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Thema: Witumarken aus dem Suaheliland 1889
Dreizack Am: 25.11.2024 16:10:29 Gelesen: 350# 1 @  
Hallo Leute,

ich bin neu hier, möchte gerne mitmachen, freue mich auf euer Wissen und möchte aber auch Kenntnisse aus meiner langjährigen Sammeltätigkeit weitergeben.

Ein etwas ausgefallenes Gebiet, das aber immerhin noch im Michelkatalog aufgeführt ist - obwohl manche Leute die postalische Sinnhaftigkeit anzweifeln - sind die Witu-Marken aus dem Suaheliland von 1889. („mwitu“ bedeutet in der Sprache der Suaheli „Wald“)

Immerhin erzielen die Marken aus diesem Gebiet auf Auktionen immer relativ konstante Preise, die größenordnungsmäßig bei den Katalogpreisen liegen.

Richard meinte, ich könnte darüber berichten, da wohl noch nicht allzu viele Beiträge darüber eingestellt wurden.

Ganz kurz (sehr kurz) zum geschichtlichen Hintergrund:
Die Herrscher dieses Sultanats in Ostafrika am indischen Ozean kamen aus Persien und waren seit vielen Jahrhunderten dort im Suaheliland ansässig.

Allerdings wurde das im wirtschaftlichen und militärischen Sinne kleine Sultanat von anderen Mächten (Großbritannien und Sultan von Sansibar) bedrängt.

So strebte einer von den Sultanen (Achmed) im Jahre 1867 an unter eine Art preußische Schutzherrschaft schlüpfen zu dürfen.

2 deutsche Kaufleute, die Brüder Gustav und Clemens Denhardt versuchten den Kontakt und diesen Wunsch zu vermitteln, der aber im deutschen Reich auf wenig Interesse stieß (damals war noch Frieden in Europa und das deutsche Kaiser- und das englische Königshaus waren eigentlich eng verwandt). Das Verhältnis zwischen den beiden Ländern Deutschland und Suaheli-Land blieb aber weiterhin freundschaftlich.

Im Jahre 1886 beauftragte Sultan Achmed die Denhardts ein Postwesen einzurichten.

Dabei herausgekommen sind 8 Sätze mit je 12 Wertstufen, davon 3 Sätze Dienstmarken, alle in landesüblicher Schrift, ohne Wertzeichenangaben, deren Nominalwert nur durch die Farbe bestimmt war.

Diese Marken gingen im Jahre 1889 an den Start.

Im Jahre 1890 wurden dann Helgoland von den Briten u.a. gegen die Ansprüche im Suaheli-Land eingetauscht.

Nachfolgend beschreibe ich die Echtheitsmerkmale, mit denen die echten Marken sehr gut identifiziert werden können und von Fälschungen unterschieden werden können.

1.Typische Papierstruktur mit kleinen „Löcherchen“, wie der Fachmann R. Lerche es in seinem Standardwerk über die PWZ des Suaheli-Sultanats beschreibt. Diese Struktur ist im hellen Gegenlicht sehr gut zu erkennen.

2.Deutlich sichtbare Quetschränder an den Markenbildrändern, da alle Marken per Hand mit Gummistempeln hergestellt wurden.

3.Bei entsprechendem Lichteinfall von schräg oben glänzen die schwarzen Farben des Markenbildes silbrig.

4. Fälschungen sind leicht erkennbar, denn sie haben nicht die oben beschriebene Eigenschaften, sondern:

Steindruck
Glatte, gleichmäßige, exakte Ränder des Drucks
Papier ohne die oben beschriebene Struktur
Am ehesten hat die schwarze Markenfarbe noch den silbrigen Glanz

Diese 3 Bilder zeigen deutlich die Merkmale der Suaheli-Marken:



Papierstruktur mit "Löcherchen"
Silbrig glänzendes Schwarz im Markenbild
Quetschränder der mit Gummistempeln handgefertigten Marken
 
Dreizack Am: 25.11.2024 17:07:57 Gelesen: 345# 2 @  


Und hier noch ein Bild von den üblichen Fälschungen im Steindruck.
 
Dreizack Am: 29.11.2024 15:35:13 Gelesen: 276# 3 @  
Abstempelungen

Ergänzend zu meinem bisherigen Beitrag Witu-Marken aus dem Suaheli-Schutzgebiet hier noch ein paar Informationen zu den Abstempelungen:

Es gibt nur 2 Arten:

Ein kreisrunder Stempel mit einem Durchmesser von knapp 20 mm. Da er in England hergestellt wurde trägt er die englische Bezeichnung Wito statt Witu + Datum + arabischer Schriftzug.

Und der Balkenstempel 18x24mm mit dem W im Stempelbild. Die Stempelfarbe ist „normal“ schwarz.

Ich habe aber auch einige Marken mit einem extrem rußig-schwarzen Abschlag, von dem ich selber auch nicht 100%-ig überzeugt bin, daß er echt ist.

Prüfen lassen kann man die Marken nicht, da sich offenbar keiner mehr so richtig damit auskennt. Der letzte Experte und frühere Prüfer dieser Marken war R. Lerche, der sein Büchlein über die Witu-Marken im Jahre 1930 verfaßt hatte.

Die Stempel zu fälschen macht aber auch nicht viel Sinn, da die gestempelten Marken auch nicht oder nicht viel teurer sind wie die ungestempelten.
 
Dreizack Am: 29.11.2024 15:42:01 Gelesen: 281# 4 @  

 
Dreizack Am: 29.11.2024 15:55:29 Gelesen: 274# 5 @  
Zu guter Letzt noch ein paar Beispiele für abgestempelte Witu-Marken.

In der oberen Reihe meiner Meinung nach echt gelaufene Marken. In der unteren Reihe die von mir beschriebenen rußig-schwarzen Abstempelungen.


 
angim Am: 29.11.2024 16:09:14 Gelesen: 267# 6 @  
@ Dreizack [#4]

Gibt es denn auch Bedarfsbriefe mit diesen Marken?

Viele Grüße
Thomas
 
Dreizack Am: 29.11.2024 18:29:32 Gelesen: 214# 7 @  
Hallo Thomas,

ja, aber sehr wenige und dementsprechend teuer.

Ich habe mal bei den Auktionshäusern gesucht und nur einen Brief gefunden. Und der ging an einen Denhardt.

"DIENSTBRIEF DES WITU-SCHUTZGEBIETES: 8 Pesa schwarz auf dunkelblau, farbfrisch und allseits sehr breitrandig auf dekorativem Brief mit klarem Balkenstempel "W" an Clemens Denhardt mit handschriftlichem Eingangsvermerk "WITO 8. AUGUST 1889", leichte Knitterspuren im Kuvert, sowie eine fehlende rückseitige Oberklappe sind belanglos. Briefe des Witu-Schutzgebietes zählen generell zu den großen Raritäten der Deutschen Kolonien. Es sind nur wenige Exemplare hiervon bekannt geworden. Als Dienstmarken-Frankatur eine Top-Rarität dieses Gebietes! (Alter Ausruf: 8000,- €)


 
22028 Am: 29.11.2024 18:33:02 Gelesen: 210# 8 @  
Da war doch vor einigen Jahren bei Rauhut eine Riesenauktion mit diesen Sachen, die Meinungen über die Marken gehen stark auseinander.

Im BDPh Forum gab es mal eine Diskussion darüber:

https://forum.bdph.de/showthread.php?17934-Witu-Schutzgebiet-neu-entdeckte-Briefe-(London-Philatelist-December-2018)/page2&highlight=witu

darüberhinaus gibt es hier einen Artikel, der auch in der Diskussion des BDPh Forum verlinked ist, zum runterladen:


http://f660b8feb5396b87e648727b5bf147a985cd65b2-customer-media.s3.amazonaws.com/Private%20-Treaty/Wituland_web.pdf
 
Dreizack Am: 29.11.2024 18:43:20 Gelesen: 204# 9 @  
Meine Meinung ist:

Die Marken sind mit den beschriebenen Eigenschaften relativ sicher von jedermann prüfbar. Sie kosten meist irgendwas zwischen 50.- und 100.-€.

Aber Stempel und ganz besonders Briefe kann man auch leicht fälschen und montieren. Und selbst wenn ich es mir leisten könnte, ich würde für so etwas niemals so viel Geld ausgeben.

Für einen guten Fälscher dürfte obiger Brief mit etwas Aufwand leicht herzustellen sein, zumal bei der lockenden Gewinnspanne. Und Prüfungen durch einen kundigen Prüfer sind nicht möglich.

LG Alexander
 
DL8AAM Am: 29.11.2024 19:16:09 Gelesen: 187# 10 @  
Das Thema Witu ist "ein Minenfeld" ;-)

Ich bin da vor Jahren auf dem Weg nach Lamu öfters durchgekommen und es wirkt selbst heute nicht wie ein Briefmarkenland, was aber absolut nichts zu sagen hat ;-)

Einen interessanten Beitrag findet man in der aktuellen September-Ausgabe der "PhilaHistorica - Zeitschrift für Philateliegeschichte und Philatelistische Literatur" (Volume 3/2024), dort ab Seite 120:

"Witu-Schutzgebiet und die Suaheliland-Marken" vom Wolfgang Maassen, er zeigt dort im Original eine 45seitige, zeittypische Ausarbeitung namens "Das ehemalige deutsche Schutzgebiet in Ostafrika SUAHELILAND" (vermutlich) aus den späten 1930er Jahren, eines unbekannten Autors (?). Diese sieht auf den ersten Blick, auch logisch-inhaltlich, "nicht schlecht" aus. Ich selbst werde hier aber besser nichts inhaltlich-wertend sagen, auch Mangels 'besseren Wissens'. Trotzdem ist dieses Dokument sehr lesenswert, wenn nicht sogar ein Muss, um bei Witu mitreden zu wollen, egal was man selbst von den "Witu-Ausgaben" auch halten mag, oder besser, was man meint zu wissen ;-)

Ich halte es da 'zur Sicherheit' mit Wolfgang Maassen, Zitat "Wir belassen es bei dieser Dokumentation, zumal wir in der Sache selbst zu wenig Kompetenz haben, um hier fundiert mitreden zu können. Ich persönlich halte dieses in seiner Art einmalige Exponat (...) philateliegeschichtlich für höchst interessant."



Die oben genannte Ausgabe kann man kostenlos im Netz als PDF herunterladen:

https://philahistorica.de/Dokumente/PhilaHistorica_2024_03.pdf

Beste Grüße
Thomas
 
saeckingen Am: 30.11.2024 08:44:54 Gelesen: 130# 11 @  
@ angim [#6]

Nein, es gibt keine Bedarfsbriefe! Es gibt Briefe aus der Denhardt Korrespondenz, die in Ostafrika per Boten echt befördert wurden und nachträglich willkürlich mit irgendwelchen Marken beklebt und gestempelt wurden. Das erfolgte aber sicherlich schon in Deutschland. Es ist sehr wahrscheinlich, dass keine dieser Witu-Marken jemals im Wituland waren.

Grüße
Harald
 
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