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Thema: Qualität und Werthaltigkeit postfrischer Sammlungen
Frankenjogger Am: 03.09.2024 09:40:50 Gelesen: 447# 1 @  
@ TeeKay

Ich kann deinen Ausführungen uneingeschränkt zustimmen.

Nur für mich als bekennenden postfrisch-Verweigerer:

Bis zu welchem Zeitpunkt gilt eine Briefmarke als postfrisch?

Bis zum Zeitpunkt wo die Bogen oder Rollen im Postamt aus der Verpackung genommen werden?

Oder, bis zum Zeitpunkt, an dem der Postkunde die Briefmarken vom Postbediensteten übergeben bekommt?

Als Jugendlicher (Mitte der 1970 Jahre) hatten die BRD-Marken einen so furchtbaren Gummi, dass dort jeder Fliegen-Hand-/Fuß-/Fingerabdruck zu sehen war. Jede postfrische Briefmarke wurde zuerst auf der Rückseite begutachtet, ob irgendwelche Fingerabdrücke vorhanden waren, bevor diese von vorne begutachtet wurde.

Da habe ich beschlossen, wenn ich weiter Briefmarken sammle, dann nur gestempelt und nicht postfrisch!

Diese Entscheidung habe ich bis heute nicht bereut. Mittlerweile bin ich, was sicher viele hier wissen, bei der Brief-Philatelie angelangt.

Viele Grüße,
Klemens
 
TeeKay Am: 03.09.2024 11:50:56 Gelesen: 400# 2 @  
Ich sammle aus den gleichen Gründen auch keine postfrischen Marken.

2002/2003 kaufte ich bei eBay alles auf, was einen bestimmten Abschlag zum Frankaturwert hatte und tauschte es um. Dabei schaute ich mir an, welche Qualität die als postfrisch angebotenen Marken hatten.

Und heute ist auch immer mal wieder ein Album "postfrisch" mit dabei, wenn man Posten kauft - und die Marken sind immer noch selten postfrisch.

Lasche Definition beim BPP wird vom Markt nicht akzeptiert

Es gibt mehrere Definitionen von postfrisch. Der BPP hat eine sehr lasche Regelung, bei der Fingerabdrücke, Bleistiftmarkierungen, Eigentümer- und Prüfstempel den Zustand des Postfrischseins nicht beeinträchtigen sollen.

Diese Definition wird vom Markt nicht wirklich akzeptiert, andernfalls würden Marken mit Prüf- oder Eigentümerstempel nicht mit signifikanten Abschlägen gehandelt werden. In Zeiten des Angebotsüberschusses ist es auch nicht logisch, Marken zum gleichen Preis zu akzeptieren, die objektiv gesehen in einem schlechteren Zustand sind als Marken ohne jede Beeinträchtigung durch Fingerabdrücke, Stempel oder Bleistiftgekritzel. Den Prüfern ist das auch durchaus bewusst, weshalb zumindest Prüf- und Eigentümerstempel in den Attesten erwähnt werden, obwohl sie laut BPP-Definition unerheblich für die Qualitätsbeurteilung sein sollen. "Einwandfrei postfrisch ohne jedwede Einschränkung" wäre also für eine von drei Eigentümern und fünf Prüfern totgestempelte Marke mit krakeliger Bleistift-Michelnummer und Fingerabdrücken jedes Markenbesitzers nach BPP-Standards die treffende Beschreibung.

Deutlich strengere Definition im Michel

Für mich und offenbar auch den Markt ist daher die Definition im Michel die maßgebliche: Postfrisch heißt, dass die Marke in dem Zustand ist, in dem sie am Postschalter erhältlich war. Und das ist ohne Fingerabdrücke, ohne Stempel oder Beschriftung.

Da der BPP eine Marke mit Fingerabdrücken, Stempel und Markierung noch als postfrisch attestieren würde, muss man sich de facto vor dem Kauf jede Marke anschauen.
 
Vernian Am: 03.09.2024 11:53:40 Gelesen: 398# 3 @  
@ TeeKay
@ Frankenjogger [#1]

Hallo,

also zum einen: Den Maßstab, den wir deutschen Sammler an Qualitätsdefinitionen bzgl. Markenerhaltung anlegen gibt es außerhalb Deutschland kaum. Sei es Zähnungsqualität oder die des Gummis.

Zum anderen kann ich die Aussagen von Frankenjogger nur betonen:

Bis zu welchem Zeitpunkt gilt eine Briefmarke als postfrisch? Hatten die BRD-Marken einen so furchtbaren Gummi, dass dort jeder Fliegen-Hand-/Fuß-/Fingerabdruck zu sehen war.

Selbst bei sorgfältigster Handhabung durch den Postbeamten, ja, damals waren das noch geschulte Beamte! Am Schalter war bei diesen Marken mit Spuren auf dem Gummi zu rechnen, wenn nicht gar Fingerabdrücken. Bei der damaligen Gummierung reichte es, wenn ein Bogen auf einem anderen liegend darübergezogen wurde, um leichte Kratz- und Schleifspuren auf dem Gummi anschließend erkennen zu können. Selbst bei Marken der Versandstellen, wo diese Marken mit Gummihandschuhen getrennt wurden, gab es diese Schleifspuren! Ich habe damals schon für mich entschieden, solange kein außerordentlich deutlicher Fingerabdruck, sondern nur leichte Schleifspuren oder ein minimaler Ansatz einer Fingerberührung erkennbar ist, dies trotzdem für mich als "Postfrisch" anzuerkennen. Was international übrigens überhaupt kein Thema ist.

Wenn also Leute wie TeeKay meinen, die damals propagandierten Super-1AAA+++ - Gummierungen seien der Status Quo des Nonplusultra- Postfrischen ein Status, den eigentlich quasi nur 0,1% aller Postfrisch-Marken jener Zeit erreichen dürfte dann viel Spaß auf der Jagd nach dieser raren Topp-Qualität. Ein jeder mag sammeln, was er möchte, und ein jeder hat das Recht, seinen eigenen Anspruch zu definieren.

Für mich ist eine Marke postfrisch, wenn ich so am Postschalter erhalten habe, ohne dabei allzu auffällige Spuren auf dem Gummi zu haben (wenn der Schalterbeamte unglücklicherweise gerade schwitzende Finger hatte - dann ist ein deutlicher Fingerabdruck auch für mich ein Abschlusskriterium.)

Das aber bestimmte Gummierungsformen (wie sie eben in den 1970-er und 1980-er Jahren) sehr üblich waren (nicht nur in Deutschland), ist es einfach zu akzeptieren, dass diese Gummierungen bis zu einem gewissen Maß "Handhabungsspuren" tragen, die man nicht differenzieren kann in "postseitige" oder "private" Handhabung.

Der bundesdeutsche "unberührter- Gummi"-Hype (der leider von MICHEL als Bewertungskriterium übernommen wurde) entspricht nicht und hat nie den Realitäten entsprochen, und dem sollte der intelligent ausgewachsene Sammler auch Rechnung tragen in der Anlegung seiner persönlichen Maßstäbe, was er als sammelwürdig erachtet.

So wie man bei klassischen Marken oftmals gewisse Zähnungs - und / oder Zentrierungsmängel als "normalen Zustand" wertet, so sollte auch bei den Qualitätskriterien für "postfrisch" für Marken der 1970er-1980er Jahre ein gewisses Maß an Spuren auf dem Gummi als "normal" werten.

Best

V.
 
Vernian Am: 03.09.2024 11:57:26 Gelesen: 395# 4 @  
@ TeeKay [#2]

Die Definition im Michel die maßgebliche: postfrisch heißt, dass die Marke in dem Zustand ist, in dem sie am Postschalter erhältlich war. Und das ist ohne Fingerabdrücke, ohne Stempel oder Beschriftung.

Was hinsichtlich Fingerabdrücke bei Marken der 1970er/80er Jahre oftmals so nicht stimmt: Damals war am Postschalter kaum eine Marke mit "fetter" Gummierung" ohne ansatzweisem Fingerabdruck des Postbeamten zu bekommen. Die gab es nur von der Versandstelle, weil dort mit Gummihandschuhen gearbeitet wurde, und selbst die verursachten Schleif- und Kratzspuren, die von vielen Gummi-Fetischisten als Manko abgetan wurden.

Hier wird einem unrealistischen Erhaltungsszustand gehuldigt.
 
TeeKay Am: 03.09.2024 11:59:27 Gelesen: 394# 5 @  
Vernian, wenn du als Käufer zum gleichen Preis die Wahl hast zwischen:

- Marke mit Fingerabdrücken
- Marke ohne Fingerabdrücken,

was wählst du dann? Du kriegst die gleichen Marken bei jedem anderen Händler auch, auf jeder Auktion, überall. Willst du mir wirklich erklären, dass du freudestrahlend dein Geld auf den Tisch legst und die Marke mit Fingerabdrücken wählst, obwohl daneben die ohne liegt?

Vermutlich nicht. Also sind Marken mit Fingerabdrücken nicht von gleicher Qualität wie Marken ohne Fingerabdrücke. Du wirst beim Verkauf stets weniger erlösen, wenn die Marke Fingerabdrücke hat (oder Prüfstempel). Ganz einfach deshalb, weil es inzwischen so viel Material auf dem Markt gibt, dass du überall die Wahl hast und dir selbst Top-Material ohne Probleme zugänglich ist.

Hinweise auf das Ausland, auf die Umstände am Schalter vor 60 Jahren, auf den anfälligen Gummi etcpp sind völlig unerheblich. Es interessiert einen Käufer nicht, warum eine Marke in schlechterer Qualität vorliegt. Der Fakt, dass die Qualität schlechter ist als bei vergleichbaren Marken genügt, um die Marke nicht oder nur zum geringeren Preis zu kaufen.

Sich die Fingerabdrücke schön zu reden, wird dazu führen, dass deine Sammlung am Ende im Wandposten landet: " 50 Umzugskisten Generalsammlung in gemischter Qualität, dabei 789 Euro gültige Nominale. Nur an Selbstabholer. Ausruf 400 Euro, Zuschlag 320 Euro."

Ich schmeiße übrigens jede Marke mit Fingerabdrücken oder Schleifspuren vom Trennen mit Gummihandschuhen weg.
 
Vernian Am: 03.09.2024 12:13:11 Gelesen: 385# 6 @  
Ich bin ganz dabei, wenn es um Stempel und Beschriftungen oder ausgeprägten Fingerabdrücken u.ä. geht zu sagen, das ist nicht mehr postfrisch, also so, wie man die Marke am Schalter erhalten konnte. Aber einen gewissen Spielraum für realistische Spuren auf dem Gummi sollte jeder eigentlich einräumen. Denn diese gab es eben auch "ab Schalter".

Ja, natürlich wähle ich eine "makellose" postfrische Marke bevorzugt zu einer, die Spuren auf dem Gummi trägt. Allerdings habe ich oftmals da dann schon den Verdacht (sofern sie etwas höherpreisiger ist), ob hier nachgeholfen (nachgummiert) wurde. Denn realistisch sind leichte Schleifspuren oder mal ein Ansatz eines Fingerabdrucks für den Originalzustand. Absolut makelloser Gummi hat für mich immer den Verdacht einer Nachgummierung oder Nachbehandlung, sofern lohnend vom Markenpreis her. Bei billiger Massenware kann man natürlich den Anspruch auch an den Gummi höher schrauben. Nur was und ab wann ist billig? Genauso ein Frage wie "was ist postfrisch".

Und wie ausführlich hier behandelt: Bund (und andere Länder) Postfrisch ab 1960 haben eh keinen finanziellen Wert mehr - also ist es mir herzlich egal ob meine postfrischen Sammlungsanteile nachher Geld erzielen oder nicht. Ich erfreue mich an sauberem Markenbild, guter Zähnung und Zentrierung oder eben groben Abweichungen davon als Besonderheiten, guten Stempelungen und ja, auch sauberen Gummis, aber geldwerte Betrachtungen bei Marken ab 1960 bemühe ich mir meist zu verkneifen.

LG

V.

[Beiträge [#1] bis [#6] redaktionell ausgegliedert aus dem Thema "Wie kann man Briefmarken für die Allgemeinheit attraktiver machen ?"]
 
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