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Thema: Deutsches Reich 909/910 SA/SS: Michel streicht die Briefnotierungen
Das Thema hat 464 Beiträge:
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hajo22 Am: 28.07.2018 22:59:44 Gelesen: 157503# 165 @  
@ Pete [#164]

Analog dem Beitrag von hajo22 [#287] nachfolgend ein weiterer Nachweis"

Du kannst nur [#63] meinen. Hier zeige ich ein Postsparbuch mit einem Eintrag vom 12.4.45 aus Berlin.

hajo22
 
Stefan Am: 01.10.2018 18:30:18 Gelesen: 153877# 166 @  
Nachfolgend ein Beleg aus Berlin-Charlottenburg, welcher zwei Tage vor der (angeblichen) Verausgabung der Mi-Nrn. 909-910 datiert:



überfrankierter Ortsbrief innerhalb Berlins, Stempeldatum BERLIN-CHARLOTTENBURG 9 vom Mittwoch, den 18.04.1945, Unterscheidungsbuchstabe c



Sofern die Adressangaben (Straßenbezeichnungen) des Absenders und der Empfängerin aktuell vor Ort in Berlin weiterhin zuträfen, lägen Absender und Empfängerin fußläufig 9 km auseinander. Das Postamt Nr. 9 in Charlottenburg wäre, sofern der Beleg echt ist, kurz vor der Verausgabung noch betriebsbereit gewesen.

Gruß
Pete
 
hajo22 Am: 01.10.2018 22:30:48 Gelesen: 153816# 167 @  
@ Pete [#166]

In meinem Stempelhandbuch von 1974 kann ich den Stempel Berlin-Charlottenburg 9 mit dem Unterscheidungsbuchstaben " c" nicht finden.

Aber das hat nichts zu sagen, das Handbuch ist über 40 Jahre alt und bei diesem Stempel möglicherweise überholt.

hajo22
 
quinte Am: 02.10.2018 08:49:20 Gelesen: 153768# 168 @  
@ Pete [#166]

Hallo Pete,

auf dem Brief ist die MiNr. 851 als MeF = 50,00 M€!
 
Stefan Am: 05.10.2018 17:55:38 Gelesen: 153547# 169 @  
@ hajo22 [#167]

Danke für das Nachsehen!

@ quinte [#168]

auf dem Brief ist die MiNr. 851 als MeF = 50,00 M€!

Meines Wissens gelten die Bewertungen für Mehrfachfrankaturen (MeF) ausschließlich für portogerechte Belege. Für einen Ortsbrief bis 20g waren 8 Pfennig notwendig, die nächsthöhere Portostufe (Sendungsgewicht bis 100g) bereits 16 Pfennig. Damit wäre die Sendung im Grundtarif um 2 Pfennig überfrankiert. Der Beleg wurde in einer Grabbelkiste gefunden und wegen des Stempelortes und -datums für kleines Geld erworben ;-)

Gruß
Pete
 
umdhlebe Am: 14.10.2018 17:49:12 Gelesen: 152971# 170 @  
Das Auktionshaus Christoph Gärtner versteigert nächste Woche unter Losnummer 15268 einen sorgfältigst frankierten R-Brief mit Mi-Nr. 785, 786, 910 und 911 mit Ersttagsstempel vom 20.4.1945 aus Berlin C25 und Ankunftsstempel angeblich vom 21.4.1945 aus Berlin-Wilhelmruh, ohne jede kriegsbedingte Blessur, zum Ausrufpreis von 300 EUR. Das Auktionshaus weist sowohl darauf hin, dass die beiden Postämter noch geöffnet gewesen seien, als auch, dass es eine "übliche[.] Stempelproblematik" gäbe. Das Geschäft soll explizit "ohne Obligo" abgewickelt werden - wenn also jemand ersteigert, um eventuell endgültig die Fälschung nachzuweisen, hat er die 300+ EUR zum Wohle der Philatelie investiert.

Ist es richtig, dass ein Auktionshaus an einer solchen Stelle den Sammler_innen die Eigenverantwortung überlässt, oder beschädigt es mit solch seichten Warnungen die Sersiosität der Philatelie?
 
Stefan Am: 14.10.2018 18:06:39 Gelesen: 152960# 171 @  
@ umdhlebe [#170]

Das Auktionshaus Christoph Gärtner versteigert nächste Woche unter Losnummer 15268 einen sorgfältigst frankierten R-Brief mit Mi-Nr. 785, 786, 910 und 911 mit Ersttagsstempel vom 20.4.1945 aus Berlin C25 und Ankunftsstempel angeblich vom 21.4.1945 aus Berlin-Wilhelmruh, ohne jede kriegsbedingte Blessur, zum Ausrufpreis von 300 EUR.

Der bei Gärtner am 17.10.2018 (Katalog Band 3) zum Ausruf kommende Beleg im Los-Nr. 15268 passt der Abbildung nach in die Reihe der Belege, von denen hajo22 in [#92], filunski [#96] und dietbeck [#144] berichten, dieses Mal im Angebot die Einschreibenummer 449 des Postamtes Berlin C25 [1]. Die Stempeldaten beider Postämter inkl. Uhrzeitangabe entsprechenden dem Beleg aus Beitrag [#96].

Gruß
Pete

[1] https://www.auktionen-gaertner.de/?FTSearchHTML|Name=DetailsA&Cat=GP&UID=7F81D45442BFF793C125830D0047C504&Phase=AUCTION&Lang=DE&DetailDB=PHILNET/GAERTNER/GPKATAUK&CID=1&SessionID=Li8ci1t9h26uPtxBfX7v

---

Los-Nr.: 15268 aus Auktion Nr. 42, Katalog-Nr.: 909, 910, Erhaltung: Brief, Ausruf: 300.00 € / 1945, SA/SS mit 6 und 8 Pfg. HITLER zusammen auf portogerechtem R-Brief von Berlin C 25 am ERSTTTASG 20.04.45 nach BERLIN WILHELMSRUH mit AK-Stpl. vom 21.04.45. Beide Postämter hatten zu diesem Zeitpunkt noch geöffnet, aber wegen der üblichen Stempelproblematik zur Zeit keine Attestierung möglich und ohne Obligo!



[Beschreibung und Abbildungen redaktionell eingefügt / bitte künftig immer in den Beitrag einfügen !
 
filunski Am: 14.10.2018 22:52:27 Gelesen: 152849# 172 @  
@ umdhlebe [#170]

Hallo,

die Angabe "ohne Obligo" heißt im Klartext nichts anderes als, der Beleg ist falsch!

Es sollte sich da niemand irgendwelcher Illusionen hingeben nun eventuell doch den ersten echten Beleg mit diesen beiden Marken (909/910) erwerben zu können. Wer natürlich dieser Illusion nachhängt oder gerne 300 € plus Aufgeld in eine Fälschung investieren möchte, der möge das gerne tun. Diese Investition ist dann aber nicht zum Wohle der Philatelie sondern höchstens zum Wohle des Auktionshauses. ;-)

Ich verstehe auch nicht, wieso ein renommierter Auktionator wie Gärtner hier die bekannte "Verschleierungs-Klausulierung" ohne Obligo verwendet und nicht Klartext schreibt. Er schadet, m.E., dadurch in philatelistischen Kreisen nur seinem an und für sich guten Ruf.

Beste Grüße,
Peter
 
umdhlebe Am: 15.10.2018 11:25:28 Gelesen: 152748# 173 @  
@ filunski [#172]

der Beleg ist falsch!

Daran hatte ich nie den geringsten Zweifel.

Mir ging es in der Tat um die, wenn man so will, "wirtschaftsethische" Frage an das Auktionshaus. Es gibt viele Klagen über den rasch kleiner werdenden Markt für Philatelie, über Fälschungen und Verfälschungen und über den Bauernfang bei Ebay & Co. Wenn nun Auktionshäuser, die bisher einen seriösen Ruf genießen, offenkundig gefälschte Belege für 300 EUR ausrufen, dann stellen sie sich in der Auseinandersetzung zwischen ernsthaften Sammlern/Philatelisten und Betrügern ja nicht unbedingt auf die erstgenannte Seite.

Ich finde nicht, dass man ein solches Angebot unkommentiert lassen sollte, denn Christoph Gärtner weiß zweifellos, was er dort anbietet.
 
filunski Am: 15.10.2018 15:48:30 Gelesen: 152691# 174 @  
@ umdhlebe [#173]

Hallo,

grundsätzlich hast du da schon recht, aber wir sollten da auch noch ein paar weitere Dinge berücksichtigen. Sicher weiß Christoph Gärtner nicht selbst über jedes einzelne Stück Bescheid, dass in seinen unzähligen Auktionen (nicht nur philatelistischen) angeboten wird, und wir wissen auch nicht, durch was für "versierte" Hände der Beleg im Auktionshaus lief, wer ihn beschrieben hat und wie er letztendlich im Auktionskatalog landete. Aber der eine oder andere der "Gärtner-Jungs" liest ja hier auch mit und vielleicht äußert sich ja noch Einer dazu hier im Forum? ;-)

Solange sollten wir Gärtner noch einen kleinen Vertauensvorschuß geben und ihm mal unterstellen, dass er von diesem, unzweifelhaft dubiosen Angebot (noch) nichts weiß. ;-)

In diesem Sinne mit den besten Grüßen,
Peter
 
stephan.juergens Am: 15.10.2018 21:12:00 Gelesen: 152591# 175 @  
@ filunski [#172]

Hallo Peter,

"ohne Obligo" heißt erst einmal nicht anderes als "ohne Gewähr". Die Lesart "Das ist eine Fälschung" mag in vielen richtig sein, ignoriert aber, dass es auch andere Gründe geben mag, die Gewährleistung auszuschließen.

Ob es heutzutage überhaupt möglich ist, dass eine Unternehmen gegenüber Privatpersonen die Gewährleistung ausschließt, andererseits haftet ein Auktionshaus im wesentlichen nur für die Korrektheit der Beschreibung. Gärtners AGB (und m.E. auch die AGBs aller anderen Auktionshäuser) enthält eine Klausel, dass, wenn die Beschreibung auf einen Mangel hinweist, eine Reklamation wegen eines kleineren Mangels nicht möglich ist.

Die Beschreibung weißt darauf hin, dass "zur Zeit keine Attestierung möglich ist" - dies ist natürlich ein heftiger Mangel und sollte eigentlich jeden potentiellen Kaufinteressenten dazu bringen, ein wenig Recherche zu betreiben.

Wenn ich dieses Los beschrieben hätte, hätte ich mich näher an der Formulierung im Michel Spezial gehalten "Es erfolgt keine BPP-Prüfung". Zum einen enthält diese Formulierung keine zeitliche Einschränkung und weiß ich denn, ob es nicht doch irgendwo einen wie auch immer legitimierten "Experten" gibt, der hierfür Atteste ausstellt? Briefmarkenprüfstellen gibt es nicht nur in Basel, womit ich nicht sagen will, dass Basel hierfür ein Attest ausstellen würde.

Und sehr wahrscheinlich hätte ich mich auch, was den Stempel angeht, näher an Michel gehalten: "es handelt sich vermutlich um einen rückdatierten Stempel" ist m. E. präziser als das Wort "Stempelproblematik" - allerdings gibt es immer noch Beschreiber, die meinen, einen Beleg "schön schreiben" zu können. Das ist m.E. vorbei, seit jeder über einen Internet-Anschluss verfügt und sich die Scanns anschauen kann. Man wirbt ja damit, dass jedes (Einzel-)Los auf der Webseite abgebildet ist.
 
briefefan (RIP) Am: 16.10.2018 15:48:39 Gelesen: 152460# 176 @  
@ Pete [#166]

Hallo Pete,

den auf deinem Beleg angegebenen Absender Hans Kellermann, Berlin, Platanenallee 16, habe ich im Berliner Adreßbuch 1943 nicht gefunden. Das Adreßbuch kann man im Internet ansehen.

Das Stempelgerät Berlin-Charlottenburg 9 c könnte falsch sein, d. h. nicht von der Post hergestellt. Denn in den vielen mir bekannten echten Norm-Tagesstempeln von anderen Postämtern stehen Tag, Monat und Jahr viel enger zusmmen als auf deinem Beleg.

Es ist auch ungewöhnlich, dass in der Absenderangabe als Ort nur "Berlin" angegen ist, ohne die zusätzliche Angabe, welcher Stadt- oder Zustellbezirk.

Alles sehr verdächtig.

Aber selbst wenn es sich um einen echten zeitgerechten Stempel handeln würde, wäre das für die Beurteilung von SA-SS-Briefen irrelevant. Zwei bzw. drei Tage nach dem 18.8.45 könnten die Verhältnisse schon ganz anderes gewesen sein. Und ein ggf. geöffnetes Postamt beweist noch keinen Verkauf von SA-SS-Marken. Mit dem Stempel Berlin-Charlottenburg 9 c ist mir kein SA-SS-Brief bekannt.

Viele Grüße von briefefan.
 
olli0816 Am: 16.10.2018 16:56:17 Gelesen: 152426# 177 @  
Eigentlich wollte ich dazu ja nichts schreiben, da die Frage nach der Echtheit Deutsches Reich 909/910 gestempelt in zeitlichen Abständen immer wieder gefragt wird. Hauptgrund ist, dass nicht nur Gärtner, sondern eine ganze Reihe von auch etablierten Auktionshäusern diese Briefe mit mehr oder weniger schlechter Beschreibung anbieten. Die Briefe wurden vor Jahren als echt attestiert und für viel Geld verkauft. Soweit ich mich erinnern kann, ging es in die Tausende. Das war natürlich ein gutes Geschäft, keine Frage. Wären sie echt, dann sicher selten und ein Kuriosum für jede Deutsche Reich Sammlung.

Die Briefe, die bisher vorgestellt wurden inklusive dem angebotenen aus der Gärtner - Auktion sind alles Fälschungen oder nachträglich entwertet. Es hat schon seinen Grund, warum der Michel die Briefbewertungen aus dem Katalog gestrichen hat.

Letztendlich ist auch gar nichts dagegen einzuwenden, so etwas anzubieten, da natürlich Interesse an diesen "Werken" besteht. Es ist aber ähnlich wie bei den gestempelten Posta-Marken: Es wird bei den Angeboten etwas vorgegaukelt, was nicht ist, um möglichst hohe Preise für Fälschungen abgreifen zu können. Ich hatte hier mal akribisch aus einer alten Gärtner-Auktion alle Posta-gestempelten mit Auktionsnummer einer alten Auktion aufgezählt. Das waren sicher so 5 - 6 Positionen. Zu dem Zeitpunkt war es auch Gärtner klar, dass es sich um Fälschungen handelt. Aber bei der Auflistung mit Namensnennung und einiger Kommentare darunter hat sich Gärtner zu dieser halbseidenen Geschäftspraxis nicht geäußert. Hier ist es ähnlich. In einem benachbarten Forum zur Folienproblematik hat ein anderer sehr erfahrener Sammler folgerichtig geschrieben: Auch bei den Auktionshäusern sind die Geschäftspraktiken nicht immer so wie sie sein sollten. Ein wahres Wort.

Bei Gärtner wundere ich mich, warum sie das machen. 300 EURO ist für das Auktionshaus ein Kleckerlebetrag, haben sie doch viele Lose im fünf- bis sechsstelligen Bereich und machen pro Auktion viele Millionen Umsatz. Wenn es in dieser Form ein "Kleiner" macht, dem das Wasser bis zum Hals steht, könnte ich es noch verstehen. Aber wir reden je nach Zuschlag von 60 EURO Provision vom Käufer und Verkäufer, also für ein Auktionshaus dieser Größe nicht der Rede wert.

Liebe Auktionshäuser: Wenn ihr meint, diese Fälschungsbelege anbieten zu müssen, dann schreibt doch bitte dazu, dass es sich wie in diesem Fall um ein nachträglich gestempelter Beleg handelt, der eine Fälschung ist. Klar bekommt man da keine 300 EURO mehr, aber einen Abnehmer für 50 - 100 EURO wird sich vielleicht finden. Ich besitze auch 2 oder 3 nachträglich gestempelte Sätze, weiß dass dies keine zeitgerechten Stempel sind und schmeiße sie auch nicht weg, weil sie einfach kurios sind. Nur die Art des Angebotstextes ist extrem schlechter Stil.

Grüße Oliver
 
umdhlebe Am: 20.10.2018 10:05:53 Gelesen: 152093# 178 @  
Nur um die Geschichte abzuschließen:

Das Auktionshaus Christoph Gärtner hat das Los 15268 für 350,-- EUR verkauft, obwohl es mehrere Tage vor der Versteigerung per E-Mail explizit auf die Fälschung und deren Hintergründe hingewiesen worden ist. Die E-Mail wurde nicht beantwortet.

Wenn die Alternative "Profit" oder "Philatelie" heißt, entscheidet sich das Auktionshaus Gärtner für Profit (gewiss kein Alleinstellungsmerkmal). Punktsieg für Ebay.
 
filunski Am: 20.10.2018 18:37:24 Gelesen: 152004# 179 @  
@ umdhlebe [#178]

"Wenn die Alternative "Profit" oder "Philatelie" heißt..."

Leider alles richtig!

Meinen Satz zum "Vertrauensvorschuß" aus Beitrag [#174] ziehe ich ersatzlos zurück, wieder um eine Illusion ärmer!

Bin mal gespannt, wann dieser, egal wie zweifelhaft auch immer beschriebene, aber immer wieder unzweifelhaft falsche Beleg das nächste Mal auftaucht! :-(

Beste Grüße,
Peter
 
Holzinger Am: 20.10.2018 18:41:15 Gelesen: 152000# 180 @  
@ filunski [#179]

Kurz nach dem der Käufer selbst erkannt hat, was er wirklich gekauft hat. :-)
 
dietbeck Am: 20.10.2018 21:06:12 Gelesen: 151934# 181 @  
Hallo,

wenn jemand trotz "keine Attestierung möglich" und "ohne Obligo" 350 Euro (nehme mal an ohne den 30%igen Aufschlag) ausgibt, dann ist demjenigen auch nicht zu helfen. Jeder darf kaufen was er will und dafür soviel Geld ausgeben wie er will.

Und es gilt eben immer wieder das Motto: Unwissen schützt vor Schaden nicht. Aber wie gesgt, es gibt zwei klare Hinweise, die man eben beachten sollte, selbst wenn man unwissend sein sollte.

Gärtner bewegt sich hier in meinen Augen im Rahmen des Erlaubten, wird ja bei der Potschta nicht anders gemacht wo selbst die Atteste sagen "trotz umfangreicher Recherche sind die Umstände nicht abschliessend geklärt". Auch wenn letzteres einfach die Fakten negiert.

Ob das alles dem Wohle der Philatelie dient ist eine ganz andere Frage.

dietbeck
 
kauli Am: 20.10.2018 22:56:33 Gelesen: 151884# 182 @  
Hallo zusammen,

Obwohl mich das Thema schon lange nervt guckt man ja trotzdem in den Auktionskatalogen nach, weil mich nur die Stempel interessieren. Und siehe da, die Firma Hadersbeck bietet auf der nächsten Auktion drei Lose an, immerhin mit dem Vermerk z.Zt. nicht prüfbar. Die Zeit wird wohl nie kommen. Ausruf zwischen 80 bis 280 €. Mir fällt dazu nichts mehr ein.

Viele Grüße
Dieter
 
olli0816 Am: 11.06.2019 20:39:25 Gelesen: 143491# 183 @  
Hallo zusammen,

heute möchte ich zwei Auktionslose der Gärtner-Auktion vorstellen. Es handelt sich mal wieder um Briefe der Michel 909 - 910, dazu noch ein paar weitere Marken. Das zweite vorgestellte Los ärgert mich gar nicht mal, aber das erste ist gelinde gesagt - OK, das schreibe ich besser nicht, sonst wird das noch zensiert. :)

Los Nummer 22172 Beschreibung:

1945, 20.4. + 21.4.: Zwei Orts-Einschreiben jeweils mit den SA/SS Marken der letzten Ausgabe des Dritten Reiches. Der erste Brief vom 20.4. von "BERLIN C43 20.4.45. - 19" nach "BERLIN C 27 21.4.45 - 8", der zweite Brief am 21.4. von "BERLIN W8 21.4.45 - 10" nach "BERLIN-BUCH 16.8.45-10", also ein Überroller. Beide Briefe mit Zusatzfrankaturen.

Der Einlieferer glaubt u.a. anhand des beiliegenden Buches von Wolf-Dieter Röpke, u.a. "Handbuch SA/SS-Briefe vom April 1945", 2010 bei der Forschungsgemeinschaft Berlin erschienen, nachweisen zu können, dass diese beiden Briefe formell echt gelaufen sind und zeitgerecht gestempelt wurden, auch wenn die Beförderung zwischen den beteiligten Postämtern durch Hilfspersonen und nicht durch Postpersonal erfolgte.

Aus formalen Gründen zitieren wir hier den Michel Deutschland Spezial: "Bei Marken in gebrauchter Erhaltung (gestempelt, Brief) handelt es sich vermutlich ausschließlich um rückdatierte Abstempelungen aus den Nachkriegsjahren. Es erfolgt keine BPP-Prüfung."

Hier der Link zu dem Los:

https://www.auktionen-gaertner.de/?FTSearchHTML|Name=DetailsA&Cat=GP&UID=6C51C5934B2FB875C125840700611D3B&Phase=AUCTION&Lang=DE&DetailDB=PHILNET/GAERTNER/GPKATAUK&CID=1&SessionID=tTlDTjzFBxL5kidYlZlm

Und das ist der erste Brief daraus:



Die Rückseite kann man sich sparen, da es keinen Ankunftsstempel gibt. Laut dem Einlieferer hätten Hilfspersonen den Brief befördert. Nur wohin hätten sie diesen Brief befördern sollen? Ich habe mal auf Wikipedia die Postämter gegoogelt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Postbezirke_zwischen_1862_und_1920

Da gibt es z.B. ein Postamt C25 am Alexanderplatz. Aber wo bitteschön ist C27? Das nächsthöhere Postamt ist C43. Wenn ich C27 und Berlin googel, falls Wikipedia dieses schlicht vergessen hat, finde ich auch nichts. Wo war es also? Auf dem Mond oder bei den Russen? Der Brief sollte doch direkt an das Postamt gehen. Oder war es die Kinderpost bei dem Sohn/der Tochter des Hilfsboten? Ich denke, es ist mal wieder ein Brief, der wie im Michel Spezial richtig aufführt, nachgestempelt wurde.

Dann zum zweiten Prachtstück vom 21.4.45, dem vermeintlichen Überrollerbrief (Beschreibung siehe oben):



Berlin-Buch liegt ganz im Norden von Berlin, der Brief ist aus Berlin-Mitte versandt worden. Da er angeblich erst nach Kriegsende ausgeliefert wurde, also nur aufgegeben. Alle Stempel sind wunderhübsch abgeschlagen, geradezu perfekt. Der Bezirk dürfte bei der angeblichen Auslieferung in einem Bereich gelegen haben, der von Russland besetzt war. Hier habe ich eine Frage: Glaubt jemand wirklich ernsthaft, dass ein Postamt unter russischer Führung solch einen Brief mit SA- und SS-Marken und zwei Adolf-Marken so ausgeliefert hätte?

Entschuldigung, da habe ich so meine Zweifel. Die hätte man unkenntlich gemacht oder den Empfänger gleich nach Sibirien geschickt. Dieser Brief entspricht auch den Kriterien des Michel-Spezials: Nachdatiert.

Natürlich bekommt man noch das Handbuch mitgeliefert. Schließlich soll der Spaß ja 1.500 EURO + Aufschläge kosten. Wenn der Einlieferer meint, dies wären echt gelaufene Briefe, wäre es doch sehr schön, wenn die Beschreibung genau die Stelle mit dem Wortlaut des Beweises, warum das so sei, mitliefern würde.

Ich bin mir sogar fast sicher, dass irgend jemand dieses Los erwerben wird, weil es sich so seriös anhört. Aber eigentlich ist es lächerlich. Sorry, liebe Gärtner-Auktionatoren, das ich das schreibe und wenn ich in Zukunft damit unwürdig bin, Kataloge von euch zu bekommen. Aber ich kann es nicht ändern, das Los ist Verarschung pur.

[Redaktioneller Hinweis vom 26.06.2019: Zuschlag: 1.350 Euro]

---

Bei dem zweiten Los 22172A bin ich nur im kalten Krieg und nicht auf Kriegsfuß. Wieder ein Brief mit Michel 909/910 und ein paar Adolf-Marken:

1945, SA/SS auf Orts-R-Brief. Aus dem Befund Schlegel (1992): "D.R. Nr. 909/910 auf Einschreibebrief mit Zusatzfrankaturen echt gestempelt "Berlin C 43, 21.4.45. Die Postämter C 43 und C 25 arbeiteten am 21.4.45 noch mit Einschränkungen. Brief portogerecht. Rückseitig fehlender Absender - eine Zustellung kann nicht bestätigt werden. Ob die Anschrift später eingesetzt wurde, läßt sich nicht nachweisen., Befund Schlegel 1992.

Für diese Marken erfolgt AKTUELL keine Prüfung durch den BPP. Vergl. Anmerkung im Michel Spezial zu diesen Marken.

Hier der Link zum Los:

https://www.auktionen-gaertner.de/?FTSearchHTML|Name=DetailsA&Cat=GP&UID=D85CF3A872BBC9FCC12584070061810D&Phase=AUCTION&Lang=DE&DetailDB=PHILNET/GAERTNER/GPKATAUK&CID=1&SessionID=tTlDTjzFBxL5kidYlZlm



Beschreibung:



An diesem schönen, idyllischen Tag des 21.4.45 eine Expresszustellung von 11 Uhr bis 13/14 Uhr von Postamt C43 nach C2. C25 kann ja nicht sein, da war der Brief nicht hinadressiert. Jetzt frage ich mich, wer sendet an die Kassenführung der NSDAP ohne Absender so einen Brief? Und wenn alles so schrecklich eilig war (Zustellung 2 - 3 Stunden bis zum Ankunftsstempel), wer stempelt so perfekt? Hier gilt wieder das im Michel gesagte.

Zu der Adresse: Der Horst-Wessel-Platz ist heute der Rosa-Luxemburgplatz (Geschichte kann manchmal echt lustig sein) und der liegt recht weit im Osten von der NSDAP-Stelle in der Voßstraße entfernt. Vielleicht hat sich Scottie verirrt und mußte nochmal beamen - das wäre dann die sog. Expresszustellung.

100 EURO ist aber für so ein Kuriosum OK, wenn man es besitzen möchte. Das kann jeder selbst entscheiden. Aber richtig gelaufen ist der Brief wohl nicht.

[Redaktioneller Hinweis vom 26.6.2019: Zuschlag: 230 Euro]

Was mir bei beiden Losen auffällt: Mit Zusatzfrankaturen versucht man vorzugaukeln, dass es richtig gelaufene Briefe wären. Es ist allerdings extrem fraglich, dass überhaupt jemals irgendwelche Michel 909/910 in Berlin angekommen sind, da die alle in Wien gedruckt wurden. Nicht viel später wurde Wien von Russland besetzt. Aber eine theoretische Chance besteht, auch wenn sie minimal ist.

Vielleicht gibt's ja noch Spezialisten hier im Forum, die mir das Gegenteil beweisen können.

Grüße Oliver
 
filunski Am: 12.06.2019 11:00:53 Gelesen: 143402# 184 @  
@ olli0816 [#183]

"Vielleicht gibt's ja noch Spezialisten hier im Forum, die mir das Gegenteil beweisen können."

Hallo Oliver,

das Gegenteil kann ich dir sicher nicht beweisen, will ich auch gar nicht, aber ich kann dich nur zu deiner schlüssigen Argumentation und Darstellung um diese Briefe beglückwünschen.

Anscheinend sind jetzt mal wieder ein paar findige Geister auf die glorreiche Idee gekommen solche Briefe als Überroller anzupreisen und liefern gleich noch "scheinheilig" die Strobel/Walch Lektüre wie zur Scheinlegalisierung mit dazu. Manchmal kann man es kaum fassen, aber sicher wird es auch für diese Angebote wieder ein paar Unverbesserliche und ewig Unbelehrbare geben, die dafür hohe Summen rausschmeißen. Ich gönne es ihnen.

Ich verstehe nur nicht, wieso sich immer wieder, wie auch in diesem Fall, renommierte Auktionshäuser nicht von diesem Schund distanzieren, sondern sich mit solchen Angeboten den Ruf, zumindest unter seriösen Sammlern, verderben. Nötig hätte es dieses Auktionshaus wohl nicht, aber wahrscheinlich sehe ich das zu blauäugig.

Viele Grüße,
Peter
 
hajo22 Am: 12.06.2019 11:24:03 Gelesen: 143386# 185 @  
@ olli0816 [#183]

Der Einlieferer glaubt u.a. anhand des beiliegenden Buches von Wolf-Dieter Röpke, u.a. "Handbuch SA/SS-Briefe vom April 1945", 2010 bei der Forschungsgemeinschaft Berlin erschienen, nachweisen zu können, dass diese beiden Briefe formell echt gelaufen sind und zeitgerecht gestempelt wurden, auch wenn die Beförderung zwischen den beteiligten Postämtern durch Hilfspersonen und nicht durch Postpersonal erfolgte.

Wie sagt der Volksmund so trefflich: "Glauben heißt nichts (Konkretes) wissen".

Ich dachte, diese SA/SS Briefe seien hier im Forum schon "durch".

Aus dieser "wunderschönen Serie" an die "Meta Liebherr im Hufeland Hospital" kann ich auch einen Beleg beisteuern. Selbstverständlich mit "AK-Stempel", also wohl ein "Überroller" [ha,ha,ha].

Mein Exemplar aus dieser "Serie" trägt die R-Nummer (Berlin 8) 283 ba, der in [#183] gezeigte Brief die Nr. 326 ba.

Unterstellt man, daß die R-Rolle für diese Briefserie weiterverwendet worden ist, so sind das weitere 42 Briefe dieser Art.





Den "Ankunftsstempel" Berlin-Buch (a) scheint es zum fraglichen Zeitraum gegeben zu haben. Hier ein Briefausschnitt aus meinem Archiv:



hajo22
 
bignell Am: 12.06.2019 11:53:06 Gelesen: 143362# 186 @  
@ filunski [#184]

Hallo Peter,

Ich verstehe nur nicht, wieso sich immer wieder, wie auch in diesem Fall, renommierte Auktionshäuser nicht von diesem Schund distanzieren, sondern sich mit solchen Angeboten den Ruf, zumindest unter seriösen Sammlern, verderben

Es hat wohl finanzielle Gründe. Der Einlieferer wird entweder ein guter Kunde sein oder viel einliefern. Was das Auktionshaus davon hält, geht aus der Formulierung Der Einlieferer glaubt" hervor - auf den Einlieferer wird nur Bezug genommen, wenn das Auktionshaus etwas nicht überprüft hat / überprüfen konnte, z.B. "Katalogwert lt Michel 10.000 M€ nach Angabe des Einlieferers.

Lg, harald
 
hajo22 Am: 12.06.2019 14:02:38 Gelesen: 143308# 187 @  
@ bignell [#186]

Es hat wohl finanzielle Gründe.

Das ist Interpretationssache. Das Auktionshaus weist hier ausdrücklich auf den Michel-Deutschland-Spezialkatalog hin. Das halte ich für fair.

hajo22
 
BochumerJunge Am: 15.06.2019 06:09:30 Gelesen: 143144# 188 @  
@ dietbeck [#144]

Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit einen dieser "Belege" bei einem Sammlerfreund zu besichtigen. Leider erlaubte er mir nicht den Beleg zu Hause ein zu scannen. So ist die Qualität leider schlecht.

Aber es gibt Übereinstimmungen mit dem unter [#144] und [#171] gezeigten.
Frankatur, Aufgabestempel, Handschrift, R-Zettel, Ankunftsstempel.
Unterschiede gibt es nur bei den handgeschriebenen Anschriften.

Und bei den Nummern der R-Zettel:

Nr. 449 Beitrag #171
Nr. 464 dieser Beitrag
Nr. 508 Beitrag #144.

Das würde also heißen, es gibt noch mindestens 56 "Belege" mit den fehlenden Nummer. Da muss sich also jemand richtig viel Arbeit gemacht haben. Und er muss auch ein gewisses Grundwissen gehabt haben. Meiner Meinung nach ein sog. Insider bzw. Postangestellter. Aber es ist unwahrscheinlich, dass diese Belege vor der Kapitulation entstanden sind. Die Innenstadt lag unter dauernden Beschuß.

.
 
Detlev0405 Am: 15.06.2019 08:16:10 Gelesen: 143118# 189 @  
@ BochumerJunge [#188]

Aber es ist unwahrscheinlich, dass diese Belege vor der Kapitulation entstanden sind. Die Innenstadt lag unter dauernden Beschuß.

Das ist nicht ganz richtig. Der Stadtbezirk Pankow, zu dem Wilhelmsruh gehörte, wurde durch die Rote Armee erst am 23.04.1945 eingenommen. Es ist aber doch wahrscheinlich, das gar keine Zeit für derartige "postalische" Aktivitäten war, weil der amtierende Bürgermeister von Pankow bereits 8 Tage vorher alle Beamten dazu verpflichtete, die vorhandenen Akten zu vernichten [1]. Also um den 15.04.1945 herum. Somit dürfte auch um diese Zeit herum der letzte "ordentliche" Postverkehr abgewickelt worden sein.

Gruß
Detlev

[1] https://www.berlin.de/ba-pankow/ueber-den-bezirk/das-rathaus/bis-1945/artikel.195554.php
 

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