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Thema: Deutsche Abstimmungsgebiete Allenstein: Was ist von diesem Angebot zu halten?
Laudano Am: 16.03.2023 18:20:39 Gelesen: 1639# 1 @  
@ Richard

Hallo Richard,

ich nehme an, dir ist heute ebenfalls ein "unnachahmliches" Angebot von Primus ins Haus geflattert: Ein Viererblock aus Allenstein, MiNr. 4 I b mit der Notierung "-.-" für knapp 1.000.- Euro.

Ich habe allerdings keinen Hinweis darauf gefunden, dass das Exemplar geprüft worden wäre. Also, wohl lieber Finger weg, oder ?

Gruß aus Berlin
Harry
 
robste1987 Am: 18.03.2023 09:27:16 Gelesen: 1527# 2 @  
Ich nehme mir mal die Freiheit auch meinen Senf dazu zu geben:

Fakten:

"-.-" bedeutet ja nur, dass kein Preisansatz möglich war, wahrscheinlich weil die Marke so selten/nie angeboten wurde. Das bedeutet ja nicht zwangsläufig das die Marke selten / wertvoll ist.

Man stelle sich nur eine Briefmarke vor, die (fast) niemanden interessiert. (Fast) Kein Händler schreibt die auf eine Preisliste oder in einen Auktionskatalog. Folglich entsteht da auch ein "-.-"

Ob die Marken gefälscht, verfälscht oder echt sind kann ich nicht sagen. Es ist bei jedem Kaufvertrag grundsätzlich möglich zu vereinbaren, dass ein externer Sachverständiger sich den Kaufgegenstand ansieht, etwa der TÜV bei einem Gebrauchtwagen oder eine Tierärztin bei einem Reitpferd. Das erspart Käufer und Verkäufer oft viel Ärger! Man kann schriftlich anfragen ob der Verkäufer einverstanden ist dass sich ein externer Prüfer nach Wahl des Käufers den den Viererblock ansieht und was geschieht, wenn der Prüfer zu dem Schluss kommt, das die Marke nicht echt ist. Es kommt häufig vor, dass der Verkäufer mit so etwas auf Anfrage kein Problem hat. Fast genau so häufig passiert es, dass der Käufer nicht (mehr) kaufen will, wenn der Verkäufer eine externe Begutachtung ablehnt.

Vermutung:

Kann es sein, dass irgendjemand einfach einen kompletten Bogen aufgeteilt hat und dabei mehrere Viererblocks entstanden sind, die jetzt verkauft werden?

Meinung:

Ich würde das kaufmännisch sehen und mir selbst zwei Fragen stellen.

1. Kann und möchte ich aktuell knapp 1000€ für Briefmarken ausgeben?
2. Kriege ich woanders für 1000€ etwas anderes für meine Sammlung das interessanter ist?

Weil ich auf die erste Frage mit "Nein" und auf die zweite mit "Ja" antworten würde, hätte sich der Kauf für mich erledigt. Um in Zukunft Zeit zu sparen und die Umwelt zu schonen würde ich eine Postkarte oder e-Mail schicken, dass keine weiteren Werbesendungen erhalten möchte und daher nach Artikel 21 Absatz 2 der Datenschutzverordnung weiterer Datenverarbeitung zur Direktwerbung widerspreche.
 
Richard Am: 18.03.2023 13:20:29 Gelesen: 1498# 3 @  
@ Laudano [#1]
@ robste1987 [#2]

Hallo zusammen und Danke für die Frage und die Antworten zu den möglichen Hintergründen des Angebots.

Mittlerweile liegt dieses aus der Primus Werbung vor:



Schöne Grüsse, Richard
 
christel Am: 18.03.2023 13:37:22 Gelesen: 1490# 4 @  
@ Laudano [#1]

Hallo.

"Echtheitsgarantie aus aktueller Bogenprüfung".

Steht "fettgedruckt" unter dem Angebot.

Soll also heißen, der ehemalige komplette Bogen wurde sowohl auf Echtheit und Farbe geprüft. Zur Ersparnis von Gebühren wurden jedoch nicht alle Marken einzeln signiert oder Befunde/ Attest für die einzelnen Einheiten (nach Trennung) erstellt.

Der Verkäufer garantiert dir aber, dass du die dementsprechende Prüfung resp. Attest bei Vorlage beim zuständigen Prüfer bekommst.

Zumindest hast du bei Erwerb ein wirklich "jungfräuliches", nicht mit Prüfstempeln "versautes" Stück.

Liebe Grüße. Christel
 
Stefan Am: 18.03.2023 15:40:01 Gelesen: 1459# 5 @  
@ Laudano [#1]

ich nehme an, dir ist heute ebenfalls ein "unnachahmliches" Angebot von Primus ins Haus geflattert: Ein Viererblock aus Allenstein, MiNr. 4 I b mit der Notierung "-.-" für knapp 1.000.- Euro.

Ich habe allerdings keinen Hinweis darauf gefunden, dass das Exemplar geprüft worden wäre. Also, wohl lieber Finger weg, oder ?


Ergänzend zur Vorgeschichte der angebotenen Briefmarke:

Bei dieser Ausgabe handelt es sich um Abstimmungsgebiet Allenstein, Mi-Nr. 4 Ia und b, philatelistisch als sog. "Siegesmarke" tituliert. Hierbei handelt es sich um eine Teilauflage der Mi-Nr. 4. Ursprünglich war im Abstimmungsgebiet lediglich die Verausgabung der Mi-Nr. 15-28 geplant. Die inhaltliche Abstimmung & Anfertigung der Druckplatte bzw. der Aufdruck auf den seinerzeit gängigen Germania-Briefmarken in der Reichsdruckerei in Berlin zog sich hin und die geplante Abstimmung (realisiert am 11.07.1920) rückte näher. In dem Gebiet um Allenstein wurde die örtliche Bevölkerung aufgrund des Versailler Friedensvertrags verpflichtet, eine Abstimmung zur zukünftigen Staatszugehörigkeit (Deutsches Reich oder Polen) vorzunehmen und der sog. "polnische Korridor" als Zugang der Republik Polen zur Ostsee hätte (bei einem entsprechenden Abstimmungsergebnis für Polen) dadurch geographisch erweitert werden können. Die rechtliche Abspaltung des Gebietes vom Deutschen Reich wurde m.W. zum 14.02.1920 mit dem Eintreffen der Interalliierten Kommission umgesetzt und Allenstein dem Völkerbund unterstellt. Also wurde eiligst in der Reichsdruckerei in Berlin eine provisorische Ausgabe Aufdruckmarken mit einem einfachen dreizeiligen Aufdruck produziert, die Mi-Nr. 1-14, welche ab Anfang April an die Postschalter gelangte. Bis dato waren zwangsläufig die Briefmarken des Deutschen Reiches weiterhin in Gebrauch (sog. Vorläufer).

Die angebotene Allenstein 4 I wurde im August 1920 überdruckt. Die Abstimmung war längst gelaufen, aufgrund des Abstimmungsergebnisses stand die Rückgliederung des gesamten Abstimmungsgebietes in das Deutsche Reich kurz bevor. Während der Abstimmungszeit waren Briefmarken des Abstimmungsgebietes bei Sammlern sehr gefragt. Speziell die braunrote/ karminbraune Ausgabe zu 15 Pf. war eher selten. Warum auch immer wurden in Berlin zwei verschiedene Urmarken zu 15 Pfennig (Deutsches Reich Mi-Nr. 101 und 142) überdruckt und in Allenstein verausgabt. Aufgrund von Sammleranfragen musste die Post in Allenstein immer wieder bei der Reichsdruckerei in Berlin nachbestellen, erkennbar im Michel Deutschland Spezial an den unterschiedlichen Hausauftragsnummern der Aufdruck-HAN. der Michel Deutschland Spezial von 1982 unterteilt bei der Mi-Nr. 1-14 zwei Auflagen: erste Auflage = dünner Aufdruck mit Aufdruck-HAN "... .19" (Geschäftsjahr 1919 bis 31.03.1920) und die zweite Auflage = dicker Aufdruck mit Aufdruck-HAN "... .20" (Geschäftsjahr 1920 ab 01.04.1920).

Die Reichsdruckerei in Berlin fertigte für die Schaffung der Mi-Nr. 4 I auf zugeschnittenen Rollenbahnbogen (Walzendruck) der Urmarke Mi-Nr. 142 einen entsprechenden Aufdruck an, Auflage von 16.000 Stück (gemäß Michel Deutschland Spezial 1982), also 160 Schalterbögen à 100 Briefmarken. Technisch bedingt (laut Angabe im Katalog) ließ sich dieser Aufdruck nicht genau auf den Landesnamen "DEUTSCHES REICH" der Briefmarken platzieren sondern wurde oberhalb des Landesnamens gedruckt. Ursprünglich war jahrzehntelang lediglich eine Briefmarkenfarbe - als b-Farbe (?) - katalogisiert. Der Katalogisierung nach lässt sich annehmen, dass diese vor einigen Jahren überarbeitet und in die Farben a und b unterteilt wurde. Bis mindestens 2006 war im Michel-Deutschland Spezial für die sog. "Siegesmarke" lediglich eine Farbe katalogisiert. Der Michel Deutschland Spezial verweist darauf, dass die Katalogbewertung der b-Farbe lediglich für Prüfungen ab dem Jahr 2013 gilt. Das Angebot von Primus in Beitrag [#1] bezieht sich auf die seltenere Farbe (seit einigen Jahren als b-Farbe im Katalog).



Allenstein Mi-Nr. 4 a und 4 Ia (oder doch Ib?)

Die Mi-Nr. 4 I verdankt ihre Existenz daher lediglich den Sammlernachfragen und wurde im August 1920 kurz vor Torschluss produziert (was den höheren Katalogwert für gestempelte Briefmarken erklärt). Ein postalischer Bedarf war im August 1920 längst nicht mehr gegeben. Am 12.08.1920 zog die Interalliierte Kommission wieder ab und übergab damit das Abstimmungsgebiet an das Deutsche Reich zurück. Die Allenstein-Briefmarken waren anschließend noch acht Tage bis zum 20.08.1920 gültig. Überbestände an Aufdruckmarken (Bsp. Kleinwerte bis 20 Pf.) wurden postseitig allerdings auch noch nach diesem Termin aufgebraucht (geduldet).

Sammlerseitig fiel der höhergestellte Aufdruck bereits früh auf. Da sowohl die Landesangabe "ALLENSTEIN" als auch "DEUTSCHES REICH" zeitgleich problemlos lesbar sind und Allenstein deutsch blieb, verpasste man philatelistisch dieser Teilauflage den Spitznamen "Siegesmarke". Es ließe sich nun philatelistisch streiten, ob dieser höhergestellte Aufdruck nun als verschobener Aufdruck und damit als herstellungsbedingte Druckzufälligkeit oder als katalogisierungsfähige Abart einzustufen ist. Diese Ausgabe steht seit Jahrzehnten als Letzteres im Katalog.

Man kann auch weiter vortrefflich streiten bzw. philosophieren, ob eine farbliche Unterteilung von a und b bei der Urmarke Mi-Nr. 142 bereits sinnvoll ist. Ich stelle einmal als These in den Raum, dass die meisten interessierten Sammler nicht konsequent alle vorliegenden Exemplare nach den Farben a und b unterteilen können. Mir persönlich scheint der Farbunterschied zwischen a und b eher marginal bzw. Richtung fließender Übergang zwischen den Farben a und b zu gehen.

Gruß
Stefan
 
Laudano Am: 25.03.2023 17:53:53 Gelesen: 1380# 6 @  
@ Stefan [#5]

Hallo Stefan,

um dem Ganzen noch ein Krönchen aufzusetzen: Gestern bot Primus u. a. auch die unverausgabte postfrische Allenstein I mit einem Michelwert von 260.- Euro für unglaubliche 9,95 Euro - natürlich ungeprüft - an.

Guckst du hier:



Ich habe den Bestellschein sofort per Fax an Primus gesendet und werde nun abwarten. Ich vermute mal, die Marke wird auf wundersame Weise ausverkauft sein.

Und wenn man diesbezüglich auf Ebay nachsieht, stellt man fest, dass davon eine Menge Exemplare in jeder Preisklasse herumschwirren. Ich bin sehr gespannt.

Gruß aus Berlin
Harry
 
Stefan Am: 27.03.2023 12:23:00 Gelesen: 1306# 7 @  
@ Laudano [#6]

um dem Ganzen noch ein Krönchen aufzusetzen: Gestern bot Primus u. a. auch die unverausgabte postfrische Allenstein I mit einem Michelwert von 260.- Euro für unglaubliche 9,95 Euro - natürlich ungeprüft - an.

Ich nehme an, dass Primus irgendwo Bogenware der Mi-Nr. 4 Ib und Mi-Nr. I erhalten und diese nun günstig (zum (Neu-)Kundenfang) auf den Markt wirft. Mir fehlt diese Unverausgabte noch und mir soll es recht sein, wenn frisches Material aufkommt (dadurch in den nächsten Jahren vermutlich sinkende Angebotspreise). :-)

Beide Ausgaben sind seit Jahrzehnten bekannt und stehen entsprechend im Katalog (die Mi-Nrn. II bis VI mit einer Auflage von je fünf Schalterbögen = 500 Briefmarken tauchten erst ab ca. 1983 in Berlin (Ost) aus Archivbeständen auf). Das Interesse für das Sammelgebiet Allenstein dürfte unter Sammlern nicht ganz so groß sein (bei zwei Sätzen die Hauptnummern abhaken und fertig). Die Mi-Nr. I wurde gemäß der Angabe in diversen Michel-Katalogen in einer Auflage von ca. 10.000 Stück (also ca. 100 Schalterbögen à 100 Briefmarken) gedruckt.

Die Mi-Nrn. I bis VI entsprechen mit den neuen Portostufen den Weltpostvereinsfarben der Germania, welche im Jahr 1920 verausgabt worden sind (Pfennigwerte ex Deutsches Reich (DR) Mi-Nr. 140-149). Aus diesem Satz wurde bereits die Urmarke DR 142 (15 Pf. braunrot / karminbraun) für den regulär verausgabten Aufdruck in Allenstein berücksichtigt, dito die kurze Zeit zuvor erschienenen Markwerte im Offsetdruck (Urmarken DR 113; 114 und 115) mit neuen Portostufen zu 1,25 Mk; 1,50 Mk und 2,50 Mk. Eine Verausgabung weiterer Germania-Nominalen in den neuen Farben von 1920 mit Aufdruck für das Abstimmungsgebiet Allenstein unterblieb. Die Abstimmung selbst fand in Allenstein am 11.07.1920 statt.

Gruß
Stefan
 
Laudano Am: 16.04.2023 09:06:11 Gelesen: 1071# 8 @  
@ Stefan [#7]
@ christel [#4]

Danke euch für die Infos. Die bestellten Marken sind bis heute nicht eingetroffen. Ich vermute, dass die Bestellung per Fax nicht geklappt bzw. ignoriert wurde.

Jedenfalls ist die Akte Primus von mir erst einmal in eine hintere Ecke verschoben worden.

Gruß aus Berlin
Laudano
 
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