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Thema: Märchen auf Feldpostkarten im Ersten Weltkrieg
evwezel Am: 30.08.2023 14:49:18 Gelesen: 641# 1 @  
Liebe Sammelfreunde,

auf den ersten Blick denkt man bei “Feldpost“ nicht unbedingt an Märchen-Ansichtskarten. Trotzdem wurden während dem Ersten Weltkrieg unzählbar viele Ansichtskarten mit Abbildungen der Märchen der Gebrüder Grimm an die Lieben in die Heimat geschickt. Uber den Grund dafür kann man nur spekulieren. Vielleicht wollten die Soldaten ihre Frau und Kinder nicht unnötig beunruhigen, oder suchten sie einfach eine Ablenkung von den Schrecken des Krieges.

In diesem Thema möchte ich gerne Vorbilder zeigen und ich lade jeden ein, etwas beizutragen.

• die Feldpostkarte muss geschrieben sein zwischen 1914 und 1918 und tatsächlich gelaufen sein;
• der Text auf der Textseite der Feldpostkarten soll völlig transkribiert werden.

Ich fange heute mit „Aschenbrödel“ [1] an. Es handelt sich hier um zwei Feldpostkarten, geschrieben am 1. Juni 1918 und 6. Juni 1918.

Viele Grüße,

Emiel

---


Transkription

Teure[2] Luise!

Eben erhielt ich Dein Paket
u. gestern Deinen l. Brief.
Herzlichsten Dank, liebe
Luise. Wir hatten heute noch-
mals Besichtigung; das
wird nun die letzte ge-
wesen sein in H.[3] Ich hoffe
morgen Zeit zu haben
um Dir mehr zu schrei-
ben.
Die innigsten Grüße
u. Küsse
Dein
Anton

Briefstempel
Nicht lesbar.

Feldpoststempel
Feldpost
-1.6.18.10-11V

Absender
Gefr. Schnitzler, Feldrekr. Depot.
18. ?. Batterie D. Feldpost 44

Adresse

An
Fräulein
Luise Engel
Krauchenwies [4]
Hohenzollern

[1] Siehe https://www.helpster.de/unterschied-zwischen-aschenputtel-und-aschenbroedel_126739. Im Grunde bezeichnet Aschenputtel und Aschenbrödel ein und dieselbe Person. Es gibt jedoch Unterschiede, was die Herkunft der Namen betrifft. Das Märchen wurde im Märchenband der Gebrüder Grimm festgehalten. Diese Version vom Jahr 1812 ist wohl auch die bekannteste. Bei den Gebrüdern Grimm trägt das Mädchen den Namen Aschenputtel. Der deutsche Schriftsteller Ludwig Bechstein übernahm die weitverbreitete Geschichte in seine Märchensammlung. Hier heißt das Mädchen allerdings Aschenbrödel. Die Geschichte bleibt allerdings dieselbe.
[2] Ich vermute, Anton hat sich hier vertan und wollte „Treue Luise“ schreiben...
[3] Hautmont. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Hautmont
[4] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Krauchenwies


--------------


Transkription

Liebe Luise!

Wir sind eben im Begriff,
uns von Hautmont zu ver-
abschieden. In einigen Stunden
soll der Transportzug abgehen,
ich glaube zu Feldart. Reg. 600.
Ich habe nicht mehr viel Zeit
muß noch packen. Gestern
hatten wir noch eine große
Übung. Herzlichsten Gruß
Dein Anton

Briefstempel
Feldart. Rekr. Depot 18

Feldpoststempel
Feldpost
-6.6.18.10-11V

Feldpostvermerk
Feldpost

Absender
Gefr. Schnitzler, Feldrekr.
Depot. 18.

Adresse
An
Fräulein
Luise Engel
Krauchenwies
Hohenzollern
 
evwezel Am: 01.09.2023 16:19:21 Gelesen: 559# 2 @  
Liebe Sammelfreunde,

Heute zeige ich Euch “Die kluge Bauerntochter” auf einer Feldpostkarte geschrieben am 25. April 1915. Der Text klingt nicht sehr beruhigend...



Transkription

In der Champagne, So.[1] 25.IV.15.

Liebe Jeanne! Bin damals nicht von
meinen Kommando abgelöst wor-
den, sondern sogar für 4 Wochen zu
der Div.[2] für den Materialtransport
zu den Baustellen abkommandiert
worden. Es geht mir gut. Mit Ausnah-
me einer Beschießung mit Grana-
ten noch nicht in meiner Arbeit
gestört worden. Deine Karte mit An-
sicht von St. Pieter [3] habe ich erhalten.
Besten Dank. Heute geht gerade die

Text auf der rechten Seite
Nachricht über einen
großen Sieg über die

Text auf der linken Seite
Engländer nördl Ypern [4]
ein. Es grüßt herzlichst
Josef

Postaufgabestempel
Maastricht
(?)-V.15 11-12V
* 9 *

Feldpoststempel
K.D. Feldpostexp.
50. Infant.-Div.
25.4.15.6-7N

Feldpostvermerk
Feldpostkarte

Absender
Lt. d. R.[5] Gilles
I.R. 53
II. Batt. [6]
8 Comp. [7]
50 I.D. [8]

Adresse
Fräulein
Jeanne Bergmans
183 Kanal Dyck
St. Pieter
Maastricht
Holland

[1] Sonntag
[2] Division
[3] Das Stadtviertel St. Pieter in Maastricht war vor 1920 ein selbständiges Dorf.
[4] Siehe https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/kriegsverlauf/ypern-1915.html. Am 22. April 1915 kam das Chlorgas erstmals zum Einsatz. Aus Druckflaschen abgeblasen, trieb eine sechs Kilometer lange Giftwolke auf die französischen Schützengräben zu: Mehrere Hundert Mann starben an verätzten Lungen, mehrere Tausend überlebten die Attacke mit schweren Verletzungen. Durch den Überraschungseffekt bot sich den deutschen Truppen nach dem Verzug der Giftschwaden die Möglichkeit zum Angriff auf die alliierten Schützengräben. Ein strategischer Durchbruch gelang den Deutschen aber nicht, da die benötigten Reserven zum weiteren Vormarsch fehlten. So gelangen lediglich kleine Geländegewinne und eine Frontbegradigung, während die Stadt Ypern von der Entente gehalten wurde.
[5] Leutnant der Reserve
[6] Batterie
[7] Compagnie
[8] Infanterie Division
 
evwezel Am: 13.09.2023 21:05:23 Gelesen: 424# 3 @  
Liebe Sammelfreunde,

wir fahren fort mit "den sieben tapferen Schwaben":




Transcription

Mein lieber Bub[1],

hier schick(e) ich Dir ein Kärtchen mit
den sieben tapferen Schwaben[2], die
vor einem kleinen Häschen fort-
laufen, das ist doch zum Totlachen,
da wäre mein Junni?[3] nicht vor
ausgerissen[4]. Gestern war hier schö-
nes Wetter, ich konnte aber nicht
fort, hab[5] gearbeitet, heute regnet
es. Hoffentlich ist es dorten(?) besser.
Habt Ihr geflaggt?[6] Viele Grüße u.
Küsse. Dein Vater 28-1

Briefstempel
Kaiserl. Marine
* 10. Kompagnie II. Bau-Division *

Feldpoststempel
Nicht vorhanden

Feldpostvermerk
Feldpost

Absender
Abs. W. M. Heussner, 10/II B.D.

Adresse
Herrn.
Carlheinz Heussner
in Cassel
Frankf. Str. 82 [7]


[1] Bub, der = Junge, Knabe
[2] Siehe https://www.sagen.at/texte/maerchen/maerchen_deutschland/allgemein/vondensiebenschwaben.html
[3] "Junni" dürfte ein Kosename oder ein Spitzname sein.
[4] ausreißen = die Flucht ergreifen
[5] Das "e" von "hab(e)" fehlt.
[6] Vermutlich wurde geflaggt wegen den Geburtstag des Kaisers am 27. Januar.
[7] Frankfurterstraße - siehe Adressbuch Kassel (1916) in https://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/image/1382947338432_1916/645/. Herr Wilhelm Heussner war tätig als Kupferschiedemeister.
 
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