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Thema: Deutsches Reich Feldpost 1. Weltkrieg
Das Thema hat 792 Beiträge:
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evwezel Am: 13.06.2023 13:20:27 Gelesen: 66200# 718 @  
@ volkimal [#717]

Hallo Volkmar,

Vielen Dank! Du hast wirklich eine Antwort auf alles ! :-)

Viele Grüße,

Emiel
 
evwezel Am: 21.06.2023 20:50:53 Gelesen: 63990# 719 @  
Liebe Sammelfreunde,

ich zeige Euch eine Feldpostkarte vom Ersten Weltkrieg mit dem folgenden Stempel:

"SOLDATENHEIM,
Gesellenhaus, Gerichtsstr. 6
Coblenz"

Weiß jemand vielleicht, ob von diesem Soldatenheim noch alte Bilder existieren?

Viele Grüße,

Emiel


 
evwezel Am: 22.06.2023 13:08:16 Gelesen: 63856# 720 @  
Liebe Sammelfreunde,

ich habe einen Feldpostbrief mit (u.A.) folgenden Informationen auf dem Umschlag:

Absender:
Kanonier W. Ackermann
Landwehr Fußart. Batln. I/38
Deutsche Feldpost 239

Feldpoststempel:
K.D. Feldpoststation
8.9.17.10-11V
* Nr 239 *

Briefstempel:
Landw.-Fußartl.-Rgt. No 38 1. Batterie


Könnte mir jemand etwas sagen bezüglich der Standorte der Absender? Laut dem Brief war Herr Ackermann in Stellung auf dem Balkan am 8. September 1917:

Ihre Karte, die Sie mir nach der schweren Arbeit des Zeugnisschreibens zukommen ließen, hat mich am 7.8. im Lazarett Rabrovo[1] erreicht.

(...)
Als ich nun entlassen wurde, konnte ich den Weg zu meiner Batterie zu Fuß zurücklegen.

(...)
Ich ging am Bahnhof Dedeli vorbei und wanderte mühselig den Furkapaß[2] hinauf. Ab und zu erkundigte ich mich bei einem Bulgarski, ob ich noch auf den richtigen Wege nach (Hozi?) Obasi[3] sei. Dort liegt das Biwack unserer Batterie.

(...)
Wir halten hier in der Nähe des Doiran-Sees[4] treue Wacht.


[1] Siehe https://en.m.wikipedia.org/wiki/Rabrovo,_Valandovo
[2] Siehe Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Furka,_North_Macedonia
[3] Der Ortsname is leider nicht gut lesbar.
[4] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Dojransee

---


 
DFP14-18 Am: 22.06.2023 17:49:28 Gelesen: 63789# 721 @  
@ evwezel [#720]

Hallo,

die Örtlichkeiten sind doch schon recht genau beschrieben und der Weg, den der Kanonier Ackermann gegangen ist ist gut verfolgbar. Nur der Ort Obasi ist unklar. Dieser lässt sich in keinem (auch kriegshistorischen) Atlas oder anderer Orts-Lexika finden. Vielleicht ist ja ein Scan des Namens von irgend jemandem anderem besser zu lesen.

Die Feldpost 239 lag zu dieser Zeit in Dojran, also direkt am Dojran-See, und somit in der Nähe der beschriebenen Orte "Dedeli" und Furka-Pass in Nordmazedonien.

Insofern ist alles stimmig.

Das Landwehr-Fußartillerie-Bataillon 38 war vom 14.4.1917 - 22.11.1917 der 1. bulgarischen Armee unterstellt.

Was hier aber sehr auffällig ist: Der abgeschlagene Vollstempel (Katalog-Nr. 2154) durfte eigentlich ab 15.2.1917 auf normalen Feldpostsendungen nicht mehr verwendet werden, er war nur für nachzuweisende Sendungen (z.B. Einschreiben usw.) zulässig. Es musste für einfache Feldpostbriefe- und karten ausschließlich ein ausgestanzter oder stummer Tarnstempel verwendet werden. Allerdings wurde der hier verwendete Stempel nicht ausgestanzt (aptiert) und nachweislich weiter verwendet, aber eben nur für z.B. R-Briefe.

In meiner Sammlung gibt es für den Zeitraum Februar bis Oktober 1917 offensichtlich nur einen Normstempel mit ***, welchen ich auf 15 Belegen vorliegen habe. Zwei verschiedene aptierte Stempel gibt es erst in der letzten Phase ab Oktober 1917 (Phase III) durch Tausch mit einer bisher unbekannten Feldpostanstalt.

Es ergeben sich deshalb 3 Möglichkeiten:

- entweder liegt ein Stempelirrtum des Datums vor, z.B. 1916 statt 1917 (das kann mit einem Vergleich der handschriftlichen Datumsangabe auf dem Brief kontrolliert werden)
- oder der Stempel wurde gegen die gültigen Vorschriften verwendet.
- oder es war für die Feldpost 239 eine Zweigstelle eingerichtet worden und dafür nur dieser Stempel vorhanden. Eine solche Zweigstelle ist aber bisher nicht bekannt!

So birgt jeder Feldpostbeleg sein eigenes Geheimnis!

Anbei noch ein Beleg aus meiner Sammlung von der gleichen Einheit, nur von der 2. Battr. (statt der 1. Battr.) mit dem vorschritskonformen Normstempel *** (leider ohne Ortsangaben oder Hinweise zur Lokalisation).



Viele Grüße Uli
 
evwezel Am: 22.06.2023 22:07:16 Gelesen: 63735# 722 @  
@ DFP14-18 [#721]

Hallo Uli,

herzlichen Dank für Deine Ergänzungen und Bemerkungen. Ich vermutete schon, dass die Feldpost 239 zu dieser Zeit in Dojran situiert war, aber ich war mir nicht sicher. Vielen Dank, dass Du das bestätigen konntest!

Ich habe noch einige Fragen. Du schreibst:

Der abgeschlagene Vollstempel (Katalog-Nr. 2154) durfte (...) ab 15.2.1917 auf normalen Feldpostsendungen nicht mehr verwendet werden.

Stimmt es, dass Du hier an der Verfügung N° 54 referierst (siehe auch Beitrag [#200])? Es handelt sich bei meinem Feldpostbrief ganz sicher nicht um ein Stempelirrtum des Datums. Das bedeutet, dass nur die Möglichkeiten 2 und 3 übrig bleiben.

Tarnstempel

Feldpoststempel aus den Anfangsjahren des 1. Weltkriegs enthielten (...) einiges an Daten, welcher übergeordneten Großeinheit der Absender angehörte und gaben so auch Aufschluss über deren momentanen Aufenthaltsort. Mit zunehmendem Kriegsverlauf wollte man diese Informationen aber nicht mehr so direkt weitergeben und es entstanden dann (...) aptierten Stempel, auch unter der Bezeichnung "Tarnstempel" bekannt.” [1]

Es ist mir noch immer nicht ganz klar, wozu ein Tarnstempel verwendet wurde (ich muss aber gestehen, dass ich kein Experte bin). Hierunter zeige ich Dir an der linken Seite nochmals den aptierten Stempel von Deiner Feldpostkarte, an der rechten Seite den nicht aptierten Stempel von meinem Feldpostbrief:



Das Einzige, was hier „aptiert“ wurde, ist doch die Feldpostnummer (Nr. 239)? Der Absender hat diese Information aber auch selbst auf der Feldpostkarte geschrieben:



Hier wirft sich die Frage auf, wozu das Entfernen der Feldpostnummer eigentlich diente. Sind Tarnstempel nicht ziemlich absurd, wenn Absendervermerke verraten, woher der Brief stammt?

Ortsname „Hogi Obasi“

Ich habe auch schon versucht den Ortsnamen „Hogi Obasi“ oder „Hozi Obasi“ zu finden, aber leider ohne Erfolg.



Viele Grüße,

Emiel

[1] Siehe auch Beitrag #49 im Thema Aptierte Stempel.
 
DFP14-18 Am: 25.06.2023 12:36:07 Gelesen: 62968# 723 @  
@ evwezel [#722]

Hallo Emiel,

Du wirfst da Fragen auf, die an die Basis des Wissens über die Feldpost 1914-1918 gehen. Ich habe in verschiedenen Antworten in diesem Threet zum Thema bereits etwas geschrieben. Eine umfängliche Beantwortung ist in diesem Rahmen schlichtweg nicht möglich. Deshalb habe ich mir überlegt, ob es nicht besser wäre, einmal einen Auszug aus dem Handbuch der ArGe "Die deutsche Feldpost im Ersten Weltkrieg - Handbuch und Katalog" (3.Auflage 2019) ab Seite 130 einzustellen. Ich kann dieses tun, da ich der Autor dieses Kapitels selbst bin. Ich empfehle aber, sich das Handbuch zu besorgen. Man findet dort die Abhandlungen zu allen Facetten der Feldpost. Siehe Homepage der ArGe http://www.deutsche-feldpost1914-18.de .







Ich denke, dass das Lesen dieses Artikels auch anderen Feldpost-Interessierten gut helfen kann.

Schönen Sonntag noch und beste Grüße
Uli
 
evwezel Am: 25.06.2023 22:12:33 Gelesen: 62884# 724 @  
@ DFP14-18 [#723]

Guten Abend Uli,

vielen Dank! Wenn ich morgen mit dem Zug zur Arbeit fahre, werde ich den Text mal in Ruhe lesen. In den letzten Jahren habe ich zuerst die Sütterlinschrift lesen lernen müssen (mit herzlichem Dank an meinem Mentor Volkmar Werdermann !). Das hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen und deswegen habe ich mich viel weniger beschäftigt mit wegweisenden Feldpost-Studien. Das wird sich aber bestimmt ändern!

Viele Grüße,

Emiel
 
evwezel Am: 29.06.2023 10:41:36 Gelesen: 62248# 725 @  
@ DFP14-18 [#723]

Hallo Uli,

ich habe deine Information gelesen, aber für einen Neuling wie ich gehst Du ein bisschen zu schnell (ich habe inzwischen auch das Handbuch "Die Deutsche Feldpost im Ersten Weltkrieg 1914-18" angefordert von deiner Arbeitsgemeinschaft). Habe ich folgendes richtig verstanden?:

Postaufgabestempel - Die Postaufgabestempel von deutschen Orten sind auf Feldpostsendungen von der Heimat an die Front oder wenn ein Soldat keinen direkten Zugang zur Feldpost hatte.

Zum Beispiel:



(Soldaten-)Briefstempel / Truppenstempel - Soldatenbriefstempel, kurz auch SB-Stempel genannt, sind Stempel der verschiedenen Truppenverbände, die auf Feldpostkarten und Briefen abgeschlagen die Portofreiheit der Feldpost bekundeten. Briefstempel durften keine Inhalte aufweisen, die der Geheimhaltung widersprachen. Soldatenbriefstempel wurden aber z.B. bei Unterstellungswechsel direkt bei der Truppe entsprechend verändert (Herausschneiden und/oder Hinzufügen von Teilen des Stempels). Das war bei den Feldpoststempeln nicht möglich, denn dieses war ausschließlich nach Weisung übergeordneten Feldposteinrichtung (Armeepostdirektor / Oberste Heeresleitung) per Anordnung durchzuführen.

Zum Beispiel:



Vollstempel – Aufgabestempel mit der offenen Formationsangabe. Die vom Kriegsanfang bis zum Februar 1917 benutzten („Voll-ˮ)Stempel gaben im Text die Formation von der Division aufwärts an.

Zum Beispiel:



Tarnstempel – Anonymiosierter Aufgabestempel (aptierter Vollstempel) - Tarnstempel wurden verwendet, um dem Feind den Standort der deutschen Kriegsstandorte nicht zu offenbaren. Zur Verschleierung der Heereszusammensetzung mussten die Vollstempel durch Ausstanzung geändert (=aptiert) werden. Der Urstempel als sogenannter Vollstempel musste alle Hinweise auf die zugehörige Division aufwärts verlieren. Dies geschah zumeist durch Herausstanzen oder Auskratzen dieser Merkmale. Außerdem wurden sogenannte „stumme“ Stempel neu hergestellt. Nur diese beiden Arten von Stempeln durften für die gewöhnlichen Sendungen verwendet werden. Verwendet ab Februar 1917.

Zum Beispiel:



„Stumme“ Stempel - Tarnstempel mit dem alleinigen Text „Deutsche Feldpost“. Verwendet ab Februar 1917

Zum Beispiel:



Tarnnummerstempel - Für nachzuweisende Sendungen (Einschreib-, Wert- und Geldsendungen), sowie für die Leitmaterialien (Briefbundzettel, Beutelfahnen) bekamen die Feldpostanstalten der Formationen von den Divisionen aufwärts neu hergestellte „Tarnnummern“-Stempel. Diese zeigten fast ausschließlich den Text „Deutsche Feldpost Nr…“. Bestimmungsgemäß durften - aber auch mussten - ausschließlich diese dafür verwendet werden, denn nur somit konnte die Herkunft der Sendung zurückverfolgt werden. Verwendet ab Februar 1917.

Und jetzt die Praxis

Ich zeige Dir eine Feldpostkarte aus meiner Sammlung, geschrieben am 12. Februar 1917. Hier würde ich einen Tarnstempel erwarten. In diesem Fall bin ich mir aber nicht sicher. Handelt es sich hier um ein sehr schlecht lesbarer Urstempel oder ein nicht besonders gut gelungen Versuch zum Auskratzen der Merkmale (= Tarnstempel)?



Transkription:
Den 11. Febr. 1917.

Lieber Jakobus!

Vor wenigen
Tagen empfing ich Deine
Karte. Schicke Dir diese als
Erwiederung. Du siehst ein
wahres Bild darauf.
Viele Grüße, auch an
Eltern u. Geschw. Dein Br. (…)

Abs. (…) Anen Inft.=Regmt. 77, 3. Bataillon,
9. Kompagnie

Feldpostkarte

Herrn
Jakobus Anen
In Marienchor[1]
b./ Bunde, Ostfriesland
Prov. Hannover.


(Soldaten)Briefstempel:
2. Han. I.R. 77 [2]
9. Komp.

Urstempel oder Tarnstempel (?):
Hier bin ich mir nicht sicher. Ist das nun ein sehr schlecht lesbarer Urstempel oder ein nicht besonders gut gelungen Versuch zum Auskratzen der Merkmale (=Tarnstempel)?

[1] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Marienchor.
[2] Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/2._Hannoversches_Infanterie-Regiment_Nr._77

Viele Grüße,

Emiel
 
DFP14-18 Am: 30.06.2023 21:21:36 Gelesen: 61623# 726 @  
@ evwezel [#725]

Guten Abend Emiel,

mir ist durchaus klar, dass meine gescannten Seiten viel "Stoff" auf einmal waren. Aber das Thema, welches Du angeschnitten hattest, ist bezüglich der gestellten Fragen eben auch vielgestaltig. Und durch das Studieren des gesamten Textes kann man letztlich das Thema begreifbar machen.

Und ich konstatiere: Das hat sich für Dich gelohnt, Du hast alles richtig verstanden.

Durch die Tarnung wollte man die Zusammensetzung z.B. einer Division verschleiern, indem ein Regiment namentlich nicht der Division zugeordnet werden konnte. Aber der Feind war ja nicht dumm, schon bald kannte man viele ausgestanzte Stempel, und so war der Effekt unwirksam. Deshalb wurden innerhalb einer Armee (oder anderer höherer Verbände) Mitte Oktober 1917 die Stempel dem entsprechenden Armee-Postdirektor eingesandt, der diese dann in seinem Zuständigkeitsbereich austauschte. Von diesem Austausch gibt es leider keinen erhaltenen Plan. Und genau dieses ist mein Forschungsgebiet: Identifizierung der ausgestanzten Stempel und Rekonstruktion des entsprechenden Vollstempels; und dann Aufschluss der Vertauschungen. Ein ganz schwieriges Thema, auf dem ich seit vielen Jahren "herumkaue".

Noch etwas: Die Feldpoststationen hatten ja von Anfang an Nummern-Stempel. Diese durften auch noch nach Februar 1917 für nachzuweisende Sendungen verwendet werden. Man musste doch bei solchen Sendungen den Weg zur Absender-Feldpostanstalt zurück verfolgen können. Allerdings wurden auch viele dieser Nummernstempel ausgestanzt.

Nun zur Frage Deines abgebildeten Beleges. Das 2. hannoversche Infanterie-Regiment 77 unterstand im gesamten Kriegsverlauf der 20. Infanterie-Division. Der Feldpoststempel passt also. Er ist nicht ausgestanzt, nur unsauber abgeschlagen. Das bisher bekannte Spätdatum dieses (Voll-)Stempels (Kat.-Nr. 572) ist der 13.2.17, also noch einen Tag später. Die 20. Inf.Div. wurde von der DFP 717 (Deutsche Feldpost 717) bedient.

Freundliche Grüße
Uli
 
evwezel Am: 01.07.2023 11:34:41 Gelesen: 61524# 727 @  
@ DFP14-18 [#726]

Guten Morgen Uli,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Die Feldpost ist ein kompliziertes, aber bestimmt auch spannendes Untersuchungsgebiet!

Mit herzlichem Gruß,

Emiel
 
evwezel Am: 02.07.2023 23:35:50 Gelesen: 61114# 728 @  
Liebe Sammelfreunde,

ich zeige Euch eine Feldpostkarte vom Soldatenheim in Nisch [1]. Könnte mir jemand sagen, was die genaue Adresse war?



Viele Grüße,

Emiel

[1] https://de.m.wikipedia.org/wiki/Niš
 
Briefuhu Am: 03.07.2023 08:29:58 Gelesen: 60971# 729 @  
Hallo Emiel,

es dürfte sich um das Soldatenheim in Nis/Serbien aus dem 1. Weltkrieg handeln.

Niš ist die drittgrößte Stadt in Serbien und gleichzeitig der Hauptverwaltungssitz des Okrug Nišava. 2011 zählte die Stadt 260.237 Einwohner.

Niš ist Industrie- und Handelsstadt und Sitz eines orthodoxen Bischofs. In Niš befinden sich eine Universität, ein Symphonie-Orchester, Museen, Theater und verschiedene Kultureinrichtungen. (Wikipedia)

Schönen Gruß
Sepp
 
evwezel Am: 03.07.2023 15:05:22 Gelesen: 60791# 730 @  
@ Briefuhu [#729]

Hallo Sepp,

vielen Dank für deine Nachricht. Ich bin ganz sicher dass es sich um das Soldatenheim in Nis/Serbien handelt, aber ich möchte gerne genau wissen wo das Soldatenheim sich in Nisch / Niš befand. [1]

Viele Grüße,

Emiel

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Ni%C5%A1
 
evwezel Am: 15.07.2023 21:09:28 Gelesen: 57553# 731 @  
Liebe Sammelfreunde,

Ich zeige Euch hier eine Seite von einem längeren Feldpostbrief. Ich habe einige Fragen zu dem Text:

1) Was bedeutet D.K.?

2) Stimmt es, dass die „Musterung“ hauptsächlich eine ärztliche Untersuchung war? Gab es 1917 bestimmte Kriterien dafür? Könnte man tatsächlich ohne Musterung einberufen werden?

3) In einer Kriegsorder wurde genau angegeben, an welchem Mobilmachungstage jeder einzurücken hat. Könnte jemand vielleicht ein Vorbild zeigen?

Ich hoffe, jemand kann mir weiterhelfen.

Viele Grüße,

Emiel
---


Den 11 Sept. 1917

Abs. Arm. Soldat
H. Maassen 1357
II Depot 1 Korp.
Arm. Ers. Komp.[1]
in Soldin[2] (Neumark[3])


Lieber Franz!

Am Montag den 3 Sept. bekam ich
eine Kriegsorder welche mich zur
Armierung einrief. Am 5 Sept. hatte
ich mich in Berlin Schöneberg[4] zu
stellen und wurde von dort am
selben Nachmittag noch weiter geschoben.
Da ich seit m. Entlassung als D.K.
nicht mehr gemustert worden war
und ich eine Einberufung ohne
Musterung für unmöglich hielt,
so kannst Du dir meine Überraschung
denken. Allerdings war dieselbe nicht
freudiger Natur und ich die Verzweiflung
nahe. Denn nach m. Erfahrungen
auf diesem Gebiete, kann ich mich auf
völligen gesundheitl. Ruin gefaßt machen.

[1] Armierungs Ersatz Kompagnie
[2] Soldin. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/My%C5%9Blib%C3%B3rz.
[3] Weil das Land zwischen Oder und Warthe im Mittelalter neu zu Brandenburg kam, erhielt es den Namen "Neumark". Seit 1945 gehört es zu Polen. Siehe https://www.welt.de/print-welt/article499704/Alte-Heimat-Das-Leben-in-Soldin-Neumark.html.
[4] Schöneberg ist ein Ortsteil im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Schöneberg war bis 1920 eine eigenständige Stadt und geht auf eine mittelalterliche Dorfgründung im Bereich der heutigen Hauptstraße zurück. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Sch%C3%B6neberg.


 
volkimal Am: 16.07.2023 08:32:45 Gelesen: 57430# 732 @  
@ evwezel [#731]

Hallo Emiel,

zu 1) Abkürzung D.K.: Das D ist eindeutig lateinische Schrift. Beim zweiten Buchstaben würde ich anstelle des "K" als lateinischer Buchstabe eher ein "H" oder "X" sehen. Gerade ist mir aber noch eine Idee gekommen. Vom Sinn her würde am besten D.U. = Dienstuntauglich passen. Kann es wirklich ein "U" sein?

Zu 2): Wie die Musterung genau ablief kann ich auch nicht sagen. Die Kriterien dafür waren aber wohl nicht sehr genau festgelegt. Dazu ein Abschnitt aus den Lebenserinnerungen meines Großvaters:

Ich hatte gesagt: Wenn wirklich der Krieg kommen sollte, dann melde ich mich sofort als Kriegsfreiwilliger und zwar bei den Gardefüsilieren, den "Maikäfern", wo mein Vater gedient hatte. ...

Täglich bemühten wir uns um Einstellung als Kriegsfreiwilliger, Aber bei allen Regimentern war Überandrang! Wenn man vor einer Kaserne erschien, der Posten fragte: „Was wollt ihr?“, dann wurde man schnellstens fortgeschickt. „Von der Gesellschaft haben wir schon übergenug!“ … Endlich nach viermaligen Versuchen und stundenlangem Stehen ist es Hans und mir gestern gelungen, einen Aufnahmeschein bei den „Maikäfern“ zu erhalten! Heute Vormittag war ich nochmal in Groß-Lichterfelde, machte erst einen weiten Fußweg, um meine neuen, in Gransee noch gekauften hohen Stiefel einzulaufen.

Nach dem Mittagessen mussten wir uns zur ersten Mal auf dem Kasernenhof in der Chausseestraße einfinden. … Wir traten in einer Ecke des Hofes, nicht weit von einem halb offenen Tor an, als viele wartende junge Männer das erspäht hatten und sich dazu gesellten, um auch angenommen zu werden. Aber der alte Feldwebel nahm nur die, die einen Schein hatten und auf seiner Liste standen. Uns ließ er antreten, setzte sich an die Spitze des Zuges, um uns vorläufig zur Untersuchung in eine Schule in der Müllerstraße zu bringen. …

Als wir in der Schule anlangten, traute unser Feldwebel seinen Augen nicht. Denn während er voranmarschiert war, hatten sich immer mehr „Freiwillige“ an unseren Zug angehängt, so dass er statt mit 50 mit mehreren hundert ankam! Auf dem Schulhof schimpfte er tüchtig, nahm seine Liste nochmal vor; aber während er einen Namen: Müller, Krause, Becker u.a. verlas, sprangen immer gleich fünf oder sechs auf die andere Seite, do dass er knurrend seine Versuche aufgab! Nun wurden wir untersucht, allerdings nicht allzu gründlich. Einer war als nicht tauglich befunden worden und war darüber sehr traurig. Er stand bei uns und klagte; da sagte so ein heller Berliner Junge: Mensch, komm doch mit uns noch einmal rein; vielleicht klappt es dieses Mal! Er trat wieder mit an und --- ward genommen!


Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 16.07.2023 13:15:47 Gelesen: 57389# 733 @  
@ volkimal [#732]

Hallo Volkmar,

Vielen Dank für diese Einblicke in Deine Familiengeschichte! Du hast recht, vom Sinn her würde “Dienstuntauglich” sehr gut passen. Leider kann ich den zweiten Buchstaben mit bestem Willen nicht als “V” lesen. Ich bin aber einverstanden mit deiner Bemerkung, dass die Abkürzung eher als “D.H” gelesen werden soll. Könnte es vielleicht “Entlassung als Deutsche Heeresangehörige” sein?

Viele Grüße,

Emiel
 
DFP14-18 Am: 16.07.2023 14:20:53 Gelesen: 57377# 734 @  
@ evwezel [#731]

Moin Emiel,

auch ich kann die Abkürzung nicht eindeutig verifizieren. Sollte es D.K. wirklich heißen, so könnte es "dauer krank" heißen.

Ich glaube aber nicht, dass es ein "K" ist, denn im Absender ist zweimalig je ein K (Komp. + Korp) zu erkennen und im Text ein K bei "Kriegsorder". Alle diese 3 "K" sehen einheitlich ganz anders aus.

Bei Wikipedia findet man aber tatsächlich folgende Bezeichnung, die hier passen könnte. Ich weiß nur nicht, ob diese Einstufung schon im 1. Weltkrieg verwendet wurde. Ein "X" wäre denkbar.

Verwendungsgrad X (verwendungsfähig als Reservist im Stabsdienst Inland ohne körperlicher Belastung)

Diese wird für Soldaten vergeben, die eine Gesundheitsstörung der Gradation VI aufweisen, die nicht zu einem Dienstunfähigkeitsverfahren geführt hat, aber im Rahmen der Entlassungsuntersuchung mit „gesundheitlich nicht geeignet“ zu beurteilen wäre. Der Soldat ist mit eigenem Einverständnis für Stabsdienst im Inland und ohne körperlicher Belastung (zu beurteilen durch den Dienststellenleiter der Einsatzstelle) geeignet


Noch etwas zur "Musterung": Dies ist und war immer eine ärztliche Beurteilung. Zwar wurde vorgeschrieben auf welche körperlichen Merkmale geachtet werden müssen, jedoch ist das Ergebnis immer auch von der idividuellen Beurteilung des Arztes abhängig. Und sicher war in Kriegszeiten der "Druck" auf die Beurteilung anders als in Friedenszeiten. Typisch ist doch dafür auch die Schilderung, die Volkmar so schön dokumentiert.

In diesem Sinne weiterhin viel Spaß mit der Feldpost im 1. Weltkrieg und beste Grüße
Uli
 
inflamicha Am: 16.07.2023 14:31:48 Gelesen: 57375# 735 @  
Hallo,

wenn man den 2. Buchstaben mit dem Ü aus Überraschung vergleicht, sollte es D.U. für dienstunfähig heißen. Ist die neheliegenste Erklärung.

Gruß Michael
 
volkimal Am: 16.07.2023 16:37:57 Gelesen: 57348# 736 @  
@ inflamicha [#735]

Hallo Michael,

super, dass Du diesen Vergleich gemacht hast! Ich vergleiche fast immer die Buchstaben, diesmal hatte ich es aber vergessen.

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 16.07.2023 17:04:19 Gelesen: 57341# 737 @  
@ DFP14-18 [#734]
@ inflamicha [#735]
@ volkimal [#736]

Vielen Dank für Eure Hilfe!

Emiel
 
Postgeschichte Am: 16.07.2023 17:53:52 Gelesen: 57325# 738 @  
@ evwezel [#731]

Hallo Emiel,

das Kürzel lese ich als "D.U." (vergleiche mit Überraschung) und heißt "Dienst untauglich", welches auch zu dem übrigen Text passt.

Viele Grüße
Postgeschichte
 
evwezel Am: 16.07.2023 21:29:21 Gelesen: 57275# 739 @  
@ DFP14-18 [#734]
@ inflamicha [#735]
@ volkimal [#736]
@ Postgeschichte [#738]

Ich habe mir mal die Mühe gemacht, und eine Großbuchstabenliste für Heinrich Maassen zusammengestellt. Ich bin jetzt auch davon überzeugt, dass der zweite Buchstabe ein “U” ist.

Ich danke Euch allen!

Viele Grüße,

Emiel


 
DFP14-18 Am: 17.07.2023 13:29:25 Gelesen: 57101# 740 @  
@ evwezel [#731]

Hallo zusammen,

fällt mir wie Schuppen von den Augen! Natürlich heißt das D.U. = dienstunfähig!
Für mich nun auch eindeutig.

Gruß Uli
 
evwezel Am: 17.07.2023 13:33:12 Gelesen: 57100# 741 @  
@ DFP14-18 [#734]

Hallo Uli,

Du schreibst: "Und sicher war in Kriegszeiten der "Druck" auf die Beurteilung anders als in Friedenszeiten."

Genau das war auch die Erfahrung von Heinrich Maassen. In einem anderen Brief geschrieben am 14. Oktober 1917 fuhr er fort:

Ja ich sitze wieder im Elend drin. Das ich unglücklich ohne vorhergegangene Musterung eingezogen wurde, habe ich Dir ja schon mitgeteilt. Natürlich stellte sich wieder prompt mein altes Leiden ein und meldete ich mich krank. Der Arzt entschied daß ich ins Lazarett sollte. Ich wurde dann nach Cüstrin ins Barackenlazarett gebracht und bin ich seit dem 1 Oktober hier. Als ich hier ankam fuhr mich der leitende Arzt an was ich dann wolle, daß sei doch ein altes Leiden was ich habe und zudem sei ich ja bei der Armierung und die wären alle krank. Zu heilen sei ich doch nicht und da ich solange mich dabei gehalten würde es zur Armierung noch reichen etc. etc.

Also Franz ich kann Dir sagen, es gehört beim Preußen schon Mut dazu um sich krank zu melden. Da ich mich nun nicht gleich duckte und dem Arzt zur Antwort gab, er möge sich an seinen Kollegen in Soldin wenden mit seinen Bemerkungen, denn ich sei auf Befehl des Arztes hier, hatte ich’s bei dem gleich verdorben und wollte er mich sofort zur Truppe schicken als a.v.[1] Etappe.

Bis jetzt bin ich jedoch noch hier, doch werde ich in den nächsten Tagen wohl abgeschoben. Hier im Barackenlazarett ist’s genau so angenehm glaube ich wie im Zuchthaus. Das Essen wenig u. schlecht.

Ich bin überhaupt so herunter gekommen, daß ich mich gar nicht mehr als Mensch fühle.


[1] a.v.= arbeitsverwendungsfähig

Eine traurige Geschichte.

Viele Grüße,

Emiel
 
Gauss Am: 17.07.2023 14:44:59 Gelesen: 57035# 742 @  
Wenn ich auf den Beitrag von volkimal oben [#732] verweisen darf: Das D ist kein deutsches D (das zeigt auch die schöne Liste oben). Damit führt doch auch der Vergleich mit den U nicht wirklich weiter. Es wird nicht Gleiches mit Gleichem verglichen.
 

Das Thema hat 792 Beiträge:
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