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Thema: Agenturländerausgaben - Zählen Tansania und Ghana dazu ?
Sanssouci Am: 27.03.2011 13:39:19 Gelesen: 18661# 1 @  
Wer kann mir die Länder benennen, die unter dem Begriff "Agenturländer" kursieren? Wie ich hörte sollen diese Briefmarken von Agenturen gedruckt und vertrieben werden, die nicht unbedingt von der Post in den Ländern vertrieben werden.
 
Pilatus Am: 25.05.2011 00:41:35 Gelesen: 18490# 2 @  
Ja, ich habe gestern eine Auswahl von Briefmarken von Bhutan hier gezeigt. Dabei vermute ich, daß auch das solche "Agenturländerausgaben" sind. Ich vermute, daß bevor ein Bürger Bhutans einen Reiter losschickt, um Marken zu kaufen, ist es leichter den Brief gleich zum Empfänger zu bringen.

Beste Grüße Pilatus.
 
Stefan Am: 27.05.2011 13:22:25 Gelesen: 18436# 3 @  
@ Sanssouci [#1]

Als Agenturausgaben fasse ich Briefmarken auf, die nicht im Ursprungsland des ausgebenden Landes gedruckt und primär mit der Absicht von Verkauf an Sammlern (weniger am eigenen Postschalter im Inland) hergestellt wurden. Bedarfspost aus dem betreffenden Land kann dennoch durchaus vorkommen und ganz reizvoll als Sammelgebiet sein (wobei man hier grundsätzlich keinen Wert auf Vollständigkeit nach Hauptnummern legen sollte).

In Folge von Markenmangel behelfen bzw. behalfen sich Agenturländer selbst und ließen vor Ort Überdruckausgaben für den reinen postalischen Bedarf herstellen (Bsp. Bénin und Madagaskar). Das Land Bénin überdruckt seit mehr als 35 Jahren fleißig die Ausgaben der letzten Jahrzehnte mit neuen Nominalen.

Einige briefmarkenreiche Länder drucken ihre Marken selbst (bzw. hatten lange Zeit selbst gedruckt), Bsp. Kuba.

Spontan fallen mir zu deiner Anfrage ein:

Afrika:

- Äquatorial-Guinea (in den 1970er Jahren)
- Bénin (Aufdruckausgaben i.d.R. dem postalischen Bedarf entsprechend)
- Burundi
- Ghana
- Guinea
- Guinea-Bissau
- Komoren
- Liberia
- Madagaskar
- Mocambique
- Niger
- Ruanda
- Sao Tomé e Príncipe
- Sierra Leone
- Tansania
- Togo
- Tschad
- Zentralafrikanische Republik

Amerika:

- Antigua & Barbuda
- Dominica
- Grenada
- Grenadinen von Grenada
- Grenadinen von St. Vincent
- Guyana
- Nicaragua
- Paraguay
- St. Vincent

Asien:

- Bhutan
- Jemen (Königreich)
- Kambodscha
- Laos
- Nordkorea
- Malediven
- Marshall-Inseln
- Mongolei
- Scheichtümer Adjman, Fudschaira, Manama, Ras al Kaima, Chardjah, Upper Yafa, Umm al Qiwain u.a.
- Tuvalu

Die Liste ist mit Sicherheit nicht vollständig. Grundsätzlich hat es bei den meisten (allen?) o.g. Ländern auch Zeiten gegeben bzw. gibt es sie, wo die Ausgabepolitik als seriös eingestuft wird.

Gruß
Pete
 
petzlaff Am: 27.05.2011 13:51:41 Gelesen: 18431# 4 @  
@ Pete [#3]

bzgl. Tansania erlaube ich mir, massiv zu widersprechen.

Abgesehen davon dient die genannte Aufstellung eher dazu, die genannten Länder insgesamt philatelistisch zu diffamieren, als vergangene philatelistische "Dienste" zu würdigen. Die meisten der genannten Länder haben eine absolut seriöse und interessante phil. Vergangenheit - aber das hast du in einer Fußnote ja lobenswerterweise erwähnt.

LG, Stefan
 
Jürgen Witkowski Am: 27.05.2011 15:47:50 Gelesen: 18420# 5 @  
@ petzlaff [#4]

>> ...bzgl. Tansania erlaube ich mir, massiv zu widersprechen...<<

Wie würdest Du ein Land bezeichnen, dass zwischen 1965 und 2001 mehr als 4000 im Michel-Katalog notierte Markenausgaben heraus gebracht hat? Nur um eine Relation herzustellen sei die Zahl der im gleichen Zeitraum für die Bundesrepublik Deutschland notierte Zahl genannt. Sie beträgt mit 1462 Marken weit weniger als die Hälfte der für Tansania angegeben Menge.

>> Abgesehen davon dient die genannte Aufstellung eher dazu, die genannten Länder insgesamt philatelistisch zu diffamieren.<<

Ein Mitglied wegen seiner umfangreichen Recherchen, deren Ergebnis er mit ergänzendem und erklärendem Kommentar dargestellt hat, der Diffamierung zu bezichtigen, halte ich schon für ein starkes Stück.

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen
 
Stefan Am: 27.05.2011 16:01:15 Gelesen: 18413# 6 @  
@ petzlaff [#4]

bzgl. Tansania erlaube ich mir, massiv zu widersprechen.

Wenn man sich für Tanzania ab 1964 (Staatsgründung) die Katalogisierung im Michel ansieht, nimmt die Anzahl der verausgabten Briefmarken ab Ende der 1980er Jahre massiv zu und bleibt bis 1999 auf konstant hohem Niveau.

Die Michel-Redaktion schreibt in der Michel-Rundschau 08/2001 auf Seite 728 in der Rubrik "Das Fenster zum Markt" unter der Überschrift "Tansania: vom Saulus zum Paulus":

"Die ostafrikanische Republik Tansania galt bisher als Musterbeispiel eines Bildchenlieferanten. Kein gängiges Motiv, das nicht mindestens einmal jährlich mit 'zig Marken und Blocks abgefeiert wurde. ... Anfang 2000 dann die Kehrtwendung: ..."

Für die Jahre 2000 - ca. 2005 tritt eine wesentlich verringerte Anzahl von Briefmarken/ Jahr mit häufig landesbezogenen Themen in den Vordergrund. Danach (bis 2007) kommen wieder vermehrt Motivausgaben (ohne augenscheinlichen Landesbezug) vor. Die bisher letzte Neuheitenkatalogisierung in der Michel-Rundschau zu Tansania erfolgte in der Ausgabe 03/2009 (mit Stand vom 24.10.2007 bei ca. 4500 vergebenen Hauptnummern und mehr als 600 Blockausgaben).

Abgesehen davon dient die genannte Aufstellung eher dazu, die genannten Länder insgesamt philatelistisch zu diffamieren, als vergangene philatelistische "Dienste" zu würdigen. Die meisten der genannten Länder haben eine absolut seriöse und interessante phil. Vergangenheit - aber das hast du in einer Fußnote ja lobenswerterweise erwähnt.

Ich habe nicht vor, die o.g. Länder philatelistisch zu diffamieren. In der "Fußnote" wird auf eine frühere (bzw. erneut aktuelle) Seriosität verwiesen. Ein pauschales Urteil über die aktuelle Ausgabepolitik der o.g. Länder ist nicht möglich.

Im zweiten Satz des Beitrags [#3] schrieb ich u.a. "Bedarfspost aus dem betreffenden Land kann dennoch durchaus vorkommen und ganz reizvoll als Sammelgebiet sein" und dachte dabei während des Schreibens an Agenturausgaben aus einzelnen der o.g. Länder. Die Suche nach derartigen Stücken auf Tauschtagen in Alle-Welt-Alben (für 5-10 Cent pro Stück) bzw. nach gelaufener Bedarfspost in Belegekisten über Monate bzw. Jahre hinweg macht auch den Reiz des Sammelns aus.

Im nachfolgend gezeigten Beispiel wurden Motivmarken zu Frankaturzwecken verwendet.



Gruß
Pete
 
Sammler Am: 27.05.2011 16:07:47 Gelesen: 18410# 7 @  
Ich hätte noch mehr Länder in die Liste aufgenommen. :-)

Abgesehen davon hatten fast alle Länder eine absolut seriöse und interessante philatelistische Vergangenheit.

U.U. muss man einfach nur weit genug zeitlich zurück gehen.
 
Pilatus Am: 27.05.2011 21:22:35 Gelesen: 18386# 8 @  
@ petzlaff [#4]

Bei Tansania zu widersprechen, erscheint mir recht seltsam. Neben der Masse an Marken hat dieses Land ja auch eine riesige Menge an Verzähnungen, Fehlfarben und sonstigen "Besonderheiten" herausgebracht.

Gruß Pilatus
 
nomis Am: 27.05.2011 21:28:26 Gelesen: 18384# 9 @  
Also mir fehlt was, zum Beispiel DDR und andere.

Viele Grüße
nomis
 
Stefan Am: 27.05.2011 22:17:20 Gelesen: 18377# 10 @  
@ Pilatus [#8]

Bei Tansania zu widersprechen, erscheint mir recht seltsam. Neben der Masse an Marken hat dieses Land ja auch eine riesige Menge an Verzähnungen, Fehlfarben und sonstigen "Besonderheiten" herausgebracht.

Für mehrere Blockausgaben aus den Jahren 1985 (3 Blocks); 1986 (5 Blocks) und 1987 (1 Block) tauchten ungebrauchte Abarten im Handel auf, wo der Verdacht besteht, dass diese Makulatur nicht am Postschalter im Ausgabeland verkauft wurde. Hierbei handelt es sich um ungezähnte bzw. vergezähnte Blocks und um gezähnte Blocks, bei denen Farben (2 von 4 Farben im Offsetdruck - rot/schwarz bzw. gelb/grün) fehlen. Im aktuellen Michel-Ostafrikakatalog (Ausgabe 2009) stehen entsprechende Hinweise bei den betroffenen Ausgaben.

Gruß
Pete
 
Stefan Am: 13.06.2011 14:34:59 Gelesen: 18236# 11 @  
Die eingangs aufgeführte Liste [#3] weist mehrere Länder aus, die sicherlich im Einzelfall (je nach Defintion bzw. eigener Ansicht) erweitert kann. Das auch o.g. Länder während der Agenturtätigkeit (ungewollt) interessantes Material auf den Markt bringen, können die beiden nachfolgenden Beispiele aufzeigen.

Nach dem bisherigen Stand der Dinge sollte zum 01.09.1994 eine weitere Briefmarkenserie von Tansania, bestehend aus vier Briefmarken, zur Fußball-WM in den USA 1994 erscheinen. Aus bisher nicht bekannten Gründen wurde der Satz vor der Ausgabe vom Schalter zurückgezogen. Einzelne Stücke gelangten in den Verkauf und wurden 1998 zur Frankatur (Stempeldatum vom Nennwert zu 40 Sh.) verwendet. Der aktuelle Michel-Ostafrikakatalog von 2009 beschreibt diese Marken in Kurzfassung, ohne diese (bisher) zu katalogisieren. Im Michel-Onlinekatalog, Stanley Gibbons (2009) und Scott (2009) sind diese Briefmarken aus Tanzania noch nicht erfasst worden.



Der Staat Ghana in Westafrika, seit 1957 unabhängig, verausgabte seit etwa Mitte der 1970er Jahre zunehmends auch Motivausgaben ohne augenscheinlichen Landesbezug, parallel dazu erschienen seit 1964 über mehrere Jahre hinweg geschnittene Ausgaben zur normal gezähnten Variante. In den 1990er Jahren weisen Tansania und Ghana durchaus Parallelen in der Briefmarkenausgabepolitik auf. Zwischenzeitlich kehrte Ghana zu einer im Umfang geringeren Ausgabepolitik zurück.

Ab dem Jahr 1983 erscheinen immer wieder Freimarken in Form von Sonder- bzw. Dauerserienausgaben, überdruckt mit einer neuen Nominale. Nachfolgend einige Beispiele:



Bei dem neu geschaffenen Wert zu 20,00 Cedi (Mi-Nr. 1194 vom September 1988) passierte in der Druckerei ein Fehler und mindestens ein Schalterbogen durchlief zweimal die Druckpresse:



Die drei Einzelbriefmarken zeigen einen kopfstehenden und einen normal stehenden Aufdruck; hierbei könnte es sich ursprünglich um einen Dreierstreifen handeln.

Die Marken selbst befanden sich bis vor wenigen Tagen in einem sortierten Alle-Welt-Briefmarkenalbum und wurden (unerkannt?) für kleines Geld zum Verkauf angeboten.

Gruß
Pete
 
Stefan Am: 03.03.2014 18:36:24 Gelesen: 14976# 12 @  
Nicht nur die [#11] gezeigten Aufdruckprovisorien aus Ghana können eine Vielfalt mit sich bringen, auch die Dauerserien von Ghana können variantenreich sein. Teilweise spiegelt sich dies in der Katalogisierung wider. Die von 1991 bis ca. 2007 (Jahr der Währungsumstellung in Ghana) gedruckte Dauerserie "Tourismus" bringt es teilweise auf bis zu sechs Unternummern im Michel bzw. Stanley Gibbons bedingt durch Zähnungsvarianten bzw. Zeichnungsänderungen. Im nachfolgenden Fall belassen es der Michel-Katalog (Band 5, Ausgabe 2007) und der Katalog von Stanley Gibbons (spezialisierte Ausgabe Westafrika, zweite Auflage von 2012) es jeweils bei einer Hauptnummer ohne Unternummern ...



... und vermerken lediglich "mehrfarbig" (Michel Nr. 2194) bzw. "multicolored" (Stanley Gibbons (SG) Nr. 2158c), wobei der SG zusätzlich auf die Druckerei "Ikam Security Ptg Ltd." aus der Hauptstadt Accra verweist.

Die obere Variante (waagerechtes Paar) liegt mir am häufigsten vor, die anderen Marken jeweils in geringer Stückzahl bzw. Einzelstücke. Auf den Marken wird der Langschwanzhabicht (lat. "Urotriorchis macrourus" bzw. engl. "african long-tailed Hawk") abgebildet.

Fazit: "Mehrfarbig" kann - bedingt durch diverse Auflagen - tatsächlich mehrfarbig bedeuten, wenn auch nicht im ursprünglich gemeinten Sinne (= mehr als zwei Farben).

Gruß
Pete
 
Stefan Am: 19.02.2016 12:24:30 Gelesen: 13069# 13 @  
Auch Ruanda aus der Liste in Beitrag [#3] kann - trotz eher inflationär erscheinender Ausgabepolitik in den 1960er bis 1980er Jahren (zahlreiche Motivausgaben, geschnittene Parallelausgaben) - etwas für den Sammler bieten, welcher sich nicht ausschließlich für Motive interessiert. Im Jahr 1985 wurde mit einer Aufdruckausgabe an das fünfundsiebzigjährige Bestehen der Pfadfinderbewegung gedacht. Als Urmarken musste die Ausgabe Mi-Nr. 1206-1213 von 1983 zum gleichen Anlass herhalten. Die Aufdruckausgabe von 1985 weist neben dem Pfadfinderemblem zusätzlich die Angabe "1910/1985" auf. Im nachfolgenden Beispiel lief der Urmarken(schalter?)bogen scheinbar drei Mal (!) zwecks Aufdruck durch die Druckmaschine:



Mi-Nr. 1323 zu 20 Francs mit dreifachem Aufdruck in grün

Bei dem Druckverfahren des Aufdrucks handelt es sich um den Offsetdruck und dieser lässt formell aufgrund der Drucktechnik keine Doppeldrucke zu. Scheinbare Doppeldrucke mit einem leichten Versatz des Markenbildes laufen unter dem Begriff "Doppelbilddruck". Aufgrund des vorliegenden Exemplars scheint mir allerdings, dass der einzelne Schalterbogen tatsächlich drei Mal in die Druckmaschine eingeführt wurde. Ich kann mir sonst anders diesen deutlichen und ohne Lupe problemlos erkennbaren Versatz des Aufdrucks nicht erklären.
Die Marke wurde postalisch verwendet und vom Briefumschlag abgelöst. Die verwendete Stempelfarbe ist typisch für Entwertungen am Postschalter aus Ruanda aus den 1980er Jahren.

Seit 1991 ist die Ausgabepolitik Ruandas als seriös einzuschätzen - 12 Briefmarkensätze à 3-5 Marken und drei Blocks bis zum Jahr 2010 (Stand Michel-Ostafrikakatalog Band 4 von 2014).

Gruß
Pete
 
wuerttemberger Am: 19.02.2016 13:14:50 Gelesen: 13055# 14 @  
@ Pete [#13]

Ich sehe nur zwei versetzte Aufdrucke, wobei die beiden voneinander abweichen. Der rechte Aufdruck ist deutlich gerastert, der nach links versetzte Aufdruck dagegen nicht. Das riecht nach einer Manipulation für einen Philatelisten.

Gruß

wuerttemberger
 
Stefan Am: 19.02.2016 13:31:26 Gelesen: 13049# 15 @  
@ wuerttemberger [#14]

Ich habe mir eben die Marke im Original angesehen. Es sind tatsächlich zwei Aufdrucke. Ich hatte mich an dem vor einigen Tagen angefertigten Scan von den drei "Bommeln" oben in die Irre führen lassen ohne mir vorher das Original erneut anzusehen. Der normale Aufdruck weist zwei "Bommeln" auf und die beiden Aufdrucke überlagern sich teilweise.

Am Original ist unter der Lupe die Rasterung durch den Offsetdruck an allen beiden Druckgängen ersichtlich. Der linke Aufdruck ist etwas farbübersättigt, der rechte Aufdruck weist dagegen etwas zu wenig Farbe auf und wirkt blasser. Dadurch tritt die Rasterung stärker hervor.

Nachfolgend ein Vergleich mit einer Aufdruckmarke aus der regulären Ausgabe.



Gruß
Pete
 
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