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Thema: Braungardtsche Zweikreisstempel
wheilmann Am: 18.10.2024 12:35:06 Gelesen: 890# 1 @  
Zweikreisstempel Ziffern unten bestimmen

Hallo zusammen,

wer kann die Ziffern "1." bzw "2" am unteren Stempelbogen in den Zweikreisstempeln erklären?

Meine Idee: 1. Stempel / 2. Stempel ?

(der Buchstabe "R" bedeutet: Reserve)

Gruß Wolfgang
 
bernhard Am: 18.10.2024 13:07:56 Gelesen: 880# 2 @  
@ wheilmann [#1]

Hallo Wolfgang,

eigentlich bist du doch schon eine Weile dabei und solltest wissen, dass man hier auch gerne Abbildungen sieht.

Wenn du die Minizahlen und -Buchstaben der Bayerischen Zweikreisstempel meinst, liegst du richtig.

R= Reservestempel
* und Zahlen sind Unterscheidungszeichen

Viele Grüße
Bernhard
 
wuerttemberger Am: 18.10.2024 13:49:11 Gelesen: 870# 3 @  
@ wheilmann [#1]

Meiner Beobachtung nach korrespondieren in bayrischen Stempeln - und die werden wohl gemeint sein, wenn auch nicht explizit erwähnt! - die Ziffern unten im Stempel mit den Unterscheidungsbuchstaben neben der Uhrzeit. Schau einfach mal nach.

Gruß
wuerttemberger
 
wheilmann Am: 18.10.2024 14:12:54 Gelesen: 860# 4 @  
@ bernhard [#2
@ wuerttemberger [#3]

Danke euch beiden für die Antworten, genau die Bayerischen Zweikreisstempel waren gemeint:

,

(Richter/Griese / Altstempel deutscher Postanstalten / S. 24/25 bzw. S. 28/29)

Werde ich künftig etwas genauer beschreiben!

Gruß Wolfgang
 
filunski Am: 18.10.2024 23:06:29 Gelesen: 810# 5 @  
@ wheilmann [#4]

Hallo Wolfgang und alle,

es wurde ja schon einiges Richtiges dazu geschrieben aber es gibt noch etwas mehr Erwähnenswertes dazu.

Es handelt sich hier um die typischen, bayerischen Braungadtstempel die es auch nur in Bayern ab Anfang des 20. Jahrhunderts gab. In ihrer endgültigen Ausstattung hatten diese Stecktypen einen Unterscheidungsbuchstaben und die sog., nicht immer bei allen Abschlägen gut erkennbare, Kontrollziffer (in der Stempeldatenbank führen wir diese auch als UB/UZ). Eine Ausnahme bildet der Reservestempel (UZ "R" an der Stelle der Kontrollziffer, nicht immer gut zu erkennen). Normalerweise oder grundsätzlich hatte der Stempel mit dem UB a auch die Kontrollziffer 1, UB b die 2 usw., wurde schon richtig beschrieben.

Gerade bei größeren Postämtern mit vielen Stempeln kann das auch abweichen, hier ein Beispiel:



MÜNCHEN 31 / b / 5 (eventuell auch 3)

Jeder Stempel mit dem gesamten Stecktypensatz befand sich in einem Kästchen welches einem bestimmten Beamten zugeordnet war. So hatte das Kästchen 1 den Stempel mit dem UB a und der Kontrollziffer 1. Bei größeren Postämtern gab es mehrere, oft sogar viele solcher durchnummerierter Kästchen und der Inhalt (die Stecktypen) durften auf gar keinen Fall zwischen den Kästchen ausgewechselt werden (dies wäre ein Dienstvergehen gewesen). Jedes Stempelkästchen war wiederum einem bestimmten Beamten zugeordnet, Kästchen 1 ( = Kontrollziffer 1) mit dem UB a war dem Beamten "A" zugeordnet. So war die Situation zumindest zu Beginn, nach Anschaffung des Stempels. Nun gab es aber gerade in größeren Postämtern, siehe das Beispiel München 31, immer wieder auch mal Personalwechsel und der Beamte "A" wechselte an einen anderen Schalter/Position und ein anderer Beamte nahm seinen Platz ein. Der Beamte "A" nahm aber "seinen UB "a" (nur diesen, nicht den Stempelsatz) jetzt mit, ebenso brachte der neue Beamte, nennen wir ihn mal "Beamter C", seinen bisherigen UB (c) mit an den neuen Platz. So geriet dadurch das bisherige System durcheinander, der Stempel im Kästchen 1 (= Kontrollziffer 1) bekam von nun an den UB "c", da der neue Beamte jetzt ja seinen ihm zugewiesenen UB einzusetzen hatte und die bisherige Korrelation (a = 1, b = 2 usw.) passte nicht mehr.

Hintergrund diese Systems war eine strenge Aufsicht über die Schalterbeamten, so konnte bei Beschwerden sofort der entsprechende Beamte anhand des ihm ja fest zugewiesnen UB ermittelt werden und einer Klage nachgegangen werden.

Wenn man sich mal, aufmerksam auf dieses Detail achtend, mit diesen "Braungardtschen Stempeln" beschäftigt kann man immer wieder mal solche "Abweichler" finden. Hier noch ein Beispiel dazu aus unserer Datenbank:



MILTENBERG / a / 2

Auch nach Abgabe der bayerischen Posthoheit an die Reichspost blieben diese Zweikreisstempel noch lange, manchmal bis in die späten 1940-er Jahre im Einsatz. Es gab sogar nach Einführung des Normstempels (Zweikreisstegstempel, 28,5 mm Durchmesser) durch die Reichspost noch Neuanfertigungen solcher Zweikreisstempel durch die Fa. Braungardt.

Viele Grüße,
Peter
 
Stefan Am: 19.10.2024 10:06:35 Gelesen: 767# 6 @  
@ filunski [#5]

Auch nach Abgabe der bayerischen Posthoheit an die Reichspost blieben diese Zweikreisstempel noch lange, manchmal bis in die späten 1940-er Jahre im Einsatz.

Das jüngste mir vorliegende Stempeldatum datiert von Februar 1949 auf Briefmarken der Bautenserie (also nach der Währungsreform von Juni 1948), leider nicht auf Beleg sondern nur lose erhalten geblieben (versteckt gewesen in Massenware der Bautenserie).



Handstempelabschläge aus Illertissen und Günzesried nach der Währungsreform von Juni 1948

Dem Vernehmen nach (= mündliche Info von einem spezialisierten Händler) kommt diese Stempeltype vereinzelt auch noch auf Briefmarken der Bundesrepublik vor. Die Postleitzahl in den Tagesstempeln wurde in der alten Bundesrepublik sukzessive ab 1961 (bis ca. 1963/64) eingeführt, so dass eine Verwendung Braundgardtscher Stempel auch noch Anfang der 1960er Jahre denkbar wäre (theoretisch zumindest), eventuell noch darüber hinaus im Innendienst verwendet. Diese Variante fehlt mir noch in der Sammlung ;-)

Gruß
Stefan
 
bernhard Am: 19.10.2024 11:07:38 Gelesen: 741# 7 @  
@ Stefan [#6]

Hallo Stefan,

im bereits erwähntem RICHTER-Handbuch sind mehrere Stempelgeräte bis 1952 aufgeführt. Es hat den Anschein als wurden diese Stempel Anfang der 1950-er Jahre zurückgezogen.

Viele Grüße
Bernhard
 
wheilmann Am: 19.10.2024 11:44:13 Gelesen: 719# 8 @  
Hallo zusammen,

klasse Themenkopf "Die Braungardtschen Zweikreisstempel"!

Mir fehlt jetzt noch eine Erklärung zu den Reserve-Stempeln, solche Stempel habe ich in der Zeit meiner Ausbildung bei der Deutschen Bundespost (ab 1962) nirgends gesehen.

Vielleicht ist das aber auch schon wieder eine neues Thema?

Allen, die bisher geantwortet haben, ein Dankeschön!

Ich wünsche ein schönes Wochenende

Wolfgang
 
filunski Am: 19.10.2024 14:42:52 Gelesen: 690# 9 @  
"Mir fehlt jetzt noch eine Erklärung zu den Reserve-Stempeln, solche Stempel habe ich in der Zeit meiner Ausbildung bei der Deutschen Bundespost (ab 1962) nirgends gesehen."

Lieber Wolfgang,

1962 gab es die auch schon lange nicht mehr. ;-)

Diese Art eines Reservestempels war eine besondere Einrichtung der (königlich) bayerischen Postverwaltung, ca. ab 1901.

Reservestempel gab es auch vorher schon, dies waren aber ganz einfache Zeilenstempel, nur Ortsname und Datum, die auch sehr leicht nachzumachen waren. Deshalb sollten diese als ungenügend erachteten Reservestempel durch neue Stempel in der Art der damals neuen Braungardtschen Stempel ersetzt werden.

Diese Reservestempel bestanden aus dem bekannten Fauststempel der Fa. Braungardt und für den Einsatz mit dem Ortsnamen wurde ein Einsatzstück aus billigerem Material (Messing) graviert. Der Rohling sah so aus:



Zusammengebaut entstand mit dem ungravierten Einsatzstück folgender Abschlag:



Zu Beginn wurde unten noch ein Stern gesteckt der aber recht schnell durch das dann bekannte R abgelöst wurde.

Die Abschläge sahen dann wie an den folgenden Beispielen zu sehen aus:



Links JNGOLSTADT 1. / R, rechts KELHEIM / R

Bei den damaligen noch mit zwölfstündiger Zeitangabe versehenen Stempeln wurde die Tageszeitangabe Vormittag (V) links gesteckt, Nachmittag (N) rechts. Statt eines UB wurde ein Strich "-" gesteckt und unten das "R".

Diese Reservestempel waren aber nicht bei den Postämtern vorhanden, sondern es sollten für jeden Oberpostamtsbezirk mindestens sechs Stempelgeräte angeschafft werden. Diese Stempelgeräte und die ebenfalls bei der Oberpostamtsmaterialverwaltung gelagerten, gravierten Einsätze mit den Ortsangaben wurden dann bei Bedarf an das jeweilige Postamt abgegeben.

Zum Einsatz kamen die Reservestempel aber auch bei Sonderanlässen. Sehr bekannt und oft zu finden der Reservestempel aus München 12 zum Schnapszahlendatum 12.12.12:



Für ein Saisonpostamt auf dem Oktoberfest gab es ebenfalls ein extra graviertes Einsatzstück für den Resevestempel der nur für die Dauer des Einsatzes auf dem Oktoberfest heraus gegeben wurde:



MÜNCHEN (OKTOBERFESTPLATZ) / R

Auch zu einigen Sonderanlässen wurden spezielle Einsatzstücke graviert die dann für die Dauer der Veranstaltung Verwendung fanden wie das folgende Beispiel zeigt:



XIV. BAYER.BUNDESTURNFEST / WÜRZBURG / R aus dem Jahre 1912

Nach Abgabe der bayerischen Posthoheit an die Reichspost kann man auch noch Reservestempel finden mit inzwischen 24-stündiger Zeitangabe. Da erübrigte sich dann die Angabe V/N und es wurden zwei Striche gesteckt wie das Beispiel aus Füssen zeigt:



So viel zu den Reservestempeln.

Viele Grüße,
Peter
 
wheilmann Am: 19.10.2024 20:12:06 Gelesen: 657# 10 @  
@ filunski [#9]

Hallo Peter,

herzlichen Dank für Deine Erklärungen zum Thema, zu jeder Zeile auch noch ein Beispiel-Bildchen.

Damit sind dann auch noch der Stern unten im Stempelbogen und die Striche links und rechts der Uhrzeit erklärt.

Macht richtig Spaß, sich Deine Ausführungen durchzulesen.

Gruß Wolfgang
 
Privatpost Merkur Am: 22.10.2024 19:10:32 Gelesen: 556# 11 @  
@ Stefan [#6]

Schöner Zweikreis, ich war mal im Schullandheim Gunzesried in einem Seitental von Sonthofen im Allgäu.
 
johanneshoffner Am: 23.10.2024 10:06:20 Gelesen: 489# 12 @  
Ich suche noch ein Bild des Reservestempels aus Bamberg aus dem Jahr 1919. Am besten natürlich auf Beleg.
 
bayern klassisch Am: 23.10.2024 10:25:07 Gelesen: 482# 13 @  
@ johanneshoffner [#12]

Dann versuchs doch mal auf der Homepage der für Bayern verantwortlichen ARGE Bayern klassisch e. V. unter Stempelhandbuch Dr. Helbig in alphabethischer Reihenfolge sind zigtausend Stempel gelistet [1].

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://www.bayern-arge.de/handbuecher/handbuch-dr-helbig
 
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