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Thema: Brief oder Postkarte ?
KarlS Am: 25.08.2011 11:46:16 Gelesen: 7623# 1 @  
Dieser "Brief" wurde am 29.1.1948 an das Jugendamt Bremen aus Bremen-Hemelingen gesandt. Das wie ein Brief aussehende Teil bestand aus einem DIN-A5-Blatt, mittig gefaltet und mit einem Briefmarken-Oberrandstück verschlossen. Material war knapp damals.

Die hintere Hälfte ( = Rückseite) hat später jemand abgeschnitten (zu dick für den Sammelordner?).

Porto 8 Pfg. lt. Michel ist für Postkarte im Ortsverkehr, Briefporto kostete 10 Pfg. Die Post hat wegen des zu geringen Portos gemeint, 12 Pfg. Nachgebühr erheben zu müssen und dies in BLAU auf das Poststück geschrieben. Danach (weil falsch?), wurden diese 12 Pfg. wieder gestrichen - siehe dicken violetten Strich quer durch die 12.

Zusätzlich darunter ist ein schwacher violetter Strich mit Unterschrift als Bestätigung der Richtigkeit.

Fragen:
- ist dies nun ein Brief oder eine Postkarte gewesen?
- sammelwürdig? Es fehlt ja jetzt die hintere Hälfte des DIN-A- 5-Bogens, somit ist es eigentlich kein Umschlag mehr.


 
petzlaff Am: 25.08.2011 18:53:14 Gelesen: 7573# 2 @  
@ KarlS [#1]

Hallo Karl,

selbstverständlich ist das ein Brief (auch "Ganzstück" genannt). Ganzsachen unterscheiden sich von Ganzstücken dadurch, dass der Wertstempel eingedruckt und nicht aufgeklebt (wo auch immer) ist.

Es gibt aber auch Ganzsachen mit aufgeklebten Zusatzfrankaturen, besonders häufig aus Inflationszeiten. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich auch mit Zusatzfrankatur um Ganzsachen handelt.

Häufig werden solche "Mischfrankaturen" als minderwertig betrachtet, was aber ziemlich oft eigentlich der Fall ist.

LG, Stefan
 
Sammler Am: 25.08.2011 19:16:25 Gelesen: 7567# 3 @  
Der Versand erfolgte verschlossen (mit Briefmarken-Oberrandstück verschlossen) - ist also ein Brief und keine Postkarte. Eine Postkarte kann man sozusagen ohne zu öffnen lesen.
 
Pommes Am: 25.08.2011 21:54:06 Gelesen: 7545# 4 @  
Hallo Karl,

meines Erachtens handelt es sich um eine Versendungsform, an die die damalige Postverwaltung nicht gedacht hat. Daher wohl auch die Blaustift und Violettstiftorgie, die man auf dem Beleg erkennen kann. Ältere Bildungsbürger könnten die Versendungsform auch "sui generis" nennen.

Wer von einem Brief ausgeht, kann von einem Umschlag mit Inhalt (ggf. auch ohne diesen) oder aber an einen sog. Faltbrief denken. Wer von einer Postkarte ausgeht, kann von einer rechteckigen Form aus einlagigem Papier, Pappe oder Karton oder einem sonstigen Material denken. Es gab aber auch Postkarten mit Antwortteil, wo es eben in der Mitte geknickte Versendungsformen gibt, die an einen Faltbrief erinnern könnten, aber offiziell waren es eben doch Postkarten.

Nach meinem Wissen wurden früher z. B. auch Bierdeckel u.ä. mit Marke freigemacht versandt, anstandslos befördert und zugestellt. Dabei würde auch niemand die Frage stellen, handelt es sich jetzt um eine Postkarte oder etwas anderes. Leider würde so etwas heute am Postschalter nicht mehr angenommen. Interessant wäre die Frage, was geschieht, wenn man so etwas heute in den örtlichen Briefkasten wirft.

Die eigentlich bedeutsamste Frage, die Du stellt ist ein Wort, nämlich: "sammelwürdig?". Ich sage: "Auf jeden Fall!", dass die Hälfte fehlt, ist zwar ärgerlich, aber dieser Beleg ist dennoch etwas ganz besonderes.

Noch kurz zu [#2]. Ich denke, Du hast hier etwas falsch verstanden. Nicht jede Postkarte ist auch eine Ganzsache. Wohingegen eine komplette Postkarte oder eine komplette Ganzsachen-Postkarte ein Ganzstück ist. Daher, Ganzsache: mit eingedrucktem Wertstempel ist i. O., aber, ein Ganzstück kann ohne Weiteres auch eine Ganzsache sein. Es gibt da ja auch noch die von der Mehrheit der Sammler (wenn ich mich richtig erinnere von Dir z. T. ganz anders beurteilten) nicht so beliebten Ganzsachenausschnitte.

Mit den besten Sammlergrüßen
Thomas
 
Cantus Am: 25.08.2011 23:20:26 Gelesen: 7528# 5 @  
Hallo Karl,

das ist ein moderner Faltbrief. Solche Briefform gab es auch schon früher, bis weit vor die Anfänge der ersten Briefmarkenausgaben. Nach dem 2. Weltkrieg war das zwar nicht die allgemein übliche Briefform, aber selbst heute noch kann man so Briefe selber anfertigen und auch so verschicken. Und, um meine Vorredner nochmals zu bestätigen, das ist ein Ganzstück, aber keine Ganzsache.

Viele Grüße
Ingo
 
KarlS Am: 26.08.2011 16:50:17 Gelesen: 7477# 6 @  
Liebe Forum-Teilnehmer,

danke für die Beiträge. Hilft sowohl zu verstehen als auch bei der Meinungsbildung. Hat weiter geholfen. Damit soll's genug sein.
 
doktorstamp Am: 26.08.2011 17:46:32 Gelesen: 7463# 7 @  
Einen zeitgenossischen Vergleich gibt es auch amtlich und zwar handelt es sich hier um die Empfangsbestätigung der CARE Pakete. Sie galten als Drucksachen, da man nur zu unterschreiben hatte.

Und für die die kein Latein verstehen: sui generis = Einfallsreich, oder geschickt handeln

mfG

Nigel
 
Pommes Am: 26.08.2011 18:42:04 Gelesen: 7452# 8 @  
@ doktorstamp [#7]

Hallo Nigel,

ich hätte es eher mit "eigener Art" übersetzt. (http://de.wikipedia.org/wiki/Sui_generis ... besonders schön finde ich den Satz: "Wo die vertrauten Begriffe versagen, hilft sich der Jurist als „Sache sui generis“.") Aber Deine Vorschläge sind sinngemäß gleichbedeutend ('ne einfallsreiche Sendung war es doch sicher). Man könnte auch "eigenartig" sagen; Vorsicht! - Wortspiel.

Noch mal zu den Bierdeckeln, das sollten wir doch mal versuchen. Wenn ich daran denke, werde ich in der nächsten Woche einen beim Mittag im Wirthaus mitnehmen. Falls er befördert wird, werde ich berichten - falls nicht, auch. Man könnte ja noch einen sozialkritischen Satz drauf schreiben, wenn genug mitmachen, wird es die Bierdeckelrevolution;-)

Mit den besten Sammlergrüßen
Thomas
 
Pommes Am: 01.09.2011 18:23:02 Gelesen: 7348# 9 @  
Hallo,

so nun ist er angekommen der Bierdeckel. Leider ist der Stempel nicht so schön, man könnte ja auch 'ne Fälschung vermuten, indem man einfach 'ne gestempelte Marke aufklebt.



Blaustift gibt's wie auch bei [#1]. Kann mir jemand die 151 erklären? Nachgebühren musste ich nicht bezahlen, lag einfach so im Briefkasten.

Mit den besten Sammlergrüßen
Thomas
 
T-M 123 Am: 01.09.2011 19:23:20 Gelesen: 7333# 10 @  
@ Pommes [#9]

Es hätten aber Nachgebühren sein sollen: Da der Bierdeckel nicht als Postkarte zulässig ist (zu klein, quadratisch, zu dick usw.) wurde er als Großbrief behandelt. Ein Großbrief kostet 145 ct., frankiert sind 45 ct., fehlen 100 ct. Dazu kommen 51 ct. "Einziehungsentgelt" (die krumme Zahl kommt daher, dass, macht 151 ct. Nachgebühr.

Dass du nicht zahlen musstest, mag daran liegen, dass der Postbote die 151 nicht als Nachgebühr-Vermerk erkannt hat oder ganz einfach weder Zeit noch Lust hatte, deswegen zu klingeln und Geld zu fordern oder ggf. eine Benachrichtigung zu schreiben. (Schade, so ein Bierdeckel mit dem neuen Benachrichtigungslabel hätte auch was. ;-))

Gruß
Tim
 
Pommes Am: 01.09.2011 21:34:15 Gelesen: 7316# 11 @  
@ T-M 123 [#10]

Danke für Deine Erklärung! Wenn ich das richtig verstanden habe ist es heute durchaus noch möglich, einen Bierdeckel als Postsendung aufzugeben, nur halt als Großbrief?

Ich muss mir am Wochenende die AGB der DP AG doch mal genauer anschauen.

Mal schauen, ob man auch eine Würstchendose (oder Vergleichbares) in irgend einer Versendungsart unterbringen kann. Auf die Diskussion am Schalter bin ich jetzt schon gespannt; die zerrigen Biester gehen ja so schlecht durch den Postkastenschlitz. ;-).

Mit den besten Sammlergrüßen
Thomas
 
jmh67 Am: 12.01.2014 07:25:07 Gelesen: 4913# 12 @  
Durch einen Querverweis in einer anderen Diskussion bin ich auf diese Seite gekommen und möchte einfach nur mal empfehlen, folgenden Artikel zu lesen:

http://www.improbable.com/airchives/paperair/volume6/v6i4/postal-6-4.html

Das ist allerdings auf Englisch, daher als Zusammenfassung:

Der Postdienst der Vereinigten Staaten befördert die meisten Sendungen, wenn nur genug (oder mehr als genug) Briefmarken angebracht werden, egal wie unhandlich, sinnlos oder gar ekelhaft, darunter ein unverpackter Flederwisch, eine Blume, ein Paar zusammengebundene Schuhe und ein überreifer Käse. Ein Ziegelstein kam nur zerkleinert an, eine Konservendose gar nicht, eine Flasche Wasser wurde ausgetrunken.

Jan-Martin

PS: Die Würstchendose paßt vielleicht in ein "Buddelpack"? Dann sollte es kein Problem sein, sie zu versenden.
 
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