - anerkannt als "möglicher (korrekter) Wert".

Nun bin ich in meiner Arbeit vorgesprescht und habe die 3 % für meine Arbeit genannt. Kaum habe ich das getan, meldete sich mein Freund und sagte, er tendiere seit einigen Monaten doch eher zum höheren Wert (3 1/4 %). Er erläuterte mir seine Meinung und ich kann sie nachvollziehen.

Kurzum: Ich bin ein bisschen unglücklich, dass ich nicht Rücksprache genommen habe, mit ihm, bevor ich meinen Beitrag [#468] geschrieben habe. Heute Abend würde ich wohl der Empfehlung meines Freundes folgen, und ebenfalls 3.25 % als Aufrechnungswert einsetzen. Dieser Wert fasst die tatsächliche Situation in der Schweiz 1910-1999 vielleicht NOCH genauer zusammen, als der Wert von 3 Prozent.

Also, liebe Leser: bitte erlauben Sie mir, mich zum Start meiner Arbeit über die Aufrechnung der Preise heute noch zu korrigieren: ich will folgende Werte verwenden:

1.1.1910-31.12.1999: 3.25 %
1.1.2000-31.12.2018: 0.40 %.

Bitte denken Sie nicht, dieser Entscheid spielt keine Rolle! Sie bewirkt eine Erhöhung der Werte der Ferrary-Auktion um über 20 Prozent wie folgende Tabelle zeigt.

5.4.1922 = FRF 300'000 + 17.5 % = CHF 165'869
31.12.1922 = CHF 169'837
31.12.1999 = CHF 1'993'274
31.12.2018 = CHF 2'150'342.

Danke für das Verständnis.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.12.2018 23:34:52 Gelesen: 449412# 471 @  
@ Heinz 7 [#464]

Die Spannung war riesig. Viele der grossen Sammler waren persönlich erschienen oder liessen sich durch ihre Kommissionäre vertreten; die erste Auktion der fabelhaften Sammlung "Ferrary" stand vor der Türe, am 23. Juni 1921 kam die erste Portion zur Versteigerung!

In der philatelistischen Presse sagte man - zum Teil - ein Einbrechen der Preise voraus. Autoren fürchteten die schiere Menge an Grossraritäten in der Sammlung des "Briefmarken-Königs" könnten vom Markt nie geschluckt werden.

Monsieur Gilbert, der philatelistische Experte, liess sich aber nicht beirren und in der ersten Auktion wurde dem gierigen Publikum nur eine kleine Portion "zum Frass" vorgeworfen. Nur knappe 172 Lots aus der riesigen Sammlung wurden offeriert und nur ein Los war ein grösseres Los (Los 172: die gesamte Uruguay-Sammlung mit 2222 Marken), sonst wurden fast nur Einzellose angeboten, oder kleine Sätze (nur Los 63+124 umfasste mehr als 10 Marken neben Los 172).

Fred Melville, der Enthusiast, war natürlich auch an der Auktion dabei - Er schrieb nach der Auktion einen begeisterten Kommentar, z.B. im "Stamp Lover".

Die ersten 10 Lose waren Dreieck-Marken vom Kap der Guten Hoffnung. Los 9 stieg hoch und höher (mehr davon später). Dann kamen ein paar Lose Ceylon und Sizilien bevor Los 32 ausgerufen wurde:

"GUYANE ANGLAISE. 1850, 2 c. noir sur rose en paire verticale, obl. sur lettre entière, les plus beaux exemplaires connus de ce timbre, pièce rarissime. (Photo pl. 1.)"



Ich habe hier diesen Brief aus einem Auktionskatalog von 1989 kopiert.

Die Gebote starteten erst bei Francs 104'000! Das heisst, es lagen schon zu Beginn sehrsehr hohe Gebote vor. Doch die Gebote schraubten sich immer weiter in die Höhe. Und ... ja, auch FRF 200'000 wurde geboten ... nächstes Gebot: FRF 205'000, immer noch kein Zuschlag. FRF 208'000 ... aber noch einmal wurde das Gebot erhöht: FRF 210'000 bot der französische Sammler Maurice Burrus.

Dies war damals ein sensationeller Weltrekord.

Machen wir noch unsere Rechnung ins hier und jetzt (aufgerechnet mit 3.25 % im 20. Jahrhundert, siehe Beitrag 470):

23.6.1921: FRF 210'000 + 17.5 % Zuschlag = FRF 246'750 = GB£ 5'289 (Kurs damals 1 GB£ = FRF 46.65) = CHF 117'610 (Kurs damals 1 GB£ = CHF 22.235)
31.12.1921: CHF 119'595
31.12.1999: CHF 1'449'231
31.12.2018: CHF 1'563'429

Das mag nun viele überraschen! Kein Mauritius-Brief ist an zweiter Stelle, sondern eine weitere Rarität aus British Guiana!

Und der damals bezahlte Preis war brutal hoch. Aufgerechnet auf heute errechne ich einen Kaufpreis von CHF 1.56 Millionen Franken! Dieser Preis wurde vermutlich für dieses Stück nie wieder bezahlt, aber wir werden das noch verifizieren!

Die philatelistische Welt hatte ihre Sensation und alle waren begierig zu wissen, wie es weitergeht.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.12.2018 16:55:06 Gelesen: 449270# 472 @  
@ Heinz 7 [#464]

(Fortsetzung)

An der magischen Auktion im Juni 1921 folgten die hohen Zuschläge Schlag auf Schlag. Los 32 hatte einen Traum-Zuschlag erzielt, kurz darauf wurde Los 56 ausgerufen:

„Hawaii. 1851-52. 2 c. blau, probablement le plus bel exemplaire qui existe de ce timbre, à peine oblitéré en bleu. (Photo pl. 3.)



Interessant, dass die Marke als gestempelt beschrieben wurde! Später wurde die Marke als ungebraucht definiert, und als solche ist sie ein Unikat!

Die Marke erreichte von allen Ferrary-Losen das dritthöchste Ergebnis: FRF 156‘000! Dies war, umgerechnet: GB£ 3‘929 (FRF 183‘300) oder CHF 87‘367 oder US$ 14‘701.

Die Marke war 1911 im Senf nicht bewertet (-.-), jedoch 1913 im Senf mit 30‘000 Mark bewertet und überflügelte damit sogar die zwei Mauritius-Post-Office-Marken.

Rechnen wir die Ergebnisse 1921 wieder um in die heutige Zeit, so erhalten wir:

23.06.1921: CHF 87'367
31.12.1921: CHF 88'842
31.12.1999: CHF 1‘076‘572
31.12.2018: CHF 1‘161‘405

Käufer war wiederum Maurice Burrus!

Nehmen wir das Buch von Theodor Haas zur Hand („Lehrbuch der Briefmarkenkunde“) von 1905 dann sind wir beeindruckt:



Der hier gezeigte Scan ist ein Ausschnitt aus Seite 477, wo die 5 seltensten Marken genannt wurden. Und – es ist kaum zu glauben: Platz 1-3 bei Haas ist absolut identisch mit der Reihenfolge der tatsächlich erzielten Preisen 16 bzw. 17 Jahre später bei den Auktionen Ferrary!

Haas ist für seine gute Beobachtung/Einschätzung also sehr zu loben. Ich denke, das stellt auch Leipzig als philatelistischem Zentrum und der dort ansässigen Firma "Gebrüder Senf" ein gutes Zeugnis aus. Kataloge gab es auch in Belgien, Frankreich, Grossbritannien, USA, u.s.w., doch Senf war zweifellos einer der besten Ratgeber.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.12.2018 21:37:11 Gelesen: 449125# 473 @  
@ Heinz 7 [#472]

Das Los mit dem viertgrössten Preis hat - nominell gesehen - sogar einen höheren Zuschlag als die drittplatzierte Hawaii-Marke aus Beitrag 471. Aber der französische Francs verlor in den Jahren 1921-1924 dramatisch an Wert, sodass der Preis in Schweizer Franken tiefer war als beim Hawaii-Los fast dreieinhalb Jahre zuvor.

1. Auktion: FRF 156'000 + 17.5 % = FRF 183'300; 23.6.1921 = Wechselkurs 1 GB£ = 46.65 FRF, also GB£ 3'929 (oder US$ 14'701) = CHF 87'367
11. Auktion: FRF 200'500 +19.5 % = FRF 239'597.50; 19.11.1924 = Wechselkurs 1 GB£ = 87.55 FRF (!), also GB£ 2'737
(oder US$ 12'675) = CHF 65'276.

Welches Los erreichte denn 1924 diesen Super-Preis?

Die Ferrary-Auktionen fanden statt in Paris. Natürlich interessierten sich die einheimischen Sammler brennend für die Marken des Heimatlandes Frankreich. Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt! Erst an der 11. Auktion kamen die ersten Lose Frankreich zur Auktion: Lose 1-318 und 361, am 19./20.11.1924. (Die ganze Auktion umfasste 635 Lose, auch noch am 21.11.1924).

Die Lose fanden grossen Zuspruch und viele Preise waren sehr hoch.

Frankreichs Erstausgabe 1849 hat zwei verschiedene 1 Franc-Werte:
Yvert & Tellier No. 7f: vermillon pâle (dit: Vervelle)

Im Katalog von Y&T. von 1916 finden wir folgende Notierungen (für ungebrauchte Marken):

No. 7 - Vermillon vif = FRF 2'500
No. 7a - rouge terne = FRF 1'500
Nr. 7b - vervelle = FRF 750.

An der Ferrary-Auktion am 19.11.1924 wurde unter Los 59 angeboten:
"FRANCE. 1849. 1 F. vermillon (Vervelle) tète-bèche dans un bloc de 4, très jolie pièce unique, photo pl.3."


das Foto stammt aus dem Auktionskatalog vom 17.11.2003 (Spink Behr)

Das Los wurde irrsinnig teuer an der 11. Auktion.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.12.2018 22:24:01 Gelesen: 449109# 474 @  
@ Heinz 7 [#473]

Der Hammer fiel erst bei FRF 200'500! Dazu kam ein Aufgeld von nun 19.5 %, das ergab den stolzen Preis von FRF 239'597.50; oder GB£ 2'737 = US$ 12'675 = CHF 65'276.

Umgerechnet auf heute erhalten wir folgenden Wert in Schweizer Franken (heute)

31.12.1924 = CHF 65'518
31.12.1999 = CHF 721'299
31.12.2018 = CHF 778'136

Das ist natürlich ein gewaltiger Preis, der heute für dieses Stück immer noch bezahlt wird!

An der Auktion vom 17.11.2003 in Paris wurde das Los angeboten. Schätzpreis war Euro 325'000-425'000. Zuschlag war bei Euro 460'000 + 15 % Aufgeld = Euro 529'000 x 1.5587 = CHF 824'552.

(Ja, der Euro war vor 15 Jahren noch viel mehr wert als der Schweizer Franken).

Das heisst, der Preis 2003 lag zeitbereinigt ca. 6 % höher als 1924!

Früher galt dieser Kehrdruck-Viererblock als wertvollste Einheit von Frankreich. In der Losbeschreibung 1924 stand: "unique", doch 7 Jahre später wurde eine Rieseneinheit des Wertes "vervelle" gefunden, ein 22er-Block! Dieser wurde dann aufgeteilt. Wir habe an anderem Ort bereits über diese beliebte Rarität von Frankreich gesprochen.

Dass der Tête-bêche Viererblock an den Ferrary- "Festspielen" aber den vierten Platz erzielen konnte, war vermutlich für viele eine angenehme Überraschung. Der "Heimvorteil" hat hier bestimmt etwas mitgeholfen!

Käufer des Superstückes war übrigens: Arthur Hind!

Wir sehen also, dass sich Burrus und Hind die teuersten Stücke von Ferrary teilten:
Hind: Platz 1+4
Burrus: Platz 2+3.

Andere reiche Sammler waren vorher "ausgestiegen".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.12.2018 21:14:12 Gelesen: 449025# 475 @  
@ Heinz 7 [#464]

Mister Arthur Hind geht in Führung! 3:2 gegen Monsieur Maurice Burrus!

So könnte man die Auswertung der Top-Five-results der Ferrary-Auktionen plakativ überschreiben. Denn diese zwei Sammler teilten vor über hundert Jahren die teuersten Käufe aus dem Schatz von Ferrary unter sich auf! (siehe oben, Beiträge 464-474).

An der 3. Auktion wurde nicht nur die British Guiana, 1 Cent verkauft, sondern, am dritten Tag, am 7.4.1922, auch x Raritäten der Vereinigten Staaten. 114 Lose "Etats unis" kamen (unter anderem) zum Verkauf (Lose 458-571). Los 556 erreichte einen besonders hohen Verkaufs-Wert:

"556. Etas-unis. Boscawen. 5 c. bleu pâle sur papier mince jaunâtre, resté neuf sur lettre. La pièce a été expertisée et signée par M. John N. Luff au verso de l'enveloppe. Seule pièce connue. (Photo pl. 16.)"

Übersetzung: Vereinigte Staaten. 5 Cents blassblau auf dünnem gelblichen Papier, neu (ungebraucht) geblieben auf Brief. Das Stück wurde geprüft und signiert von Herrn John N. Luff auf der Rückseite des Briefumschlages. Einzig bekanntes Stück".



Hier zeige ich den Brief aus dem Buch/der Sammlung von Erivan Haub.

Der Preis für diese Rarität stieg und stieg an der Auktion immer weiter. Zwar war die Rarität bekannt, aber bis 1920 meines Wissens in keinem Katalog bewertet. 1922 kam dieses Unikat zum ersten Mal auf den Markt.

Welchen Wert hat solch ein Unikat? Der Markt hat in diesem Fall entschieden:
sehr viel! Erst bei FRF 105'000 fiel der Hammer

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.12.2018 21:57:51 Gelesen: 449015# 476 @  
@ Heinz 7 [#475]

FRF 105'000 am 7.4.1922 werden von mir hochgerechnet auf CHF Ende dieses Jahres 2018 wie folgt:

7.4.1922 = FRF 105'000 + +7.5% = FRF 123'375 = GB£ 2'562 = US$ 11'252 = CHF 58'054
31.12.1922 = CHF 59'432
31.12.1999 = CHF 697'517
31.12.2018 = CHF 752'481

Leon Norman Williams schrieb 1993 zu dieser Briefmarke, dass die Boscawen vielleicht die best bekannte Marke der US-Postmeistermarken ist. Postmeister Worcester Webster gab sie 1846 heraus. Seit 1865 ist der Brief in Sammlerhand:

1865 H. H. Lowrie erhielt die Marke (den Brief) von einem Postbeamten
1894 offerierte Lowrie den Brief einem bekannten US-Sammler: Hiram E. Deats. Dieser kannte die Briefmarke (verständlicherweise!) nicht, aber kaufte sie angeblich für US$ 5.00

Die Marke wurde John Luff vorgelegt, dem führenden Kenner der US-Klassiker, der die Marke in seinem Buch auch erwähnte.

1912 wurde Deats Sammlung verkauft an Warren H. Colson, der die Marke tauschte (Ferrary).

Und nun, 1922, erzielte der Brief einen sensationellen Preis. Die Nachfrage nach US-Raritäten war generell hoch, und viele der zuvor nicht bewerteten Raritäten erhielten erstmals ein "Preisschild".

Ich werde später zeigen, dass die "Boscawen" später nicht immer so extrem teuer wurde.

Im Katalog von Michel 2010 wurde sie bewertet mit "nur" Euro 250'000, das ist nur noch ein Bruchteil des Preises, den die Marke 1922 tatsächlich erzielte.

Nicht alle Briefmarken stiegen im Wert in den letzten rund 100 Jahren! Wenn es mir gelingt, zu zeigen, dass auch vor 100 Jahren schon durchaus stattliche Preise bezahlt wurden, dann freut mich das.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.12.2018 22:04:38 Gelesen: 448942# 477 @  
@ Heinz 7 [#464]

Heute möchte ich Ihnen das Los vorstellen, das an den Ferrary-Auktionen den sechsthöchsten Zuschlag erzielte. Dazu möchte ich Sie um etwas Phantasie bitten.

Kennen Sie Hubert Griebert? Ich auch nicht. Aber ich kenne Hugo Griebert, er war ein Philatelist erster Güte. Geboren 1867 war er anfangs XX. Jahrhundert ein Briefmarkensammler und -händler. Er erwarb sich höchste Anerkennung, vor allem durch seine Studien zu den Marken von Uruguay und Spanien. 1910 publizierte er "A study of the stamps of Uruguay", 10 Jahre später sein bahnbrechendes Werk "The Stamps of Spain 1850-1854". Griebert war eine Autorität auf seinen Sammelgebieten. Für sein Werk über Spanien wurde er als erster mit der Crawford Medal der Royal Philatelic Society London ausgezeichnet. 1921 wurde er auch als einer der ersten Philatelisten eingeladen, die (neu geschaffene) Roll of Distinguished Philatelists zu unterschreiben. Damit war er "im Olymp" der Briefmarkensammler angekommen. Grössere Ehre kann einem Sammler nicht zuteil werden. Hugo Griebert war damals 54 Jahre alt.

Im November 1922, ein Jahr später, kam es zur 5. Auktion des verstorbenen "Briefmarkenkönigs" Ferrary. Eine schöne Portion Spanien wurde angeboten - und Herr Hugo Griebert wusste, dass sich ihm eine Chance bot, die vielleicht einmalig war!

Ich habe bereits im Artikel "Farbfehldrucke" (Beitrag 2) darauf hingewiesen, dass Spanien 1851 einen Farbfehldruck "bekam". Siehe Beitrag 2:

"Einer der ganz seltenen und ganz teuren Farbfehldrucke ist die Marke von Spanien, 1851. Schon bei der zweiten Ausgabe von Spanien (Königin Isabella II mit Diadem im Oval; Michel Nr. 6-11) gab es einen Fehler. In die Druckplatte der 6 Reales blau (Michel 10 w) wurde versehentlich ein Klischee der 2 Reales eingesetzt. Normalerweise wurde die 2 Reales (Michel 8 w) orangerot gedruckt. Im 6 Reales-Bogen wurde nun das Klischee mit Nominale 2 Reales ebenfalls blau eingefärbt. Offenbar wurde der Fehler früh bemerkt, denn es sind bis heute nur ganz wenige dieses Farbfehldruckes bekannt geworden. (...). Von den heute bekannten drei Stück ist eines im Museum (British Library, Tapling Sammlung, siehe Beitrag 328 von Thema: "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt"). Eine weitere Marke hängt aber noch mit einer 6 Reales Marke zusammen, und ist darum besonders wertvoll!"

Genau DIESES Stück war in der Sammlung Ferrary!



Das Stück ist einmalig! Ein Fehldruck, der mit einer normalen Marke zusammenhängt, ist natürlich das Non-plus-Ultra. Verständlich, dass Hugo Griebert ein grosses Ziel hatte.
 
muemmel Am: 14.12.2018 22:39:31 Gelesen: 448934# 478 @  
Mannomann,

das ist ja mitunter spannender als ein Krimi.

Grüßle
Mümmel
 
Heinz 7 Am: 14.12.2018 22:42:33 Gelesen: 448932# 479 @  
@ Heinz 7 [#477]

Hugo Griebert wusste genau, dass dieses Los eine für ihn unvergleichbare Weltrarität war.

Erinnern wir uns: Haas setzte diesen Fehldruck 1905 kurzerhand an die Spitze ALLER Fehldrucke und Abarten! VOR dem Baden-Fehldruck, VOR der Schweden 3-Skilling-Marke! Nur drei Exemplare des Spanien-Fehldruckes waren bekannt, und eines davon war zudem in einem Museum "gefangen". Die 2 Reales-Marke im Paar mit einer normalen 6 Reales war zweifellos äusserst begehrenswert!

Griebert hatte an den Auktionen 1-4 sicherlich gesehen, dass die ambitionierten Sammler bereit waren äusserst hohe Preise für die Super-Raritäten auszulegen. An der fünften Auktion aber wollte er sich nicht von den Superreichen das Beste wegschnappen lassen.

Hugo Griebert bot gnadenlos mit. Wir wissen, dass im Senf-Katalog 1913 die höchste Notierung bei 30'000 Mark lag, oder ca. 40'000 Französischen Francs. In den Kriegsjahren 1914-1918 war der Briefmarken-Markt gestört, und jetzt, 1922 kam es zur ganz grossen "Neu-Orientierung".

Griebert musste feststellen, dass 40'000 Französische Francs nicht ausreichten. Auch 60'000 nicht, auch 80'000 nicht, ja sogar die Grenze von FRF 100'000 wurde einfach durchschlagen.

Ich kenne die finanziellen Ressourcen von Herrn H. Griebert nicht. Aber wenn ein Sammler bereit ist, ein so hohes Vermögen für ein Briefmarken-Los hinzugeben, dann können wir erahnen, wie wichtig Herrn Hugo Griebert die Erfüllung seines Wunsches war.

Hugo Griebert gab nicht nach. Und endlich, endlich: bei FRF 130'000 war Hugo Griebert alleine. Niemand bot mehr gegen ihn. Der Zuschlag war ihm. Er hatte das Wunderstück für seine Sammlung sichern können.

Umgerechnet in Preise von 2018 hatte ihn die Erfüllung seines Traumes annähernd 3/4 Millionen Schweizer Franken gekostet! (Die genaue Zahl werde ich nachliefern). - Verrückt, vielleicht... Aber ich bin sicher, Hugo Griebert hat seinen Kauf nicht bereut. Er hatte sich seinen Traum erfüllt.

Zwei Jahre später starb Hugo Griebert, 57-jährig.

Er hat seine Chance genutzt. Hut ab und Respekt, Mister Griebert. Die Spanien-Philatelie fand in Ihnen einen Enthusiasten und Grossmeister!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.12.2018 11:54:10 Gelesen: 448875# 480 @  
@ Heinz 7 [#464]

An der ersten Ferrary-Auktion wurden die Sammler ja so richtig heissgemacht auf das, was noch kommen sollte. Vier Monate später wurden die Sammler wieder eingeladen zum "Tanz". Neue, atemberaubende Raritäten warteten auf die Sammler. Rund dreimal so viele Lose wie bei der ersten Auktion kamen zum Verkauf; schön aufgeteilt auf drei Tage.

Kap der Guten Hoffnung - Sizilien - British Guyana - Hawaii - Mauritius - Rumänien - Schweiz - Toskana

Raritäten dieser "Triple A"-Briefmarkenländer kamen zum Verkauf. Der Auktionskatalog ist ein Kleinod; es ist dies eine der schönsten Auktionen für Raritätenliebhaber, die weltweit je stattgefunden hat. Ich empfehle jedem Sammler, sich einen Auktionskatlog zu kaufen; er war auch reichlich bebildert. Der Katalog wurde ja auch nachgedruckt. Die Originale sind etwas teurer. Sollten sie einmal für drei Jahre auf eine einsame Insel verbannt werden, empfehle ich Ihnen, diesen Katalog mitzunehmen.

Die Sammler stürzten sich auf das Material und es gab Höchstpreise dutzendfach. Allein an dieser 2. Auktion zähle ich mehr als 50 Marken/Einheiten/Briefe (Lose), die einen Zuschlag von FRF 8'000 oder mehr erreichten; die meisten davon waren Einzellose (nicht ganze Sammlungen oder Grosslose).

Ein Normal-Sammler konnte sich vielleicht ein oder zwei Lose sichern, wenn er seine Ersparnisse opferte. Die meisten von ihnen aber sind leer ausgegangen. Sicherlich werden die persönlich Anwesenden aber ein unvergessliches Erlebnis mit nach Hause genommen haben.
 
Heinz 7 Am: 15.12.2018 13:41:07 Gelesen: 448853# 481 @  
@ Heinz 7 [#464]

Natürlich ist das Jahr 1921 nur bedingt vergleichbar mit dem Jahr 1912, dem Ausgangspunkt unserer Betrachtungen, und FRF 8'000 des Jahres 1912 sind mehr wert als FRF 8'000 des kriegsgeschüttelten Frankreichs 1921. Aber es ist dennoch bemerkenswert, wie die Katalogpreise für Raritäten an den Auktionen von Ferrary bestätigt/übertroffen oder geradezu pulverisiert wurden. Wir erinnern uns, dass 1912 nur 17 Marken einen Katalogwert von 3000 Mark oder mehr aufwiesen. Vgl. @ BD [#2]

Wie erwähnt hatte Haas auch einige der nicht bewerteten Raritäten in seinen Studien mit berücksichtigt.

@ Heinz 7 [#371]

Es ist beeindruckend, wie genau die Einschätzungen von Haas an den Auktionen von Ferrary bestätigt wurden. Man könnte fast versucht sein, die Preisfindung 1921-1924 ausnahmsweise als "exakte Wissenschaft" anzusehen, was sie natürlich nicht ist. Dennoch war die Konstellation einmalig: Raritäten aller Welt wurden angeboten, unlimitiert, ohne Startvorgaben. Einzig die Sammlerschaft entschied das Preisgefüge!

An der Auktion vom 13.-15.10.1921 wurde Geschichte geschrieben. Ich werde diese denkwürdige Auktion noch einige Male erwähnen bei meiner Studie über die höchstbezahlten Marken der Ferrary-Auktionen.

Einen schwindelerregend hohen Preis erzielte das folgende Los:



Wir erkennen die Doppelgenf, bekanntlich die Nummer 21 auf der Liste Haas. Aber: hier ist die Doppelgenf ungebraucht nicht EINZELN, sondern gleich im SECHSERBLOCK.

Ich habe im November einige Überlegungen angestellt über EINHEITEN (PAARE) der alten Kantonalmarken der Schweiz, siehe @ Heinz 7 [#442] ff. Da haben wir gesehen, dass schon Paare sehr selten (und sehr teuer!) sind. Auch früher schon zahlten Sammler für wirkungsvolle Einheiten bisweilen Spitzenpreise.

Der Sechserblock der Doppelgenf erreichte einen Zuschlag von FRF 113'000. Die genaue Umrechnung hole ich nach, aber per 31.12.2018 werden wir nach meiner gewohnten Hochrechnung den Betrag von CHF 700'000 vermutlich übertreffen.

Beeindruckend! ... dieses Ergebnis reichte für den 7. Platz aller Ferrary-Lose. Auch die Schweiz hatte ein Top-Stück ganz vorne platzieren können!

Wer übrigens mehr lesen will zur edlen Doppelgenf, dem sei der kürzlich erschiene Artikel von Torsten Berndt empfohlen. Er hat aus aktuellem Anlass vor Kurzem einen sehr schönen Aufsatz geschrieben über die Schweizer Doppelgenf-Marke (siehe Deutsche Briefmarken-Zeitung).

https://www.deutsche-briefmarken-zeitung.de/2018/09/20/koenigin-der-schweizer-175-jahre-doppelgenf/

Ich wünsche allen Ihnen ein wunderschönes Wochenende
Heinz
 

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