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Thema: Deutsches Reich: Rheinlandbesetzung 1918 bis 1930
Das Thema hat 40 Beiträge:
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Postgeschichte Am: 25.10.2009 15:30:40 Gelesen: 54032# 1 @  
Ein interessantes Sammelgebiet ist die Besetzung des Rheinlandes nach dem Ersten Weltkrieg, die auf Grund des Waffenstillstandsvertrages vom 11.11.1918 in Compiègne in Artikel V beschlossen wurde. Siehe hierzu auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Alliierte_Rheinlandbesetzung.

Der Waffenstillstandsvertrag sah vor, daß die Alliierten (Amerikaner, Belgier, Briten, Franzosen) das von der deutschen Armee geräumte linksrheinische Gebiet in den hierin für sie vorgesehenen Zonen verwalten sollten. Als Erste überschritt die belgische Armee am Morgen des 1.12.1918 die Reichsgrenze und zog in die ihr zugewiesene Besatzungszone ein. Die anderen Alliierten folgten im Laufe der nächsten Monate. Die Besetzung sollte nach dem Versailler Vertrag 15 Jahre nach In-Kraft-Treten des Vertrages enden. Für einzelne Gebiete waren 5, 10 bzw. 15 Jahre Besatzungszeit eingeplant. Am 30.6.1930, also 5 Jahr vor Ablauf des ursprünglichen Zieles, zogen die Besatzungstruppen vollständig aus dem Rheinland ab.

Um eine räumliche Vorstellung über die Rheinlandbesetzung zu vermitteln, hier eine Karte, die einen ungefähren Überblick über die Besetzung im Jahr 1919 vermittelt.



Der schmale unbesetzte Streifen zwischen den beiden von Amerikanern besetzten Gebieten zwischen Koblenz und Wiesbaden ging als "Freistaat Flaschenhals" in die Geschichte ein. http://de.wikipedia.org/wiki/Freistaat_Flaschenhals
Da dieses Gebiet zu einem lebhaften Schmuggel benutzt wurde, erfolgte 1923 die Besetzung durch die Amerikaner. Andere kleine Gebiete folgten. Darüber hinaus wurde im Januar 1923 ein Gebiet, das von Wesel über Dorsten, Lünen, Dortmund, Witten fast bis Elberfeld reichte, besetzt, welches als Besetzung des Ruhrgebietes bekannt ist. Diese Besetzung erfolgte aus wirtschaftlichen Gründen. Der Reiseverkehr in die einzelnen Besatzungszonen war nur mit Genehmigung der jeweiligen Alliierten möglich. Zum Teil wurden besondere Genehmigungen ausgestellt:



Ausweis, ausgestellt in Offenbach am 20.4.1923 nur zum Verkehr mit dem besetzten rheinischen Gebiet oder nur für den Durchgangsverkehr zwischen Ostpreußen und dem übrigen Deutschland.

Der Postverkehr unterlag der Zensur, die für die einzelnen Besatzungszonen individuell angeordnet wurden. An den unterschiedlichen Zensurstempeln sind die Belege der Rheinlandbesetzung zu erkennen. Eine Besonderheit ist in der Britischen Zone zu beachten. Hier wurden Bürgermeister (daher der Begriff "Bürgermeisterzensuren") und andere lokale Behörden ermächtigt, die Zensuren im Wege der "Amtshilfe" durchzuführen. Die hierbei verwendeten Stempel sind vor allem von Heimatsammlern begehrt.

Zensuren können nach den von den Alliierten verwendeten Stempeln und Verschlußzetteln speziell gesammelt werden. Daher könnte bei einer entsprechend ausgebauten Sammlung unterschieden werden in:

Amerikanische Zensuren
Belgische Zensuren
Britische Zensuren
Französische Zensuren
Belege der Besetzung des Ruhrgebietes

Beginnen möchte ich hier mit einem Brief von Coblenz nach Cassel, mit einem amerikanischen Zensurstempel "U.S. / No. 372".



Ausführlich wird die Rheinlandbesetzung in dem Werk "Postzensur während der Besatzungszeit des Rheinlandes und des Ruhrgebiets nach dem Ersten Weltkrieg" von Konrad Meyer und Werner Steven behandelt.

Mit philatelistischen Gruß und der Hoffnung, daß bald weitere Belege der Rheinlandbesetzung gezeigt werden.

Manfred
 
Postgeschichte Am: 10.11.2009 23:25:03 Gelesen: 53945# 2 @  
Hier noch ein Beispiel aus der amerikanischen Zone:

Am 1.12.1918 rückte die amerikanische Armee in die ihr zugewiesene Zone ein. Gleichzeitig trat das Kriegsrecht in Kraft, mit dem zunächst auch eine Sperre des Postverkehrs für das besetzte Gebiet ausgesprochen wurde. Nach der Wiederaufnahme des Postverkehrs wurde auf Befehl von General Pershing die Postzensur durch die amerikanischen Militärbehörden eingeführt. Eine der amerikanischen Zensurstellen befand sich in Coblenz (Koblenz), welche vier verschiedene Zensurstempel verwendete. Zensuriert wurde alle ein- und ausgehende Post.



Umschlag einer Firma von Düsseldorf nach Cassel mit dem Stempel der Zensurstelle Coblenz "U.S. / No. 372" in violett. Damit nicht Fragen hinsichtlich der Zensur entstehen: Es handelt sich um einen Firmenumschlag der Firma H. Köddermann, Düsseldorf, der von Ahrweiler im Bezirk Koblenz am 21.5.19 zum Versand aus der amerikanischen Besatzungszone nach Cassel verwendet wurde.

Dieser Zensurstempel, u.a. an der Größe 30 x 18 mm und dem kleinen "o" in No. von einem ähnlich aussehenden Stempel zu unterscheiden, ist in rot, schwarz, violett und blau bekannt.

Gruß
Manfred
 
muemmel Am: 11.11.2009 00:18:23 Gelesen: 53934# 3 @  
Salut Manfred,

von INFLA-Berlin ist mir eine Person bekannt, die sich ebenfalls intensiv mit der Rheinlandbesetzung befasst. Falls Interesse besteht, bin ich gerne bereit, einen Kontakt zu vermitteln.

Schönen Gruß
Harald
 
Lars Boettger Am: 11.11.2009 10:58:23 Gelesen: 53907# 4 @  
@ Postgeschichte [#2]

Hallo Manfred,

befand sich die amerikanische Zensurstelle nicht zuerst in Trier? Ausserdem wurden deutlich mehr als vier Zensurstempel eingesetzt (bei den grossen/kleinen Kastenstempeln 371/372 komme ich aus dem Gedächtnis auch auf vier). Z.T. erfolgte die Zensur über die Feldpoststellen der Amerikaner mit den entsprechenden Kompagniestempeln. Ausserdem wurde m.W. nicht alle Belege zensiert. Allerdings ist mein Wissensstand sehr stark auf Post zwischen Deutschem Reich und Luxemburg aus der Zeit beschränkt.

Beste Sammlergrüsse!

Lars
 
Postgeschichte Am: 11.11.2009 14:07:42 Gelesen: 53890# 5 @  
@ Lars Boettger [#4]

Hallo Lars,

ja, auch in Trier gab es eine Zensurstelle. Ob diese vor der in Koblenz eröffnet wurde, weiß ich nicht. Zensurstempel der beiden Stellen belegen, daß beide im Dezember 1918 eingerichtet wurden.



Hier ein Auslandsbrief von Wendelsheim (Bez. Darmstadt) nach Berkeley/Californien, USA, vom 22.8.1919, mit dem Zensurstempel "Opened / by / U.S / Censor / 371" von Trier.

Im September 1919 wurde der Regierungsbezirk Trier von den Amerikanern geräumt und die Zensur ausschließlich in Koblenz durchgeführt.

Sieht man sich die verschiedenen Zensurstempel der belgischen Besatzungszone an, sind die Zensurstempel der amerikanischen Besatzungszone in der Tat wenig. Von der Zensurstelle Koblenz sind mir 4, von der Zensurstelle Trier 5 verschiedene Zensurstempel bekannt. Hinzu kommt ein Zensurstempel mit dem U.S. Wappenadler, der für die Feldpost, aber auch für die Zivilpost verwendet wurde. Wenn Dir darüber hinaus mehr Stempeltypen bekannt sein sollten, bitte hier zeigen.

Es gibt sicher Belege die bei der Zensur "durchgeschlüpft" sind und keinen Zensurstempel tragen. Auch muß man die Zensurbestimmungen der einzelnen Besatzungszonen beachten. Die Bestimmungen in der Amerikanischen Besatzungszone lautete "Alle Post unterliegt der Zensur, ob sie aus Briefen, Paketen, Einschreiben oder Wertbriefen besteht". Daher gehe ich von einer Zensur aus, gleichgültig ob ein Zensurstempel abgeschlagen wurde oder nicht. Ist zwar für einen Sammler nicht reizvoll, aber es ist nun mal so.

Mit philatelistischem Gruß
Manfred
 
Lars Boettger Am: 11.11.2009 17:55:45 Gelesen: 53878# 6 @  
@ Postgeschichte [#5]

Hallo Manfred,

ich habe die Vermutung, dass die Zensurstelle zuerst in Trier und dann in Koblenz war. Von den Zensurstempeln mit dem Wappenadler habe ich keinen Zensus, ich gehe aber davon aus, dass mehrere im Einsatz waren (kenntlich an den unterschiedlichen Nummern).

Bei der deutschen Kriegszensur findest Du nach meiner Erfahrung nur sehr wenige Belege, die tatsächlich durchgeschlüpft sind (oft auf Sammlerpost). Bei der alliierten Zensur ist meine Erfahrung, dass eine Zensur eher die Ausnahme ist. Egal ob amerikanische, französische oder belgische Zensoren am Werk waren.

Beste Sammlergrüsse!

Lars
 
Postgeschichte Am: 11.11.2009 22:46:18 Gelesen: 53855# 7 @  
@ Lars Boettger [#6]

Hallo Lars,

für Sendungen, die nach Schließung der Zensurstelle Trier über die alleinige Zensurstelle Koblenz zu leiten waren, gebe ich Dir Recht. Ab September 1919 wurde die Zensur alleine in Koblenz durchgeführt. Darüber hinaus wurden nach Mitteilung des Hauptquartiers der Amerikanischen Streitkräfte in größeren Städten der amerikanischen Besatzungszone gelegentlich Zensurierungen durchgeführt, so daß nur noch wenige Postsendungen über die Zensurstelle Koblenz geleitet wurden. Nach Inkrafttreten des Versailler Vertrages am 10.1.1920 wurde die Postzensur endgültig abgeschafft.

Gruß
Manfred
 
Postgeschichte Am: 29.11.2009 11:44:22 Gelesen: 53721# 8 @  
Die amerikanische Besatzungszone umfasste im Vergleich zur Französischen ein relativ kleines Gebiet. Es beinhaltete die Kreise Adenau, Ahrweiler, Coblenz (Land und Stadt), Cochem, Mayen, Montabaur und Neuwied. Die ab September 1919 für Zensuren allein zuständige Stelle in Coblenz verwendete auch einen aptierten Stempel



Umschlag der Allgemeine Deutsche Kleinbahn-Gesellschaft Nastätten (Kreis Coblenz) nach Cassel. Verwendet wurde der aptierte Stempel "(Opened / by) U.S. / Censor / 372".

Gruß
Manfred
 
christel Am: 10.03.2012 17:01:53 Gelesen: 48204# 9 @  
[Verschoben aus: Deutsches Reich: WK 1 - Einschränkungen im Postverkehr Richtung Osten]

@ Postgeschichte

Ich habe noch eine ähnlich gelagerte Problematik.

Ich suche die Verfügung über Einschränkungen im Postverkehr mit dem Besetzten Rheinland in der Zeit nach dem 1.Weltkrieg.

Auch hier gibt es einen passenden Beleg, sogar mit Zensur der Britischen Besatzungsbehörden.




 
Postgeschichte Am: 11.03.2012 11:50:19 Gelesen: 48133# 10 @  
@ christel [#9]

"Die" Verfügung über die Einschränkungen gibt es nicht. Beschränkungen im Postverkehr wurden auf Grund des Versailler Vertrages von der Militärregierung im Gesetz Nr. 76 über das Post-, Fernsprech-, Telegrafen- und Rundfunkwesen beschlossen, die von den Besatzungsmächten für ihre Gebiete weitgehend selbständig durchgesetzt wurden. Die Änderungen waren so schnelllebig, daß die deutsche Postverwaltung diese nicht so schnell in Verordnungen veröffentlichen konnte. Sie ordnete an, daß die Änderungen aktualisiert in einem Aushang im Postamt veröffentlicht werden sollte. Diese Veröffentlichungen fehlen in der Regel.

Deine Nachnahme sollte nach Solingen gehen, welches zur britischen Zone gehörte. Das Gebiet der britischen Zone war starken postalischen Veränderungen unterworfen, so daß sich hier keine zeitliche Abgrenzungen vornehmen lässt. Was die Zulässigkeit des Postverkehrs angeht, war die britische Besatzungszone Spitzenreiter, dies wurde von der Bevölkerung in den anderen Zonen neidvoll bemängelt. Der Postanweisungs- und Nachnahmeverkehr war aber in allen Besatzungszonen die letzten Sendungsarten, die zuglassen wurden.

Die Einrichtung der Zensur von Postsendungen ist auf das Gesetz Nr. 76, Artikel III zurückzuführen:



Die Ausführung dieser Bestimmungen oblag aber den einzelnen Besatzungsmächten. Wenn ich etwas in Bezug auf Deinen Beleg habe, werde ich mich wieder melden.

Mit postgeschichtlichem Gruß
Manfred
 
volkimal Am: 15.03.2012 08:25:02 Gelesen: 48031# 11 @  
Hallo Manfred,

zur Rheinlandbesetzung gehört natürlich auch die Post der Besatzer. Dazu einige Beispiele von französischer Feldpost. Post von Amerikanern, Engländern oder Belgiern besitze ich nicht. Vielleicht kann ja jemand von Euch dazu Beispiele zeigen.



Die Karte trägt den französischen Feldpoststempel "Poste aux Armees". Die Nummer im unteren Bereich kann ich leider nicht erkennen. Weiß sie jemand von Euch?

Wie man an der Ansichtskarte "Ein Stiefmütterchen aus Düsseldorf" sieht, gab es extra Ansichtskarten für die Franzosen. Diese Karte wurde in Mirecourt, dem früheren Meierhofen, in Lothringen gedruckt.



Wo die Karte mit dem Stempel "Poste aux Armees / 191" gedruckt wurde, ist nicht zu erkennen. Auf der Bildseite ist der Text aber in deutsch und französisch.



Neben den bisher gezeigten Stempeln gab es auch noch Stempel mit dem Text "Tresor et Postes", hier die Nr. 209
aus Bad Ems.



Der rote Stempel links trägt die Inschrift "16e regiment de tirailler / Le vaguemes??? / Tunisie???". "tirailler" hat etwas mit Schießen zu tun. "Tunisie??" bedeutet irgend etwas mit Tunesien. Die Bedeutung von "Le vaguemes???" ist mir nicht bekannt. Ebenso kann ich den Vermerk oben rechts auf der Karte nicht lesen. Wer kann mir weiterhelfen?

Viele Grüße
Volkmar
 
Latzi Am: 15.03.2012 09:48:52 Gelesen: 48012# 12 @  
@ volkimal [#11]

Im französichen wiki findest du jedenfalls die Einheit:

http://fr.wikipedia.org/wiki/16e_r%C3%A9giment_de_tirailleurs_tunisiens

Den anderen Stempel kann ich auch nicht zuordnen. Es scheint mir eine Funktionsbezeichnung/Truppenteilbezeichnung zu sein.

Gruß
Lars
 
Postgeschichte Am: 15.03.2012 15:29:31 Gelesen: 47986# 13 @  
@ volkimal [#11]

Hallo Volkmar,

Feldpostbelege der Besatzungstruppen liegen mir auch vor. Vielleicht befasse ich mich später einmal mit der ausländischen Feldpost und zeige sie dann mal. Interessanter für mich sind die Belege des Deutschen Reiches in oder aus dem besetzten Rheinland. Da Du die französische Zone ansprichst, hier eine Postkarte von Darmstadt nach Oberstein a.d. Nahe.



Der Kreisstempel mit dem Stern ist ein französischer Zensurstempel. Diese Stempelform wurde auch während des 1. Weltkrieges von den französischen Zensurstellen verwendet.

Mit postgeschichtlichem Gruß
Manfred
 
volkimal Am: 15.03.2012 16:32:49 Gelesen: 47971# 14 @  
@ Postgeschichte [#13]

Hallo Manfred,

da Dich die deutschen Belege mehr interessieren, zeige ich hier die einzige belgische Zensur die ich besitze.



In der Veröffentlichung "Die Postzensur während der Besatzungszeit des Rheinlandes und des Ruhrgebiets nach dem Ersten Weltkrieg" von Werner Steven und Konrad Meyer sind von dieser Stempeltype aus Mönchen-Gladbach die Nummern 5 und 9 aufgeführt außerdem kommt es vor, das die Zahl in der Mitte fehlt.



Zu dieser französischen Feldpostkarte habe ich die Frage, ob nach dem Ersten Weltkrieg auch in Berlin französische Truppen stationiert waren. Aus dem Text kann man nichts zum Absendeort schließen.

Der Text im Stempel heißt "Postes Armees entrepot" (= Warenlager). Was unten steht ist nicht zu erkennen.

Mit Sammlergruß
Volkmar
 
Postgeschichte Am: 16.03.2012 03:07:10 Gelesen: 47936# 15 @  
@ christel [#9]

Hinsichtlich der Beschränkungen im Postverkehr der britischen Zone habe ich noch keine neuen Erkenntnisse zu berichten (konnte mich bisher auch noch nicht damit befassen). Für die von Dir gezeigten Nachnahme von Leipzig nach Solingen haben diese auch keine Bedeutung. Die Nachnahme wurde nicht auf Grund von Zensurmaßnahmen zurückgesandt, sondern die Annahme wurde vom Empfänger verweigert und ging daher am 6.2.1919 an den Absender zurück.

Mit postgeschichtlichem Gruß
Manfred
 

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