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Thema: Schweiz: Post zu teuer - gibt es bald eine Konkurrenz ?
Richard Am: 31.12.2007 12:43:54 Gelesen: 4209# 1 @  
Post: Schweizer zahlen 300 Millionen zu viel

espace.ch (30.12.07) - Die Post verlangt für die A- und B-Post pro Jahr 300 Millionen Franken zu viel: Das sagt Martin Kaiser, bis Ende Jahr Leiter des Postmarkt-Überwachungsorgans PostReg.

In einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» bezeichnet Kaiser die Brieftaxen als «massiv überhöht - vor allem für die leichten adressierten Briefe im Monopol, die 90 Prozent aller Briefe ausmachen, A- wie auch B-Post».

«Ich rede von Privatkunden und KMU. Wir haben das berechnet und kommen auf eine Grössenordnung von 300 Millionen Franken pro Jahr. Eine substanzielle Senkung der Brieftaxen wäre also möglich», sagt Kaiser weiter.

Die Schweizer bezahlten für Briefe bis zu 20 Gramm beinahe den höchsten Tarif in ganz Europa. Die Post sei damit Teil der Hochpreisinsel Schweiz. Die Postregulationsbehörde (PostReg) habe bisher in den Gesprächen mit der Post keine Brieftaxensenkung durchsetzen können. Nur Postminister Moritz Leuenberger habe diese Kompetenz.

Kaiser, der zum Wirtschaftsdachverband économiesuisse gewechselt hat, befürwortet eine rasche Marktöffnung. «Denn so lange die Post ein Monopol hat, ist das Poststellennetz für sie nur ein Kostenfaktor.» Sobald die Post voll im Wettbewerb stehe, werde das Poststellennetz zum strategischen Erfolgsfaktor. Überdies rette das Monopol keine einzige Arbeitsstelle.

Auch Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard wünscht sich im Rahmen der Postmarktreform eine Öffnung. Die EU werde das Postmonopol ganz aufheben. «Wenn schon, soll das Briefmonopol auch bei uns ganz fallen», sagte sie ihrerseits in einem Interview in der «NZZ am Sonntag».

Die Öffnung müsse vermutlich in Etappen erfolgen. Vorab sei aber die Rechtsform zu diskutieren. Wie bei der Swisscom sei auch für die Post eine AG denkbar, sagte Leuthard.

(Quelle: http://www.espace.ch/artikel_463897.html)

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Briefpost kostet Kunden 300 Millionen Franken zu viel - Postregulator kritisiert überhöhte Preise - Doris Leuthard fordert Liberalisierung

Neue Zürcher Zeitung, NZZ (30.12.07) - Die Brieftaxen in der Schweiz seien massiv überhöht, die Post erziele auf Kosten der Kunden eine übermässige Rendite, sagt der Schweizer Postregulator. Die Post verlange pro Jahr von ihren Kunden rund 300 Millionen Franken zu viel. Für eine Postmarktöffnung plädiert auch Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard.

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Interview: Markus Häfliger

NZZ am Sonntag: Vier Jahre lang haben Sie als erster Postregulator den Schweizer Postmarkt überwacht. Was war Ihre grösste Leistung in dieser Zeit?

Martin Kaiser: Die Postregulationsbehörde konnte die Transparenz wesentlich verbessern. Dank unserer Arbeit weiss man heute, dass die Grundversorgung für die Post ein hochrentables Geschäft ist. Erfreulich ist, dass es endlich auch für Privatkunden erste positive Auswirkungen der schrittweisen Marktöffnung gibt.

Welche Auswirkungen meinen Sie?

Dieses Jahr haben private Pöstler erstmals gezielt dafür geworben, dass man die Weihnachtspakete bei ihnen aufgibt. DHL und DPD bauen die Zahl ihrer Paketannahmestellen stark aus, etwa in Bahnhöfen, Papeterien oder Apotheken. Allmählich profitiert also auch der Privatkunde vom Wettbewerb. Zudem wurde dank unserer Arbeit der Preistrend nach oben zumindest gebremst.

Sind die Posttaxen denn überhöht?

Eindeutig. Die Brieftaxen sind massiv überhöht – vor allem für die leichten, adressierten Briefe im Monopol, die 90 Prozent aller Briefe ausmachen, A- wie auch B-Post. Ich rede von Privatkunden und KMU. Wir haben das berechnet und kommen auf eine Grössenordnung von 300 Millionen Franken pro Jahr. Eine substanzielle Senkung der Brieftaxen wäre also möglich.

Wie kommen Sie auf diese Zahl?

Bereits im diesjährigen Tätigkeitsbericht haben wir die übermässige Monopolrendite ausgewiesen. Dies gilt auch im Vergleich mit den europäischen Marktführern. Zudem bezahlen die Schweizer für Briefe bis 20 Gramm beinahe den höchsten Tarif in ganz Europa. Die Post ist damit Teil der Hochpreisinsel Schweiz.

Warum unternehmen Sie dagegen?

Wir haben immer wieder das Gespräch mit der Post gesucht. Sie hat argumentiert, sie müsse ihre Pensionskasse voll ausfinanzieren sowie ein branchenübliches Eigenkapital aufbauen. Diese Argumente haben wir gewürdigt, doch sind sie nun weggefallen. Die Brieftaxen konnten wir nicht senken, da uns dazu die Kompetenz fehlt. Die hat nur Bundesrat Leuenberger. Ich stelle fest, dass auch der Preisüberwacher im Post-Sektor bisher sehr zurückhaltend war.

Sie haben in den letzten Jahren immer wieder geklagt, die finanzielle Transparenz bei der Schweizerischen Post sei mangelhaft.

Das liegt in der Natur der Sache: Kein Monopolist hat ein Interesse daran, seine Zahlen auf den Tisch zu legen. Inzwischen haben wir uns darauf geeinigt, dass der Jahresabschluss 2007 die Anforderungen an eine transparente regulatorische Rechnungslegung definitiv erfüllen muss.

Die Post hat 2006 über 800 Millionen Franken Gewinn gemacht. Gleichzeitig behauptet sie, der Grundversorgungsauftrag verursache Zusatzkosten von über 400 Millionen Franken. Eine bisher unveröffentlichte Studie zieht diese Zahl offenbar in Zweifel.

Die Universaldienstlast entspricht jenen Kosten, die die Post nicht tragen müsste, wenn sie keinen gesetzlichen Grundversorgungsauftrag hätte. Inzwischen hat das Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (UVEK) eine Zusammenfassung der Zusammenfassung der von Ihnen erwähnten Studie publiziert. Daraus geht in der Tat hervor, dass die Last bedeutend niedriger ist als bisher behauptet. Die Studie macht den Vergleich beispielsweise mit Norwegen – einem Land, das ebenfalls dünn besiedelte Randregionen hat. Dort beträgt die Universaldienstlast nur rund ein Prozent des Umsatzes. Auf unser Land übertragen, liegt die Last also eher bei 60 bis 80 Millionen Franken als bei 400 Millionen. Solche Zahlen müssten Politikern zu denken geben.

Weshalb?

Die Universaldienstlast ist die Kerngrösse, wenn man die Folgen einer weiteren Liberalisierung beurteilen will. Ein Beispiel: Wäre die Last tatsächlich 400 Millionen Franken, so müsste die Grundversorgung reduziert werden, oder der Staat müsste für die Kosten aufkommen. Ist die Last nur 100 Millionen Franken, überwiegen die Vorteile der Post aus dem Grundversorgungsauftrag netto sogar. Somit kann der Markt vollständig geöffnet werden ohne weiteren Abbau in der Grundversorgung.

Der Bundesrat entscheidet demnächst, wie rasch das Restmonopol der Post fallen soll. Was ist Ihre Meinung?

Es ist nicht an mir, dem Bundesrat Ratschläge zu erteilen. Eine neue Studie, die das UVEK soeben vorgelegt hat, belegt, dass das Briefmonopol ohne negative Folgen für die Grundversorgung und die Post sofort auf 50 Gramm gesenkt werden kann. Diesen Schritt könnte der Bundesrat in eigener Kompetenz vollziehen, dafür braucht es nicht einmal eine Gesetzesänderung. Wichtig scheint mir folgende Überlegung: Solange die Post ein Monopol hat, ist das Poststellennetz für sie nur ein Kostenfaktor. Sobald sie im Wettbewerb steht, wird das Poststellennetz hingegen zum strategischen Erfolgsfaktor.

Was bedeutet das?

Schauen wir doch, was in Ländern passiert ist, die den Postmarkt schon stärker liberalisiert haben. In Schweden hat die Post zwar Poststellen geschlossen, dafür gibt es heute viel mehr Postagenturen in Tankstellen oder Lebensmittelläden. Total hat sich die Zahl der Zugangspunkte verdoppelt. Oder die deutsche Post: Sie ist ab dem 1. Januar 2008 völlig frei, wie viele Poststellen sie betreibt. Und was macht sie? Sie schafft neue Zugangspunkte, weil ein Konkurrent, der Hermes-Versand, in Zusammenarbeit mit dem Detailhandel mehrere tausend Aufgabestellen für Pakete eröffnete und günstigere Paketpreise bietet. Der Wettbewerb hat die Post gezwungen, ihre Abbaupläne zu stoppen.

Sie meinen, die Marktöffnung bringe mehr Poststellen als das Monopol?

Die Schweiz hat den grossen Vorteil, dass andere Länder rascher liberalisiert haben als wir. Dort können wir sehen, dass der Trend in der Tat in die positive Richtung geht.

Gilt das auch für Randregionen?

Ja! Ich habe Verständnis dafür, dass die Liberalisierung in den Randregionen vielen Sorge macht. Gewisse Kreise betreiben mit diesen Sorgen aber Angstmacherei, noch dazu verweigern sie die Transparenz. Die bisherigen Erfahrungen im Paketmarkt, der ja bereits liberalisiert ist, zeigen, dass sowohl DPD als auch DHL ihre Dienste flächendeckend anbieten. Das ist auch logisch.

Warum?

Weil der Business-Consumer-Bereich – wenn Firmen Briefe oder Pakete an Konsumenten schicken – drei Viertel des Postgeschäftes ausmacht. Will ein privater Anbieter für Firmen attraktiv sein, kann er sich nicht auf Kunden in den Städten beschränken, sondern muss eine flächendeckende Zustellung anbieten. Und wenn er schon überall die Post zustellt, dann nimmt er auf der Rückfahrt auch gleich die aufgegebenen Pakete und Briefe mit. Deshalb schafft er Paketannahmestellen. Das Restmonopol rettet keine einzige Poststelle – im Gegenteil.

Warum das?

Solange das Restmonopol bestehen bleibt, ist es für die Schweizerische Post weiterhin nur ein Kostenfaktor und kein Konkurrenzvorteil. Das Gleiche gilt für die Arbeitsplätze: In den Ländern, wo der Markt mit guten Rahmenbedingungen liberalisiert ist, werden im Postmarkt insgesamt wieder Arbeitsplätze geschaffen. Das passiert aber nur, wenn die Politik die Weichen richtig stellt.

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«Solange das Monopol bestehen bleibt, ist das Poststellennetz nur ein Kostenfaktor und kein Konkurrenzvorteil.»

Postregulator

Die Postregulationsbehörde (PostReg) überwacht seit 2004 den Schweizer Postmarkt. Mit insgesamt zwölf Angestellten soll PostReg sicherstellen, dass die postalische Grundversorgung auch in einem sich öffnenden Markt gewährleistet bleibt. Zudem soll PostReg faire Bedingungen für die privaten Postunternehmen garantieren. Der Solothurner Martin Kaiser hat PostReg seit Beginn geführt. Nach vierjähriger Tätigkeit wechselt der 41-jährige Jurist jetzt zum Wirtschaftsverband Economiesuisse. Weil auch Kaisers Stellvertreterin sowie zwei weitere Kader gekündigt haben, wird PostReg ab dem 1. Januar interimistisch vom Präsidenten der Eidgenössischen Kommunikationskommission (ComCom), Marc Furrer, geführt. (hä.)

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Bundesrat vor der Entscheidung: Wie rasch fällt das Postmonopol?

Die Kritik des scheidenden Postregulators Martin Kaiser an der Preispolitik und dem Finanzgebaren der Schweizerischen Post (vgl. Interview) kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt: In Kürze muss der Bundesrat entscheiden, wie rasch das Restmonopol der Post fallen soll.

Rückblende.

In den letzten acht Jahren ist der Postmarkt teilweise liberalisiert worden. 1998 wurde die PTT in Post und Swisscom aufgeteilt. 2004 wurde der Paketmarkt vollständig liberalisiert, seit 2006 dürfen private Pöstler auch Briefe über 100 Gramm befördern. Weil die meisten Briefe weniger wiegen, hat die Post für 88 Prozent aller Briefe jedoch immer noch das Monopol. Die Brieftaxen für A- und B–Post liegen weit über dem europäischen Durchschnitt. Seit 2001 hat die Post rund 900 ihrer ehemals 3396 Poststellen geschlossen.

Ausblick.

Die EU hat die Monopolgrenze bereits auf 50 Gramm gesenkt; bis spätestens 2010 soll das Monopol ganz fallen. In der Schweiz strebt Postminister Leuenberger eine gemächlichere Gangart an. Auf seinen Antrag hat der Bundesrat im September beschlossen, das Briefmonopol 2011 auf 50 Gramm zu senken und erst zwischen 2013 und 2016 ganz aufzuheben. In den nächsten Wochen will der Bundesrat diesen Entscheid in einem neuen Postmarktgesetz konkretisieren.

Konsequenzen.

Um die Folgen der Liberalisierung abzuschätzen, hat Leuenberger eine Studie in Auftrag gegeben und am 19. Dezember veröffentlicht. In dem Papier kommen die Experten zum Schluss, die Marktöffnung werde «eine klar preissenkende Wirkung haben»; für die Postkunden wird sich das Preis-Leistungs-Verhältnis verbessern. Auch «im Hinblick auf die flächendeckende Versorgung» prognostizieren die Experten «eine positive Entwicklung». (hä.)

(Quelle: http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/brieftaxen_sind_massiv_ueberhoeht_1.641907.html)
 
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