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Thema: Französische Kolonien vor dem WK 2: Bestimmung und Wertschätzung
HGH Am: 24.08.2022 17:23:41 Gelesen: 1779# 1 @  
Guten Tag!

Mein Vater schenkte mir Anfang der 70er Jahre Briefmarken, die er im 2. Weltkrieg als Soldat aus Frankreich mitgebracht hatte. Für mich als damals 10-jährigen Jungen waren diese etwas ganz Besonderes, wenngleich ich nach einigen Jahren wieder mit dem Sammeln zeitgenössischer Marken aufhörte. Aber ich habe dieses Erbe nie vergessen. Nun wollte ich erstmals den Wert dieser ca. 100 Jahre alten Briefmarken bestimmen, träumte schon davon, Millionär zu werden, gab bei Google "Briefmarken Forum" ein, kam so hierher, suchte nach "franz. Kolonien", folgte dem dort gefundenen Rat und tippte einige Marken bei google ein ... und wurde maßlos enttäuscht! Waren solche Marken wirklich so häufig bzw. sind heute quasi nichts wert?

Herzlicher Gruß, Hans-Georg aus Offenbach am Main.



 
Cantus Am: 25.08.2022 02:28:45 Gelesen: 1724# 2 @  
@ HGH [#1]

Hallo Hans-Georg,

wenn man sich mit Briefmarken beschäftigt, sollte man einen gedruckten Katalog zur Hand nehmen und nicht googlen, denn die Marken sind schließlich auch etwas zum anfassen. Ich selber besitze einen Katalog, allerdings nicht von Michel, sondern von einem französischen Verlag in französischer Sprache, der nur die Briefmarken der ehemaligen französischen Kolonien behandelt. Bei Katalogen in deutscher Sprache wird es dagegen kompliziert, denn die sind nach Erdteilen gegliedert und zusätzlich noch nach bestimmten Teilen der Erdteile, weil es inzwischen viel zu viele Briefmarken gibt, als dass man sie in einem einzigen Katalog zeigen und bewerten könnte.

Was deine gezeigten Marken betrifft, so sagt mir die erste oberflächliche Durchsicht, dass die meisten Marken Massenware sind; mir sind da lediglich auf Blatt 3 die Pärchen mit den Überdrucken positiv aufgefallen, denn zum Teil, das lässt sich aber nur bei großen Einzelabbildungen von Vorder- und Rückseite der Marken beurteilen, gibt es da auch bessere Werte. Ganz allgemein gilt, dass Katalogwerte nur für einwandfreie Marken gelten, also nicht am Rand verfärbt, alle Zähne außen sollten gleichmäßig vorhanden und nicht geknickt sein, das Gleiche gilt für die Ecken, es darf keine dünne Stelle bei den Marken geben (sieht man, wenn man die Marken gegen das Licht hält), die Marken dürfen nicht eingerissen sein und der Poststempel sollte, ebenso wie auch die Marken, nicht gefälscht sein. Bei Marken, die nicht genutzt worden sind, sollte entweder ein sauberer und unbeschädigter Originalgummi auf der Rückseite sein, das nennt man postfrisch, es darf aber auch rückseitig ein kleiner Klebefalz bei ansonsten unbeschädigter Gummierung zu sehen sein, das nennt man ungebraucht mit Falz.

Wenn du unbedingt ohne Papierkataloge arbeiten willst, dann empfehle ich dir [1]

Du findest dort fast alle Marken, die jemals erschienen sind, auch solche aus den ehemaligen französischen Kolonien, einzeln dargestellt, beschrieben und nach den verschiedenen Katalogen bewertet. Wenn du dann den theoretischen gesamten Katalogwert aller deiner Marken ermittelt hast, dann teile das Ganze durch 10, dann hast du den realen Wert, den du möglicherweise für den Posten erzielen kannst, denn Katalogwerte sind keine realen Werte, sondern nur noch Orientierungswerte für den Handel.

Aber auch, wenn du glaubst, für die Marken einen höheren Betrag erzielen zu können, dann musst du erst einmal das Problem lösen, einen Interessenten zu finden, der diese Marken insgesamt oder aber auch nur einzelne davon haben will. Als Mitglied der Philaseiten könntest du die Marken bei der PPA (Philaseiten-Auktion) [2] anbieten, du könntest es auch über Ebay oder Delcampe oder bei einem Briefmarkenhändler versuchen. Bei einem der großen deutschen und internationalen Briefmarkenauktionshäuser würde man dir so eine Zusammenstellung aber nur dann abnehmen, wenn sich bei genauer Prüfung deiner Marken eine oder mehrere herauskristallisieren sollte/n, die einen außergewöhnlich hohen Wert darstellen, der von den Auktionsbietern möglicherweise auch nachgefragt wird. Wenn du dir zum Briefmarkenauktionsgeschäft ganz allgemein erst einmal einen Eindruck verschaffen willst, dann schau in die aktuellen Auktionen bei [3] hinein.

Bei Briefmarken gilt grundsätzlich, dass sich der Preis nicht nach Katalogen bestimmt, auch wenn die natürlich eine Orientierungsgröße geben können, sondern letztlich danach, wie viel ein Interessent bereit ist, dafür tatsächlich zu zahlen.

Viele Grüße
Ingo

[1] https://colnect.com/de
[2] https://www.ppa-auktion.de/cgi-bin/auktion.pl?do=bu&bu=429
[3] https://www.philasearch.com
 
HGH Am: 25.08.2022 22:47:00 Gelesen: 1661# 3 @  
Vielen, vielen Dank, Ingo !

Einmal, daß Du Dir so viel Zeit genommen hast, mir zu helfen. Zum anderen Mal, daß Du mir ausführlich und leicht verständlich geantwortet hast.

Zum Thema gedruckte Kataloge, das kannte ich nicht anders, habe in meiner Jugendzeit diverse genutzt. Doch den Hinweis mit dem goggeln fand ich in DIESEM Forum.

Das Ergebnis Deiner Recherche ist zwar für mich nicht erfreulich (Massenware), aber dafür kannst DU ja nichts.

Deinen Tipp mit colnect werde ich bei einigen anderen Marken stichprobnenartig anwenden, darauf bin ich auch schon bei meiner googel-Suche gestossen. Schließlich habe ich auch noch eine ganze Zigarrenkiste voll alter spanischer und einige Tüten deutscher und anderer Marken, alle vor dem II.WK. Vermutlich wird das Ergebnis aber sein, daß sich eine Auktion nicht lohnt.

Jedenfalls nochmals VIELEN Dank für Deine Unterstützung! Ich weiß von anderen Foren (Modellbahn, Schießsport ...), wie es ist, wenn Neulinge vermeintlich "dumme" Fragen stellen. Dann gibt es drei Typen von "Experten"-Reaktionen:

(1) .... warum hast du nicht die Suchfunktion genutzt? Warum weißt du das nicht? Ist doch schon 127 mal hier beantwortet worden....
(2) .... einfach ignorieren und gar nichts antworten
(3) .... dem Neuling geduldig helfen. Selbst wenn man eine ähnliche Antwort schon öfters geschrieben hat.

Ich wende immer Alternative 2 oder 3 an - einfach weiterklicken und nicht antworten - oder versuchen zu helfen.

Gruß, Hans-Georg.
 
Koban Am: 26.08.2022 07:21:30 Gelesen: 1631# 4 @  
"Waren solche Marken wirklich so häufig bzw. sind heute quasi nichts wert?"

Marken mit niedrigem Katalogwert/Handelswert sind nicht zwangsläufig "Massenware". Bei vielen Kolonienmarken waren die Auflagezahlen, verglichen z. Bsp. mit europäischen Marken, um ein vielfaches kleiner. Das Sammelinteresse vieler Briefmarkensammler beschränkt sich meist auf das eigene Land und vielleicht noch ein paar Nebengebiete.

Die Zahl der Sammler in Ländern wie Madagaskar oder Gabun dürfte recht überschaubar sein. Das sammeln, selbst billiger Marken, muss man sich halt auch erst mal leisten können.

Ein paar interessante Stücke sind, ohne jetzt alle im Katalog nachgeschlagen zu haben, schon dabei. Ein, zumindest kleiner Schatz, ist das zweite Markenpaar in der zweiten Zeile auf dem dritten Bild. Es handelt sich um Gabun Michelnummer 74. Den Aufdruck "05" gibt es in Typ I, normaler Abstand zwischen "0" und "5" (1,5 mm) und Typ II, weiter Abstand zwischen "0" und "5" (2 mm), wobei Typ II seltener ist als Typ I. Beide Typen zusammenhängend in einem Paar sind sicher alles andere als häufig.

Die Erhaltung spielt bei der Bewertung ebenfalls eine wichtige Rolle. Bei Deinen Marken ist diese teils nicht sonderlich gut, aber bei einigen lohnt sich ein Reinigungsversuch.

Solltest Du Dich unbedingt trennen wollen, stelle die Marken ruhig hier bei einer der nächsten Auktionen ein.

Gruß,
Koban
 
HGH Am: 26.08.2022 20:27:25 Gelesen: 1576# 5 @  
Auch Dir, Koban, vielen vielen Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen!

Ich muß wohl mal einige Stunden investieren, alle Marken sichten, nach Ländern sortieren, ausgewählte einzeln fotografieren und hier vorstellen.

Herzlichen Dank nochmals, Hans-Georg.
 
DL8AAM Am: 26.08.2022 20:31:49 Gelesen: 1572# 6 @  
@ HGH [#5]

einzeln fotografieren und hier vorstellen

Auf jeden Fall wäre es aber sehr viel besser zu scannen, als zu fotografieren. ;-)
 
Cantus Am: 26.08.2022 23:36:01 Gelesen: 1553# 7 @  
@ Koban [#4]

Hallo Konan,

das Pärchen von Gabun, das du besonders hervorgehoben hast, gehört zu den Marken, die mir auf Blatt 3 positiv aufgefallen sind. Natürlich sind mir solche Überdruckmarken und auch die Unterschiede der Abstände zwischen der Null und der Fünf oder auch anderen Wertstufen bekannt, denn ich habe schließlich eine sehr umfangreiche Sammlung der Côte d'Ivoire, ich wusste nur nicht, ob solche Aufdrucke auf allen entsprechenden Marken der ehemaligen französischen Kolonien vorkommen und ob es auch überall die Unterschiede bei der Zwischenbreite gibt. Leider konnte ich hier die Bildunterschriften auf den Marken nicht lesen, dazu waren die Abbildungen zu klein und zusätzlich noch durch den Einsteckstreifen wie hinter einer Nebelwand, nur das Wort Mayotte konnte ich auf einem Pärchen entziffern.

Es würde sicherlich Sinn machen, die Überdruckpärchen als jeweilige Einzelposition bei der PPA anzubieten und am besten wären Abbildungen per Scan, wie DL8AAM schon geschrieben hatte, aber notfalls reichen auch Fotografien, wenn sichergestellt ist, dass die Abbildungen nicht durch irgendwelche Blendeinflüsse beeinträchtigt sind und die Marken zusätzlich flach auf einer schwarzen Unterlage fotografiert werden. Sofern da etwas auch zu meinem Sammelgebiet angeboten wird, werde ich sicherlich mitbieten.

Viele Grüße
Ingo
 
Lars Boettger Am: 27.08.2022 07:10:54 Gelesen: 1529# 8 @  
@ HGH [#5]

Hallo Hans-Georg,

die Marken der Kolonien gingen - zumindest bei kleineren Kolonien ab ca. 1880 / 1890 - zu 90% direkt an Briefmarkensammler. Die erhaltenen Marken in Sammlerhänden sind daher überproportional vertreten. Das trifft dann auf eine vergleichsweise niedrige Nachfrage und damit niedrige Katalogwerte.

Auf Briefen sind Bedarfsstücke zum Teil echte Raritäten und bringen ihren Preis.

Beste Grüße!

Lars
 
Richard Am: 28.08.2022 01:44:24 Gelesen: 1462# 9 @  
@ HGH [#5]
@ DL8AAM [#6]

Ich muß wohl mal einige Stunden investieren, alle Marken sichten, nach Ländern sortieren, ausgewählte einzeln fotografieren und hier vorstellen.

Bitte beachte:

- Fotos sind nicht geeignet für Bestimmungen und Wertschätzungen, Du wirst durch diese, und seien sie noch so gut, wahrscheinlich nicht genügende Antworten erhalten. Es gibt alte Marken, die sich, hierzu nur zwei Beispiele durch die geringe Zähnungsunterschiede oder geringe Farbunterschiede unterscheiden. Versierte Sammler dieser Gebiete können mit guten Scans dann einen Bestimmung vornehmen.

- Damit die Antworten für spätere Sammler und Sucher in den richtigen Themen der einzelnen Kolonien zu finden sind statt in diesem unübersichtlichen Sammelthema, stelle bitte für jede einzelne Kolonie die Marke oder Marken in jeweils einen Beitrag hier in diesem Thema vor. Ich verschiebe nach der Antwort die zusammenpassenden Fragen und Antworten in die richtige Kolonie, was nur funktioniert, wenn sie einzeln vorgestellt und ebenso jeder Beitrag einzeln beantwortet wird. Hoffentlich sind die Antwortgeber im Sinne der Philatelie und aller künftigen Leser dazu bereit.

- Du kannst alle Deine Beiträge danach genauso einfach finden, wenn Du unter Philasuche Deinen Mitgliedsnamen eingibst.

- Und wenn Du auf einen oder mehrere Beiträge antwortest, klicke bitte das @ über dem Beitrag an, wie es die anderen Mitglieder tun. Das hat viele Vorteile für Dich, für alle späteren Leser und entlastet die Redaktion.

Bitte beachte obige Hinweise und lese einmal die Forumhilfe langsam durch.

Schöne Grüsse, Richard
 
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