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Thema: Das Elsass unter französischer Verwaltung im ersten Weltkrieg (1914-1918)
Stefan Am: 28.03.2017 11:14:47 Gelesen: 41853# 1 @  
Der nachfolgende Beleg lässt sich - je nach nationaler bzw. politischer Einstellung und zeitlicher Perspektive - aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Dem Einen mag es um die französische Besetzung des seinerzeitigen zum Deutschen Reich gehörenden Dauerzankapfels Elsaß gehen, der Andere versteht darunter die Befreiung des Elsaß durch französische Truppen von der deutschen Herrschaft (1870/71 - 1914). Dieses Thema ist nicht neu, ungewöhnlich allerdings der Zeitpunkt der Umsetzung, da bereits einige Jahre früher (August 1914) als m.E. allgemein angenommen (November 1918). Vor einigen Monaten wurden in [1] Belege vorgestellt, welche auf eine bereits ab August 1914 erfolgten Wechsel der Staatszugehörigkeit verschiedener Orte im Elsass hinweisen; nach [2] handelt es sich hierbei um 93 Kommunen im Elsaß (Zeitraum 06.08.-16.08.1914). Die postalische Versorgung dieser Kommunen durch die französische Post [2] wurde am 06.10.1914 aufgenommen und es kamen Stempel der französischen Feldpost (Inschrift "TRESOR ET POSTES" mit den Nummern 42 bzw. 212) zum Einsatz.

Am 11.02.1915 wurden in fünf Orten zivile Postämter eröffnet: Dannemarie (dt. Dammerkirch), Masevaux bzw. abweichende Schreibweise Massevaux (dt. Masmünster), Moosch, Thann und Wesserling. Das Postamt in Montreux-Vieux (dt. Alt-Münsterol) kam einige Zeit später hinzu (nach [1]: 01.12.1915; nach [2] 01.12.1916). Nachfolgend eine Sendung des zivilen Postamtes in Dannemarie:



Auslandssendung per Einschreiben vom Dienstag, den 18.01.1916 aus Dannemarie (Alsace) an das Rote Kreuz in Genf (Schweiz), frankiert mit fünf Exemplaren à 10 Centimes (Mi-Nr. 117)

Die Sendung wurde zensiert, siehe entsprechende Vermerke (Stempel in grün und Aufkleber) vorder- und rückseitig. Der Brief selbst weist einen Durchgangsstempel von Genf vom Samstag, den 22.01.1916 auf.



Die seinerzeit für die sechs Postämter neu angeschafften französischen Stempel weisen neben dem Ortsnamen zusätzlich die Angabe "ALSACE" auf und sind in Kombination mit dem Datum auch als solche zu diesem Beitrag passend erkenntlich.

Aufgrund des Inkrafttretens des Waffenstillstandes von Compiègne am 11.11.1918 sollte bzw. wurde das Gebiet von Elsaß-Lothringen binnen 15 Tagen [3] nach Kriegsende seitens der deutschen Verwaltung geräumt und an Frankreich übergeben.

Das hier vorgestellte Exemplar fand sich vor kurzem in einem Belegeposten bei einem Sammlerkollegen. Darin befanden sich zwei weitere Exemplare aus Dannemarie (Stempeldatum erstes Quartal 1916) adressiert an das Rote Kreuz in Genf und dem Sammlerkollegen stellt sich bedingt durch [1] nun interessehalber die Frage, wie derartige Belege (in seinem Fall Einzelfrankatur der Mi-Nr. 119 bzw. MeF (2) der Mi.-Nr. 119 - Dauerserie "Semeuse" zu 25 Centimes) finanziell ansatzweise zu bewerten sind. Hat Jemand eine Idee?

Die zwei Belege selbst sind nun mit entsprechendem (post-)geschichtlichen Hinweis versehen in die Sammlung des Sammlerkollegen gewandert.

Gruß
Pete

[1] http://bdph.de/forum/showthread.php?16513-Franz-Post%E4mter-im-(noch)-deutschen-Ober-Elsass-1915-18-(Sundgau) und http://www.manfredkaiser.de/elsass_1915.html
[2] http://spal-philatelie.blogspot.de/2011/11/la-poste-francaise-en-haute-alsace.html
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsland_Elsa%C3%9F-Lothringen

(Beitrag redaktionell kopiert aus "Briefe bestimmen: Frankreich", Beitrag 29 vom 28.03.2017)
 
Stefan Am: 26.10.2025 21:02:51 Gelesen: 628# 2 @  
In Beitrag [#1] wurde 2017 bereits einmal über die Eröffnung von sechs französichen Postämtern im Elsass berichtet, dort referenziert auf [1] für weitere Belege und Informationen.

Auf der diesjährigen Briefmarkenmesse in Ulm waren bei einem Händler einige Belege im Angebot, so auch das nachfolgende Exemplar:



Es handelt sich um eine Sendung vom 20.08.1915 aus Wesserling, adressiert nach Paris, rückseitig ein Ankunftstempel (Maschinenstempel) vom 24.08.1915. Zur Zierde wurden weitere Stempel aus dem Büro des Bürgermeisteramtes (frz. Mairie) Hüsseren-Wesserling abgeschlagen.

Gruß
Stefan

[1] https://forum.bdph.de/forum/philatelistische-fragen/postgeschichte/15016-franz-post%C3%A4mter-im-noch-deutschen-ober-elsass-1915-18-sundgau
 
Stefan Am: 28.10.2025 18:15:03 Gelesen: 556# 3 @  
Weiter geht es mit dem Postamt in Thann. Da fanden sich in Ulm die beiden nachfolgenden Exemplare:



Sendung vom 17.06.1915 nach Basel (Schweiz), rückseitig der Ankunftsstempel vom 24.06.1915, zusätzlich Feldpoststempel Nr. 14



Sendung vom 15.02.1916 nach Cannes, rückseitig der Ankunftstempel vom 17.02.1916

Die zweite Sendung wurde markenlos aufgegeben und mit einem Nachporto in Höhe von 78 Centimes belegt. Als Absender der Sendung wird die Mitlitärverwaltung der französischen Republik im Elsass ausgewiesen (République francaise / Administration militaire de l'Alsace).

Gruß
Stefan
 
Regis Am: 28.10.2025 19:18:03 Gelesen: 540# 4 @  
@ Stefan [#3]

Die zweite Sendung ist gebührenfrei und damit portofrei. Wenn Portobelastung vorläge, dann 2 x 15 Centimes.

78 Centimes ist unsinnig, da es weder eine Gebühr 78 Centimes, noch eine von 39 Centimes gab.

Bei Portopflicht - Vermerk fehlt, wären 15 Centimes fällig.

Da ich Frankreich nicht sammle, fehlt mir für die 78 eine Erklärung.

Alles Gute Regis
 
Stefan Am: 31.10.2025 17:54:06 Gelesen: 428# 5 @  
@ Regis [#4]

Danke für deine Infos!

Nummer 4 von 6 im Reigen der französischen Postämter im Elsass zur Zeit des ersten Weltkrieges (1914-1918) - das Postamt in Moosch. Der Beleg ist nicht schön, wurde allerdings an einem zufällig geschichtsträchtigen Tag zugestellt. Es handelt sich um ein Einschreiben, adressiert an einen Empfänger in Basel (Schweiz):



sendung vom 04.11.1918 aus Moosch im Elsass nach Basel (Schweiz)

Rückseitig ist ein Ankunftsstempel vom 11.11.1918 abgeschlagen. An dem Tag wurde der Waffenstillstandsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich in Compiègne unterschrieben, welcher den ersten Weltkrieg in Westeuropa beendete. Daraufhin musste sich die deutsche Regierung auch aus dem 1870/71 eroberten Elsass zurückziehen und das Gebiet der Grande Nation zurückgeben.

Gruß
Stefan
 
volkimal Am: 31.10.2025 18:08:30 Gelesen: 422# 6 @  
Hallo zusammen,

eine deutsche Ansichtskarte aus dem von Frankreich besetzten Felleringen (franz. Fellering) nach Bruyères vom 02.01.1915:



Felleringen liegt im Tal Saint-Amarin ca. 14 km nordwestlich von Thann. Ab dem 4. August 1914 erhält die französische Armee den Befehl, ins Elsass, das seit der Annektion von 1871 zum Deutschen Kaiserreich gehörte, vorzustoßen und die Täler und wichtigsten Städte zu erobern. Nach dem Bewegungskrieg erstarrt die Front während der Monate Oktober und November 1914. Die Täler Saint-Amarin und Masevaux bleiben in französischer Hand [1]. Thann galt in Frankreich vier Jahre lang als ‚Hauptstadt des befreiten Elsass‘. Auf dem Neujahrsgruß ist extra vermerkt "carte allemande", also "Deutsche Karte".



Die Karte wird am 2. Januar 1915 (= 2. Janvier 1915) bei der französischen Feldpost aufgegeben. Sie bekommt den Stempel TRESOR ET POSTES / * 141 *.

Der Ankunftsstempel aus Bruyères ist vom 06.01.1915.

Viele Grüße
Volkmar

[1] https://www.france.fr/de/vogesen/artikel/1-weltkrieg-die-vogesenfront
 
Regis Am: 31.10.2025 22:18:17 Gelesen: 395# 7 @  
Da viele Elsässer Angehörige des deutschen Heeres waren, wurde für die Aufrechterhaltung des Postverkehrs der Soldaten mit ihren Angehörigen in den von Frankreich okkupierten Gebiet eine Lösung gefunden. Briefe wurden unter Umschlag unfrankiert mit Beifügung eines IAS an die Straßenbahnverwaltung Zürich gesandt. Dort wurde der Brief frankiert und ging als Schweizer Post nach Frankreich. Wer auch immer davon wusste, es funktionierte!





2 Briefe nach Zürich, beim 2. unten der Vermerk, der mir als Beweis dient.

Man sieht daran, dass immer trickreich gearbeitet wurde.

Viel Spaß Regis
 
Lars Boettger Am: 31.10.2025 23:43:42 Gelesen: 383# 8 @  
@ Regis [#4]

Da ich Frankreich nicht sammle, fehlt mir für die 78 eine Erklärung

Der Empfänger wohnte an einer Hoteladresse, die "78" war die Zimmernummer, die vom Hotel auf den Umschlag geschrieben wurde. Findet man immer wieder auf Belegen an Hoteladressen.

Beste Grüsse!

Lars
 
Stefan Am: 02.11.2025 14:27:34 Gelesen: 325# 9 @  
Belege zum fünften und letzten französischen Postamt im Elsass während des ersten Weltkrieges - Masevaux bzw. abweichende Schreibweise Massevaux (dt. Masmünster) - habe ich bisher noch nicht gesehen. daher nachfolgend zwei weitere Exemplare aus Thann:



Sendung vom 16.12.1915 aus Thann (Alsace) nach Bern (Schweiz), rückseitig ein Ankunftstempel (Maschinenstempel) vom 27.12.1915

Der Schweizer Empfänger dieser Sendung ist sicherlich vielen Sammlern bekannt. Es handelt sich um das Unternehmen Zumstein & Co., Briefmarkenhändler und Herausgeber des Schweizer Briefmarkenkataloges. Wie im Beleg aus Wesserling im Beitrag 2 ist auch dieser Beleg mit verschiedenen Stempeln des Bürgermeisteramtes (frz. Mairie) belegt, hier aus Thann.



Sendung vom 17.08.1916 aus Thann im Elsass nach Basel (Schweiz), rückseitig ein Ankunftsstempel vom 25.08.1916

Auch dieser Empfänger ist allgemein nicht unbekannt. Es handelt sich um eine Kommission aus Basel unter dem Schutz des Internationalen Roten Kreuzes (Comité international de la Croix rouge).

Gruß
Stefan
 
volkimal Am: 02.11.2025 14:47:23 Gelesen: 316# 10 @  
Latzi Am: 03.11.2025 07:12:46 Gelesen: 284# 11 @  
Masevaux ist gewünscht? Abgehend und ankommend:





Grüße
Lars
 
Stefan Am: 03.11.2025 19:05:55 Gelesen: 231# 12 @  
@ Lars Boettger [#8]
@ volkimal [#10]
@ Latzi [#11]

Ich danke euch. :) Auf die Idee, die Hotelzimmernummer mit Blaustift auf die Vorderseite der Sendung zu schreiben, wäre ich nicht gekommen.

Bezüglich des sechsten Postamts Montreux-Vieux muss ich (derzeit) ebenfalls passen. Belege sind gern gesehen.

@ Regis [#7]
@ Latzi [#11]

Der Sendungsweg von Deutschland aus über die Städtische Straßenbahn in Zürich Richtung französisches Elsass war mir neu. Ebenfalls interessant der Weg aus der Schweiz in den Elsaß. Ich merke anhand der Beiträge, dass dieses Kapitel der deutsch-französischen Geschichte sehr spannend ist und es eine gute Idee war, diesem speziellen Teil der Geschichte ein eigenes Thema zu eröffnen.

Gruß
Stefan
 
Stefan Am: 04.11.2025 19:10:11 Gelesen: 197# 13 @  
Als aktuell letzter Beleg meinerseits in dieser Reihe nachfolgend nochmals eine Sendung aus Wesserling:



Sendung vom 29.02.1916 aus Wesserling (Alsace) nach Basel (Schweiz), rückseitig ein Ankunftstempel vom 07.03.1916

Auch diese Sendung ist (wie ein Beleg im vorherigen Beitrag) an eine Kommission des Internationalen Roten Kreuzes adressiert.

Gruß
Stefan
 
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