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Thema: Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt
Das Thema hat 931 Beiträge:
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Heinz 7 Am: 29.05.2020 15:01:04 Gelesen: 348903# 707 @  
@ Heinz 7 [#706]

An derselben Auktion (Giorgino, CH-2502 Biel/Bienne, 26./27.3.2004) kam auch die teuerste Einzelmarke der Schweiz zum Verkauf, die Bundesmarke 1851, Rayon I, hellblau, mit vollständiger Kreuzeinfassung.

Die Marke ist sehr hoch bewertet:

SBK 2018 - CHF 275'000 gestempelt, CHF 550'000 auf Brief
Michel 2010 - Euro 170'000 gestempelt

Ungebraucht gibt es die Marke nicht. Anfangs des 20. Jahrhunderts kannte man die Marke schon, aber sie war noch nicht hoch bewertet.

Senf 1912: 80 Mark

Die "Schwestermarke" 10 Rappen mit Kreuzeinfassung (Michel 8 I) war immerhin mit 400 Mark bewertet, was zwar bei Weitem nicht für die "Top 100" der Welt reichte (dafür wären 750 nötig gewesen, siehe @ BD [#2]), aber später verschoben sich die Werte. Im "Zumstein 1959" stand die Nr. 16 I (= Michel 8 I) bei CHF 11'000; die 17 I (= Michel 9 I) bei CHF 13'000.



2004 wurde die 5 Rappen hellblau zum Verkauf angeboten. Ausruf war bescheidene CHF 60'000 (Katalogwert Zumstein 2000 damals CHF 160'000).

Mehrere Interessenten schienen konkretes Interesse zu haben. Und so kletterte der Preis auf respektable CHF 140'000. Addieren wir die 18 % Aufgeld hinzu, errechnen wir einen Preis von CHF 165'200.

Die Marke ist optisch (vom Schnitt her) meines Erachtens sehr schön. Der Stempel gefällt mir nicht "Eins-A", aber bei solch seltenen Angeboten muss man als Sammler manchmal "ja" sagen, sonst ist die Chance weg.

Übrigens: die Kaufpreise habe ich dem Buch "Bolaffi 2004 International" entnommen (umgerechnet). Anhand einer Ergebnisliste liesse sich die Frage verifizieren, aber eine EL habe ich zur Zeit nicht zur Hand.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.06.2020 12:37:39 Gelesen: 346859# 708 @  
@ Heinz 7 [#164]

Meine Leser mögen mir verzeihen, dass ich "immer wieder dasselbe erzähle", bzw. dass sich gewisse Wiederholungen nicht vermeiden lassen, um neue Beiträge einzubetten in ihr Umfeld und damit meine Ausführungen auch verständlich zu machen. Schliesslich haben wir auch immer wieder neue Leser, und auch sie wollen wir mitnehmen; ihnen erklären, warum uns eine Marke besonders begeistert oder warum wir sie vielleicht nicht ganz so hoch gewichten, wie andere Philatelisten.

Bei der Suche nach dem wertvollsten Stück der Mauritius-Philatelie habe ich mich längst entschieden und bleibe bei meiner Einschätzung: dem Bordeaux-Brief 1847 mit BEIDEN Marken der ersten POST OFFICE-Ausgabe gehört Platz eins!



Gelegentlich wird der "Bombay Cover" als wertvollstes Stück von Mauritius bezeichnet



Ein Grund dafür könnte sein, weil dieser Brief mehr als einmal astronomisch hohe Preise erzielte. Ich werde im Thema "Hervorragende Sammlungen - Mauritius" noch darauf eingehen. Für mich ist aber klar, dass dieser Brief - obwohl einmalig - klar HINTER dem "Bordeaux Cover" einzureihen ist.

Sehr heikel ist nun die Werteinschätzung der Stücke nebeneinander. Noch nie wurden diese zwei Stücke gemeinsam angeboten und "der Markt" hat uns eine Antwort auf die Frage gegeben! Die Stücke kamen immer wieder zeitversetzt zur Auktion. Der einzige Mensch, der meines Wissens BEIDE Briefe besass, war Alfred Lichtenstein! Er hat aber - für mich unverständlich - den Bordeaux Cover an einen Sammler-Rivalen verkauft: 1922 an Arthur Hind!

Lichtenstein hatte 1917 BEIDE Briefe kaufen können, aus UNTERSCHIEDLICHEN Sammlungen. Das Spitzenstück (aus meiner Sicht) gab er weiter... Seine Tochter Louise Boyd Dale erhielt seine Sammlungen. Nach deren Tod wurde der Bombay Cover verkauft, 1968, 51 Jahre nachdem ihr Vater den Brief erwerben konnte. In den nächsten 32 Jahren (1968-2020) wurde der Bombay-Cover ein paar Mal angeboten.

Viele Leser wissen, wie ambitioniert Philipp La Renotière von Ferrary Briefmarken sammelte, und zwar schon früh, im XIX. Jahrhundert. Wir wissen, dass er die zwei oben genannten Briefe nie besass. Aber er hatte auch etwas "ganz Nettes"...

Dazu müssen wir wissen, dass bekannt ist, dass Ferrary keinen besonderen Wert darauf legte, dass er die Briefmarken AUF BRIEFEN besass: es genügte ihm, wenn er die Marken LOSE besass. Er soll sogar gewisse Marken von Briefen abgelöst haben, was heute als schwerer Fehler angesehen werden muss, und den Wert eines Stückes sehr stark mindert. Aber - andere Zeiten, andere Präferenzen... Ausserdem konnte der "Briefmarkenkönig" Ferrary natürlich mit seinen Stücken machen, was er wollte.

Ferrary hat früh schon im XIX. Jahrhundert sich mit Mauritius-POST OFFICE-Marken eingedeckt, er hatte sogar SECHS Exemplare, wovon er später zwei Exemplare weitergab (eintauschte), sodass an den berühmten Ferrary-Auktionen nur noch vier Marken zum Verkauf kamen.

1881 kam Ferrary in den Besitz von gleich beiden Marken, als er die Philbrick Sammlung kaufte. Wir sollten uns vor Augen führen, dass Ferrary dann erst ca. 23 Jahre alt war! Der "Bordeaux"-Brief wurde erst 1902 entdeckt, der "Bombay"-Brief erst 1898. Beide Briefe wurden um die Jahrhundertwende sehr teuer verkauft - Ferrary drängte sich nicht vor. Er hatte wohl schlicht kein besonderes Interesse daran; an den Finanzen kann es nicht gelegen haben.

1881 erwarb Ferrary folgende Exemplare:



Wir sehen, dass die Marken einmal zusammengehörten! Natürlich denken wir sofort an den "Bordeaux-Brief", aber das "Philbrick-Paar" bestand aus zwei losen Marken, da Frau Borchard 1864 die Marken vom Brief abgelöst hatte.

(Diese Information entnahm ich: Leon N. Williams: Encyclopedia of Rare and famous stamps, Band I, Seite 155. Er verwies auf die Zeitschrift Timbre-Poste von Moens, Vol. 37, Seite 88).

Damit wurde vor 156 Jahren ein ähnlicher Brief wie der Bordeaux-Brief vernichtet, und dieser wurde zum Unikat... Fraglos haben die zwei Einzelmarken heute viel weniger Wert, als wenn sie noch auf dem Original-Brief haften würden. Aber vor 156 Jahren galt dies noch nicht. Und auch Ferrary sah das vermutlich nie so.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.06.2020 15:02:59 Gelesen: 346839# 709 @  
@ Heinz 7 [#708]

Maurice Burrus (1882-1959) war ein kluger Mann!

Ähnlich wie Ferrary hatte er das grosse Glück (und das Vermögen), dass er sich schon früh offenbar unbeschränkt Briefmarken-Raritäten zusammenkaufen konnte. Er trat als grosser Käufer bei den Ferrary-Auktionen (ab 1921) in Erscheinung, wenngleich er einige Superraritäten auch dem Konkurrenten Arthur Hind überliess. Als das oben gezeigte Mauritius-Post Office-"Paar" (beide Marken/lose, aber einst zusammen verwendet) (ex Philbrick) 1921 angeboten wurde, war Burrus erst 39 Jahre alt. Maurice Burrus kaufte das Mauritius-Post Office-Philbrick-"Paar" (Sale 2, Los 351).

13 Jahre später fand die Mauritius-Auktion statt von Arthur Hind. Und - obwohl Burrus die losen Marken schon besass, kaufte er auch den Bordeaux-Brief! Er wusste natürlich, dass dieser Brief noch wertvoller ist, als die losen Marken ohne Brief.

Bravo, Monsieur Burrus!

Dass sich Burrus diese "Doppelspurigkeit" leisten konnte, führte dazu, dass 1963 die zwei Lose auch gemeinsam angeboten werden konnten. Und - für uns sehr interessant: die zwei Lose wurden auf ihren unterschiedlichen Wert geschätzt: zuerst vom Auktionator, dann von den Sammlern! Eine aufregende und äusserst seltene Gelegenheit war gekommen! Zum ersten und bislang einzigen Mal.

Mit der Auktion beauftragt war Robson Lowe. Fraglos war dieser Händler einer der führenden Philatelisten des XX. Jahrhunderts. 1905 geboren war er 1963 58-jährig und hatte einen unermesslichen Erfahrungsschatz.

Wie nun würde Robbie die zwei Lose einschätzen? Aufgeregt konsultierte ich den Auktionskatalog:



Los 1 war der Bordeaux-Brief - also der Höhepunkt der Auktion gleich zu Beginn der Auktion!

Der Schätzpreis war GB£ 30'000

Los 2 war das Philbrick-"Paar" (wie ich es nenne, obwohl es natürlich kein Paar im engeren Sinn ist = zwei gleiche Marken zusammenhängend).

Der Schätzpreis wurde auf GB£ 8'000 angesetzt, also bei 27% des Loses mit den zwei Marken auf Brief.

Das mag viele Leser überraschen. Ich bin Robson Lowe dankbar, dass er zu einer so schwierigen Frage Stellung nahm. Das Resultat ist deutlich. Für mich sind die Erfahrungen von solchen Experten wie Robson Lowe sehr wertvoll und lehrreich.

Auch "der Markt" sah das Wertverhältnis ähnlich.

Los 1 wurde verkauft für GB£ 28'000
Los 2 wurde verkauft für GB£ 8'250, also zu 29.5 % des Wertes von Los 1.

Es waren die zwei höchsten Zuschläge an der Auktion von 1963.

Mehr zu der Mauritius-Auktion von Maurice Burrus können Sie lesen im Thema: "Hervorragende Sammlungen: Mauritius".

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.06.2020 01:01:42 Gelesen: 345117# 710 @  
Wenn eine Briefmarkensammlung CHF 2.3 Millionen Franken einträgt, dann ist schon klar, dass diese Sammlung eine sehr gute oder sehr grosse ist. Wenn wir dann noch realisieren, dass dies nur

der zwölfte Teil

von insgesamt 16 Auktionen war, und betragsmässig andere Auktionen noch höher abschlossen, dann wissen wir, dass wir bei einer der grössten Sammlungen "ever" angelangt sind.

Auf mehr als CHF 40 Millionen (umgerechnet auf Ende 2019) belief sich der Verkaufserlös der 16 Caspary-Auktionen, die 1956-1958 stattfanden. Vielleicht sogar CHF 50 Millionen; genau habe ich das noch nicht berechnet.

Aus gegebenem Anlass habe ich mir Auktion 12 vorgeknöpft und analysiert. Sie fand statt an drei Tagen (24.-26.2.1958) und es wurden Marken des British Commonwealth angeboten, 948 Lose im Total.

Gemäss Resultatliste erlöste die Auktion damals US$ 130'492.00. Bei meiner Umrechnung in Schweizer Franken von heute (Ende 2019) verwende ich einen Multiplikator von fast 17.7, um einen Vergleichwert zu haben. So errechnete ich einen Wert von über CHF 2'300'000.

Es mag nun unsere Leser interessieren, welche Länder denn da versteigert wurden. Wenn weniger als 1000 Lose einen so hohen Gesamterlös bringen (Durchschnittspreis mehr als CHF 2'400), dann wird klar: da müssen viele teure Marken angeboten worden sein.

So war es denn auch. 49 x fiel der Hammer erst bei US$ 500 oder darüber (also CHF 8'850). Setzen wir die Latte noch höher, z.B. bei CHF 10'000, dann müsste der Zuschlagpreis bei US$ 565 liegen, das schafften immerhin 42 Lose.



Was wurde denn da verkauft, fragen wir uns. Der Titel gibt Auskunft. 6 Länder hatten grosse Teile in der Auktion, daneben gab es auch Länder mit nur ganz wenigen Losen, z.B. Zypern mit nur 4 Losen (517-520).

Grosse Sektionen waren:

Grossbritannien: 243 Lose
Kap der Guten Hoffnung: 88 Lose
Ceylon: 180 Lose
Indien: 52 Lose
Mauritius: 91 Lose
Transvaal: 134 Lose

Betragsmässig sieht das Resultat erstaunlich aus. Nicht etwa Grossbritannien (mit Abstand am meisten Lose) spielte am meisten ein, sondern Mauritius, dass mengenmässig (Losanzahl) nur an vierter Stelle stand.

Aber Mauritius ist eben (fast) immer speziell.

Zu meiner Überraschung erzielte der Teil "Grossbritannien" nur den vierthöchsten Erlös der 7 Teile. Zum 7. Teil zähle ich alle übrigen Lose (Anzahl 160), die nicht zu einem der 6 oben genannten Länder zählt.

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 26.06.2020 14:42:28 Gelesen: 345081# 711 @  
@ Heinz 7 [#710]

An der Auktion von Harmer New York/Caspary, part 12, kamen 948 Lose zur Auktion. 42 davon erzielten ein Ergebnis von US$ 575 und mehr; bei US$ 565 circa liegt der Wert von (heute, d.h. 31.12.2019) Schweizer Franken 10'000.

Ich habe schon erwähnt, dass 6 grössere Länder zum Verkauf kamen, plus mehrere weitere (die ich in "Teil 7" zusammengefasst habe). Bei meiner Auswertung erhalte ich ein etwas anderes Gesamtergebnis, als auf der Liste gedruckt ist, aber wo der Fehler liegt, ob bei mir oder vielleicht auch bei Harmer 1958, will ich nun nicht weiter verfolgen, weil es ja nicht soo wichtig ist. Die 49 Top-Ergebnisse (US$ 500 und mehr) habe ich alle verifiziert. Meine Erstauswertung stimmte.

Dass Mauritius herausragende Ergebnisse erzielt(e), ist an Auktionen nicht ungewöhnlich. So war es auch an dieser Auktion.



"s.e.e.o." heisst: "Sauf erreurs et omissions", also: Irrtum vorbehalten/nicht gründlich verifiziert.

23 % aller Lose von Mauritius erzielten einen sehr hohen Zuschlag von über CHF 10'000. Das ist schon beeindruckend! Die anderen Top-Ergebnisse verteilen sich auf die anderen sechs Gebiete.

Im Auktionskatalog von 1958 war nur ein einziges Los farbig abgebildet! Es war Los 645 von Mauritius, der weltbekannte Viererblock der One Penny, Post Office-Ausgabe, earliest impression. Der Block erzielte dann auch einen hohen Preis: US$ 18'500. Dies habe ich umgerechnet in Schweizer Franken (per 31.12.2019): CHF 327'300.



Das war mit Abstand das teuerste Los dieser Auktion. Dieses Los kostete mehr, als die ganze Grossbritannien-Sammlung!

Wer sich für nähere Einzelheiten der Mauritius-Auktion von Caspary interessiert, dem sei das Thema "Hervorragende Sammlungen: Mauritius" empfohlen. Ich bemühe mich, schon bald meine Würdigung der Caspary-Auktion dort einzustellen.

So viel vorneweg:

Caspary hatte keine Marken der POST OFFICE-Erstausgabe. An den finanziellen Mitteln lag es nicht, Caspary zählte zu den Superreichen des Landes. Aber, man sagt dass die zu seinen Lebzeiten verfügbaren Stücke hätten ihm qualitativ einfach nicht wirklich gefallen. Eine andere Variante ist: Herr Caspary hatte seine strikten Preisvorstellungen. Wenn etwas zu teuer wurde, liess er es vorbeigehen. Vermutlich nicht so bei seinem Haupt-Sammelgebiet USA, aber sonst: da sammelte er ja nicht ganz konsequent ALLES, sondern nur, was ihm gerade gefiel.

Ich weiss nicht, was der genaue Grund war, warum Caspary einige Gelgenheiten ausliess, um sich auch eine Mauritius No. 1 oder 2 zu kaufen. Er hatte diverse Gelegenheiten, wie wir zeigen können.

Heinz
 
10Parale Am: 27.07.2020 20:58:09 Gelesen: 338890# 712 @  
@ Heinz 7 [#541]

Als ich heute die Post aufmachte, stockte mir für eine Sekunde der Atem. Ich dachte schon, ich hätte eine dieser berühmten, vielleicht tatsächlich eine der schönsten Marken, die die Philatelie zu bieten hat, wundersam bekommen: Die Basler Taube, er erste dreifarbige Druck der Welt.

Richard hat sie schon in [#1] erwähnt.

Auf jeden Fall freue ich mich über diesen schönen Brief aus Hergiswil mit der Michel Nr. 1555 (80 + 30 Rappen), Basler Dybli, aus der Briefmarkenausstellung von 1995. Mit dabei der Hexenturm in Sitten aus dem Jahr 1987 mit 2 Exemplaren.

Ein schönes Arrangement, wie ich finde, das an eine der berühmtesten und wertvollsten Briefmarken erinnert.

Liebe Grüße

10Parale


 
Heinz 7 Am: 24.11.2020 13:42:55 Gelesen: 316903# 713 @  
@ Heinz 7 [#707]

Von der Rayon I hellblau MIT Kreuzeinfassung kennen die Philatelisten angeblich nur 12 Exemplare. Es ist daher eine seltene Gelegenheit, wenn diese Marke wieder einmal zum Kauf bereitsteht - vorausgesetzt, man hat das nötige "Kleingeld".

Heute hat das bekannte Auktionshaus Rapp in Wil als Los 2081 eine solche Weltrarität verkauft.



Es ist meines Wissens eine der besten Exemplare dieser Marke. Ich gebe den Auktionstext wieder:

"Rayon I hellblau mit vollständiger Kreuzeinfassung. Erstdruck im frühesten Zustand ohne die später auftretenden Unregelmässigkeiten. Es handelt sich um eine Type 20 von der linken unteren Gruppe des Drucksteins B2 mit markantem Plattenfehler "Farbiger Strich von der rechten unteren Kordelschleife bis zum Rand". Die Marke ist ausserordentlich frisch, hat sichtbare Schnittlinien an allen Seiten und eine sehr sauber aufgesetzte Bundesraute. Die Erhaltung ist absolut erstklassig und ohne geringste Beanstandungen. Sie gehört von den bis jetzt 12 registrierten Exemplaren zu den Schönsten, ähnlich wie der Erstdruck einer Type 14 mit vollständiger Kreuzeinfassung (Rapp-Auktion 2008). Eine Weltrarität in allerbester Erhaltung. Gemeinschaftsattest Eichele/Marchand"

Der Startpreis von CHF 100'000 wurde übertroffen, aber der Käufer dürfte mit dem Zuschlag zufrieden sein. Dieser betrug CHF 130'000.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 29.11.2020 17:59:40 Gelesen: 315527# 714 @  
@ Heinz 7 [#713]

Paul Dillemann (1886 geboren) war ein führender Briefmarkensammler aus Frankreich. Seine Sammlung Frankreich erhielt an internationalen Ausstellungen höchste Auszeichnungen: Gold u.a. Berlin 1930, Wien 1934, New York 1936. Es war damals ein grosser Anlass, als seine grossartige Sammlung an einer Auktion verkauft wurde. Nicht weniger als 6 Tage lang dauerte die Auktion:

22.-27.2.1937, in Paris, total 1476 Lose. Die Fototafeln umfassten immerhin 27 Seiten.

Die Auktion fand statt im Hotel Drouot in Paris, Auktionator war Monsieur Gabriel, assistiert von den berühmten Experten Miro und Gilbert.

Bereits am 1. Tag kam mit Los 141 ein Spitzenstück zum Ausruf. Die Nummer 5, 40 Centimes orange vif, halbiert auf Brief. Angepriesen damals als grösste Rarität: "Pièce de grande rareté dont on ne connait pas d'équivalent".

Laut handschriftlicher Notiz wurde das Stück vermutlich verkauft zu FRF 62'000.



Im Frankreich-Spezialkatalog von Spink/Maury (Ausgabe 2018) wird auf Seite 25 genau dieses Stück gezeigt! "40 c orange - une moitié verticale sur deux lettres connues". Also muss irgendwann in den Jahren nach 1937 noch ein zweiter Brief bekannt geworden sein. Bewertet wird dieser Brief im Katalog 2018 mit Euro 350'000.

Der Brief war jahrzehntelang nicht mehr auf dem philatelistischen Markt. 61 Jahre (!) nach 1937 konnte Corinphila diesen Superrarität wieder anbieten.
 
Heinz 7 Am: 29.11.2020 18:23:37 Gelesen: 315518# 715 @  
@ Heinz 7 [#714]

Am 15.9.1998 konnte Corinphila eine Frankreich Sammlung der Extraklasse versteigern. Besonders Los 7364 erregte grosse Aufmerksamkeit: Die halbierte 40 Centimes-Marke auf Brief von 1855 von LE CHEYLARD nach SALON. Die halbierte Marke galt als 20 Centimes-Frankatur und wurde offenbar akzeptiert.

61 Jahre lang war dieser Brief nicht mehr an einer Auktion; letztmals wurde der Brief 1937 angeboten. Nun hatte er (gemäss Auktionskatalog Corinphila) einen Katalogwert von FRF 775'000 (Cérès Spezialkatalog).



Das Auktionshaus setzte einen Schätzpreis von CHF 125'000 fest. Doch dabei blieb es nicht. Erst bei satten CHF 220'000 fiel der Hammer. Dazu kam noch ein Aufgeld von 15%, das ergibt einen Preis von CHF 253'000.

Damit reihte sich das Stück in die Reihe der teuersten philatelistischen Einheiten ein.



Die Briefmarke No. 5 an sich ist nicht besonders selten. Im Spink/Maury-Katalog 2018 wird sie (als ganzes Stück) bewertet mit Euro 600, auf Brief mit Euro 900. Als Halbierung aber mit Euro 350'000. Ich weiss im Moment nicht, ob das Stück nach 1998 ein weiteres Mal verkauft wurde, und auch das zweite Exemplar (gemäss Corinphila und Spink/Maury) kann ich heute nicht beschreiben oder zeigen.

Ich freue mich aber, das Dillemann-Stück wieder gefunden zu haben!

Heinz
 
Martin de Matin Am: 30.11.2020 22:18:09 Gelesen: 315148# 716 @  
Da in den letzten zwei Beiträgen über eine extrem seltene Halbierung geschrieben worden ist, möchte ich eine weitere seltene Halbierung vorstellen. Im gleichen Jahr in dem die oben genannte Halbierung von Frankreich angeboten wurde, versteigerte Corinphila am 5. Dezember eine Sammlung Italienischer Staaten.

Besonders gut vertreten war der Staat Romagna. Romagna verausgabte am 1.9. 1859 nur neun Briefmarken, die nur bis 29.2.1860 gültig waren. Ungebraucht sind diese keine Seltenheiten. Gebraucht besonders auf Brief sind die drei höchsten Werte (6, 8 und 20 Bajocchi) selten zu sehen. Die drei Werte waren alle auf Brief in der Sammlung vertreten.

Aber die besten Briefe von Romagna sind, die die mit einer Halbierung frankiert wurden. In der Sammlung waren fünf Briefe mit Halbierungen vorhanden:

1/2 Baj.ein Brief (Zuschlag "nur" 28.000 sFr.)
2 Baj. zwei Briefe (Zuschlag 85.000 sFr. bzw. 180.000 sFr.)
6 Baj. drei Briefe (Zuschlag 85.000 sFr. bzw. 70.000 sFr.)

Das beste Stück war mit Los 289 ein Dreierstreifen einer halbierter 2 Baj.



Mit einem Zuschlag von 180.000 sFr. (ohne Gebühren) kann man ohne weiteres sagen, das der Brief zu den wertvollsten Briefmarken der Welt gehört.

Weder bei Burrus noch bei Ferrary konnte ich auf Anhieb eine Halbierung von Romagna auf Brief finden.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 02.12.2020 12:16:11 Gelesen: 314709# 717 @  
@ Martin de Matin [#716]

Lieber Martin,

ja, die Halbierungen bilden ein höchst interessantes "Spezialkapitel" innerhalb der wertvollsten Briefmarken der Welt. Auch die Schweiz kann da mithalten...

Es gibt verschiedene Halbierungen der Marken 1843, 1850, 1855 ff (Strubel), etc. Die vermutlich teuerste ist wohl die halbierte "Züri 4". In Ermangelung einer "Zürich 6" wurden in wenigen Fällen eineinhalb "Zürich 4" verwendet (gelegentlich auch ZWEi Zürich 4-Marken, dann bestand aber eine Überfrankatur: 8 Rappen statt 6).

Ein wunderschöner Brief ist sicher der Brief 1849 von Zürich nach Wettschweil



Es erzielte ebenfalls schon sechsstellige Erlöse.

Leider kann ich zur Zeit nicht vertieft darauf eingehen, weil meine anderen philatelistischen Arbeiten meine ganze (spärliche) Freizeit beanspruchen....

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 01:08:22 Gelesen: 301132# 718 @  
@ Heinz 7 [#613]

Es ist erstaunlich, dass ich in meinen vielen Beiträgen den nach vielen Meinungen wohl wertvollsten Brief der Schweiz bisher noch nie besprochen habe. Aus aktuellem Anlass möchte ich dies nun nachholen.

In einer Woche, am 30. Januar 2021, kommt ein Brief zur Versteigerung, der das Herz jedes Schweiz-Kenners höher schlagen lässt: der einmalige Greifensee-Brief.



Es gibt nur zwei Briefe, welche die zwei ersten Briefmarken der Schweiz (die "Zürich 4" und die "Zürich 6") tragen; einen Brief mit je einer Marke 4+6 = 10 Rappen und eben DIESEN Brief mit 16 Rappen (Paar der 6 Rappen + "Zürich 4").



Die Zürich 4 zählt zu den sehr seltenen Briefmarken der Welt, und in dieser Kombination ist das Stück eine Weltrarität ersten Ranges.

Der Brief ist seit mindestens 120 Jahren bei den Schweiz-Kennern bekannt. 1900 hat ihn Paul Mirabaud in Paris ausgestellt, an der Weltausstellung. Seither hat der Brief erst sehr wenige Handänderungen erfahren. Erivan Haub ist unseres Wissens erst der sechste Sammler, der diesen Brief sein eigen nennen konnte.

1934 wurde der Brief an der Nationalen Briefmarkenausstellung gezeigt (NABA Zürich 1934, Sammlung Emil Diem-Saxer). Danach kam er in die Sammlung von Iwan Bally, ein weiterer "ganz Grosser" der Schweiz-Sammler.

Erstmals an eine öffentliche Auktion kam der Brief 1964, als der Brief wieder auftauchte, in der phantastischen Sammlung von Maurice Burrus.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 01:37:48 Gelesen: 301121# 719 @  
@ Heinz 7 [#718]

Der damals sehr aktive Händler Ernst Zumstein kaufte anfangs des XX. Jahrhunderts die Schweiz-Sammlung von Paul Mirabaud. An der ersten Nationalen Briefmarkenausstellung von Zürich 1934 zierte der Brief dann eine wunderbare Schweiz-Sammlung, die damals anonym ausgestellt wurde. Heute wissen wir, dass Emil Diem-Saxer der Besitzer dieser Sammlung war. 1934 wurden viele Sammlungen ohne Namen-Angabe ausgestellt.



Im Ausstellungskatalog von 1934 ist auf Seiten 35-37 die Liste der Aussteller enthalten. Den Namen Diem-Saxer finden wir hier nicht, und der Greifensee-Brief wurde auch nicht abgebildet. In der Schweizer Briefmarken-Zeitung und in der Berner Briefmarken-Zeitung wurde der Brief aber meines Wissens gezeigt. Ich versuche, dies noch zu verifizieren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 10:07:07 Gelesen: 301013# 720 @  
@ Heinz 7 [#719]

Der Ausstellungskatalog von 1934 ist ein eher schlichtes Büchlein mit 104 Seiten, kaum bebildert. Der wichtigste Teil davon, die Auflistung der Exponate, umfasst die Seiten 39-97: 178 Sammlungen werden genannt, teils sehr knapp, andere doch mit kurzen Beschreibungen.

Zur ersten Kategorie gehörten folgende Exponate:

Ehrenklasse:

3 Motto "Biene"
Alt-Schweiz
1 Vitrine

Nachtrag:

176 Motto "Divico"
Einige seltene Schweiz-Briefe (Ehrenklasse)
1/2 Quadratmeter

Nach meinen Informationen verbarg sich hinter diesen Anonym-Namen zweimal Emil Diem-Saxer.

Er benötigte also nicht viel Raum, um einige herrliche Preziosen der Schweizer Philatelie auszustellen. Mehr davon später.

Die Sammlung Diem-Saxer wurde meines Wissens nie versteigert. Unser wunderbarer "Greifensee 16 Rappen-Brief" gelangte in die Sammlung von Maurice Burrus, den ich auf diesen Seiten schon oft erwähnt habe. Maurice Burrus war ein "Titan" unter den Briefmarken-Sammlern, und er besass eine Weltweit-Sammlung der Extraklasse. Seine Sammlung wurde in ca. 80 Teilen verkauft. Gerne erzähle ich mehr davon später.

1964 gelangte dieser Brief in die Sammlung von Iwan Bally, dem "Schuh-König" der Schweiz.

Über die Iwan Bally Sammlung wissen wir sehr viel, und zwar ganz einfach darum, weil seine märchenhafte Sammlung minutiös dokumentiert wurde. Ca. 1990 gab der heute noch aktive Briefmarkenhändler Jean-Paul Bach ein gewichtiges Buch heraus:

Iwan Bally Collection



In diesem grossen Zweikilo-Buch, wurden ca. 263 Seiten Albenblätter der Sammlung Bally gezeigt, die von Fotographien neu eingescannt wurden. Die Titelblätter der Sammlung sind darin nicht mitgezählt. Meines Wissens wurden nur 10 solche Bücher hergestellt.



Auf dieser Seite werden zwei Unikate abgebildet, mit wenig Text. Man beachte das Zeichen JB auf den Albumseiten unten rechts.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 11:03:24 Gelesen: 300971# 721 @  
@ Heinz 7 [#720]

Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Generalsammler, wie Maurice Burrus einer war, nicht bei JEDEM Gebiet die BESTE Sammlung zusammentragen konnte, die es jemals gab. Aber Maurice Burrus schaffte es, gleich bei mehreren Ländern absolut traumhafte Sammlungen zu formen, die durchaus um die Krone der "best ever..."-Sammlungen mitspielen können. Die Mauritius-Sammlung von ihm ist solch ein Beispiel, oder die Deutschland-Sammlung. Aber eben auch die Schweiz-Sammlung.

Dieser von aussen schlichte Katalog von Robson Lowe war ein Paukenschlag für die Sammler der 1960er-Jahre.



Robson Lowe war es gelungen, einige der wichtigsten Teile der immensen Sammlung von Burrus verkaufen zu können. Ungefähr ein Dutzend bekannter Auktionatoren und Briefmarkenhändler wurden beauftragt, Teile der Sammlung zu verkaufen. Robson Lowe ergatterte den weitaus grössten Teil für sich. Er bemühte sich jedoch auch vorbildlich um die Sammlung und gründete wohl aus diesem Anlass extra eine Filiale in Basel, die 1964 bis 1981 höchst erfolgreich rund 200 Auktionen durchführte(!).

Am 15. April startete die Robson-Lowe-Basel-Erfolgsgeschichte mit der Auktion "Burrus Austria". Ein Tag später, am 16. April 1964 folgte die "Burrus Schweiz", ein ungewöhnlich umfangreicher Katalog. Die Sammlung war so gross, sie musste auf drei Tage verteilt werden! 624 Lose prasselten auf die Sammler ein, eine ungeheure Menge teils grösster Raritäten -

Zwischenruf: solche Ereignisse kommen heute kaum mehr vor. Die Auktion bei Corinphila, an welcher in einer Woche der 2. Teil der Erivan Haub-Sammlung Schweiz verkauft wird, umfasst nur 42 Lose (Teil 1, vom 7.12.2019, waren auch nur 45 Lose).

Kehren wir zurück zum 18.4.1964. Der sechste Teil der Auktion eröffnete um 14.30 Uhr mit folgendem Thema:

"Briefe, Kantonalmarken", ab Los 736.

"Unser" Greifensee 16 Rappen-Brief war Los 738. Er war in Farbe abgebildet auf Seite 167.



Wir sehen, dass der Brief zu CHF 75'000 ausgerufen wurde. Dieser Preis war damals natürlich viel Geld, und die Käufer zögerten. Das Los wurde gemäss Ergebnisliste zu CHF 70'000 zugeschlagen. Der Auktionator begnügte sich damals noch mit 10 % Aufgeld. Eine Mehrwertsteuer gab es 1964 in der Schweiz für Briefmarken nicht; also sammlerfreundliche Zeiten damals. Wir wissen heute, das Iwan Bally der Käufer war.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 23.01.2021 11:34:10 Gelesen: 300962# 722 @  
@ Heinz 7 [#718]

Meines Wissens erst zum zweiten Mal in seiner Geschichte wurde der "Greifensee 16 Rappen-Brief" öffentlich zum Kauf angeboten 1991.



David Feldman konnte 1991/1992 eine äusserst hochwertige Schweiz-Sammlung verkaufen. Sie umfasste 160 Lose und wurde auf zwei Auktionen angeboten:
29.1.1991 Teil 1: 83 Lose
6.11.1992: Teil 2: 77 Los

Ein Prunkstück der ersten Auktion war Los 90006, das damals zum Startpreis von CHF 300'000 ausgerufen wurde.

Diesmal, 27 Jahre nach der Auktion in Basel, entzündete sich eine engagierte Bieter-Schlacht. Der Hammer fiel erst beim Preis von CHF 700'000. Dazu kamen 15 % Aufgeld, dies ergab einen neuen Rekordpreis von CHF 805'000, wie David Feldman stolz vermeldete.



Zum angeblich "Highest price ever paid for a Swiss item" möchte ich anmerken, dass dies nur für Nominal-Werte gelten kann, denn es gab kaufkraftbereinigt früher bereits mindestens EIN höheres Ergebnis für ein "Swiss item". Doch dies ist eine andere Geschichte.

Freuen wir uns, dass nun, 2021 dieser wunderbare Brief zum (meines Wissens) erst dritten Mal zur Auktion kommt.

1964 - Robson Lowe, Basel
1991 - David Feldman, Geneva, Auktion in Zürich
2021 - Corinphila, Zürich

Der Ausruf des Loses ist mit CHF 300'000 nicht hoch angesetzt. Erivan Haubs Ankaufspreis kennen wir. Ein sehr vermögender Schweiz-Sammler hat nun also die Möglichkeit, den vielleicht wertvollsten Brief der Schweiz zu kaufen.

Möglicherweise sogar zu einem Schnäppchen-Preis?

Wir werden sehen...

Heinz
 
Heinz 7 Am: 24.01.2021 19:07:41 Gelesen: 300521# 723 @  
@ Heinz 7 [#719]

Na also!

Im Ausstellungskatalog ist nichts erwähnt, aber in der Schweizer Briefmarken-Zeitung lesen wir:

SBZ Dezember 1934, 47.Jahrgang, Nr. 12, Seite 251:

"In zwei Vitrinen zeigten "Biene" und "Divico" u.a. Briefe mit einem Paar Zürich 6 plus ein Stück Zürich 4 als 16 Rp. Frankatur"



Das ist genau unser "Greifensee Brief 16 Rappen" (siehe Foto Beitrag [#718]).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 30.01.2021 23:39:51 Gelesen: 299038# 724 @  
@ Heinz 7 [#718]

Die zweite Auktion wies drei Super-Stücke auf. Diese wurden heute alle auch gut verkauft, in Zürich, bei Corinphila.

Unser 16-Rappen-Greifensee Unikat brachte es auf einen Zuschlag von CHF 540'000, dazu kommen 22 % Aufgeld = CHF 658'800.

Mit diesem Ergebnis dürfen beide - Verkäufer und Käufer - zufrieden sein. Der Brief wurde gut verkauft, aber der Käufer musste damit rechnen, dass der Brief auch deutlich teurer hätte werden können. Aber der zweitletzte Kaufinteressent stieg aus, bevor der Preis in die Rekord-Sphären stieg, die 1991 erreicht wurden.

Der Käufer darf stolz sein, dass sein Name die kurze Liste der bisherigen Besitzer ergänzt. Ich bin gespannt, ob der Brief bald eine Ausstellungssammlung ziert.

7 Lose haben an den zwei Erivan Haub-Auktionen schon einen Zuschlag von CHF 90'000 und mehr erreicht (ohne Aufgeld), und wenn wir das Ankündigungs-Buch von Corinphila studiert haben, ahnen wir, dass am Ende wohl rund ein Dutzend Lose diese Höhe erreichen werden.

Der Greifensee-Brief löst innerhalb der Haub-Schweiz-Sammlung den bisherigen Spitzenreiter ab; den wunderbaren "Nidau"-Brief mit der Rayon I hellblau mit vollständiger Kreuzeinfassung, der am 7.12.2019 ebenfalls in Zürich verkauft wurde für CHF 310'000 (damals noch + 21 % Aufgeld, also = CHF 375'100).



Den Brief haben wir früher schon bewundert und besprochen, siehe [#440].

Heinz
 
Heinz 7 Am: 13.02.2021 19:30:59 Gelesen: 294853# 725 @  
@ BD [#2]

Ich habe in diesem Kapitel die Spanien Nr. 8 (= 2 Reales Marke von 1851, orangerot), noch nicht detailliert besprochen.

Im Buch von Haas wird diese Marke bereits auf Platz 38 geführt (Kapitel: "Die hundert seltensten Marken; nach ihrem Seltenheitsgrade geordnet) (siehe Theodor Haas, 1905, Seite 478). In der Studie Schubert (1913) erscheint sie auf Rang 80 mit einem Katalogwert von Mark 800. Ein Blick in den Katalog "Senf 1912" zeigt, dass der Preis galt für ungebraucht *, für gestempelt galt ein Wert von Mark 500 (siehe Senf 1912: Seite 1030).

Briefmarkenkönig Ferrary hatte die Briefmarke gleich mehrfach in seiner Sammlung; sechsmal, falls ich nichts übersehen habe. Alle Exemplare sind ungebraucht!

An der 5. Auktion gab es die Lose 145-148



an der 8. Auktion gab es die Lose 163+164



Die Fototafel zeigt offensichtlich irrtümlich zweimal eine Nummer 165; es müssen wohl die Nummern 163+164 sein.

Die Resultate sind recht einheitlich: FF 6.200, 5.600, 5.200 und 4.200 (15.11.1922) und FF 6.100 und 5.100 (7.11.1923). Die FF 6.200 der 5. Auktion entsprachen fast GB£ 100 (1922), GB£ 97.255, um genau zu sein. Ein GB£ galt damals CHF 24.28. Zum Zuschlagpreis musste der Käufer noch 17.5 % Aufgeld bezahlen. Als Endpreis errechnen wir also einen Preis von CHF 2'775 (15.11.1922).

Das war viel Geld, damals. Nach meiner Umrechnung setze ich diesen Wert gleich mit CHF 35'415 heute (bzw. Ende 2019).

In den Jahren der Wirtschaftskrise und der Vorkriegsjahren fielen auch die Preise für Briefmarken (in der Regel). 1958 ergab sich eine neue Möglichkeit einer Preisfindung, anlässlich der Caspary-Auktionen. Alfred Caspary hatte ebenfalls eine schöne 2 Reales Marke 1861.

Los 433 der 13. Auktion Caspary kostete nur US$ 725. Damals wurde kein Aufgeld verlangt (!). Diesen Preis rechne ich um in CHF 12'794 per heute

Dasselbe Los wurde schon neuneinhalb Jahre später wieder verkauft, die Marc feststellte.



Los 333 kostete damals US$ 2'200 (Siegel-Auktion 20.11.1967, kein Aufgeld zum Hammerpreis). Das war nicht nur nominal, sondern auch real mehr als doppelt so viel wie 1958; den Kaufpreis 1967 berechne ich mit CHF 28'756 (2019). Das war nicht so viel wie 1922 bei Ferrary, aber doch deutlich mehr als bei Caspary.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 13.02.2021 20:14:20 Gelesen: 294817# 726 @  
@ Heinz 7 [#725]

Ferrary hatte auch eine gebrauchte 2 Real. Diese war beschädigt und befand sich mit anderen Werten dieser Ausgabe in Los 153 der 5. Auktion. Das Los wurde mit 3400 Fr. zugeschlagen. Die Marke ist nicht abgebildet.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 13.02.2021 20:23:56 Gelesen: 294809# 727 @  
@ Heinz 7 [#725]

Meines Wissens war die 2 Reales Marke von Spanien 1851 nie so teuer wie 1999: an der Auktion vom 18.5.1999 in Zürich (Corinphila) kamen zwei ungebrauchte Marken zur Auktion: Lose 4228 und 4229.



Los 4228 erreichte einen Zuschlag von CHF 44'000, dazu kommen 15 % = CHF 50'600 (1999). Seither ist die Geldentwertung nur noch gering, sodass 20 Jahre später der Wert meines Erachtens mit CHF 55'904 (2019) festgelegt werden sollte.

Das ist ein hoher Wert für eine Briefmarke, die 1991 noch einen Katalogwert von CHF 25'000 hatte (Zumstein 1992/der letzte Europa-Katalog). Man sieht aber, dass der Katalogwert Zumstein eine reale/vernünftige Basis hatte.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.02.2021 16:47:11 Gelesen: 293282# 728 @  
Der folgende Beitrag passt voll zu zwei Themen auf Philaseiten: „Farbfehldrucke“ und „Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt“. Ich lege ihn darum in beiden Themen ab.

Farbfehldrucke sind grundsätzlich unscheinbare Abarten. Es benötigt philatelistische Kenntnisse, um zu erkennen, dass eine Marke in falscher Farbe vorliegt. Sieht ein Laie z.B. zum ersten Mal eine Marke DOS REALES von Spanien 1851 in blau, wird ihn das nicht sonderlich beeindrucken. Erst, wenn der Betrachter weiss, dass eine DOS REALES Marke von Spanien 1851 eigentlich IMMER orangerot sein sollte, wird er sich wundern.



Nun fängt die Philatelie an.

Ein echter Farbfehldruck ist immer unabsichtlich entstanden. Es gibt viele Briefmarken, zu denen in der Entstehungsphase vorgängig versuchsweise Farbproben erstellt wurden. Oft sind solche Farbproben („Proofs“) sehr selten. Es sind aber keine offiziellen Briefmarken und sie kommen im Normalfall nicht in eine postalische Verwendung, das heisst, Farbproben (Proofs) sollten nie gestempelt oder auf Brief vorkommen.

Echte Farbfehldrucke entstanden hauptsächlich, wenn in eine Druckplatte mit vielen Einzelklischees versehentlich ein falscher Wert eingesetzt wurde, also z.B. in eine Druckplatte, die für die Herstellung einer 6 Reales-Marke zugerichtet wurde, wurde versehentlich statt einem 6 R – Klischee ein 2 R – Klischee eingesetzt. Streng genommen sollten wir also besser von einem Wertzeichenfehldruck sprechen, statt von einem Farbfehldruck, doch die Bezeichnung Farbfehldruck hat sich eingebürgert.

Es gibt in der Philatelie eine Reihe sehr seltener Farbfehldrucke. Mehrere von ihnen sind weltberühmt, und sehr, sehr teuer. Heute denken wir in erster Linie an den Schweden-Farbfehldruck 1855: TRE SKILL. Bco. gelb statt grün (Michel Nr. 1 F) mit einem Katalogwert von Deutsche Mark 4‘000‘000 (!) (Katalog 2000/2001, hrsg. 2000) oder an den Baden-Farbfehldruck von 1851: 9 Kreuzer schwarz auf blaugrün statt auf rosalila, Michel 4 F. Die Schweden-Marke ist ein Unikat, vom Baden Fehldruck kennen wir lediglich drei (anerkannte) Exemplare (zwei angeblich weitere werden mehrheitlich nicht anerkannt, siehe auch Thema: „Der Baden Fehldruck“).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 19.02.2021 16:52:57 Gelesen: 293277# 729 @  
@ Heinz 7 [#728]

Was heute viele Briefmarkensammler nicht wissen, ist, dass der oben gezeigte spanische Farbfehldruck von 1851 (Michel 8 F) durchaus auf dieselbe Stufe gestellt werden darf, wie der Baden Fehldruck! Er ist gleich selten...

….und wurde von anerkannten Philatelisten auch durchaus hoch bewertet!

Betrachten wir die Ausführung des sehr geehrten Philatelisten Theodor Haas. 1905 gab er ein geniales und vielbeachtetes Lehrbuch heraus, in welchem auf Seiten 480-482 die seltensten Abarten der Welt genannt wurden. Farbfehldrucke spielten eine dominierende Rolle bei seiner Beurteilung, Platz 1-3 wurden belegt von solchen Abarten. Aber die Reihenfolge wird viele von uns überraschen:

- Der Schweden-Farbfehldruck 1855 erscheint gar nicht auf seiner Liste
- Der Baden-Farbfehldruck 1851 belegt „nur“ Platz 3
- Auf Platz 1 steht der Spanien-Farbfehldruck 1851 Michel 8 F !

Und das zu nicht zu Unrecht!

Führen wir uns die Fakten vor Augen:

Vom Baden-Farbfehldruck 1851 existieren drei Stück: 2 Briefe und ein Fragment, wovon ein Brief sich seit Ende des 19. Jahrhunderts im Museumsbesitz befindet.



Vom Spanien-Farbfehldruck 1851 Michel 8 F existieren drei Stück, alle gestempelt, davon eine Marke im Paar mit einer Nummer Michel 10 (6 R. blau). Ein Exemplar der dreien ist seit Ende des 19. Jahrhunderts im Besitz eines Museums.
Die Parallelen sind verblüffend!

Die Katalogwerte der drei Farbfehldrucke entwickelten sich aber sehr unterschiedlich.

Das grosse Kohl Briefmarken Handbuch von Paul Kohl (10. Ausgabe) bewertete die Stücke wie folgt:

- Spanien: unbewertet
- Baden: RM 4‘500
- Schweden: erwähnt, aber unbewertet

An den Auktionen von Ferrary musste „der Markt“ Farbe bekennen, denn erstmals wurden alle Stücke auf dem freien Markt angeboten:

- Schweden, 4. Auktion, Zuschlag FF 30‘000 plus Zuschläge, umgerechnet = CHF 16‘174 (1922)
- Baden, 8. Auktion, Zuschlag FF 120‘000 (+), umgerechnet = CHF 45‘012 (1923)
- Spanien, 5. Auktion, Zuschlag FF 130‘000 (+), umgerechnet = CHF 58‘177 (1922)

Diese Ergebnisse waren bemerkenswert, und sie bedeuteten folgende Plätze in der „Ferrary-Rangliste“

- Schweden: Rang 43
- Baden: Rand 10
- Spanien: Rang 6

Spätestens seit dieser monumentalen Auktionsserie wären also alle Kataloghersteller in der Lage gewesen, einen Katalogpreis festzusetzen. Einige taten es, andere nicht.

In den letzten 100 Jahren nahmen dann die Preisentwicklungen für die drei Superraritäten sehr unterschiedliche Entwicklungen. Während sich der Baden-Farbfehldruck 1851 und der Schweden-Farbfehldruck 1855 preislich sehr in die Höhe bewegten, konnte der Spanien-Farbfehldruck 1851 Michel 8 F Spanien dieselbe Entwicklung gar nicht verzeichnen. Im Jahr 2000 stand Spanien 1851 8 F bei „nur“ DM 225‘000 (Michel Katalog 2000/2001, hrsg. 2000), das ist viel weniger, als die DM 4 Millionen der Schweden 1 F!

Ob diese krassen Unterschiede gerechtfertigt sind, ist eine schwierige Frage.

Ich werde vielleicht später dazu weitere Erwägungen anbringen können. Im Moment fehlt mir dazu die Zeit.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 20.02.2021 14:48:47 Gelesen: 292942# 730 @  
@ Heinz 7 [#729]

Ich habe gestern ein Exemplar des weltberühmten Baden Fehldruckes gezeigt.

Es handelt sich um Exemplar 2 nach der Zählung von Leon Norman Williams, das erst 1894 entdeckt wurde. Auch die Exemplare 1 und 3 wurden im selben Jahr entdeckt! Exemplar 1 ist ein kleines Fragment, Ex. 2+3 sind die noch wertvolleren ganzen Briefe, die sich sehr ähneln und aus derselben Korrespondenz stammen.

Exemplar 2 zierte schon die Weltklasse-Sammlungen von Ferrary, von Alfred Caspary, von John Boker und von Erivan Haub. 1985 erreichte das Stück den Weltrekordpreis von DM 2'645'000 (Zuschlag DM 2.3 Mio. plus 15 % Aufgeld). Williams schrieb dazu:

"this was the highest price recorded at auction in Europe and the highest at any auction for a European stamp at that date".

Ein ruhigeres Dasein fristete der nun gezeigte Brief



Es ist Exemplar 3, das gleichzeitig mit Exemplar 2 entdeckt wurde.

Vermutlich noch im selben Jahr (1894) kaufte das Reichspostmuseum Berlin diesen Brief. Baron von Türckheim, der den Brief gefunden hatte, zeigte ihn am 22.1.1894 an einem Treffen des Berliner Philatelisten Clubs. Natürlich erregte der Farbfehldruck grösste Aufmerksamkeit. Exemplar 2 wurde noch 1894 in England verkauft (Auktion), Exemplar 3 sicherte sich das Reichspost-Museum.

Zum Glück ist dieser Brief nie verloren gegangen und überstand insbesondere den zweiten Weltkrieg und ziert heute noch die Sammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation. Aus dem Buch "Schätze der Philatelie aus den Archiven der Museumsstiftung Post und Telekommunikation" stammt auch das Foto (Seite 18).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.03.2021 23:28:57 Gelesen: 288456# 731 @  
@ Heinz 7 [#730]

Ich kopiere hier einen Beitrag, den ich zum Thema "Farbfehldrucke" eingestellt habe (Beitrag 10). Die Folgebeiträge 11+19+20+21 werden nur sehr summarisch wiederholt.

Die teuerste Briefmarke von Spanien ist ein Farbfehldruck. Die zweitteuerste Briefmarke von Österreich ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Briefmarke von Baden (bzw. von allen Altdeutschen Staaten zusammen) ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Marke von Kap der Guten Hoffnung (bzw. von Südafrika) ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Marke von Schweden ist ein Farbfehldruck.

Diese Auflistung liesse sich ohne Probleme noch verlängern.

Wir sehen deutlich: die Farbfehldrucke spielen im „Konzert der teuersten Briefmarken“ der Welt eine sehr wichtige Rolle (wir könnten vielleicht sogar sagen: „die erste Geige“?). Ihre Betrachtung und ihre Würdigungen in den Katalogen der Welt ist aber gelegentlich etwas „schwierig“ und uneinheitlich und über kaum eine Fragestellung dürften die philatelistischen Experten soviel Tinte (und Herzblut?) vergossen haben wie über die Echtheit/das Wesen und den Wert solcher Abarten.

Wie ist denn das eigentlich für die Schweiz? Gibt es hier auch Farbfehldrucke?

Gute Frage.

Lange Pause.

Sehen wir einmal in die Briefmarkenkataloge hinein. Das finden wir:

- Schweizer Briefmarken Katalog (des Schweizer Briefmarken-Händler-Verbandes) 2018: kein Farbfehldruck ist katalogisiert
- Zumstein Katalog, Normalkatalog (2013): kein Farbfehldruck ist katalogisiert.

Jedoch hielten die Philatelisten der Schweiz den Atem an, als am 9. Juni 2011 in Basel ein aussergewöhnliches Schweiz-Angebot zur Auktion gelangte. Ohne auf das übrige aufsehenerregende Material nun vertieft einzugehen, greife ich gleich das Top-Stück heraus, das auch die Titelseite des Kataloges zierte.



Beim ersten Blick denkt man, einen Brief von St. Imier (Schweiz, Kanton Bern) nach Mulhouse (Frankreich, Region Alsace) zu sehen, korrekt freigemacht mit zwei Strubel Marken (=Sitzende Helvetia, ungezähnt, ab 1854), 25 Rappen, zwei Marken blau zu 10 Rappen (Michel Nr. 14) und einer Marke braun zu 5 Rappen (Michel Nr. 13). Nichts Aussergewöhnliches, scheinbar, also warum kommt dieser Brief auf die Titelseite?

Sehen wir uns aber den Brief genau an! Die zwei blauen Marken zeigen nicht, wie erwartet, einen Wert von je 10 Rappen an, sondern es sind zwei 5 Rappen Marken blau. Normalerweise sind die 5 Rappen-Marken dieser Ausgabe immer braun! – Haben wir also einen Farbfehldruck?

Nun wurde (meines Wissens) dieser Brief 2011, der erstmals 1901 die Schweizer Philatelie-Szene in Aufregung versetzt hatte, zum ersten Mal öffentlich angeboten. Er gelangte früh im 20. Jahrhundert in den Besitz von Théodor Champion, einem grossen Sammler/Händler, und verblieb m.W. jahrzehntelang in seinem Besitz. Keine der grossen Schweiz-Sammlungen hatte einen vergleichbaren Brief vorzuweisen, und in den Katalogen wurde er auch unterschiedlich beurteilt, selbst im Zumstein-Katalog änderte sich über die Jahrzehnte die Beurteilung. Minutiös wurde dies aufgelistet im grossen Handbuch der Strubel Marke von Urs Hermann.

Der Preis, der für diesen Brief an der Auktion in Basel erwartet wurde, hatte es in sich: auf Euro 400‘000 – 500‘000 wurde Los 771 geschätzt, und – offensichtlich – sogar wesentlich höher verkauft! Die Galerie Dreyfus meldet auf ihrer homepage einen Erlös von Euro 1‘500‘000 plus 20 % = Euro 1‘800‘000.

Das ist meines Wissens der mit Abstand höchste Preis für ein Schweizer Philatelie-Stück der Geschichte.

Ich war erstmals ziemlich erschlagen, als ich diese Neuigkeiten erfuhr. Muss das Kapitel der teuersten Briefmarken der Schweiz gänzlich neu geschrieben werden? Ist dieser Brief so viel mehr wert, als all die anderen Preziosen, welche die Schweizer Philatelie zu bieten hat?

Erlauben Sie mir folgende Meinungsäusserung.

„Der Markt hat immer recht“ das ist eine Standard-Antwort von Vielen, wenn es um die Preisfestsetzung geht. Ob der wahre WERT dieses Briefes im Juni 2011 vernünftig festgelegt wurde, stelle ich in diesem konkreten Fall nun einmal ernsthaft in Frage. Ich, für meinen Teil, gebe folgende Antwort: NEIN.

Ich will das auch begründen.

1. Der Brief hat meines Wissens in 120 Jahren erst einmal (2011) zwei Kaufinteressenten gefunden, welche diesen Preis bewilligt haben (der Bieter und der Unterbieter)

2. Schwierig ist, dass meines Wissens praktisch niemand den erfolgreichen Bieter 2011 kennt. Kein grosser Sammler hat m.W. den Brief je ausgestellt und der philatelistischen Öffentlichkeit präsentiert

3. Es wäre sogar denkbar, dass die Person, die am 9. Juni 2011 den Zuschlag erhielt, den Kaufpreis nie geleistet hat oder er den Brief zurückgab oder er einen Preisnachlass erhielt

4. Zum Zeitpunkt der Auktion lagen zwar mehrere Atteste vor, jedoch nicht eines des anerkannten ersten Strubel-Experten Urs Hermann, der wenige Jahre zuvor sein bahnbrechendes grosses Handbuch zu den Strubel-Marken veröffentlicht hatte.

Heinz
 

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