Neues Thema schreiben   Antworten     zurück Suche   Druckansicht  
Thema: Deutsches Reich 909/910 SA/SS: Michel streicht die Briefnotierungen
Das Thema hat 464 Beiträge:
Gehe zu Seite: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10   11   12 13 14 15 16 17 18 19 oder alle Beiträge zeigen
 
hajo22 Am: 24.01.2020 10:59:56 Gelesen: 134517# 240 @  
@ achim11-76 [#239]

Und wir wissen, es gibt ungezähnte Stücke. Was wir nicht wissen, ist die Höhe gedruckte Auflage und was wirklich damit passiert ist oder wo die Auflage verblieben ist. Da es aber ungezähnte Stücke gibt, muss mindestens jeweils 1 ungezähnter Bogen irgendwo überlebt haben.

Nein, falsch geraten. Alle X-XI wurden mittels einer Handpresse extra für Vorlagezwecke hergestellt. Die ungezähnt gebliebenen Marken X-XI sind laut Attest von Herrn Schlegel sen. vom 18.1.1993 Druckausschuß.

hajo22
 
2huhu Am: 24.01.2020 17:07:26 Gelesen: 134424# 241 @  
@ Pete [#215]

Hallo,

ich habe mich abermals mit der Verfügung beschäftigt und festgestellt, dass ich diese wohl nicht richtig gelesen bzw. interpretiert habe.

Die Verfügung gibt für 4 Sondermarken (SS, SA, NSFK und NSKK) den 30.01.1945 als Ersttag an. Aber für die Volkssturmmarke wird kein Ausgabetag genannt!

Weiter unten heißt es wörtlich:

Die Marken werden nach Eingang bei den Postämtern der Gruppen A bis F bis zum 15. März abgegeben, an die Dauerbezieher jedoch erst, nachdem sämtliche 5 Sorten vorliegen.

Ich interpretiert das ganze so:

- am 31.01.1945 sollten 4 Sondermarken erscheinen. Diese waren vermutlich auch fertig gestellt wurden aber dann doch nicht verausgabt (Vernichtung durch Kriegseinwirkung?)

- die Auflage der Volkssturm-Marke war noch nicht fertig gedruckt und sollte zu einem späteren Datum verausgabt werden.

Grüßle

Holger Reichert
 
hajo22 Am: 24.01.2020 18:05:53 Gelesen: 134381# 242 @  
@ 2huhu [#241]

Lies doch mal bitte was ich in [#240] geschrieben habe. Die X-XI hatten keine Auflage, sondern wurden nur als Proben hergestellt und auf Vorlagekartons montiert für eine evtl. Genehmigung in der vorgelegten Art (Motiv/Farbe).

Eine Druckgenehmigung ist jedoch nicht bekannt, ergo wurden die Entwürfe/Proben auch nicht gedruckt.

Die Vorlagekartons wurden vermutlich von Mitarbeitern der Staatsdruckerei Wien rechtzeitig "mitgenommen" (vor Plünderung der Druckerei durch die Rote Armee Mitte April 1945).

Das kann doch nicht so schwer zu verstehen sein.

Es gibt einen Ersttagsbrief (Sieger-Brief) vom 3.2.1945 für die Volkssturmmarke. Wo waren da bitte die anderen 4 Sondermarken? Am 3.2. waren diese mit Sicherheit nicht im Verkehr. Ein früheres Datum ist mir für die Volkssturm-Marke bisher nicht bekannt. Schon lange suche ich das früheste Ausgabe-Datum der Volkssturmmarke in Berlin.

Jakubek berichtet, daß die Händler Hermann Amberger, Georg Spielhagen und Alfred Brückner im April 1945 von einem Postmitarbeiter in Berlin (ich vermute mal H. Wieland) über das Vorliegen der lange erwarteten SA/SS-Marken telefonisch informiert worden sind.

Zeitpunkt des Anrufs, Anrufer und Abholungsadresse der Marken wurden nicht genannt. Das wäre auch zu einfach gewesen. [Quelle: Rundbrief 200 der FG Berlin].

Wer kann einen Beleg zeigen mit der Volkssturm-Marke datiert Anfang Februar 1945 mit Stempel Berlin?

hajo22
 
umdhlebe Am: 24.01.2020 18:32:03 Gelesen: 134359# 243 @  
@ hajo22 [#242]

Die Vorlagekartons wurden vermutlich von Mitarbeitern der Staatsdruckerei Wien rechtzeitig "mitgenommen" (vor Plünderung der Druckerei durch die Rote Armee Mitte April 1945).

Nur der historischen Angemessenheit halber, es muss heißen:

"Die Vorlagekartons wurden vermutlich von Mitarbeitern der Staatsdruckerei Wien rechtzeitig geplündert (vor der Schließung und Abwicklung der Druckerei durch die Rote Armee Mitte April 1945)."

In diesem Fall hat die Rote Armee nicht nur legitim, sondern auch politisch und moralisch richtig gehandelt. Aber es gab genügend Nazis, die zumindest noch ein Geschäft aus der von ihnen angerichteten Katastrophe machen wollten - weshalb wir bis heute diese Diskussionen führen müssen.

Man sollte die ganzen morbiden 1945-Untergangs-Machwerke mit fetten "FALSCH!"-Stempeln versehen.

umdhlebe
 
olli0816 Am: 24.01.2020 19:51:56 Gelesen: 134310# 244 @  
@ umdhlebe [#243]

Was soll den bei den Probedrucken falsch sein? Auch die SA-/SS-Marken sind ungestempelt nicht falsch. Das einzige was nicht zeitgemäß gestempelt wurde, sind die Marken mit zurückdatierten Stempeln der 909/910. Die geistern aber noch mit den "echten" Attesten bei den Auktionshäusern herum. Dazu noch komplette Falschstempel wie z.B. aus Fredersdorf auf der Ausgabe - die zumeist aber ohne Attest.

Ich bin auch sehr skeptisch, dass nur Altnazis die Bestände geplündert haben. Auch bei den Siegermächten gab es Leute, die nicht ganz so blöd waren und sich ausrechnen konnten, dass solche Marken interessant sind. Bei den Amis z.B. waren Marken mit Hakenkreuzen und Adolf hochbeliebt und sie haben sie mitgenommen, wo sie sie bekommen konnten. Auch Russen sind nicht blöd und wenn sie im April die Wiener Druckerei erreicht haben, werden sie sich mit Sicherheit bedient haben, wenn sich die Möglichkeit bot. Die verbliebenen Nazis hatten i.d.R. eher ganz andere Probleme.

Was mich immer gewundert hat bei der 909/910: Warum gibt es nur Abstempelungen aus Berlin, wenn die Marken in Wien hergestellt wurden. Warum sind sie, wenn man hier einigen Spekulationen folgen möchte, nicht wie die 908 so nach und nach in ganz Deutschland erschienen? Wenn der Satz 909/910 - was ich nicht glaube - am 30.1. mit der 908 hätte erscheinen sollen, warum ist er nirgends ausgegeben worden? Oder sind die Marken schlicht später gedruckt worden? Dafür spricht ja viel, es sind haufenweise Marken von diesem Satz vorhanden. Währenddessen die X - XI wohl nie gedruckt wurde. Ansonsten gäbe es doch von denen wie bei der 909 - 910 zumindest irgendwelche Marken in größerer Menge und seien sie nur geschnitten.

Wenn die 909 - 910 z.B. bis Passau gekommen sind, warum sind sie dann nicht zumindest dort ausgegeben worden und in den benachbarten Städten, die man noch mit LKW erreichen konnte? Das Gebiet wurde doch erst Anfang Mai besetzt, von daher wäre das realistischer gewesen. Berlin dagegen ist spätestens ab Mitte April (17./18.) nicht mehr erreichbar gewesen.

Ich stelle mir die Situation auch vor, wenn ich einer der Lieferanten der Marken gewesen wäre und nach Berlin hätte müssen. Für Briefmarken direkt in den Endkampf und die russische Gefangenschaft - nein, ich denke, jeder normale Mensch wäre einfach nicht durchgekommen. Alles ganz menschlich.

Diese Briefmarken sind wohl nicht ausgegeben worden, davon ist auszugehen. Und die X - XI ist wohl nicht mehr hergestellt worden. Weiter als bis zu den Probedrucken sind sie wohl nicht mehr gekommen. Ich kann mich auch nicht erinnern, wenn die 909/910 und X- XI in einer ersten Auflage gedruckt und dann durch Kriegseinwirkung vernichtet wurde, dass dies nicht in irgend einer Weise bekannt geworden wäre.

Ich schätze, hier sind durch Spekulationen viele Wünsche, wie es gewesen sein könnte. Wahrscheinlich ist die ganze Sache profan (Vorsicht Spekulation): Die 909 - 910 wurden gedruckt, aber es war zu spät sie auszuliefern. Für die X - XI waren die Russen einfach zu schnell, deshalb sind sie gar nicht mehr gedruckt worden. Die 908 hatte einfach mehr Glück, weil man mit der angefangen hatte und sie nach und nach auslieferte. Darauf deuten zumindest die unterschiedlichen Ersttage bei den verschiedenen Städten hin. Die Lage war so desolat, dass man eine einheitliche Lieferung einfach nicht mehr gewährleisten konnte. Die besagte Karte vom 3.2, die man im stampsx-Forum begutachten kann, ist auch nur eine quasi Gefälligkeitsstempelung. Das Haus hatte erstklassige Kontakte und ich kenne so einige Belege, die mit Marken vom 3. Reich als Ersttag (bei den Vorgängerausgaben aber einheitlich) existieren. Von daher ist es sehr wahrscheinlich, dass das der erste Tag der Abstempelung ist.

Nur haben wir dabei ein Problem: Es wird wohl niemanden mehr geben, der aus erster Hand etwas berichten könnte, weil die Sache zu lange her ist. Bisher ist nur 100%ig klar, dass die 908 verwendet wurde, weil es eine ganze Reihe echt gelaufene Briefe aus der Zeit gibt. Ich fände es auch interessant, wenn es einen echt gestempelten Brief mit der 909 - 910 gäbe. Nur ist es mit 99,99%iger Sicherheit nicht der Fall. Sonst wäre so einer doch inzwischen aufgetaucht?

Nur meine Gedanken dazu.

Grüße Oliver
 
hajo22 Am: 24.01.2020 20:15:36 Gelesen: 134290# 245 @  
@ umdhlebe [#243]

Die Vorlagekartons wurden vermutlich von Mitarbeitern der Staatsdruckerei Wien rechtzeitig geplündert (vor der Schließung und Abwicklung der Druckerei durch die Rote Armee Mitte April 1945).

Woher weißt Du das?

Ich habe nur irgendwann und irgendwo gelesen, daß ein Maschinenmeister der Staatsdruckerei die Vorlagekartons, die niemand mehr interessierte, mitnahm und Jahre später für gutes Geld verkaufte. Unter "Plünderung" und letztlich willkürliche Zerstörung verstehe ich was anderes.

Aber das ist auch sekundär. Die X-XI wurden nie in Auflage gedruckt und darum ging es ja zuletzt hier. Die vorhandenen Druckproben sind Raritäten. Muß man sie aber nicht haben für eine komplette Sammlung 3.Reich.

Daß die Rote Armee nach Eroberung Wiens irgendwelche Institutionen "geschlossen" oder "abgewickelt" hätte, halte ich für ein Gerücht.

Bist Du evtl. zufällig Österreicher und weißt deshalb mehr, weil Du Dich in der Staatsdruckerei Wien kundig gemacht hast?

Hast Du die beiden Bände von Fritz H. Sturzeis "Österreich 1945" gelesen? Ich fürchte, das nein, um mit Schwejk zu antworten.

hajo22
 
hajo22 Am: 24.01.2020 20:22:46 Gelesen: 134284# 246 @  
@ olli0816 [#244]

Leider hatte ich Deinen Beitrag noch nicht gelesen, als ich einige Zeilen zum Thema schrieb.

Wenn die 909 - 910 z.B. bis Passau gekommen sind, warum sind sie dann nicht zumindest dort ausgegeben worden und in den benachbarten Städten, die man noch mit LKW erreichen konnte? Das Gebiet wurde doch erst Anfang Mai besetzt, von daher wäre das realistischer gewesen. Berlin dagegen ist spätestens ab Mitte April (17./18.) nicht mehr erreichbar gewesen.

Das mit Passau ist Quatsch bzw. frei erfunden.

Nur haben wir dabei ein Problem: Es wird wohl niemanden mehr geben, der aus erster Hand etwas berichten könnte, weil die Sache zu lange her ist.

Richtig, die Zeitzeugen sind längst verstorben.

hajo22
 
wessi1111 Am: 24.01.2020 20:50:00 Gelesen: 134263# 247 @  
@ hajo22 [#246]

Hallo Hajo,

du schreibst:

Das mit Passau ist Quatsch bzw. frei erfunden.

Hast du irgendwelche Anhaltspunkte dafür? Du meinst sicherlich den Beitrag [#221]

@ Belgiensammler [#221]

Hallo Karl,

gibt es die "Postgeschichte" noch irgendwo schriftlich?

Gruß
Wessi
 
olli0816 Am: 24.01.2020 21:06:08 Gelesen: 134246# 248 @  
@ hajo22 [#246]

Hallo Hajo,

das war tatsächlich der Bezug zu einem vorherigen Beitrage. Gibt es eine Quelle, ob die Marken tatsächlich die Druckerei verlassen haben?

Grüße Oliver
 
Stefan Am: 24.01.2020 21:22:20 Gelesen: 134236# 249 @  
@ wessi1111 [#247]

@ Belgiensammler [#221]

Hallo Karl,

gibt es die "Postgeschichte" noch irgendwo schriftlich?


In [2] findet sich eine Übersicht der möglichen Artikel mit dem Titel "Die Post im Zeichen des Passauer Wolfs", herausgegeben in den Bänden 1987/I; 1987/II; 1988/I und 1988/II des "Archiv für Postgeschichte in Bayern". Ich nehme an, dass sich Belgiensammler in Beitrag [#221] auf diese Artikelreihe bezieht.

Gruß
Pete

https://stephan-juergens.de/autor_3024.php
 
achim11-76 Am: 24.01.2020 21:49:33 Gelesen: 134211# 250 @  
Ich habe mal meine Bestände an Volkssturmmarken durchgeschaut und habe folgende Orte und Daten feststellen können:

Berlin SW 12.04.1945
Wien 28.02.1945
München 20.04.1945 (hier gehe ich von einer Fälschung aus)
Berlin N 6? 23.02.1945
Reichenberg (Sudetenland) 3 28.02.1945
Petersthal 13.03.1945
Deutsche Dienstpost Botzen 29.02.1945 Stempelgerät "b"
Hannover 07.03.1945
Pirna 1 13.04.1945
?????? 27.02.1945
 


 

hajo22 Am: 25.01.2020 10:39:26 Gelesen: 134058# 251 @  
@ achim11-76 [#250]

Kannst Du vielleicht den Beleg Berlin N6? vom 23.2.1945 zeigen? Wäre schön. Ich kann mich erinnern von Mitte Feb. 45 einen Brief mit Volkssturmmarke gesehen zu haben (leider keine Kopie vorhanden).

Aber Anfang Feb. 45 waren die Volkssturmmarken wohl noch nicht in Berlin.

Wer's besser weiß: Bei Philaseiten ist noch Platz für die Phila-Forschung, keine Scheu.

hajo22
 
umdhlebe Am: 25.01.2020 12:50:23 Gelesen: 134009# 252 @  
@ hajo22 [#245]

Ich weiß das, weil ich mich als Historiker damit beschäftigt habe.

Die Mitnahme von Vorlagekartons aus der Staatsdruckerei in Wien war bis zur endgültigen Eroberung der Stadt am 15. April 1945 auch nach deutschem Recht strengstens untersagt, und hinterher durch die Rechtsfolgen der Kapitulation ebenfalls.

Ab dem 13. April 1945 hatte die sowjetische Armee die Stadt weitestgehend unter Kontrolle, und am 27. April proklamierte Karl Renner die Wiedererrichtung der Republik Österreich, womit auch deren Rechsgrundsätze wieder eingeführt wurden. Zwischenzeitlich galt sowjetisches Kriegsrecht, das jede Form der Mitnahme untersagte (dokumentiert in den einschlägigen lokalen Proklamationen der Siegermacht). Am 4. und 9. Juli wurden die Abkommen zur Alliierten Kontrolle festgelegt, die bis 1955 galten. Somit gab es keinen einzelnen Tag, an dem die Mitnahme der Vorlagekartons aus der Staatsdruckertei Wiens legal gewesen wäre.

Wer Zweifel an diesen Behauptungen hat, kann gerne in den einschlägigen Publikationen von Manfred Rauchensteiner, Anna Elisabeth Rosmus, Stefan Karner, Barbara Stelzl-Marx und anderen nachlesen, oder sich in der Dauerausstellung "Republik und Diktatur" im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien informieren.

Philatelistisch heißt dies, dass es sich bei den Probedrucken Michel-Nr. X-IX um Makulatur handelt. Wie heißt es dazu so schön im Lexikon der Philatelie: Gestohlene Makulatur wird mitunter als 'seltene Abart' in den Handel gebracht, kann hin und wieder auch bei der Revision durchschlüpfen. (Gallert und Gruschke, Lexikon der Philatelie, 4. Auflage, S. 271)

Historische Erkenntnisse ergeben sich aus der methodologisch korrekten Auswertung aller vorhandenen historischen Materialien, so wie sie zum gegenwärtigen Stand der geschichtswissenschaftlichen Forschung bekannt sind. Augenzeugenberichte gehören zu den unzuverlässigsten historischen Quellen, die es gibt, weil jede Erinnerung in der Gegenwart erfolgt und die Vergangenheit verzerrt (siehe z.B. Erll, Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen, Stuttgart 2005). Zeitgenössische Dokumente, wie z.B. Rechtsvorschriften und Erlasse, Protokolle, Fotos etc. sind wesentlich wichtigere Grundlagen historischer Erkenntnis.

Im vorliegenden Fall ist die Plünderung der Wiener Staatsdruckerei ein historischer Fakt, weil lückenlos nachgewiesen werden kann, das es keinen Zeitpunkt gab, an dem die Mitnahme der Druckkartons erlaubt gewesen wäre. Daran könnte kein Augenzeugenbericht etwas ändern.

Solange niemand Belege vorweisen kann, die feststellen, dass in Wien ein Augenblick bestanden hat, in dem die Mitnahme von Druckkartons aus der Staatsdruckerei legal gewesen ist, handelt es sich um bei der Feststellung, dass Michel-Nr. X-XI illegale Makulaturware sind, die nach hohen Standards der Philatelie kein philatistisches Material darstellen, um einen wissenschaftlichen Fakt. Das es sich dabei um "morbide Machwerke" handelt, die mit einem "FALSCH"-Stempel versehen werden sollten, kennzeichne ich hiermit als meine persönliche Meinung.

Meine Meinung muss niemand teilen, und dass es Leute gibt, die niedrigere philatelistische Standards bevorzugen ist bekannt und ebenfalls erlaubt - das ändert allerdings an den wissenschaftlichen Fakten nichts.
 
filunski Am: 25.01.2020 13:23:40 Gelesen: 133987# 253 @  
@ umdhlebe [#252]

Hallo umdhlebe,

vielen Dank für deinen fundierten Beitrag zu der ganzen Geschichte.

Endlich mal jemand der auch aus historisch belegter Sicht, Hintergründe und Fakten zu diesen Machwerken und wie immer man sie nennen möchte, liefert. Die Bezeichnung Makulatur trifft zu 100 % auch zumindest auf alle immer wieder "herum geisternder" ungezähnter/geschnittener 909/910 Marken (und auch auf viele andere geschnittene, hoch bewertete Deutsches Reich Marken) zu. Diese Marke war nie als ungezähnte Ausgabe geplant und die Bögen woraus diese Marken stammen sind ebenfalls "geklaut".

Aber all dies, historische Fakten schon gleich nicht, verhindert, dass es auch heute noch, trotz besserem Wissen, einen so großen Interessentenkreis an diesem Müll gibt, dass dadurch im Handel gutes Geld verdient werden kann.

Damit man mal sieht, wovon z.B. bei den Vorlagekartons die Rede ist hier ein Bild dazu:



Das Bild wie auch die folgende Expertise stammen aus dem Online Archiv des Auktionshauses Felzmann [1]. Die Vorlagekartons wurden dort 2018 bei einer Auktion zu 40.000 Euro (!) ausgerufen. Das Ergebnis ist mir nicht bekannt.

Hier die Expertise von Georg Bühler aus dem Jahre 1981 (später von verschiedenen Schlegel Prüfern durch Attest bestätigt):



Viele Grüße,
Peter

[1] https://auktionen.felzmann.de/Auktion/KatalogArchiv?intAuktionsId=645&los=1467747
 
umdhlebe Am: 25.01.2020 17:01:19 Gelesen: 133895# 254 @  
@ Pete [#223]

Zur Vervollständigung Deiner Liste: Amtsblatt Nr. 21 erschien am 03.04.1945 (KW 14).

@ filunski [#253]

Hierzu sei auch noch einmal auf die sehr wichtigen Beiträge [#215] und [#223] von Pete hingewiesen, zu denen ich folgendes ergänzen möchte:

Im Amtsblatt 10 des Reichspostministeriums vom 30. Januar 1945 heißt es auf Seite 31: "Die Marken [gemeint sind Mi-Nr. 908-910 und X-XI] werden nach Eingang bei den Postämtern der Gruppen A bis F bis zum 15. März abgegeben, an die Dauerbezieher jedoch erst, nachdem sämtliche 5 Sorten vorliegen." Diese Marken lagen also am 30. Januar 1945 in Berlin nicht alle vor.

Bereits im Mai 1944 (!) hatte das Postministerium zweimal (am 9.5. in einem Schreiben an Keitel, und am 18.5. an Bormann) festgestellt, dass ein Zusammenbruch der Postversorgung drohe, wenn kein neues Personal bereit gestellt würde (siehe Bundesarchiv Berlin/Dahlwitz-Hoppegarten, Reichpostministerium 48/1 und 48/57). Die Situation verbesserte sich punktuell und vorübergehend durch aus den befreiten Gebieten abgezogene Postkräfte, aber nicht grundsätzlich. Das heißt, ab diesem Zeitpunkt muss damit gerechnet werden, dass amtliche Ankündigungen und Anweisungen nicht mehr vollständig umgesetzt werden konnten. Ab September 1944 wurden Teilräumungen von Postdiensstellen in die Wege geleitet und umgesetzt (zuerst im Raum Aachen).

Für die letzten Kriegsmonate ist wichtig zu wissen, dass die Post nicht zum Aufgabenbereich der Reichsverteidigungskommissare gehörte, was bedeutet, dass für ihre Aufgaben keine Transportmöglichkeiten zur Verfügung gestellt wurden, die zur Reichsverteidigung eingeteilt waren. Innerhalb der Post hatte die Aufrechterhaltung der Telefonkommunikation und "der wichtigsten Verbindungen von Wehrmacht, Partei, Rüstungsindustrie und Behörden" (Reichspostminister Ohnesorge am 22.12.1944 an Bormann, zitiert nach Ueberschär, Die Deutsche Reichspost 1939-1945, Band 2, S 283) oberste Priorität, und nicht die Versorgung von Dienststellen mit angekündigten Neuausgaben. Viele Fachkräfte der Post wurden an die Fernmeldebautrupps der Wehrmacht abgetreten, die Leitungen reparierten.

Nach vorübergehender Beschränkung des Briefverkehrs auf die Personen des "Katalogs der berechtigten Postbenutzer", den Ortsbriefverkehr, Feldpost und Postkarten, wurde er ab dem 26. Januar 1945 "versuchsweise" wieder allgemein für Briefsendungen bis 20 g zugelassen. Der Weiterbetrieb der Dienststellen bis zum letzten Atemzug aus Propagandagründen war angeordnet, vor allem um der Bevölkerung den Eindruck einer noch funktionierenden Reichsverwaltung zu vermitteln. Das änderte sich spätestens am 19. März 1945 mit dem Fernschreiben "Zerstörungsmaßnahmen im Reichgebiet" von Adolf Hitler, der als Nerobefehl bekannt wurde und forderte, dass "militärischen Verkehrs-, Nachrichten-, Industrie- und Versorgungsanlagen sowie Sachwerte innerhalb des Reichsgebietes" zerstört werden (zitiert nach Hubatsch, Hitlers Weisungen für die Kriegführung 1939-1945).

Anfang April 1945 findet sich eine verwirrende Weisungslage vor. Am 3. April 1945 verfügt das Amtsblatt des Reichspostministeriums Nr. 21, dass die Dienststellen den Briefverkehr auch bei Störungen sicherstellen und die Sendungen auch anderen Verwaltungen und Fuhrunternehmen (!) mitgeben sollten (aber was fuhr im April 1945 schon noch?). Konterkariert wurde dies am 8. April 1945, als Bormann in der Parteiverlautbarung Nr. 3235 forderte, sogar die Fernmeldekräfte der Reichpost zum Volkssturm heranzuziehen (vgl. Ueberschär a.a.O. S. 286). Das heißt, der "Sekretär des Führers", der sich in dessen Umgebung aufhielt, verfügte sogar den Abzug der funktional wichtigsten Postbediensteten zum Volkssturm, was kongruent zum Nerobefehl ist, und im Sinne der nationalsozialistischen Machtstruktur die anderslautende Verfügung des Reichspostministeriums aufhob.

Wenn also am 9. April 1945 quasi die personelle Auflösung der Postdienststellen zugunsten des Volkssturms verfügt und am 15. April Wien endgültig von der Roten Armee eingenommen wurde, ist die Behauptung, dass am 21. April 1945 Mi-Nr. 909 und 910 "verausgabt" worden seien, sehr gewagt. Nach meinem Dafürhalten kann eine Auslieferung der Marken ausgeschlossen werden, beweisen kann ich es nicht. Aber solange keine einzige Verwendung von Mi-Nr. 909 und 910 nachgewiesen ist, halte ich an meiner Überzeugung fest. Bisher sind aufgetauchte Belege nachweislich gefälscht (s.o.).

Dass Mi-Nr. 908 im Februar als letzte Ausgabe noch an die Postämter geliefert wurde, ist hingegen extrem wahrscheinlich. Solange kein geprüfter Beleg mit einer Marke aus Mi-Nr. 909 ff. vorgelegt werden kann, sollte Mi-Nr. 908 als letzte ordnungsgemäß verausgabte Marke des Deutschen Reiches gelten.

Abschließend bitte ich den Blick einmal auf die "geprüften" Vorlagekartons Mi-Nr. X und XI von filunski in [#253] zu richten, und sie mit diesem Vorlagekarton der Mi-Nr. 897 zu vergleichen, der nach Angaben des Auktionshauses Gärtner von Andreas Schlegel im April 2018 geprüft wurde (siehe Los-Nr. 14747 der Aktion Nr. 46):



Wenn ich das richtig erkenne, ist das Hoheitszeichen bei Mi-Nr. 897 erhaben und vorstehend (so auch bei allen anderen Vorlagekartons), während es bei Mi-Nr. X und XI eingepresst oder eingestanzt, nicht sorgfältig, mit zerfransten Rändern erscheint. Oder täusche ich mich da optisch?

umdhlebe
 
hajo22 Am: 25.01.2020 17:22:04 Gelesen: 133877# 255 @  
@ filunski [#253]

Diese Marke war nie als ungezähnte Ausgabe geplant und die Bögen woraus diese Marken stammen sind ebenfalls "geklaut".

Von den ungezähnten X-XI gibt es keine Bögen. Es ist Druckausschuß/Makulatur.

Von den gezähnten X-XI habe ich noch nie ein Paar gesehen und ich denke ich habe alle Vorlagekartons und Einzelstücke aus Auktionsangeboten archiviert. Also kann man annehmen, daß es sich um extra hergestellte Einzelabzüge handelt.

Die Vorlagekartons haben auch nur durch Mitnahme der Angestellten "überlebt".

Wie ich schon schrieb, diese Probedrucke muß man meiner Meinung nach für eine kpl. Sammlung nicht haben.

Ich bin dafür die Diskussion über diese Marken einzustellen, denn es drehen sich mittlerweile die Argumente im Kreis.

hajo22
 
filunski Am: 25.01.2020 18:42:27 Gelesen: 133827# 256 @  
@ hajo22 [#255]

"Von den ungezähnten X-XI gibt es keine Bögen"

Hallo Hajo,

stimmt! Daran habe und hatte ich auch nie Zweifel, und das habe ich ja auch nicht geschrieben. ;-)

Ich bezog mich alleine auf die MI.Nr. DR 909/910, nicht die X/XI [#253]:

Die Bezeichnung Makulatur trifft zu 100 % auch zumindest auf alle immer wieder "herum geisternder" ungezähnter/geschnittener 909/910 Marken (und auch auf viele andere geschnittene, hoch bewertete Deutsches Reich Marken) zu. Diese Marke war nie als ungezähnte Ausgabe geplant und die Bögen woraus diese Marken stammen sind ebenfalls "geklaut".

Dass sich die Argumente immer wieder im Kreis drehen, da stimme ich dir völlig zu. Dennoch halte ich die Ausführungen von umdhlebe [#252] und [#254] für fachlich sehr fundiert, höchst interessant und zumindest ich habe einige dieser Fakten so noch nicht aus berufenem Munde gehört oder gelesen. Da dürfte ich wohl nicht der Einzige sein.

Aus diesem Grunde fand ich bis jetzt die Fortsetzung/Neuaufnahme dieser Diskussion sehr interessant. ;-)

Viele Grüße,
Peter
 
umdhlebe Am: 25.01.2020 18:51:23 Gelesen: 133821# 257 @  
@ hajo22 [#255]

Ich bin dafür die Diskussion über diese Marken einzustellen, denn es drehen sich mittlerweile die Argumente im Kreis.

Tun sie nicht, und die Diskussion muss fortgeführt werden:

1. Im Michel-Katalog werden Nr. 909 und 910 als am 21. April 1945 "verausgabt" geführt. Das ist eine unbelegte Vermutung, die ich für falsch halte (siehe [#254]. Zu diesem Punkt ist weitere Forschung und weitere Diskussion erforderlich. Es gibt für das Datum 21. April überhaupt keinen Hinweis, zumal es Amtsblätter des Reichspostministeriums seit zweieinhalb Wochen nicht mehr gab.

2. Dass es von Mi-Nr. X bis XI "Druckausschuss" gibt, ist ohne jeden Anhaltspunkt. Selbst der Michel-Katalog geht davon aus, dass es ausschließlich die Marken von Vorlagekartons gibt.

3. In [#253] zeigt filunksi einen von Bühler "geprüften" und für "echt" und rar erklärten Vorlagekarton, den ich selbst als Vorlagekarton noch für gefälscht halte. Die Diskussion darüber hat noch nicht einmal begonnen.

4. In [#244] widerspricht olli0816 mir, und in [#245] Du selbst, was ich jeweils in [#252] und [#254] ausführlich zurückgewiesen habe. In [#255] wiederholst Du nun erneut die falsche Behauptung der "Mitnahme" von Probedrucken, obwohl es sich hierbei um Diebstahl gehandelt hat. Eine falsche Behauptung zu wiederholen und dann die Diskussion für beendet zu erklären ist eine Strategie, die der Verzerrung historischer Wahrheit dient und die ich hiermit abermals zurückweise.

Die Auflistung von achim11-76 in [#250] zeigt meiner Ansicht nach den Sachstand der Diskussion auf. Michel-Nr. 908 wurde verausgabt, jedoch sind weder Erst- noch Letzverwendung geklärt.

Hier zeige ich einen Beleg mit Mi-Nr. 908 vom 08.03.1945, angeblich aus Solingen-Wald, mit einem vermutlichen Falschstempel:



Der Stempel zeigt einen Punkt nach "45" aber keine Uhrzeit, das "S" ist zu klein, die beiden "N" unterschiedlich, und verglichen mit Stempel 014167 auf philastempel.de [1] passt hier fast gar nichts. Auch erscheint mir unwahrscheinlich, dass Postbedienstete im März 1945 um die (sachlich richtige) Angabe "Kurierpost Westen über Essen 1" eines jeden Briefes einen roten Kasten zeichneten.

Mir selbst habe ich die Prüfung eines weiteren Belegs vom 24.03.1945 vorgenommen, den ich für zweifelhaft halte, aber noch nicht abschließen konnte.

In Bezug auf den Titel des Threads denke ich, dass Michel nicht nur die Briefnotierungen von 909/910 streichen müsste, sondern auch die Marken als "nicht mehr verausgabt" einstufen sollte.
Eine Bestandsaufnahme sowohl von echten als auch falschen Belegen aus dem Reichsgebiet von 1945 halte ich für extrem fruchtbar, weil sie auf Auktionen rege Nachfrage erfahren und hohe Preise erzielen, und sehr wichtiges postgeschichtliches Wissen über den allmählichen Zusammenbruch des Postverkehrs 1945 liefern.

umdhlebe

[1] https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/14167
 
Stefan Am: 25.01.2020 19:57:26 Gelesen: 133787# 258 @  
@ umdhlebe [#254]

@ Pete [#223]

Zur Vervollständigung Deiner Liste: Amtsblatt Nr. 21 erschien am 03.04.1945 (KW 14).


Danke für den Hinweis. Enthält das Titelblatt des Amtsblattes Nr. 21 ggf. Angaben zu Briefmarkenausgaben des Deutschen Reiches? Ich nehme dies nicht an. Hierbei handelt es sich um die einzige Seite, welche ich in den Amtsblättern Nr. 1 bis 22 des Jahres 1945 nicht überprüfen konnte (Beitrag [#223]).

@ umdhlebe [#257]

Spätestens seitdem ich mir die Ankündigung des Reichspostministeriums zur Mi-Nr. 909-910 vom 30.01.1945 (Beitrag [#215]) näher ansehen konnte, gehe ich ebenfalls davon aus, dass die Mi-Nr. 908 ("Volkssturm"-Ausgabe) parallel zur Mi-Nr. 909-910 und X-XI betrachtet werden sollte. Meinem Verständnis nach wurde die Mi-Nr. 908 an verschiedenen Postämtern verausgabt.

Ergänzend zur Auflistung in Beitrag [#250] und dem in Beitrag [#236] gezeigten Exemplar der Mi-Nr. 908 nachfolgend ein weiteres Stück:



Tagesstempelentwertung aus Berlin SW 68 (soweit erkennbar, ohne Unterscheidungsbuchstaben, analog dem Abschlag in der Stempeldatenbank in [1]) vom 12.04.1945, Uhrzeit mit Minutenangabe (Rohrpoststempel?))

Ich kann nicht beurteilen, ob es sich bei dem gezeigten Exemplar um eine Stempelfälschung handelt.

Gruß
Pete

[1] https://www.philastempel.de/stempel/zeigen/14035
 
hajo22 Am: 25.01.2020 22:51:57 Gelesen: 133715# 259 @  
@ Pete [#258]

Bei der Volkssturm-Marke muß man sich bewußt sein, daß es sich um eine Marke zu Propagandazwecken für das Inland zur Stärkung des Wehrwillens handelte.

Insofern wurde sie bevorzugt behandelt. Als die Marke im Februar 45 erschien, waren schon Teile des Deutschen Reichs von den Alliierten Truppen besetzt und der Vormarsch ging zügig voran vor allem im Westen und im Osten. Eine flächendeckende Versorgung mit der neuen Marke war wohl nicht mehr möglich, zumal die Transportmöglichkeiten eingeschränkt waren (Bombardements, Tiefflieger, zerstörte Straßen und Eisenbahnlinien).

hajo22
 
hajo22 Am: 26.01.2020 12:17:41 Gelesen: 133558# 260 @  
@ umdhlebe [#257]


Hast Du meinen Beitrag in [#242] nicht gelesen oder war er unverständlich?

Jakubek berichtet, daß die Händler Hermann Amberger, Georg Spielhagen und Alfred Brückner im April 1945 von einem Postmitarbeiter in Berlin (ich vermute mal H. Wieland) über das Vorliegen der lange erwarteten SA/SS-Marken telefonisch informiert worden sind.

Zeitpunkt des Anrufs, Anrufer und Abholungsadresse der Marken wurden nicht genannt. Das wäre auch zu einfach gewesen. [Quelle: Rundbrief 200 der FG Berlin]


Ich verstehe das so, daß die genannten und weitere Berliner Briefmarkenhändler mit Abonnements informiert wurden, damit sie die Marken abholen konnten bzw. abholen ließen (wahrscheinlich beim PA von H. Wieland) und damit entfällt ein offizieller Ersttag bei den Postämtern.

In der Konsequenz bedeutet das, daß die SA/SS-Marken nicht vom Publikum bei einen x-beliebigen Berliner Postamt gekauft werden konnten. Nur die Händler verfügten über die Marken.

Es ging offensichtlich auch um kommerzielle Überlegungen.

Warum die ganze Aktion mit der Abholung per Telefon? Ganz einfach, die Zeit drängte sehr. Der Sturm der Roten Armee auf Berlin stand kurz bevor. Das konnte jeder erfahren, wenn Granaten bereits in die Berliner Straßen einschlugen.

Ach ja, ich habe keine Dokumente und kann nichts belegen. Es sind nur so Gedanken von mir. Die Aussage von Herrn Jakubek halte ich für glaubwürdig.

hajo22
 
umdhlebe Am: 26.01.2020 12:49:57 Gelesen: 133528# 261 @  
@ hajo22 [#260]

ich habe keine Dokumente und kann nichts belegen ... Die Aussage von Herrn Jakubek halte ich für glaubwürdig.

Auch ich halte Wolfgang Jakubek für glaubwürdig. Allerdings muss man zwei Fragen an diese Information stellen:

1. Hat diese Aussage mögliche logische Schwachstellen?

2. Hatten die Aussagenden (Amberger, Spielhagen, Brückner) womöglich Gründe für unwahre Behauptungen?

ad 1) Neben den fehlenden Nachweisen hat die Aussage die Schwachstelle hinsichtlich der Frage, wie die Marken im April 1945 aus der Staatsdruckerei Wien nach Berlin gekommen sein sollen. Wien war seit dem 6. April in die Kämpfe der Roten Armee verwickelt, am 13. April weitestgehend und am 15. April vollständig erobert. Reichspostminister Ohnesorg hat sich am 7. April 1945 aus Berlin Richtung Bayern, und dann Richtung Salzburger Land abgesetzt. Ab dem 9. April hatte die Reichspost keine Ressourcen an Personal und Material mehr zur Verfügung (siehe Parteiverlautbarung Nr. 3235 [#254]). An genau diesem 9. April wurde die Reichspost von Staatssekretär Nagel in zwei Teile aufgeteilt: den Arbeitsstab Süd in Kelheim bei Regensburg, und den Arbeitsstab Nord, der zunächst in Berlin-Wannsee und dann nach Bargteheide verlegt wurde. Die Verlegung nach Schleswig-Holstein erfolgte am 23. April 1945, der Arbeitsstab Süd wurde (soweit erkennbar) nie verwirklicht, weil Ohnesorg bereits weiter geflohen war (er wurde am 11. Mai 1945 verhaftet).

Wenn es also Mitte April 1945 nicht mehr gelang, wichtige Teile der Reichsverwaltung nach Bayern zu verlegen, wie soll es dann gelungen sein, Marken aus dem bereits sowjetisch besetzten Wien nach Berlin zu schaffen? Und warum nur kleine Mengen für einzelne Händler, und keine großen Mengen für den Verkauf - wo es doch Propagandamotive waren?

ad 2) Briefmarkenhändler hatten nach der Befreiung vom Nationalsozialismus einen guten Grund, zu behaupten, sie seien noch vor dem 8. Mai 1945 durch Verantwortliche des Deutschen Reichs in den Besitz der postfrischen Marken gekommen, weil sie sonst der Hehlerei beschuldigt werden konnten. Man sollte nicht vergessen, dass jede Eigenmächtigkeit der besiegten Deutschen nach der Befreiung drastische Konsequenzen nach sich ziehen konnte. Sogar eine koordinierte Falschaussage ist unter diesen Umständen nicht unwahrscheinlich. Auch in späteren Nachkriegsjahren waren Händler natürlich interessiert, die Marken als "verausgabt" und regulär zu deklarieren, und nicht als Makulaturware.

Solange es keinen Beleg auf Seiten der Reichspost für einen Transport der Marken von Wien nach Berlin gibt, halte ich diese Informationen für unglaubwürdig.

gruß,
umdhlebe
 
hajo22 Am: 26.01.2020 13:17:40 Gelesen: 133508# 262 @  
@ umdhlebe [#261]

Solange es keinen Beleg auf Seiten der Reichspost für einen Transport der Marken von Wien nach Berlin gibt, halte ich diese Informationen für unglaubwürdig.

Nach dem Lieferschein wurde schon vergeblich gesucht. Vielleicht taucht er eines Tages aber doch noch auf (siehe dazu die Geschichte um die Wlassow-Marken).

Die Marken 909/910 waren beim Angriff der Roten Armee schon gedruckt und ich kann mir vorstellen, daß sie per Kübelwagen noch rechtzeitig Wien in Richtung Berlin verlassen konnten. Das ist nicht unwahrscheinlich. Es wurde nachts bei abgeblendetem Licht gefahren um Tieffliegerangriffe zu vermeiden.

Na ja, jeder hat dazu seine Meinung. Kannst Du dann erklären wie die Marken nach der Kapitulation nach Berlin gelangten? Hast Du da Dokumente, z.B. Alliierte Fahrerlaubnis zur Beförderung von Briefmarken aus dem besetzten Österreich nach Berlin?

Da kann ich gleich behaupten, die Marken seien in einer Berliner Privatdruckerei nach Abbildungen im Amtsblatt Nr. 10 vom 30.1.1945 für Briefmarkenfreunde hergestellt worden.

hajo22
 
umdhlebe Am: 26.01.2020 13:28:37 Gelesen: 133498# 263 @  
@ hajo22 [#262]

Hast Du da Dokumente (z.B. Alliierte Fahrerlaubnis zur Beförderung von Briefmarken aus dem besetzten Österreich nach Berlin?)

Du meinst, ob ein Hehler den Alliierten gemeldet hat, dass er Diebesgut im Wagen hat und dafür gern eine Genehmigung möchte? Scherz beiseite:

Der Unterschied zwischen beiden Vermutungen ist folgende: Wenn die Marken vor dem 8. Mai 1945 nach Berlin gekommen sein sollen, muss es dafür Spuren in den behördlichen Verfahren geben. Das ist keine Frage der Meinung, sondern des Belegs. Wenn es nicht belegt ist, ist es nicht amtlich - per definitionem. Wenn die Marken später als gestohlene Makulatur nach Berlin geschmuggelt worden sind, dürfte es hingegen keine Belege geben, denn wer dokumentiert einen Diebstahl?!

umdhlebe
 
bovi11 Am: 26.01.2020 14:06:11 Gelesen: 133471# 264 @  
@ hajo22 [#262]

Na ja, jeder hat dazu seine Meinung. Kannst Du dann erklären wie die Marken nach der Kapitulation nach Berlin gelangten? Hast Du da Dokumente (z.B. Alliierte Fahrerlaubnis zur Beförderung von Briefmarken aus dem besetzten Österreich nach Berlin?).

Umgekehrt wird ein Schuh draus.

Wie umdhlebe richtig schreibt, muß der reguläre Weg dokumentiert werden und nicht der eventuell unrechtmässig erfolgte Transport.
 

Das Thema hat 464 Beiträge:
Gehe zu Seite: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10   11   12 13 14 15 16 17 18 19 oder alle Beiträge zeigen
 
  Antworten    zurück Suche    Druckansicht  
 
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.