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Thema: (?) (11) Griechenland: Solferino, die exklusivste griechische Briefmarke
Lohengrin Am: 09.01.2025 12:17:28 Gelesen: 1498# 1 @  
@ Heinz 7

Karamitsos schreibt: The Solferino is the most exclusive Greek stamp. Das ist natürlich Ansichtsache-the most expensive one ist aber die Kleine Hermeskopf-Marke Vlastos 92c geschnitten, 25 Lepta in der Fehlfarbe orange mit Stempel Agostolion auf Cephalonia, 12. Sept. 1894. Sie wird als Farbfehldruck und als Variante der blauen 92a im Katalog geführt



Sie ist auf der Katalogseite unten im Infoteil abgebildet (Vlastos Vol 1 ,2005, Seite 39).

Der Experte für die Kleinen Hermesköpfe, Panos J. Ioannidis, präsentierte 1987 eine 25 L Marke in der Fehlfarbe orange anstelle von blau für die Originalmarke und deklarierte sie als echt. In Griechenland wurde sie als die Außergwöhnliche, the Unique, bezeichnet. Ebenso wie die berühmte schwedische "den gülla Treskilling" wurde gemäß Ioannidis die orange 10L versehentlich auf der Druckplatte der rot-violetten 25L gedruckt. Im November 2004 wurde auf der 228. Vlastos Auktion in Athen die Marke als Los 5004 angeboten.



Der Vlastos Katalog zeigt auf dem Cover die orangefarbene Marke. Die Unique wurde für 223.630 Euro versteigert bei einem Startpreis von 30.000 Euro. Sie ist damit die teuerste griechische Marke überhaupt. vgl. Philotelia 629, 2004, Seite 348.

Wegen Zweifeln an der Authentizität wurde die Marke 2005 von Dr. K.S. Andrikopoulos wissenschaftlich untersucht. 2024 hat der heutige Eigentümer, ein bedeutender griechischer Philatelist, Dr. Groß gebeten, die Marke erneut zu untersuchen. Die Ergebnisse sind ln der griechischen Briefmarkenzeitschrift Philotelia 747,2024 Seite 206-17 veröffentlich. Das betreffende Heft wurde zum 100. jährigen Jubileum der Philotelia gedruckt. Das Cover zeigt the Unique orange 25 Lepta und die wahrscheinliche Originalfarbe der Kleinen Hermesköpfe des Athener Drucks, 2. Periode.


 
Heinz 7 Am: 10.01.2025 13:56:24 Gelesen: 983# 2 @  
@ Lohengrin [#1]

Die zweite Ausgabe von Griechenland (= "Small Hermes Heads") wurde in Belgien und in Athen gedruckt, ab 1886. Zuvor hat die weltberühmte 1. Ausgabe (= Large Hermes Heads) von 1861 das Geschehen dominiert; eine unglaublich schwierige Briefmarke, die es in x Varianten gibt. Der für Europa in vielen Teilen führende Katalog "Zumstein" (Bern/Schweiz) benötigte für die erste Ausgabe immerhin 38 Hauptnummern, Michel hingegen - mit Forscher Munk "im Rücken" - benötigte sogar 61 Hauptnummern (früher sogar 66). Nicht einmal Stanley Gibbons (sonst bekannt durch rasche/lockere Zuteilung einer neuen Hauptnummer) verteilte wesentlich mehr Nummern (nämlich 72). Vollkommen zur Verzweiflung treiben uns die griechischen Kataloge mit einer Spezialisierung, die es Laien fast unmöglich macht, eine Zuteilung der Marken selber festzustellen:

Hellas: 60 Hauptnummern, aber Hunderte von unter-Nummern
Vlastos: 74 Hauptnummer, auch viele a,b,c,... Nummern dazu
Hermes: 77 Hauptnummern

Es ist nun interessant, zu sehen, was alle diese Kataloge zu dem von Dir vorgestellten Farbfehldruck Vlastos 92 c zu sagen haben. Ich brüte nach neuen Erkenntnissen, mein Katalog "Hellas 2010" scheint diese Marke nicht zu erwähnen (!), auch nicht als Hinweis ("es gibt ausserdem..."), siehe Seiten 47-58 des Kataloges. Im Michel-Katalog (2000/01, Seite 878; oder "Raritäten 2010", Seite 594) finde ich auch keinen Hinweis.

das ist alles nicht so einfach.

Ich empfehle Dir, auf Philaseiten ein neues Thema aufzumachen zu dieser bemerkenswerten Marke. Bestimmt haben wir Griechenland-Kenner, die genau Bescheid wissen; ich zähle mich leider nicht dazu, wobei mich die Griechenland-Marken schon immer fasziniert haben.

Ich bin gespannt, wie die Sache weiter geht. Danke für Deinen Beitrag!

Heinz

[Beiträge [#1] und [#2] redaktionell in ein neues Thema verschoben]
 
Heinz 7 Am: 12.01.2025 15:02:29 Gelesen: 737# 3 @  
@ Lohengrin [#1]

Die Ausgabe "Kleine Hermes Köpfe" nehmen bei Michel folgende Nummern ein: 67 - 92. Dabei ist kein Farbfehldruck katalogisiert (Katalog Europa-West 2000/2001 A-K, Seiten 878+879).

Wir finden aber bei Yvert & Tellier, dem grossen Welt-Katalog aus Frankreich, einen interessanten Hinweis. Nach den Nummern 55-100 für die 2. Ausgabe von Griechenland (mit grösseren Lücken!) lesen wir:

"On peut trouver aussi un grand nombre de variétés de nuances, et même le no 79 en rouge et le no 80 en rouge et en vert, qui doivent être considéré comme des erreurs ou des essais."

übersetzt also:

„Man kann auch eine große Anzahl von Farbtonvarianten finden, und sogar Nr. 79 in Rot und Nr. 80 in Rot und Grün, die als Fehler oder Versuche betrachtet werden müssen.“

Die no. 79 Y&T ist grün, die no. 80 orange; beide existieren gemäss Katalog auch in anderen Farben. Yvert & Tellier spricht von (Farb-)Fehldruck(en) oder von Proben, ohne sich festzulegen. Die 25 Lepta-Marke orange statt blau erwähnte aber Yvert & Tellier nicht. Doch wenn es bei zwei anderen Briefmarken derselben Ausgabe vielleicht Probedrucke gab (?), so müssen wir dies auch bei der 25 Lepta-Marke orange in Erwägung ziehen.

Dies im Katalog 1940.

Ich denke, wir müssten zuerst genau studieren, was denn unsere drei Spezial-Kataloge "Hellas", "Vlastos" und "Hermes" dazu sagen, die drei griechischen Kataloge. Wie behandeln sie diese Farb-Abweichungen, die es ja offenbar sogar für mehr als eine Wertstufe gibt?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 12.01.2025 15:41:33 Gelesen: 717# 4 @  
@ Lohengrin [#1]

Interessant ist auch der Blick in den "Zumstein"-Katalog (Bern). Das Haus wurde jahrzehntelang von hervorragenden Philatelisten geführt, die bis anfangs 1990-er-Jahre auch "Europa"-Kataloge herausgaben, welche grosse Anerkennung fanden.

Zumstein notierte im Katalog Europa 1990/91, Band a-i, Seite 25 zu der 2. Ausgabe von Griechenland:

"Nach Ausserkurssetzung der Gedenkausgabe von 1896 wurden die Wertstufen 1, 2, 5, 10, 20 und 25 L. der vorstehenden Ausgabe ungezähnt und gezähnt wieder verausgabt".

Es ist also denkbar, dass bei den Neudrucken irgend ein Farbfehler passierte (25 Lepta-Marke orange/gelb statt blau).

Heinz
 
Lohengrin Am: 12.01.2025 18:30:04 Gelesen: 665# 5 @  
@ Heinz 7 [#4]

Die Lösung eines Rätsels

Die Rarität "Die Außergewöhnliche" ist nicht in internationalen Katalogen erwähnt. Sie erscheint nur bei Vlastos im Auktionskatalog 2004 und in dem Briefmarkenkatalog Vlastos 2005 Vol 1. Heute veranstaltet Vlastos keine Auktionen mehr und gibt auch keine Briefmarkenkataloge heraus. Seit 2005 ist der Zweifel an der Echtheit der Unique gewachsen. Die Marke wurde deshalb in keine weiteren Kataloge aufgenommen.

Du fragst: Wie geht es weiter mit dieser griechischen Besonderheit? Für mich ist dazu alles in meinem Artikel in der Philotelia mit mit meinem Co-Autor Prof. Elias Tempelis gesagt. Ich habe den Artikel in Englisch geschrieben und werde ihn sicherlich auch ins Deutsche tranferieren. Die griechische Übersetzung wurde von Prof.K.S. Andrikopoulos gemacht, der auch die erste Untersuchung der Marke mit Schwester Daniilia durchgeführt hat. Der Titel sagt bereits Alles!



Als ich im Zuge meiner Untersuchungen 2024 die Raman-Spektren, die in der ersten Untersuchung von Andrikopoulos et al. gemacht wurden, auswertete, fiel mir sofort ein grundlegender Widerspruch auf. Nämlich zufolge des Narrativs von Ioannidis müsste wegen des Farbfehldrucks der orangenen 10 L mit der Druckplatte der 25 L auch die Unique die gleiche Farbe sowie gleiches Pigment aufweisen. Das ist aber nicht der Fall.

Die 10 L Marke wurde mit einem anorganischen Pigmentgemisch auf der Basis von Chrome yellow, PbCrO4, gedruckt während dagegen the Unique ein organisches Alizarin-Pigment (Krapprot aus der Färberwurzel) aufweist. Es zeigte sich weiter, dass die Hellas Marke 88d 25 L violett aus dieser Serie der "Kleinen Hermesköpfe" ebenfalls mit Alizarin-Lack Pigment in einer Mischung mit Ultramarin Blau gedruckt wurde. Bei dem Stichwort Alizarin geht in diesem Zusammenhang bei jedem Chemiker ein Licht an. Denn: Alizarin ist ei bekannter Säure-Base-Indikator, der in Abhängigkeit vom pH-Wert (lat. pondus hydrogenii, definitionsgemäß der negative Logarithmus der Hydroniumionen Konzentration c H3O+) die Farbe ändert, beispielsweise bei pH 3 gelb-grün, pH 7 rot und bei pH 11 violett-blau. Eigene Experimente mit mehreren Marken haben durch ihre Farbänderungen die Erwartungen bestätigt. Ausführliche Details, chemische Erklärungen und Begründungen findet man im Artikel in der Philotelia.



Damit ist offensichtlich, dass die Außergewöhnliche einmalig ist, aber erst durch chemische Manipulation von violett in orange übergegangen ist, wie auf dem Bild dargestellt.

Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass Experten nicht alle Fragestellungen mit Erfahrungen lösen können, in einigen Fällen können wissenschaftliche Untersuchungen hilfreich sein.

Udo Groß
 
Heinz 7 Am: 13.01.2025 00:27:51 Gelesen: 569# 6 @  
@ Lohengrin [#5]

Das ist ja hochinteressant.

Also eine chemische Manipulation und kein Farbfehldruck?!

Aufgrund Deines Beitrages [#1] nahm ich an, Du hälst die orange Marke für einen Farbfehldruck. Nun lässt Du "die Katze aus dem Sack" und verweist auf Deinen Artikel (Co-Autor) in der Philotelia.

Ich habe gesehen, dass Du Dich mit Farben auskennst, als ich Dein Profil besucht habe; schon früher hast Du a.a.O. zu schwierigen Fragen Stellung genommen.

Es wäre schön, wenn wir den ganzen Text zu diesem Fall auf englisch lesen könnten.

Orestes Vlastos war ein grosser Philatelist, der viele wichtige Auktionen durchgeführt hat. Dass er diese Verfälschung für 223.630 Euro verkauft hat, wusste ich nicht. Und in diesem Fall hat er sich wohl kräftig geirrt? Ich will nun Deine wissenschaftliche Untersuchung und Deine Schlussfolgerung als massgeblich akzeptieren, solange ich nicht eines Besseren belehrt werde.

Danke für die Aufklärung.

Freundliche Grüsse

Heinz
 
Lohengrin Am: 14.01.2025 14:40:28 Gelesen: 415# 7 @  
@ Heinz 7 [#6]

Die berühmteste und teuerste griechische Briefmarke 25 Lepta orange von 1894, genannt "Die Außergwöhnliche"



Als Farbfehldruck (vergleichbar mit dem Fall der berühmten schwedischen 3 Skilling gelb "den gülla Treskilling) wurde die Marke nach positivem Expertenurteil sachlich korrekt auf der Vlastos-Auktion in Athen versteigert. Bis zum Beweis des Gegenteils mußte sie als echt gelten. Erst 25 Jahre danach wurde das Objekt als Fälschung identifiziert durch eine wissenschaftliche Untersuchung.

In der Tat kenne ich mich mit Farben, Pigmenten, Filler, Weißmacher, Papier, Fluoreszenz und Druckverfahren (einigermaßen) aus. In einem Artikel, der die Grundlagen z.T. wissenschaftlich erklärt, habe ich einige Probleme dieser Art bei Briefmarken mit eigenen experimentellen Untersuchungen vorgestellt (ChemTexts 2018, 4, p 18 Forensic Philately: The science of stamp authentication, written in English)

Den erwähnten Artikel aus Philothelia würde ich gerne ins Forum einstellen, aber ich bin technisch nicht in der lage die 11 Seiten mit vielen Abb. korrekt einzustellen.

U. Groß
 
22028 Am: 14.01.2025 14:43:49 Gelesen: 410# 8 @  
@ Lohengrin [#7]

Sende mir den Artikel, Email ist in meinem Profil, ich stelle ihn dann hier ein.
 
Richard Am: 14.01.2025 20:23:01 Gelesen: 349# 9 @  
@ 22028 [#8]

Bitte den Artikel in einem neuen Thema !

Grüsse, Richard
 
22028 Am: 15.01.2025 12:58:38 Gelesen: 251# 10 @  
@ Richard [#9]

Der Artikel ist hier eingestellt.

https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=20169&CP=0&F=1
 
Philipp Harder Am: 15.01.2025 15:46:03 Gelesen: 205# 11 @  
@ Lohengrin [#5]

Danke für das Einstellen des Artikels!

Ich verfolge das Thema "Raman-Spektroskopie als philatelistische Prüfmethode" mit grossem Interesse.

Deine Argumentation ist für mich überzeugend: Die bleigelbe 10 Lepta gibt ein Signal bei 838; die orange 25 Lepta Neuentdeckung hat kein Signal bei 838. Also wurden beide Marken nicht mit der gleichen Farbe gedruckt.

Aber Andrikopoulos zeigen auf ihrem Poster keine (ungebrauchte) gelbe 10 Lepta, sondern zwei gestempelte Beispiele von gelborangen 10 Lepta. Wie sehen denn deren Raman-Spektren aus? Gibt es da auch ein Signal bei 838?
 
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